Sachwerte - Deutsche Bank Research
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Aktuelle Themen<br />
Globale Finanzmärkte<br />
10. Mai 2012<br />
Autoren<br />
Josef Auer<br />
+49 69 910-31878<br />
josef.auer@db.com<br />
Eric Heymann<br />
+49 69 910-31730<br />
eric.heymann@db.com<br />
Jochen Möbert<br />
+49 69 910-31727<br />
jochen.moebert@db.com<br />
Claire Schaffnit-Chatterjee<br />
+49 69 910-31821<br />
claire.schaffnit-chatterjee@db.com<br />
Antje Stobbe<br />
+49 69 910-31847<br />
antje.stobbe@db.com<br />
Editor<br />
Antje Stobbe<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> AG<br />
DB <strong>Research</strong><br />
Frankfurt am Main<br />
Deutschland<br />
E-Mail: marketing.dbr@db.com<br />
Fax: +49 69 910-31877<br />
www.dbresearch.de<br />
DB <strong>Research</strong> Management<br />
Thomas Mayer<br />
<strong>Sachwerte</strong><br />
Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
<strong>Sachwerte</strong> sind bei Anlegern aktuell besonders gefragt. Die hohe Volatilität auf<br />
den Finanzmärkten seit Beginn der weltweiten Finanzkrise und die Sorge vieler<br />
Anleger vor hohen Inflationsraten sind die wichtigsten Triebkräfte. Empirische<br />
Studien zeigen, dass <strong>Sachwerte</strong> tatsächlich einen wirksamen Inflationsschutz<br />
bieten können.<br />
Immobilien sind für viele Anleger die wichtigste Sachwertanlage. Während zahlreiche<br />
europäische Immobilienmärkte und die USA noch die Folgen der Überhitzung<br />
verarbeiten, sind auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt Preissteigerungen<br />
zu verzeichnen. Auch das Umfeld für Gewerbeimmobilien bleibt attraktiv.<br />
Langfristige Trends wie das Wachstum der globalen Bevölkerungszahl, die zunehmende<br />
Urbanisierung und die wachsende wirtschaftliche Bedeutung der<br />
Emerging Markets begünstigen Investitionen in <strong>Sachwerte</strong> wie Infrastruktur oder<br />
Agrarland. Vom wachsenden Welthandel und der zunehmenden internationalen<br />
Mobilität profitiert das Mengenwachstum bei Schiffen und Flugzeugen. Geringe<br />
Margen, z.B. in der Luftfahrt, sind allerdings ein Risikofaktor in diesem Segment.<br />
Zahlreiche Anlageoptionen bei erneuerbaren Energien. Die Energiewende in<br />
Deutschland, aber auch die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien in anderen<br />
Ländern eröffnen für Sachinvestoren neue Anlageperspektiven. Während<br />
die Investoren z.B. mit Onshore-Wind, Biomasse oder Photovoltaik bereits seit<br />
längerem Erfahrung sammeln konnten, betreten sie mit Wasserkraft und insbesondere<br />
mit Offshore-Wind-Parks noch weitgehend Neuland.<br />
Einzelfall-Analyse entscheidend. Im Gegensatz zu homogenen Sachwertanlagen<br />
wie Gold oder anderen Rohstoffen ist bei heterogenen <strong>Sachwerte</strong>n wie<br />
Immobilien, Schiffen oder Offshore-Windparks eine umfassende Bewertung des<br />
jeweiligen Anlageobjekts, seines Ertragspotenzials und Risikoprofils von großer<br />
Bedeutung. Für den wirtschaftlichen Erfolg können Faktoren wie ein attraktiver<br />
Standort, günstige Marktperspektiven und stabile politische Rahmenbedingungen<br />
– auch im Ausland – eine Rolle spielen. Anleger müssen zudem ethische<br />
Prinzipien beachten, z.B. bei der Investition in Agrarland.<br />
<strong>Sachwerte</strong> mit spezifischen Risiken. Anlagen in <strong>Sachwerte</strong> setzen einen gut<br />
informierten Anleger voraus, der verschiedene Anlagealternativen und -formen<br />
beurteilen kann. Dies gilt umso mehr, weil der Investitionshorizont bei den meisten<br />
Sachwertanlagen sehr langfristig ist, die Fungibilität bzw. Liquidität häufig<br />
gering ist und Anleger oftmals unternehmerische Risiken eingehen. Dies kann<br />
auch den Totalverlust der Einlage zur Folge haben.
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Gold: Flucht in Sicherheit 1<br />
USD/Feinunze, EUR/Feinunze<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
00 02 04 06 08 10 12<br />
Quelle: DB <strong>Research</strong><br />
USD EUR<br />
Keine einfache Abgrenzung 2<br />
"Halten Sie den folgenden Basiswert für einen<br />
Sachwert?", in %<br />
Immobilien<br />
Agrar/Forst<br />
Gold<br />
Edelmetalle<br />
Agrarrohstoffe<br />
Foss. Rohstoffe<br />
Infrastruktur<br />
Erneuerbare<br />
Wasser<br />
Aktien<br />
Schiffe<br />
Flugzeuge<br />
Container<br />
Patente<br />
Quelle: Steinbeis Studie, 2010<br />
0 50 100<br />
Offene und geschlossene Fonds 3<br />
„Geschlossene Fonds bündeln als Kapitalsammelstellen<br />
das Kapital mehrerer Anleger, um<br />
gemeinsam ein Wirtschaftsgut zu finanzieren,<br />
das einzelne Anleger nicht finanzieren können.<br />
Sie bieten Privatanlegern damit die Möglichkeit<br />
der Teilhabe an großen Investitionsvorhaben. Im<br />
Gegensatz zu Aktien oder offenen Fonds geht es<br />
bei geschlossenen Fonds nicht um die Finanzierung<br />
eines zeitlich unbegrenzten und unbestimmten<br />
Vorhabens. Im Zentrum des Geschäftsmodells<br />
steht typischerweise eine projekt- und objektbezogene,<br />
zeitlich befristete Investition überwiegend<br />
in <strong>Sachwerte</strong>.“<br />
Bei einem offenen Fonds, z.B. einem Immobilienfonds,<br />
erwirbt der Anleger über den Kauf eines<br />
Anteils ebenfalls wirtschaftliches Miteigentum an<br />
den Vermögensgegenständen des Fonds. Offene<br />
Immobilienfonds geben eine grundsätzlich unbegrenzte<br />
Zahl von Anteilen aus, die in der Regel<br />
börsentäglich erworben und zurückgegeben<br />
werden können.<br />
Quellen: http://www.vgf-online.de/rund-um-fonds.html und<br />
http://www.bvi.de/de/invest-mentfonds/fondsarten/<br />
offene_immobilienfonds/index.html<br />
A. <strong>Sachwerte</strong>: eine Bestandsaufnahme<br />
Das Thema <strong>Sachwerte</strong> wird in den Medien und bei Anlegern aktuell intensiv<br />
diskutiert. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten seit Beginn der Subprime-<br />
Krise 2007 und latente Inflationsängste aufgrund unorthodoxer Geldpolitik lassen<br />
die Investoren nach Alternativen zu Anlagen in Aktien oder Anleihen suchen.<br />
Kapitalerhalt hat eine neue Bedeutung erhalten. Davon hat Gold in den<br />
letzten Jahren profitiert: Der Goldpreis hat sich von gut 630 USD/Unze Anfang<br />
2007 auf knapp 1800 USD/Unze im Februar 2012 fast verdreifacht (s. Grafik 1).<br />
Die vorliegende Studie diskutiert die Charakteristika von Investitionen in <strong>Sachwerte</strong><br />
(Teil 1) und analysiert verschiedene Anlageoptionen (Teil 2). Dabei konzentrieren<br />
wir uns auf die Anlagekategorien, die eher illiquide sind und an den<br />
Börsenplätzen üblicherweise nicht gehandelt werden.<br />
Was sind <strong>Sachwerte</strong>?<br />
Eine klare Abgrenzung von <strong>Sachwerte</strong>n fällt nicht leicht. Der Begriff bezeichnet<br />
zunächst lediglich den Reproduktionswert eines Gutes. Im Kontext von Geldanlagen<br />
wird unter einem Sachwert ein von Geldwertschwankungen unabhängiges<br />
Gut bezeichnet. 1 Diese Definition weist bereits auf ein Motiv für die Integration<br />
von <strong>Sachwerte</strong>n in das Depot hin: Bei hohen Inflationsraten sollen <strong>Sachwerte</strong><br />
das Vermögen vor Kaufkraftverlust schützen.<br />
Welche Güter in die Gruppe der <strong>Sachwerte</strong> fallen, ist keineswegs eindeutig.<br />
Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass über 90% der befragten institutionellen Investoren<br />
Immobilien, Land und Forst, Edelmetalle sowie fossile und Agrarrohstoffe<br />
als <strong>Sachwerte</strong> einordnen (s. Grafik 2). Bei erneuerbaren Energien, Infrastruktur,<br />
Schiffen oder Aktien sinken die Zustimmungsraten bereits. Aktien werden vielfach<br />
als <strong>Sachwerte</strong> eingeordnet, weil der Käufer von Aktien Anteile an einem<br />
Unternehmen erwirbt. Darüber hinaus werden oftmals auch Luxusgüter wie<br />
Uhren, Kunst, Schmuck, Oldtimer oder Wein als <strong>Sachwerte</strong> bezeichnet. Hier ist<br />
allerdings die Grenze zwischen Liebhaberei und Anlageobjekt fließend; die<br />
Preisentwicklung ist entsprechend intransparent. Im Rahmen dieser Studie werden<br />
wir Aktien, Luxusgüter und Patente nicht behandeln.<br />
Gold: Sonderrolle unter den Rohstoffen 4<br />
Gold nimmt eine Sonderstellung unter den Rohstoffen ein. Es hat über Jahrhunderte als „Währungsmetall“<br />
gedient. Während des Goldstandards im 19. Jahrhunderts war Papiergeld ganz oder<br />
teilweise durch Gold gedeckt, das bei den Notenbanken lagerte. Im Rahmen des Bretton-Woods-<br />
Systems (1944 bis1973) wurden verschiedene Währungen an den goldgedeckten US-Dollar gebunden.<br />
Auch nach Ende des Goldstandards behielt Gold eine gewisse Bedeutung als Reserve. Heute<br />
lagern ca. 30.500 t Gold weltweit bei den Zentralbanken als Währungsreserven. Die Nachfrage der<br />
wichtigsten 10 Abnehmer-Länder nach Gold, u.a. für die industrielle Produktion und die Schmuckherstellung,<br />
lag dagegen im Jahr 2010 bei nur etwa 3.000 t. Schwankungen des Goldpreises werden<br />
daher oftmals auch durch strategische Veränderungen der Reservehaltung der Zentralbanken<br />
ausgelöst. Wichtiger ist aber die Rolle von Gold als „sicherer Hafen“ in Krisenzeiten, der zu kräftig<br />
steigenden Goldpreisen seit 2007 geführt hat. Demgegenüber sind die Preise von Industrierohstoffen<br />
oder Öl stärker konjunkturell getrieben.<br />
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in <strong>Sachwerte</strong> zu investieren. Erstens ist die<br />
direkte Investition in einen Sachwert möglich, wie der Erwerb von Goldbarren,<br />
Immobilien oder die direkte Beteiligung an einer Solaranlage, einem Schiff oder<br />
einer Farm. Zweitens gibt es verschiedene indirekte Beteiligungsmodelle. Dazu<br />
zählen offene oder geschlossene Fonds (s. Box 3). Weiterhin ist der Erwerb von<br />
Aktien von Unternehmen, die z.B. im Rohstoffgeschäft tätig sind (wie Goldminen)<br />
oder Immobilienaktien (REITs, s. Box 5) möglich. Bei Rohstoffen, die nicht<br />
1 Vgl. dazu z.B. Gabler Wirtschaftslexikon Online. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Stichwort-<br />
Ergebnisseite.jsp, abgerufen am 23.2.2012.<br />
2 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Geschlossene Fonds: Zuflüsse geringer 6<br />
DE, EUR Mrd.<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
Quelle: VGF<br />
Eigenkapital Fremdkapital<br />
Geschlossene Fonds: Immobilien<br />
besonders gefragt 7<br />
Platziertes Eigenkapital nach Assetklasse, DE,<br />
EUR Mio., 2011<br />
Quelle: VGF<br />
2.236<br />
795<br />
941<br />
637<br />
415<br />
506<br />
Sonstige Flugzeuge<br />
Infrastruktur Schiffe<br />
316<br />
Energie Immobilien Ausland<br />
Immobilien Inland<br />
Schiffe verlieren, Energie gefragt 8<br />
Geschlossene Fonds, Zuflüsse, DE, EUR Mrd.<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
Quelle: VGF<br />
Energiefonds Schiffsfonds<br />
wie Gold leicht zu lagern sind, können Anleger über Zertifikate oder Indexfonds<br />
(Exchange Traded Funds, ETF) investieren.<br />
REITs 5<br />
REITs sind börsengehandelte Immobilien-Aktiengesellschaften. Anleger profitieren von der hohen<br />
Liquidität, dank börsengehandelten Anteilen, und der Diversifikationsmöglichkeit des Immobilienportfolios.<br />
Auch steuerlich können REITs attraktiv sein. International sind REITs etabliert. In den<br />
USA wurde diese Anlageform bereits in den 1960er Jahren erfolgreich eingeführt. Seit der Einführung<br />
in Deutschland im Jahr 2007 führt diese Anlage jedoch immer noch ein Schattendasein.<br />
Größenordnung nur schwer abzuschätzen<br />
<strong>Sachwerte</strong> spielen eine durchaus bedeutende Rolle in den Portfolios privater<br />
und institutioneller Investoren. Die Größenordnungen von Vermögen und laufenden<br />
Investitionen in <strong>Sachwerte</strong> lassen sich allerdings nur sehr grob abschätzen,<br />
da Investoren – wie beschrieben – unterschiedliche Anlageformen wählen<br />
können, deren Marktgröße oft nicht transparent ist. Zudem ist der Anlagezweck<br />
nicht immer eindeutig: So ist die selbstgenutzte Immobilie durchaus eine Sachanlage.<br />
Der Hausbesitzer kauft oder baut ein Eigenheim aber nicht notwendigerweise<br />
mit der Absicht, eine Rendite zu erzielen. Es stellt eher einen festen<br />
Vermögensbestandteil oder ein langlebiges Konsumgut dar. Wir unterstellen für<br />
die Analyse, dass Anleger Investitionsalternativen mit dem Ziel prüfen, eine<br />
Rendite erzielen zu wollen.<br />
Einen Anhaltspunkt für die generelle Entwicklung und Anlagetrends bei <strong>Sachwerte</strong>n<br />
geben die Märkte für geschlossene und offene Fonds. Der Bestand für<br />
geschlossene Fonds in Deutschland wird vom Verband für Geschlossene Fonds<br />
(VGF) auf EUR 199 Mrd. taxiert (Stand 2011). Davon sind EUR 99 Mrd. als<br />
Eigenkapital investiert. Im Jahr 2011 sind in Deutschland EUR 9,9 Mrd. über<br />
geschlossene Fonds in <strong>Sachwerte</strong> geflossen (-8% gg. Vj., s. Grafik 6). Die Volumina<br />
sind seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich zurück gegangen<br />
und befinden sich seit 2009 auf niedrigem Niveau. Private Investoren haben<br />
im vergangenen Jahr mit EUR 4,81 Mrd. das Gros des Eigenkapitals von insgesamt<br />
EUR 5,85 Mrd. bereitgestellt.<br />
Über die Hälfte des eingesammelten Eigenkapitals floss in in- und ausländische<br />
Immobilienfonds (+38% bzw. +10 % gg. Vj., s. Grafik 7). Dies spiegelt das<br />
grundsätzlich zunehmende Interesse der Investoren am deutschen Immobilienmarkt<br />
wider. Mit weitem Abstand folgten Energie- (11%), Schiffs- (9%) und Infrastrukturfonds<br />
(7%). Die Mittelzuflüsse in Schiffsfonds sind seit 2008 stark eingebrochen,<br />
während die Eigenkapital-Investitionen in Energiefonds in diesem Zeitraum<br />
grundsätzlich zulegen konnten (s. Grafik 8). 2011 blieben letztere jedoch<br />
hinter den Erwartungen zurück und beliefen sich nur auf EUR 637 Mio.<br />
(-23% gg. Vj.). Das Fondsvolumen sank sogar um ein Drittel gg. Vj.<br />
Private Investoren haben darüber hinaus EUR 87 Mrd. (Stand 2011) in offenen<br />
Immobilienfonds in Deutschland angelegt. In den letzten Jahren ist allerdings<br />
ebenfalls ein Rückgang bei den Nettozuflüssen zu verzeichnen: im Jahr 2011<br />
waren es nur EUR 1,2 Mrd. nach 1,6 Mrd. (2010) und 3,2 Mrd. (2009, s. Grafik<br />
9). Institutionelle Investoren haben noch einmal knapp EUR 33 Mrd. über offene<br />
Spezialfonds in Immobilien angelegt (Ende 2011). Darüber hinaus weist der<br />
Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) ein Anlagevolumen<br />
privater Anleger von EUR 5 Mrd. in rohstoffnahen Investmentfonds aus (z.B.<br />
Anlagen in Rohstoff-Futures). Damit sind noch einmal mindestens EUR 125<br />
Mrd. in offenen Sachwertfonds gebunden.<br />
3 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Offene Immobilienfonds: Vermögen<br />
stagniert 9<br />
EUR Mrd., Publikumsfonds mit Absatz in DE<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-30<br />
-10<br />
-60<br />
1990 1993 1996 1999 2002 2005 2008 2011<br />
Quelle: BVI<br />
Vermögen (re) Zu-/Abflüsse (li)<br />
Diversifikation und Inflationsschutz<br />
am wichtigsten 10<br />
Welche Gründe sprechen aus Ihrer Sicht für den<br />
Einsatz von <strong>Sachwerte</strong>n?, %<br />
Diversifikation<br />
Inflationsschutz<br />
Risikoreduzierung<br />
Ertragssteigerung<br />
Absicherung gg.<br />
unerwünschte<br />
Marktentwicklung<br />
90<br />
60<br />
30<br />
0 20 40 60 80 100<br />
stimme zu stimme teilw. zu<br />
Befragt wurden institutionelle Kunden<br />
Quelle: Steinbeis Studie, 2010<br />
Inflation auf gemäßigtem Niveau 11<br />
Verbraucherpreise, % gg.Vj.<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
-2<br />
90 94 98 02 06 10<br />
Quelle: OECD<br />
US UK DE<br />
IT JP ES<br />
0<br />
Motive: warum <strong>Sachwerte</strong> im Depot?<br />
Umfragen zeigen, dass Anleger bei der Investition in <strong>Sachwerte</strong> durch verschiedene<br />
Motive geleitet werden. Diversifikation, Inflationsschutz, Risikoreduzierung<br />
bzw. Krisensicherheit und Ertragssteigerung oder ein Mix aus diesen Faktoren<br />
werden häufig genannt (s. Grafik 10). Inwieweit sind <strong>Sachwerte</strong> geeignet, um<br />
die angestrebten Ziele zu erreichen?<br />
Inflationsschutz<br />
Investoren bevorzugen <strong>Sachwerte</strong> als Absicherung gegen steigende<br />
Inflationsraten. Während Finanzwerte wie Anleihen im Umfeld hoher Inflation<br />
real an Wert verlieren, bleibt der reale Preis von <strong>Sachwerte</strong>n stabil oder steigt.<br />
In den letzten 15 Jahren schwankten die Inflationsraten in den Industrieländern<br />
auf moderatem Niveau bei bis zu 3% p.a. (s. Grafik 11), in zahlreichen Ländern<br />
aber auch deutlich darunter. In einem solchen Umfeld bieten Sachwertanlagen<br />
mit Blick auf den Inflationsschutz typischerweise kaum Vorteile. Auch für die<br />
kommenden beiden Jahre erwarten wir in unserem Basisszenario einen<br />
gemäßigten Preisanstieg von 2,5% im Jahr 2012 und 1 ¾% im Jahr 2013 in der<br />
Eurozone. Dafür sprechen eine durchschnittliche Kapazitätsauslastung und<br />
moderate Lohnerhöhungen.<br />
Dennoch spielt das Thema Inflation für viele Anleger im aktuellen Umfeld eine<br />
wichtige Rolle. Die EZB hat den Marktteilnehmern in den letzten Monaten über<br />
verschiedene Vehikel – zuletzt über zwei 3-jährige Refinanzierungsoptionen –<br />
viel Liquidität zur Verfügung gestellt. Derzeit findet diese Liquidität zwar nicht<br />
den Weg in die Realwirtschaft und führt dort demnach auch nicht zu Güterpreisinflation.<br />
Einige Investoren sind allerdings besorgt, dass dies z.B. über steigende<br />
Inflationserwartungen mittelfristig der Fall sein könnte. Zudem besteht das<br />
Risiko einer so genannten Asset-Preis-Inflation, d.h. steigender Preise für einzelne<br />
Anlageklassen. Für Anleger, die künftig steigende Inflationsraten erwarten,<br />
ist die Anlage in <strong>Sachwerte</strong> eine logische Konsequenz.<br />
Empirische Untersuchungen belegen, dass Anlagen in <strong>Sachwerte</strong> in Phasen<br />
hoher Inflationsraten eine gute Wahl sein können. Gorton und Rouwenhorst<br />
zeigen in einer langfristigen Betrachtung von 1959 bis 2007, dass die Rendite<br />
von Rohstoff-Futures positiv mit der Inflationsrate korreliert. Dabei ist die Korrelation<br />
umso höher, je länger der Anlagezeitraum ist. Mit anderen Worten: Investitionen<br />
in Rohstoff-Futures bieten – im Gegensatz zu Aktien oder Anleihen –<br />
einen wirksamen Inflationsschutz. 2 Dies gilt – wie die Autoren zeigen – in verstärktem<br />
Maße für Phasen unerwarteter Inflation.<br />
Krisensicherheit<br />
In den letzten Jahren haben Krisen die Finanzmärkte geprägt und zu hoher<br />
Volatilität geführt (s. Grafik 12). Vor dem Hintergrund dieser Marktturbulenzen<br />
ist für zahlreiche Anleger der Vermögenserhalt ein wichtiges Ziel geworden. Für<br />
viele Investoren gilt physisches Gold schlechthin als die Versicherung gegen<br />
geopolitische, wirtschaftliche und finanzsystemische Risiken. Der historisch<br />
hohe Goldpreis spiegelt dies eindrucksvoll wider. Aber auch Immobilien – insbesondere<br />
das privat genutzte Eigenheim – gilt Vielen als Betongold, das beruhigt.<br />
Allerdings sind keineswegs alle <strong>Sachwerte</strong> als klassische „sichere Häfen“ einzuordnen.<br />
Es gilt vielmehr genau zu analysieren, ob und in welchem Maße die<br />
Preise von <strong>Sachwerte</strong>n und deren laufende Erträge (so vorhanden) von<br />
2 Vgl. Gorton, Gary und K. Geert Rouwenhorst (2005). Facts and fantasies about commodity futures.<br />
Yale ICR Working Paper No. 04-20. Anleger sollten berücksichtigen, dass bei Sachwertanlagen<br />
mit laufenden Erträgen letztere auch mit der Inflation steigen müssen, um eine reale Entwertung<br />
der Erträge über die Dauer der Kapitalbindung zu vermeiden (z.B. Indexierung von Mieten).<br />
4 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Volatilität phasenweise hoch 12<br />
Index (li), % (re)<br />
9.000<br />
8.000<br />
7.000<br />
6.000<br />
5.000<br />
4.000<br />
3.000<br />
2.000<br />
1.000<br />
0<br />
06 07 08 09 10 11 12<br />
Quelle: Bloomberg<br />
DAX (li)<br />
VDAX (Implizite Volatilität, re)<br />
Industrieländer: Konjunktur über lange<br />
Zeit mit engem Zusammenhang 13<br />
Reales BIP, % gg. Vj.<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
-6<br />
-8<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012<br />
US DE<br />
JP UK<br />
Eurozone<br />
Quelle: DB <strong>Research</strong><br />
Rendite: unterschiedliche Einflussfaktoren 14<br />
Die Einflussfaktoren auf die Rendite eines<br />
Sachwert-Investments sind abhängig von der<br />
Anlageklasse. So werden z.B. die Renditen von<br />
Anlagen in Edelmetalle (z.B. Gold) oder andere<br />
Rohstoffe durch Preisveränderungen an den<br />
Kassa- und Terminmärkten getrieben. Demgegenüber<br />
erhält der Investor bei der Beteiligung<br />
an einer Immobilie oder an einem Schiff in der<br />
Regel zusätzlich laufende Einkünfte.<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Schocks betroffen sein können oder auf die Konjunkturentwicklung reagieren (s.<br />
dazu den folgenden Abschnitt zu Diversifikation).<br />
Diversifikation<br />
Die zunehmende weltweite Vernetzung der Güter- und Finanzmärkte hat dazu<br />
geführt, dass die Konjunkturzyklen in Europa und den USA über viele Jahre<br />
parallel verlaufen sind (s. Grafik 13). Auch die Entwicklungen an den Aktienmärkten<br />
weisen eine hohe Korrelation auf. Schocks, wie der Kollaps der US-<br />
<strong>Bank</strong> Lehman Brothers, haben sich weltweit ausgewirkt. Investoren integrieren<br />
<strong>Sachwerte</strong> daher in ein Portfolio, weil sie eine geringe Korrelation zu den Renditen<br />
von Anleihen und Aktien annehmen.<br />
Dieser Zusammenhang lässt sich z.B. für Rohstoffe empirisch nachweisen. 3<br />
Gorton und Rouwenhorst zeigen, dass die Erträge von Rohstoff-Futures negativ<br />
mit den Renditen langlaufender Anleihen und – bei längeren Halteperioden –<br />
mit Aktien korreliert sind. Rohstoff-Futures können also effektiv eingesetzt werden,<br />
um Aktien- und Anleihe-Portfolios zu diversifizieren. 4 Demgegenüber ergeben<br />
sich nach der Analyse von Yee hohe Korrelationskoeffizienten, wenn man<br />
die Erträge von Finanzwerten mit denen von Aktien von Metall- oder Energieproduzenten<br />
bzw. mit REITs korreliert. 5 Hier überwiegt also der Zusammenhang<br />
über den Aktienmarkt. Die Investition in <strong>Sachwerte</strong> mit Hilfe von Aktien von rohstoffproduzierenden<br />
Unternehmen trägt demnach nicht zu einer Diversifikation<br />
des Portfolios bei. Die Wahl des Anlageinstruments ist also für Sachanlagen<br />
entscheidend, um Portfolio-Risiken zu minimieren.<br />
Durch die Diversifikation eines Portfolios kann allerdings nur das so genannte<br />
nicht-systematische Risiko reduziert werden. Das systematische Risiko, d.h.<br />
also die Abhängigkeit der Renditen von Veränderungen des Gesamtmarktes<br />
bzw. Schocks, kann nicht eliminiert werden. So sind die Renditen von Aktien<br />
und Anlagen in bestimmten <strong>Sachwerte</strong>n durch die zugrundliegenden konjunkturellen<br />
Determinanten durchaus positiv korreliert. Die Rendite eines Investments<br />
in Aktien hängt z.B. vom Unternehmensgewinn und damit auch von der konjunkturellen<br />
Entwicklung ab. Die Rendite von Anlagen in Schiffen ist u.a. abhängig<br />
vom globalen Wirtschaftswachstum und der Zunahme des Welthandels. In<br />
Abhängigkeit vom Zielmarkt der Anlage könnte sich also durchaus eine positive<br />
Korrelation ergeben. Eine empirische Untersuchung für sieben Industrieländer<br />
zeigt, dass sich bei der Wertänderungsrendite von Büroimmobilien eine positive<br />
Korrelation zum BIP-Wachstum sowie eine negative Korrelation zum Realzins<br />
nachweisen lassen. 6 Als weitgehend konjunkturunabhängig erweist sich hingegen<br />
die Entwicklung der Mieten (s. Teil 2).<br />
Ertragssteigerung<br />
Anleger nehmen <strong>Sachwerte</strong> immer häufiger mit dem Ziel der Ertragssteigerung<br />
in ihr Portfolio auf. Bei dem Vergleich der Renditen verschiedener Anlageklassen<br />
ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei <strong>Sachwerte</strong>n aufgrund ihrer eingeschränkten<br />
Handelbarkeit oftmals eine Prämie gezahlt werden muss. Der<br />
Grad der Liquidität ist dabei abhängig von der Art des Sachwerts und der gewählten<br />
Anlageform. Zudem spiegeln höhere Renditen grundsätzlich auch hö-<br />
3<br />
Vgl. Yee, Kenton K. (2011). Keeping Real Assets Real. Mellon Capital Management Corporation.<br />
Yee ermittelt zwischen einem Portfolio aus 60% Aktien und 40% Anleihen sowie dem SP GSCI<br />
Rohstoff Index eine Korrelation von knapp 0,3. Die Analyse erstreckt sich über den Zeitraum Januar<br />
2001 bis Dezember 2010.<br />
4<br />
Zu berücksichtigen ist zudem, dass sinnvollerweise auch der Sachwert-Anteil eines Portfolios<br />
diversifiziert werden sollte.<br />
5<br />
Vgl. Yee, Kenton K. (2011). Keeping Real Assets Real. Mellon Capital Management Corporation.<br />
Die Analyse erstreckt sich über den Zeitraum Januar 1974 bis November 2010.<br />
6<br />
Jäger, M. und M. Voigtländer (2007). Determinanten der Renditen von Büroimmobilien, in IW<br />
Trends, Nr. 4/2007, S. 1-14.<br />
5 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Rohstoffe: hohe Renditen in den letzten<br />
10 Jahren 15<br />
Renditen auf Rohstoff-Indizes, Basis: Futures,<br />
% p.a., 1.1.2002 bis 25.4.2012<br />
Öl/WTI<br />
Öl/Brent<br />
Heizöl<br />
Gold<br />
Silber<br />
Aluminium<br />
Kupfer<br />
Stand: 25.4.2012<br />
Quelle: DB <strong>Research</strong><br />
0 5 10 15 20 25<br />
Offene Immobilienfonds: in den letzten<br />
10 Jahren besser als Aktienfonds 16<br />
Rendite in % p.a., Durchschnitt der letzten<br />
10 Jahre<br />
Aktienfonds Europa<br />
Aktienfonds global<br />
Aktienfonds<br />
Deutschland<br />
Euro-Rentenfonds,<br />
Langläufer<br />
Offene Immobilienfonds<br />
Rentenfonds intern.,<br />
Langläufer<br />
Quelle: BVI<br />
-2 0 2 4<br />
Offene Immobilienfonds: in den letzten<br />
20 Jahren schlechter als Rentenfonds 17<br />
Rendite in % p.a., Durchschnitt der letzten<br />
20 Jahre<br />
Aktienfonds Europa<br />
Aktienfonds global<br />
Aktienfonds<br />
Deutschland<br />
Offene Immobilienfonds<br />
Euro-Rentenfonds,<br />
Langläufer<br />
Rentenfonds intern.,<br />
Langläufer<br />
Quelle: BVI<br />
0 1 2 3 4<br />
here Risiken wider, die z.B. mit einer unternehmerischen Aktivität (wie bei Beteiligungen<br />
an Schiffen oder Energieerzeugungsanlagen) verbunden sind. Vergleiche<br />
von Renditen über verschiedene Anlageklassen sind daher nur bedingt<br />
aussagekräftig.<br />
Ein rigoroser Vergleich der Erträge über verschiedene Anlageklassen hinweg<br />
wird zudem durch eine unzureichende Datenlage erschwert. Dies beruht auch<br />
auf der Heterogenität der Anlageobjekte und der Fonds: So variieren bspw. die<br />
Erträge geschlossener Schiffsfonds in Abhängigkeit von den ausgewählten Objekten<br />
und sind daher vom Einzelfall abhängig. Eine generelle Aussage über die<br />
Vorteilhaftigkeit bestimmter Anlageklassen im Hinblick auf die Rendite ist deshalb<br />
nicht möglich. Wir werden daher in Teil 2 der Studie jeweils nur Renditespannen<br />
angeben.<br />
Untersuchungen zu historischen Renditen beziehen sich daher zumeist auf homogene<br />
Güter wie Rohstoffe, für die Indizes vorhanden sind. Diese zeigen,<br />
dass bestimmte <strong>Sachwerte</strong> höhere Renditen als Investments in Aktien oder<br />
Anleihen erzielen können. Ein Vergleich der historischen Renditen von Rohstoffen<br />
im Durchschnitt der letzten 10 Jahre (2002 bis 2012) belegt, dass Anleger<br />
mit Investments in Rohstoff-Futures zweistellige Renditen pro Jahr erreichten (s.<br />
Grafik 15). Die Durchschnittsbetrachtung über einen langen Zeitraum verdeckt<br />
allerdings, dass Aussagen über die Vorteilhaftigkeit einzelner Anlageformen<br />
naturgemäß vom Anlagezeitpunkt abhängen. So erzielten Anleger mit Aluminium-Futures<br />
im Zeitraum 2002-2007 eine Rendite von 17%, im gesamten Betrachtungszeitraum<br />
von 10 Jahren aufgrund des starken Verfalls der Preise<br />
hingegen nur gut 3%.<br />
Auch für offene Immobilienfonds gibt es eine gute Datengrundlage. Mit dieser<br />
Anlageklasse konnte ein Anleger in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt<br />
eine höhere Rendite pro Jahr erzielen als mit einer Anlage in Aktienfonds (s.<br />
Grafik 16). Im Vergleich zu den meisten Anleihefonds schnitten die offenen Immobilienfonds<br />
allerdings schlechter ab. Diese Relation lässt sich grundsätzlich<br />
auch über längere Zeiträume bis zu 20 Jahren aufrechterhalten; sie dürfte aber<br />
auch von der schlechten Performance der Aktienmärkte in den letzten Jahren<br />
beeinflusst sein. Über den Durchschnitt von 30 Jahren wiesen Aktienfonds mit<br />
einem Anlageschwerpunkt in Deutschland nämlich höhere Renditen auf als<br />
offene Immobilienfonds.<br />
Wissenschaftliche Studien zeigen darüber hinaus, dass Aussagen über die Vorteilhaftigkeit<br />
einzelner Anlageformen entscheidend vom makroökonomischen<br />
Umfeld abhängen. So zeigt Yee für den US-Markt, dass Rohstoffe (gemessen<br />
am S&P GSCI Index) in einem Umfeld steigender Inflationsraten (mit einer monatlichen<br />
Steigerungsrate von mehr als 0,3%) zweistellig positiv reale Renditen<br />
pro Jahr erzielten. Demgegenüber wiesen Aktien und Anleihen negative Renditen<br />
auf. 7 Auch erzielen Rohstoffe in den Frühphasen von Rezessionen positive<br />
Renditen, während Aktien und Anleihen negative Renditen aufweisen. 8 Dafür<br />
spricht, dass Aktien die konjunkturelle Abschwächung bereits früh vorwegnehmen,<br />
während die Rohstoffpreise noch mit der Inflation anziehen. Auch in der<br />
Spätphase des Aufschwungs erreichten im historischen Vergleich Anlagen in<br />
Rohstoff-Futures höhere Renditen als Aktien oder Anleihen.<br />
7 Vgl. Yee, Kenton K. (2011). Keeping Real Assets Real. Mellon Capital Management Corporation.<br />
Die Analyse erstreckt sich über den Zeitraum Januar 1974 bis November 2010.<br />
8 Vgl. Gorton, Gary und K. Geert Rouwenhorst (2005). Facts and fantasies about commodity futures.<br />
Yale ICR Working Paper No. 04-20, S. 21. Die Analyse geht bis zum Jahr 1959 zurück.<br />
6 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Langfristige Trends begünstigen <strong>Sachwerte</strong><br />
Unabhängig von den kurzfristigen Schwankungen und Besonderheiten der verschiedenen<br />
Märkte für <strong>Sachwerte</strong> begünstigen einige langfristige Trends Investitionen<br />
in <strong>Sachwerte</strong>. Dazu zählen z.B.<br />
— das Wachstum der Weltbevölkerung von aktuell 7 Mrd. Menschen auf über<br />
9 Mrd. im Jahr 2050: Während die Bevölkerungszahl in zahlreichen europäischen<br />
Ländern und Japan schrumpft, nimmt sie besonders in Afrika, aber<br />
auch in Asien kräftig zu. Dies führt zu einer steigenden Nachfrage nach<br />
Energie, Infrastruktur sowie (höherwertigen) Lebensmitteln und Agrarland.<br />
— die zunehmende ökonomische Bedeutung der Emerging Markets: Die<br />
wachsende Prosperität in der Region treibt die Nachfrage nach Rohstoffen<br />
sowie Investitions- und Konsumgütern. Die weitreichende globale Vernetzung<br />
der Produktionsketten unter Berücksichtigung der Emerging Markets<br />
hat positive Rückwirkungen auf das Wachstum des Welthandels. Dieser<br />
wächst stärker als das Welt-BIP und zieht Investitionen in Transportkapazitäten<br />
und -infrastruktur nach sich.<br />
— die zunehmende Bedeutung von Städten als Lebens- und Arbeitsraum,<br />
insbesondere in den Emerging Markets: Nach Prognosen der Vereinten<br />
Nationen sollen bis zum Jahr 2030 ca. 60% der Weltbevölkerung in Städten<br />
leben. 9 Dies spricht grundsätzlich für eine steigende Nachfrage nach Immobilien<br />
und einer leistungsfähigen Infrastruktur, insbesondere in den Emerging<br />
Markets. Daher wird „… es auch zukünftig, insbesondere in urbanen<br />
Zentren und wachsenden Agglomerationen, erheblichen Bedarf für Investitionen<br />
in Sachvermögen geben.“ 10<br />
— die wachsende Bedeutung der erneuerbaren Energien: Der weltweit steigende<br />
Energiebedarf und die zunehmende Verknappung sowie Verteuerung<br />
der fossilen Energien begünstigen den Einsatz der Erneuerbaren. In<br />
Deutschland hat die Politik zudem mit der nach Fukushima beschlossenen<br />
Abkehr von der Atomkraft ihre Priorität für den Ausbau erneuerbarer Energien<br />
und der zugehörigen Infrastruktur untermauert.<br />
Diese Trends wirken sich allerdings nicht auf alle <strong>Sachwerte</strong> und Regionen gleichermaßen<br />
aus. Dies wird am Beispiel Immobilien deutlich: Die Attraktivität von<br />
Immobilieninvestitionen hängt neben dem aktuellen Preisniveau auch von siedlungsstrukturellen<br />
Faktoren ab, wie der Frage, ob es sich bei dem Standort um<br />
ein Zuzugs- oder Entleerungsgebiet bzw. ein wachsendes oder stagnierendes<br />
Industrie- oder Dienstleistungszentrum handelt. Die grundsätzliche Bedeutung<br />
der oben skizzierten Trends entbindet Sachinvestoren also nicht davon, eine<br />
genaue Analyse der Zielregion vorzunehmen. In Teil 2 dieser Studie wird die<br />
Bedeutung der Trends für bestimmte <strong>Sachwerte</strong>märkte diskutiert.<br />
<strong>Sachwerte</strong> mit spezifischen Risiken<br />
Anlagen in <strong>Sachwerte</strong> sind mit zahlreichen Risiken verbunden, die u.a. auf einige<br />
ihrer grundsätzlichen Eigenschaften zurückzuführen sind.<br />
— So sind Anlagen in <strong>Sachwerte</strong> vielfach mit unternehmerischen Risiken verbunden.<br />
Dies gilt z.B. für Investments in Schiffe, Flugzeuge oder landwirtschaftliche<br />
Betriebe. Anleger können bei diesen Anlagen auch einen Totalverlust<br />
des eingesetzten Kapitals erleiden.<br />
— Ein preisunelastisches Angebot ist typisch für <strong>Sachwerte</strong>. Die Implikationen<br />
dieses Phänomens zeigen sich z.B. bei Rohstoffen: Unerwartete Einflüsse<br />
9 Vgl. United Nations (2006). World Urbanization Prospects – The 2005 Revision.<br />
10 Vgl. Bräuninger, Michael u.a. (2009). Langfristige Perspektiven von Anlagen in <strong>Sachwerte</strong>n.<br />
HWWI Policy Report Nr. 11 des HWWI-Kompetenzbereichs Wirtschaftliche Trends.<br />
7 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
auf das kurzfristig verfügbare Angebot (z.B. in Form von ungewöhnlichen<br />
Wetterbedingungen oder geopolitischen Schocks), die Lagerbestände oder<br />
die Nachfrage können zu erheblichen Preisschwankungen führen.<br />
— Einige Märkte für <strong>Sachwerte</strong> weisen eine relativ geringe Fungibilität auf: So<br />
kann eine Direktbeteiligung z.B. an einem Geschäftshaus u.U. nicht jederzeit<br />
zum gewünschten Preis verkauft werden. Selbst bei einem homogenen<br />
Gut, wie einer Beteiligung an einem geschlossenen Fonds, mag der Anteil<br />
nicht jederzeit veräußerbar sein (geringe Liquidität oder Illiquidität). Diese<br />
Eigenschaft von <strong>Sachwerte</strong>n begrenzt in der Regel deren Anteil am Portfolio<br />
insofern der Anleger eine Präferenz für überwiegend liquide Anlagen hat.<br />
— Die Märkte für <strong>Sachwerte</strong> sind ihrerseits nicht frei von Schwankungen und<br />
Krisen. Grundsätzlich weisen die Erträge von Sachwertanlagen zumeist eine<br />
geringere Volatilität auf als beispielsweise die von Aktien, wie sich anhand<br />
der Erträge von Investitionen in Schiffsfonds 11 oder der Mietentwicklung<br />
deutscher Wohnimmobilien zeigen lässt (s. Teil 2). Dies darf aber nicht<br />
darüber hinwegtäuschen, dass sich auf einzelnen Märkten durchaus Ungleichgewichte<br />
oder Spekulationsblasen bilden können: Sie sind in der Vergangenheit<br />
insbesondere auf den Immobilienmärkten zu beobachten gewesen.<br />
Die Subprime-Krise in den USA und die Immobilienblasen in einigen<br />
europäischen Ländern sind die jüngsten Beispiele; die Folgen der Blasen<br />
für die Weltwirtschaft waren eklatant.<br />
— In Abhängigkeit von der Region, in der Anleger ihr Kapital investieren, müssen<br />
sie Währungs- und Länderrisiken sowie unterschiedliche steuerliche<br />
Regelungen berücksichtigen.<br />
Gut informierter Anleger gefragt<br />
Angesichts der beschriebenen Risiken und der generell eher komplexen Entwicklung<br />
der relevanten Märkte setzt eine Investition in <strong>Sachwerte</strong> einen gut<br />
informierten Anleger voraus. So erfordern die Auswahl und das Management<br />
eines <strong>Sachwerte</strong>-Portfolios umfassende Kenntnisse über die jeweiligen Märkte<br />
sowie u.U. operative Fähigkeiten. Aus Sicht der Anleger ist fehlendes Know-how<br />
oftmals ein Hindernis für die Auswahl geeigneter Anlageobjekte. Dabei spielen<br />
auch die Erfahrung der Investoren mit bestimmten Anlageformen und Kenntnisse<br />
über die relevanten Produkte eine Rolle. Bei der Wahl von Fondsprodukten<br />
hat die Expertise des Asset-Managers hohe Bedeutung und sollte auch in die<br />
Wahl des Produktes einbezogen werden.<br />
Sachinvestoren brauchen zudem einen eher langen Anlagehorizont, da Anlagen<br />
in <strong>Sachwerte</strong> in der Regel mit einer langen Kapitalbindung verbunden sind.<br />
Schiffsfonds haben typischerweise eine Laufzeit von 15 bis 20 Jahren; Flugzeugfonds<br />
von gut 15 Jahren. Daher ist es aus Sicht der Anleger wichtig, das<br />
Potenzial der Anlageform zuverlässig einschätzen zu können. Zudem legen<br />
private Investoren zumeist größere Beträge an: Die durchschnittliche Zeichnungshöhe<br />
bei Anlagen in geschlossene Fonds über alle Asset-Klassen hinweg<br />
betrug im Jahr 2011 in Deutschland 30.575 EUR (nach EUR gut 26.000 im Jahr<br />
2010). Vermögenden Privatkunden mit hohen Anlagevolumina stehen auch<br />
Direktanlagen oder Spezialfonds offen.<br />
11 Vgl. dazu z.B. Bräuninger, Michael u.a. (2009). Langfristige Perspektiven von Anlagen in <strong>Sachwerte</strong>n.<br />
HWWI Policy Report Nr. 11 des HWWI-Kompetenzbereichs Wirtschaftliche Trends.<br />
Schwankungen im Wert einer Sachwertanlage werden oftmals nicht so sichtbar wie bei Finanzwerten,<br />
da erstere nicht kontinuierlich neu bewertet werden. Dies sagt aber noch nichts über die<br />
tatsächlichen Wertschwankungen aus.<br />
8 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Mietregulierung nach Ländern 18<br />
Skala 0-6: 0= keine, 6= starke Regulierung<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
DE FR IT ES JP US UK<br />
Quellen: OECD, DB <strong>Research</strong><br />
Erschwinglichkeit: Mieten 19<br />
Verhältnis von Hauspreisen zu Mieten<br />
Langfristige Durchschnitte = 100<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
Quelle: OECD<br />
US ES DE UK<br />
Erschwinglichkeit: Einkommen 20<br />
Verhältnis von Hauspreisen zu Einkommen<br />
Langfristige Durchschnitte = 100<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
Quelle: OECD<br />
US DE ES UK<br />
B. <strong>Sachwerte</strong>: Zahlreiche Anlageformen<br />
Die Möglichkeiten, in <strong>Sachwerte</strong> zu investieren, sind vielfältig. Eines der liquidesten<br />
und am besten über die Finanzmärkte zugänglichen Segmente ist der<br />
Markt für Rohstoffe. Neben Edelmetallen stehen Industrie- und Agrarrohstoffe<br />
im Fokus der Anleger. Über diese homogenen Märkte können sich Investoren<br />
zudem relativ leicht informieren. Wir wollen uns in dieser Studie hingegen mit<br />
<strong>Sachwerte</strong>n beschäftigen, deren Güter überwiegend nicht über Börsen gehandelt<br />
werden, sondern bei denen Anlagen über Fondslösungen oder in Form von<br />
Direktinvestitionen dominieren. Investoren benötigen in diesen inhomogenen<br />
und auf den ersten Blick häufig intransparenten Märkten meist umfassendere<br />
Informationen, um eine Anlageentscheidung treffen zu können.<br />
Während die Märkte für Immobilien oder Schiffe über eine lange Historie verfügen,<br />
haben sich einige Märkte für <strong>Sachwerte</strong> erst jüngst entwickelt oder sind<br />
noch im Entstehen. Dazu gehören z.B. bestimmte Erneuerbare, wie Wasser-<br />
oder Offshore-Windkraft. Wir werden in der folgenden Analyse der Anlageformen<br />
diesem unterschiedlichen Entwicklungsstand Rechnung tragen und keinem<br />
festgelegten Kriterienkatalog folgen. Zu beachten ist auch, dass z.B. die Immobilienmärkte<br />
insgesamt quantitativ wesentlich leichter zu beschreiben sind, als<br />
etwa Investitionen in Erneuerbare, für die bisher kaum aggregierte Daten zur<br />
Verfügung stehen.<br />
1. Immobilien: Abbau globaler Ungleichgewichte<br />
Viele Investoren setzen <strong>Sachwerte</strong> mit Immobilien gleich. Dies resultiert sowohl<br />
aus ihrer täglichen Erfahrung als auch aus der Marktgröße. So übersteigt in<br />
vielen Ländern das Immobilienvermögen das BIP deutlich. Entsprechend stehen<br />
Immobilien oft im Fokus von Anlageentscheidungen. Im Vergleich zu den Anleihe-<br />
und Aktienmärkten, den beiden anderen großen Anlageklassen, sind Immobilienmärkte<br />
sehr viel heterogener. 12 Preise und Transaktionen auf nationalen<br />
Immobilienmärkten werden stark durch zahlreiche lokale Gesetze und institutionelle<br />
Regelungen bestimmt (s. Grafik 18). Auch Finanzierungsregeln, Förderprogramme<br />
und die kulturelle Einstellung gegenüber Verschuldung sind länderspezifisch<br />
und beeinflussen die Rendite von Immobilieninvestments. Staatliche<br />
Subventionen waren ein Treiber des US-Häusermarktes und letztlich der<br />
Subprime-Blase. In Deutschland hingegen ist die strikte Mietregulierung eine<br />
Ursache für die trägen Immobilienpreise.<br />
Entsprechend variierte in den letzten Jahren auch die Entwicklung der Immobilienpreise<br />
und Erschwinglichkeitsindizes (s. Grafik 19), definiert als Verhältnis<br />
von Hauspreisen zu Mieteinnahmen. So profitierten Investoren in den Vorkrisenjahren<br />
in Großbritannien, Spanien und den USA von steigenden Preisen, die<br />
sich jedoch nicht oder nur teilweise in höheren Mieteinnahmen niederschlugen.<br />
Auf Dauer war diese Entwicklung nicht nachhaltig; eine Marktkorrektur folgte.<br />
Das gleiche Muster zeigt sich auch bei dem Verhältnis von Hauspreisen zu verfügbarem<br />
Einkommen (s. Grafik 20). In den Vorkrisenjahren nahmen die Preise<br />
in Spanien und Großbritannien überproportional stark relativ zum Einkommen<br />
zu. Auch in den USA stieg der Erschwinglichkeitsindex deutlich an, während er<br />
in Deutschland sank.<br />
Aber nicht nur in Großbritannien, Spanien und den USA stiegen in der letzten<br />
Dekade die Hauspreise teilweise rasant – wenn auch dort die Auswirkungen der<br />
Hauspreiskorrektur auf die Wirtschaft am stärksten waren. Auch in vielen anderen<br />
Euroländern zogen die Immobilienpreise an. Mit Ausnahme Portugals stie-<br />
12 Es gibt eine recht hohe Korrelation zwischen US-amerikanischen und deutschen 10-jährigen<br />
Anleihen. Auch bei den Aktienindizes ist oft ein Gleichlauf zwischen deutschen und US-<br />
Aktienindizes zu beobachten.<br />
9 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Hauspreise in vielen Ländern stark<br />
gestiegen 21<br />
2000=100<br />
200<br />
150<br />
100<br />
00 02 04 06 08 10<br />
IT GR IE<br />
PT FR<br />
Quellen: BIS, DB <strong>Research</strong><br />
Nettoanfangsrenditen stabil 22<br />
DE, %<br />
10,0<br />
9,0<br />
8,0<br />
7,0<br />
6,0<br />
5,0<br />
91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11<br />
Büro zentrale Lage<br />
Büro dezentrale Lagen<br />
Lagerhallen<br />
Einzelhandel zentrale Lagen<br />
Einzelhandel dezentrale Lagen<br />
Quellen: BulwienGesa, DB <strong>Research</strong><br />
Zinsen: Abwärtstrend 23<br />
%<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
91 95 99 03 07 11<br />
3Monats Euribor 10jährige Bunds<br />
Quelle: DB <strong>Research</strong><br />
gen die Hauspreise in allen Peripherieländern über die letzte Dekade mit hohen<br />
Wachstumsraten. In Frankreich wurde eine fast zweistellige jährliche Zuwachsrate<br />
erzielt. Die Preise haben sich seit 2000 mehr als verdoppelt (s. Grafik 21).<br />
In Deutschland hingegen fielen die Preise zunächst von 2000 bis 2005 um rund<br />
10%, stagnierten anschließend bis 2009 und wuchsen dann in den letzten beiden<br />
Jahren um 2 bis 3% pro Jahr. Deutschlands Hauspreise verliefen im internationalen<br />
Vergleich also antizyklisch und waren wenig volatil. Aus unserer<br />
Sicht gibt es zahlreiche Gründe, warum Deutschlands Hauspreise weiter moderat<br />
ansteigen, während sich in anderen Ländern die Korrektur am Immobilienmarkt<br />
fortsetzen sollte. Daher haben jüngst viele Investoren vermehrt den deutschen<br />
Immobilienmarkt als Investitionsobjekt entdeckt.<br />
<strong>Deutsche</strong>r Immobilienmarkt: Wohnimmobilienmarkt wiederbelebt<br />
Nach Jahren stagnierender oder fallender Preise verteuerten sich Deutschlands<br />
Wohnimmobilien in 2011 wie schon im Vorjahr deutlich. Die Preise für Einfamilienhäuser<br />
stiegen durchschnittlich um rund 2,5% gegenüber dem Vorjahr. Für<br />
Eigentumswohnungen wurde sogar ein Plus von rund 4% verzeichnet, was<br />
deutlich über der Inflationsrate von 2,3% lag. Die wichtigste Ursache ist vermutlich<br />
die anhaltende Unsicherheit an den Finanzmärkten. Die Furcht vor Verwerfungen<br />
bei einer Eskalation der Eurokrise und die massive Liquiditätsbereitstellung<br />
der EZB erhöhen die Attraktivität von <strong>Sachwerte</strong>n, selbst wenn ein Großteil<br />
der Liquidität wieder bei der EZB angelegt wird und nicht in die Realwirtschaft<br />
fließt. Gleichzeitig dürften aufgrund der Eurokrise die Zinsen sehr niedrig bleiben,<br />
wodurch die Kreditkosten auf einem äußerst günstigen Niveau verharren.<br />
Aber auch das stärkere Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren leistet einen<br />
Beitrag zur Wiederbelebung des Wohnimmobilienmarktes. So konnte Deutschland<br />
seit 2005 – trotz der weltweiten tiefen Rezession 2008/09 – durchschnittlich<br />
mit 2% wachsen, während von 2000 bis 2005 das Wachstum pro Jahr weniger<br />
als 1% betrug. Der Wachstumsschub reduzierte die Arbeitslosenrate von über<br />
12% im Jahr 2005 auf aktuell deutlich unter 7%. Dieses kleine „Wirtschaftswunder“<br />
dürfte auch zu steigenden Immobilienpreisen beigetragen haben.<br />
Investitionen in deutsche Gewerbeimmobilien bleiben attraktiv<br />
Bei Wohnimmobilien werden typischerweise Preisentwicklungen analysiert,<br />
während bei Gewerbeimmobilien die Miet- und Renditeentwicklung im Mittelpunkt<br />
steht. Dieser Usus beruht auf den unterschiedlichen Anlagezielen. Während<br />
Wohnimmobilien überwiegend von privaten Haushalten für Eigennutzung<br />
und als direkte Kapitalanlage gehalten werden und der Anschaffungspreis im<br />
Vordergrund steht, liegt bei institutionellen Investoren, die überwiegend in Gewerbeimmobilien<br />
investieren, der Fokus auf der regelmäßigen Renditeerzielung.<br />
Wie die Grafik 22 zeigt, sind die Nettoanfangsrenditen, definiert als Nettomieteinnahmen<br />
zum Kaufpreis unter Berücksichtigung von Nebenkosten im ersten<br />
Jahr der Anschaffung, bei deutschen Gewerbeimmobilien recht konstant und<br />
auf attraktiven Niveaus. Am aktuellen Rand sind die Renditen leicht zurückgegangen,<br />
da die Preis- der Mietentwicklung vorausläuft. Angesichts des strukturell<br />
sinkenden Zinsniveaus (s. Grafik 23) überrascht die Unabhängigkeit vom<br />
Finanzmarkt. Investoren, die derzeit Zuflucht in <strong>Sachwerte</strong> suchen oder ihr<br />
Vermögen stärker diversifizieren möchten, könnten Mittel vom Anleihemarkt<br />
weg und zum Immobilienmarkt hin umschichten. Dies sollte tendenziell zu steigenden<br />
Renditen im Anleihe- und zu fallenden Renditen im Immobilienmarkt<br />
und damit zu einer kleineren Renditedifferenz als bisher führen.<br />
10 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Gewerbeimmobilien: Mieten in DE<br />
wenig volatil 24<br />
2000 Q1=100, Mieten EUR/qm, wichtigste Stadt<br />
180<br />
140<br />
100<br />
60<br />
00 02 04 06 08 10<br />
US DE ES UK<br />
Quellen: CBRE, DB <strong>Research</strong><br />
Büromieten: geringe Konjunkturab-<br />
hängigkeit 25<br />
DE, EUR/qm<br />
17<br />
14<br />
11<br />
8<br />
5<br />
00 02 04 06 08 10<br />
Durchschnittsmiete Büro City<br />
Durchschnittsmiete Büro City-Rand<br />
Spitzenmiete Büro City<br />
Spitzenmiete Büro City-Rand<br />
Quellen: BulwienGesa, DB <strong>Research</strong><br />
Einzelhandelsmieten 26<br />
DE, EUR/qm<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
00 02 04 06 08 10<br />
Spitzenmiete in 1a-Lagen<br />
Durchschnittsmiete 1a-Lagen<br />
Spitzenmieten Stadtteillagen<br />
Durchschnittsmiete Stadtteillagen<br />
Quellen: BulwienGesa, DB <strong>Research</strong><br />
Angesichts der Renditeentwicklung ist es wenig überraschend, dass auch die<br />
Mieten recht konstant verliefen (s. Grafik 24). Ursächlich hierfür ist abermals der<br />
hohe Regulierungsgrad auf dem deutschen Immobilienmarkt. Weltweit waren<br />
die Mieten sehr viel volatiler und konjunkturabhängiger. Am Anfang der letzten<br />
Dekade fielen in Deutschland, wie auch weltweit, die Mieten im Zuge der globalen<br />
Wachstumsschwäche. Der sich anschließende Aufschwung bis 2007 erreichte<br />
den deutschen Gewerbeimmobilienmarkt aber nur in geringem Maße,<br />
während sich in anderen Märkten die Mieten teilweise verdoppelten. Auch im<br />
Aufschwung nach der tiefen Rezession 2008/09 hinkten deutsche Gewerbemieten<br />
der Entwicklung in Großbritannien und den USA hinterher. Der deutsche<br />
Immobilienmarkt ist also bei den Gewerbe- wie bei den Wohnimmobilien als<br />
konservative Anlage zu betrachten.<br />
Die Zahl der Einflussfaktoren auf die Mietentwicklung ist groß und auch hier<br />
zeigt sich die Komplexität des Immobilienmarktes, denn die Wirkungsrichtung ist<br />
nicht immer eindeutig. So zeigen unsere Berechnungen, dass Zinsveränderungen<br />
sich sowohl positiv als auch negativ auf die Mietentwicklung auswirken<br />
können. Die verschiedenen Teilbereiche des deutschen Gewerbeimmobilienmarktes<br />
sind überraschenderweise auch nur bedingt konjunkturabhängig. So<br />
kann weder ein direkter noch großer Einfluss von Wirtschaftswachstum und<br />
Inflation auf die Gewerbemieten in Deutschland gemessen werden. Ein Erklärungsansatz<br />
ist die unterdurchschnittliche Inlandsnachfrage in der letzten Dekade.<br />
Entsprechend war auch die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien schwach.<br />
Im aktuellen Wirtschaftsumfeld mit anziehender Inlandsnachfrage und florierendem<br />
Arbeitsmarkt könnte die Konjunkturabhängigkeit von Gewerbeimmobilien<br />
gestiegen sein. Wie beschrieben vermuten wir aber, dass die Preise schneller<br />
anziehen werden als die Mieten und die Renditen deshalb weiter leicht nachgeben.<br />
Immobilien als Asset-Klasse für Privatanleger<br />
Die Investitionsmöglichkeiten im Bereich der Immobilien sind vielfältig und erfordern<br />
Spezialwissen. Neben den unterschiedlichen Basisinvestitionen, z.B. Mehrfamilienhäuser,<br />
Eigentumswohnungen, Bürohäuser, Einzelhandelsobjekte oder<br />
Industriegebäude, ist die Anlageform für den Investitionserfolg von großer Bedeutung.<br />
Der Anleger kann direkt in Beton investieren oder indirekt über Finanzvehikel.<br />
Steuerliche Aspekte spielen hierbei ebenfalls eine wichtige Rolle.<br />
Jede Immobilie ist ein Unikat. Immobilienmärkte haben somit oft eine geringe<br />
Fungibilität, und erfolgreiche Investitionen bedürfen eines langen Investitionshorizonts.<br />
Hinzu kommt, dass gerade während einer Wirtschaftskrise die Veräußerung<br />
von Immobilien oftmals nicht oder nur mit Abschlägen erfolgen kann,<br />
da die Investitionsbereitschaft und -fähigkeit fehlt und der Markt somit austrocknet.<br />
Bei der direkten Investition in Beton haben Investoren zwar individuelle Gestaltungsmöglichkeiten,<br />
jedoch schlagen Transaktionskosten zu Buche. Laut OECD<br />
betragen die Transaktionskosten in Deutschland durchschnittlich 6,7% auf der<br />
Käuferseite und 1,1% beim Wiederverkauf. Zusätzlich fällt bei nicht eigengenutzten<br />
Immobilien und bei kurzfristigem Investitionshorizont eine Spekulationssteuer<br />
an. Viele Anleger scheuen die Direktanlage aber auch aufgrund des<br />
Verwaltungsaufwandes und des damit verbundenen Klumpenrisikos.<br />
Als Alternative bieten sich indirekte Anlagen über Fonds oder Immobilienaktien<br />
an. Investitionen in Fonds erfolgen meist über offene oder geschlossene Fonds.<br />
Tabelle 27 gibt eine Übersicht über die Eigenschaften der verschiedenen indirekten<br />
Anlageformen: Offene, geschlossene Fonds, Aktiengesellschaften und<br />
REITs (G-REIT in der Tabelle steht für German Real Estate Investment Trusts).<br />
11 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Eigenschaften von Finanzanlagen 27<br />
Offene Immobilienfonds Geschlossene Immobilienfonds Immobilien-AGs G-REITs<br />
Unbegrenzte Teilbarkeit ja Nein ja ja<br />
Handelbarkeit grds. gut Schlecht grds. sehr gut grds. sehr gut<br />
Ertragsbesteuerung Steuertransparenz Steuertransparenz Kö.St. und Gew.St.-Pflicht Steuertransparenz<br />
Spezialisierungsgrad gering hoch hoch hoch<br />
Informationseffizienz niedrig sehr niedrig hoch hoch<br />
Management extern extern intern intern<br />
Transaktionskosten hoch sehr hoch niedrig niedrig<br />
Hauptrisiko Liquiditätsrisiko Liquiditäts-/ Klumpenrisiko Aktienmarktvolatilität Aktienmarktvolatilität<br />
Hauptanlegergruppe Privatanleger Vermögende Privatanleger Bisher häufig Altaktionäre Institutionelle Investoren<br />
Quellen: ZEW, ebs, DB <strong>Research</strong><br />
Offene Immobilienfonds: Teile aufgelöst 28<br />
EUR Mrd., DE, Volumen<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
08 09 10 11<br />
Offen Eingefroren+aufgelöst<br />
Eingefroren Aufgelöst<br />
Quelle: BVI<br />
Geschlossene Fonds: Zuflüsse steigen 29<br />
EUR Mio., DE<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
08 09 10 11<br />
Eigenkapital Fondsvolumen<br />
Quellen: VGF, DB <strong>Research</strong><br />
DAX, Immobilienaktien und G-REITs:<br />
hohe Korrelation 30<br />
15.09.2008 (Lehman Kollaps) = 100<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
08 09 10 11<br />
EPRA Germany DAX<br />
RX REIT (KURS)<br />
Quelle: DB <strong>Research</strong><br />
Das in deutschen offenen Immobilienfonds investierte Fondsvolumen beträgt<br />
mehr als EUR 80 Mrd. (s. Grafik 28). Davon sind rund EUR 10 Mrd. in aufgelösten<br />
Fonds gebunden. Die Liquidierung der in diesen Fonds gebundenen Mittel<br />
erfolgt momentan nur gegen hohe Abschläge. Andernfalls müssen Investoren<br />
unter Umständen lange, teilweise mehrere Jahre, auf die Rückerstattung ihrer<br />
Mittel warten. Weitere EUR 14 Mrd. sind in Fonds gebunden, die wegen Illiquidität<br />
eingefroren sind. Bei einer ganzen Reihe von eingefrorenen Fonds wird im<br />
Mai 2012 über den Fortbestand entschieden. 13<br />
Bei geschlossenen Fonds ist keine vorzeitige Rückgabe der Einlage an den<br />
Investor vorgesehen. Das Fondsvolumen wird oft vereinbarungsgemäß auf<br />
Jahrzehnte in Immobilien investiert. Entsprechend ist kein Liquiditätspuffer wie<br />
bei offenen Fonds nötig. Aufgrund dieses Konzepts werden geschlossene<br />
Fonds steuerlich als unternehmerische Beteiligungen behandelt. Sie können<br />
renditestark sein. Das Angebot geschlossener Fonds ist sehr groß, ist aber<br />
mangels Publizitätspflicht intransparent. Die vom VGF vorliegenden Daten zeigen<br />
aber einen Anstieg der Mittelzuflüsse (s. Grafik 29), während bei offenen<br />
Immobilienfonds das Fondsvolumen eher seitwärts verläuft. Insbesondere seit<br />
der Schließung offener Immobilienfonds im Winter 2008/09 scheinen geschlossene<br />
Fonds bei Anlegern an Attraktivität gewonnen zu haben.<br />
Neben den Investitionen in Fonds gibt es auch die Möglichkeit, direkt in Immobilienaktien<br />
zu investieren. Bisher ist aber die Auswahl an deutschen Immobilienaktien<br />
begrenzt. So erreicht die Marktkapitalisierung der deutschen Immobilienaktien<br />
kaum EUR 10 Mrd. Das Marktvolumen deutscher REITs, die erst 2007 in<br />
Deutschland zugelassen wurden, ist noch kleiner. Diese Anlageform wird auf<br />
absehbare Zeit ein Nischenmarkt bleiben. Auch die Kursentwicklung war in den<br />
letzten Jahren eher unterdurchschnittlich, wie der EPRA Index, der hauptsächlich<br />
deutsche Immobilienaktien enthält, und der RX-REIT im Vergleich zum DAX<br />
zeigen. Die enge Korrelation zum DAX 14 (s. Grafik 30) zeigt allerdings, dass<br />
Sachinvestoren mit Immobilienaktien – obwohl sie in den Basiswert Immobilien<br />
investieren – keine wirksame Diversifikation zu Finanzanlagen erreichen.<br />
13 Weitere Informationen über den Fondsstatus finden sich auf der Homepage des BVI unter<br />
http://www.bvi.de/export/sites/internet_relaunch/downloads/2012_02_OIF_Status_und_FV.pdf.<br />
14 Die Korrelation des DAX mit dem EPRA beträgt 0,73, mit dem RX REIT 0,85.<br />
12 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
PV ist Nr. 1 bei EE-Anlageinvestitionen*) 31<br />
DE, EUR. Mio., 2011<br />
Wasserkraft<br />
Biomasse, Wärme<br />
Geothermie<br />
Solarthermie<br />
Biomasse, Strom<br />
Windenergie<br />
PV<br />
70<br />
880<br />
960<br />
1.050<br />
2.000<br />
2.950<br />
15.000<br />
0 5.000 10.000 15.000 20.000<br />
*) EE-Anlageinvestitonen 2011: EUR 22,9 Mrd.<br />
Quelle: BMU<br />
Bio Spitze bei EE-Betriebsumsätzen*) 32<br />
DE, EUR Mio., 2011<br />
Solarthermie<br />
Wasserkraft<br />
Geoth., Umweltwärme<br />
PV<br />
Windenergie<br />
Biomasse, Kraftstoffe<br />
Biom., Strom & Wärme<br />
230<br />
340<br />
700<br />
1.000<br />
1.400<br />
3.650<br />
5.750<br />
0 2.000 4.000 6.000 8.000<br />
*) Umsätze aus EE-Anlagenbetrieb 2011: EUR 13,1 Mrd.<br />
Quelle: BMU<br />
2. Erneuerbare Energien: Globales Wachstum bietet<br />
Sachinvestoren viele Chancen<br />
Energiequellen tragen zur Befriedigung der vielfältigen Bedürfnisse des Menschen<br />
bei. Im letzten Jahrhundert waren die fossilen Energieträger über weite<br />
Strecken zuverlässige Hilfsmittel in den Industrieländern. Im laufenden Jahrhundert<br />
reifen die erneuerbaren Energien infolge des technischen Fortschritts<br />
zu tragfähigen Säulen einer besseren Energiezukunft. Für die grünen Energiequellen<br />
spricht, dass sie Lösungen für Herausforderungen versprechen, die in<br />
den letzten Jahren dringlicher wurden und das laufende Jahrhundert prägen<br />
dürften. Dazu zählt das Wachstum der Weltbevölkerung, ist es doch Ursache für<br />
den fortgesetzten Anstieg des globalen Energiebedarfs. Hinzu kommt die zunehmende<br />
Verteuerung der fossilen Energien, insbesondere Erdöl und Kohle.<br />
Dieser Trend begünstigt perspektivisch selbst alternative Energien, die in der<br />
Startphase als wenig ökonomisch erscheinen. Zudem verbessern erneuerbare<br />
Energien die Umweltbilanz rund um Energieerzeugung und –verbrauch; und sie<br />
verzögern den Klimawandel.<br />
Erneuerbare Energien sind freilich für Investoren kein Neuland. Schon Anfang<br />
der 1970er Jahre steuerten Wasserkraft und Biomasse zusammen 14% zum<br />
globalen Primärenergieverbrauch bei, nicht selten finanziert von Privatinvestoren.<br />
Künftig wird die Bedeutung der regenerativen Energien noch wichtiger als<br />
in der jüngsten Vergangenheit, international und national. Gerade Deutschland<br />
setzt die infolge der beiden großen Ölkrisen des letzten Jahrhunderts begonnene<br />
Energiewende derzeit unter dem frischen Eindruck des letztjährigen Kernenergiedebakels<br />
in Japan ambitioniert um.<br />
Die Investitionen in Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien erreichten<br />
2011 in Deutschland einen Wert von EUR 22,9 Mrd. (s. Grafik 31). Das ist zwar<br />
weniger als im bisherigen Rekordjahr 2010, in dem EUR 27,8 Mrd. erzielt wurden.<br />
Allerdings lag der Hauptgrund nicht auf der Mengen-, sondern auf der<br />
Preisseite. Ursächlich war nämlich insbesondere der – von der Politik durchaus<br />
gewünschte – Rückgang der Preise für Photovoltaik(PV)-Anlagen. Denn obwohl<br />
2011 die installierte Solarstromleistung das Niveau des Vorjahres erreichte,<br />
sanken aufgrund der rückläufigen Preise die Anlageinvestitionen um ein Viertel.<br />
Trotz der niedrigeren Preise steuerte die PV 2011 mit einem Anteil von zwei<br />
Dritteln immer noch den Löwenanteil zu den Investitionen in Anlagen zur Erzeugung<br />
erneuerbarer Energien bei. Damit lag ihr Beitrag merklich höher als der<br />
der ebenfalls bedeutsamen alternativen Energiequellen Windenergie, Biomasse<br />
(Strom und Wärme), Solar- und Geothermie sowie der Wasserkraft.<br />
Einzelfallanalysen sind unbedingt erforderlich<br />
Energieinvestoren sollten grundsätzlich auf alle Energiealternativen und auch<br />
auf das Ausland schauen. In vielen Ländern, die über günstige natürliche Voraussetzungen<br />
für einzelne alternative Energien verfügen, werden diese bereits<br />
seit sehr vielen Jahren erfolgreich genutzt. Dies wird besonders deutlich, wenn<br />
man einen Blick auf die Geothermie und die Wasserkraft wirft. So erreicht die<br />
Geothermie in Ländern mit relativ hoher vulkanischer Aktivität, wie Costa Rica,<br />
Kenia, El Salvador, Island, Nicaragua und den Philippinen, Anteile an der<br />
Stromerzeugung von einem Zehntel bis gut zwei Zehnteln. Auf noch wesentlich<br />
höhere Stromerzeugungsanteile kommt die Wasserkraft in einigen Ländern; in<br />
Norwegen, Brasilien, Österreich, Kanada und Schweden werden sogar Anteile<br />
von 50% bis hin zu 99% erreicht.<br />
Für die Relevanz des Auslands spielen zusätzlich zu den natürlichen Gegebenheiten<br />
auch überraschende Sonderentwicklungen eine große Rolle. So kann<br />
eine günstige Anpassung der Förderpolitik zu starken Zuwächsen führen. Anschauliche<br />
Beispiele dafür sind der PV-Boom in Spanien im Jahre 2007 oder<br />
13 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Breiter EE-Stromerzeugungsmix in DE 33<br />
%<br />
Bio &<br />
Abfall<br />
30,3<br />
Wasserkraft<br />
16,0<br />
Quelle: BMU<br />
PV<br />
15,6<br />
Wind<br />
38,1<br />
Viel mehr Strom aus neuen EE in DE 34<br />
GWh<br />
50.000<br />
45.000<br />
Windenergie<br />
40.000<br />
35.000<br />
30.000<br />
25.000<br />
20.000<br />
PV<br />
15.000<br />
10.000<br />
5.000<br />
0<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
Quelle: AGEE<br />
zuletzt in Italien, das 2011 gleichfalls von günstigen PV-Subventionen profitierte.<br />
Freilich bergen solche Sonderentwicklungen immer auch das Risiko, dass die<br />
Förderung früher oder später wieder „nach unten“ angepasst wird. Aufgrund der<br />
vielfältigen und durchaus wechselhaften politischen Weichenstellungen rund um<br />
die Erneuerbaren sowie der diversen technischen Trends können nur tiefere<br />
Einzelfallanalysen die jeweiligen Projektchancen und -risiken adäquat herausfiltern;<br />
sie machen damit die Einzelprojekte vergleich- und kalkulierbar.<br />
Die Photovoltaik zeigt die Relevanz des Investitionszeitpunkts<br />
Sind Biomasse und Wasserkraft erneuerbare Quellen mit relativ bekanntem<br />
Risiko/Chance-Profil, so gilt dies für neue Erneuerbare wie Offshore-Wind und<br />
Sonnenenergie weniger. Nach unserer Einschätzung erscheint gerade die PV<br />
sehr gut geeignet, die unterschiedlichen Investitionszeitpunkte und -modelle für<br />
interessierte Sachinvestoren zu präzisieren:<br />
— In der Pionierphase, in der in Deutschland und anderen Teilen der Welt<br />
Großunternehmen sowie universitäre und außeruniversitäre Institute die<br />
wichtige Grundlagenforschung betrieben, kam es auf das Engagement mutiger<br />
Early-Stage- bzw. Venture-Capital-Investoren an. In dieser Startphase<br />
gingen Sachinvestoren hohe Risiken ein.<br />
— Den Weg für den PV-Massenmarkt ebnete die deutsche Politik anschließend<br />
mit dem 100.000-Dächerprogramm und dem Erneuerbaren-Energien-<br />
Gesetz (EEG). Dank der Neu- und Ausgründung vieler kleiner und mittlerer<br />
Unternehmen öffneten sich viele Möglichkeiten für weitere Typen von Sachinvestoren,<br />
die sich an Ausrüstern oder PV-Produzenten beteiligen wollen.<br />
Dies gilt umso mehr, da viele PV-Unternehmen die Vorteile der Aktienbörse<br />
zur Finanzierung und Kapitalbeschaffung entdeckten und nutzten.<br />
— Zur gleichen Zeit machte die hohe und über 20 Jahre garantierte EEG-<br />
Förderung PV-Anlagen für Bauherren und Immobilienbesitzer, also typische<br />
Sachinvestoren, interessant. Viele Finanzinstitute erleichterten Investitionen,<br />
indem sie bereit waren, PV-Anlagen in die Beleihungssumme der Immobilien<br />
aufzunehmen. Im Ergebnis induzierten die vielfältigen Treiber einen<br />
regelgerechten PV-Boom (s. Grafik 34).<br />
Am aktuellen Rand werden allerdings auch die Grenzen spürbar. Die deutsche<br />
Politik ist nicht mehr länger bereit, die hohen PV-Subventionen ad infinitum weiterzuführen.<br />
Das hat vielerlei Konsequenzen: Die aktuelle EEG-Kürzung belastet<br />
die in den Anfangsjahren so erfolgreichen deutschen Solarunternehmen und<br />
PV-Aktionäre, führt sogar nicht selten zu herben Verlusten. Freilich sind bereits<br />
getätigte Sachinvestitionen in ein Solardach sicher, ist doch die Förderung für<br />
20 Jahre garantiert. Die Lehre für Sachinvestoren sollte sein, noch mehr auf das<br />
richtige Timing von Investition und Desinvestition bzw. Kauf und Verkauf zu<br />
achten. Aus Investorensicht hat das EEG den großen Vorteil, dass die jeweilige<br />
Förderung der einzelnen alternativen Technologie – sei es PV, Wasserkraft<br />
Onshore- oder Offshore-Wind – gesetzlich garantiert ist. Dies bedeutet, dass<br />
eine Verringerung der Förderung immer nur zukünftige Projekte betrifft, keineswegs<br />
also bereits getätigte Investitionen bzw. Projekte sozusagen „nachträglich<br />
entwerten“ kann. Ist z.B. eine PV-Anlage schon in Betrieb, wirkt sich eine zeitlich<br />
spätere PV-Förderkürzung nicht mehr auf die Rentabilität der bereits aktiven<br />
Anlage aus.<br />
Längerfristig wird die Photovoltaik weltweit weiter wachsen. Für Investoren ist es<br />
sinnvoll, den Weltmarkt stärker zu berücksichtigen. So verdienen wettbewerbsfähige<br />
asiatische PV-Unternehmen mehr Beachtung, die Zellen und Module<br />
sehr günstig fertigen können. Kommerziell sehr erfolgreich waren in den letzten<br />
Jahren nicht zuletzt Solarparks bzw. Solarfonds, die in größere PV-Anlagen<br />
investieren. Solche Sachanlagen sind auch für Investoren mit mittlerem Anlage-<br />
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<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Global wächst Solarzellenproduktion 35<br />
Welt, in MW<br />
40.000<br />
35.000<br />
30.000<br />
25.000<br />
20.000<br />
15.000<br />
10.000<br />
5.000<br />
0<br />
1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011<br />
Quelle: Photon<br />
volumen interessant, da sie kein Eigenheim voraussetzen und auch sonst weniger<br />
Kapital erfordern und binden.<br />
Vielfältige weitere Investitionsmöglichkeiten<br />
Investitionen in erneuerbare Energien sind aus Sicht eines Anlegers ein komplexes<br />
Feld. So ergibt die Wahl zwischen den verschiedenen Arten der erneuerbaren<br />
Energien (in verschiedenen Ländern) und den möglichen Anlageformen<br />
eine umfangreiche Entscheidungsmatrix. Fondsangebote gibt es mittlerweile für<br />
fast alle erneuerbare Energien. Einige Beispiele:<br />
— Geschlossene und offene Fonds werden schon länger für die Finanzierung<br />
von Windparks an Land genutzt. Neuland sind dagegen die neuen Offshore-<br />
Windparks an der Nord- oder Ostsee; vorsichtige Sachinvestoren sollten<br />
hier erste Erfahrungen abwarten, um die jeweiligen Chance-Risiko-Profile<br />
besser einschätzen zu können.<br />
— Bisher waren Wasserkraftwerke kaum für externe Investoren zugänglich, da<br />
die privaten oder öffentlichen Eigner die risikoarmen, aber ertragreichen Anlagen<br />
selten aus der Hand gaben. Neuerdings gibt es aber auch ein Fondsangebot<br />
für europäische Wasserkraftprojekte. Für Langfristinvestoren ist<br />
dies eine neue Gelegenheit, von der Energiewende zu profitieren.<br />
— Immobilienbesitzer haben weitere Optionen im Rahmen einer Direktinvestition<br />
in erneuerbare Energien, z.B. in PV-Anlagen. Überaus interessant sind<br />
auch direkte Sachinvestitionen im Wärmebereich. Dies gilt für Eigenheimbesitzer<br />
und auch für Einzelhandels- oder Industrieimmobilien. So macht<br />
der Preisanstieg für fossile Energieträger die oberflächennahe Geothermie<br />
und Wärmepumpen zunehmend attraktiv. Pelletheizungen klingen möglicherweise<br />
nicht gerade „sexy“, begeistern aber alle Sparfüchse. Und die<br />
Kombination von Hausisolation (z.B. von Dächern, Wänden und Keller) und<br />
verstärkter Nutzung neuer Energien rechnet sich in der Regel über die Jahre,<br />
freilich auch wegen staatlicher Zuschüsse.<br />
Renditen abhängig von Energieform, Standort und Förderung<br />
Grundsätzlich beeinflussen viele Faktoren die Renditen für Investitionen in erneuerbare<br />
Energien. Das gilt allerdings am wenigsten für alle Investitionen, die<br />
durch das EEG abgedeckt sind, da hier die Vergütung über in der Regel 20<br />
Jahre garantiert ist; die Rendite ist also grundsätzlich unabhängig von den<br />
Marktpreisen für Elektrizität und durch die staatliche Förderung garantiert. Im<br />
Ausland, wo kein EEG-artiges Fördergesetz vorliegt oder Modifizierungen von<br />
Einspeisevergütungen bestehen, gilt dies freilich nicht so uneingeschränkt. Hier<br />
ist der Einzelfall gewissenhaft zu prüfen; so sind insbesondere Länder- und<br />
Fremdwährungsrisiken zu gewichten. Mehr Risiken bergen in Deutschland die<br />
Investitionen im Wärmesegment. Hier ist die Rendite auch abhängig von den<br />
Preisen bzw. der Preisentwicklung von Brennstoffen wie Erdgas oder Kohle.<br />
Ist die Kapitalbindung bei EEG-Investitionen in der Regel relativ klar geregelt, so<br />
bestehen bei grünen Investitionen jenseits des EEG große zeitliche Spielräume.<br />
Besonders langfristig sind Investitionen in Wasserkraft; der Investitionshorizont<br />
kann bis zu hundert Jahre umfassen. Für Onshore-Wind gibt es erst einen kurzen<br />
Erfahrungshorizont von wenigen Jahren, bei Offshore-Wind steht man noch<br />
ganz am Anfang, also immer noch in der Lernphase. Per Saldo gibt es eine<br />
Vielzahl von Möglichkeiten für Sachinvestitionen rund um das Thema erneuerbare<br />
Energien. Wird die Investition zur rechten Zeit getätigt, sind die Renditechancen<br />
überaus günstig.<br />
15 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Hohe Nachfrage nach Massengütern 36<br />
Globaler Umschlag von Massengütern (Dry Bulk)<br />
in der Seeschifffahrt, Mio. Tonnen<br />
4.000<br />
3.500<br />
3.000<br />
2.500<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
95 97 99 01 03 05 07 09 11<br />
Eisenerz Kohle Getreide Minor Bulks<br />
Quelle: ISL auf Basis Clarkson <strong>Research</strong><br />
Containerschifffahrt mit starkem<br />
Mengenwachstum 37<br />
Globaler Containerumschlag, Mio. TEU*<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11<br />
* Twenty Foot Equivalent Unit (Maßeinheit für Standard-<br />
container).<br />
Quelle: Drewry<br />
Globaler Luftverkehr wächst 38<br />
Verkehrsleistung, 2000=100<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11<br />
Quelle: IATA<br />
Passagierverkehr (Personenkilometer)<br />
Frachtverkehr (Tonnenkilometer)<br />
3. Schiffe und Flugzeuge: Nachfrage wächst<br />
Die globale Seeschifffahrt und der internationale Luftverkehr zeichneten sich in<br />
den vergangenen Dekaden durch hohe Wachstumsraten aus. Beispielsweise<br />
nahm der Güterumschlag im internationalen Seeverkehr mit trockenen Massengütern<br />
(Dry Bulk) von 2000 bis 2010 um jahresdurchschnittlich 5% p.a. zu<br />
(s. Grafik 36). In der globalen Containerschifffahrt expandierte der Containerumschlag<br />
im gleichen Zeitraum durchschnittlich sogar um mehr als 8% pro Jahr<br />
(s. Grafik 37). Der weltweite Luftverkehr (Passage) legte in der letzten Dekade<br />
mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von rd. 4% zu (trotz 09/11, SARS,<br />
steigender Ölpreise und anderer externer Schocks, s. Grafik 38). In dieser Dynamik<br />
spiegeln sich die Globalisierung und die zunehmende internationale Arbeitsteilung<br />
wider. Hinzu kommt, dass die Kosten für den Transport von Personen<br />
und Gütern durch mehr Wettbewerb in den Branchen sowie durch technischen<br />
Fortschritt und das Erzielen von Größenvorteilen (z.B. größere Schiffe<br />
und Flugzeuge) im Laufe der letzten Jahrzehnte tendenziell gesunken sind.<br />
Allerdings haben die hohen Ölpreise diesen Trend seit einiger Zeit deutlich abgeschwächt<br />
und zum Teil umgekehrt.<br />
Es ist zu erwarten, dass beide Verkehrsträger auch in den kommenden Jahren<br />
mengenmäßig weiter expandieren werden. Für die Seeschifffahrt ist – je nach<br />
Segment – eine durchschnittliche Wachstumsrate zwischen 3% und 7% p.a.<br />
möglich. Der Luftverkehr dürfte im Jahresmittel um etwa 4% bis 5% zulegen.<br />
Allerdings werden wirtschaftliche Schwächephasen oder externe Schocks (z.B.<br />
Terroranschläge) auch künftig für Volatilität sorgen. Für die Renditen der jeweils<br />
tätigen Unternehmen und der Investitionen in Schiffe oder Flugzeuge sind neben<br />
der Mengenentwicklung natürlich auch die realisierbaren Preise relevant.<br />
So ist vor allem die Luftfahrtindustrie gemessen am Verkehrsvolumen zwar<br />
wachstumsstark, aber u.a. aufgrund des scharfen Wettbewerbs traditionell<br />
margenschwach. Dennoch: Die genannten intakten volumenmäßigen Wachstumsperspektiven<br />
sind ein wichtiger Grund dafür, dass Schiffe und Flugzeuge<br />
zu den klassischen Investments im Anlagespektrum der <strong>Sachwerte</strong> zählen. Im<br />
Folgenden skizzieren wir die gängigen Anlageoptionen in diesem Bereich.<br />
Schiffe: geschlossene Fonds üblich<br />
Der übliche Weg für private Anleger, in Schiffe zu investieren, sind geschlossene<br />
Schiffsfonds; diese werden in Deutschland zumeist als GmbH & Co. KG aufgelegt.<br />
Die Investoren werden durch ihre Beteiligung an diesen Schiffsfonds –<br />
wie bei geschlossenen Fonds üblich – zu Kommanditisten, also zu unternehmerisch<br />
handelnden Personen mit den entsprechenden Chancen und Risiken.<br />
Über die geschlossenen Fonds wird der Bau oder Kauf von einem oder mehreren<br />
Schiffen finanziert (z.B. Containerschiffe, Massengutfrachter oder Tanker);<br />
im deutschen Markt für Schiffsfonds sind Containerschiffe dominant. Die Einlagen<br />
der privaten Investoren stellen das Eigenkapital der Gesellschaft. Desweiteren<br />
finanziert die Fondsgesellschaft die Investition über Fremdkapital. Die Laufzeit<br />
einer solchen Beteiligung liegt in der Regel bei etwa 15 bis 20 Jahren. Die<br />
wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer eines Schiffs beträgt ca. 25 bis 30 Jahre.<br />
Die Schiffe werden üblicherweise an Linienreedereien verchartert. Während das<br />
Schiff selbst im Betrieb naturgemäß ortsungebunden ist, können für den Anleger<br />
bei der Bewirtschaftung des Schiffes die Herkunft und die Qualität der Reederei<br />
von Bedeutung sein. Die Linienreederei, als Charterer, zahlt für die Nutzung<br />
des Schiffes eine Charterrate an den Fonds, der diese bei der Erwirtschaftung<br />
von Überschüssen an die Investoren als Gewinne auszahlt. Dabei wird die<br />
Charterrate in der Regel für einen längeren Zeitraum festgesetzt (Zeitcharter).<br />
Wovon hängt nun die Rendite des Investors ab? Die wichtigsten Parameter sind<br />
der Einkaufspreis und die Qualität des Schiffes, die Höhe und Laufzeit der Char-<br />
16 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Baltic Dry Index* nach wie vor auf<br />
niedrigem Niveau 39<br />
Jan 1985=1.000<br />
14.000<br />
12.000<br />
10.000<br />
8.000<br />
6.000<br />
4.000<br />
2.000<br />
0<br />
00 02 04 06 08 10 12<br />
* Preisindex für Massengutfrachter.<br />
Quelle: Global Insight<br />
Charterraten auf niedrigem Niveau 40<br />
Entwicklung des HARPEX*<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
09 10 11 12<br />
HARPEX Durchschnitt Stützperiode<br />
* Aggregierter Charterratenindex in der Containerschifffahrt.<br />
Rekordwert des HARPEX lag bei über 1.800 im Jahr 2004.<br />
Langjähriger Durchschnitt liegt bei knapp 980.<br />
Quelle: Harper Petersen & Co.<br />
Markt für geschlossene Schifffsfonds<br />
zuletzt deutlich abgekühlt 41<br />
Mittelzuflüsse in geschlossene Schiffsfonds in<br />
Deutschland, EUR Mrd.<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11<br />
Quelle: VGF<br />
Fremdkapital Eigenkapital<br />
terraten, die Entwicklung der Schiffsbetriebskosten, die Kosten für Zins und<br />
Tilgung für das Fremdkapital sowie der Marktwert des Schiffes zum Verkauf am<br />
Ende der Laufzeit (wobei ein Schiff grundsätzlich auch früher verkauft werden<br />
kann). Die in der Regel jährlichen Auszahlungen an den Investor bemessen sich<br />
im Wesentlichen nach der Charterrate abzüglich der Schiffbetriebskosten, der<br />
Kosten für Zins und Tilgung sowie der Verwaltungskosten des Fonds.<br />
Die grundsätzlichen Zahlungsströme folgen – im Regelfall – einem Muster: Am<br />
Anfang der Laufzeit sind die Kosten für Zins und Tilgung noch hoch, weshalb<br />
die Auszahlungen an den Investor in dieser Zeit geringer ausfallen oder nicht<br />
geleistet werden können. Mit zunehmender Tilgung der Fremdkapitalschulden<br />
bleibt ein größerer Anteil der Einnahmen aus der Charterrate übrig, um an die<br />
Investoren ausgezahlt zu werden. Im Regelfall ist das Fremdkapital vor Ende<br />
der Fondslaufzeit der Schiffsbeteiligung zurückgezahlt, sodass dann die Charterrate<br />
zu einem hohen Teil an die Anleger fließen kann; hinzu kommen am<br />
Ende der Laufzeit Einnahmen aus dem Verkauf des Schiffes, deren Höhe vom<br />
dann aktuellen Marktumfeld abhängig ist.<br />
An den Zahlungsströmen ist zu erkennen, dass es für den Investor keine gesicherte<br />
Rendite gibt (wie bei unternehmerischer Tätigkeit üblich). Die Höhe der<br />
tatsächlichen Auszahlungen/Rendite hängt dabei maßgeblich von der Entwicklung<br />
der Charterrate ab. Diese wird wiederum vom Verhältnis zwischen Schiffstonnageangebot<br />
und -nachfrage beeinflusst. Aufgrund der langen Zeitspanne<br />
zwischen Auftragsvergabe für neue Schiffe und deren Fertigstellung und Auslieferung<br />
sind sowohl temporäre Angebots- als auch Nachfrageüberhänge typisch<br />
für die Branche; dementsprechend schwankt auch die jeweils aktuelle Charterrate<br />
stark.<br />
Die Charterrate bei einer konkreten Beteiligung wird zwar – wie erwähnt – zunächst<br />
für eine bestimmte Zeit festgelegt und in der Regel auch nicht nachverhandelt.<br />
Nach Auslaufen des ersten Zeitchartervertrages ist die Anschlusscharterrate<br />
aber im dann aktuellen Marktumfeld neu zu verhandeln. Derzeit liegen<br />
die Charterraten z.B. für Containerschiffe deutlich unterhalb des langjährigen<br />
Durchschnitts, vor allem weil viele neue Schiffe auf den Markt kommen (s. Grafik<br />
40). Nicht zuletzt deshalb ist der Markt für Schiffsbeteiligungen in Deutschland<br />
2011 eingebrochen (s. Grafik 41). Demgegenüber fielen z.B. von 2003 bis<br />
2008 die Zuflüsse in Schiffsfonds überdurchschnittlich hoch aus, weil in dieser<br />
Zeit bei schnell wachsenden Güterumschlägen in der Seeschifffahrt im Durchschnitt<br />
auch zufriedenstellende Preise erzielt werden konnten. Bei Anschlussverträgen<br />
kann die erzielbare Charterrate auch so niedrig sein, dass Zins und<br />
Tilgung nicht vollständig bedient werden können. Die <strong>Bank</strong> kann die Rückzahlung<br />
des Fremdkapitals in einem solchen Fall zwar stunden. Grundsätzlich muss<br />
die Fondsgesellschaft (und damit ihre Anleger) aber frisches Eigenkapital aufbringen,<br />
um die Fremdkapitalzinsen und die Tilgung erbringen zu können. Dieses<br />
Marktrisiko kann bei starken Chartermärkten natürlich auch Chancen bedeuten,<br />
wenn die Charterraten bei Anschlussverträgen hoch sind.<br />
Weitere Risiken für die Anleger liegen in Zinsrisiken, denn die Zinsbindung für<br />
die Fremdkapitalzinsen ist in der Regel kürzer als die Laufzeit der Schiffsbeteiligung.<br />
Zudem sind aus der Perspektive eines europäischen Anlegers Wechselkursrisiken<br />
zu nennen, denn der Schiffsmarkt ist ein US-Dollar-Markt.<br />
Wie bei allen Investments entscheidet auch bei Schiffsfonds der Investitionszeitpunkt<br />
maßgeblich über die Renditechancen des Anlegers. Aufgrund der<br />
vielfältigen Risikofaktoren ist eine intensive Beratung und individuelle Beurteilung<br />
jeder einzelnen Schiffsbeteiligung ratsam. Grundsätzlich sind in guten Zeiten<br />
zweistellige Renditen, im Extremfall aber auch ein Totalverlust des Investments<br />
möglich. Anteile an geschlossenen Fonds können zwar auch vor dem<br />
Ende der Laufzeit auf dem so genannten Zweitmarkt verkauft werden; dieser<br />
kann aber in Krisenzeiten sehr illiquide sein. Zudem ist die Preisbildung weniger<br />
17 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Ergebnisse nach Steuern in der<br />
globalen Luftfahrtindustrie 42<br />
USD Mrd.<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
-20<br />
-25<br />
-30<br />
Quelle: IATA<br />
00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12<br />
transparent als z.B. bei börsennotierten Wertpapieren. Vorteilhaft für den Anleger<br />
ist, dass die Ausschüttungen aus Schiffsfonds in Deutschland aufgrund der<br />
pauschalen Tonnagesteuer nahezu steuerfrei sind.<br />
Flugzeugfonds basieren auf Leasingverträgen<br />
Auch bei Flugzeugen sind geschlossene Fonds die übliche Option für ein direktes<br />
Investment von Privatanlegern. Es gibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />
zu Schiffsfonds. Es handelt sich ebenfalls um eine unternehmerische Beteiligung.<br />
Die prognostizierte Laufzeit der Fonds liegt derzeit bei etwa 15 bis 18<br />
Jahren. 15 Die Flugzeugsfondsgesellschaft, an der die Privatanleger eine Beteiligung<br />
halten, wird Eigentümer des jeweiligen Flugzeugs. Eine Mischfinanzierung<br />
durch Eigenkapital der privaten Anleger und Fremdkapital von <strong>Bank</strong>en ist auch<br />
hier üblich. Das erworbene Flugzeug wird gewöhnlich an eine renommierte<br />
Fluggesellschaft im Rahmen eines sogenannten Operating-Leasingvertrages<br />
vermietet. Die Airline zahlt während der Laufzeit des Leasingvertrages eine<br />
festgelegte Leasingrate an die Fondsgesellschaft, die nach Abzug von Zins und<br />
Tilgung, Verwaltungskosten und etwaigen anfallenden Steuern auf Ebene der<br />
Fondsgesellschaft auch die im Prospekt prognostizierten Auszahlungen an die<br />
Anleger beinhaltet. Sämtliche Kosten aus dem Betrieb des Flugzeugs (z.B. Kerosin,<br />
laufende Reparaturen und Versicherungen) werden von der Fluggesellschaft<br />
getragen.<br />
Wie auch bei Schiffsfonds nimmt die Höhe des Zinsaufwands im Zeitverlauf mit<br />
zunehmender Tilgung der aufgenommenen Darlehen ab; Abschreibungen auf<br />
den Anschaffungswert des jeweiligen Flugzeuges werden gewöhnlich über einen<br />
Zeitraum von zwölf Jahren verteilt. Beide Komponenten tragen wesentlich<br />
dazu bei, dass das steuerliche Betriebsergebnis aus der Vermietung des Flugzeugs<br />
auf Ebene der Fondsgesellschaft in den Anfangsjahren negativ ist. Bei<br />
normalem Geschäftsverlauf steigen im Zeitverlauf die zu erwartenden Einnahmen<br />
des Fonds und damit verbunden die geplante Auszahlung bezogen auf das<br />
jeweils eingezahlte Kapital, da immer weniger oder überhaupt kein Zins- und<br />
Tilgungsdienst mehr zu leisten ist. Dadurch nehmen im Zeitverlauf die prognostizierten<br />
Auszahlungen zu, werden allerdings zu einem Teil aufgrund der (gegen<br />
Ende der Laufzeit in der Regel höheren) Steuern wieder aufgezehrt.<br />
Maßgeblich für die Rendite des Investors ist einerseits die Höhe der vereinbarten<br />
Leasingrate im Verhältnis zum Kaufpreis über die Fondslaufzeit hinweg.<br />
Andererseits sind das Einhalten des prognostizierten Zins-, Tilgungs- und Kostenverlaufs<br />
sowie das Erzielen eines möglichst hohen Erlöses aus dem Verkauf<br />
des Flugzeugs am Ende der Fondslaufzeit zu nennen. Entscheidende Faktoren<br />
sind hierfür unter anderem die Attraktivität des Flugzeugs sowie die jeweilige<br />
Nachfragesituation. Ob die Leasingraten auch verlässlich gezahlt werden, hängt<br />
zu einem großen Anteil von der Bonität und der strategischen Positionierung der<br />
Fluggesellschaft ab, an die das Flugzeug verleast wird. Dies gilt es bei der Anlageentscheidung<br />
zu beachten, zumal die Luftfahrtbranche strukturell bedingt im<br />
Durchschnitt nur sehr geringe Margen erwirtschaftet. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen,<br />
dass der Leasingvertrag in der Regel kürzer läuft (z.B. zehn Jahre)<br />
als die anfänglich geplante Beteiligung selbst. Es besteht daher häufig die<br />
Notwendigkeit, einen Anschlussleasingvertrag mit der bisherigen oder einer<br />
neuen Airline abzuschließen. Dieses sogenannte Anschlussvermietungsrisiko<br />
stellt ein weiteres Risiko dieser unternehmerischen Beteiligung dar.<br />
Die im Kapitel zu den Schiffsfonds genannten Zins- und Wechselkursrisiken<br />
sind auch bei Flugzeugfonds in ähnlicher Weise relevant. Auch die Veräußerung<br />
der unternehmerischen Beteiligung an einem Flugzeugfonds ist während<br />
15 Dies gilt für so genannte „vermögensverwaltende“ Strukturen. Bei so genannten „gewerblichen“<br />
Strukturen, die wir hier nicht näher beleuchten, sind eher kürzere Laufzeiten üblich.<br />
18 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Umfangreiche Investitionen in<br />
Infrastruktur notwendig 43<br />
Globaler jährlicher Investitionsbedarf* in ver-<br />
schiedenen Infrastrukturbereichen, USD Mrd.<br />
Energie<br />
Verkehr<br />
Wasser<br />
0 400 800 1.200 1.600<br />
* Schätzungen basieren zum Teil auf älteren Quellen und<br />
können daher nur eine grobe Orientierung geben.<br />
Quellen: IEA, OECD, DB <strong>Research</strong><br />
der Laufzeit stark eingeschränkt. Ein Verkauf von Anteilen vor Ende der Laufzeit<br />
ist nur bedingt über den sehr engen Zweitmarkt möglich. Alles in allem reicht<br />
auch bei Flugzeugsfonds die Bandbreite möglicher Renditen von einer zweistelligen<br />
Verzinsung des eingesetzten Kapitals (vor Steuern) bis hin zu einem Totalverlust.<br />
Daher und wegen der verschiedenen, vom Anleger nicht leicht zu<br />
beurteilenden Einflussfaktoren ist eine intensive Information ratsam.<br />
4. Infrastruktur: enormer Investitionsbedarf<br />
Die steigende Bevölkerungszahl auf der Erde, höhere verfügbare Einkommen<br />
sowie die zunehmende Industrialisierung und Urbanisierung sind wesentliche<br />
Treiber für eine expandierende Nachfrage nach Infrastruktur. Der globale Investitionsbedarf<br />
im Bereich Infrastruktur (Energie, Verkehr, Wasser, Telekommunikation)<br />
überschreitet nach Angaben der OECD die Grenze von USD 3 Bill. pro<br />
Jahr (s. Grafik 43). Dabei sind in Industrieländern Erhaltungs-, Erweiterungs-<br />
und Modernisierungsinvestitionen bedeutsamer als in den Entwicklungs- und<br />
Schwellenländern, wo große Teile der Infrastruktur noch neu gebaut werden<br />
müssen. Diese enorme Nachfrage nach Infrastruktur trifft fast überall auf der<br />
Welt auf angespannte öffentliche Haushalte. Daher dürfte in den nächsten Jahren<br />
die private Beteiligung an der Finanzierung von Infrastrukturvorhaben an<br />
Bedeutung gewinnen.<br />
Grundsätzliche Vorteile eines Investments in Infrastruktur können für den Anleger<br />
darin liegen, dass die hohe bzw. steigende Nachfrage nach Infrastruktureinrichtungen<br />
recht stabile Einnahmen und damit eine niedrige Volatilität der<br />
Rendite ermöglichen können. Dies gilt vor allem dann, wenn Einzelprojekte aufgrund<br />
ihrer Lage oder besonderer Angebotsmerkmale Monopolcharakter aufweisen<br />
oder der Wettbewerb durch staatliche Regulierung gering ist. In solchen<br />
Fällen kann auch die Abhängigkeit von Konjunkturzyklen niedrig sein (und damit<br />
auch die Korrelation zu konjunkturabhängigen Finanzanlagen). Zu den potenziellen<br />
Nachteilen von Infrastrukturinvestitionen können eine recht langfristige<br />
Kapitalbindung sowie in vielen Fällen allenfalls moderate Renditeerwartungen<br />
zählen. Ferner können Änderungen in den politischen Rahmenbedingungen die<br />
Attraktivität von Infrastrukturprojekten massiv beeinflussen. Neben diesen politischen<br />
Risiken sind weitere projektspezifische Risiken für viele potenzielle Investoren<br />
schwer zu beurteilen, und einzelne Infrastrukturprojekte sind aufgrund der<br />
jeweils sehr unterschiedlichen Eigenschaften nur bedingt zu vergleichen.<br />
Investoren stehen vielfältige Optionen offen, das Investment in Infrastruktur<br />
regional und nach Art der Infrastruktur zu differenzieren. Dabei ist das Spektrum<br />
der Anlageobjekte (Infrastrukturbereiche) und Anlageformen so breit, dass eine<br />
detaillierte Darstellung den Rahmen hier sprengen würde. Grundsätzlich kann<br />
man aber zum einen zwischen Infrastrukturprojekten entscheiden, für die die<br />
Nutzer eine Gebühr oder einen Preis zahlen müssen und die häufig von privaten<br />
Betreibern unterhalten werden (z.B. eine Mautstraße). Zum anderen gibt es<br />
Infrastrukturen, die der Staat über Steuern finanziert und für den Nutzer ohne<br />
direkte Kosten oder zu nicht kostendeckenden Gebühren und häufig ohne privaten<br />
Partner bereitstellt (z.B. Wasser- und Abwassernetze, Schienennetze). Ein<br />
Investment in Infrastruktur fällt dabei in der ersten Kategorie leichter.<br />
Anleger können sich direkt an einzelnen Infrastrukturprojekten beteiligen, z.B.<br />
über den Erwerb von Aktien etwa eines börsennotierten Flughafens; dies ist<br />
allerdings mit einem hohen Klumpenrisiko verbunden. Ferner können sich Investoren<br />
an „Infrastrukturunternehmen“ beteiligen (z.B. Betreiberfirmen, strategische<br />
Investoren). Auch Investitionen in „Ausrüster“ von Infrastrukturprojekten<br />
(z.B. Bauunternehmen mit Schwerpunkt im Infrastrukturbereich, Hersteller von<br />
notwendigen Anlagen etwa aus dem Maschinenbau oder der Elektrotechnik bis<br />
hin zu Rohstofflieferanten) sind möglich. Solche Investments fallen aber nicht<br />
mehr in die Kategorie <strong>Sachwerte</strong> und sind üblicherweise enger mit dem Aktien-<br />
19 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Breite Nutzung erworbener Agrarflächen 44<br />
Bereits produktiv oder geplant, %<br />
Biokraftstoffe<br />
21<br />
Verschiedenes<br />
21<br />
Marktfruchtbau<br />
21<br />
Nahrungsmittel<br />
37<br />
Verschiedenes: Naturschutzgebiete, Jagd, Wald,<br />
Nutzviehhaltung<br />
Quellen: DB <strong>Research</strong>, Weltbank, GRAIN<br />
Nutzung von durch Finanzinvestoren<br />
erworbenen Agrarflächen 45<br />
%<br />
Nutzviehhaltung<br />
13<br />
Nahrungsmittel<br />
83<br />
Verschiedenes<br />
4<br />
Verschiedenes: Dauerkultur (z.B. Zuckerrohr, Weinbau),<br />
Hoflagerung, Rücklagen<br />
Quellen: DB <strong>Research</strong>, OECD-Umfrage<br />
markt korreliert. Eine gute Möglichkeit für den Anleger, die Risiken eines Investments<br />
in Infrastruktur zu verringern, ist der Erwerb von geschlossenen oder<br />
offenen Infrastrukturfonds mit den bereits erwähnten unternehmerischen Chancen<br />
und Risiken. Diese können Unternehmen der gesamten oben erwähnten<br />
Wertschöpfungskette rund um das Thema Infrastruktur einschließen, wobei die<br />
Selektion in professioneller Hand liegt. Geschlossene Fonds investieren in der<br />
Regel in Infrastrukturprojekte mit unterschiedlichem regionalem Fokus und<br />
grundsätzlich über alle Infrastrukturbereiche hinweg; je nach regionaler Ausgestaltung<br />
sind also Wechselkursrisiken möglich. Aufgrund der skizzierten vielfältigen<br />
Anlageoptionen im Bereich Infrastruktur trifft die ohnehin gültige Aussage<br />
hier besonders zu, dass das Ertrags-Risiko-Profil sehr stark vom jeweiligen Investment<br />
abhängig ist.<br />
5. Agrarland: Risiken, aber auch potenziell hohe Erträge<br />
In den letzten Jahren hat das Interesse von Anlegern an Agrarland stark zugenommen.<br />
Grundsätzlich investieren drei weit gefasste Gruppen von Wirtschaftsakteuren<br />
in Agrarland: 1) Regierungen, die zur Sicherstellung der Lebensmittel-<br />
und Energieversorgung landwirtschaftliche Flächen im Ausland erwerben wollen,<br />
2) landwirtschaftliche Konzerne, die entweder expandieren wollen oder eine<br />
Integration der Zulieferkette (sowohl in vor- als auch in nachgelagerten Stufen)<br />
anstreben, und 3) Finanzinvestoren. Diese Gruppen agieren nicht isoliert voneinander:<br />
Interesse von Seiten der Regierungen und Agrarunternehmen erhöht<br />
das Interesse der Finanzinvestoren.<br />
Starkes Umfeld führt zu hohen Erwartungen<br />
Eine Reihe makroökonomischer Entwicklungen führen zu einem strukturell<br />
knappen Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage nach landwirtschaftlichen<br />
Produkten. Drei Hauptfaktoren treiben die Nachfrage: die wachsende Weltbevölkerung,<br />
steigende Einkommen in den Entwicklungsländern – und in der Folge<br />
vermehrter Konsum von ressourcenintensiven Lebensmitteln wie Fleisch –<br />
sowie die zunehmende Nutzung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen für Biokraftstoffe.<br />
Gleichzeitig wird eine Angebotsausweitung u.a. durch die begrenzte<br />
Verfügbarkeit von Wasser und Energie behindert. Dies wird durch den Klimawandel<br />
regional noch verschärft. Auch gibt es auf der Angebotsseite in einigen<br />
Regionen Restriktionen aufgrund von Lager- und Verteilungsengpässen. Investitionen<br />
in Agrarland sind aus den folgenden Gründen besonders attraktiv:<br />
i. Gute Aussichten für die Erzielung von Einkommen – durch höhere laufende<br />
Erträge des erworbenen Agrarlands – sowie künftig steigende Erträge. Die<br />
Erträge ergeben sich aus Pacht oder Betrieb. Die Renditen variieren deutlich<br />
(je nach Region oder Art der Flächen) üblicherweise vom hohen einstelligen<br />
Bereich (z.B. für erste Investitionen in Afrika) bis über 20% oder sogar<br />
30% in Brasilien.<br />
ii. Steigende Preise für Agrarland: Der Wert des Agrarlands dürfte aufgrund<br />
knapper erschlossener landwirtschaftlicher Flächen und steigender Nachfrage<br />
anziehen. Mögliche Erträge aus der CO2-Abscheidung oder Zahlungen<br />
für eine nachhaltige Bewirtschaftung, die u.a. Biodiversität oder die Verfügbarkeit<br />
und Qualität des Wassers berücksichtigen, können den Wert<br />
landwirtschaftlicher Flächen zusätzlich erhöhen.<br />
iii. Diversifikation des Portfolios aufgrund der geringen Korrelation der Erträge<br />
mit Aktien. Dies ist vor dem Hintergrund der hohen Volatilität an den Finanzmärkten<br />
im Zuge der Finanzkrise ein wichtiger Vorteil einer Investition in<br />
Agrarland.<br />
20 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Firmensitz meist in Europa oder<br />
Nordamerika 46<br />
Sitz der Unternehmenszentrale, Fonds mit<br />
Aktivitäten im Bereich Agrarland und<br />
agrarische Infrastruktur, %<br />
Südamerika<br />
19<br />
Quellen: DB <strong>Research</strong>, OECD<br />
Vertragskonditionen von entscheidender<br />
Bedeutung 47<br />
Investitionen des Privatsektors in Agrarland<br />
können zahlreiche Vorteile bringen. Voraussetzungen<br />
hierfür sind:<br />
— klare Besitzrechte für die Landwirte,<br />
— Beteiligung der Landwirte vor und während<br />
des Projekts,<br />
— eindeutige Regeln,<br />
— Projekttransparenz,<br />
Asia-<br />
Pazifik<br />
7<br />
Nordamerika<br />
25<br />
MENA<br />
4<br />
Europa<br />
44<br />
— Kosten-/Nutzenanalyse, auch hinsichtlich<br />
der Auswirkungen auf Umwelt und soziale<br />
Strukturen,<br />
— Verfolgen des Prinzips „Heimische Nachfrage<br />
genießt Vorrang vor Export“,<br />
— Unterstützung von Kleinbauern.<br />
iv. Absicherung gegen Inflation: Zu diesem Thema bestehen in der Literatur<br />
geteilte Ansichten; die Renditen auf Agrarland sind jedoch zumeist<br />
unkorreliert mit der und auch höher als die Inflationsrate.<br />
Verschiedene Investitionsstrategien und -regionen<br />
In der Vergangenheit haben primär wohlhabende Privatanleger, Familienunternehmen<br />
und Stiftungen in Agrarland investiert. In den vergangenen Jahren war<br />
hier jedoch eine deutliche Verschiebung erkennbar, insbesondere da Pensionsfonds<br />
und Hedgefonds sich dieser Anlageklasse zuwendeten. Pensionsfonds<br />
gehören mittlerweile in vielen Industrieländern zu den größten institutionellen<br />
Anlegern und investieren zunehmend in der Landwirtschaft. Weltweit verwalten<br />
diese Fonds – auf der Suche nach einer langfristigen Anlagemöglichkeit – ein<br />
Anlagevermögen von ca. USD 23 Bill. Hiervon fließen Schätzungen zufolge<br />
USD 5 bis 15 Mrd. direkt in Agrarland. Es wird erwartet, dass sich dieser Betrag<br />
bis 2015 verdoppeln wird. Laut OECD belaufen sich die landwirtschaftlichen<br />
Investitionen der Finanzanleger weltweit auf USD 10 bis 25 Mrd. Dieser Betrag<br />
wird sich bis 2015 vermutlich verdoppeln oder verdreifachen.<br />
Der größte Teil der Fonds hat seinen Sitz in Europa (s. Graphik 46). Die Investitionsstrategien,<br />
die die Fonds verfolgen, reichen von konservativ (z.B. derzeit<br />
produktive, dauerhafte Anbauflächen in den USA zu erwerben und zu halten<br />
bzw. zu entwickeln) bis hin zu aggressiv (d.h. noch nicht erschlossene Anbauflächen<br />
in Ländern, die sich erst zu landwirtschaftlichen Regionen entwickeln,<br />
zu erwerben und zu entwickeln). Diese Strategien sind abhängig vom Risiko-<br />
Ertrags-Profil, dem Zeithorizont, der Governance-Struktur der Fonds, aber auch<br />
und in hohem Maße von den Märkten, in denen die Fonds operieren – im Hinblick<br />
auf z.B. Infrastruktur, Rechtssysteme oder Zugang zu den Kapitalmärkten.<br />
Die meisten Fonds, die in den letzten zehn Jahren ihre Investitionen in der<br />
Landwirtschaft begannen, investierten in reifen Märkten (Nordamerika und Australien/Neuseeland)<br />
oder ihrem jeweiligen Heimatmarkt. In den letzten ca. fünf<br />
Jahren verlagerten sich Interesse und Investitionen in die Schwellenländer<br />
(Südamerika, Osteuropa und Südostasien) bzw. Entwicklungsländer (Afrika).<br />
Der geographische Fokus der Agrarinvestitionen verschob sich also spürbar in<br />
Richtung Südamerika (angeführt von Brasilien) und zunehmend auch nach Afrika.<br />
Daher sollten deutsche Anleger auch verstärkt auf Auslandsmärkte schauen.<br />
Dabei müssen sie Länder- und Währungsrisiken der Zielregion beachten.<br />
Zahlreiche Risiken, aber auch große Chancen<br />
Investitionen in landwirtschaftliche Flächen bergen verschiedene Risiken. Einige<br />
dieser Risiken stehen im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion<br />
selbst (z.B. agronomisch gesehen schlechte Wetterlagen), andere mit volatilen<br />
Rohstoffpreisen. Wichtig sind politische Risiken im Gastland sowie die Beziehungen<br />
zu lokalen Interessengruppen. Aspekte wie die potenziell involvierten<br />
Flächen oder ihre Konzentration in nur wenigen Ländern, insbesondere in solchen<br />
mit schwacher Governance, wurden in der Vergangenheit bereits umfassend<br />
diskutiert. Häufig sind die Landbesitzverhältnisse ungeklärt und die produktiven<br />
Flächen, die für potenzielle Investitionen vorgesehen sind, werden von<br />
Bauern, Hirten oder Jägern beansprucht, zumeist aber ohne rechtliche Grundlage.<br />
Weltweit werden laut Schätzung der Weltbank 60-70% aller landwirtschaftlichen<br />
Kleinbetriebe von Menschen geführt, die über keine vertragliche Grundlage<br />
für die Nutzung des Lands verfügen. Durch Landkäufe wurden in einigen<br />
Fällen ansässige Bauern, insbesondere Kleinbauern, ihrer wichtigsten Einkommensquelle<br />
beraubt, ohne dass hierfür eine Entschädigung erfolgt wäre. Daher<br />
sind klare Besitzrechte für Landwirte und eine angemessene Beteiligung vor<br />
und während des Projektes von entscheidender Bedeutung (s. Box 47). Es liegt<br />
21 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Prinzipien für verantwortungsvolle<br />
Investitionen in Agrarland 48<br />
— Förderung der Nachhaltigkeit im Umweltbereich,<br />
— Einhalten von Arbeitsrecht und Menschenrechten,<br />
— Beachtung bestehender Besitzverhältnisse<br />
bei Flächen und natürlichen Ressourcen,<br />
— Einhalten hoher ethischer Standards in<br />
Bezug auf Geschäftspraktiken,<br />
— Bericht über Aktivitäten und Fortschritte bei<br />
der Einführung und Umsetzung der Prinzipien.<br />
Quelle: UNPRI (2011)<br />
Mittlere Größe überwiegt 49<br />
Größe der auf Agrarland und Agrarinfrastruktur<br />
ausgerichteten Fonds, USD Mio.<br />
Unter 50<br />
50-200<br />
201-500<br />
501-1100<br />
Differenzierung der Fonds auf Basis 50<br />
— der geographischen Ausrichtung (einschließlich<br />
des Potenzials für Produktionswachstum,<br />
Höhe der Produktionskosten,<br />
mögliche Skaleneffekte und Wachstum der<br />
Unternehmensplattform),<br />
— des Potenzials, ein diversifiziertes Portfolio<br />
landwirtschaftlicher Betriebe aufzubauen,<br />
— der Möglichkeit, Skaleneffekte und Standardisierungen<br />
zu nutzen,<br />
— der Expertise beim Ankauf von Agrarland,<br />
— der Fähigkeiten des Management-Teams,<br />
— der Möglichkeit, Due-Diligence-Prozesse<br />
für verfügbare Landparzellen durchzuführen.<br />
Quellen: DB <strong>Research</strong>, OECD<br />
0 5 10 15 20 25<br />
Quellen: DB <strong>Research</strong>, OECD<br />
im Eigeninteresse der Anleger, verantwortlich zu investieren und dabei die Risiken<br />
zu minimieren und die lokalen Vorteile zu erhöhen.<br />
Investitionen in landwirtschaftliche Flächen bieten enorme Chancen – durch die<br />
Nutzung von bislang unkultivierten Flächen zum Anbau von Kulturpflanzen, für<br />
die weltweit eine hohe und weiter steigende Nachfrage besteht. Wenn eine große<br />
Anzahl von Kleinbauern, die bislang auf die Subsistenzwirtschaft beschränkt<br />
waren, Zugang zu Technologien, Infrastruktur und Kapital erhalten, kann dies<br />
positive Effekte auf die Entwicklung eines Landes in den Bereichen Lebensmittelsicherheit<br />
und Armutsbekämpfung, BIP-Wachstum, Staatseinnahmen und<br />
Umweltschutz haben. Insgesamt sind dabei ethische Fragen von großer Bedeutung,<br />
die jedoch durch verantwortungsvolles Investieren unter der Beachtung<br />
der Interessen lokaler Gruppierungen in allen Durchführungsstufen des Projekts<br />
beantwortet werden können. Verschiedene Institutionen haben in diesem Zusammenhang<br />
Prinzipien für verantwortungsvolle Investitionen (s. Box 48) entwickelt;<br />
entscheidend für den Erfolg ist aber deren konsequente Umsetzung.<br />
Unterschiedliche Fondsstrukturen<br />
Die in landwirtschaftliche Anbauflächen investierenden Fonds weisen laut einer<br />
OECD-Studie unterschiedliche rechtliche und Unternehmensstrukturen auf;<br />
keine dieser Strukturen gilt als optimale Plattform für Anlagen in der Landwirtschaft.<br />
Fonds lassen sich nach den folgenden Dimensionen klassifizieren:<br />
— Fondsstruktur, z.B. privat, öffentlich gehandelt, geschlossen;<br />
— Investmentfonds (Unit-Trust): ähnlich einem Immobilienfonds, oder REIT, in<br />
dem Gewinne und Verluste je nach Besitzanteilen direkt an die Anleger weitergegeben<br />
werden;<br />
— Unternehmensstruktur: 1) Private oder börsennotierte Unternehmen, die<br />
Fonds (privat oder öffentlich gehandelt) verwalten; die wiederum Agrarland<br />
erwerben und besitzen; 2) Private oder börsennotierte Unternehmen, die<br />
Managementdienstleistungen für Agrarbetriebe anbieten sowie Agrarflächen<br />
erwerben und besitzen.<br />
Sponsoren dieser Investmentvehikel sind z.B. Hedgefonds oder Private Equity-<br />
Firmen, die Kapital von Pensionsfonds, Stiftungen oder wohlhabenden Anlegern<br />
(Privatpersonen und Familienunternehmen) verwalten. Sie arbeiten entweder<br />
mit professionellen Managern landwirtschaftlicher Betriebe zusammen oder<br />
bauen eine eigene Organisation auf, um Agrarland zu kaufen und zu verwalten.<br />
Der private Sektor in Deutschland<br />
Privaten und institutionellen Anlegern in Deutschland, die im Agrarsektor investieren<br />
möchten, stehen laut FIAN, dem Food-First Informations- und Aktionsnetzwerk,<br />
diverse Investmentvehikel zur Verfügung.<br />
Spezialisierte Mutual Funds: Diese investieren in Aktien von börsennotierten<br />
Agrarunternehmen. Sie werden am deutschen Markt durch deutsche oder ausländische<br />
Institutionen angeboten. Die meisten dieser Fonds wurden zwischen<br />
2006 und 2008 gegründet. Die Unternehmen, in die sie investieren, können in<br />
drei Kategorien unterteilt werden: 1) Unternehmen mit großem Landbesitz; 2)<br />
Unternehmen der landwirtschaftlichen Zulieferkette, die von Unternehmen mit<br />
Landbesitz Rohstoffe erwerben; 3) Agrarunternehmen und Chemiefirmen, die<br />
üblicherweise nicht direkt an Landkäufen beteiligt sind, jedoch von dem steigenden<br />
Wert der Flächen profitieren.<br />
Private Equity: Private Equity Unternehmen investieren entweder direkt in Land<br />
oder in nicht-börsengehandelte Agrarunternehmen, die Flächen außerhalb<br />
Deutschlands besitzen.<br />
22 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Börsennotierte deutsche Unternehmen: Diverse an der <strong>Deutsche</strong>n Börse notierte<br />
Unternehmen besitzen Agrarflächen außerhalb Deutschlands, die sie entweder<br />
selbst bewirtschaften oder verpachten. Fonds, die in börsennotierte Unternehmen<br />
investieren, dürften allerdings eine hohe Korrelation mit den Erträgen<br />
aus dem Aktienportfolio des Investors aufweisen und das Ziel, das Portfolio<br />
wirksam zu diversifizieren u.U. verfehlen.<br />
Dank der langfristig positiven Fundamentalfaktoren rechnen wir damit, dass<br />
weltweit zunehmend privates Kapital in die Anlageklasse Landwirtschaft, einschließlich<br />
Agrarland, fließen wird. Das künftige Wachstum des Sektors wird<br />
unter anderem vom Ergebnis politischer Debatten, z.B. über die Frage, in welchem<br />
Umfang Land in produktive Agrarflächen umgewandelt werden soll, abhängen.<br />
Auch ist von Bedeutung, wie die jeweilige Rolle des öffentlichen und<br />
des privaten Sektor in der Finanzierung und Umsetzung dieser Veränderungen<br />
aussehen wird. In jedem Fall dürfte sich das für Investitionen in diesem Bereich<br />
alloziierte Kapital in den kommenden Jahren verdoppeln oder verdreifachen.<br />
C. Fazit: Zahlreiche interessante Märkte für <strong>Sachwerte</strong><br />
<strong>Sachwerte</strong> sind bei Anlegern aktuell besonders gefragt. Die hohe Volatilität auf<br />
den Finanzmärkten seit Beginn der Finanzkrise und die Sorge vieler Anleger vor<br />
hohen Inflationsraten sind die wichtigsten Triebkräfte. Empirische Studien zeigen,<br />
dass <strong>Sachwerte</strong> tatsächlich einen Inflationsschutz bieten und zur Diversifikation<br />
eines Portfolios beitragen können. Dabei ist allerdings auch die Anlageform<br />
entscheidend: Investieren Anleger in liquide Instrumente wie Aktien von<br />
Unternehmen, die in der Rohstoffbranche tätig sind, oder in REITs, so überwiegt<br />
zumeist der Zusammenhang mit Finanzanlagen über den Aktienmarkt. Eine<br />
Diversifikation des Portfolios dürfte dann nicht gelingen. Alternativen bieten illiquidere<br />
Direktanlagen sowie geschlossene oder offene Fonds, die für die meisten<br />
<strong>Sachwerte</strong> angeboten werden (s. Tabelle 51).<br />
<strong>Sachwerte</strong> können – in Abhängigkeit vom makroökonomischen Umfeld – attraktive<br />
Renditen bieten, die auch zweistellig sein können. Ein rigoroser Vergleich<br />
der Erträge über verschiedene Anlageklassen hinweg wird allerdings durch eine<br />
unzureichende Datenlage erschwert. Im Gegensatz zu homogenen Sachwertanlagen<br />
wie Gold oder anderen Rohstoffen ist bei heterogenen <strong>Sachwerte</strong>n wie<br />
Immobilien, Schiffen oder Offshore-Windparks eine umfassende Einzelfallanalyse<br />
des jeweiligen Anlageobjekts und seines Ertragspotenzials von großer Bedeutung.<br />
Für den wirtschaftlichen Erfolg können Faktoren wie ein attraktiver<br />
Standort, günstige Marktperspektiven und stabile politische Rahmenbedingungen<br />
– auch im Ausland – eine Rolle spielen.<br />
Immobilien sind für viele Anleger der wichtigste Sachwert. Während zahlreiche<br />
europäische Immobilienmärkte und die USA noch die Folgen der Überhitzung<br />
verarbeiten, sind auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt Preissteigerungen<br />
zu verzeichnen. Auch das makroökonomische Umfeld für Gewerbeimmobilien<br />
bleibt attraktiv. Für zahlreiche Sachwertanlagen sollten Anleger den Blick aber<br />
über den heimischen Markt hinaus lenken. Langfristige globale Trends wie das<br />
Wachstum der Bevölkerung, die zunehmende Urbanisierung und die wachsende<br />
wirtschaftliche Bedeutung der Emerging Markets begünstigen Investitionen<br />
in <strong>Sachwerte</strong>, z.B. Infrastruktur. Der dynamisch wachsende Welthandel und die<br />
zunehmende internationale Mobilität fördern das Mengenwachstum bei Schiffen<br />
und Flugzeugen. Geringe Margen, z.B. in der Luftfahrt, sind allerdings ein Risikofaktor<br />
in diesem Segment. Anlagen in Agrarland können von den beschriebenen<br />
Langfristtrends ebenfalls profitieren. Bei weiter wachsender globaler Bevöl-<br />
kerung und steigenden Einkommen in den Emerging Markets verbunden mit<br />
einem zunehmenden Verbrauch höherwertiger Lebensmittel dürfte die Nachfrage<br />
nach Agrarflächen weiter zunehmen. Insbesondere bei dieser Anlageklasse<br />
ist die Beachtung ethischer Prinzipien wichtig.<br />
23 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen
<strong>Sachwerte</strong>: Gefragte Anlageklasse in Krisenzeiten<br />
Immobilien (DE) Erneuerbare Energien Schiffe / Flugzeuge Infrastruktur Agrarland<br />
Anlageform Direkt oder über Fonds Direkt oder über Fonds Geschlossene Fonds<br />
dominieren<br />
Anlagehorizont Langfristig In DE z.B. EEG-Förderung<br />
20 Jahre<br />
Marktgröße Groß Begrenzt, abhängig von<br />
der Energieart<br />
Schiffsfonds: 15-20 Jahre,<br />
Flugzeugfonds: ca. 15<br />
Jahre<br />
Breites Anlagespektrum;<br />
direkt, über Fonds sowie<br />
über Aktien möglich<br />
Abhängig von Anlageform;<br />
tendenziell mittel- bis<br />
langfristig<br />
Schiffsfonds: gemessen am Über alle Anlageformen<br />
Bestandsvolumen in DE groß, aber wenig transpa-<br />
groß, Flugzeugfonds deutrentlich kleiner<br />
Verschiedene Anlageformen<br />
Mittel- bis langfristig<br />
Begrenzt<br />
Liquidität Gering Gering Gering Abhängig v.d. Anlageform Abhängig v.d. Anlageform<br />
und der Region<br />
Erträge Schrittweise wachsende<br />
Mieteinnahmen, geringe<br />
Veränderung der Preise<br />
Risiken In DE in den nächsten<br />
Jahren begrenztes Risiko<br />
Regulatorisches Umfeld Keine wesentlichen Änderungen<br />
absehbar<br />
Quelle: DB <strong>Research</strong><br />
Abhängig v.d. Anlageform<br />
und dem Objekt<br />
Unternehmerisches Risiko,<br />
abhängig v.d. Energieart<br />
und ggf. Förderung<br />
Regulatorische Risiken in<br />
Abhängigkeit v.d. Region<br />
und der Energieart<br />
Laufende Auszahlungen Abhängig v.d. Anlageform<br />
laut Prospekt, die jedoch und dem Objekt<br />
risikobehaftet sind; Wertzuwachs<br />
des Schiffes bzw.<br />
Flugzeugs<br />
Erwerb von geschlossenen<br />
Fonds ist unternehmerische<br />
Beteiligung;<br />
Totalverlust möglich<br />
Grundsätzlich Änderungen<br />
möglich<br />
Abhängig v.d. Anlageform;<br />
Infrastrukturinvestitionen<br />
sind eher risikoarm<br />
Grundsätzlich Änderungen<br />
möglich<br />
Erneuerbare Energien rückten in den letzten Jahren in den Fokus der Anleger.<br />
Die Energiewende in Deutschland, aber auch die vermehrte Nutzung erneuerbarer<br />
Energien in anderen Ländern eröffnen für Sachinvestoren neue Anlageperspektiven.<br />
Während die Investoren mit Biomasse und Photovoltaik bereits<br />
seit längerem Erfahrung sammeln konnten, betreten sie mit Wasserkraft und<br />
v.a. mit Offshore-Wind-Parks noch weitgehend Neuland. Vorerst spielt die staatliche<br />
Förderung der neuen Energieträger häufig noch eine wichtige Rolle.<br />
Auch wenn <strong>Sachwerte</strong> oftmals mit dem Attribut der Krisensicherheit verbunden<br />
sind, bringen Anlagen in <strong>Sachwerte</strong> doch spezifische Risiken mit sich. Der Investitionshorizont<br />
ist bei den meisten Sachwertanlagen langfristig. Die Fungibilität<br />
bzw. Liquidität ist häufig gering und Anleger gehen oftmals unternehmerische<br />
Risiken ein (s. Tabelle 51). Dies kann auch den Totalverlust der Einlage<br />
zur Folge haben. Anlagen in <strong>Sachwerte</strong> setzen daher einen gut informierten<br />
Anleger voraus, der die verschiedenen globalen Anlagealternativen und die zur<br />
Verfügung stehenden Finanzinstrumente beurteilen kann.<br />
Josef Auer (+49 69 910-31878, josef.auer@db.com).<br />
Eric Heymann (+49 69 910-31730, eric.heymann@db.com)<br />
Jochen Möbert (+49 69 910-31727, jochen.moebert@db.com)<br />
Claire Schaffnit-Chatterjee (+49 69 910-31821, claire.schaffnit-chatterjee@db.com)<br />
Antje Stobbe (+49 69 910-31847, antje.stobbe@db.com)<br />
24 | 10. Mai 2012 Aktuelle Themen<br />
51<br />
Abhängig v.d. Anlageform<br />
und der Region<br />
Benachteiligung lokaler<br />
Gruppen, Produktionsrisiken,<br />
Rohstoffpreise<br />
Abhängig von der Region<br />
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„<strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> <strong>Research</strong>“ gebeten.<br />
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Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong> AG oder ihrer assoziierten Unternehmen entspricht. Alle Meinungen<br />
können ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Die Meinungen können von Einschätzungen abweichen, die in anderen von der <strong>Deutsche</strong> <strong>Bank</strong><br />
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