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Berghofer Blick 131

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HISTORISCHES<br />

190 Jahre <strong>Berghofer</strong> Schützengilde 1826 e. V.<br />

Berghofens ältester Verein wurde als „Schützengilde“ gegründet.<br />

Der Name „Gilde“ knüpft an Überlieferungen aus der frühen Zeit der<br />

Bauerschaften an, in denen es ein ungeschriebenes Nachbarschaftsrecht<br />

gab, das Schutz und Hilfe ganz selbstverständlich einschloss, wie dies in<br />

der Tradition der „Schichte“ unserer Nachbarstadt Schwerte noch heute<br />

lebendig ist. Das Wort Gilde meint das ursprünglich kultische Trinkgelage<br />

und den Opferschmaus, den die Bruderschaften miteinander hielten.<br />

Später ging das Wort auf die Schutzgemeinschaften der Kaufleute und<br />

Handwerker über, blieb aber auch den bäuerlichen Notgemeinschaften<br />

eigen. Obwohl die erbuntertänigen Bauern seit dem Hohen Mittelalter keinen<br />

Kriegsdienst mehr leisteten, wurde von ihnen im Verteidigungsfalle<br />

verlangt, dass sie sich zur Landwehr einfanden. Um die Wehrfähigkeit<br />

der ländlichen Bevölkerung zu erhalten oder zu erhöhen, förderten die<br />

Fürsten nicht selten das Üben mit den Waffen, zumeist mit der Armbrust,<br />

dann auch mit der Büchse. Es wurde gern mit zeitlich begrenzten Privilegien<br />

für die besonders Erfolgreichen belohnt, so wurde die Tradition des<br />

„Schützenkönigs“ und des „Schützenfestes“ begründet. Freilich gab es<br />

auch schon bald Verordnungen, die Festtrubel und Bierkonsum begrenzen<br />

sollten.<br />

Militärische Bedeutung erlangten im 14. Jahrhundert die Schweizer<br />

Schützen der Eidgenossenschaft in ihrem Kampf gegen das Haus<br />

Österreich, und ein Jahrhundert später die sächsischen und thüringischen<br />

Schützen in den Hussitenkriegen. Mit der Einführung der Söldnerheere im<br />

17. Jahrhundert ging die Bedeutung der Schützen weitgehend zurück. Legendär<br />

ist aber der Widerstand der Tiroler Standschützen 1809 gegen die<br />

napoleonische Fremdherrschaft. Schon 1807 waren in unserer Region die<br />

Schützengesellschaften durch die neuen französischen Herren verboten<br />

worden. Erst nach Napoleons endgültiger Niederlage 1815 konnten die<br />

Schützengesellschaften wiederbegründet werden: So wünschte schon<br />

eine Verfügung der preußischen Regierung vom Jahre 1817, dass „die<br />

unschädliche Uebung des Scheibenschießens unter Beobachtung der Vorschriften“<br />

wieder aufgenommen werden sollte. (Brockpähler, S. 128)<br />

So kam es in Berghofen 1826<br />

zur Gründung der Schützengilde,<br />

von der wir freilich<br />

nicht wissen, ob damals noch<br />

die Erinnerung an einen Vorläufer<br />

lebendig war, denn mit<br />

der Reformation war in den<br />

lutherischen Gebieten die religiöse<br />

Anbindung der Gilden,<br />

die oft nach dem Ortsheiligen<br />

hießen, obsolet geworden, und<br />

das brandenburgische Kurfürstentum,<br />

zu dem Berghofen<br />

Emblem der <strong>Berghofer</strong> Schützengilde<br />

seit 1609 gehörte, setzte auf<br />

andere militärische Mittel. Auch über die Gründung der ersten Schützenkompanie,<br />

die man später, nach der Gründung einer zweiten Kompanie im<br />

Jahre 1883, die „alte“ nannte, unterrichtet uns kein Schriftstück mehr.<br />

Interessant ist, dass die Schützengilde gemeinsam mit Männern aus<br />

Schüren gegründet wurde, denn die beiden Orte galten sonst als ständig<br />

miteinander konkurrierend.<br />

„Es wurden nur Männer in die Gilde aufgenommen, die sich mit keinem<br />

infamierenden Verbrechen beschmutzt hatten und einwandfreie Bürger<br />

waren.“ Die Schützen jener Zeit trugen einen leichten grünen Rock und<br />

grüne Mützen oder Hüte mit Hahnenfedern. Die Bewaffnung bestand aus<br />

einer einfachen (Ulanen-)Lanze mit Fahne. Der Spieß (Unteroffizier) war<br />

mit einer Plempe, einem breiten Haudegen ausgestattet. Die Offiziere trugen<br />

einen Stichdegen. Zu den ältesten bekannten Schützen in Berghofen<br />

wurden Märtmann, Moses („Moisken“) Frieg, Froning und Gockel gezählt.<br />

Die älteste <strong>Berghofer</strong> Schützenfahne stammt aus dem Jahre 1834 und<br />

weist auf ein Schützenfest mit Schützenumzug in jenem Jahre hin.<br />

Das Schützenfest des Jahres 1856<br />

fand auf Wilmsmanns Weide am<br />

Heerweg (der heutigen Ostkirchstraße)<br />

statt. „Der an einer Stange<br />

befestigte Königsvogel wurde –<br />

nach heißem Kampf – von Gustav<br />

Stuckmann (genannt Stucks-<br />

Böcksken) heruntergeholt. Zum<br />

König gekrönt, nahm er die Frau<br />

seines Bruders Ernst zur Königin.<br />

Ernst Stuckmann führte das Wirtshaus<br />

im alten Hause des Wilhelm<br />

Schuster an der <strong>Berghofer</strong> Straße.<br />

Er errichtete später das Gasthaus<br />

,Ludwigslust´ am Sportplatz<br />

Glück.“ (O. Lessing)<br />

In der Zeit der „Einigungskriege“<br />

1864, 1866 und 1870/71 gab es<br />

offensichtlich keine Schützenfeste.<br />

Erst 1883 hören wir wieder<br />

von einem Schützenfest: Feierlich<br />

wurden die Fahnen von der Quelle-Brauerei<br />

des Herrn Froning an<br />

der Schüruferstraße eingeholt.<br />

(Letztes Zeugnis des dort gebrauten<br />

„Bärenbräus“ ist der Bär in<br />

der Fassade direkt gegenüber der<br />

Haltestelle „Adelenstraße“; 1923<br />

wurde die Brauerei von der Dortmunder<br />

Ritterbrauerei übernommen.)<br />

Auf Wilmsmanns Weide fand<br />

das Vogelschießen statt, bei dem<br />

der Landwirt Heinrich Wilmsmann<br />

die Königswürde errang. Er war<br />

auch der Stifter einer neuen Fahne,<br />

die bei diesem Schützenfest<br />

geweiht wurde. Als Kompanieführer<br />

jener Zeit fungierte Eduard<br />

Gockel, der Spieß war Gustav<br />

Schmidt, der Knecht des Bauern<br />

Ludwig Schmidt, der den Namen<br />

„Schmierspieß“ erhielt, den er<br />

dann ein Leben lang behielt.<br />

Schützenvereine hatten im 1871<br />

neu gegründeten Deutschen Kaiserreich<br />

einen breiten Zulauf.<br />

Berghofen war durch die benachbarte<br />

Industrie ein vom Zuzug geprägter<br />

Ort, so dass – wie schon<br />

Älteste <strong>Berghofer</strong> Schützenfahne<br />

von 1834, die im Museum für Kunst<br />

und Kulturgeschichte Dortmund<br />

aufbewahrt wird. (Foto: Museum<br />

für Kunst und Kulturgeschichte<br />

Dortmund {MKK})<br />

<strong>Berghofer</strong> Schützenfahne des Jahres<br />

1856, die im Museum für Kunst<br />

und Kulturgeschichte Dortmund<br />

aufbewahrt wird. (Foto: MKK)<br />

Schütze aus dem ausgehenden<br />

19. Jahrhundert<br />

erwähnt – 1883 eine zweite Schützenkompanie gegründet werden konnte,<br />

deren Hauptmann Fritz Fliege wurde.<br />

Von einem Biwak des Jahres 1883 erzählt Otto Lessing die folgende Geschichte:<br />

„Man hatte einen Ochsen am Spieß gebraten. Als man das Fleisch in Portionen<br />

teilte, stellte sich heraus, daß es noch ungar, nicht durchgebraten<br />

war. Einige Schützen ließen aus diesem Grunde anzügliche Bemerkungen<br />

fallen, worauf ,Schmierspieß´ schrie: ,Jungens, holt ink am Friäten, das is<br />

ein Ungar-Osse von de Kraunen-Brauerigge!´ Die Kronenbrauerei brachte<br />

damals das Bier mit Ochsengespannen zu den Kunden. Nach einer weiteren<br />

Überlieferung aus jener Zeit hat der Spieß nachts bei Fritz Fliege ein<br />

Fenster eingeschlagen, ist mit einigen Schützen ins Haus gestiegen, um<br />

den Hauptmann mit den Worten: ,Fleigen-Hauptmann stoh op un hal uns<br />

en Fättken Schnaps rop, wie hätt Dorst und de Kneipen sin alle tau´ zu

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