OB besteht auf Haltepunkt Luisenthal
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Erschienen:04.01.2006 / SZ / VK_LOK / BLOK15_1<br />
Ressort:Lokales<br />
Verfasser:von sz-redakteur<br />
bernhard geber< / I>Von SZ-Redakteurin<br />
Doris Döpke< / I><br />
<strong>OB</strong> <strong>besteht</strong> <strong>auf</strong> <strong>Haltepunkt</strong> <strong>Luisenthal</strong><br />
Schlechte Aussichten für die Rosseltal-<br />
Bahnstrecke<br />
Deutsche Steinkohle AG lässt noch Kohlezüge fahren Völklinger<br />
Verwaltungschef will Angebot mit mehr normalen Züge nach Saarbahn-Stopp<br />
nur als Zwischenlösung akzeptieren<br />
Der vorläufige Stopp des Saarbahn-Baus nach Völklingen bewegt die Gemüter.<br />
Oberbürgermeister Klaus Lorig betonte gestern, die Saarbahn sei für die Stadt<br />
unverzichtbar. Die Saarbahn <strong>auf</strong> der Rosseltal-Bahnstrecke, mit Anbindung ans lothringische<br />
Schienennetz: Davon träumen Bahn-Freunde im Warndt. Doch es gibt kaum Chancen, dass<br />
dieser Traum wahr wird.<br />
von sz-redakteur<br />
bernhard geberVon SZ-Redakteurin<br />
Doris Döpke<br />
Völklingen. Die Landesregierung hat entschieden, die Saarbahnstrecke von Saarbrücken bis<br />
Völklingen <strong>auf</strong> unbestimmte Zeit zurückzustellen. Als Ausgleich soll ab Ende 2007 ein Zug im 30-<br />
Minuten-Takt zwischen Völklingen und Saarbrücken verkehren (die SZ berichtete).<br />
Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) will diese Entscheidung allenfalls als Zwischenlösung<br />
hinnehmen, wie er gestern in einem SZ-Gespräch unterstrich. In einem Brief an<br />
Wirtschaftsminister Hanspeter Georgi betonte der Völklinger Verwaltungschef gestern bereits, dass<br />
er <strong>auf</strong> jeden Fall <strong>auf</strong> einem <strong>Haltepunkt</strong> in <strong>Luisenthal</strong> bestehe.<br />
Dieser <strong>Haltepunkt</strong>, so Lorig, sei dringend notwendig, um das brachfallende Gelände der Deutschen<br />
Steinkohle AG (DSK) zu entwickeln. Zusammen mit der geplanten Umgehungsstraße und den<br />
großzügigen Gruben-Parkplätzen biete sich <strong>Luisenthal</strong> als Umsteiger-Bahnhof an. Wenn man die<br />
Wirtschaftlichkeit von <strong>Luisenthal</strong> berechnen wolle, sei die Überlegung mit einzubeziehen, dass der<br />
IT-Park im Saarbrücker Stadtteil Burbach nur deshalb entstanden sei, weil man ihn bewusst<br />
entwickelt habe.<br />
Laut Lorig hat die im Koalitionsvertrag <strong>auf</strong> Bundesebene festgehaltene Absicht, die Zuschüsse für<br />
den öffentlichen Personennahverkehr zu kürzen, <strong>auf</strong> das Saarbahn-Projekt durchgeschlagen. Die<br />
Landesregierung habe deshalb entschieden, sich <strong>auf</strong> Strecken zu konzentrieren, die bereits im
Ausbau seien. Die Saarbahn bleibe dennoch für Völklingen unverzichtbar. Völklingen betrachte<br />
seinen Bahnhof als Weltkulturerbe-Bahnhof, und die Saarbahn spiele im Umstrukturierungsprozess<br />
für die Stadt eine große Rolle. Lorig: „Eine Verschiebung dieses Projektes ins zweite Jahrzehnt<br />
dieses Jahrtausends wäre sehr negativ.“<br />
Hans Agostini, Vorsitzender des Völklinger Wirtschaftskreises, äußerte gestern sein Bedauern, dass<br />
das Projekt <strong>auf</strong> Eis gelegt worden sei. Die Saarbahn-Verbindung von Völklingen in andere Städte<br />
sei eine wichtige Trasse, die mit Priorität zu sehen sei. Für Gewerbetreibende sei es wesentlich, den<br />
Kunden auch von den Verkehrsanbindungen her die Möglichkeit der freien Entscheidung zu<br />
schaffen. Völklingen setze mit <strong>auf</strong> Kundschaft, die sonst nach Saarbrücken oder Saarlouis fahre.<br />
Gisela Rink, Völklinger Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes, erfuhr die<br />
Nachricht vom Saarbahn-Stopp gestern durch einen SZ-Anruf während ihres Winterurlaubs im<br />
Allgäu. Rink sagte in einer ersten Stellungnahme: „Mir ist wichtig, dass die Leute gut von<br />
Völklingen nach Saarbrücken kommen – regelmäßig, zuverlässig und kostengünstig.“<br />
Manfred Bald<strong>auf</strong>, FDP-Landtagsabgeordneter aus Völklingen, sagte, seine Fraktion werde dieses<br />
Thema im Landtag zur Sprache bringen: „Es geht in die Richtung eines Skandals.“ Völklingen und<br />
kleinere Stadtteile würden „erneut abgehängt und benachteiligt“. Es sei völlig falsch, „die<br />
Prioritäten nur in Richtung Lebach zu setzen“. Unverständlich sei auch, warum der bessere Bahn-<br />
Takt bis Völklingen erst 2007 kommen solle. „Die Saarbahn muss nach Völklingen, und damit<br />
basta“, sagte Erik Kuhn, Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion. Alles andere bedeute einen<br />
weiteren Rückschlag für die Stadt. Das jetzige Umschwenken sei ein Beweis dafür, wie wenig man<br />
seitens des Landes wirklich bereit sei, Völklingen unter die Arme zu greifen.<br />
Schon im Juli vorigen Jahres hatten die Völklinger Grünen dafür plädiert, das normale Bahn-<br />
Angebot zu verbessern, anstatt <strong>auf</strong> die Saarbahn zu setzen. Ihr Sprecher Manfred Jost sagte nun:<br />
„Was mir missfällt, ist, dass man sich mit der Einführung des Halb-Stunden-Taktes zwei Jahre Zeit<br />
lassen will. Der muss spätestens im Sommer stehen.“ Völklingen/Großrosseln. Nicht nur<br />
Völklinger, sondern auch Großrosseler Hoffnungen richten sich <strong>auf</strong> die Saarbahn. Die Überlegung:<br />
Zwischen der Rosseltal-Bahnstrecke und dem lothringischen Bahnnetz fehlen nur wenige Gleisund<br />
Oberleitungskilometer. Erhielte man die Bahn-Anlagen beidseits der Grenze und schlösse die<br />
kurze Lücke, dann wäre der bisher schlecht ans Verkehrsnetz angebundene Warndt –<br />
grenzüberschreitend – über Schienenwege erschlossen. Und ein schnelles, attraktives<br />
Verkehrsmittel wie die Saarbahn gäbe dem Warndt für Zuzügler wie für Ausflügler größere<br />
Anziehungskraft.<br />
Doch die Chancen, dass im Warndt Saarbahn-Träume in Erfüllung gehen, stehen nicht gut. Die<br />
Deutsche Steinkohle AG (DSK), mit Kohle-Zügen vom Bergwerk Warndt nach Fürstenhausen<br />
bisher (fast) einzige Nutzerin der Rossel-Strecke, hat ihren Vertrag mit der Deutschen Bahn (DB)<br />
zum Jahreswechsel gekündigt – das teilte Gregor Zewe von der DSK-Pressestelle gestern <strong>auf</strong> SZ-<br />
Anfrage mit. Auf dem Bergwerksgelände lagere derzeit nur noch ein Kohle-Rest von 10000 bis<br />
20000 Tonnen. Den könne man notfalls auch über die Straße abtransportieren. Die DSK gehe aber<br />
davon aus, dass das von der DB eingeleitete Stilllegungsverfahren noch mindestens bis zur<br />
Jahresmitte dauern werde; bis dahin bleibe die Strecke betriebsbereit, so dass die DSK eventuell<br />
auch noch Kohle-Züge einsetzen könne.<br />
Zum Thema Strecken-Stilllegungen erklärt Hartmut Lange von der DB-Pressestelle, dass hier ein<br />
Standard-Verfahren gelte; das Eisenbahnbundesamt müsse jede Stilllegung genehmigen. Zuvor sei<br />
das Land als Träger des Regionalverkehrs gefragt: Wolle es eine Strecke erhalten, könne es sie von<br />
der DB übernehmen und einen Betreiber dafür suchen. Im Warndt ist aber keine Intervention des<br />
Landes geplant. Ja, es habe schon mal eine Studie gegeben über grenzüberschreitenden Ring-
Verkehr <strong>auf</strong> der Rossel-Strecke, sagt Christoph Britz von der Pressestelle des<br />
Wirtschaftsministeriums. Doch Verkehrs-Fachleute schätzten das Potenzial dieser Route als gering<br />
ein, „das hat keine sehr hohe Priorität“. Also „sieht es nicht so aus, als würde dort in den nächsten<br />
zehn Jahren eine Saarbahn fahren“. „Diese Entscheidung geht in die Richtung eines Skandals.“<br />
Manfred Bald<strong>auf</strong>, FDP<br />
Meinung<br />
Völklingen als Verlierer?<br />
von sz-redakteur<br />
Bernhard geber<br />
Zunächst sollte die Saarbahn 2007 in Völklingen einl<strong>auf</strong>en. Dann wurde wegen angeblich<br />
gravierender Grubenschäden an der Bahnstrecke durchs Saartal der Termin <strong>auf</strong> 2009 verschoben.<br />
Und nun heißt es sogar: <strong>auf</strong> unbestimmte Zeit. Wobei die Verantwortlichen die Schuld der<br />
unsicheren Lage nach dem Koalitionsvertrag in Berlin zuschieben. Doch das Vertrauen ist <strong>auf</strong> jeden<br />
Fall geschädigt.<br />
Die Saarbahn ist für Saarbrücken zu einer einzigen Erfolgs-Story geworden. Gleichzeitig haben die<br />
Völklinger für ihre Stadtentwicklung schon munter mit der Saarbahn geplant. Der Alte Bahnhof<br />
sollte sich zum Weltkulturerbe-Bahnhof entwickeln. Eine Haltestelle nahe des Stadtkerns sollte<br />
zusätzliche Belebung bringen. Und <strong>Luisenthal</strong> sollte nach der Grubenschließung neue Impulse<br />
durch einen Saarbahn-<strong>Haltepunkt</strong> erhalten.<br />
Die Landesregierung verspricht nun als Ausgleich Zusatz-Züge. Doch die Frage ist berechtigt,<br />
warum diese Verbesserung erst Ende 2007 kommen soll. Zudem braucht <strong>Luisenthal</strong> möglichst<br />
schnell seinen <strong>Haltepunkt</strong>, wenn das frühere Grubengelände zukunftsweisend entwickelt werden<br />
soll.