3 Psyche und Soma - Medical Tribune
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Molekulare Kontrazeption<br />
Eizellen in der Irre<br />
Neue Risikogruppe<br />
für Ess-Störungen<br />
Frauen in der<br />
Lebensmitte<br />
Epilepsie-Management<br />
»Start low, go slow«<br />
Schlafprobleme <strong>und</strong> Depression<br />
Schlafzimmer<br />
nur zum Schlafen<br />
AHA-Kongress in New Orleans<br />
Gegen einen<br />
Vertrauenssschw<strong>und</strong><br />
in der Kardiologie<br />
3<br />
27. Jahrgang März 2005<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong><br />
Sexualmedizin
Nachrichten 4<br />
Medizin<br />
Zusammenhang zwischen Kreuzbandruptur<br />
<strong>und</strong> Östrogenspiegel<br />
Verletzungsgefahr hängt<br />
vom Menstruationszyklus ab 5<br />
Molekulare Kontrazeption<br />
Spermien finden Eizelle nicht mehr 6<br />
Diabetes eine kardiovaskuläre Erkrankung<br />
Hochdruckbehandlung<br />
eine wesentliche Säule 9<br />
Neue Risikogruppe für Ess-Störungen<br />
Frauen in der Lebensmitte 21<br />
Epilepsie-Management in der Praxis<br />
»Start low, go slow« 25<br />
Therapieforum<br />
Kein Pardon mit der TIA<br />
Verhindern Sie den Hirnschlag! 8<br />
Meilensteinstudie GOAL<br />
Trendwende in der Asthma-Therapie 8<br />
Pantoprazol bei bedarfsorienter<br />
Refluxtherapie<br />
Hocheffektiv <strong>und</strong> kostengünstig 10<br />
Schlafprobleme bei depressiven Patienten<br />
Schlafzimmer nur zum Schlafen 15<br />
Knochenfestigkeit <strong>und</strong> Frakturresistenz<br />
bei Osteoporose<br />
Vorteile eines niederaffinen<br />
Bisphosphonats 20<br />
Flashlite I<br />
77. Jahreskongress der<br />
American Heart Association in New Orleans<br />
Gegen den Vertrauensschw<strong>und</strong><br />
in der Kardiologie 12<br />
Flashlite II 22<br />
Literaturservice<br />
Stress-Inkontinenz ist heilbar<br />
So dichtet Training die Blase ab 18<br />
Pharma-News 24, 25<br />
Buchbesprechung 28<br />
Pinboard 30<br />
Vorschau 31<br />
INHALT<br />
Molekulare Kontrazeption<br />
Befruchtung <strong>und</strong> Fortpflanzung gehören nach wie<br />
vor zu den grössten W<strong>und</strong>ern dieser Erde. Selbst<br />
nachdem die hormonellen Aspekte dieses Vorgangs<br />
aufgeklärt wurden, blieb die Entstehung neuen Lebens<br />
weiterhin ein grosses Geheimnis. Dieses beginnt<br />
sich jetzt mit zunehmendem molekularbiologischen<br />
Wissen mehr <strong>und</strong> mehr zu lüften. Die klassische Pille<br />
ist längst nicht mehr das einzige hormonelle Kontrazeptivum.<br />
Frauen, die nicht mehr täglich an Verhütung<br />
denken wollen, können heute zwischen Hormonspiralen,<br />
Depotspritzen, Pflastern <strong>und</strong> Implantaten<br />
wählen. Trotzdem geht die Erforschung neuer<br />
Methoden weiter. Dabei stehen nun erstmals nicht<br />
hormonelle, sondern molekulare Ansätze im MittelpunktVor<br />
allem für die männliche Verhütung bedeutet<br />
dies viele neue Ansätze. 6<br />
Frauen in der Lebensmitte<br />
Der Eintritt in die Wechseljahre geht mit grossen<br />
körperlichen Veränderungen einher <strong>und</strong> wird von<br />
vielen Frauen (<strong>und</strong> auch Männern) deshalb extrem<br />
negativ bewertet. Gleichgesetzt mit dem Verlust von<br />
Schönheit <strong>und</strong> Attraktivität markiert der Beginn dieser<br />
Lebensphase sozusagen den Anfang vom Ende.<br />
Bei Recherchen für ihr Buch »Der Traum von der<br />
jungen Figur« hat Kathrin Seyfahrt, Selbsthilfezentrum<br />
»Münchner Essr<strong>und</strong>e«, ausführliche Gespräche<br />
mit Frauen in der Lebensmitte geführt, viele litten<br />
unter den körperlichen Veränderungen <strong>und</strong> suchten<br />
verzweifelt nach Möglichkeiten, ihre Jugendlichkeit<br />
zu behalten. 21<br />
Bordell <strong>und</strong> Boudoir<br />
Erstmals widmet nun in Tübingen eine eigene Ausstellung<br />
Bordellbildern des 19./20. Jahrh<strong>und</strong>erts. Auf<br />
vielen Bildern sind auch Verzweiflung <strong>und</strong> Not der<br />
Frauen erkennbar. »Um die soziale Frage ging es den<br />
vier Künstlern allerdings überhaupt nicht, das taucht<br />
erst in den 1920ern bei Otto Dix <strong>und</strong> George Grosz<br />
auf«, erläutert der Ausstellungsmacher<br />
Götz Adriani.<br />
Cézanne <strong>und</strong> Toulouse-<br />
Lautrec zeigten sich vor allem<br />
als nüchterne Beobachter.<br />
Bei Degas spielen die<br />
Wunschvorstellungen des armen<br />
Künstlers eine wichtige<br />
Rolle. Und Picasso verband<br />
laut Adriani »die Lust am Koitus<br />
mit der Angst vor dem<br />
Exitus, etwa durch Geschlechtskrankheiten.«<br />
30<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 3
NACHRICHTEN<br />
Schizophrenie durch ältere<br />
Väter<br />
Kinder älterer Väter haben ein erhöhtes Schizophrenierisiko,<br />
so eine Studie mit über 700 000<br />
Probanden, die zwischen 1973 <strong>und</strong> 1980 in Schweden<br />
geboren wurden. Bei etwa 15% der Schizophrenie-Patienten<br />
lag das Zeugungsalter der Väter bei<br />
30 Jahren <strong>und</strong> darüber. Waren die Väter bei der<br />
Geburt ihrer Kinder unter 30 Jahren, erkrankten<br />
0,08% der Sprösslinge später an Schizophrenie.<br />
Zwischen 30 <strong>und</strong> 39 Jahren betrug diese Rate<br />
0,10% <strong>und</strong> über 40 stieg sie auf 0,14%. eno<br />
Attila Sipos et al., BMJ 2004; 329: 1070–1073<br />
4<br />
Italienischen Forschern zufolge<br />
wird die Homosexualität bei Männern<br />
durch mütterliche Gene beeinflusst.<br />
Zudem beobachteten die<br />
Wissenschaftler, dass schwule<br />
Männer besonders häufig ältere<br />
Brüder haben. Beide Faktoren zusammen<br />
bieten etwa zu 20 % einen<br />
Erklärungsansatz für männliche<br />
Homosexualität. Die verbleibenden<br />
80 % seien vermutlich auf<br />
prägende sexuelle <strong>und</strong> soziale Erfahrungen<br />
während der Jugendzeit<br />
oder Kindheit zurückzuführen.<br />
Das italienische Studienteam<br />
befasste sich mit der sexuellen<br />
Orientierung von 98 schwulen<br />
Rotwein fördert Fehlgeburt<br />
Kerzenlicht <strong>und</strong> dunkler Bordeaux<br />
in grossen Gläsern: Solche<br />
Romantik sollten sich Paare, die<br />
für ein Kind »üben«, verkneifen.<br />
Mehr als zehn Drinks pro<br />
Woche Alkoholgenuss in zeitlicher<br />
Nähe zur Konzeption fördert<br />
nämlich die Abortrate, ergab<br />
eine dänische Studie an<br />
430 Paaren mit Kinderwunsch.<br />
Im Studienzeitraum kam es zu<br />
186 Befruchtungen, von denen<br />
aber nur 131 in der Geburt<br />
eines Babys endeten. Die<br />
55 Paare, die einen Spontanabort<br />
verschmerzen mussten, hatten<br />
Muttermilch nicht einfrieren!<br />
Antioxidanzien weg<br />
Muttermilch sollte man nicht länger<br />
als 48 St<strong>und</strong>en kühlen <strong>und</strong><br />
keinesfalls einfrieren. Amerikanische<br />
Forscher verglichen die antioxidative<br />
Aktivität frischer Muttermilch<br />
von 16 stillenden Frauen<br />
mit Proben derselben sowie Formula-Babynahrung,<br />
die über 48<br />
St<strong>und</strong>en oder sieben Tage bei 4 °C<br />
bzw. -20 °C gelagert wurden. Im<br />
Gegensatz zur künstlichen Säuglingsnahrung<br />
sanken Spiegel bzw.<br />
Schwul durch Mutters Gene?<br />
<strong>und</strong> 100 heterosexuellen Männern<br />
sowie deren Verwandten. 22 der 98<br />
Probanden hatten männliche Verwandte<br />
mütterlicherseits, die auch<br />
schwul waren <strong>und</strong> zwölf väterlicherseits.<br />
Überraschend war, dass<br />
mütterliche Verwandte der Homosexuellen<br />
durch grossen Kinderreichtum<br />
auffielen – möglicherweise<br />
als Nachteilsausgleich. Bei<br />
den 100 heterosexuellen Studienteilnehmern<br />
gab es mütterlicherseits<br />
keinen Homosexuellen in der<br />
Verwandtschaft, väterlicherseits<br />
waren es acht. eno<br />
A. Camperio-Ciani et al., Proc. R. Soc. Lond.<br />
B 2004 online<br />
nach ihren Angaben mehr dem Alkohol<br />
zugesprochen als die übrigen<br />
Studienteilnehmer. Konsumierte<br />
die Frau zehn oder mehr Drinks<br />
pro Woche, kletterte das Fehlgeburtsrisiko<br />
um das Zwei- bis Dreifache<br />
– war es der Mann, sogar um<br />
das bis zu Fünffache. Nahmen<br />
Mann <strong>und</strong>/oder Frau in der Woche<br />
vor der Befruchtung Alkoholika zu<br />
sich, stieg das Risiko eines Frühaborts<br />
deutlich an, berichten die Autoren.<br />
CG<br />
Tine Brink Henriksen et al., American<br />
Journal of Epidemiology 2004;<br />
160: 661 – 667<br />
Aktivität der Radikalfänger in der<br />
Muttermilch je länger bzw. tiefer<br />
man diese kühlte. Die antioxidative<br />
Kapazität der Muttermilch war<br />
jedoch auch nach einer Woche<br />
einfrieren noch der von Formula-<br />
Präparaten überlegen. Rd<br />
N. Hanna et al., Arch Dis Child Fetal<br />
Neonatal Ed 2004; 89: F518 – F520(RLV)<br />
Demenz vom<br />
Abspecken?<br />
Gewichtsverlust kann bei älteren<br />
Menschen Vorbote einer<br />
Demenz sein. Dies berichten<br />
britische Psychiater auf Gr<strong>und</strong><br />
von Daten der »Honolulu-Asia<br />
Aging Study«. 1890 Männer<br />
wurden bis zu 34 Jahre lang<br />
beobachtet: 112 entwickelten<br />
eine Demenz. Zwei bis vier Jahre<br />
vor Manifestation der neurologischen<br />
Symptomatik verloren<br />
viele der Betroffenen<br />
etwa fünf Kilogramm Körpergewicht.<br />
Robert Stewart et al., Arch Neurol<br />
2005; 62: 55–60<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
Zusammenhang zwischen Kreuzbandruptur <strong>und</strong> Östrogenspiegel<br />
Verletzungsgefahr hängt<br />
vom Menstruationszyklus ab<br />
Australische Wissenschafter konnten erstmals nachweisen,<br />
dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen vorderen<br />
Kreuzbandrupturen <strong>und</strong> Östrogenspiegeln während<br />
des Menstruationszyklus besteht. Die Untersuchung<br />
von Prof. Dr. Adam L. Bryant wurde beim Jahreskongress<br />
der australischen Sportmediziner im Oktober 2004 als<br />
bester Vortrag ausgezeichnet.<br />
»Wir konnten zeigen, dass während<br />
der Ovulation die Compliance<br />
der Muskulatur der unteren<br />
Extremität deutlich zunimmt.<br />
Dadurch kann die Muskulatur weniger<br />
schnell auf plötzliche Längenänderungen<br />
reagieren, <strong>und</strong> das<br />
Knie sowie speziell das vordere<br />
Kreuzband sind anfälliger gegenüber<br />
Verletzungen«, erklärte Prof.<br />
Bryant, Central Queensland University,<br />
Australien.<br />
Erhöhtes Risiko Für<br />
Kreuzbandrupturen<br />
Die viskoelastischen Eigenschaften<br />
der Muskulatur stehen<br />
seit ein paar Jahren im Brennpunkt<br />
von biomechanischen <strong>und</strong><br />
sportmedizinischen Forschungen.<br />
Unter Muskel-Compliance<br />
versteht man die Fähigkeit eines<br />
Muskels, plötzlichen Längenänderungen<br />
zu widerstehen. Prof.<br />
Bryant: »Je steifer <strong>und</strong> somit je<br />
weniger compliant die Muskulatur<br />
ist, desto besser wird das Gelenk<br />
<strong>und</strong> seine Bänder bei plötzlichen<br />
Bewegungen geschützt. Für<br />
das Kniegelenk <strong>und</strong> insbesondere<br />
das vordere Kreuzband sind hier<br />
vor allem die Oberschenkelbeuger,<br />
der Musculus bizeps femoris,<br />
semimembranosus, semitendinosus,<br />
grazilis <strong>und</strong> sartorius – die<br />
Hamstrings, wichtig. Eine erhöhte<br />
Steifigkeit bzw. geringere Compliance<br />
der Hamstrings bedeutet<br />
also eine erhöhte Kniestabilität.<br />
Umgekehrt kann es bei weniger<br />
steifer Muskulatur leichter zu<br />
vorderen Kreuzbandrissen kommen.«<br />
Es ist bekannt, dass Frauen ein<br />
zwei- bis achtmal höheres Risiko<br />
haben, eine vordere Kreuzbandruptur<br />
zu erleiden. Weiter weiss<br />
man auch seit einigen Jahren, dass<br />
vordere Kreuzbandrupturen gehäuft<br />
zum Zeitpunkt der Ovulation<br />
auftreten.<br />
Prof. Bryant <strong>und</strong> seine Mitarbeiter<br />
untersuchten in ihrer Arbeit<br />
erstmals die Änderungen der Muskel-Compliance<br />
während des<br />
Menstruationszyklus. Als Testpersonen<br />
dienten elf junge weibliche<br />
Volleyballspielerinnen. Voraussetzungen<br />
für die Aufnahme in die<br />
Studie waren ein regelmässiger<br />
Menstruationszyklus, keine Einnahme<br />
von oralen Kontrazeptiva<br />
<strong>und</strong> keine vorangegangenen Verletzungen<br />
der unteren Extremität.<br />
Die Östrogenspiegel <strong>und</strong> die muskulotendinöse<br />
Compliance der<br />
Hamstrings wurden während der<br />
Menstruation, in der midfollikulären<br />
Phase, der Ovulation <strong>und</strong> in<br />
der midlutealen Phase bestimmt.<br />
Als Methode zur Bestimmung der<br />
Compliance dienten Berechnungen,<br />
die aus Einbeinsprung-Übungen<br />
durchgeführt wurden. Die<br />
Compliance wurde bei kalter Muskulatur,<br />
im unaufgewärmten Zu-<br />
MEDIZIN<br />
stand <strong>und</strong> nach Aufwärmen gemessen.<br />
Zusätzlich wurde die<br />
Knieelastizität mittels Arthrometer<br />
bestimmt.<br />
Verletzungsgefahr durch<br />
Aufwärmen gesteigert<br />
Ergebnis: Die muskulotendinöse<br />
Compliance ist während der<br />
Ovulation am grössten. In dieser<br />
Phase sind die Hormonspiegel am<br />
höchsten <strong>und</strong> die Knieelastizität<br />
am grössten. Bei aufgewärmter<br />
Muskulatur steigt die Compliance<br />
weiter, <strong>und</strong> zwar signifikant gegenüber<br />
nicht-aufgewärmten<br />
Muskeln. Prof. Bryant: »Frauen,<br />
die keine Pille einnehmen, haben<br />
während der Ovulationsphase ihres<br />
Menstruationszyklus ein deutlich<br />
erhöhtes Risiko für Kreuzbandrupturen.<br />
Paradoxerweise<br />
wird diese Verletzungsgefahr<br />
durch Aufwärmen sogar weiter gesteigert.«<br />
HD<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 5
6<br />
MEDIZIN<br />
Molekulare Kontrazeption<br />
Spermien finden Eizelle nicht mehr<br />
Die klassische Pille ist längst nicht mehr das einzige hormonelle Kontrazeptivum.<br />
Frauen, die nicht mehr täglich an Verhütung denken wollen, können heute zwischen<br />
Hormonspiralen, Depotspritzen, Pflastern <strong>und</strong> Implantaten wählen. Trotzdem geht<br />
die Erforschung neuer Methoden weiter. Dabei stehen nun laut einer Forschungs-Pressekonferenz<br />
erstmals nicht hormonelle, sondern molekulare Ansätze im Mittelpunkt.<br />
Befruchtung <strong>und</strong> Fortpflanzung<br />
gehören nach wie vor zu den<br />
grössten W<strong>und</strong>ern dieser Erde.<br />
Selbst nachdem die hormonellen<br />
Aspekte dieses Vorgangs aufgeklärt<br />
wurden, blieb die Entstehung<br />
neuen Lebens weiterhin ein grosses<br />
Geheimnis. Dieses beginnt sich<br />
jetzt mit zunehmendem molekularbiologischen<br />
Wissen mehr <strong>und</strong><br />
mehr zu lüften. Vor allem für die<br />
männliche Verhütung bedeutet<br />
dies viele neue Ansätze.<br />
Zielpunkt<br />
Spermatogenese<br />
»Während Frauen mit einer bestimmten<br />
Anzahl an Eizellen auf<br />
die Welt kommen, die nur noch<br />
finale Reifungsstadien durchlaufen«,<br />
erklärte Dr. Ursula Habenichts,<br />
Leiterin der Forschungsabteilung<br />
für Gynäkologie<br />
<strong>und</strong> Andrologie<br />
bei Schering,<br />
»werden beim Mann<br />
zeitlebens <strong>und</strong> kontinuierlich<br />
Spermien<br />
aus omnipotenten<br />
Vorläuferzellen gebildet.«<br />
Das mache die<br />
Kontrazeption beim Mann<br />
viel schwieriger. Gr<strong>und</strong>sätzlich sei<br />
das Prinzip zwar gleich wie bei der<br />
Frau, nur müsse statt Östrogen<br />
eben niedrig dosiertes Testosteron<br />
verabreicht werden. Es bewirkt ein<br />
negatives Feedback im Hypothalamus-Hypophysenbereich,wodurch<br />
die endogene Hormonproduktion<br />
<strong>und</strong> damit auch die Spermatogenese<br />
unterdrückt wird. Im<br />
Unterschied zur Frau dauert es aber<br />
länger bis Infertilität herbeigeführt<br />
wird. Das Gleiche gilt für die Umkehrphase<br />
nach Absetzen der Medikation.<br />
Die erste »Pille« für den<br />
Mann, die nicht wirklich eine Pille,<br />
sondern eine Kombination aus einer<br />
Testosteroninjektion <strong>und</strong> einem<br />
Gestagenimplantat, befindet<br />
sich derzeit in Phase II <strong>und</strong> wird<br />
wahrscheinlich in fünf Jahren auf<br />
den Markt kommen. Sie wird laut<br />
Dr. Habenichts quasi den Türöffner<br />
in das Feld der künstlichen<br />
männlichen Infertilität darstellen.<br />
Die Hoffnung für die Zukunft<br />
ist jedoch eine andere: Statt generell<br />
in die Bildung möchte man<br />
punktgenau in die Reifung der<br />
Spermien eingreifen – etwa durch<br />
Blockade von Botenstoffen oder<br />
Rezeptoren, nach denen bereits<br />
eifrig gesucht wird. Die Spermien<br />
könnten dann zwar heranwachsen,<br />
sie wären aber nicht befruchtungsfähig.<br />
Gezielt intervenieren<br />
»Ideal anbieten würde sich<br />
etwa die Inhibition der Kapazitation,<br />
dem letzten Aktivierungsprozess<br />
der Spermien«, erklärte Prof.<br />
Dr. Günter Stock von der Forschungsabteilung<br />
bei Schering.<br />
Denkbar sei auch eine Blockade<br />
des Leitsystems, das die Spermien<br />
benötigen, um den Weg zur Eizelle<br />
zu finden. Aktuellen Forschungsergebnissen<br />
zufolge funktioniere<br />
dieses System wie der Geruchssinn<br />
über olfaktorische Rezeptoren, die<br />
in der Spermienmembran lokalisiert<br />
sind <strong>und</strong> von Duftstoffen der<br />
Eizelle aktiviert werden.<br />
Es beginnen hier die Grenzen<br />
zwischen männlicher <strong>und</strong> weiblicher<br />
Verhütung zu verschwimmen.<br />
Denn das auf den Spermien »sitzende«<br />
Zielmolekül könnte sowohl im<br />
männlichen als auch erst im weiblichen<br />
Körper blockiert werden. Gut<br />
möglich, dass sich Paare in Zukunft<br />
die Frage stellen werden: »Nimmst<br />
du heute die Pille oder ich?« Das<br />
impliziert auch die Möglichkeit einer<br />
oralen Kontrazeption nach Bedarf<br />
– ein Konzept, das molekularbiologisch<br />
betrachtet keineswegs<br />
mehr utopisch erscheint. Realistischerweise<br />
muss man aber davon<br />
ausgehen, dass es noch zehn Jahre<br />
dauern wird bis zum ersten Verhütungsmittel<br />
mit molekularem Ansatz<br />
– nicht um die klassische Pille<br />
zu ersetzen, sondern um das Angebot<br />
an Möglichkeiten zur Familienplanung<br />
zu verbreitern. Und da die<br />
klassische Pille heute viel mehr bietet<br />
als einfach »nur« Kontrazeption,<br />
wird sie auch weiter von vielen Frauen<br />
geschätzt werden. Der zusätzliche<br />
Nutzen betrifft unter anderem<br />
die Inzidenzsenkung des Ovarial<strong>und</strong><br />
Endometriumkarzinoms um<br />
50 Prozent, die Senkung des Risikos<br />
für gutartige Brusterkrankungen,<br />
die Beseitigung von Zyklusunregelmässigkeiten<br />
oder die Verminderung<br />
schwerer Blutungen. Und für<br />
Frauen, für die die Pille keine ideale<br />
Option ist, wird die Zukunft andere<br />
Methoden bringen. AMK<br />
Schering International Press<br />
Forum on Research and Development,<br />
November 2004<br />
Spermien auf der Oberfläche<br />
einer Eizelle.<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
8<br />
THERAPIEFORUM<br />
Kein Pardon mit der TIA<br />
Verhindern Sie den Hirnschlag!<br />
Auch wenn die Symptome rasch wieder verschwinden –<br />
die Transitorische Ischämische Attacke (TIA) stellt immer<br />
einen Notfall dar. Eine intrakranielle Blutung muss<br />
zeitnah abgeklärt, ein Rezidiv verhindert werden.<br />
Die Kurzzeit-Prognose ist alarmierend:<br />
Innerhalb der ersten drei Tage<br />
nach einer Transitorischen Ischämischen<br />
Attacke (TIA) hat der Patient<br />
ein hohes Risiko für einen<br />
Hirnschlag bzw. eine erneute Ischämieattacke.<br />
Nach TIA besteht sogar<br />
ein höheres Rezidivrisiko als nach<br />
manifestem Hirnschlag. »TIA ist<br />
ein Instabilitätsindikator«, erklärte<br />
Privatdozent Dr. Matthias Sitzer<br />
von der Neurologischen Universitätsklinik<br />
in Frankfurt.<br />
Rechtzeitig Plättchen<br />
hemmen<br />
Zur diagnostischen Abklärung<br />
werden nach dem CT weitere Untersuchungen<br />
wie EKG, Echokardiographie,Duplexsonographie<br />
eingesetzt. Um weitere zereb-<br />
Über 3000 Patienten mit nicht<br />
kontrolliertem Asthma sämtlicher<br />
Schweregrade wurden über 52<br />
Wochen zweimal täglich mit Salmeterol/Fluticason<br />
(SF) oder Fluticason<br />
(F) behandelt. Die Dosis<br />
rale ischämische Ereignisse zu verhindern,<br />
ist eine Sek<strong>und</strong>ärprophylaxe<br />
erforderlich, etwa mit dem<br />
Thrombozytenfunktionshemmer<br />
Clopidogrel (Plavix®). Besonders<br />
Patienten mit hohem kardiovaskulärem<br />
Risiko (Z.n. Herzinfarkt<br />
oder Schlaganfall, bestehende<br />
pAVK, Diabetes) profitieren von<br />
dieser Therapie – <strong>und</strong> das umso<br />
stärker, je mehr Risikofaktoren<br />
vorliegen. Die relative Risikoreduktion<br />
ist unter Clopidogrel signifikant<br />
besser als unter Acetylsalicylsäure-Therapie.<br />
Die MATCH*-<br />
Studie, die sich der Prävention<br />
weiterer ischämischer Herz-Kreislauf-Ereignisse<br />
nach TIA oder<br />
Hirnschlag widmete, zeigte, dass<br />
der Zusatz von ASS zur Basistherapie<br />
mit Clopidogrel keinen Zu-<br />
Meilensteinstudie GOAL (Gaining Optimal Asthma Control)<br />
wurde so lange gesteigert, bis eine<br />
komplette Kontrolle oder die Maximaldosis<br />
von SF 50/500 bzw. F<br />
500 erreicht war. Nach einem Jahr<br />
war es bei 41 % der mit SF behandelten<br />
Patienten gelungen, das<br />
satznutzen bringt. Dagegen ist die<br />
Verträglichkeit alleiniger Clopidogrel-Gabe<br />
klar überlegen. BFU<br />
*Management of Atherothrombosis with<br />
Clopidogrel in High Risk Patients with<br />
Recent Transient Ischaemic Attack or<br />
Ischaemic Stroke<br />
Trendwende in der Asthma-Therapie<br />
Nachdem verschiedene Surveys die Schwachstellen<br />
der Asthmatherapie aufgedeckt haben – mit dem zu<br />
zögerlichen Einsatz inhalierbarer Kortikosteroide als<br />
entscheidendem Kritikpunkt – wurde mit der GOAL-<br />
Studie (Gaining Optimal Asthma Control) untersucht,<br />
was moderne Therapien leisten können.<br />
Optimaler Einsatz<br />
von Clopidogrel<br />
gemäss Prof. Dr. Heinrich<br />
Mattle, Neurologische<br />
Universitätsklinik, Inselspital<br />
Bern:<br />
• Clopidogrel bei zerebrovaskulären<br />
Patienten mit<br />
vorangegangenem Ereignis<br />
(Hirnschlag/TIA, Herzinfarkt),<br />
Diabetes oder zwei<br />
oder mehr Risikofaktoren<br />
(PAVK, Hypertonie, Hypercholesterinämie<br />
u.a.)<br />
• ASS bei niedrigem Risiko<br />
Asthma total unter Kontrolle zu<br />
bekommen <strong>und</strong> 71 % waren gut<br />
kontrolliert.<br />
Bisher hatten lediglich 5 % der<br />
Asthmatiker die strengen Kriterien<br />
der totalen Kontrolle erfüllt,<br />
die über das hinausgehen, was die<br />
GINA-Guidelines fordern. Patienten<br />
unter SF (Seretide ®) erreichten<br />
die totale Kontrolle rascher, zu<br />
einem höheren Prozentsatz <strong>und</strong><br />
mit niedrigerer ICS-Dosis als Patienten<br />
mit Fluticason-Monotherapie.<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
Diabetes eine kardiovaskuläre Erkrankung<br />
Hochdruckbehandlung eine<br />
wesentliche Säule<br />
Diabetiker haben ein zwei- bis dreifach höheres Risiko,<br />
eine Hypertonie zu entwickeln. Diabetiker mit Hypertonie<br />
neigen zudem extrem zu kardiovaskulären Komplikationen.<br />
Durch das hohe Risiko kann nicht auf Änderungen<br />
durch Lebensstil-Modifikationen gewartet werden, es<br />
muss parallel medikamentös interveniert werden.<br />
»Diabetes mellitus ist eine kardiovaskuläre<br />
Erkrankung! Die Behandlung<br />
des Hochdruckes ist<br />
eine wesentliche Säule in der Behandlung<br />
des Diabetes«, erklärte<br />
Prof. Dr. Karl Silberbauer, A.ö. KH<br />
der Barmherzigen Brüder, Eisenstadt.<br />
»Wesentlich ist, dass<br />
besonders beim Typ-2-Diabetes<br />
häufig eine isoliert systolische Hypertonie<br />
vorliegt. Nach r<strong>und</strong> zehn<br />
Jahren Diabetes sind etwa 80 Prozent<br />
der Menschen Hypertoniker.«<br />
Die Neigung zur koronaren<br />
Herzerkrankung, peripheren Verschlusskrankheit,<br />
Schlaganfall,<br />
Nephropathie <strong>und</strong> zur Retinopathie<br />
ist bei der Kombination von<br />
Diabetes <strong>und</strong> Hypertonie von<br />
überragender Bedeutung. Mit der<br />
Zunahme des systolischen Blutdruckes<br />
kommt es zu einer deutlichen<br />
Risikosteigerung. Kardiovaskuläre<br />
Komplikationen treten erhöht<br />
auf.<br />
Nutzen einer<br />
aggressiven Therapie<br />
»Diabetiker profitieren daher<br />
besonders von einer aggressiven<br />
Bludruck-senkung«, betonte Prof.<br />
Silberbauer. Damit ist eine Reduktion<br />
der kardiovaskulären Komplikationen<br />
verb<strong>und</strong>en, wie auch<br />
eine Verminderung der Progression<br />
der Nephropathie.<br />
Es konnte gezeigt werden, dass<br />
ein Unterschied von 4 mmHg an<br />
Senkung des diastolischen Blut-<br />
druckes bei Diabetikern zu einer<br />
Halbierung der kardiovaskulären<br />
Ereignisse führt, während bei<br />
Nicht-Diabetikern kein signifikanter<br />
Unterschied zu sehen ist.<br />
Prof. Silberbauer weiter: »Das bedeutet,<br />
dass Diabetiker besonders<br />
von einer Reduktion des Blutdruckes<br />
profitieren. Das gilt nicht nur<br />
für die gesamt-kardiovaskulären<br />
Ereignisse, sondern auch für den<br />
Myokardinfarkt <strong>und</strong> für die kardiovaskuläre<br />
Mortalität. Es zahlt sich<br />
aus, den Blutdruck des Diabetikers<br />
in den Normbereich zu senken!«<br />
Nutzen der<br />
Selbstmessung<br />
Empfehlungen für die exakte<br />
Diagnosestellung sind Selbstmessungen.<br />
Wenn sieben oder mehr<br />
von 30 Selbstmessungen über 135/<br />
85 mmHg liegen, spricht man von<br />
einer Hypertonie. Die assoziierten<br />
Risikofaktoren sollten ebenfalls erhoben<br />
werden. Eine Linksherzhypertrophie,<br />
Folge- <strong>und</strong> Begleiterkrankungen<br />
müssen erfasst werden.<br />
»Oft werden asymptomatische<br />
periphere arterielle Verschlusskrankheiten<br />
nicht erkannt.<br />
Daher empfiehlt sich beim Diabetiker<br />
auch immer der Pulsstatus.«<br />
Die Zielblutdruckwerte liegen unabhängig<br />
vom Alter unter 130/<br />
80 mmHg, bei diabetischer Nephropathie<br />
sollten sie sogar unter<br />
120/80 mmHg liegen.<br />
MEDIZIN<br />
Die Behandlung muss als multimodale<br />
Therapie erfolgen. »Eine<br />
Gewichtsreduktion von wenigen<br />
Kilogramm bewirkt beim Hochdruck-Diabetiker<br />
schon viel. Aber<br />
durch sein hohes Risiko kann<br />
nicht auf die Änderungen durch<br />
Lebensstilmodifikationen gewartet<br />
werden, es muss parallel medikamentös<br />
interveniert werden«,<br />
unterstreicht Prof. Silberbauer.<br />
Die Therapie wird mit einem<br />
ACE-Hemmer begonnen. Prof.<br />
Silberbauer:»Meist erzielt man<br />
bei den Patienten gute Erfolge<br />
durch eine Kombination von<br />
ACE-Hemmer mit einem Diuretikum<br />
oder einem AT1-Rezeptorblocker<br />
mit einem Diuretikum.<br />
Gut kombinieren kann man auch<br />
ACE-Hemmer mit Ca-Antagonisten.<br />
Weniger günstig ist Betablocker<br />
mit Diuretikum.« Zentrale<br />
Sympathikolytika empfehlen sich<br />
dann als zusätzliche Kombination,<br />
wenn der<br />
Patient therapierefraktär<br />
ist. AK<br />
Collegium Publicum<br />
»Non-Stop<br />
Revolution in der Diabetestherapie«,<br />
Oktober 2004<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 9
10<br />
THERAPIEFORUM<br />
Plädoyer für die<br />
Step-down-Therapie<br />
Pantoprazol bei bedarfsorienter Refluxtherapie<br />
Hocheffektiv <strong>und</strong> kostengünstig<br />
Was bei Hypertonie oder bakteriellen Infekten inakzeptabel ist, bietet sich bei den<br />
meisten Refluxpatienten als wirksames, sicheres <strong>und</strong> kostengünstiges Regime an: die<br />
bedarfsorientierte Behandlung. Der Protonenpumpeninhibitor Pantoprazol erweist<br />
sich dabei aus pharmakologischer <strong>und</strong> klinischer, aber auch wirtschaftlicher Sicht als<br />
besonders geeignet. Seit Anfang dieses Jahres ist er in Deutschland explizit für die<br />
»On-Demand-Therapie« zugelassen. In der Schweiz ist die Zulassung beantragt.<br />
Für die meisten Patienten mit Refluxkrankheit<br />
ist es längst gängige<br />
Praxis: Die Einnahme »ihres« Protonenpumpenhemmers<br />
(PPI) bei<br />
Bedarf. Seit der Asia Pacific Digestive<br />
Week 2003 wird das Konzept<br />
der PPI-Bedarfstherapie für die<br />
Mehrzahl der Patienten auch aus<br />
gastroenterologischer Sicht akzeptiert:<br />
Bei 80 der Patienten<br />
geeignet<br />
Es gilt bei nicht-erosiver Refluxkrankheit<br />
(NERD), aber auch<br />
bei leichter erosiver Refluxösophagitis,<br />
sprich Schweregrad 0 <strong>und</strong> 1<br />
nach Savary Miller oder Schweregrad<br />
A nach der Los-Angeles-Klassifikation,<br />
als Therapie der Wahl.<br />
Antazidum – H2-Blocker – PPI niedrig dosiert – PPI<br />
hoch dosiert: Dieses Konzept der Step-up-Therapie<br />
gilt bei Reflux als überholt.<br />
»Es hat sich das Prinzip der Step-down-Therapie mit<br />
hoher Medikamentengabe durchgesetzt«, erläuterte<br />
Professor Dr. Theo Scholten. Nach seinen Worten<br />
bedeutet das:<br />
• Therapiebeginn mit hochdosierten PPI<br />
• Reduktion der PPI-Dosis<br />
• PPI Bedarfstherapie<br />
Die Vorteile liegen laut Prof. Scholten in einer<br />
schnelleren Heilung <strong>und</strong> Schmerzbefreiung, einer<br />
kurzen Therapiedauer, niedrigeren Kosten sowie<br />
einer hohen Patientenzufriedenheit.<br />
Damit ist die Bedarfstherapie laut<br />
Dr. Roland Ott, Gastroenterologe<br />
in München, für etwa 80 % der<br />
therapiepflichtigen Refluxpatienten<br />
geeignet.<br />
Als unabdingbare Forderungen<br />
an eine bedarfsorientierte<br />
Therapie nannte Professor Dr.<br />
Theo Scholten, Allgemeines Krankenhaus<br />
Hagen, schnelle Wirksamkeit,<br />
rasche Symptombefreiung<br />
<strong>und</strong> ein minimiertes Interaktionsrisiko,<br />
insbesondere bei multimorbiden<br />
Patienten. Mit Pantoprazol<br />
(Pantozol®) für die Ondemand-Therapie<br />
ist dies möglich:<br />
Dieser PPI besitzt eine sehr<br />
hohe Bioverfügbarkeit bereits am<br />
ersten Tag <strong>und</strong> bindet besonders<br />
intensiv <strong>und</strong> lange an die Protonenpumpe.<br />
Dies sorgt für eine<br />
schnelle Schmerzlinderung. Zudem<br />
ist das Risiko von Interaktionen<br />
niedrig, da Pantoprazol im<br />
Gegensatz zu anderen PPIs eine<br />
sehr geringe Affinität zum hepatischenCytochrom-P-450-Enzymsystem<br />
besitzt. Dr. Ott verwies<br />
zudem darauf, dass die Einnahme<br />
von Pantoprazol auf Gr<strong>und</strong> der<br />
vergleichsweise kleinen Tabletten<br />
besonders einfach ist – ein günstiger<br />
Aspekt für die Compliance.<br />
Zwei klinische Studien machten<br />
nun die Relevanz dieser Parameter<br />
in der Bedarfstherapie deutlich.<br />
So behandelte die Arbeitsgruppe<br />
um Prof. Scholten Patienten<br />
mit nachgewiesener erosiver<br />
Refluxösophagitis der Schweregrade<br />
0 <strong>und</strong> 1 nach Savary Miller über<br />
einen Monat mit Pantoprazol<br />
20 mg pro Tag. Beschwerdefreie<br />
Patienten wurden dann randomisiert<br />
mit Pantoprazol 40 mg, Pantoprazol<br />
20 mg oder Plazebo über<br />
weitere sechs Monate bedarfsorientiert<br />
therapiert. Die Beschwerdesymptomatik,<br />
ermittelt anhand<br />
eines Scoresystems, ging unter<br />
Pantoprazol signifikant auf 2,72<br />
zurück, unter Plazebo dagegen<br />
lediglich auf 3,93.<br />
Interaktionsrisiko<br />
nur sehr niedrig<br />
Als »eindrucksvoll« bezeichnete<br />
Prof. Scholten auch die Patientenzufriedenheit<br />
in der Pantoprazolgruppe<br />
mit über 97 %. Die<br />
Drop-out-Rate unter Plazebo lag<br />
dagegen bei 11 %.<br />
Ähnlich die Ergebnisse einer<br />
weiteren Studie, in der Patienten<br />
mit Refluxkrankheit (Schweregrad<br />
0 <strong>und</strong> 1) bedarfsorientiert mit<br />
Pantoprazol 20 mg (n = 175) oder<br />
Plazebo (n = 182) behandelt wurden.<br />
Hier lag die Patientenzufriedenheit<br />
bei 96 %, die Drop-out-<br />
Rate unter Plazebo bei 12 %.<br />
Wichtigstes Ergebnis: Der<br />
mittlere Tablettenverbrauch reduzierte<br />
sich um ca. 70 %. Die Patienten<br />
benötigten im Durchschnitt<br />
nur jeden dritten Tag eine Tablette<br />
Pantoprazol (0,33 Tabletten/Tag).<br />
Gleichzeitig ging der Verbrauch an<br />
Antazida, die als Begleitmedikation<br />
zugelassen waren, signifikant<br />
zurück. »Also ein hocheffektives,<br />
kostengünstiges Therapiekonzept«,<br />
so die Interpretation von<br />
Prof. Scholten.<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
12<br />
FLASHLITE I<br />
77. Jahreskongress der American Heart Association in New Orleans,<br />
7. bis 10. November 2004<br />
Gegen den Vertrauensschw<strong>und</strong><br />
in der Kardiologie<br />
»Vertrauen ist etwas Dynamisches, es ist zerbrechlich <strong>und</strong> verletzlich. Es kann<br />
beschädigt werden, es lässt sich allerdings auch wiederherstellen«, stellte Dr. Alice<br />
K. Jacobs, Präsidentin der American Heart Association in ihrer Ansprache zur Eröffnung<br />
der Jahrestagung 2004 der American Heart Association in New Orleans fest.<br />
Um Vertrauen zu bewahren oder<br />
zurückzugewinnen, gehören technische<br />
Kompetenz, interpersonelle<br />
Kompetenz im Sinne von Empathie<br />
sowie der Einsatz als Anwalt des<br />
Patienten. Schliesslich forderte die<br />
Präsidentin wirksame Regeln, an<br />
Die im Jahr 2001 publizierten<br />
Richtlinien zur Behandlung der<br />
Hypercholesterinämie mussten<br />
aufgr<strong>und</strong> aktueller Studienresultate<br />
bereits wieder revidiert werden<br />
– <strong>und</strong> zwar nach unten. Professor<br />
Dr. Antonio M. Gotto aus<br />
New York gab einen kurzen Einblick<br />
in die neuen Empfehlungen.<br />
Die erst kürzlich publizierten<br />
signifikant günstigen Resultate<br />
von Studien zur aggressiven Lipidsenkung<br />
bei Patienten mit erhöhtem<br />
kardiovaskulärem Risiko veranlassten<br />
die Lipidspezialisten zu<br />
schnellem Handeln. Die<br />
beispielsweise in den Statin-Studien<br />
REVERSAL (The Reversal of<br />
Atherosclerosis with Aggressive Lipid<br />
Lowering), HPS(Heart Protection<br />
Study), CARDS (The Collaborative<br />
Atorvastatin Diabetes<br />
Study) oder PROVE IT (Pravastatin<br />
or Atorvastatin Evaluation and<br />
Infection Therapy) erzielte relative<br />
Risikoreduktion für kardiovaskuläre<br />
Ereignisse bei stark reduzierten<br />
LDL-Cholesterinwerten<br />
war zu eindrücklich, um nicht unmittelbar<br />
in den aktuellen Thera-<br />
die sich Forscher <strong>und</strong> Sponsoren<br />
halten müssten. Nur so könne die<br />
Öffentlichkeit sicher sein, dass die<br />
durchaus legitimen Beziehungen<br />
zwischen Forschung <strong>und</strong> Industrie<br />
niemals die Sicherheit der Probanden<br />
<strong>und</strong> Studienteilnehmer gefähr-<br />
pieempfehlungen Niederschlag zu<br />
finden, meint Prof. Gotto. Die<br />
Überarbeitung der NCEP/ATPIII-<br />
Richtlinien wurde von einer Arbeitsgruppe<br />
des National Cholesterol<br />
Education Programs (NCEP)<br />
vorgenommen <strong>und</strong><br />
zwischenzeitlich vom amerikanischen<br />
National Heart, Lung and<br />
Blood Instititute, dem American<br />
College of Cardiology <strong>und</strong> der<br />
American Heart Association angenommen<br />
<strong>und</strong> unterstützt.<br />
»Neue Epoche«<br />
»Mit der Freigabe dieses Berichts<br />
sind wir in eine neue Epoche<br />
der lipidsenkenden Therapie<br />
eingetreten <strong>und</strong> werden nicht länger<br />
von der Frage verfolgt, ob Cholesterinsenkung<br />
koronare Herzkrankheiten<br />
verhindert«, betonte<br />
Prof. Gotto. Die heute aktuelle<br />
Frage laute dagegen: »Wie tief sollten<br />
wir gehen?«<br />
Gemäss den aktualisierten<br />
Richtlinien sollten Ärzte für Patienten<br />
mit sehr hohem kardiovaskulärem<br />
Risiko einen LDL-Cholesterinwert<br />
von unter 1,8 mmol/l<br />
den. Wenn sich alle Beteiligten daran<br />
halten, könne es gelingen, dass<br />
die Teilnehmer der Jahrestagung<br />
nicht nur mit neuem Wissen <strong>und</strong><br />
Daten zurückkehrten, sondern<br />
auch, die Vertrauensbasis zu ihren<br />
Patienten neu zu errichten.<br />
Bei Risikopatienten Lipide noch tiefer senken<br />
(70 mg/dl) ins Auge fassen. In diese<br />
Kategorie fallen Personen mit<br />
etablierter Herz-Kreislauf-Krankheit<br />
sowie zusätzlich:<br />
• multiplen anderen kardialen<br />
Risikofaktoren, insbesondere<br />
Diabetes mellitus,<br />
• ernsthaften <strong>und</strong> schlecht<br />
kontrollierten anderen<br />
Risikofaktoren,<br />
• multiplen Risikofaktoren des<br />
metabolischen Syndroms,<br />
• akutem Koronarsyndrom.<br />
Dieser tiefere Zielwert von unter<br />
1,8 mmol/l (70 mg/dl) kann<br />
ausserdem für Patienten, die trotz<br />
LDL-Werten von unter 2,6 mmol/l<br />
(100 mg/dl) ein hohes Risiko fahren,<br />
angemessen sein.<br />
Für Patienten mit mittlerem<br />
kardiovaskulärem Risiko werden in<br />
den Richtlinien nach wie vor LDL-<br />
Zielwerte von unter 3,4 mmol/l<br />
(130 mg/dl) empfohlen, obwohl<br />
Ärzte auf der Gr<strong>und</strong>lage der neuen<br />
Studien besser noch tiefere Zielwerte<br />
(
Antihypertensivum bringt Atherosklerose<br />
zum Stillstand<br />
»Wir können heute zum ersten<br />
Mal sagen, dass Amlodipin die<br />
Progression der Atherosklerose<br />
aufhält.« Mit diesen Worten fasste<br />
Professor Dr. Steven E. Nissen aus<br />
Cleveland die Resultate der CA-<br />
MELOT-Studie zusammen. In der<br />
kontrollierten Vergleichsstudie<br />
wurde den Patienten zur unmittelbaren<br />
Erfassung des klinischen Effektes<br />
der Prüfarznei mittels intravaskulärem<br />
Ultraschall in die Koronargefässe<br />
geschaut.<br />
Haupttodesursache<br />
in den Industrienationen<br />
Nach wie vor stellen Herz-<br />
Kreislauf-Krankheiten <strong>und</strong> die koronare<br />
Herzkrankheit in den Industrienationen<br />
die Haupttodesursache<br />
dar. Offen ist unter anderem<br />
die Frage des optimalen Einsatzes<br />
von Antihypertensiva. Vor<br />
diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde vor<br />
fünf Jahren eine randomisierte<br />
Doppelstudie gestartet: CAME-<br />
LOT (Comparison of Amlodipin<br />
versus Enalapril to Limit Occurrences<br />
of Thrombosis), gefolgt<br />
von NORMALISE (Norvasc for<br />
Regression of Manifest Atherosclerotic<br />
Lesions by Intravascular<br />
Sonographic Evaluation). ).<br />
In CAMELOT wurden 1991<br />
normotensive Patienten mit symptomatischer<br />
KHK <strong>und</strong> abnormem<br />
Koronarangiogramm zusätzlich<br />
zur Standardtherapie (Statin, ASS,<br />
Diuretikum, Betablocker oder Al-<br />
Fortsetzung von Seite 12<br />
faktoren <strong>und</strong> einem Zehn-Jahres-<br />
Koronar-Risiko von 10 bis 20 %.<br />
»Die Umsetzung der neuen<br />
Empfehlungen für Patienten mit<br />
sehr hohem <strong>und</strong> mittlerem Risiko<br />
erfordern eine medikamentöse<br />
Senkung des LDL-Cholesterins<br />
um 30 bis 40 %«, erklärte Prof.<br />
Gotto. Der bekannte Experte versäumte<br />
aber nicht zu ergänzen,<br />
dass es in der Praxis keineswegs<br />
phablocker) mit täglich 10 mg Amlodipin,<br />
20 mg Enalapril oder Plazebo<br />
behandelt. 274 der 1991 Patienten<br />
aus CAMELOT beendeten<br />
auch die Folgestudie NORMALI-<br />
SE. Hier wurde mittels intravaskulärer<br />
Ultraschalluntersuchung<br />
(IVUS) der Effekt der Arzneitherapie<br />
auf die Koronargefässe geprüft.<br />
»Wir messen das Plaquevolumen<br />
in den Koronararterien <strong>und</strong> errechnen<br />
nach einer mathematischen<br />
Formel den Flächenanteil der Arterie,<br />
der von Plaques bedeckt ist«,<br />
erklärte Prof. Nissen die Methodik<br />
dieser neuen Technologie.<br />
Wie der Experte erklärte,<br />
konnten nach zweijähriger Beobachtungszeit<br />
in der CAMELOT-<br />
Studie folgende Resultate dokumentiert<br />
werden: Sowohl Amlodipin<br />
als auch Enalapril bewirkten<br />
eine Senkung des Blutdrucks um<br />
5 mmHg systolisch <strong>und</strong><br />
2,5 mmHg diastolisch. Unter Plazebo<br />
wurde ein Anstieg um 0,7<br />
bzw. 0,6 mmHg verzeichnet. Die<br />
Anzahl an kardiovaskulären Ereignissen<br />
betrug unter Plazebo 151<br />
(23,1 %), unter Enalapril 136<br />
(20,2 %) <strong>und</strong> unter Amlodipin<br />
110 (16,6 %). Das entspricht einer<br />
statistisch signifikanten relativen<br />
Risikoreduktion von 30,9 % für<br />
Amlodipin verglichen mit Plazebo<br />
(p=0,003) <strong>und</strong> einer absoluten Risikoreduktion<br />
um 6,5 %. Die relative<br />
Risikoreduktion in der Enalaprilgruppe<br />
war mit 15,3 % gegen-<br />
leicht sein wird, diese neuen Zielwerte<br />
zu erreichen.<br />
Die Therapieempfehlungen<br />
für Personen der tieferen Risikogruppen<br />
bleiben die gleichen, wie<br />
in den 2001 publizierten Richtlinien.<br />
Ein LDL-Wert von unter<br />
2,6 mmol/l (100 mg/dl) ist, wie<br />
der Experte Prof. Gotto abschliessend<br />
betonte, »optimal für alle<br />
Patienten.«<br />
FLASHLITE I<br />
über Plazebo nicht<br />
statistisch signifikant<br />
(p=0,16).<br />
Während der Nutzen<br />
der Amlodipintherapie<br />
sich<br />
frühzeitig im Verlauf<br />
zeigte, begann<br />
der Effekt des<br />
ACE-Hemmers erst nach etwa<br />
sechzehn Monaten sichtbar zu<br />
werden, erklärte Prof. Nissen.<br />
Als klinisch signifikant erwies<br />
sich in CAMELOT die Reduktion<br />
der Hospitalisierungen wegen Angina<br />
pectoris durch Amlodipin um<br />
42 % verglichen mit Plazebo, während<br />
die Hospitalisierungsrate nach<br />
24 Monaten 7,9 % für Amlodipin<br />
betrug, wurden für Enalapril<br />
13,1 % dokumentiert. Revaskularisierung<br />
war in der Amlodipingruppe<br />
bei 11,4 % der Patienten erforderlich,<br />
unter Enalapril bei 14,1 %<br />
<strong>und</strong> unter Plazebo bei 15,7 %.<br />
IVUS bestätigt Stillstand<br />
Eine Gruppe von 274 Patienten<br />
der CAMELOT-Studie wurde bei<br />
identischem dreiarmigem Studiendesign<br />
zu Studienbeginn <strong>und</strong><br />
am Ende der medikamentösen Intervention<br />
mittels IVUS evaluiert<br />
(NORMALISE-Studie). Primärer<br />
Endpunkt war hier die prozentuale<br />
Veränderung der Atherommasse.<br />
Wie Prof. Nissen erklärte, zeigte<br />
sich unter Plazebo im Verlauf der<br />
Studie eine signifikante Progression<br />
der Atherosklerose, unter Enalapril<br />
ein Trend zur Progression,<br />
<strong>und</strong> unter Amlodipin kam der<br />
atherosklerotische Prozess zum<br />
Stillstand.<br />
Es ist bisher offen, wie dieser<br />
Effekt von Amlodipin bei KHK-<br />
Patienten mit »normalem« Blutdruck<br />
zustande kommt. Die Vermutungen<br />
gehen unter anderem in<br />
Richtung einer antiischämischen<br />
Wirkung des Kalziumantagonisten.<br />
Zudem könnte das Ausmass der<br />
systolischen Blutdrucksenkung mit<br />
eine Rolle gespielt haben.<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 13
Schlafprobleme bei depressiven Patienten<br />
Schlafzimmer nur zum Schlafen<br />
Die Beziehungen zwischen Depression <strong>und</strong> Schlaflosigkeit<br />
sind eng <strong>und</strong> komplex. Wie Schlafstörungen <strong>und</strong> Depressionen<br />
gleichzeitig wirksam behandelt werden können,<br />
erläuterte Dr. Thomas Roth, Henry Ford Hospital, Detroit.<br />
In der Allgemeinbevölkerung ist<br />
bei 10 % der Erwachsenen mit<br />
chronischer Insomnie zu rechnen.<br />
Bei der Hälfte aller Patienten, die<br />
an Schlafstörungen leiden, kann<br />
zusätzlich eine psychiatrische Diagnose<br />
gestellt werden. Besonders<br />
häufig klagen depressive Patienten<br />
über Schlafstörungen.<br />
Schlafdefizite (hauptsächlich<br />
Früherwachen) oder umgekehrt,<br />
vermehrter Schlaf gehören zu den<br />
typischen Symptomen der Depression.<br />
Üblicherweise wird angenommen,<br />
dass die Schlafstörungen<br />
durch die Depression verursacht<br />
werden <strong>und</strong> dass die Depressionsbehandlung<br />
auch die Schlafstörungen<br />
zum Verschwinden bringt.<br />
Zu viel Cortisol?<br />
Bei Verwendung sedierender<br />
Antidepressiva ist dies auch tatsächlich<br />
der Fall, etwa mit den<br />
trizyklischen Antidepressiva Amitriptylin<br />
oder Doxepin, mit dem<br />
tetrazyklischen Antidepressivum<br />
Mianserin, mit dem SARI Trazodon<br />
(Serotonin-2A-Antagonist/<br />
Reuptake Inhibitor) oder mit dem<br />
NASSA Mirtazapin (noradrenerges<br />
<strong>und</strong> spezifisch serotonerges<br />
Antidepressivum).<br />
Da aber Depressionen häufig<br />
mit SSRIs behandelt werden,<br />
bleibt die Schlafstörung oft unbeeinflusst,<br />
obschon die Therapie<br />
bezüglich der Stimmungsstörung<br />
erfolgreich ist.<br />
Es stellt sich deshalb die Frage,<br />
ob vielleicht die Schlafstörung<br />
nicht durch die Depression verursacht<br />
wird, sondern Depression<br />
<strong>und</strong> Schlafstörung auf eine ge-<br />
meinsame Störungsursache zurückzuführen<br />
sind. Diese gemeinsame<br />
Ursache wurde in Funktionsstörungen<br />
im Bereich der Stressachse<br />
geortet. Eine Überaktivität<br />
der Hypothalamus-Hypophysen-<br />
Nebennierenrindenachse bewirkt<br />
eine vermehrte Cortisolausschüttung<br />
sowohl bei Depressiven als<br />
auch bei Insomniepatienten.<br />
Die fünf wichtigsten Risikofaktoren<br />
für Schlafstörungen sind:<br />
• Alter<br />
• weibliches Geschlecht (Prävalenz<br />
Frauen : Männer = 2:1)<br />
• psychische Erkrankung<br />
• physische Erkrankung<br />
• Schicht- <strong>und</strong> Nachtarbeit<br />
Bestehende Schlafstörungen<br />
erhöhen wiederum das Risiko, an<br />
einer Depression zu erkranken. Insomnie<br />
verfünffacht innerhalb<br />
von 3½ Jahren das Risiko, depressiv<br />
zu werden. Dr. Roth: »In einer<br />
neuen Studie gaben Insomniepatienten<br />
mit zusätzlicher Depression<br />
in 41 % an, dass die Schlafstörung<br />
der Depression vorausging.«<br />
Nur bei 29 % trat zuerst die Depression<br />
auf. Angststörungen machen<br />
sich dagegen in der Regel vor<br />
der Insomnie bemerkbar.<br />
Zu früh hellwach gibt<br />
heisse Spur<br />
Früherwachen gilt als deutlicher<br />
Hinweis auf eine zu Gr<strong>und</strong>e<br />
liegende Depression. Die Auffälligkeiten<br />
im Schlaf-EEG von depressiven<br />
Patienten sind recht spezifisch:<br />
• Verkürzung der REM-Latenz<br />
(normalerweise beginnt die<br />
erste REM-Schlafphase nach ca.<br />
90 Minuten)<br />
THERAPIEFORUM<br />
• Verschiebung des REM-Schlafs<br />
in die erste Nachthälfte<br />
• Verlust der normalen Zunahme<br />
der REM-Phasenlänge<br />
• mehr <strong>und</strong> intensivere Augenbewegungen<br />
• verminderte totale Schlafdauer<br />
• weniger Tiefschlafphasen<br />
Auch bei depressiven Patienten<br />
sollte auf eine gute Schlafhygiene<br />
geachtet werden. Hilfreich ist die<br />
Regelmässigkeit. Die Patienten<br />
sollten also immer abends zur<br />
gleichen Zeit zu Bett gehen <strong>und</strong><br />
morgens zur gleichen Zeit aufstehen.<br />
Das Schlafzimmer sollte nur<br />
zum Schlafen <strong>und</strong> für Sex benutzt<br />
werden.<br />
Bei einigen Patienten, deren<br />
Depression erfolgreich mit einem<br />
SSRI behandelt wird, ist eine zusätzliche<br />
medikamentöse Behandlung<br />
der Insomnie unumgänglich.<br />
Bei Patienten, deren Depression<br />
gut auf ein SSRI (Fluoxetin, Paroxetin,<br />
Sertralin) ansprach, die aber<br />
an persistierender Insomnie litten,<br />
konnten in einer randomisierten,<br />
plazebokontrollierten Doppelblindstudie<br />
mit dem Nicht-Benzodiazepin-Schlafmittel<br />
Zolpidem<br />
(Stilnox®) gute Behandlungsresultate<br />
erzielt werden.<br />
Im Vergleich zu Plazebo (96<br />
Patienten) verbesserte die vierwöchige<br />
Behandlung mit Zolpidem<br />
(10 mg) bei 94 Patienten signifikant<br />
die Schlafqualität, verlängerte<br />
die totale Schlafdauer <strong>und</strong> reduzierte<br />
die Zahl der Aufwachepisoden.<br />
Zolpidem wirkt als selektiver<br />
Agonist an der Alpha-1-Untereinheit<br />
des GABA-A-Rezeptorkomplexes.<br />
In üblicher Dosierung<br />
wirkt es deshalb nur hypnotisch,<br />
ohne zusätzliche antikonvulsive,<br />
muskelrelaxierende oder anxiolytische<br />
Wirkkomponenten. AL<br />
Symposium von Sanofi-Synthélabo beim<br />
24. Collegium Internationale Neuro-<br />
Psychopharmacologicum in Paris, 2004<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 15
18<br />
LITERATURSERVICE<br />
Stress-Inkontinenz ist heilbar<br />
So dichtet Training die Blase ab<br />
Frauen mit Stressinkontinenz<br />
profitieren von einem Training<br />
der Beckenbodenmuskulatur.<br />
Offensichtlich tragen verschiedene<br />
Wirkmechanismen<br />
zum Erfolg bei.<br />
Beckenbodentraining gilt für Patientinnen<br />
mit Stressinkontinenz als<br />
Therapie erster Wahl. Verschiedene<br />
Studien belegen, dass man damit<br />
die Inkontinenz in 44 bis 69 %<br />
heilen kann, schreibt Kari Bo von<br />
der Norwegian University of Sport<br />
and Physical Education, Oslo, im<br />
»International Urogynecology<br />
Journal«. Inkontinenz-Patientinnen<br />
lernen, unmittelbar vor einer<br />
körperlichen Belastung den<br />
Beckenboden zu kontrahieren <strong>und</strong><br />
die Spannung während der Belastung<br />
beizubehalten. So wird ein<br />
Deszensus der Harnröhre <strong>und</strong> des<br />
Blasenbodens verhindert, die Muskulatur<br />
zieht sich um die Harnröhre<br />
zusammen, <strong>und</strong> unwillkürlicher<br />
Drei Wirk-<br />
Theorien<br />
1. Die Patientinnen lernen,<br />
ihren Beckenboden vor einer<br />
Erhöhung des intraabdominellen<br />
Drucks bewusst zu<br />
kontrahieren<br />
2. Krafttraining erhöht das<br />
Muskelvolumen, was<br />
zu einer strukturellen Unterstützung<br />
des Beckenbodens<br />
führt.<br />
3. Bauchmuskeltraining<br />
kräftigt indirekt auch<br />
den Beckenboden.<br />
Harnabgang wird gestoppt. Eine<br />
randomisierte kontrollierte Studie<br />
<strong>und</strong> anatomische Untersuchungen<br />
bestätigten den Erfolg.<br />
Training kräftigt<br />
Beckenbodenmuskulatur<br />
Aber nicht nur das aktuelle<br />
Kneifen hält den Urin zurück, ein<br />
intensives Training kräftigt die Beckenbodenmuskulatur<br />
auch dauerhaft,<br />
wie verschiedene qualitativ<br />
hochwertige Studien belegen. Die<br />
Levatormuskulatur wird angehoben<br />
<strong>und</strong> der Beckenboden gestrafft.<br />
In einer Studie konnte anhand<br />
von Ultraschalluntersuchungen<br />
gezeigt werden, dass das Muskelvolumen<br />
durch Beckenbodentraining<br />
signifikant zunimmt.<br />
Manche Autoren postulieren,<br />
dass der Beckenboden indirekt<br />
durch Bauchmuskeltraining gestärkt<br />
werden kann, weil die anatomischen<br />
Strukturen, die Bauch<strong>und</strong><br />
Beckenorgane umgeben,<br />
miteinander in Verbindung stehen<br />
<strong>und</strong> es zu Ko-Kontraktionen der<br />
Beckenbodenmuskulatur kommt,<br />
wenn z.B. der M. transversus abdominis<br />
angespannt wird. Solche<br />
Ko-Kontraktionen wurden bisher<br />
allerdings nur in experimentellen<br />
Studien mit ges<strong>und</strong>en Probanden<br />
nachgewiesen.<br />
Für optimale Wirkung<br />
regelmässig üben<br />
Nach aktueller Datenlage sollte<br />
ein optimales Beckenbodentraining<br />
stressinkontinenten Frauen<br />
vermitteln, wie sie vor einer Erhöhung<br />
des intraabdominellen<br />
Drucks ihre Beckenbodenmuskeln<br />
zusammenkneifen können.<br />
Darüber hinaus ist regelmässiges<br />
Krafttraining der Beckenbodenmuskeln<br />
notwendig. Im Idealfall<br />
reagieren die Muskeln dann auf<br />
eine Erhöhung des intraabdominellen<br />
Drucks automatisch – wie<br />
bei kontinenten Frauen. AW<br />
Kari Bo, Int Urogynecol J 2004; 15: 76 – 84<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
20<br />
THERAPIEFORUM<br />
Knochenfestigkeit <strong>und</strong> Frakturresistenz bei Osteoporose<br />
Vorteile eines niederaffinen<br />
Bisphosphonats<br />
Die Stabilität des Knochens hängt von seiner strukturellen<br />
<strong>und</strong> materiellen Beschaffenheit ab. Risedronat<br />
bewahrt diese Knocheneigenschaften <strong>und</strong> senkt das<br />
Risiko vertebraler <strong>und</strong> extravertebraler Frakturen.<br />
Inzwischen ist gut belegt, dass die<br />
Zunahme der Knochenmineraldichte<br />
unter der Therapie nur zu<br />
r<strong>und</strong> einem Drittel für die Reduktion<br />
des Frakturrisikos verantwortlich<br />
ist. Laut Prof. Dr. Robert Linsay,<br />
New York, senken antiresorptive<br />
Medikamente vor allem die Remodelling-Rate<br />
<strong>und</strong> erhalten die<br />
Knochenstruktur. So reduziert das<br />
Bisphosphonat Risedronat (Actonel®)<br />
die Remodelling-Rate des<br />
Knochens um etwa 50 %, ohne sie,<br />
wie der Experte betonte, vollständig<br />
zu unterdrücken. Somit bleiben<br />
Reparaturprozesse unter der<br />
Therapie auch weiterhin möglich.<br />
Dass Risedronat die Knochenstruktur<br />
tatsächlich verbessert,<br />
wurde in Knochenbiopsien nachgewiesen,<br />
die man Osteoporosepatientinnen<br />
zu Therapiebeginn<br />
<strong>und</strong> ein Jahr danach entnahm. In<br />
der Plazebogruppe nahmen sowohl<br />
Volumen als auch die Anzahl<br />
der Trabekel <strong>und</strong> der Querverbindungen<br />
kontinuierlich ab. Dagegen<br />
zeigte sich in der Risedronatgruppe,<br />
dass das Bisphosphonat<br />
Veränderung in %<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
-6<br />
-8<br />
*<br />
*p = 0,034<br />
vs Baseline<br />
A Trabekelvolumen<br />
p = 0,25<br />
vs Baseline<br />
den Abbau gestoppt <strong>und</strong> die Mikroarchitektur<br />
des Knochens erhalten<br />
hatte (siehe Abbildung). Wenn<br />
man nur eine geringe Massenzunahme<br />
erreiche, diese aber an kritischen<br />
Stellen des ossären Netzwerks<br />
stattfinde, dann könne man<br />
damit einen effektiven Frakturschutz<br />
erreichen, erklärte Linsay.<br />
Materialeigenschaften<br />
des Knochens bewahrt<br />
Ausserdem bewahrt Risedronat<br />
die Materialeigenschaften des<br />
Knochens, insbesondere die Grösse<br />
der Mineralkristalle <strong>und</strong> das<br />
Kollagennetzwerk. Das lässt darauf<br />
schliessen, dass das Bisphosphonat<br />
zusätzlich zu seinem intrazellulären<br />
Effekt auch extrazelluläre<br />
Prozesse modifiziert. Die Verbesserung<br />
der strukturellen <strong>und</strong><br />
materiellen Eigenschaften des<br />
Knochens durch Risedronat führen<br />
letztendlich zu der in verschiedenen<br />
Studien nachgewiesenen<br />
Reduktion morphometrischer<br />
Wirbelkörperfrakturen um 55 bis<br />
60 %. Die Risikoreduktion setzt<br />
Vergleich zwischen<br />
den Gruppen<br />
p = 0,011<br />
Plazebo<br />
Risedronat<br />
Trabekel pro mm<br />
0,1<br />
0,05<br />
0<br />
-0,05<br />
-0,1<br />
-0,15<br />
-0,2<br />
-0,25<br />
bereits drei Monate nach Therapie<br />
ein <strong>und</strong> hält neusten Daten zufolge<br />
mindestens sieben Jahre an.<br />
Die einzelnen Bisphosphonate<br />
unterscheiden sich pharmakologisch,<br />
<strong>und</strong> das ist nach Worten von<br />
Prof. Dr. Pierre Delmas, Lyon, klinisch<br />
bedeutsam. Ihre Wirksamkeit<br />
hängt nicht nur von den Effekten<br />
auf die Osteoklasten ab,<br />
sondern auch von ihrer Affinität<br />
zum Knochenmineral. Niederaffine<br />
Bisphosphonate (Risedronat<br />
<strong>und</strong> Ibandronat) werden initial<br />
langsamer in das Knochengewebe<br />
aufgenommen, schneller wieder<br />
freigesetzt <strong>und</strong> akkumulieren<br />
kaum. Hochaffine Substanzen wie<br />
Alendronat <strong>und</strong> Zoledronat haben<br />
einen hohen initialen Uptake <strong>und</strong><br />
zeigen eine starke Langzeitakkumulation.<br />
Die unterschiedlich<br />
starke Akkumulation erklärt auch<br />
das unterschiedliche Ausmass, mit<br />
dem die einzelnen Substanzen den<br />
Turnover unterdrücken. Die Tendenzen<br />
zur Akkumulation sollten<br />
vor allem im Hinblick auf die<br />
Therapiesicherheit beachtet werden,<br />
riet Delmas. Abdol A. Ameri<br />
Satellitensymposium „Bone Strength<br />
and Fracture Resistance in<br />
osteoporosis“(Veranstalter: Aventis) im<br />
Rahmen des 31st European Symposium<br />
on Calcified Tissues, Nizza, 6. Juni 2004<br />
B Trabekelzahl<br />
p = 0,052<br />
vs Baseline<br />
Abb.: Risedronat erhält das Volumen (A) <strong>und</strong> die Anzahl (B) der Trabekel nach einem Jahr [nach: Dufresne et al., 2003<br />
p = 0,27<br />
vs Baseline<br />
Vergleich zwischen<br />
den Gruppen<br />
p = 0,01<br />
Plazebo<br />
Risedronat<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
Kannte man bis jetzt meist Magersucht,<br />
Bulimie <strong>und</strong> andere Ess-<br />
Störungen als typisches Krankheitsbild<br />
bei jüngeren Frauen, sind<br />
jetzt auch immer mehr Frauen in<br />
der zweiten Lebenshälfte von Ess-<br />
Störungen betroffen.<br />
Bei Recherchen für ihr Buch<br />
»Der Traum von der jungen Figur«<br />
hat Kathrin Seyfahrt, Selbsthilfezentrum<br />
»Münchner Essr<strong>und</strong>e«,<br />
ausführliche Gespräche mit<br />
Frauen in der Lebensmitte geführt,<br />
viele litten unter den körperlichen<br />
Veränderungen <strong>und</strong><br />
suchten verzweifelt nach Möglichkeiten,<br />
ihre Jugendlichkeit zu behalten.<br />
Schönheitsideale dem<br />
Wandel unterworfen<br />
Ein kurzer Rückblick zeigt<br />
deutlich, wie sich die Schönheitsideale<br />
im Laufe der Zeit wandelten:<br />
Während im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Korpulenz als Zeichen von Wohlstand<br />
galt <strong>und</strong> daher positiv bewertet<br />
wurde, hat sich mit dem<br />
Ansteigen des Nahrungsangebotes<br />
<strong>und</strong> den Möglichkeiten der Lebensmitteltechnologie<br />
das heutige<br />
Ideal stark verändert. Obwohl der<br />
Körper heute zwar generell enorme<br />
Beachtung erfährt, lässt gleichzeitig<br />
das subjektive Körpergefühl<br />
<strong>und</strong> damit auch die Intuition, was<br />
Neue Risikogruppe für Ess-Störungen<br />
MEDIZIN<br />
Frauen in der Lebensmitte<br />
Schlankheit wird in unseren Breiten häufig gleichgesetzt<br />
mit Schönheit <strong>und</strong> Jugend. Der Druck des<br />
Älterwerdens lastet in unserer westlichen Gesellschaft<br />
besonders stark auf den Frauen. Der Eintritt<br />
in die Wechseljahre geht mit grossen körperlichen<br />
Veränderungen einher <strong>und</strong> wird von vielen Frauen<br />
(<strong>und</strong> auch Männern) deshalb extrem negativ bewertet.<br />
Gleichgesetzt mit dem Verlust von Schönheit <strong>und</strong><br />
Attraktivität markiert der Beginn dieser Lebensphase<br />
sozusagen den Anfang vom Ende.<br />
dem Körper gut tut <strong>und</strong> zumutbar<br />
ist, nach.<br />
Ein ganz anderes Weltbild zeigt<br />
ein Blick auf Länder des Südens:<br />
Hier sind es dicke Frauen, die von<br />
Wohlstand zeugen, r<strong>und</strong>liche Formen<br />
verheissen Fruchtbarkeit, in<br />
vielen Kulturen wird die Zeit der<br />
Menopause von Festen begleitet<br />
<strong>und</strong> ist oft der Eintritt in eine neue<br />
Phase der Spiritualität der Frauen.<br />
Kathrin Seyfahrt hat auf ihren Reisen<br />
auch Frauen in Afrika zum<br />
Thema Altern befragt.<br />
»Eine Frau muss<br />
ein gutes Herz haben«<br />
Der Tenor aus dem südlichen<br />
Teil der Erde weist auf völlig andere<br />
Wertvorstellungen hin: Diese<br />
Frauen wünschen sich ein würdiges<br />
Altern im Kreise ihrer Familie.<br />
Aber nicht nur die Frauen selbst<br />
erheben andere Werte zum Lebensprinzip,<br />
auch für die Männer<br />
zählen andere Ideale. So antwortet<br />
ein äthiopischer Kleinbauer auf<br />
die Frage, wie eine Frau sein sollte:<br />
„Eine Frau muss nicht ganz bestimmt<br />
irgendwie aussehen, eine<br />
Frau muss ein gutes Herz haben.“<br />
Dieser naiv anmutende Satz<br />
birgt aber genau die Weisheit, die<br />
viele Frauen zur Bewusstseinsänderung<br />
ihres Körperbildes führen<br />
sollte <strong>und</strong> in der Kathrin Seyfahrt<br />
auch die Chance auf Veränderung<br />
ortet: Würdig altern heisst, jede<br />
Lebensphase geniessen, abschliessen<br />
<strong>und</strong> sich auf die neue, kommende<br />
einlassen. Fremdbestimmte<br />
Dogmen <strong>und</strong> Schönheitsideale<br />
sollten einem positiven Körper<strong>und</strong><br />
Lebensgefühl Platz machen<br />
<strong>und</strong> die Augen öffnen für die<br />
nächste, ebenso naiv anmutende<br />
Wahrheit: Auch Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte,<br />
Idole <strong>und</strong> Stars altern! SAL<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 21
22<br />
FLASHLITE II<br />
Nierenschutz mit Angiotensin-2-Rezeptorblocker<br />
Die Zahl der Patienten mit terminalem<br />
Nierenversagen ist in den<br />
letzten 20 Jahren stark angestiegen,<br />
den grössten Anteil stellen die Diabetiker.<br />
Die Entwicklung einer terminalen<br />
Niereninsuffizienz zu vermeiden,<br />
ist ein wichtiges Therapieziel.<br />
Die Mikroalbuminurie ist<br />
dabei ein entscheidender Marker<br />
zur Abschätzung des Risikos <strong>und</strong><br />
zur Verlaufskontrolle, wie Professor<br />
Dr. Lars Weiss, Department of<br />
Nephrology, Central Hospital Karlstad,<br />
Schweden, ausführte.<br />
Etwa 30 bis 40 % der Typ-2-<br />
Diabetiker entwickeln eine Nephropathie.<br />
Viele von ihnen haben<br />
bereits bei Diagnosestellung funktionelle<br />
Veränderungen der Niere,<br />
die Hälfte hat eine Hypertonie.<br />
Das Fortschreiten des Nierenschadens<br />
geht typischerweise vom ersten<br />
Zeichen der Mikroalbuminurie<br />
über das Stadium der Makroalbuminurie<br />
zu einer manifesten<br />
Niereninsuffizienz. Es ist heute<br />
unbestritten, dass die Entwicklung<br />
der Nephropathie verlangsamt<br />
werden kann, wenn es gelingt, den<br />
Blutdruck gut zu kontrollieren.<br />
Wichtige Blutdruckziele<br />
oft nicht erreicht<br />
Wie wichtig die Senkung der<br />
Hypertonie bei Diabetikern ist,<br />
zeigte die UKPDS (UK Prospective<br />
diabetes Study) eindrücklich.<br />
In dieser Studie wurde allerdings<br />
nur ein Blutdruck von durchschnittlich<br />
144/82 mmHg erreicht.<br />
Noch strengere Zielwerte wurden<br />
in der ABCD (Appropriate Blood<br />
Pressure Control in Diabetes)-<br />
Studie verfolgt. Konnte ein Blutdruck<br />
von 128/75 mmHg statt<br />
137/81 mmHg erreicht werden,<br />
zeigten die Patienten in den folgenden<br />
5 Jahren signifikant weniger<br />
Mikroalbuminurien, weniger<br />
Übertritte von Mikro- zu Makroalbuminurie,<br />
weniger diabetische<br />
Retinopathien <strong>und</strong> Hirnschläge.<br />
Leider erreichen nur wenige Patienten<br />
die ehrgeizigen Blutdruckziele.<br />
Wie das Swedish National<br />
Diabetic Registry zeigte, erreichten<br />
im Jahr 2003 nur 11 % der<br />
Typ-2-Diabetiker einen Blutdruck<br />
unter 130/80 mmHg.<br />
Mikroalbuminurie –<br />
ein wichtiger Marker<br />
Mikroalbuminurie kommt bei<br />
etwa 8 % der Bevölkerung vor, bei<br />
Hypertonikern in 16 % <strong>und</strong> bei<br />
Diabetikern bei 29 %. Als Marker<br />
erlaubt er eine gute Voraussage des<br />
kardiovaskulären Risikos. Ganz<br />
allgemein ist er ein Mass für die<br />
endotheliale Dysfunktion, einer<br />
erhöhten vaskulären Permeabililät;<br />
somit kann er auch als Mass<br />
des Endorganschadens gelten. Bei<br />
Diabetikern korreliert die Mikroalbuminurie<br />
gut mit dem Risiko<br />
für eine Nephropathie.<br />
Nephropathie<br />
verhindern<br />
Studien haben Patienten in unterschiedlichen<br />
Stadien untersucht.<br />
Die IRMA (Irbesartan Microalbuminuria<br />
Type 2 Diabetes in<br />
Hypertensive Patients)2- <strong>und</strong> die<br />
STENO (Intensified multifactorial<br />
intervention in patients with type<br />
2 diabetes mellitus and microalbuminuria)<br />
2-Studie beobachteten<br />
Patienten mit Mikroalbuminurie,<br />
während die IDNT (Irbesartan<br />
Diabetic Nephropathy Trial)<strong>und</strong><br />
die RENAAL (Reduction of<br />
Endpoints in NIDDM with the<br />
Angiotensin-2- Antagonist Losartan)-Studie<br />
Patienten in einem<br />
späteren Stadium mit Makroalbuminurie<br />
untersuchten.<br />
In der STENO-2–Studie wurde<br />
bei Typ-2-Diabetikern mit Mikroalbuminurie<br />
ein multifaktorieller<br />
Therapieansatz gewählt, strengere<br />
Zielwerte bei Blutdruck <strong>und</strong> Blutzucker<br />
festgelegt, sowie die Gabe<br />
eines ACE-Hemmers unabhängig<br />
vom Blutdruck veranlasst. Die absolute<br />
Risikoreduktion der intensiv<br />
behandelten Gruppe betrug<br />
20 % für ein kardiovaskuläres Risiko.<br />
Die Number Needed to Treat<br />
war mit fünf Patienten gering.<br />
Wenn es durch den multifaktoriellen<br />
Ansatz gelingt, die Mikroalbuminurie<br />
zu reduzieren, wird auch<br />
der Abfall der glomerulären Filtrationsrate<br />
gebremst. Blutdruck <strong>und</strong><br />
Glykämie sind dabei unabhängige<br />
Prädiktoren für die Remission der<br />
Mikroalbuminurie.<br />
In der IRMA-2-Studie wurden<br />
590 Typ-2-Diabetiker mit Hypertonie<br />
<strong>und</strong> Mikroalbuminurie, aber<br />
normaler Nierenfuktion mit Plazebo<br />
oder 150 mg oder 300 mg<br />
Irbesartan behandelt. Unter Plazebo<br />
entwickelten 15 %, unter der<br />
niedrigeren Irbesartandosis 10 %<br />
<strong>und</strong> mit der höheren Irbesartandosis<br />
nur 5 % eine manifeste Nephropathie.<br />
Angiotensinsystem<br />
blockieren<br />
Bei Patienten mit Makroalbuminurie<br />
konnte in der RENAAL-<br />
Studie mit Losartan <strong>und</strong> in der<br />
IDNT-Studie mit Irbesartan gezeigt<br />
werden, dass die Patienten<br />
von der Therapie mit eine Angiotensin-2-Rezeptorblockerprofitieren.<br />
Eine weitere Erkenntnis war,<br />
dass die Albuminurie einen Prädiktor<br />
für einen fortschreitenden<br />
Funktionsverlust der Niere ist. Bei<br />
Patienten, die bereits eine Albuminurie<br />
aufweisen, ist das Ausmass<br />
direkt mit dem Risiko gekoppelt,<br />
einen terminalen Nierenschaden<br />
zu erleiden. Kann die Proteinurie<br />
in den ersten sechs Monaten einer<br />
Behandlung reduziert � 23<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
Frauen sind schlechter dran<br />
Obwohl Frauen in Bezug auf die<br />
Genese von Herzkrankheiten einen<br />
gewissen Schutz geniessen, erweisen<br />
sich Prognose <strong>und</strong> Therapieausgang<br />
bei ihnen schlechter<br />
als bei Männern. Auf dieses noch<br />
immer unerklärte Paradox verwies<br />
Professor Dr. Susana Sans<br />
Die Kardiologin aus Barcelona<br />
skizzierte eine Reihe von Unterschieden<br />
in der Präsentation <strong>und</strong><br />
klinischen Manifestation von<br />
Herzkrankheiten, die in der Praxis<br />
vermehrt Berücksichtigung finden<br />
sollten.<br />
R<strong>und</strong> vier Millionen Menschen<br />
sterben jedes Jahr infolge von Herzkrankheiten,<br />
56 % von ihnen sind<br />
Frauen (siehe Kasten). »Es besteht<br />
nach wie vor die Notwendigkeit,<br />
Ärzte im Hinblick auf frühzeitige<br />
Erkennung <strong>und</strong> adäquate Behandlung<br />
von Frauen mit akutem Koronarsyndrom<br />
zu schulen«, ist Prof.<br />
Sans überzeugt. »Solche Fortbildungsprogramme<br />
sollten nicht nur<br />
theoretisches Wissen vermitteln,<br />
sondern auf eine Verhaltensänderung<br />
abzielen«, forderte die Referentin<br />
weiter. Frauen reagieren auf<br />
eine antihypertensive Therapie<br />
ebenso gut wie Männer.<br />
Symptome<br />
unterschiedlich<br />
Es werden jedoch nur 90 % der<br />
Patientinnen erfolgreich behandelt.<br />
Das gilt es zu ändern.<br />
Männer mit akutem Myokardinfarkt<br />
präsentieren in der Regel<br />
folgende Symptome: Brust-<br />
Fortsetzung von Seite 22<br />
werden, wird das Risiko einer manifesten<br />
oder gar einen terminalen<br />
Nephropathie stark gesenkt.<br />
Ziel: Albuminurie senken<br />
Bei Patienten mit einer Makroalbuminurie<br />
sollten sehr tiefe<br />
Blutdruckzielwerte formuliert<br />
werden (
24<br />
PHARMA-NEWS<br />
Lucrin Depot® (Leuprorelinacetat LHRH-Analog)<br />
Einfache Anwendung dank neuer<br />
Spritze<br />
Ab sofort bietet die Firma Abbott das Medikament Lucrin Depot® (Leuprorelinacetat<br />
LHRH-Analog) in einer praktischen Zweikammerspritze an. Dadurch vereinfacht sich<br />
das Mischen des Lösungsmittels mit dem Wirkstoff.<br />
Lucrin Depot® gibt es jetzt in einer<br />
fortschrittlichen Spritze – das<br />
Mischen des Lösungsmittels mit<br />
Lucrin Depot® 1 <strong>und</strong> 3 Monate<br />
Z Leuprorelin (Acetat). Fertigspritze mit 3,75mg<br />
(1 Monat) bzw. 11,25mg (3 Monate) Wirkstoffsubstanz.<br />
I Fortgeschrittenes hormonabhängiges Prostatakarzinom,<br />
wenn Orchiektomie oder Östrogenbehandlung<br />
nicht möglich; Endometriose;<br />
zentrale vorzeitige Pubertät (nur 1 Monat).<br />
D 1 Monat: Erw.: 1x/Mon. 1 Fertigspritze s.c. oder<br />
i.m; Endometriose: am 3. Zyklustag, max.<br />
Therapiedauer 6 Mon.; Kinder K ; 3 Monate:<br />
Prostatakarzinom: s.c. Endometriose: i.m. am<br />
3. Zyklustag, max. Therapiedauer 6 Mon.<br />
KI Ungeklärte Vaginalblutungen. Schwangerschaft.<br />
Liste A. Kassenzulässig. Ausführliche Informationen<br />
siehe Arzneimittelkompendium der Schweiz.<br />
Abbott AG, Neuhofstrasse 23, CH-6341 Baar<br />
Von brasilianischer Sexualforscherin entwickelt<br />
Der Sexualquotient (SQ), eine Erfindung<br />
von Dr. Carmita Abdo,<br />
einer international bekannten brasilianischen<br />
Sexologin, liefert Paaren<br />
einen Massstab, um die individuelle<br />
Qualität ihres Sexuallebens<br />
zu bewerten. Er besteht aus einem<br />
Selbsteinschätzungsfragebogen,<br />
der die ganze Sexualität abdeckt:<br />
Vorspiel, Qualität der Erektion,<br />
Orgasmus <strong>und</strong> Befriedigung beim<br />
Geschlechtsverkehr.<br />
dem Wirkstoff ist nun einfacher<br />
<strong>und</strong> schneller. Die neue Spritze ist<br />
ein geschlossenes, steriles System<br />
mit zwei Kammern, die durch eine<br />
Membran voneinander getrennt<br />
sind. In der einen Kammer befindet<br />
sich das Lösungsmittel, in der<br />
anderen der Wirkstoff. Vor der Injektion<br />
braucht der Arzt lediglich<br />
den Kolben durchzudrücken <strong>und</strong><br />
auf diese Weise das Lösungsmittel<br />
freizusetzen. Lösungsmittel <strong>und</strong><br />
Wirkstoff werden durch Schwenken<br />
der Spritze homogen gemischt<br />
<strong>und</strong> können unmittelbar danach<br />
injiziert werden. Neben der<br />
schnellen <strong>und</strong> einfachen Anwendung<br />
hat die neue Spritze einen<br />
weiteren Vorteil: die Nadel ist noch<br />
dünner geworden 1) <strong>und</strong> deshalb<br />
angenehmer für den Patienten.<br />
Aufgr<strong>und</strong> von dünnen Nadeln tolerieren<br />
Betroffene Lucrin Depot®<br />
Vorgestellt wurde der SQ während<br />
des ESSM Kongresses (European<br />
Society for Sexual Medicine<br />
Congress) in London, an dem<br />
ebenfalls die neuesten Erkenntnisse<br />
zum Thema Erektion präsentiert<br />
wurden. Dr. Abdo: »Der Sexualquotient<br />
ist ein einfaches, aber<br />
wirksames Instrument, das sich<br />
sowohl auf die physischen als auch<br />
auf die emotionalen Komponenten<br />
des sexuellen Verhaltens be-<br />
Zweikammerspritze Lucrin Depot®<br />
gut – unmittelbar nach der Injektion<br />
ist ihnen weniger unwohl als<br />
beim Fest-Depot Goserelin 2).<br />
Das neue Lucrin Depot® in der<br />
Zweikammerspritze ist als 1- <strong>und</strong><br />
als 3-Monatsdepot verfügbar <strong>und</strong><br />
ab dem 1. Januar kassenzulässig.<br />
Die Preise bleiben gleich wie bisher.<br />
1) Neuer Nadeldurchmesser:<br />
0,5 mm (vorher 0.7 mm)<br />
2) Williams G. et al. Randomised<br />
crossover trial to assess the tolerability<br />
of LHRH analogue administration.<br />
Prostate cancer prostatic diseases<br />
2003; 6: 187–189. Fachpersonen<br />
können die Quellen anfordern.<br />
Weitere Informationen<br />
erhalten Sie bei Abbott AG,<br />
Dr. Gabriele Dorn,<br />
Neuhofstrasse 23,<br />
CH-6341 Baar,<br />
Telefon 041 768 43 36<br />
Der Sexualquotient: Besserer Sex ist messbar<br />
zieht.« Bisher ausschliesslich an<br />
Männern getestet, soll der SQ Objektivität<br />
in die Debatte bringen,<br />
wann man(n) denn nun gut im<br />
Bett sei. Dank diesem neuen Messinstrument<br />
sollten Paare beurteilen<br />
können, ob sich ihr Sexualleben<br />
– verglichen mit dem Ist-Zustand<br />
– verbessern lässt.<br />
Ein separater Sexualquotient<br />
für Frauen befindet sich in der<br />
Entwicklung.<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
Hochpotentes Amino-Bisphosphonat der neuen Generation<br />
Schutz vor tumorbedingten<br />
Knochenkomplikationen<br />
Mit Bondronat® (Ibandronat)<br />
oral, einem hochpotenten Amino-<br />
Bisphosphonat der neuen Generation<br />
werden Knochenkomplikationen<br />
verhindert. 1 Das bedeutet signifikant<br />
weniger Knochenkomplikationen<br />
(p=0,004 vs. Plazebo)<br />
sowie eine durchschnittliche Risikoreduktion<br />
von 38% (p=0,0001<br />
vs. Plazebo).<br />
Reduktion von<br />
Knochenschmerzen<br />
Die Reduktion der Knochenschmerzen<br />
ist zuverlässig <strong>und</strong> lang<br />
anhaltend. 1<br />
• Signifikante Reduktion<br />
gegenüber Plazebo (p=0,001).<br />
• Absolute Reduktion – die<br />
Schmerzen blieben während<br />
der gesamten zweijährigen<br />
Therapiedauer unter dem zu<br />
Studienbeginn gemessenen<br />
Ausgangswert.<br />
Bondronat® ist das einzige Bisphosphonat,<br />
vom dem eine derart<br />
ausgeprägte Schmerzreduktion<br />
über einen derart langen Zeitraum<br />
in klinischen Studien erwiesen ist.<br />
Darüber hinaus zeichnet sich das<br />
Medikament durch eine hohe Sicherheit<br />
aus, die durch exzellente<br />
Verträglichkeitsdaten über vier<br />
Jahre belegt ist. 2<br />
• Keine klinisch relevanten<br />
renalen Nebenwirkungen oder<br />
Veränderungen der Laborwerte.<br />
• Sehr gute gastrointestinale Verträglichkeit<br />
(im Gegensatz zu<br />
anderen oralen Bisphosphonaten).<br />
• Kein einziger Therapieabbruch<br />
wegen Schwierigkeiten, die<br />
Tablette zu schlucken.<br />
Schliesslich weist das neue Medikament<br />
renal deutliche Unterschiede<br />
gegenüber Zoledronat<br />
auf. 3 Die renale Halbwertszeit von<br />
Ibandronat beträgt 24 Tage, die<br />
von Zoledronat 150 bis 200 Tage.<br />
Eine kumulative Nierentubuli-<br />
Schädigung tritt unter Ibandronat<br />
nicht ein.<br />
1 Bell R et al., ESMO Abstract 851 & Poster<br />
2 Pecherstorfer M et al., ESMO Abstract<br />
186 & Poster<br />
3 Pfister T et al., ESMO Abstract 859 &<br />
Poster<br />
Weitere Infiormationen<br />
erhältlich bei:<br />
Roche Pharma (Schweiz) AG<br />
Schönmattstrasse 2<br />
4153 Reinach BL<br />
www.roche-pharma.ch<br />
Merck & Co. ist nicht gleich Merck<br />
Merck (Schweiz) AG weist darauf hin, dass das vom Markt zurück<br />
gezogene Medikament VIOXX ® nicht von ihr, sondern von Merck Sharp<br />
& Dohme-Chibret AG (MSD) vertrieben worden ist. Weltweit bestehen<br />
zwei Pharmakonzerne unter dem Namen »Merck«: Die amerikanische<br />
Merck & Co. Inc. <strong>und</strong> die deutsche Merck KGaA. Die beiden Firmen<br />
sind vollständig unabhängig voneinander, <strong>und</strong> es besteht keine firmenmässige<br />
Verbindung. Der Name »Merck« wird in Nordamerika<br />
exklusiv von der Merck & Co. Inc. verwendet, die überall sonst, <strong>und</strong><br />
somit auch in der Schweiz, als Merck Sharp & Dohme (MSD) firmiert.<br />
Die Niederlassung der deutschen Merck in der Schweiz ist unter der<br />
Firmenbezeichnung »Merck (Schweiz) AG« tätig.<br />
PHARMA-NEWS<br />
Bondronat® 50 mg Filmtrabletten<br />
(Ibandronsäure),<br />
Swissmedic Abgabekategorie B.<br />
Indikation:<br />
Behandlung von Patientinnen<br />
mit Knochenmetastasen bei<br />
Mammakarzinom.<br />
Dosierung:<br />
Eine Filmtablette 50 mg täglich,<br />
mindestens 1 St<strong>und</strong>e vor der<br />
Aufnahme von Flüssigkeit<br />
(ausser Wasser) oder Nahrung.<br />
Kontraindikationen:<br />
Vorsicht bei bekannter Überempfindlichkeit<br />
gegenüber<br />
anderen Bisphosphonaten.<br />
Vorsichtsmassnahmen:<br />
Nierenfunktion, Clacium-,<br />
Phosphat- <strong>und</strong> Magnesiumspiegel<br />
nach Ermessen des<br />
Arztes kontrollieren. Wegen<br />
möglicher Magen-Darm-<br />
Reizungen durch nichtsteroidale<br />
Antiphlogistika (NSAID) Vorsicht<br />
bei gleichzeitiger Verabreichung<br />
mit Bondronat®.<br />
Interaktionen:<br />
Beeinträchtigung der Resorption<br />
durch Nahrungsmittel, die<br />
Calcium- <strong>und</strong> andere mehrwertige<br />
Kationen enthalten.<br />
Vorsicht bei gleichzeitiger<br />
Verabreichung mit Aminoglycosiden.<br />
Unerwünschte Wirkungen:<br />
Hypokalzämie, Kopfschmerzen,<br />
Dyspepsie, Fieber, Asthenie,<br />
Grippesyndrom.<br />
Ausführliche Informationen<br />
entnehmen Sie bitte dem<br />
Arzneimittelkompendium der<br />
Schweiz.<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 25
26<br />
MEDIZIN<br />
Epilepsie-Management in der Praxis<br />
»Start low, go slow«<br />
Obwohl in der Epilepsiebehandlung die Anfallsfreiheit mit möglichst geringen<br />
Nebenwirkungen primäres Ziel ist, muss auch ein Augenmerk auf die häufigen,<br />
vor allem neurologischen <strong>und</strong> psychiatrischen Begleiterkrankungen gelegt werden.<br />
Generell sollte immer mit einer<br />
Monotherapie begonnen werden,<br />
<strong>und</strong> zwar mit jenem Medikament,<br />
welches am besten für das vorliegende<br />
Epilepsiesyndrom geeignet<br />
ist. Die gr<strong>und</strong>sätzliche Strategie<br />
definiert Prof. Dr. Christoph<br />
Baumgartner, Uniklinik für Neurologie,<br />
Wien, mit »Start low, go<br />
slow«. Rezente Studien haben gezeigt,<br />
dass bei den meisten Patienten<br />
bereits mit einer relativ niedrigen<br />
Dosis das Therapieziel erreicht<br />
wird. Laut Prof. Mamoli gibt es<br />
zwei Möglichkeiten der Aufdosierung:<br />
eine langsame Steigerung bis<br />
zu einer unterdurchschnittlichen<br />
Dosis oder eine langsame Steigerung<br />
bis zum »therapeutischen«<br />
Spiegel. »Ich persönlich empfehle<br />
ersteres, falls das scheitert, dann<br />
die zweite Strategie.«<br />
Was tun, wenn der erste Therapieversuch<br />
scheitert? Dann ist die<br />
Umstellung auf ein anderes Antiepileptikum<br />
die Alternative. Wobei<br />
die Erfolgsaussichten entscheidend<br />
von der Ursache für den<br />
ersten therapeutischen<br />
Misserfolg abhängen.<br />
Am besten sind sie, wenn<br />
Therapie Nr.1 auf Gr<strong>und</strong><br />
idiosynkratischer Nebenwirkungenabgebrochen<br />
wurde. Weniger gut<br />
sind die Chancen, wenn<br />
dosisabhängige Nebenwirkungen<br />
zum Therapieabbruch<br />
führten, <strong>und</strong><br />
ganz schlecht sind sie,<br />
wenn Therapie Nr. 1 wegen<br />
mangelnder Anfallskontrolle<br />
scheiterte.<br />
Von einem Antiepileptikum<br />
zu einem anderen<br />
empfiehlt Prof. Mamoli<br />
einen schleichenden<br />
Wechsel: die erste Substanz<br />
belassen <strong>und</strong> dann<br />
die neue langsam dazu<br />
geben. Für kurze Zeit hat<br />
man so eine Kombitherapie.<br />
Arm dran sind jene<br />
Patienten, die zu den<br />
30 % gehören, bei welchen<br />
weder die initiale<br />
noch die alternative Monotherapie<br />
anschlägt.<br />
Eine letzte Möglichkeit<br />
Bis dahin als „morbus sacer“ (verfluchte<br />
Krankheit) betrachtet, war Hippokrates<br />
im 3. Jh. v. Chr. der erste Arzt, der die<br />
Epilepsie auf eine natürliche Ursache<br />
zurückführte.<br />
wäre dann die so genannte rationale<br />
Kombinationstherapie. Bei<br />
der Wahl der Medikamente muss<br />
dann folgendes berücksichtigt<br />
werden: unterschiedliche Wirkmechanismen,<br />
möglichst geringe<br />
oder keine Interaktionen, grosser<br />
therapeutischer Index <strong>und</strong> geringste<br />
mögliche Nebenwirkungen.<br />
In Studien zeigte sich für die<br />
traditionellen Antiepileptika eine<br />
vergleichbare Wirksamkeit, wobei<br />
Carbamazepin, Valproinsäure <strong>und</strong><br />
Phenytoin besser verträglich waren<br />
als Phenobarbital <strong>und</strong> Primidon.<br />
Und die Neuen? »Sie sind im<br />
wesentlichen nicht effektiver als<br />
die alten Antiepileptika, <strong>und</strong> die<br />
meisten erregen paradoxe Effekte.<br />
Pointiert kann man sagen, dass die<br />
neuen Medikamente ’neue Nebenwirkungen‘<br />
erzeugen«, so Prof.<br />
Baumgartner. SCH<br />
Neurologie Update 2004<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
»Zukunft Medizin Schweiz«<br />
Ärzte sollen auch eine soziale Rolle spielen<br />
Es geht um den Menschen in seiner Gesamtheit, nicht nur um<br />
einzelne Symptome oder Organe, was der Arzt im Umgang<br />
mit seinen Patienten in den Augen behalten soll.<br />
Schweizer Ärzte <strong>und</strong> Ärztinnen<br />
sollen sich nicht nur mit der Linderung<br />
von Leiden beschäftigen,<br />
sondern auch mit der Wiederherstellung<br />
der sozialen Funktionsfähigkeit<br />
ihrer Patienten. Dies soll<br />
in enger Zusammenarbeit mit Patienten<br />
<strong>und</strong> Pflegepersonal geschehen.<br />
Diese Vorschläge sind in<br />
einem Experten-Bericht enthalten,<br />
den die Schweizerische Akademie<br />
der Medizinischen Wissenschaften<br />
(SAMW) im Rahmen<br />
des seit 1999 laufenden Projektes<br />
»Zukunft Medizin Schweiz« ausgearbeitet<br />
hat. Der Bericht »Ziele<br />
<strong>und</strong> Aufgaben der Medizin zu Beginn<br />
des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts« soll<br />
eine breite Diskussion über eine<br />
Neuorientierung der Medizin einleiten.<br />
Die Medizin dürfe die Patienten<br />
nicht mehr einfach verwalten,<br />
erklärte der Leiter der zuständigen<br />
Expertengruppe, der Basler<br />
Professor Dieter Bürgin. Vielmehr<br />
sollten Patienten, Ärzte <strong>und</strong> Pflegende<br />
die Medizin zu Gunsten des<br />
Patienten weiterentwickeln. Der<br />
Patient sei verstärkt als Gesprächspartner<br />
miteinzubeziehen.<br />
Die medizinischen Fakultäten<br />
hätten sich intensiv um Nach-<br />
MEDIZIN<br />
wuchs im Ges<strong>und</strong>heitsbereich zu<br />
kümmern <strong>und</strong> dessen Ausbildung<br />
zu verbessern. In der medizinischen<br />
Forschung <strong>und</strong> Lehre sollten<br />
vermehrt auch geistes- <strong>und</strong><br />
sozialwissenschaftliche Aspekte<br />
berücksichtigt werden.<br />
Das SAMW-Projekt »Zukunft<br />
Medizin Schweiz« wurde vor fünf<br />
Jahren vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
wachsender Skepsis gegenüber der<br />
»Schulmedizin« lanciert. Eine gfs-<br />
Studie im Auftrag der SAMW von<br />
2001 zeigte zudem, das sich<br />
Schweizerinnen <strong>und</strong> Schweizer<br />
eine »menschlichere Medizin«,<br />
mehr Prävention, mehr Mitsprache<br />
bei medizinischen Entscheiden,<br />
mehr Pflegepersonal <strong>und</strong><br />
mehr Sozialkompetenz der Ärzte<br />
wünschten.<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 27
28<br />
BUCHBESPRECHUNG<br />
»Körper-Erweiterungen«<br />
Das Buch Body Extensions beschäftigt<br />
sich tatsächlich mit dem Phänomen<br />
der »Körper – Erweiterung«.<br />
Auf knapp 200 Seiten ergänzt<br />
es die Ausstellung<br />
»Body<br />
Extensions – Wie<br />
werden Körper<br />
erweitert?«, die in<br />
der deutschsprachigen<br />
<strong>und</strong> der<br />
französischen<br />
Schweiz gastiert.<br />
Es gehört zur<br />
Konzeption, dass<br />
der die 123, überwiegend<br />
farbigen,<br />
Abbildungen begleitende<br />
Text in<br />
deutscher Sprache<br />
ein Viertel der<br />
Seiten füllt - die<br />
Übersetzung in’s Französische beansprucht<br />
das selbe Mass - so dass<br />
das Buch zur Hälfte aus überwiegend<br />
grossformatigen Abbildungen<br />
besteht. Diese Art von Ausstellungskatalog<br />
veranschaulicht <strong>und</strong><br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
kommentiert diverse Formen von<br />
Körpererweiterung im Sinne von<br />
»Ausstrecken«, »Verlängern«, »Vergrößern«,<br />
»Ausdehnen«, »Ausbauen«<br />
usw. in Kultur <strong>und</strong> Alltag,<br />
Kunst <strong>und</strong> Fotografie, Film <strong>und</strong><br />
Comic sowie in der Mode. 14 Fachautoren,<br />
darunter zahlreiche<br />
Kunstwissenschaftler, entwickeln<br />
Hypothesen zum Streben nach einem<br />
»erweiterten Körper«.<br />
Die durchweg lesenswerten<br />
Abhandlungen verstehen den »erweiterten<br />
Körper« nicht nur als<br />
Ort kultureller Zuschreibungen,<br />
sondern behandeln aus biologischer,<br />
psychologischer <strong>und</strong> sozialer<br />
Perspektive die literarische <strong>und</strong><br />
wissenschaftliche Frage nach dem<br />
»Warum« in knapper <strong>und</strong> anspruchsvoller<br />
Form. Hierbei werden<br />
Erklärungen angeboten, die<br />
einem Wunsch nach größerer Anziehungskraft,<br />
Macht <strong>und</strong> Potenz<br />
entspringen.<br />
Das Buch handelt überwiegend<br />
von narzisstischen Grössen<strong>und</strong><br />
Omnipotenzphantasien <strong>und</strong><br />
beschäftigt sich mit Grossartigkeit.<br />
Es geht um Vorstellungen von<br />
Macht, grenzenlosem Erfolg, hinreissender<br />
Schönheit <strong>und</strong> idealer<br />
Liebe. Das Buch (zur Ausstellung)<br />
verführt den Leser <strong>und</strong> Betrachter,<br />
sich dieser Thematik gegenüber zu<br />
öffnen <strong>und</strong> sensibilisiert für die<br />
Bedürfnisse »nach immer mehr«,<br />
die von einer florierenden Industrie<br />
bedient werden.<br />
»Schön, reich, berühmt« entspricht<br />
den narzisstischen Wünschen,<br />
die auch den »Body Extensions«<br />
zugr<strong>und</strong>eliegen. Diese Attribute<br />
verdecken in ihrer Masslosigkeit<br />
Sinnlehre <strong>und</strong> Fehlen von<br />
Bezogenheit in dieser Gesellschaft.<br />
Dr. Sebastian Schildbach<br />
Claudia Pantellini,<br />
Peter Stohler (Hgg.):<br />
Body Extensions.<br />
Arnoldsche 2004, dt./fr.,<br />
192 S., 123 Abb., CHF 45,00,<br />
ISBN 3 89790 204-4<br />
wir bieten Ihnen die Möglichkeit, neu erschienene Bücher oder CDs für uns zu besprechen. Die von Ihnen verfassten<br />
Besprechungen werden wir in der Rubrik »Buchbesprechung« veröffentlichen. Das Buch bleibt – gleichsam als Honorar –<br />
in Ihrem Besitz. Kreuzen Sie den entsprechenden Titel an <strong>und</strong> schicken Sie uns den Coupon zurück, wenn Sie eines der<br />
folgenden Objekte besprechen möchten:<br />
Willi Butollo, Maria Hagl<br />
Trauma, Selbst <strong>und</strong> Therapie<br />
Verlag Hans Huber, Bern, Göttingen<br />
Franz Petermann, Volker Pudel<br />
Übergewicht <strong>und</strong> Adipositas<br />
Verlag Hogrefe<br />
Absender:<br />
Bitte senden Sie diesen Coupon an:<br />
Redaktion Sexualmedizin, <strong>Medical</strong> <strong>Tribune</strong> AG,<br />
Urs Graf-Strasse 8, Postfach 368, 4020 Basel<br />
oder faxen an: (0041) 061/ 312 55 60<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong><br />
�
30<br />
PINBOARD<br />
Picasso: Demoiselles d’Avignon, 1907<br />
Cézanne, Degas, Toulouse-Lautrec <strong>und</strong> Picasso<br />
Bordell <strong>und</strong> Boudoir<br />
Mit der Ausstellung<br />
»Bordell <strong>und</strong> Boudoir«<br />
begann am 22. Januar 2005<br />
die erste von drei Ausstellungen<br />
mit sexuellem Bezug in<br />
diesem Frühjahr. Die Kunsthalle<br />
Tübingen zeigt Bordell-<br />
Bilder von Paul Cézanne,<br />
Edgar Degas, Henri de Toulouse-Lautrec<br />
<strong>und</strong> Pablo Picasso.<br />
Seit dem 28. Januar ist<br />
in der schirn Kunsthalle in<br />
Frankfurt die Ausstellung<br />
»Die nackte Wahrheit – Klimt,<br />
Schiele, Kokoschka <strong>und</strong> andere<br />
skandale« zu sehen.<br />
Die Hamburger Kunsthalle<br />
widmet sich ab März unter<br />
dem Motto »Begierde im<br />
Blick« der surrealistischen<br />
Fotografie.<br />
Das Thema Bordell verband die<br />
vier Pariser Künstler nicht zufällig.<br />
Die Metropole befand sich zum<br />
Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts in einem<br />
gewaltigem Umbruch; der<br />
von Napoleon III. begonnene<br />
Stadtumbau zog ein riesiges Bau-<br />
Proletariat an. Die mitgereisten<br />
Frauen verdingten sich mangels<br />
anderer Verdienstmöglichkeiten<br />
oft als Huren. Ein Besuch im billigen<br />
Bordell oder mondänen Boudoir<br />
mit Edelkurtisanen gehörte je<br />
nach Schicht zum Alltag. »Das<br />
spielte damals eine kaum mehr<br />
vorstellbare Rolle im gesellschaftlichen<br />
Leben«, sagt Ausstellungsmacher<br />
Götz Adriani, »das wurde<br />
von Napoleon sogar zur Förderung<br />
des Tourismus beworben.«<br />
Analog zur geringen Rolle der Prostitution<br />
in der heutigen Gesellschaft<br />
ist nach seiner Einschätzung<br />
das Thema aus der zeitgenössischen<br />
Kunst verschw<strong>und</strong>en.<br />
Schmutzige Gedanken<br />
verschwiegen<br />
Nackte Frauen zeigen sich in<br />
der Kunst seit der Antike – sei es<br />
beim Baden oder in erotischen<br />
Posen auf dem Bett. Wer beim<br />
Betrachten auf schmutzige Gedanken<br />
kam, tat bis ins 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
gut daran zu schweigen. Gross<br />
war die Aufregung, als vier Künstler<br />
begannen, männliche Fantasien<br />
erstmals auf die Leinwand zu<br />
bannen, in dem sie die Frauen als<br />
Prostituierte zeigten <strong>und</strong> Freier<br />
hinzumalten. Den Skandal, den<br />
Paul Cézanne, Edgar Degas, Henri<br />
de Toulouse-Lautrec <strong>und</strong> Pablo<br />
Picasso provozierten, nutzen sie,<br />
um ihren revolutionären Stil bekannt<br />
zu machen. Erstmals widmet<br />
sich nun eine eigene Ausstellung<br />
ihren Bordellbildern.<br />
»Bordell <strong>und</strong> Boudoir« zeigt<br />
177 aus Museen in aller Welt zusammen<br />
getragene Werke. Die<br />
Beischlaf-Szenen, wartenden Huren<br />
oder sich pflegenden Frauen<br />
schockieren heute wohl nur noch<br />
die wenigsten Zuschauer. Vor etwas<br />
mehr als einem Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
war das anders. »Die vier Künstler<br />
waren mit die ersten, die einen<br />
realistischen Blick auf nackte<br />
Frauen warfen <strong>und</strong> sie nicht in<br />
idealisierter Form etwa als Göttinnen,<br />
sondern desillusionierend als<br />
ausgezogene Nackte darstellten«,<br />
erklärt Adriani. Zusammen mit<br />
den Landschaftsmalereien der Impressionisten<br />
seien ihre Bordell-<br />
Bilder eine Keimzelle der modernen<br />
Kunst gewesen.<br />
Niederungen des Lebens<br />
in der hohen Kunst<br />
Ob Verklärung des weiblichen<br />
Körpers im Boudoir oder Demaskierung<br />
seiner Ausbeutung in den<br />
Amüsierbetrieben, gemeinsam ist<br />
den Bildern, dass sie hinter die<br />
plüschige Schein- <strong>und</strong> Fluchtwelt<br />
der Bordelle blicken <strong>und</strong> das Wahre<br />
<strong>und</strong> Authentische suchen. Der<br />
aus der Provence in die Metropole<br />
gekommene Cézanne <strong>und</strong> der Pariser<br />
Grossbürgersohn Degas, der<br />
südfranzösische Aristokrat sowie<br />
der zugereiste Spanier konfrontierten<br />
in Paris die hohe Kunst mit<br />
den Niederungen des Lebens <strong>und</strong><br />
brachten »das älteste Gewerbe der<br />
Welt« der jüngsten Kunstgeschichte<br />
nahe.<br />
Auf den verzweigten Wegführungen<br />
der Moderne machten sie<br />
Bordelle <strong>und</strong> Boudoirs zu unumgänglichen<br />
Schauplätzen der Provokation<br />
<strong>und</strong> Rebellion.<br />
Kunsthalle Tübingen<br />
22. Januar bis 22. Mai 2005<br />
Di <strong>und</strong> Fr 10 bis 20 Uhr,<br />
Mi, Do, Sa <strong>und</strong> So 10 bis 18 Uhr<br />
http://www.kunsthalle-<br />
@<br />
tuebingen.de<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong><br />
Sexualmedizin<br />
<strong>Medical</strong> <strong>Tribune</strong> Supplement<br />
27. Jahrgang, Nr. 3, März 2005<br />
Verlag <strong>und</strong> Herausgeber:<br />
<strong>Medical</strong> <strong>Tribune</strong> AG<br />
Adresse:<br />
<strong>Medical</strong> <strong>Tribune</strong> AG<br />
Urs Graf-Strasse 8, Postfach 368<br />
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Redaktion: Dr. phil. Alexander Schulz<br />
(Verantwortlich für die Ausgabe)<br />
Redaktionsassistenz:<br />
Silvia Isliker<br />
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Österreich: siehe Deutschland<br />
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dass sein Beitrag ganz oder teilweise<br />
in allen Ausgaben <strong>und</strong> Sonderproduktionen<br />
der <strong>Medical</strong> <strong>Tribune</strong> VerlagsgesellschaftmbH<br />
veröffentlicht werden kann.<br />
Eine Überarbeitung behält sich die<br />
Redaktion vor.<br />
ISSN 0170-1908<br />
VORSCHAU<br />
Lesen Sie in<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> 4 / 2005<br />
Doppelt ausgegrenzt <strong>und</strong> abgekanzelt<br />
Prostitution – es gibt kaum ein<br />
anderes Thema, über das jeder Bescheid<br />
zu wissen glaubt. In Wahrheit<br />
sind es aber oft nur Klischees<br />
<strong>und</strong> Vereinfachungen, die in den<br />
Köpfen herumgeistern. Auch beim<br />
Arzt entscheidet letztlich das Klima<br />
in der Praxis, ob Prostituierte<br />
offen über ihre Probleme sprechen<br />
können oder nicht. Die Arbeitstagung<br />
2004 der Österreichischen<br />
Gesellschaft für Psychosomatik in<br />
der Gynäkologie <strong>und</strong> Geburtshilfe<br />
nahm sich deshalb auch dieses<br />
Themas an <strong>und</strong> räumte mit so<br />
manchen Stereotypen auf.<br />
„Es gibt nicht nur die eine Prostituierte“,<br />
betonte Helga Ratzenböck,<br />
diplomierte Sozialarbeiterin<br />
<strong>und</strong> Leiterin einer Beratungsstelle.<br />
Wahlverhalten<br />
der anderen Art<br />
Erektile Dysfunktion – das bedeutet<br />
für einen Mann weit mehr als<br />
nur den Verlust der Erektionsfähigkeit.<br />
Persönlichkeits- <strong>und</strong><br />
Selbstwertgefühl stehen auf dem<br />
Spiel. Vertraut sich der Mann dann<br />
schliesslich doch dem Arzt an, will<br />
er zunehmend bei der Auswahl<br />
der therapeutischen Methode mitbestimmen.<br />
Ganz im Sinne des<br />
»shared decision making«. Dabei<br />
spielen individuelle Präferenzen<br />
eine grosse Rolle. Kein W<strong>und</strong>er<br />
also, dass sich auch wissenschaftliche<br />
Studien mit dem »Wahlverhalten«<br />
dieser Patienten auseinandersetzen.<br />
Unterschiede gibt<br />
es sowohl bei der<br />
Prostitution an<br />
sich als auch bei<br />
den Prostituierten<br />
<strong>und</strong> Prostitutionsk<strong>und</strong>en.<br />
So<br />
gilt es etwa zwischen<br />
weiblichen<br />
bzw. männlichen<br />
Heterosexuellen,<br />
weiblichen <strong>und</strong><br />
männlichen Homosexuellensowietranssexuellen<br />
Prostituierten<br />
zu unterscheiden.<br />
»Prostituierte sind auch sehr häufig<br />
Mütter/Väter, besonders junge<br />
Stricher sind mit dieser Rolle absolut<br />
überfordert« sprach Frau<br />
Ratzenböck einen weiteren Aspekt<br />
an.<br />
Erbarmungslose<br />
Arbeitswelt<br />
»Ich habe 25 Jahre in einem bekannten Unternehmen<br />
gearbeitet, zuletzt in einer sehr guten Position.<br />
Vor einem halben Jahr wurde bei mir Brustkrebs<br />
diagnostiziert. Ich habe offen mit meinem Chef über<br />
die zu erwartenden Krankenstände gesprochen, <strong>und</strong><br />
er hat gemeint, dass er doch eine langjährige <strong>und</strong><br />
qualifizierte Mitarbeiterin nicht fallen lassen wird.<br />
Die Chemo hat mir ziemlich zugesetzt, ich habe<br />
mich so schwach gefühlt <strong>und</strong> die Arbeit einfach<br />
nicht mehr geschafft. Jetzt wurde mir nahe gelegt zu<br />
kündigen. Meine Ausfälle seien für die Firma nicht<br />
mehr tragbar.« Keine fiktive Geschichte, sondern die<br />
Schilderung einer Patientin, die in einer Beratungsstelle<br />
vorstellig wurde.<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 31
Keine »Kopf-in-den-Sand-Politik«, sondern:<br />
Sexuell aktiv ohne Zeitstress<br />
Durch eine besonders lange Halbwertszeit des PDE-5-<br />
Hemmer entfällt für den Patienten der Druck, seine<br />
sexuellen Aktivitäten exakt planen zu müssen. Letztlich<br />
ist es dadurch wieder möglich, alle positiven Elemente<br />
der Partnerschaft wieder natürlich erleben zu können.<br />
Die sexuelle Ges<strong>und</strong>heit ist ein<br />
wichtiger Teil des Gesamtbegriffs<br />
Ges<strong>und</strong>heit nach der WHO-Definition.<br />
Arzt oder Ärztin sollten<br />
dabei als jene Experten angesehen<br />
werden, mit denen sich betroffenen<br />
Patienten <strong>und</strong> Patientinnen<br />
darüber unterhalten können. Die<br />
Realität sieht leider anders aus. So<br />
leiden beispielsweise allein in Österreich<br />
etwa 800.000 Männer an<br />
Erektionsstörungen <strong>und</strong> nur zehn<br />
Prozent werden derzeit therapiert.<br />
Gr<strong>und</strong> dafür ist meist die Scham<br />
der Patienten das Problem »Erektile<br />
Dysfunktion« (ED) anzusprechen.<br />
Häufig wird aus falscher<br />
Scham der Arzt gar nicht als Gesprächspartner<br />
gesucht. Viele Patienten<br />
glauben, den Arzt zu brüskieren,<br />
wenn sie ihre sexuellen<br />
Probleme ansprechen. Einige sind<br />
der Meinung, der Arzt könne ihnen<br />
ohnehin nicht helfen. Manche<br />
Patienten praktizieren auch eine<br />
»Kopf-in-den-Sand-Politik«: Aus<br />
Angst, eine ernstere Erkrankung<br />
könnte hinter ihrem sexuellen<br />
Problem stecken, wollen sie der<br />
Sache erst gar nicht nachgehen.<br />
Längere Wirkdauer<br />
Umfragen aus den USA, die<br />
auf Österreich übertragbar sind,<br />
zeigen, dass sexuelle Störungen<br />
weit verbreitet sind. 30 % der<br />
Frauen <strong>und</strong> 15 % der Männer beklagen,<br />
dass sie das Interesse an<br />
Sex verloren haben. 12% der Frauen<br />
<strong>und</strong> 18 % der Männer haben<br />
Angst, beim Sex zu versagen. 10-<br />
30 % aller Männer sind altersab-<br />
hängig von Erektionsproblemen<br />
betroffen.<br />
Wie ein Medikament auf einfache<br />
Weise helfen kann, zeigt das<br />
Beispiel der PDE-5-Hemmer bei<br />
der ED. Alle am Markt befindlichen<br />
PDE-5-Hemmer sind gleich<br />
gut wirksam bei der Problemstellung<br />
ED. Lediglich in der längeren<br />
Wirksamkeit gibt es Unterschiede.<br />
Auch Tadalafil (Cialis ®)gehört<br />
zu dieser Gruppe der selektiven<br />
Phosphodiesterase-Hemmer <strong>und</strong><br />
entfaltet seine Wirkung durch direkte<br />
Förderung der Durchblutung<br />
im Penis. Zugelassen ist es in<br />
den Dosierungen 10 mg <strong>und</strong> 20<br />
mg. Der grösste Vorteil gegenüber<br />
vergleichbaren Produkten ist die<br />
besonders lange Halbwertszeit,<br />
dadurch entfällt für den Patienten<br />
der Druck, seine sexuellen Aktivitäten<br />
exakt planen zu müssen.<br />
Diese Erkenntnisse zur Wirkzeit<br />
des Medikaments trug dazu<br />
bei, dass die EU-Zulassungsbehörde<br />
schon im Februar 2004 für Tadalafil<br />
eine geänderte Gebrauchsinformation<br />
akzeptiert hat: Darin<br />
wird eine Wirksamkeit von bis zu<br />
36 St<strong>und</strong>en attestiert (anstelle von<br />
bis zu 24 St<strong>und</strong>en).<br />
Erfahrungen aus der Praxis belegen,<br />
dass viele Patienten mit<br />
erektiler Dysfunktion offenbar die<br />
Vorteile der lang wirksamen Substanz<br />
Tadalafil schätzen. Männer<br />
mit ED, die Tadalafil einnehmen,<br />
schätzen an der Arznei besonders<br />
deren lange Wirkdauer von bis zu<br />
36 St<strong>und</strong>en. Wobei die Patienten<br />
darauf hingewiesen werden sollten,<br />
dass es sich bei den 36 St<strong>und</strong>en<br />
THERAPIEFORUM<br />
Dauer um die Möglichkeit einer<br />
Erektion handelt - nach entsprechender<br />
sexueller Stimulation.<br />
Diese verlängerte Wirksamkeit<br />
wurde in 11 Studien bestätigt.<br />
Insgesamt wurden dabei 580 Männer<br />
mit ED untersucht, die 20mg<br />
Cialis einnahmen.<br />
Auswirkung auf die Praxis<br />
Dass diese lange Wirkdauer<br />
auch von ED-betroffenen Paaren<br />
genützt wird, zeigt eine Metaanalyse¹<br />
von elf randomisierten, placebokontrolliertenWirksamkeitsstudien<br />
publiziert von Ian Eardley,<br />
Grossbritannien. Darin wurde untersucht<br />
wann Paare nach Einnahme<br />
von Tadalafil (10 mg oder 20<br />
mg) wirklich Sex hatten. In diesen<br />
Studien wurde von 2102 Männern<br />
in zwölf Wochen insgesamt 44.212<br />
mal Geschlechtsverkehr versucht.<br />
10.740 fanden innerhalb der ersten<br />
St<strong>und</strong>e nach Einnahme statt,<br />
die restlichen 33.472 zwischen ein<br />
<strong>und</strong> 36 St<strong>und</strong>en danach. Erstaunliches<br />
Resultat: 82 % aller Männer,<br />
die Tadalafil eingenommen hatten,<br />
versuchten zwischen vier <strong>und</strong><br />
36 St<strong>und</strong>en nach Tabletten- � 24<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 23
24<br />
PHARMA-NEWS<br />
Lucrin Depot® (Leuprorelinacetat LHRH-Analog)<br />
Einfache Anwendung dank neuer<br />
Spritze<br />
Ab sofort bietet die Firma Abbott das Medikament Lucrin Depot® (Leuprorelinacetat<br />
LHRH-Analog) in einer praktischen Zweikammerspritze an. Dadurch vereinfacht sich<br />
das Mischen des Lösungsmittels mit dem Wirkstoff.<br />
Lucrin Depot® gibt es jetzt in einer<br />
fortschrittlichen Spritze – das<br />
Mischen des Lösungsmittels mit<br />
Lucrin Depot® 1 <strong>und</strong> 3 Monate<br />
Z Leuprorelin (Acetat). Fertigspritze mit 3.75mg<br />
(1 Monat) bzw. 11.25mg (3 Monate) Wirkstoffsubstanz.<br />
I Fortgeschrittenes hormonabhängiges Prostatakarzinom,<br />
wenn Orchiektomie oder Östrogenbehandlung<br />
nicht möglich; Endometriose; zentrale<br />
vorzeitige Pubertät (nur 1 Monat).<br />
D 1 Monat: Erw.: 1x/Mon. 1 Fertigspritze s.c. oder i.m;<br />
Endometriose: am 3. Zyklustag, max. Therapiedauer<br />
6 Mon.; Kinder K ; 3 Monate: Prostatakarzinom: s.c.<br />
Endometriose: i.m. am 3. Zyklustag, max. Therapiedauer<br />
6 Mon.<br />
KI Ungeklärte Vaginalblutungen. Schwangerschaft.<br />
Liste A. Kassenzulässig. Ausführliche Informationen<br />
siehe Arzneimittelkompendium der Schweiz.<br />
Abbott AG, Neuhofstrasse 23, CH-6341 Baar<br />
Fortsetzung von Seite 23<br />
einnahme Geschlechtsverkehr zu<br />
haben. Und knappe 60 % wollten<br />
zwischen zwölf <strong>und</strong> 36 St<strong>und</strong>en<br />
nach Einnahme Sex haben.<br />
Dieses Bild unterstreicht eine<br />
Studie von Pushkar et al.², in der<br />
die Ergebnisse von zwei randomisierten,<br />
plazebokontrollierten Studien<br />
mit insgesamt 544 osteuropäischen<br />
Männern analysiert wurden.<br />
Hier wurde zu verschiedenen<br />
Zeitpunkten der Anteil an erfolgreichenGeschlechtsverkehrversuchen<br />
gemessen. Das Ergebnis zeigt<br />
die konsistente Wirkung von Ta-<br />
dem Wirkstoff ist nun einfacher<br />
<strong>und</strong> schneller. Die neue Spritze ist<br />
ein geschlossenes, steriles System<br />
mit zwei Kammern, die durch eine<br />
Membran voneinander getrennt<br />
sind. In der einen Kammer befindet<br />
sich das Lösungsmittel, in der<br />
anderen der Wirkstoff. Vor der Injektion<br />
braucht der Arzt lediglich<br />
den Kolben durchzudrücken <strong>und</strong><br />
auf diese Weise das Lösungsmittel<br />
freizusetzen. Lösungsmittel <strong>und</strong><br />
Wirkstoff werden durch Schwenken<br />
der Spritze homogen gemischt<br />
<strong>und</strong> können unmittelbar danach<br />
injiziert werden. Neben der<br />
schnellen <strong>und</strong> einfachen Anwendung<br />
hat die neue Spritze einen<br />
weiteren Vorteil: die Nadel ist noch<br />
dünner geworden 1) <strong>und</strong> deshalb<br />
angenehmer für den Patienten.<br />
Aufgr<strong>und</strong> von dünnen Nadeln tolerieren<br />
Betroffene Lucrin Depot®<br />
dalafil über die gesamte Wirkdauer<br />
hinweg. Es gibt natürlich Männer,<br />
die ein oder zweimal in der<br />
Woche immer zur gleichen Zeit<br />
ihren Geschlechtsverkehr haben.<br />
Für diese Patienten sei wohl ein<br />
kurz wirksamer PDE-5 Hemmer<br />
ausreichend. Das Durchschnittsalter<br />
der Männer in den ED-Studien<br />
liegt aber bei 53 Jahren – <strong>und</strong> das<br />
ist durchaus eine Gruppe von<br />
Männern, die auch noch öfter<br />
spontan sein wollen, für diese<br />
Männer ist Tadalafil sicher sehr<br />
geeignet.<br />
Zweikammerspritze Lucrin Depot®<br />
gut – unmittelbar nach der Injektion<br />
ist ihnen weniger unwohl als<br />
beim Fest-Depot Goserelin 2).<br />
Das neue Lucrin Depot® in der<br />
Zweikammerspritze ist als 1- <strong>und</strong><br />
als 3-Monatsdepot verfügbar <strong>und</strong><br />
ab dem 1. Januar kassenzulässig.<br />
Die Preise bleiben gleich wie bisher.<br />
1) Neuer Nadeldurchmesser:<br />
0,5 mm (vorher 0.7mm)<br />
2) Williams G. et al. Randomised<br />
crossover trial to assess the tolerability<br />
of LHRH analogue administration.<br />
Prostate cancer prostatic diseases<br />
2003; 6: 187–189. Fachpersonen<br />
können die Quellen anfordern.<br />
Weitere Informationen<br />
erhalten Sie bei Abbott AG,<br />
Dr. Gabriele Dorn,<br />
Neuhofstrasse 23,<br />
CH-6341 Baar,<br />
Telefon 041 768 43 36<br />
Immer wenn es darum geht,<br />
nicht an eine relativ kurze Zeitspanne<br />
geb<strong>und</strong>en zu sein, dann ist<br />
Tadalafil den kürzer wirksamen<br />
Substanzen sicherlich überlegen.<br />
¹Eardley I et al.: Time distribution of<br />
sexual attempts after taking Tadalafil<br />
or placebo. Int J Imp Res 2003;<br />
15 (sippl 6):pp21<br />
²Puskhar D et al.: Distribution of<br />
intercourse attempts and efficacy of<br />
on-demand Cialis®(tadalafil) in central<br />
and eastern European men with erectile<br />
dysfunction. European Urology<br />
Suppl 2004, Vol.3, 2, pp186<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
26<br />
MEDIZIN<br />
Behandlung der Epilepsie<br />
Was kann man den Patienten<br />
zumuten?<br />
Nach einem ersten epileptischem Anfall stehen Arzt <strong>und</strong> Patient vor einer schweren Entscheidung:<br />
Soll man aggressiv therapieren <strong>und</strong> sofort mit einer medikamentösen Einstellung<br />
beginnen, oder zuwarten <strong>und</strong> hoffen, dass es bei diesem einen akzidentiellen<br />
Ereignis bleibt? Im ersten Fall geht man das Risiko ein, den Patienten möglicherweise<br />
umsonst den schweren Nebenwirkungen der Antiepileptika auszusetzen, im zweiten<br />
Fall erhöht sich vielleicht das Risiko eines weiteren Anfalls, ganz abgesehen von der<br />
Angst des Patienten davor.<br />
Rezente Studien zeigen, dass es bei<br />
immerhin 50 bis 70 % der Epilepsie-Patienten<br />
zu einer dauerhaften<br />
Remission kommt <strong>und</strong> bei vielen<br />
die medikamentöse Therapie<br />
wieder abgesetzt werden kann. Bei<br />
den übrigen allerdings ist die<br />
Chance auf dauerhafte Anfallsfreiheit<br />
trotz optimaler Pharmakotherapie<br />
gering. Die Prognose hängt<br />
entscheidend von der Ätiologie ab:<br />
So hat die symptomatische Epilepsie<br />
eine deutlich<br />
schlechtere Prognose als<br />
die idiopathische.<br />
Die Manifestation der<br />
Erkrankung bei Patienten<br />
mit Hippocampusathrophie<br />
oder kortikalen Dysplasien<br />
ist besonders<br />
schwer Behandelbar.<br />
Es gibt vier klinische<br />
Situationen, bei welchen<br />
man die Einleitung einer<br />
chronischen Medikation<br />
erwägen muss:<br />
U ein einzelner, unprovozierter<br />
Anfall<br />
U eine verifizierte Epilepsie,<br />
d.h. mindestens<br />
zwei unprovozierte Anfälle,<br />
die in einem Intervall<br />
von mehr als 24 St<strong>und</strong>en<br />
auftreten<br />
U ein akut symptomatischer<br />
Anfall, z.B. im Rahmen<br />
einer Encephalitis<br />
U eine prophylaktische<br />
AED-Therapie, wie z.B.<br />
nach einem Schädel-Hirntrauma<br />
oder einem<br />
Schlaganfall<br />
Symptomatisch, aber<br />
nicht kurativ<br />
»Nach einem ersten epileptischen<br />
Ereignis muss man genau<br />
abschätzen, was man dem Patienten<br />
antun kann: Die Gefahr eines<br />
weiteren Anfalls <strong>und</strong> die Panik des<br />
Patienten davor, wenn man mit<br />
der Einstellung zuwartet. Oder die<br />
ganze Palette der zum Teil schweren<br />
Nebenwirkungen die eine Medikation<br />
mit sich bringt«, bringt<br />
Prof. Dr. Bruno Mamoli, Ludwig<br />
Boltzmann Institut f. Epilepsie,<br />
das Dilemma auf den Punkt.<br />
Immerhin müssen 15 % der Patienten<br />
die antikonvulsive Therapie<br />
wegen Nebenwirkungen wieder<br />
beenden. Und selbst eine frühzeitige<br />
Einstellung kann eine Progression<br />
der Erkrankung nicht verhindern.<br />
Denn Antiepileptika wirken<br />
wohl symptomatisch antikonvulsiv,<br />
bieten aber keine Neuroprotektion.<br />
»Aus kurativer Sicht<br />
scheint es gleichgültig zu sein, ob<br />
nach dem ersten oder erst zweiten<br />
Anfall eine Therapie eingeleitet<br />
wird«, so der Experte. Natürlich<br />
gibt es Zahlen aus Studien zur<br />
ungefähren Risikoerfassung, doch<br />
sind sie für die Praxis relevant? Da<br />
zeigt zum Beispiel eine Metaanalyse,<br />
die das Rezidivrisiko nach<br />
dem ersten unprovozierten Anfall<br />
untersuchte, ein Zweijahresrisiko<br />
von 42 %.<br />
Aber »Rückschlüsse aus solchen<br />
Analysen helfen für die Pra-<br />
Heft 3 / 2005 <strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong>
xis nicht weiter. Ausserdem<br />
schwanken die Angaben in den<br />
einzelnen Studien. Fasst man alle<br />
Zahlen zusammen, liegt das Risiko<br />
einer unnötigen Einstellung zwischen<br />
30 <strong>und</strong> 80 %.« Fest steht<br />
allerdings, dass das Risiko während<br />
der ersten sechs Monate am<br />
höchsten ist, <strong>und</strong> es steigt weiter<br />
nach dem zweiten unprovozierten<br />
Anfall auf 73 %.<br />
Diagnostische Schritte<br />
Nach dem ersten Anfall ist eine<br />
neurologische Abklärung unabdingbar.<br />
Neben einer genauen<br />
Anamnese, die bereits wichtige<br />
Hinweise auf die Ätiologie <strong>und</strong><br />
das vorliegende epileptische Syndrom<br />
geben kann, gilt es, jene Faktoren<br />
zu erfassen, die den Anfall<br />
möglicherweise ausgelöst haben.<br />
Und das können eine ganze Menge<br />
sein, wie z.B. Infekte, Fieber,<br />
Schlafentzug, Alkoholkonsum,<br />
prokonvulsive Medikamente<br />
(ganz besonders Theophyllin!).<br />
Das EEG sollte möglichst rasch<br />
nach dem Anfall durchgeführt<br />
werden. So finden sich bei Ableitung<br />
innerhalb von 24 h in mehr<br />
als 50 % der Fälle epileptiforme<br />
Entladungen, später sind es wesentlich<br />
weniger. Auch an ein<br />
Schlaf-EEG nach Schlafentzug<br />
sollte gedacht werden. Zwecks ätiologischer<br />
Abklärung <strong>und</strong><br />
insbesondere zur Erfassung symptomatischer<br />
Anfälle ist das MRI<br />
unerlässlich. Nicht zu vergessen<br />
natürlich das Labor: Blutbild,<br />
NBZ, BSG, CRP, Leber- <strong>und</strong> Nierenfunktionsproben,<br />
Elektrolyte,<br />
Gerinnung. „Mit einer ordentlichen<br />
Diagnostik kann man in 80<br />
% der Fälle das Ereignis zuordnen“,<br />
so Prof. Mamoli.<br />
Bei Risikofaktoren gleich Therapie<br />
starten Prof. Mamoli rät,<br />
nach dem ersten Anfall nur bei<br />
Vorliegen bestimmter Risikofaktoren<br />
eine antikonvulsive Thera-<br />
MEDIZIN<br />
pie einzuleiten: U Hinweise für<br />
eine fokal symptomatische oder<br />
kryptogene Epilepsie<br />
U Epilepsietypische EEG-Veränderungen<br />
U Hinweise für eine idiopathische<br />
generalisierte Epilepsie (Familienanamnese!)<br />
U Anfälle im Schlaf<br />
U Frühere provozierte Anfälle<br />
Nach dem 2. Anfall ist die<br />
Wahrscheinlichkeit hoch, dass es<br />
zu weiteren Manifestationen<br />
kommt. Deshalb ab dem zweiten<br />
Ereignis die Therapie einleiten.<br />
Wie lange behandeln?<br />
Eine Frage, die viel diskutiert<br />
wird. Auch hier geht es wieder um<br />
genaues Abwägen von Nutzen <strong>und</strong><br />
Risiko. »Natürlich gibt es ein Risiko,<br />
welches aber meiner Meinung<br />
nach doch in den meisten Fällen<br />
zumutbarer ist, als den Patienten<br />
lebenslang zu behandeln. Fragt<br />
<strong>Psyche</strong> <strong>und</strong> <strong>Soma</strong> Heft 3 / 2005 27