Die Großgruppe als Selbsterfahrung in Altaussee ...

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illustriert das Beobachtungsprotokoll einer ersten Stunde, verfasst von Gisela Landwehr, aus dem ich eine Sequenz entnehmen möchte: Nachdem eine große Angst vor dem Aufgehen in der anonymen Masse herrschte, entwickelt die Gruppe das witzige Bild eines amorphen, schlabberigen Puddings. Der Pudding verkörpert die Angst vor der Auflösung in der anonymen Masse, gleichzeitig wird er als nahrhaft und süß schmeckend phantasiert, er dient also als Symbol der ambivalent besetzten archaischen Mutter bzw. der guten und der bösen Brust. Das ursprüngliche Lähmungsgefühl der Gruppe weicht später einem lustvollen assoziativen Phantasiespiel, wobei die Angst vor dem Zerfall der individuellen Grenzen durch exhibitionistische Lust überkompensiert wird. In der Phantasie strampelt die Gruppe im Pudding und pinkelt hinein, die Männer wetteifern miteinander, wer am schönsten, höchsten, wackeligsten pinkeln kann. Als die Gruppe ihre polymorph-perversen Phantasien entwickelt, werden die Scham- und Zensurgrenzen herabgesetzt. So entsteht die witzige Phantasie von der Gruppe als Hexenkessel. Der Gruppenleiter als Oberteufel wird ausgestoßen, nachdem er die Gruppe mit Hexen- und Teufelskindern geschwängert hat. Die Frauen greifen das mythologische Bild der Europa auf, die mit dem Stier Unzucht treibt. Wie kann nun der Gruppenleiter auf eine solche manische Verarbeitung paranoider Ängste in der Großgruppe reagieren? Ich habe gelernt, damit humorvoll umzugehen. Wenn der Gruppenleiter auf so einer regressiven Entwicklung in der Großgruppe ernsthaft reagiert, schüchtert er die Gruppe ein und hemmt vom Über-Ich her ihre weitere Entwicklung. Hingegen findet bei einem nachsichtigen, verständnisvollen Mitgehen mit der Gruppe - entgehen manchen Befürchtungen - keine maligne Regression statt. Die Gruppe beginnt nach einiger Zeit von sich aus, ihr Verhalten kritisch zu betrachten und sich ihren Problemen ernsthaft zu stellen. Sie durchschaut ihre scham- und schuldlosen Spiele. Die Gruppenmitglieder übernehmen die Verantwortung für das Geschehen in der Gruppe. Es dominieren nicht mehr die aggressiven kindlichen Phantasien, sondern eine reifere Form der Ironie und Selbstironie, die Kohut als ein Reifekriterium ansieht. Meine Rolle in der Gruppe wandelt sich vom Verführer zur Regression in die eines wohlwollenden Begleiters und Interpreten des Gruppengeschehens. Es ist eine Gratwanderung zwischen dem Mitagieren und der ironischen Distanz. Manchmal verstricke ich mich in die Gruppenphantasie oder werde verführt, meine narzisstischen Bedürfnisse in und durch die Gruppe zu befriedigen. Wenn ich mich dabei ertappe, versuche ich mein Verhalten zu ändern. Diese Ausführungen zeigen, dass die Großgruppe auch ein Experimentierfeld ist, wo sowohl die Gruppe als auch der Gruppenleiter spielerisch erproben können, was dann in den Kleingruppen auf einer persönlicheren Ebene bearbeitet werden kann. Dadurch kann das gleiche Geschehen auf einem archaischen und auf ödipalen Ebene stattfinden. Die Großgruppe widerspiegelt gesellschaftliche Verhältnisse. Sie teilt sich in Verführer und Verführte. Die schweigende Mehrheit ist leicht lenkbar, weil sie das Chaos fürchtet, wenn aber ihre Erwartungen enttäuscht sind, hat sie die Macht, die Gefolgschaft zu verweigern, die Protagonisten zu stürzen und durch neue zu ersetzen. Zusammenfassend lässt sich etwas plakativ sagen, dass die Großgruppe der Ort der Begegnung mit dem Fremden und den Fremden, aber auch der Freiheit und Grenzenlosigkeit ist. Die Kleingruppe hingegen ist der Ort der Vertrautheit und der Intimität, aber auch der Einengung und Verstrickung. Im Laufe der Woche verwischen sich diese scharfen Gegensätze. Die Großgruppe kann intim und die Kleinfamilie fremd werden.
In beiden Gruppenformen unternehmen wir eine Reise in die Vergangenheit. In der Kleingruppe begegnen uns vertraute Gestalten, die wir lieben und hassen, mit denen wir lebenslang verstrickt sind und aus deren Fängen wir uns nur schwer befreien können. In der Großgruppe unternehmen wir eine Reise in ein fremdes Land, wo wir unsere kindliche Unschuld wieder zu finden hoffen. Im kindlichen Paradies, wo Gut und Böse nicht unterschieden werden können, hoffen wir in einer zeitlosen Welt zu leben, ohne Tod und Leid. Unterwegs begegnen uns allerlei Ungeheuer und Gespenster. Es sind unsere nächsten Bezugspersonen. Die verlorene kindliche Unschuld finden wir nie, dafür liefern wir uns Schlammschlachten und verstricken uns in alte Schuld und Scham. Gestärkt durch diese Kämpfe und bewaffnet mit neuen alten Illusionen, alles anders machen zu können, treten wir die Heimreise in den vertrauten Alltag an. Und nun stellt sich die Gretchenfrage, was gewinnen wir bei dieser Odyssee? Auf diese Frage gibt es nur Bruchstücke einer Antwort. Die definitive Antwort auf diese Frage muss ich Ihnen schuldig bleiben, hoffe sie aber in zwanzig Jahren bei unserem nächsten Jubiläum geben zu können.
Seite 1 und 2: Die Großgruppe als Selbsterfahrung
Seite 3: narzisstischen Versuchungen überwi

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