Festschrift
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90 JAHRE ST. MARTIN IN WINNEKENDONK<br />
werden müssen. Gleichzeitig wird für den Fall des Zuwiderhandelns mit der zwangsweisen<br />
Übernahme der Komiteeleitung durch den NSV gedroht.<br />
Die Einmischung durch die politischen Organe nahmen zwar immer mehr zu, doch wussten die<br />
Komiteemitglieder, allen voran der Vorsitzende Carl Schumacher, Mittel und Wege, den Martinszug so<br />
vorzubereiten und zu finanzieren, dass es für die Obrigkeit keine Veranlassung gab, einzuschreiten<br />
und in die Abwicklung entscheidend einzugreifen. Ebenso gelang es, den Brauch des Martinszuges<br />
und der abendlichen Nachfeier in der bisherigen Form fortzuführen.<br />
Jedoch niemand ahnte 1938, als St. Martin mit seinem Gefolge und der<br />
Kinderschar durch das Dorf zog, dass der Martinszug so schnell ein Ende<br />
finden würde. In diesem Jahr fand der letzte Martinszug vor dem Krieg<br />
statt, denn nach dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges am 01.<br />
September 1939 durfte wegen der allgemeinen Verdunkelung kein<br />
Martinszug mehr durchgeführt werden. Das Martinskomitee wurde jedoch<br />
nicht, obwohl es zur Untätigkeit verdammt war, aufgelöst.<br />
Am 27. Juni 1942 beklagte das Martinskomitee und mit ihm das ganze<br />
Dorf Winnekendonk den Tod des Mannes, der 1926 den Martinszug mit<br />
ins Leben gerufen hatte und in den folgenden Jahren seine Triebkraft<br />
gewesen war. An diesem Tag starb Carl Schumacher, der seit 1896<br />
Lehrer in Winnekendonk war und seitdem ununterbrochen bis zu seinem<br />
Tod zum Segen der Kinder und zum Wohl der Erwachsenen wirkte.<br />
Carl Schumacher<br />
Die nicht zum Kriegsdienst eingezogenen Mitglieder des Martinskomitees<br />
wählten daraufhin Johann Schülter zum neuen Vorsitzenden.<br />
Winnekendonk hatte lange Zeit den Krieg recht gut überstanden, bis dann am 28. Februar 1945 der<br />
größte Teil des Ortes bei schweren Kämpfen in Schutt und Asche gelegt wurde. Hierbei wurde sowohl<br />
die Schule als auch das Stammlokal des Martinskomitees „Zum<br />
Goldenen Apfel“ zerstört. Mit der Zerstörung des Gebäudes<br />
wurden auch die im Haus aufbewahrten herrlichen Kostüme und<br />
die Chronik des Martinskomitees vernichtet. Lediglich ein<br />
geringer Teil der sonstigen Unterlagen des Komitees - u.a. die<br />
Einladung zur ersten Versammlung - fielen der Zerstörung nicht<br />
zum Opfer.<br />
Die Mitglieder des Martinskomitees, soweit sie den Krieg überlebt<br />
hatten und nicht in Kriegsgefangenschaft waren, betrachteten die<br />
Entbehrungen der sechs Kriegsjahre als Auftrag, bei nächster<br />
sich bietender Gelegenheit wieder den Martinszug<br />
durchzuführen. Bereits am 11. November 1945 - also erst sechs<br />
Monate nach Kriegsende - ritt St. Martin, dargestellt von Gerhard<br />
van Doornick, auf seinem Schimmel inmitten der zwar ärmlich<br />
gekleideten aber fröhlich singenden Kinderschar durch das stark<br />
zerstörte Dorf. Nach einer Ansprache von St. Martin fand der Zug<br />
seinen Abschluss vor der Gaststätte von Tilla Geenen, dem<br />
heutigen Lokal „Zur Brücke“, wo ein Teil der Schüler, die<br />
Knabenoberklasse, seinen Unterricht erhielt. Da die Schule völlig<br />
in Trümmern lag, waren die Schulklassen bei Wiederaufnahme<br />
des Unterrichts auf die nicht zerstörten Gaststätten im Dorf<br />
verteilt.<br />
9<br />
Abrechnung Martinsjahr 1948 nach<br />
der Währungsreform vom 20.06.1948<br />
(Umstellung von RM auf DM)