Der besondere Ort
Diplomarbeit Eva Hatzinger und Heike Schwarzfischer | FH Rosenheim, FB Innenarchitektur, WS 2003/ 2004 | Betreuung: Prof. Paul Thiersch und Prof. Jürgen Krug
Diplomarbeit Eva Hatzinger und Heike Schwarzfischer | FH Rosenheim, FB Innenarchitektur, WS 2003/ 2004 | Betreuung: Prof. Paul Thiersch und Prof. Jürgen Krug
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Als jedoch um 1860 die Eisenbahnlinie Regensburg-Weiden<br />
gebaut wurde, kam die<br />
Kohlegewinnung auch im Sauforst und um Regensburg<br />
nahezu zum Erliegen, da der Energierohstoff<br />
nunmehr vor allem aus Böhmen günstig<br />
eingeführt werden konnte. Um der Entwicklung<br />
des Braunkohlebergbaus in der Oberpfalz aber<br />
endgültig zum Erfolg zu verhelfen, musste am<br />
Ende des 19. Jahrhunderts „ein neuer Pionier<br />
erscheinen.“<br />
Es war der Bergwerksdirektor J. Geller von Kühlwetter,<br />
der ab 1899 in jahrelanger energischer<br />
Arbeit das Kohlevorkommen der Oberpfalz durch<br />
Bohrungen erkundete. Zwischenzeitlich erwarb<br />
die Maxhütte das über 73 ha große Braunkohlefeld<br />
Marienzeche bei Wackerdorf, und im Jahr 1895<br />
wurde im Schwandorfer <strong>Ort</strong>steil Ettmanndorf<br />
das erste Braunkohle-Kraftwerk auf der Basis<br />
der Kohle aus der Matthiaszeche westlich von<br />
Schwandorf in Betrieb genommen.<br />
1905 waren in Bayern bereits 14 Steinkohle- und 7<br />
Braunkohlegruben in Betrieb, als die „Bayerische<br />
Braunkohlen- und Brikettindustrie-Gewerkschaft<br />
Klardorf“ gegründet wurde, welche zunächst vier,<br />
später sieben zusammenhängende Grubenfelder<br />
auf einer Fläche von 3.535 ha erworben hatte. Die<br />
Belegschaft umfasste damals bereits 30 Mann.<br />
Somit war die Vorgängerin der Bayerischen<br />
Braunkohlen-Industrie AG (BBI) gegründet.<br />
Durch die Errichtung einer Bahnstrecke nach<br />
Schwandorf, den Bau der Brikettfabrik und einer<br />
Seperationsanlage zur Siebung der Kohle sowie<br />
einer Wasserleitung von den Glockenbrunnen<br />
wurde innerhalb weniger Jahre enorm in Infrastruktur<br />
und Produktion investiert. Fachleute aus<br />
aller Welt kamen nach Wackersdorf, um neue<br />
Maschinen und Verfahren kennen zulernen. Ein<br />
niedriger Preis und die geringen Frachtkosten<br />
trugen zum Aufschwung des Kohlebergbaus<br />
um Wackersdorf bei. Bereits zwischen 1907 und<br />
1914 nahm die Bevölkerung von 300 auf 1000<br />
Einwohner zu.<br />
Durch den Wegfall bedeutender Kohlefelder,<br />
bedingt durch die Teilung Deutschlands nach<br />
dem 2. Weltkrieg, stieg die Nachfrage nach der<br />
Wackersdorfer Kohle erneut. Neue Kohlefelder<br />
mussten erschlossen und neue Siedlungen geschaffen<br />
werden. So entschloss man sich 1948<br />
Wackersdorf mit seinen 1200 Einwohnern umzusiedeln.<br />
Ein beträchtliches Unterfangen, das im<br />
Jahre 1953 abgeschlossen war.<br />
Die weitere Entwicklung des Braunkohlebergbaus<br />
entsprach dem rasanten wirtschaftlichen Wiederaufbau<br />
Westdeutschlands. Technische Erneuerungen,<br />
wie der Schaufelradbagger und vor<br />
allem die Bandstraße fanden unter Bergleuten<br />
weltweit große Beachtung. In Spitzenzeiten beschäftigte<br />
die BBI 1500 Arbeiter.<br />
Nach der Schließung der Brikettfabrik 1964<br />
zeichnete sich in den 70er Jahren aufgrund<br />
der Erschöpfung rentabel zu gewinnender Lagerstätten<br />
das Ende der Braunkohlegewinnung<br />
ab. Ein im benachbarten Bereich Schwarzenfeld-<br />
Kögl diskutierter und geplanter Kohlebergbau<br />
wurde wegen der Einsprüche der keramischen<br />
Industrie – die darüber lagernden Tone wären<br />
verloren gegangen- wieder fallengelassen. Dieser<br />
hätte das Ende der Gewinnung im Oberpfälzer<br />
Revier aber auch nur um zwei Jahre verschoben.<br />
Mit der Auflösung der BBI im Jahre 1982 gingen<br />
viele Jahrzehnte Bergbaugeschichte zu Ende,<br />
deren Tradition sich heute noch viele Bewohner<br />
von Wackersdorf, Steinberg und den weiteren<br />
umliegenden <strong>Ort</strong>en verbunden fühlen.