Diplomarbeit_Silvana_Ge
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ABSCHLUSSARBEIT<br />
SILVANA GERARDS, AKD KÖLN, 2016<br />
MENTOR: KAI KULLEN<br />
KORREKTORAT: CHRISTA GERARDS<br />
ÜBER DIE LESBARKEIT VON TYPOGRAFIE HINSICHTLICH<br />
NEUESTER NEUROWISSENSCHAFTLICHER ERKENNTNISSE
07<br />
EINLEITUNG<br />
10<br />
12<br />
14<br />
WIE LIEST DAS AUGE?<br />
DAS AUGE – DER IMPERFEKTE SENSOR<br />
TUNNELBLICK, SAKKADEN, FIXATIONEN<br />
MOBILES FENSTER<br />
18<br />
20<br />
22<br />
24<br />
26<br />
28<br />
30<br />
32<br />
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
BUCHSTABENERKENNUNG<br />
DIE ABSTRAKTION DER BUCHSTABEN<br />
EIN NEURONALES PANDÄMONIUM<br />
ÜBERLEGENE WÖRTER<br />
DIE WAHRNEHMUNGSINVARIANZ<br />
WORTBÄUME<br />
PHONOLOGISCHES LESEN<br />
LESE(R)ARTEN<br />
36<br />
40<br />
44<br />
46<br />
58<br />
FORSCHUNG<br />
LESBARKEIT<br />
METHODEN UND PARAMETER<br />
LESBARKEITSVERGLEICH PAPIER UND DISPLAY<br />
EIGENE EMPIRISCHE LESBARKEITSUMFRAGE<br />
VALIDITÄT
62<br />
64<br />
66<br />
70<br />
72<br />
74<br />
76<br />
78<br />
GESTALTUNG<br />
SCHRIFTWAHL<br />
SCHRIFTGRÖSSE<br />
BUCHSTABEN<br />
WORTABSTAND<br />
ZEILEN<br />
SATZART<br />
KURSIVE<br />
INTERAKTION VON FAKTOREN<br />
81<br />
DYSLEXIE<br />
85<br />
FAZIT<br />
88<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
90<br />
QUELLENVERZEICHNIS<br />
92<br />
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG
EINLEITUNG<br />
Lesen ist das Beherrschen eines Kommunikationswegs, der eine kulturelle<br />
Erfindung ist. Für das Medium dieses Kommunikationswegs – die<br />
Schrift – herrscht vor allem unter Laien, jedoch manchmal sogar noch<br />
unter Designern das Credo, dass eine Schrift schön und lesbar sein<br />
sollte.<br />
Laut des Schriftgestalters Walter Tracy gibt es bei einer Schrift nicht das<br />
Kriterium der Lesbarkeit, sondern der Leserlichkeit, da die Leserlichkeit<br />
die Unterscheidbarkeit von Buchstaben betrifft, während Lesbarkeit<br />
dagegen ein generalisierter Begriff ist, der sich auf das Ganze bezieht<br />
– wenn man eine Zeitung eine gewisse Zeit lang lesen kann, so ist sie<br />
lesbar. 01 Lesbarkeit bezieht sich somit auf den Lesefluss, der ein Zusammenspiel<br />
aus mehreren Faktoren ist: Text, typografische Faktoren,<br />
kulturelle Faktoren, Lesesituation und der individuelle Leser.<br />
In der folgenden Arbeit wird zunächst das physiologische Lesen<br />
hinsichtlich des Auges und der neuronalen Prozesse thematisiert, die<br />
während des Lesens stattfinden. Dem folgend wird auf die Forschung<br />
von Lesbarkeit eingegangen, um danach zu überprüfen, was die Ergebnisse<br />
der Forschung für die <strong>Ge</strong>staltung von und mit Typografie bedeuten.<br />
Anschließend wird das Phänomen der Dyslexie angerissen, dem<br />
mein Fazit folgt, das den Abschluss dieser Arbeit bildet.<br />
01 Jan Filek, Read / ability, 2013, S. 5<br />
07
WIE<br />
LIEST<br />
DAS<br />
AUGE?
WIE LIEST DAS AUGE?<br />
DAS AUGE – DER IMPERFEKTE SENSOR<br />
Jeder Leser verfügt über einen Sensor, die Retina, wo Wörter in Form von Lichtund<br />
Schattenflecken ankommen, die zuerst nicht als linguistische Zeichen zu<br />
entschlüsseln sind. Auf der Retina werden die von einer Textseite reflektierten<br />
Fotonen projiziert, welche jedoch nur in ihrem Zentrum, der Fovea, mit hoher<br />
Auflösung rezipiert werden. 02 Somit sehen wir nur mit der Fovea scharf – außerhalb<br />
der Fovea nimmt die Fotorezeptoren-Dichte ab. Dieser etwa 15 Grad<br />
des Sehfelds 03 abdeckende Bereich ist die einzige Zone der Retina, die für das<br />
Lesen wirklich nützlich ist. Die gesehene Fläche entspricht in etwa der Größe<br />
einer Weintraube, die sich auf Armlänge entfernt befindet.<br />
Die visuelle Wahrnehmung des Menschen ist eine Illusion von der Wirklichkeit<br />
– eine virtuelle Szene wie in dem Film Matrix, die scheinbar scharf gesehen<br />
wird, deren Kehrseite jedoch nie gesehen werden kann. 04<br />
In einer Studie an der Universität Bielefeld wurde herausgefunden, dass der<br />
Eindruck des scharfen Sehens daher rührt, dass der unscharfe Seheindruck<br />
von Objekten außerhalb der Fovea mit dem scharfen Seheindruck nach der<br />
gezielten Blickbewegung zum Objekt verknüpft wird. Sieht ein Mensch im<br />
Augenwinkel unscharf ein Objekt, vergleicht sein <strong>Ge</strong>hirn dieses aktuelle Bild<br />
mit gespeicherten präzisen Bildern von Objekten. Findet das <strong>Ge</strong>hirn ein passendes<br />
Bild, ersetzt es den unscharfen Eindruck durch ein präzises Bild aus dem<br />
<strong>Ge</strong>dächtnis. Der unscharfe Seheindruck wird also ersetzt, bevor sich die Augen<br />
tatsächlich bewegen. 05<br />
Die Tatsache, dass sich das <strong>Ge</strong>hirn die virtuelle Szene selbst zusammenbaut,<br />
lässt sich auch besonders gut beobachten, wenn ein Objekt in den blinden<br />
Fleck unseres Sichtfelds gerät: es verschwindet. An diesem Fleck befinden sich<br />
keine Fotorezeptoren, sodass man in diesem Bereich blind ist.<br />
Das <strong>Ge</strong>hirn vervollständigt das Sichtfeld – entweder durch die umliegende<br />
visuelle Information oder über eine Ergänzung durch das Sichtfeld des anderen<br />
Auges. Weiter interpretiert das <strong>Ge</strong>hirn das spiegelverkehrte Sehen des Auges:<br />
Objekte erscheinen durch Lichtbrechung spiegelverkehrt auf der Retina. 06<br />
10<br />
02 Vgl. Stanislas Dehaene, Lesen, S. 23<br />
03 Vgl. E. Bruce Goldstein, Sensation and perception, 2009, S. 51<br />
04 Vgl. Dehaene, S. 25, 26<br />
05 Vgl. http://www.wissenschaft.de/leben-umwelt/hirnforschung/-/journal_con<br />
tent/56/12054/4710295/Vorgegaukelte-Sehsch%C3%A4rfe/ [09.05.2016, 16.43 Uhr]<br />
06 Vgl. Filek, S. 17
80°<br />
80°<br />
60° 60°<br />
40°<br />
Blinder Fleck<br />
40°<br />
20° 20°<br />
0°<br />
Sehnerv<br />
Fovea<br />
# 1<br />
11
WIE LIEST DAS AUGE?<br />
TUNNELBLICK, SAKKADEN, FIXATIONEN<br />
TUNNELBLICK<br />
Der Augensensor nimmt nur die Stelle präzise wahr, an der wir unseren Blick<br />
festmachen – alles außerhalb dieses Ausschnitts ist unscharf im <strong>Ge</strong>gensatz zu<br />
einer Fotokamera, bei der die Auflösung des Sensors homogen ist. Wie scharf<br />
wir Buchstaben wahrnehmen hängt nur bedingt von der Größe der Buchstaben<br />
ab: Buchstaben dürfen nicht zu klein sein, damit sie nicht unter der Auflösungsgrenze<br />
der Fovea liegen. Ab dieser Größe ist es bezüglich der Schärfe völlig<br />
gleich, wie groß die Buchstaben sind. Da große Buchstaben jedoch viel Platz auf<br />
der Retina benötigen und an den Rand des Sehfeldes rücken, je größer sie sind,<br />
so können weniger Buchstaben im scharfen Sichtfeld wahrgenommen werden,<br />
was sich als Lesehindernis darstellt. 07<br />
SAKKADEN, FIXATIONEN<br />
Weil der Bereich des scharfen Sehens sehr klein ist, müssen die Augen permanent<br />
ruckartige Bewegungen vollziehen, welche beim Lesen als gleitende<br />
Bewegungen empfunden werden. Diese ruckartigen Augenbewegungen heißen<br />
Sakkaden, sie sind in bis zu 15 Prozent der Fälle regressiv und dauern nur 20<br />
Millisekunden.<br />
Nach einem Augensprung ruht der Blick auf einem Wort und fixiert es,<br />
weshalb diese Phase als Fixation bezeichnet wird. Sie dauert ca. 200 bis 250<br />
Millisekunden. In einer Fixation werden zehn bis zwölf Buchstaben erkannt:<br />
drei bis vier links vom Zentrum der Fixation, sieben bis neun Buchstaben rechts<br />
davon. Dies ist durch die Leserichtung begründet – Leser des Hebräischen<br />
würden sieben bis neun Buchstaben links vom Zentrum der Fixation erkennen. 08<br />
12<br />
07 Vgl. Dehaene, S. 24<br />
08 Vgl. Filek, S. 21, 22
# 2<br />
Dies ist ein Beispiel, wie Augensprünge<br />
beim Lesen verlaufen können. Die<br />
Kreise deuten die scharf gesehenen<br />
Teile je Fixation an, gestrichelte Linien<br />
Vorwärtssprünge, durchgezogene Rücksprünge.<br />
# 3<br />
13
WIE LIEST DAS AUGE?<br />
MOBILES FENSTER<br />
Bei einer Sakkade werden ca. sieben bis neun Buchstaben übersprungen<br />
– während dieses Sprungs sind wir gewissermaßen blind. Dies wurde bei<br />
einer Studie von McConkie und Rayner festgestellt, in der die Probanden ein<br />
Eyetracking-<strong>Ge</strong>rät trugen, das ihre Augenbewegungen aufzeichnete, während<br />
sie einen Text auf einem Bildschirm lasen.<br />
Es war jedoch nur die Illusion eines Textes – die Probanden lasen durch ein<br />
„mobiles Fenster“. Es wurden immer 15 Zeichen um die Fixation gezeigt, indes<br />
der Rest des Textes durch ein „x“ maskiert wurde.<br />
Das Ergebnis dieser Studie war, dass die Probanden diese Manipulation nicht<br />
merkten. Außerhalb des fovealen Bereichs, dem parafovealen und peripherem<br />
Bereich, sind also keine Buchstaben mehr zu erkennen. 09<br />
In einer Studie von Schneider und Hilgers an der Humboldt-Universität zu<br />
Berlin konnte untersucht werden, dass die Lesegeschwindigkeit bei der „Mobiles<br />
Fenster“-Methode abnimmt, da die Sakkadenweite verkürzt ist. Also steigt<br />
die Lesegeschwindikeit enorm, sobald man keine Sakkaden mehr machen<br />
muss.<br />
Rayner und McConkie fanden heraus, dass die Lesegeschwindigkeit auf bis<br />
zu 1600 Wörtern pro Minute gesteigert werden kann, wenn die Wörter konstant<br />
an der Stelle des fixierten Blicks auf dem Display gezeigt werden. Der Lesedurchschnitt<br />
beträgt 300 Wörter pro Minute.<br />
Bei der Studie von Schneider und Hilgers konnte jedoch auch festgestellt<br />
werden, dass dieser erzwungene fixierte Blick die Leser irritierte – dieses Lesen<br />
ohne Sakkaden muss neu erlernt werden.<br />
Hilgers und Schneider haben jedoch auch zusätzlich herausgefunden, dass<br />
beim Lesen ein grafisches parafoveales Vorverarbeiten stattfindet: man kann<br />
auch im unscharfen Sichtfeld, Wortlängen, Zeilenverlauf, ... etc. erkennen.<br />
Den Probanden wurde im maskierten Text zwischendurch Wörter eingefügt,<br />
die sie im parafovealen Bereich wahrnahmen, und die dort erkannten, was sie<br />
irritierte. Somit werden auch Informationen über die grafische Verarbeitung des<br />
Textes und der Typografie bezogen. 10<br />
So können auch gut erkennbare Ober- und Unterlängen die Wahrnehmung im<br />
Unschärfebereich zu stützen.<br />
14<br />
09 Vgl. Dehaene, S. 27, 28<br />
10 http://www2.hu-berlin.de/reha/eye/Parafoveales%20Lesen.pdf, [15.05.2016, 23.04 Uhr]
Lange Zxxx xxx xxx xxxx xxxxxxxx xxxxxxxx.<br />
xxxxx xeit bin ich xxxx xxxxxxxx xxxxxxxx.<br />
xxxxx xxxx xxx xxx früh schlxxxx xxxxxxxx.<br />
xxxxx xxxx xxx xxx xxxx xxxxafen gexxxxxx.<br />
xxxxx xxxx xxx xxx xxxx xxxxxxxx xxgangen.<br />
# 4
WIE<br />
LIEST<br />
DAS<br />
GEHIRN?
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
BUCHSTABENERKENNUNG<br />
Früher wurde angenommen, dass man Wörter anhand ihrer Form erkannte<br />
– dies wäre jedoch nicht effizient, wenn man bedenkt, dass eine Person, die<br />
45 Jahre alt ist und ungefähr eine Stunde lang am Tag liest, ca. eine Milliarde<br />
Zeichen entziffert hat. An den kanadischen Universitäten in Montreal und<br />
Victoria ist durch Studien belegt worden, dass vor allem die Strichenden und die<br />
horizontalen Merkmale für die Buchstabenerkennung relevant sind. 11<br />
Die kritischen Endungen und horizontalen Merkmale sind oft genau die Teile<br />
der Buchstaben, die sie voneinander unterscheiden.<br />
Das j unterscheidet sich vom i lediglich durch den Schweif – genauso wie das y<br />
vom v und das Q vom O. Das A ist oft fast ein umgedrehtes V mit horizontalem<br />
Strich, und die Buchstaben c und e werden auch durch einen horizontalen<br />
Strich unterschieden, der beim e die Punze bildet.<br />
Die Buchstaben c, e und o sind bei schlechten Sichtverhältnissen und zu kleiner<br />
Schriftgröße besonders schnell zu verwechseln, woran man die Wichtigkeit<br />
der Unterscheidungsmerkmale besonders gut erkennen kann. 12<br />
18<br />
11 Vgl. tdlc.ucsd.edu/publications/2008-2009/features_for_identification.pdf, [16.05.2016, 00.47 Uhr]<br />
12 Vgl. Filek, S. 26
# 6<br />
Die markantesten Merkmale von Buchstaben<br />
# 7<br />
Logo des TV-Senders arte<br />
Ein Etikett, das in der Kunstmesse „ART COLOGNE 2016“ hing. Es war wohl für<br />
den Galeristen noch akzeptabel, weil das Wesentliche noch zu lesen ist.<br />
19
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
DIE ABSTRAKTION DER BUCHSTABEN<br />
1988 konnte zum ersten Mal bildlich festgehalten werden, welche Hirnareale<br />
durch das Hören aktiviert werden. 13 Eine wichtige Erkenntnis der letzten Jahre<br />
ist, dass das <strong>Ge</strong>hirn Sprache offenbar kulturabhängig organisiert – so benutzen<br />
z. B. Chinesen und Europäer andere Hirnstrukturen, um ähnliche Sprachfunktionen<br />
zu kontrollieren und zu generieren.<br />
Das Lesen erfordert von unserem <strong>Ge</strong>hirn bemerkenswerte Lernleistungen<br />
hinblicklich der Assoziation von Zeichen zu semantischen Bedeutungen. Im<br />
Zuge des Lernprozesses wird – meist im Alter von 4–15 Jahren – ein komplexes<br />
Assoziationsgedächtnis angelegt. Dies ist möglich, da Hirnstrukturen für visuelle<br />
Wortformen auch mit den Strukturen für Emotion, <strong>Ge</strong>dächtnis und Sprache<br />
verbunden sind. 14<br />
Es gibt jedoch kein spezielles Areal, das auf das Erkennen von Schrift spezialisiert<br />
ist – wir nutzen ein bereits vorhandenes kombinatorisches Objekterkennungssystem<br />
zur Erkennung von Schrift.<br />
Wir erkennen Objekte anhand von „Protobuchstaben“. Biedermann schlägt<br />
36 „Protobuchstaben“ vor, die er jedoch als „<strong>Ge</strong>ons“ (geometric icons) bezeichnet.<br />
15 Die wesentlichen <strong>Ge</strong>ons werden aus Schnittpunkten zwischen Konturen<br />
formiert – es sind Konfigurationen der Formen T, F, Y und O.<br />
Löscht man diese Formen innerhalb einer Abbildung, so ist sie nicht mehr zu<br />
decodieren. Diese Formen wurden während der Evolution möglicherweise<br />
deshalb gewählt, weil sie einen für die Kodierung vieler visueller Szenen nützlichen<br />
Fundus bilden: wenn ein <strong>Ge</strong>genstand einen anderen verdeckt, treffen ihre<br />
Umrisse fast immer in einer T-Verbindung aufeinander. 16<br />
20<br />
13 Siehe Filek, S. 28<br />
14 Vgl. Lutz Jäncke, <strong>Ge</strong>nesen und Grenzen der Lesbarkeit, hg. von Philipp Stoellger, 2007, S. 35–37<br />
15 Vgl. John R. Anderson, Kognitive Psychologie, 2007, S. 65<br />
16 Vgl. Dehaene, S. 154, 155
F<br />
Y<br />
T<br />
T<br />
# 8<br />
# 9<br />
21
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
EIN NEURONALES PANDÄMONIUM<br />
Es gibt eine vielfältige Forschung über die Erkennung von Buchstaben und<br />
Wörtern, die untersucht, wie der Zugriff auf unser mentales Buchstaben- und<br />
Wortlexikon erfolgt und von welchen Variablen er gesteuert wird.<br />
1959 hat Oliver Selfridge den Prozess der Buchstabenerkennung mit einer<br />
Versammlung von Dämonen verglichen, dem „Pandämonium“.<br />
Die Metapher des „Pandämoniums“ ist das folgende Bild: man stelle sich eine<br />
Arena vor, in der zehntausende Dämonen miteinander wetteifern. Jeder Dämon<br />
vertritt genau ein Wort und sobald ein Wort auf der Retina erscheint, wird es<br />
von den Dämonen gleichzeitig geprüft. Der Dämon, der im Stimulus die meisten<br />
Argumente für sein Wort findet, gewinnt.<br />
Selfridges Modell inspirierte ein Modell von Daivd Rumelhart und Jay<br />
McClelland aus dem Jahr 1981, das die parallele Buchstabenverarbeitung auf<br />
verschiedenen Ebenen beschreibt und sie mit einer Parlamentsabstimmung<br />
vergleicht. Laut diesem Modell gibt es drei hierarchische Ebenen: am Eingang<br />
befinden sich Neuronen, die für die Merkmalserkennung zuständig sind, Linien<br />
in verschiedenen Winkeln und Krümmungen. Die Detektoren dieser Ebene<br />
stimmen wie in einem Parlament für oder gegen einen Buchstaben ab, wodurch<br />
sie die Detektoren der nächsten Ebene hemmen oder erregen. Beispielsweise<br />
stimmen sie für den Buchstaben A aber gegen T.<br />
In der Mitte befinden sich die Einheiten, die die Worterkennung unterstützen:<br />
Die Detektoren für A und N stimmen z. B. für das Wort „BAND“, stimmen aber<br />
gegen Wörter, in denen diese Buchstaben nicht vorkommen.<br />
Zuletzt stimmen die „Abgeordneten“ der Wortebene für oder gegeneinander.<br />
Konkurrierende Wörter hemmen einander gegenseitig: Das Wort „BAND“ ist z. B.<br />
nicht mit dem Wort „BART“ in Einklang zu bringen.<br />
Dieses Modell entspricht genau wie das Pandämonium-Modell den Merkmalen<br />
unseres Nervensystems. Es besteht aus 100 000 Millionen Neuronen und<br />
ist der Urtyp eines Systems, in dem sehr viele Elemente einfache Aufgaben<br />
parallel bearbeiten und Koalitionen bilden, die durch die Vermittlung erregender<br />
und hemmender Synapsen untereinander konkurrieren. 17<br />
22<br />
17 Vgl. Dehaene, S. 56–60
Dieses konnektionistische Modell profitiert auch von den „Bottom-up“- und<br />
„Top-down“-Effekten: Es wird nicht nur von unten nach oben hin gearbeitet, die<br />
höheren Ebenen, also die Worterkennungsebene, arbeitet konzeptgesteuert<br />
und kann Wörter aus dem Kontext heraus erkennen. Auf dieser Ebene spielt das<br />
lexikalische Vorwissen eine Rolle. 18 Deshalb ist es unerheblich, wenn nur wenige<br />
Buchstaben verändert sind: Fevnseher, Schokqlade. Aufgrund des Kontextes<br />
und des lexikalischen Vorwissens sind „Fernseher“ und „Schokolade“ zu lesen.<br />
Es gibt eine vielfältige Forschung über die Erkennung von Buchstaben und<br />
Wörtern, die untersucht, wie der Zugriff auf unser mentales Buchstabenund<br />
Wortlexikon erfolgt und von welchen Variablen er gesteuert wird – dabei<br />
wurden einige Worterkennungseffekte charakterisiert: wie der Wortüberlegenheitseffekt<br />
von <strong>Ge</strong>rald Reicher (1969) nach dem Buchstaben leichter erkannt<br />
werden, sofern sie in Wörter eingebunden sind. Zudem gibt es u. a. auch den<br />
Worthäufigkeitseffekt: häufige Wörter werden schneller erkannt als seltene.<br />
18 Vgl. http://www.teachsam.de/psy/psy_wahrn/psy_wahrn_3_4_2.htm, [25.04.2016, 12.24 Uhr]<br />
23
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
ÜBERLEGENE WÖRTER<br />
Rumelharts und McClelands Modell ist ein sogenanntes „interaktives Aktivierungsmodell“,<br />
da es beschreibt, wie Neuronenknoten sich gegenseitig aktivieren<br />
und hemmen. Es ist konnektionistisch, da es neuronale Netze beschreibt. Es<br />
erklärt den Wortüberlegenheitseffekt: Bei in Wörtern eingebetteten Buchstaben<br />
erfolgt die Aktivierung sowohl auf Buchstaben- als auch auf Wortebene, während<br />
isolierte Buchstaben nur eine Aktivierung auf Buchstabenebene erfahren.<br />
Weiter erklärt es auch den Worthäufigkeitseffekt: Häufige Wörter erreichen<br />
schneller die Aktivierungsschwelle als seltene Wörter.<br />
Man lese diesen Satz:<br />
Dieser Blechhaufen vor dem Tor scheint Dein Auto zu sein.<br />
Das <strong>Ge</strong>hirn kommt beinah mühelos mit diesem Satz zurecht, obwohl sich die<br />
Buchstaben c und e, n und u, u und v sehr ähnlich sind.<br />
Psychologen erklären die problemlose Entschlüsselung der Wörter mit dem<br />
sogenannten „Wortüberlegenheitseffekt“:<br />
Wir können einen einzelnen Buchstaben nicht erkennen, ohne sofort vom<br />
Kontext zu profitieren, in dem er präsentiert wird. Wenn dieser Kontext ein<br />
Wort oder ein Wortfragment darstellt, ermöglicht er den Zugang zu weiteren<br />
Kodierungsebenen (Grapheme, Silben, Morpheme), deren „Stimmen“ (von den<br />
neuronalen Dämonen) sich zu denen der Buchstaben addieren und die Wahrnehmung<br />
erleichtern.<br />
Die Einheiten von der höheren Abstimmungsebene schließen sich also zusammen,<br />
um die Erkennung von Buchstaben zu begünstigen, die mit ihrer eigenen<br />
Deutung übereinstimmen. Was wir sehen, hängt also davon ab, was wir zu<br />
sehen glauben.<br />
Eine Begrenzung des Modells liegt darin, dass es nicht berücksichtigt, dass<br />
bei der Worterkennung auch das phonologische System beteiligt ist. 24 Bevor<br />
das phonologische System jedoch beteiligt ist, werden Buchstaben erkannt und<br />
Wörter hinsichtlich ihrer einzelnen Bestandteile analysiert.<br />
24<br />
24 Vgl. Ursula Christmann, Kognitionspsychologische Ansätze, hg. von Ursula Rautenberg,<br />
Ute Schneider, 2016, S. 24, 25
Die meisten werden hier zunächst „Metallica“ lesen – ganz einfach, weil der<br />
Neologismus „Mellatica“ einem Wort hinreichend ähnelt, sodass die Buchstaben<br />
einfach erkannt werden.<br />
Zudem findet hier eine Art Worthäufigkeitseffekt ab, da das Wortlogo „Metallica“<br />
schon oft gesehen wurde, weshalb die „Voten“ der neuronalen Dämonen für<br />
die einzelnen Buchstaben nicht so gewichten wie der Kontext, der durch den<br />
markanten Anfangs- und Endbuchstaben dominiert ist.<br />
25
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
DIE WAHRNEHMUNGSINVARIANZ<br />
Selbst bei einer großen Varianz von Schriftgößen und Schriftarten ist es dem<br />
Leser möglich, Wörter gut erkennen zu können – Psychologen bezeichnen<br />
dieses Phänomen als „Wahrnehmungsinvarianz“.<br />
Es gibt drei Arten von Wahrnehmungsinvarianzen hinsichtlich von Typografie:<br />
Zum einen die Schriftgröße – die Buchstabengröße eines Wortes kann um den<br />
Faktor 50 variieren, ohne dass das Lesen beeinträchtig wird.<br />
Die zweite Art der Invarianz bezieht sich auf die Positionierung eines Wortes:<br />
während des Lesens fixiert die Fovea ein Wort leicht links von seinem Zentrum.<br />
Wie bereits beschrieben ist das Auge ein imperfekter Sensor und es reüssiert<br />
nicht immer bei der Punktlandung. Bei kurzen Wörtern ist es jedoch egal, wo<br />
fixiert wird. Zudem können wir, sofern die Schriftgröße groß genug ist, Wörter im<br />
parafovealen Bereich erkennen.<br />
Die dritte Art der Invarianz bezieht sich auf die Type, ihre verschiedenen<br />
Schnitte, Minuskeln und Majuskeln. UnSeR <strong>Ge</strong>HiRn wIrD mIT gRoßEn VArIaNzEn<br />
FeRTig – es interessiert sich allein für die invariante Erkennung der Buchstabenfolge<br />
und Buchstabenmerkmale.<br />
<strong>Ge</strong>rade weil unser <strong>Ge</strong>hirn zahlreiche Variationen herausfiltert, die für das Lesen<br />
irrelevant sind, sind gerade winzige Details zur Unterscheidung der Buchstaben<br />
relevant. 19<br />
Im hypothetischen Modell von Dehaene, Cohen, Sigman und Vinckier (siehe<br />
Abb. #10) lässt sich nachvollziehen, dass das <strong>Ge</strong>hirn ab einem bestimmten<br />
Punkt Wörter abstrahiert – die Schriftart und Schriftgröße sind ab einer<br />
bestimmten Phase der Worterkennung egal. Auf der ersten Ebene werden<br />
Kontraste erkannt, auf der nächsten Striche in verschiedenen Winkeln. Diese<br />
Information verarbeiten Neuronen auf der dritten Ebene weiter – dort werden<br />
Buchstabenfragmente erkannt.<br />
Die Kombination dieser Informationen ermöglicht es Neuronen der vierten<br />
Ebene, einfache Formen zu erkennen,wozu wahrscheinlich auch Buchstaben<br />
gehören. 20<br />
26<br />
19 Vgl. Dehaene, S. 30–33<br />
20 Vgl. Filek, S. 39
7. Kleine Wörter,<br />
häufige Ketten<br />
(z. B. Morpheme)<br />
Sprachliche Verarbeitung<br />
TENT<br />
Beispiele:<br />
resistent,<br />
renitent,<br />
latent<br />
6. Lokale Bigramme<br />
EN<br />
Beispiele:<br />
er, ch, in, ie, ge,<br />
te<br />
5. Abstrakte Identität<br />
der Buchstaben<br />
4. Form der Buchstaben,<br />
Schriftart<br />
3. Lokale Konturen,<br />
Buchstabenfragmente<br />
E<br />
E<br />
E<br />
2. <strong>Ge</strong>richtete Striche<br />
1. Lokaler Kontrast<br />
Visuelle Verarbeitung<br />
# 10<br />
27
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
WORTBÄUME<br />
In der Neurowissenschaft herrscht die Hypothese, dass Wörter in unserem<br />
<strong>Ge</strong>hirn hierarchisch repräsentiert werden. Die Buchstaben jedes geschriebenen<br />
Wortes gruppieren sich zu größeren Einheiten, sodass Wörter in Form einer<br />
Verästelung repräsentiert werden. 21 Wahrscheinlich existieren mehrere Analyseebenen<br />
gemeinsam:<br />
Auf der untersten Ebene wird der Buchstabe analysiert, dann das Buchstabenpaar<br />
(Bigramm), das Graphem, die Silbe, das Morphem, und schließlich das<br />
Wort. 22<br />
Durch die verschiedenen Ebenen wird ein Wort schnell erkannt und Fehler<br />
werden ignoriert, was in dem sogenannten Bahnungseffekt begründet liegt.<br />
Man spricht von einem Bahnungseffekt, weil das Lesen eines Wortes die Erkennung<br />
verwandter Wörter „anbahnt“. Damit dieser Effekt wirkt, genügt es, wenn<br />
Wörter ein bestimmtes Morphem teilen, um sich wechselseitig anzubahnen:<br />
Werden einer Person zwei Wörter gezeigt, die sich Morpheme teilen, so ist das<br />
zweite gezeigte Wort für die Person schneller auszusprechen. Wenn sich zwei<br />
Wörter stark ähneln, auf der Ebene der Morpheme aber nichts miteinander zu<br />
tun haben („Ente“, „Rente“), findet keine Bahnung statt. 23<br />
28<br />
21 Vgl. Dehaene, S. 34<br />
22 Siehe a. a. O., S. 37<br />
23 Siehe a. a. O., S. 35
entwürdigen<br />
ent würdig en<br />
ent wür dig en<br />
e n t w ü r d i g e n<br />
# 11<br />
29
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
PHONOLOGISCHES LESEN<br />
Sobald die Buchstaben erkannt sind und die Wörter in ihre Einzelteile zerlegt<br />
sind, beginnt die phonologische Erkennung des Wortes. Es wird noch geforscht,<br />
wie viele Wege es bei der phonologischen Worterkennung gibt.<br />
Zum einen gibt es die Zwei-Wege-Modelle: sie postulieren, dass es einen<br />
indirekten phonologischen Zugang zur Worterkennung gibt.<br />
Bei bekannten und häufig vorkommenden Wörtern sowie bei Wörtern mit<br />
irregulärer Aussprache wird laut diesen Modellen direkt über dem visuellen<br />
Weg ein Eintrag im mentalen Lexikon aktiviert. Der Weg über die phonologische<br />
Recodierung bei seltenen und Pseudowörtern ist langsamer und mühsamer<br />
und wird vor allem von ungeübten Lesern eingeschlagen.<br />
Zwei-Wege-Modelle weisen jedoch Schwächen auf – sie können z. B. den<br />
Konsistenzeffekt nicht erklären. Es ist für die Lesegeschwindigkeit wichtiger,<br />
dass die Aussprache eines Wortes konsistent als dass sie regelmäßig ist. Zudem<br />
ist das Modell primär auf die englische Sprache zugeschnitten, die sehr viele<br />
Wörter mit unregelmäßiger Aussprache enthält – mehr als z. B. im Deutschen.<br />
Solche Probleme versuchen sogenannte Triangel-Modelle zu überwinden.<br />
Sie gehen davon aus, dass bei der Worterkennung immer auf subsymbolischer<br />
Ebene phonologische, orthographische und semantische Informationen parallel<br />
verarbeitet werden. Die Schnelligkeit der Worterkennung hängt nach diesen<br />
Modellen davon ab, ob ein Wort konsistent oder inkonsistent ausgesprochen<br />
wird – der Wortstamm wird in unterschiedlichen Wörtern immer gleich oder<br />
unterschiedlich ausgesprochen.<br />
Zukünftig ist wohl zu erwarten, dass Hybrid-Modelle entwickelt werden, die<br />
die besten Merkmale aller Modelle enthalten, da nun noch keines in der Lage<br />
ist, alle experimentellen Befunde zu erklären. 25<br />
30<br />
25 Vgl. Christmann, S. 26–28
Quelle<br />
Merkmals-<br />
Erkennung<br />
Orthographisches<br />
Input<br />
Lexikon<br />
Semantisches<br />
System<br />
Graphem-<br />
Phonem-<br />
System<br />
Phonologisches<br />
Output<br />
Lexikon<br />
Buchstabenerkennung<br />
Phonem-<br />
System<br />
Sprache<br />
hemmende Verbindung<br />
erregende Verbindung<br />
# 12<br />
Zwei-Wege-Modell von Coltheart<br />
31
WIE LIEST DAS GEHIRN?<br />
LESE(R)ARTEN<br />
Es gibt bei Lesbarkeitsstudien eine erhebliche Varianz der Ergebnisse hinsichtlich<br />
der Lesbarkeit und Lesezeit von Schriften. Dies liegt in vielen verschiedenen<br />
Faktoren begründet: z. B. der bisherigen Leseerfahrung, des Alters, sprachlicher<br />
Barrieren, Sehbeeinträchtigungen und der Lesemotivation.<br />
Diese Faktoren sind meist viel schwergewichtiger als jeder Effekt einer typografischen<br />
Variabel.<br />
Mit der Lesemotivation und der ihr entsprechenden Leseart sowie des<br />
Typografie-Maßstabs, der zu welcher Leseart gehört, haben sich Willberg und<br />
Forssman auseinandergesetzt. Sie teilen die verschiedenen Lesearten in acht<br />
Gruppen ein: lineares Lesen (Roman), informierendes Lesen (Zeitung), differenzierende<br />
Typografie (wissenschaftlich), konsultierendes Lesen (Lexikon), selektierendes<br />
Lesen (Schulbuch), Typografie nach Sinnschritten (für Leseanfänger),<br />
aktivierende Typografie (Magazin), und inszenierende Typografie (Typografie<br />
als autonomeres <strong>Ge</strong>staltungsmittel). Bei diesen acht verschiedenen Lesearten<br />
werden beim Lesen von Information unterschiedliche Ziele verfolgt.<br />
Wie bereits erwähnt ist auch das Lebensalter eines Lesers ein entscheidender<br />
Faktor für die Lesbarkeit einer Schrift und die Lesedauer.<br />
In einer empirischen Studie von Sven Neumann (betreut von Prof. Florian Adler<br />
an der HTW Berlin), in der die Leserlichkeit von Schrift im öffentlichen Raum<br />
untersucht wurde, wurde festgestellt, dass Teilnehmer im Test in der<br />
Altersgruppe über 60 Jahre am schlechtesten abschnitten. Eine Besonderheit<br />
im Vergleich der Altersgruppen sind die bis 25- und bis 40-Jährigen. Im Test<br />
konnten die bis 40-Jährigen alle Schriften früher lesen als die bis 25-Jährigen.<br />
Martin Liebig konnte auch bei einer empirischen Studie konstatieren, dass die<br />
unter 18-Jährigen und die über 56-Jährigen beim Lesen am Bildschirm die<br />
meiste Zeit benötigen. 26<br />
Zitat rechts aus: Petra Eisele, Isabel Naegele, Texte zur Typografie, Positionen zur Schrift, 2012, S. 25<br />
32<br />
26 Vgl. Martin Liebig, Browser Typografie, betreut von Prof. Dr. Ulrich Pätzold, Prof. Dr. Günther Rager,<br />
Universität Dortmund, 2007, S. 301
„Neutrale<br />
Typografie<br />
gibt<br />
es<br />
nicht.“<br />
Hans P. Willberg
34
FORSCHUNG
FORSCHUNG<br />
LESBARKEIT<br />
Die Lesbarkeitsforschung erstreckt sich über mehrere Bereiche: über die Linguistik,<br />
in der die Lesbarkeit hinsichtlich Orthographie untersucht wird, die wiederum<br />
Lesbarkeit über den Versuch einer Normierung von der Schreibung von<br />
Wörtern zu erlangen versucht – nicht normalisierte Texte gelten als „unlesbar“.<br />
Die Textlinguistik und die kognitive Psychologie beschäftigen sich mit<br />
Textverständnis und Textverständlichkeit (sprachliche Einfachheit, semantische<br />
Kürze / Redundanz, kognitive Gliederung / Ordnung und motivationale Stimulanz).<br />
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich die linguistische und die<br />
kognitiv-psychologische Forschung mit den sprachlichen Faktoren der Lesbarkeit<br />
beschäftigen. Typografische Faktoren werden zwar zur Kenntnis genommen,<br />
aber meist unter dem Begriff der Leserlichkeit peripher untersucht. 27<br />
Die Lesbarkeitsforschung der Wahrnehmungspsychologie ist im Allgemeinen<br />
das, was <strong>Ge</strong>stalter unter Lesbarkeitsforschung verstehen. Die Unterscheidung<br />
der Begriffe „Lesbarkeit“ und „Leserlichkeit“ wurden eingangs in der Einleitung<br />
dieser Arbeit erwähnt – in der Lesbarkeitsforschung der Wahrnehmungspsychologie<br />
1926 wurde erstmalig von R. L. Pyke erkannt, dass es notwendig ist, die<br />
beiden Begriffe eindeutig voneinander abzugrenzen und zu definieren. 28 Später<br />
erkannte man jedoch, dass zwischen der Lesbarkeit einer Schrift im laufenden<br />
Text und der Erkennbarkeit einzelner Buchstaben eine Abhängigkeit besteht.<br />
Leserlichkeit beschreibt die intrinsischen Merkmale und vor allem die<br />
Deutlichkeit einer Schrift, während Lesbarkeit das Layout umschreibt, in dem<br />
ein Text gestaltet wird. Der Typograf <strong>Ge</strong>offrey Dowding stellte fest, dass eine<br />
unleserliche Schrift nicht lesbar gemacht werden kann, jedoch kann eine<br />
sehr leserliche Schrift durch ungünstige Spationierung, Größe, ... etc, unlesbar<br />
gemacht werden kann. 29<br />
In frühen Studien bis Pyke war die Leserlichkeit von Schriften das Hauptkriterium,<br />
seit Gagel und bis heute beherrscht der Leitparameter der Lesegeschwindigkeit<br />
die Lesbarkeitsstudien.<br />
In den Lesbarkeitsstudien setzte sich seit den 1930ern das Kriterium „Schnelligkeit“<br />
als Leitparameter durch, da es in Experimenten leichter zu messen ist. 30<br />
Das Schnelligkeitskriterium ist objektiv, nicht zu unterschätzen sind auch die<br />
subjektiven Lesbarkeitskriterien. Martin Liebig konstatierte in einem Experiment,<br />
36<br />
27 Vgl. Anne Rose König, Alles Buch, 2004, S. 22<br />
28 Vgl. a. .a. O., S. 29<br />
29 Vgl. Ole Lund, Knowledge construction in typography: the case of legibility research, 1999,<br />
5. Auflage, 2014, S. 19<br />
30 Vgl. a. .a. O., S. 30
ei dem Lesbarkeit an Bildschirmen untersucht wurde, dass die Times schnell<br />
gelesen werden konnte – sie war also objektiv gut lesbar –, doch wurde sie<br />
von den Probanden nicht als gut lesbar wahrgenommen. Vielmehr scheinen<br />
Lesende dazu zu tendieren, Schriftarten als „gut lesbar“ zu empfinden, die sie<br />
„attraktiv“ finden – oder umgekehrt. 31<br />
Die Wahl der Schrift ist laut einer Umfrage von Anne Rose König das wichtigste<br />
Lesbarkeitskriterium für Typografen. Dieser Umfrage ist jedoch insgesamt<br />
zu entnehmen, dass auch unter Typografen keine eindeutige Definition von<br />
Lesbarkeit herrscht. Es hat auch immer Strömungen gegeben, in denen der<br />
Stellenwert der Lesbarkeit in Frage gestellt wurde: z. B. bei Paul Renners frühen<br />
Entwürfen für die Futura (1925), Wim Crouwels 1967 gestaltetem „Neu Alphabet“<br />
oder den Typografen Neville Brody und David Carson in den 1980er- und<br />
1990er-Jahren. 32<br />
König stellt fest, dass optimale Lesbarkeit durch zwei Hauptfaktoren beeinflusst<br />
wird: durch das Rezeptionsobjekt (z. B. ein Buch) und durch die Rezeptionssituation<br />
(allgemeine Situation, individueller Leser). 33<br />
Königs Definition von Lesbarkeit ist auf das Buch als Rezeptionsobjekt beschränkt,<br />
weshalb noch weitere Einflussfaktoren genannt werden können.<br />
31 Vgl. Liebig, S. 5<br />
32 Vgl. Filek, S. 65<br />
33 Vgl. König, S. 75–124<br />
37
FORSCHUNG<br />
Anne Rose Königs Einflussfaktoren der Lesbarkeit eines Buches:<br />
Rezeptionsobjekt<br />
Text<br />
Orthografie, sprachlicher Stil, inhaltliche Struktur<br />
Typografische Faktoren<br />
Schrift<br />
Buchstabenabstand, Wortabstand<br />
Schriftgröße, Zeilenlänge und -abstand<br />
Satzart, Seitenumbruch, Textgliederung<br />
Seitenformat, Satzspiegel, Ränder, Grauwert<br />
Materialität des Rezeptionsobjekts<br />
Rezeptionssituation<br />
Kulturelle Faktoren<br />
Beurteilung bestimmter Schrifttypen<br />
Typografische Standards und <strong>Ge</strong>wohnheiten<br />
Orthografische Normen<br />
Lesesituation<br />
Ort<br />
Umgebung, Lesehaltung, Leseabstand, Lesewinkel<br />
# 13<br />
Zitat rechts aus: König, S. 72<br />
38
„ Ich lese, um den Sinn eines<br />
Textes oder Wortes zu verstehen.<br />
Wenn irgend ein Umstand<br />
einen noch so geringen Bruchteil<br />
meiner Aufmerksamkeit<br />
– natürlich unbewusst – vom<br />
Inhalt ablenkt, ist das Lesen<br />
beeinträchtigt. Dann sprechen<br />
wir von schlechter Lesbarkeit.“<br />
Hans P. Willberg<br />
39
FORSCHUNG<br />
METHODEN UND PARAMETER<br />
Wie bereits erwähnt war Pyke der Erste, der erkannte, dass die Begrifflichkeit<br />
von Leserlichkeit und Lesbarkeit geklärt werden müsste, weshalb es bis 1926<br />
nur sehr unklare Ergebnisse von Lesbarkeitsstudien gab – im Grunde wurde bis<br />
dahin nur die Leserlichkeit von Schriften erforscht. Durch die unklare Begrifflichkeit<br />
gab es bis dahin auch keine Klarheit über die für das Erkenntnisinteresse<br />
benötigten Messmethoden. Nach Pyke erfolgte zunächst eine getrennte<br />
Forschung von Lesbarkeit und Leserlichkeit – später erkannte man jedoch, dass<br />
die „Lesbarkeit einer Schrift im laufenden Text und die Erkennbarkeit ihrer einzelnen<br />
Buchstaben und Buchstabenkombinationen unter Schwellenbedingung<br />
doch nicht ganz unabhängig von einander sind.“<br />
Pyke, Tinker, Wendt, Rehe, Lund und Christmann haben die wichtigsten Methoden<br />
zur Erfassung von Lesbarkeit zusammengefasst. Die meisten Methoden<br />
lassen sich in zwei übergeordnete Gruppen einteilen:<br />
Mit den Methoden der ersten Gruppe lässt sich bestimmen, ab welchem<br />
Schwellenwert etwas erkennbar ist. Mittels dieser Methoden können jedoch keine<br />
Rückschlüsse auf die Lesbarkeit von längeren Texten entnommen werden 34<br />
– diese werden mit den Methoden der zweiten Gruppe gemessen, die auf den<br />
Verstehensprozess und den Verstehensprodukt bezogen sind. 35<br />
Die produktorientierten Methoden können laut Christmann wiederum in textnahe<br />
und textferne Methoden eingeteilt werden.<br />
40<br />
34 Vgl. Filek, S. 72<br />
35 Vgl. Christmann, Literalität. Bildungsaufgabe und Forschungsfeld, hg. von Andrea Bertschi-<br />
Kaufmann und Cornelia Rosebrock, 2009, S. 181
Erkennungsschwellenwerte für Buchstaben und Wörter:<br />
Dauer<br />
Buchstaben und Wörter blitzen für eine definierte Dauer auf. Der Zeitraum dieser<br />
Präsentation wird sukzessive bis zur Erkennung des Reizes durch den Teilnehmer<br />
erhöht.<br />
Distanz<br />
Der Abstand zu Buchstaben oder Wörtern wird schrittweise verringert, bis die<br />
Teilnehmer den Reiz erkennen.<br />
Helligkeit<br />
Bei konstanter Distanz wird die Beleuchtung von Buchstaben und Wörtern<br />
schrittweise erhöht und verringert, bis diese erkannt werden.<br />
Schärfe<br />
Buchstaben und Wörter werden mit gleichbleibendem Abstand zunächst unscharf<br />
dargestellt und schrittweise schärfer präsentiert, bis der Reiz erkannt wird.<br />
Winkel<br />
Ermittelt wird, bis zu welchem Sehwinkel ein Reiz im parafovealen und peripheren<br />
Bereich der Wahrnehmung erkannt werden kann.<br />
# 14<br />
41
FORSCHUNG<br />
Bedingungen und Korrelate des Leseverstehens<br />
Wortkenntnis<br />
Eine grundlegende Anforderung beim Lesen besteht darin, auf das mentale<br />
Lexikon zuzugreifen – die Schnelligkeit des lexikalischen Zugriffs hängt vom<br />
Ausmaß und der Flüssigkeit der Wortkenntnis ab.<br />
Vorkenntnis<br />
Choice-Tests eingesetzt, die dann immer neu zu konstruieren sind.<br />
Zur Erfassung des Vorwissens werden in der Regel inhaltsspezifische Multiple-<br />
Arbeitsgedächtniskapazität<br />
Um das Arbeitsgedächtnis zu messen, wurde ein Lesespanntest entwickelt – dabei<br />
werden zusammenhangslose Sätze auf Verständnis gelesen und das jeweils<br />
letzte Wort dieser Sätze behalten. Die Anzahl der Sätze, bei denen dies gelingt,<br />
ist ein Indikator für die Lesespanne.<br />
Messmethoden des Lese-Verstehensprozesses<br />
Lesezeiten<br />
Die Messung der Lesezeit beruht auf der Annahme, dass die gemessene Zeit<br />
ein Maß für den kognitiven Aufwand beim Lesen darstellt. Die Moving-Window-<br />
Technique ist eine geläufige Methode.<br />
Eye-Tracking<br />
Bei dieser Methode werden die Sakkaden, Fixationen und Regressionen observiert.<br />
Lidschläge<br />
Messung der Häufigkeit des Blinzelns während des Lesens von Text – je häufiger<br />
man blinzelt, je schlechter die Lesbarkeit.<br />
Ermüdung<br />
Neuere Studien messen den kognitiven Aufwand über die Erfassung der <strong>Ge</strong>hirnaktivität<br />
– wie in einer Studie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (2011),<br />
bei der die Aktivierung des Thetabandes über EEG-Messung erfasst wurde.<br />
Priming-Technik<br />
Priming = Bahnungseffekt. In einem typischen Priming-Experiment werden kurz<br />
hintereinander zwei Wörter geboten, von denen das zweite Wort, also der Zielreiz<br />
reaktionsrelevant ist und beurteilt werden muss.<br />
Lexikalische<br />
Entscheidungsaufgaben<br />
Bei lexikalischen Entscheidungsaufgaben liest der Probant einen Satz oder einen<br />
kurzen Text und muss schnell entscheiden, ob ein nachfolgendes ein „Wort“<br />
oder ein „Nicht-Wort“ ist.<br />
Wiedererkennen<br />
Ermittelt wird, bis zu welchem Sehwinkel ein Reiz im parafovealen und peripheren<br />
Bereich der Wahrnehmung erkannt werden kann.<br />
42
Textnahe Erhebungsmethoden<br />
Lückentest<br />
Der klassische Lückentest basiert auf Einsetz- bzw. Ergänzungsprozessen. Beim<br />
erstmaligen Lesen gilt die Anzahl der richtig eingesetzten Wörter als Maß für die<br />
Lesbarkeit des Textes.<br />
Multiple-Choice-Aufgaben<br />
Bei Multiple-Choice-Aufgaben stehen verschiedene Antwortmöglichkeiten zur<br />
Verfügung, wobei die richtige Antwort angekreuzt werden muss.<br />
Verifikationsverfahren<br />
Bei diesem Verfahren müssen die Versuchspersonen vorgegebene Sätze<br />
hinsichtlich ihrer Richtigkeit beurteilen.<br />
Textferne Erhebungsmethoden<br />
Beantwortung von Fragen<br />
zum Text<br />
Mit solchen Fragen können sowohl erworbenes Faktenwissen, Überblickswissen<br />
und Zusammenhangswissen erhoben als auch das tiefere Textverständnis<br />
geprüft werden.<br />
Wiedergabeverfahren<br />
Die vier gängigsten sind: freie Reproduktion, strukturierte freie Wiedergabe,<br />
gelenkte Reproduktion und Zusammenfassungen.<br />
Ordnungsaufgaben<br />
Dies sind Aufgaben, bei denen die Reihenfolge der Sätze oder Abschnitte<br />
des Ursprungstextes zerstört wird und der Rezipient die richtige Reihenfolge<br />
wiederherstellen muss.<br />
Weitere Messmethoden<br />
Suche<br />
<strong>Ge</strong>messen wird die Zeit, die ein Leser benötigt, um beispielsweise ein Wort in<br />
einer größeren Textmenge oder Tabelle zu finden.<br />
Meinung<br />
Befragung des Lesers zu dessen Meinung über den Atmosphärenwert, die<br />
Wirkung oder die Lesbarkeit einer Schrift. oder typografischen Anordnung.<br />
# 14<br />
43
FORSCHUNG<br />
LESBARKEITSVERGLEICH:<br />
PAPIER UND DISPLAY<br />
Die fortschreitende Digitalisierung hat eine tiefgreifende Verzahnung digitaler<br />
Informationen mit persönlichen Lebensbereichen verursacht, jedoch ist nicht<br />
das „papierlose Büro“ bereits im Jahr 1975 von <strong>Ge</strong>orge E. Pake, einem der damalig<br />
führenden Köpfe bei Xerox, prognostiziert worden ist, verwirklicht worden. 36<br />
Das Papier ist stets noch nicht aus unserem Alltag verbannt, und seit Beginn der<br />
Digitalisierung wurde der Leseprozess auf einem Bildschirm mit dem Leseprozess<br />
auf Papier verglichen.<br />
Seit den frühen Studien der 1980er und 90er Jahre, die das Lesen vom Bildschirm<br />
mit dem Lesen vom Papier miteinander verglichen, gibt es den Mythos,<br />
dass die Lesegeschwindigkeit am Bildschirm um rund 30 % im Vergleich zur<br />
Lesegeschwindigkeit am Papier abnimmt.<br />
Die frühen Vergleichs-Studien fanden jedoch an Röhrenbildschirmen statt: In<br />
der Studie von Muter, Latrémouille, Treurniet und Beam (1982) wurde der<br />
Computertext auf einem Fernseher projiziert – weiße Schrift auf blauem Hintergrund.<br />
Auf dem Papier wurde diese Kontrastkombination jedoch nicht fortgeführt<br />
und der Text wurde in schwarzer Schrift auf weißem Papier gezeigt.<br />
1984 konfrontierten Gould und Grischkowsky ihre Versuchsteilnehmer mit<br />
hellgrünem Text auf dunkelgrauem Grund und verglichen die Rezeptions-Messergebnisse<br />
mit denen, die sie für vergleichbare Texte in schwarzer Schrift auf<br />
weißem Papier erhielten. Ebenfalls wenig verwertbar erscheint die Studie von<br />
Wilkinson und Robinshaw aus 1987: Die Forscher präsentierten ihre Bildschirmtexte<br />
ebenfalls in „hellgrün auf dunkelgrau“; die Unterschiede zwischen Papier<br />
und Monitor lagen wiederum etwa bei 20 Prozent zugunsten des Papiers.<br />
Weiter sind diese Studien nicht mehr relevant, da bei Röhrenbildschirmen die<br />
Bildwiederholfrequenz ein charakteristischer Faktor ist, die dadurch gekennzeichnet<br />
ist, dass das Bild mehrmals in der Sekunde aufgebaut wird, was in<br />
einer mehr oder weniger ausgeprägten Flimmersensation resultiert, die das<br />
Lesen verlangsamt. 37 Deshalb sollte man sich auf neue Studien berufen, die<br />
nicht mehr an Röhrenbildschirmen durchgeführt wurden.<br />
Neben dem Bildschirmflimmern nennt Martina Ziefle die Bildauflösung sowie<br />
die Helligkeitskontraste als zentrale Faktoren bei der Informationsdarstellung<br />
auf elektronischen Medien, indem Ziefle mit 20 Probanden die Leseleistung<br />
von Papier mit der Leseleistung an einem Bildschirm abglich, der eine Auflö-<br />
44<br />
36 Vgl. Martina Ziefle, ▼Literatur und Digitalisierung, hg. von Christine Grond-Rigler und Wolfgang<br />
Straub, 2013, S. 223, 224<br />
37 Vgl. Ziefle, S. 237
sung von 60 dpi aufwies, und einem weiteren Monitor mit einer Auflösung von<br />
120 dpi. Selbst am hochauflösenden Bildschirm fiel die Lesegeschwindigkeit<br />
um gut zehn Prozent langsamer aus als von der Papiervorlage, am niedriger<br />
aufgelösten Schirm waren es sogar runde 15 Prozent. Die Papiervorlage erwies<br />
sich damit in diesem Experiment als signifikant überlegen gegenüber beiden<br />
Monitorarten. 38<br />
Des Weiteren stellte Ziefle in Studien (2004, 2007) fest, dass die Anisotropie<br />
von LCD-Bildschirmen die Erkennungsgeschwindigkeit beeinflusst. Ein Display<br />
ist anisotrop, wenn Leuchtdichte und Kontrast um mehr als 10 % zwischen<br />
dem zentralen und dem seitlichen Betrachtungswinkel variieren. Effekte der<br />
Anisotropie sind besonders bei Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahren und<br />
bei Erwachsenen mittleren und höheren Alters (40–60 Jahre) ausgeprägt. Bei<br />
jungen Erwachsenen liegen die durch Anisotropie verursachten Performanzeinbußen<br />
zwischen 10 und 20 %. 39<br />
Ein weiterer wichtiger Einfluss bei der Rezeptionssituation am Bildschirm<br />
ist der Betrachtungswinkel. Speziell LC-Displays besitzen einen sogenannten<br />
bevorzugten Betrachtungswinkel. Von diesem Winkel aus betrachtet hat das<br />
Display einen optimalen Kontrast. Die meisten Displays werden für den bottom<br />
view (BV) genannt produziert. Dieser Betrachtungswinkel entspricht dem eines<br />
Taschenrechners, welcher flach auf dem Tisch liegt. 40<br />
Anhand der bis hier angeführten Erkenntnisse ist die 30 %-Verlangsamung der<br />
Lesegeschwindigkeit an Bildschirmen, die man in den 80ern meinte erkannt zu<br />
haben, nicht zu bestätigen. Selbst die Schwierigkeiten durch die Anisotropie der<br />
LCDs erreichen nicht diese 30 % – es muss auch bedacht werden, dass man<br />
den Kopf während des Lesens auch nicht dramatisch bewegt.<br />
An der Johannes Gutenberg Universität in Mainz wurde in einer Studie erwiesen,<br />
dass die Lesegeschwindigkeit am Tablet-PC am höchsten ist und dass der<br />
Vorteil der Informationsverarbeitung auf einem Tablet-PC mit zunehmendem<br />
Alter immer größer wird. Das spricht dafür, dass wir unabhängig von der Vertrautheit<br />
mit derartigen <strong>Ge</strong>räten im Alter stärker von dieser Art der Darstellung<br />
der Information profitieren. Subjektiv empfanden die Probanden das Papier am<br />
angenehmsten, was jedoch nicht unserer neuronalen Realität entspricht.<br />
38 Vgl. Liebig, S. 69<br />
39 Vgl. Ziefle, S. 20, 21<br />
40 Siehe http://display-magazin.net/thema/fernseher/betrachtungswinkel, [09.08.2016, 00.45 Uhr]<br />
45
FORSCHUNG<br />
EIGENE EMPIRISCHE UMFRAGE ZUR<br />
LESBARKEIT VON SCHRIFTEN<br />
Ich habe zwei empirische Online-Umfragen erstellt – an der ersten Umfrage<br />
nahmen 79 Menschen teil. 53 waren Nicht-Designer und 26 Designer. Dies ist<br />
heraus zu kristallisieren, da die Teilnehmer zu Beginn Angabe zu Ihrem beruflichen<br />
Bezug zu Design und zu ihrem Alter machen mussten.<br />
An der zweiten Umfrage nahmen insgesamt 89 Menschen teil – darunter waren<br />
68 Laien.<br />
Die Probanden sollten Schriftarten hinsichtlich Lesbarkeit, Attraktivität und bei<br />
der ersten Frage sogar hinsichtlich Komfort bewerten. Wie auf den Abbildungen<br />
ersichtlich, habe ich oft die Rezeptionsbedingungen erschwert durch die<br />
Positionierung des Textes, bzw. der Aufschrift. Weiter waren die Bilder für die<br />
Probanden nicht vergrößerbar, somit konnte das Lesen nicht individuell erleichtert<br />
werden.<br />
Die Schriftarten habe ich nach verschiedenen Kriterien ausgewählt: Manche<br />
Schriftarten sind Laien vermutlich bekannt, wie die Arial und die Times New<br />
Roman. Die Futura ist ein Bauhaus-Klassiker, der noch stets beliebt bei Designern<br />
ist. Des Weiteren wurden Schriftarten eingesetzt wie z. B. die Josefin Slab<br />
oder Advent Pro, von denen ausgegangen werden kann, dass sie Laien völlig<br />
unbekannt sind.<br />
46
TEILNEHMER ERSTE UMFRAGE<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Design-Beruf<br />
Alter<br />
10<br />
0<br />
Nein Ja 18 bis 30 31 bis 40 41 bis 50 ab 51<br />
TEILNEHMER ZWEITE UMFRAGE<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
Design-Beruf<br />
Alter<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Nein Ja 18 bis 30 31 bis 40 41 bis 50 ab 51<br />
47
FORSCHUNG<br />
ERSTE FRAGE<br />
MENGENTEXTE<br />
A)<br />
UNSER LANGWEILIGER SCHEISS<br />
VON BERND BEGEMANN<br />
Als nach zwei Stunden die erste fremdenfeindliche Wortmeldung kam, waren meine<br />
Nachbarn fast erleichtert. Nur ein Nazi auf dieser Infoveranstaltung des Bezirksamtes,<br />
ein überschaubares Ärgernis. Denn es handelte sich bloß um einen alten Säufer, der<br />
eher mit sich selbst zu schimpfen schien. Ich saß zu weit weg, um zu beurteilen, ob ihm<br />
das Mikrofon vielleicht sogar IRONISCH gereicht wurde.<br />
„Das kann ja wohl nicht angehen“, ereiferte er sich tastend, „dass den Ausländern alles<br />
in den Hintern geschoben wird und den Rentnern hier …, also die Rentner hier müssen<br />
hungern!“<br />
„Danke für diesen Beitrag“, sagte der sachlich-freundliche Diskussionsleiter und sammelte<br />
das Mikrofon wieder ein.<br />
„Dieser alte Narr“ dachten vielleicht einige.<br />
Das wirklich Unglaubliche, so unbegreiflich, dass wir herkommen und es uns von einer<br />
Menschenmenge bestätigen lassen mussten, ist doch dies: Da gibt es wirklich welche,<br />
die ihr Leben riskieren, um hier bei uns sein zu dürfen.<br />
Hier bei uns und unserem langweiligen Scheiß.<br />
B)<br />
UNSER LANGWEILIGER SCHEISS<br />
VON BERND BEGEMANN<br />
Als nach zwei Stunden die erste fremdenfeindliche Wortmeldung kam, waren meine<br />
Nachbarn fast erleichtert. Nur ein Nazi auf dieser Infoveranstaltung des Bezirksamtes,<br />
ein überschaubares Ärgernis. Denn es handelte sich bloß um einen alten Säufer, der<br />
eher mit sich selbst zu schimpfen schien. Ich saß zu weit weg, um zu beurteilen, ob<br />
ihm das Mikrofon vielleicht sogar IRONISCH gereicht wurde.<br />
„Das kann ja wohl nicht angehen“, ereiferte er sich tastend, „dass den Ausländern<br />
alles in den Hintern geschoben wird und den Rentnern hier …, also die Rentner hier<br />
müssen hungern!“<br />
„Danke für diesen Beitrag“, sagte der sachlich-freundliche Diskussionsleiter und sammelte<br />
das Mikrofon wieder ein.<br />
„Dieser alte Narr“ dachten vielleicht einige.<br />
Das wirklich Unglaubliche, so unbegreiflich, dass wir herkommen und es uns von einer<br />
Menschenmenge bestätigen lassen mussten, ist doch dies: Da gibt es wirklich welche,<br />
die ihr Leben riskieren, um hier bei uns sein zu dürfen.<br />
Hier bei uns und unserem langweiligen Scheiß.<br />
C)<br />
UNSER LANGWEILIGER SCHEISS<br />
VON BERND BEGEMANN<br />
Als nach zwei Stunden die erste fremdenfeindliche Wortmeldung kam, waren meine<br />
Nachbarn fast erleichtert. Nur ein Nazi auf dieser Infoveranstaltung des Bezirksamtes,<br />
ein überschaubares Ärgernis. Denn es handelte sich bloß um einen alten Säufer, der eher<br />
mit sich selbst zu schimpfen schien. Ich saß zu weit weg, um zu beurteilen, ob ihm das<br />
Mikrofon vielleicht sogar IRONISCH gereicht wurde.<br />
„Das kann ja wohl nicht angehen“, ereiferte er sich tastend, „dass den Ausländern alles<br />
in den Hintern geschoben wird und den Rentnern hier ..., also die Rentner hier müssen<br />
hungern!“<br />
„Danke für diesen Beitrag“, sagte der sachlich-freundliche Diskussionsleiter und sammelte<br />
das Mikrofon wieder ein.<br />
„Dieser alte Narr“ dachten vielleicht einige.<br />
Das wirklich Unglaubliche, so unbegreiflich, dass wir herkommen und es uns von einer<br />
Menschenmenge bestätigen lassen mussten, ist doch dies: Da gibt es wirklich welche, die<br />
ihr Leben riskieren, um hier bei uns sein zu dürfen.<br />
Hier bei uns und unserem langweiligen Scheiß.<br />
D)<br />
UNSER LANGWEILIGER SCHEISS<br />
VON BERND BEGEMANN<br />
Als nach zwei Stunden die erste fremdenfeindliche Wortmeldung kam, waren meine Nachbarn fast<br />
erleichtert. Nur ein Nazi auf dieser Infoveranstaltung des Bezirksamtes, ein überschaubares Ärgernis. Denn<br />
es handelte sich bloß um einen alten Säufer, der eher mit sich selbst zu schimpfen schien. Ich saß zu weit<br />
weg, um zu beurteilen, ob ihm das Mikrofon vielleicht sogar IRONISCH gereicht wurde.<br />
„Das kann ja wohl nicht angehen“, ereiferte er sich tastend, „dass den Ausländern alles in den Hintern<br />
geschoben wird und den Rentnern hier …, also die Rentner hier müssen hungern!“<br />
„Danke für diesen Beitrag“, sagte der sachlich-freundliche Diskussionsleiter und sammelte das Mikrofon<br />
wieder ein.<br />
„Dieser alte Narr“ dachten vielleicht einige.<br />
Das wirklich Unglaubliche, so unbegreiflich, dass wir herkommen und es uns von einer Menschenmenge<br />
bestätigen lassen mussten, ist doch dies: Da gibt es wirklich welche, die ihr Leben riskieren, um hier bei<br />
uns sein zu dürfen.<br />
Hier bei uns und unserem langweiligen Scheiß.<br />
E)<br />
UNSER LANGWEILIGER SCHEISS<br />
VON BERND BEGEMANN<br />
Als nach zwei Stunden die erste fremdenfeindliche Wortmeldung<br />
kam, waren meine Nachbarn fast erleichtert. Nur ein Nazi auf<br />
dieser Infoveranstaltung des Bezirksamtes, ein überschaubares<br />
Ärgernis. Denn es handelte sich bloß um einen alten Säufer, der<br />
eher mit sich selbst zu schimpfen schien. Ich saß zu weit weg,<br />
um zu beurteilen, ob ihm das Mikrofon vielleicht sogar IRONISCH<br />
gereicht wurde.<br />
„Das kann ja wohl nicht angehen“, ereiferte er sich tastend,<br />
„dass den Ausländern alles in den Hintern geschoben wird und den<br />
Rentnern hier …, also die Rentner hier müssen hungern!“<br />
„Danke für diesen Beitrag“, sagte der sachlich-freundliche Diskussionsleiter<br />
und sammelte das Mikrofon wieder ein.<br />
„Dieser alte Narr“ dachten vielleicht einige.<br />
Das wirklich Unglaubliche, so unbegreiflich, dass wir herkommen<br />
und es uns von einer Menschenmenge bestätigen lassen mussten,<br />
ist doch dies: Da gibt es wirklich welche, die ihr Leben riskieren,<br />
um hier bei uns sein zu dürfen.<br />
Hier bei uns und unserem langweiligen Scheiß.<br />
F)<br />
UNSER LANGWEILIGER SCHEISS<br />
VON BERND BEGEMANN<br />
Als nach zwei Stunden die erste fremdenfeindliche Wortmeldung kam, waren meine<br />
Nachbarn fast erleichtert. Nur ein Nazi auf dieser Infoveranstaltung des Bezirksamtes,<br />
ein überschaubares Ärgernis. Denn es handelte sich bloß um einen alten Säufer,<br />
der eher mit sich selbst zu schimpfen schien. Ich saß zu weit weg, um zu beurteilen,<br />
ob ihm das Mikrofon vielleicht sogar IRONISCH gereicht wurde.<br />
„Das kann ja wohl nicht angehen“, ereiferte er sich tastend, „dass den Ausländern<br />
alles in den Hintern geschoben wird und den Rentnern hier …, also die Rentner hier<br />
müssen hungern!“<br />
„Danke für diesen Beitrag“, sagte der sachlich-freundliche Diskussionsleiter und sammelte<br />
das Mikrofon wieder ein.<br />
„Dieser alte Narr“ dachten vielleicht einige.<br />
Das wirklich Unglaubliche, so unbegreiflich, dass wir herkommen und es uns von<br />
einer Menschenmenge bestätigen lassen mussten, ist doch dies: Da gibt es wirklich<br />
welche, die ihr Leben riskieren, um hier bei uns sein zu dürfen.<br />
Hier bei uns und unserem langweiligen Scheiß.<br />
ANTWORTEN VON DESIGNERN<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
(A) Times<br />
New Roman<br />
(B) Arial<br />
(C) Josefin<br />
Slab<br />
(D) Gotham<br />
Condensed<br />
(E) Prestige<br />
Elite<br />
(F) Futura<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die komfortabelste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
ANTWORTEN VON NICHT-DESIGNERN<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
(A) Times<br />
New Roman<br />
(B) Arial<br />
(C) Josefin<br />
Slab<br />
(D) Gotham<br />
Condensed<br />
(E) Prestige<br />
Elite<br />
(F) Futura<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die komfortabelste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
48
ZWEITE FRAGE<br />
T-SHIRTS<br />
ANTWORTEN VON DESIGNERN<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
(A) <strong>Ge</strong>orgia<br />
(B) Gotham<br />
Condensed<br />
(C) Fette UNZ<br />
Fraktur<br />
(D) Comic<br />
Sans<br />
(E) Mesquite (F) Simplifica<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
ANTWORTEN VON NICHT-DESIGNERN<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
(A) <strong>Ge</strong>orgia<br />
(B) Gotham<br />
Condensed<br />
(C) Fette UNZ<br />
Fraktur<br />
(D) Comic<br />
Sans<br />
(E) Mesquite (F) Simplifica<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
49
FORSCHUNG<br />
DRITTE FRAGE<br />
STRASSENSCHILDER<br />
ANTWORTEN VON DESIGNERN<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
(A) Theano<br />
Didot<br />
(B) Advent<br />
Pro<br />
(C) Alte<br />
Schwabacher<br />
(D) Yummy<br />
Cupcakes<br />
(E) Hobo<br />
(F) Small<br />
Fonts<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
ANTWORTEN VON NICHT-DESIGNERN<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
(A) Theano<br />
Didot<br />
(B) Advent<br />
Pro<br />
(C) Alte<br />
Schwabacher<br />
(D) Yummy<br />
Cupcakes<br />
(E) Hobo<br />
(F) Small<br />
Fonts<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
50
VIERTE FRAGE<br />
JUTE-BEUTEL<br />
ANTWORTEN VON DESIGNERN<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
(A) Birch (B) Papyrus (C) Helvetica (D) Bodoni (E) You Are<br />
Loved<br />
(F) Josefin<br />
Slab<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
ANTWORTEN VON NICHT-DESIGNERN<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
(A) Birch (B) Papyrus (C) Helvetica (D) Bodoni (E) You Are<br />
Loved<br />
(F) Josefin<br />
Slab<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
51
FORSCHUNG<br />
ZWEITE UMFRAGE – ERSTE FRAGE<br />
MENGENTEXTE<br />
ANTWORTEN VON DESIGNERN<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
(A) Baltar<br />
(B) Josefin<br />
Sans<br />
(C) Bodoni<br />
(D) Prestige<br />
Elite<br />
(E) Bradley<br />
Hand<br />
(F) Raleway<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die komfortabelste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
ANTWORTEN VON NICHT-DESIGNERN<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
(A) Baltar<br />
(B) Josefin<br />
Sans<br />
(C) Bodoni<br />
(D) Prestige<br />
Elite<br />
(E) Bradley<br />
Hand<br />
(F) Raleway<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die komfortabelste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
52
DRITTE FRAGE<br />
BAHN-SCHILD<br />
ANTWORTEN VON DESIGNERN<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
(A) French<br />
Script<br />
(B) OCR A Std (C) Vollkorn (D) Impact (E) Berkshire<br />
Swash<br />
(F) Myriad<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
ANTWORTEN VON NICHT-DESIGNERN<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
(A) French<br />
Script<br />
(B) OCR A Std (C) Vollkorn (D) Impact (E) Berkshire<br />
Swash<br />
(F) Myriad<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
53
FORSCHUNG<br />
DRITTE FRAGE<br />
MÜLLEIMER<br />
ANTWORTEN VON DESIGNERN<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
(A) Minion (B) Stilu (C) Yummy<br />
Cupcakes<br />
(D) Fabio<br />
Small Cap<br />
(E)<br />
Frenchpress<br />
(F) Aleo<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
ANTWORTEN VON NICHT-DESIGNERN<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
(A) Minion (B) Stilu (C) Yummy<br />
Cupcakes<br />
D) Fabio<br />
Small Cap<br />
(E)<br />
Frenchpress<br />
(F) Aleo<br />
Die lesbarste Schrift<br />
Die attraktivste Schrift<br />
54
MEINE INTERPRETATION DER ERGEBNISSE<br />
Manche Ergebnisse dieser Umfrage entsprachen meinen Erwartungen, manche<br />
widersprachen ihnen dramatisch – wie das Ergebnis der ersten Mengentext-<br />
Frage: Ich erwartete, dass Designer die Times New Roman sofort erkennen<br />
und diese als besonders lesbar bewerten, doch überraschte es mich, dass im<br />
Verhältnis sehr wenige Laien die Times als die lesbarste Schrift bewerteten. Ich<br />
unterstelle den Designern, dass sie gelernt haben, dass eine Serifen-Antiqua für<br />
Mengentext besonders gut geeignet sei und die Times als einer der meistbenutzten<br />
Schriften des 20. Jahrhunderts gut lesbar sein muss.<br />
Die Josefin Slab und die Prestige Elite sind auch Serifen-Antiquas, jedoch ist<br />
die Erste eine Egyptienne und die Zweite eine Monospace-Type und deshalb<br />
„neuer“ als eine Barock-Antiqua wie die Times.<br />
Zu erwarten war, dass die Futura von den Designern als die attraktivste<br />
Schrift bewertet wurde – ich wage es jedoch zu anzuzweifeln, dass alle Designer,<br />
die die Futura als besonders attraktiv bewertet haben, sie auch wirklich<br />
als die attraktivste Schrift empfinden. Es könnte auch sein, dass der ein oder<br />
andere sich in Sicherheit wägte, und die Schrift so bewertete, da man als Designer<br />
lernt und weiß, dass die Futura eine gut gestaltete Schrift ist. Schließlich<br />
ist sie auch eine Systemschrift von Apple. Gut zu erkennen ist auch die Schere<br />
zwischen Lesbarkeit und Attraktivität bei der Futura – wenige Designer erachten<br />
die Futura als besonders gut lesbar.<br />
Die Arial finden weder die Laien noch die Designer besonders attraktiv, jedoch<br />
besonders gut lesbar.<br />
Bei der zweiten Frage sind bei Laien sowie bei Designern ähnliche Tendenzen<br />
zu sehen, doch auffallend ist, dass die Comic Sans bei den Laien hinsichtlich<br />
Attraktivität und Lesbarkeit gut abschneidet, während die Designer sie negieren.<br />
Dieses Ergebnis entspricht meiner Beobachtung – ob in einem Frisörsalon auf<br />
dem Lande oder auf einem „SALDI“-Schild in einer Prada-Filiale in Lugano – die<br />
Comic Sans wird von Typografie-Laien oft und gerne benutzt.<br />
55
FORSCHUNG<br />
Die Antworten der dritten Frage weisen sehr ähnliche Tendenzen auf – außer<br />
bei der Advent Pro, diese finden lediglich Designer besonders attraktiv. Eventuell<br />
ist der markant verkürzte obere offene Boden des kleinen a zu irritierend für<br />
die Laien, da es bei erschwerter Rezeptionssituation an ein o anmutet.<br />
Die vierte Frage zeigte bei ihren Antworten eine große Diskrepanz bei der Birch<br />
und der Helvetica. Die Birch fanden die Nicht-Designer im <strong>Ge</strong>gensatz zu den<br />
Designern nicht am attraktivsten – ich vermute, dass die Designer die eng<br />
geschnittene Birch schätzten, da sie sich spannend auf der Fläche des Jute-<br />
Beutels positioniert. Einen klaren Sieger hinsichtlich Attraktivität gibt es bei<br />
diesen Antworten nicht, obgleich bei den Laien die Papyrus hervorsticht, eine<br />
Schrift, die vielen durch Filmplakate (Avatar), ... etc. bekannt ist.<br />
ZWEITE UMFRAGE<br />
Bei der Mengentext-Frage der zweiten Umfrage ist eine sehr ähnliche Tendenz<br />
zu erkennen und wieder eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Kriterium der<br />
Lesbarkeit und der Attraktivität zu sehen.<br />
Die zweite Frage hat das spannende Resultat, dass die Brotschrift Vollkorn von<br />
den Nicht-Designern auch als lesbar erachtet wird. Hierzu mutmaße ich, dass<br />
Designer Serifen-Schriften für Schilder hinsichtlich optimaler Lesbarkeit als<br />
ungeeignet erachten.<br />
Die Antworten der dritten Frage zeigten vor allem bei den Designern eine<br />
eklatante Kluft zwischen der Lesbarkeit und der Attraktivität der Aleo.<br />
Zitat rechts aus: Eisele, Naegele, S. 207<br />
56
„ meiner meinung nach ziehen recht<br />
abrupte änderungen in der sozialen<br />
und kulturellen struktur auch<br />
veränderungen in der form und dem<br />
gebrauch von schrift nach sich<br />
– etwa die reform der geschriebenen<br />
schrift durch karl den großen, der<br />
aufstieg der serifenlosen in<br />
industrialisierten kulturen, die<br />
verordnungen der nationalsozialisten<br />
zur buchstabenform oder die<br />
verbreitung der kyrillischen schrift im<br />
zuge der ausweitung des russischen<br />
kommunismus.“<br />
Fred Smeijers
FORSCHUNG<br />
VALIDITÄT<br />
Welchen Einfluss sollten die bisher angerissenen Studien auf die <strong>Ge</strong>staltung<br />
nehmen? Inwieweit können <strong>Ge</strong>stalter sich bei ihrer Handhabe auf Ratgebung<br />
wissenschaftlicher Seite verlassen?<br />
Ole Lund untersuchte 1999 72 Studien der Lesbarkeitsforschung – 28 davon<br />
überprüfte er auf die interne Validität. Interne Validität bedeutet, dass ausgeschlossen<br />
werden kann, dass andere Faktoren als die untersuchten das Ergebnis<br />
bzw. die Ergebnisse beeinflusst haben. 41<br />
Anne Rose König konstatierte, dass die Rezeptionssituation zu den Haupteinflussfaktoren<br />
gehörten, schlussfolgernd gibt es viele Störfaktoren, die beseitigt<br />
werden müssen.<br />
Lund stellt auch fest, dass viele Studien ohne fachkundigen Rat eines Typografen<br />
erstellt wurden. Es wurde dann oft ein Faktor in der Typografie verändert,<br />
ohne dass weitere erforderliche Anpassungen vollzogen wurden. Beispielsweise<br />
wurde die Schriftart gewechselt, jedoch wurde die Laufweite nicht angepasst.<br />
In einer Studie an der Princeton Universität (2010) wurde festgestellt, dass die<br />
Teilnehmer Texte in einer vermeintlich schlecht lesbaren Schrift – hier war es<br />
eine schräg gesetzte Comic Sans – besser lernen konnten, als einen Text in der<br />
Arial. 42 Die Krux bei dieser Studie ist, dass die Arial in der Schriftgröße 16 und die<br />
Comic Sans in der Schriftgröße 12 gesetzt wurde, somit war die Comic Sans im<br />
klaren Vorteil, da die Professoren, die diese Studie leiteten, nicht einkalkuliert<br />
haben, dass eine Schriftgröße 16 je nach Schriftart für einen Mengentext zu groß<br />
sein kann. 43 Ohne typografische Expertise passieren solche Fehler leicht.<br />
Weiter wird zu Beginn der Studien selten Lesbarkeit an sich definiert, weshalb<br />
die Operationalisierung von Faktoren recht willkürlich stattfindet. 44 Eine<br />
Definition von Lesbarkeit ist natürlich auch für die Auswahl der Messmethoden<br />
unabdingbar.<br />
Fatal sind vor allem falsche Zitationen von Studien – wie die falsche Zitation und<br />
die daraus resultierende Fehlinterpretation der Studie von Crosland und Johnson<br />
aus dem Jahre 1928. Lund nennt sieben Belege für Fehlinterpretationen dieser<br />
Studie von insgesamt sechs Autoren, die die Behauptung beinhalten,<br />
dass Grostekschriften schlechter lesbar seien als Serifenschriften. Oft liegt es<br />
wohl daran, dass diese Autoren sich auf Sekundärquellen berufen (häufig Burt). 45<br />
58<br />
41 Vgl.. Filek, S. 87<br />
42 https://www.princeton.edu/main/news/archive/S28/82/93O80/index.xml, [09.05.2016, 16.13 Uhr]<br />
43 http://www.myfonts.de/2011/09/unsichtbar-2/, [11.05.2016, 02.06 Uhr]<br />
44 Vgl. Filek, S. 88<br />
45 Vgl. Lund, S. 106
In der Studie von 1928 wurde nur eine Serifenschrift untersucht, die Caslon.<br />
In dieser Studie wurde festgestellt, dass „seraphed“ besser lesbar sei als „unseraphed“<br />
– „seraphed“ bedeutete nichts anderes als <strong>Ge</strong>mischtschrift, also mit<br />
Ober- und Unterlängen. Mit „unseraphed“ war Versalschrift gemeint. 46<br />
Es wird heute noch an so manchem Bildungsinstitut gelehrt, dass Serifenschriften<br />
im Mengentext lesbarer seien.<br />
Designer sollten Studien hinsichtlich ihrer internen Validität kritisch betrachten,<br />
d.h. wenn möglich, recherchieren, ob typografische Expertise Bestandteil<br />
der Studie war.<br />
46 http://www.myfonts.de/2011/09/unsichtbar-2/, [11.05.2016, 02.06 Uhr]<br />
59
GESTALTUNG
GESTALTUNG<br />
SCHRIFTWAHL<br />
2008/2009 hat Martin Liebig eine Online-Studie an der Fachhochschule<br />
<strong>Ge</strong>lsenkirchen mit über 3000 Probanden durchgeführt, bei der die Lesegeschwindigkeit<br />
bei 12 verschiedenen Schriftarten getestet wurde. Es wurden<br />
keine signifikanten Unterschiede festgestellt. 47<br />
In keinem Fall ist die Wahl der Schrift eine nebensächliche Entscheidung. Song<br />
und Schwarz zeigten 2008 in ihrer Untersuchung „If it’s hard to read, it’s hard to<br />
do“, dass die Schriftwahl einer Bauanleitung oder eines Kochrezepts die<br />
Lesenden einzuschätzen vorbestimmte, wie lange es dauerte und wie schwer<br />
es sein würde, das Objekt zusammenzubauen bzw. die Speise zuzubereiten.<br />
Martin Tiefenthaler, Mitbegründer der tga (typographische gesellschaft austria),<br />
hat in einem dreijährigen Feldversuch 2008 bis 2011 nachweisen können, dass<br />
ein mäßig witzig verfasster Text, der nach allen Regeln der Kunst gesetzt war,<br />
als statistisch relevant lustiger empfunden wird als der gleiche Text, der<br />
typografisch nachlässig und fehlerhaft gestaltet war. So üben also sowohl<br />
Schriftwahl als auch typografische <strong>Ge</strong>staltung eine ungeahnte und direkte<br />
Wirkung auf die Wahrnehmung des Inhalts aus. 48<br />
Meine empirische Umfrage ergab, dass Lesbarkeit und Attraktivität einer Schrift<br />
nicht immer Hand in Hand gehen – die am lesbarsten gewertete Schrift galt<br />
nicht immer als die Attraktivste.<br />
Eine attraktive Schrift kann den Leser motivieren – der Psychologe Dirk Wendt<br />
sagt hierzu: „Zusammengenommen sollte eine Schrift also in optimalem<br />
Ausmaß von der Erwartung des Lesers abweichen, um ihm ästhetischen <strong>Ge</strong>nuss<br />
zu vermitteln, andererseits so genau wie möglich seinen Erwartungen entsprechen,<br />
um optimal lesbar zu sein. Diese beiden Forderungen widersprechen<br />
einander und erfordern einen Kompromiss.“ 49<br />
Wie wichtig die Wahl der Schriftart ist, war 2013 in einem Artikel des britischen<br />
Telegraph zu lesen. Zig <strong>Ge</strong>schwindigkeitsüberschreitungen wurden seit 2006<br />
auf dem Highway M42 gemessen, was man darauf zurückführte, dass 2006<br />
dort neue Schilder in einer neuen Condensed-Schrift angebracht wurden.<br />
62<br />
47 http://www.designtagebuch.de/wp-content/uploads/2009/08/Martin_Liebig_Die_gefuehlte_Les<br />
barkeit.pdf, [28.03.2016, 03.03 Uhr]<br />
48 https://www.egger-lerch.at/typographie-wie-schrift-manipuliert, [10.08.2016, 16.57]<br />
49 Siehe Dirk Wendt, Lesbarkeit von Druckschriften, in: Lesen Erkennen. Typographische <strong>Ge</strong>sellschaft<br />
München, 2000; zitiert nach Filek, S. 162
# 16<br />
Das untere Schild ist das Originalschild, das obere verursachte <strong>Ge</strong>schwindigkeitsüberschreitungen.<br />
In dieser Schrift geschrieben, wirkt der Satz so.<br />
In dieser Schrift geschrieben, wirkt der Satz schon anders.<br />
In dieser Schrift geschrieben, wirkt der Satz verspielt.<br />
In dieser Schrift geschrieben, wirkt der Satz völlig anders.<br />
In dieser Schrift geschrieben, wirkt der Satz so.<br />
63
GESTALTUNG<br />
SCHRIFTGRÖSSE<br />
Bevor es den Digitalsatz gab, wurden Schriften in Graden unterteilt; dieser<br />
wurde wiederum am Schriftkegel, dem Träger des Schriftbildes gemessen. 50<br />
Und im <strong>Ge</strong>gensatz zum Bleisatz können bei digitalen Schriften die Buchstaben<br />
sogar weit über die Größe des virtuellen Kegels hinaus ragen, was eine Nennung<br />
empfehlenswerter Schriftgrößen schwierig macht, da zwei verschiedene<br />
Schriftarten in der Größe 12 eine unterschiedliche optische Größe haben<br />
können. Dies ist der Grund, warum für Fließtexte im Printbereich die Größen<br />
9–12 empfohlen werden.<br />
Unger hat festgestellt, dass um 1950 ein Schriftgrad von 8 normal gewesen<br />
wäre. Heutzutage ist eine Größe von 10 üblich, obwohl sich die Bedingungen<br />
des Rezeptionsobjekts verbessert haben (höhere Druckqualität, verbesserte<br />
Sehhilfen). Laut Unger haben 2004 und 2005 Taschenbuch-Verläge Schriftgrößen<br />
unter 10 Punkt eingesetzt – dort scheint die Entwicklung diametral zu<br />
verlaufen.<br />
In der Lesbarkeitsforschung wird auch die Größe 9–12 für Fließtext empfohlen,<br />
da diese Größen die besten Werte erzielt haben, jedoch sollten Schriften<br />
mit großen Mittellängen, wie die Helvetica in 9–10 Punkt gesetzt werden, und<br />
Schriften mit kleinen x-Höhen in 11–12 (z. B. Futura). Für Sehbehinderte empfiehlt<br />
Chung et al. 16–18 Punkt. Für Kinder gilt ebenfalls die empfohlene Größe<br />
von 9–12 – erst mit 12 Jahren haben sie die Fixationsspanne von Erwachsenen<br />
erreicht, was bedeutet, dass größere Schriften nur dazu führen, dass weniger<br />
Buchstaben auf einmal wahrgenommen werden können und so das Lesen<br />
erschwert wird. 51<br />
Martin Liebig entdeckte in seiner Online-Studie von 2007, dass die optimale<br />
Mindesthöhe für die Schriftgröße bei einem Browser 7 Pixel bezüglich der<br />
Mittellänge beträgt. Dies bedeutet, dass beispielsweise die Times die optimale<br />
Mindestgröße von 15 Pixel hat (Verdana, 13 Pixel) – Größen darüber hinaus verbessern<br />
die Lesegeschwindigkeit nicht. 52 Bei Small Screen Devises, bei denen<br />
Responsive Design angewandt wird, entsprechen 15 Pixel 0,938 em.<br />
Es gibt Praxisempfehlungen vom Bundesministerium für <strong>Ge</strong>sundheit (s.<br />
Tabelle rechts), wie groß Schriften für welche Lesedistanz sein sollten. Solche<br />
Normen können eine Stütze sein, jedoch sollte man sich auf die jeweilige<br />
Schriftart einrichten und Testausdrucke machen und auf Zieldistanz lesen,<br />
64<br />
50 Vgl. Friedrich Forssman, Ralf de Jong, Detailtypografie, 5. Auflage, 2014, S. 82<br />
51 Vgl. Filek, S. 118<br />
52 Vgl. Liebig, S. 298
wie bereits erwähnt, gibt es innerhalb der Größen bei verschiedenen Schriftarten<br />
Varianzen.<br />
Wie wichtig die richtige Schriftgröße im öffentlichen Raum ist, zeigte die<br />
große Diskussion um ein paar Bushaltestellen-Schilder in Düsseldorf im Februar<br />
2016. Die Schriftgröße war zu klein gewählt, weshalb sich Düsseldorfer<br />
Bürger beschwerten. Ende Juli 2016 stellte die Rheinbahn den Düsseldorfern<br />
vier verschiedene neue Schilder mit größeren Schriftgrößen vor, von denen die<br />
Stadtbürger eines auswählen konnten. 53<br />
# 17<br />
Dieses Schild galt für viele Düsseldorfer als unlesbar, weil die Schriftgröße zu<br />
klein war.<br />
Distanz Empfohlene Versalhöhe Beispiele<br />
30 cm 0,5–1 cm Fahrplan<br />
5 m 9–18 cm Türschild<br />
15 m 26–52 cm Straßenschild<br />
25 m 44–87 cm Abfahrtzeiten<br />
30 m 52–104 cm Hinweis auf U-Bahn-Station<br />
53 http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/die-neuen-haltestellen-schilder-im-vergleichbid-1.6149895,<br />
[12.08.2016, 18.30 Uhr]<br />
65
GESTALTUNG<br />
BUCHSTABEN<br />
BUCHSTABENABSTAND<br />
Es ist Aufgabe des Schriftgestalters eine Schrift zuzurichten, ergo somit die<br />
Breite für jedes Zeichen inklusive nichtdruckender Teile und Überhänge sowie<br />
die Positionierung des Zeichens auf dieser Breite zu bestimmen 54 . Wenn die<br />
Zurichtung, auch „Relative Kerning“ genannt, nicht gut ist, so ist die Schrift nicht<br />
verwendbar. Das Relative Kerning hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte<br />
aufgrund neuer Schriftsatzsysteme und modischer Ambitionen stark verändert.<br />
Normalschriftweiten unterscheiden sich deshalb je nach Schrift, Schriftsatzsystem,<br />
Font Foundry und Erscheinungsjahr. Ein wohlproportioniertes Kerning gilt<br />
als wesentliches Qualitätsmerkmal eines Fonts. 55<br />
Bei einer guten Schrift ist bei den Lesegrößen das Relative Kerning optimal.<br />
Möchte man auf das Kerning des Schriftgestalters vertrauen – so stellt man<br />
Kerning auf die Option „Metrisch“. Bei dem optischen Kerning wird der ideale<br />
Abstand zwischen dem Buchstaben aus der Fläche zweier nebeneinander liegender<br />
Zeichenformen ermittelt. Da dies von dem Textbearbeitungsprogramm<br />
gemacht wird, ist zu bezweifeln, dass es das Proportionsverständnis eines<br />
Schriftgestalters ersetzen kann. 56<br />
Laut Forssman und De Jong hat das Kerning zwei Aufgaben: das Ausgleichen<br />
von Bigrammen, die laut Dehaene gerade bei der Worterkennung bedeutsam<br />
sind 57 und das Ausgleichen von Interpunktion, das von Schriftherstellern oft<br />
nicht ausreichend berücksichtigt worden ist. 58<br />
Für den Buchstabenabstand gibt es verschiedene Faustregeln: Fournier<br />
empfiehlt die Innenräume des m als Richtwert, Tracy das n, was einen größeren<br />
Weißraum hat. Diese Regeln lassen sich jedoch nicht auf magere oder fette<br />
Schnitte übertragen, da bei ihnen die Abstände jeweils zu eng oder zu groß<br />
wären. Frutiger empfiehlt allgemein größere Abstände. 59<br />
Im Bleisatz gab es für jeden Schriftgrad einen eigenen Schnitt – bei digitalen<br />
Schriften werden die Schriften meist einfach verkleinert oder vergrößert, nur<br />
bei manchen Schriften werden extra Display- und Textschnitte angeboten. Aus<br />
diesem Grunde muss man häufig bei kleineren oder größeren Größen Spationierungen<br />
vornehmen.<br />
66<br />
54 Vgl. Forssman, De Jong, S. 94<br />
55 http://www.typolexikon.de/schriftlaufweite/, [13.08.2016, 23.45 Uhr]<br />
56 Vgl. Filek, S. 102<br />
57 Vgl, Dehaene, S. 178<br />
58 Vgl. Forssman, DeJong, S. 96<br />
59 Vgl. Filek, S. 102
Werden Schriften verkleinert, sind sie oft unterschnitten, weshalb man sie sperren<br />
muss. Das Sperren darf vor allem in Lesegrößen nicht übertrieben werden,<br />
da dann weniger Buchtstaben in unserem scharfen Sichtfeld wahrgenommen<br />
werden – dies ist der Grund, warum Monospace-Fonts recht unkomfortabel zu<br />
lesen sind, da durch die extreme Sperrung mehr Sakkaden gemacht werden<br />
müssen.<br />
Aufhalten (ja auf) Wolf? TorfTell!; fährt.<br />
Aufhalten (ja auf) Wolf? TorfTell!; fährt.<br />
Dies ist eine Musterzeile von Forssman und De Jong, anhand derer man gut<br />
erkennen, wie das Kerning einer Schrift ist.<br />
Die Zeile ist in der Garamond gesetzt – dies ist das ursprüngliche Kerning der<br />
Garamond, ein Beispiel für schlechteres Kerning.<br />
besser:<br />
Aufhalten (ja auf ) Wolf? Torf Tell!; fährt.<br />
67
GESTALTUNG<br />
BUCHSTABENBREITE<br />
Bei der Schriftwahl ist neben dem mitgelieferten Kerning die Buchstabenbreite<br />
ebenso ein Faktor, der berücksichtigt werden muss.<br />
Eine schmale Schrift kann auf Displays durch die Überstrahlung der Weißräume<br />
problematisch sein, wohingegen sie im Buchdruck platzsparend sein kann.<br />
Aus diesem Grunde hatte Weidemann die Biblica entwickelt, welche heute als<br />
ITC Weidemann bekannt ist. Sie sparte 20 % Raum, insgesamt 400 Seiten, ohne<br />
bemerkenswerte Einbußen bei der Lesegeschwindigkeit – im Vergleich zur<br />
Times schnitt sie 2,25 % schlechter ab. 60 Ihre Lesbarkeit verdankt die Weidemann<br />
einigen gestalterischen Kniffen: Die abgerundeten Serifenenden und<br />
die hohe x-Höhe der Kleinbuchstaben ergeben eine deutliche Differenzierung<br />
zwischen Groß- und Kleinbuchstaben. Das e hat eine angewinkelte Schattenachse,<br />
um die Unterscheidbarkeit zu erhöhen, was die Weidemann auch als<br />
eine venezianische Antiqua kategorisieren lässt. 61<br />
Auch der Schriftgestalter William Addison Dwiggings passte gezielt einige<br />
Buchstaben für seine schmale Schrift Eldorado an: a, f, r, s und t sind recht<br />
schmal gestaltet, um Platz zu sparen, während die Buchstaben mit größeren<br />
Punzen wie das g etwas breiter sind, was dazu führt, dass die Schrift nicht<br />
gestaucht wirkt. 62<br />
1912 stellte Barbara Elizabeth Roethlein fest, dass Boldschnitte bei großer<br />
Distanz zum <strong>Ge</strong>schriebenem am lesbarsten sind. Extra Boldschnitte schnitten<br />
bei ihrer Studie am besten ab, da auch die Buchstaben insgesamt breiter sind. 63<br />
Dies gilt jedoch nicht für glänzende Oberflächen – da wird ein Bold-Schnitt von<br />
der Spiegelung verschluckt.<br />
Eine Schrift für die Bibel.<br />
Eine Schrift für die Bibel.<br />
ITC Weidemann<br />
Times New Roman<br />
68<br />
60 Vgl. Filek, S. 145<br />
61 Vgl. https://schriftgestaltung.com/schriftlexikon/schriftportrait/weidemann.html,<br />
[14.08.2016, 21.24 Uhr]<br />
62 Vgl. Filek, S. 147<br />
63 Vgl. Barbara Elizabeth Roethlein, The American Journal of Psychology, Vol. 23, No. 1, 1912, S. 11
„ Und unsere Aufgabe ist außerdem ziemlich einfach<br />
– schöne Buchstaben zu machen und sie<br />
gefällig anzuordnen. Um schöne Buchstaben zu<br />
machen, ist es nicht nötig, sie von neuem zu entwerfen<br />
– sie sind vor langer Zeit entworfen worden<br />
– sondern es heißt, die besten Buchstaben,<br />
die wir finden können, zum Vorbild zu nehmen,<br />
sie zu unseren zu machen.“<br />
– Edward Johnston<br />
„ Und unsere Aufgabe ist außerdem ziemlich einfach<br />
– schöne Buchstaben zu machen und sie<br />
gefällig anzuordnen. Um schöne Buchstaben zu<br />
machen, ist es nicht nötig, sie von neuem zu entwerfen<br />
– sie sind vor langer Zeit entworfen worden<br />
– sondern es heißt, die besten Buchstaben,<br />
die wir finden können, zum Vorbild zu nehmen,<br />
sie zu unseren zu machen.“<br />
– Edward Johnston<br />
69
GESTALTUNG<br />
WORTABSTAND<br />
Der Wortabstand ist der am häufigsten vorkommende Abstand – im Blocksatz<br />
wird er vergrößert oder verkleinert, um links und rechts an der Kolumne gerade<br />
Satzkanten zu erzeugen. Die Wortabstände müssen auf Schrift, Zeilenabstand<br />
und Schriftgröße abgestimmt werden. 64 Erst durch diese treten Wörter als Einheiten<br />
eines Satzes zum Vorschein. Laut Rayner sind die richtigen Wortabstände<br />
für die Lesegeschwindigkeit wichtig – sie bestimmen, wann eine Sakkade<br />
aufhört, wohin das Auge rechts neben dem schon gelesenen Wort hin springt.<br />
Wortzwischenräume sind genau wie Grapheme nicht phonetische erfassbar<br />
– der Mensch muss erst lernen, zwischen den Lauten und ihren Buchstaben-<br />
RepräsentaBigrammen, die sie repräsentieren, Verknüpfungen zu machen. 65<br />
Für den idealen Wortabstand gibt es verschiedene Empfehlungen. In einer<br />
Studie von Rayner et al. wurde festgestellt, dass größere Wortzwischenräume<br />
die Lesbarkeit unterstützen – dabei wurde die Zeilenbreite beibehalten und die<br />
Laufweite verringert. Trotz der erschwerten Bedingungen durch die geringe<br />
Laufweite, wurde der Text sogar lesbarer. 66 Willberg und Forssman empfehlen,<br />
dass der Wortabstand kleiner als der Zeilenabstand sein muss. 67<br />
Spiekermann empfiehlt das kleine i als Maß für den Wortzwischenraum in Überschriften<br />
zu nutzen und im Fließtext den Wortzwischenraum mit zunehmender<br />
Zeilenlänge zu vergrößern. 68<br />
70<br />
64 Forssman, De Jong, S. 121<br />
65 Rayner, K., Pollatsek, A. & Schotter, E. R., Reading: Word identification and eye movements. In A.<br />
Healy (Ed.) Handbook of Psychology, Volume 4: Experimental Psychology (pp. 548–577). Hoboken:<br />
Wiley. 2012, S. 554<br />
66 Vgl. Filek, S. 109<br />
67 Friedrich Forssman, Hans Peter Willberg, Lesetypografie, 5. Auflage, 2010, S. 79<br />
68 Siehe Filek, ebd.
ZUNÄCHSTGABESKEINENZWISCHENRAUMZWISCHENDENWÖR-<br />
TENALLGEMEINGABESKEINEGLIEDERUNGAUCHNICHTDURCHIN-<br />
TERPUNKTIONODERGROSSUNDKLEINSCHREIBUNGINDERANTIKE-<br />
SCHRIEBMANSO<br />
IM SIEBTEN JAHRHUNDERT WURDE DIE WORTTRENNUNG DURCH<br />
ABSTÄNDE EINGEFÜHRT. DIES GLIEDERTE DEN TEXT. EINE<br />
GRAMMATIK ENTSTAND. DAS LESEN IST DADURCH LEICHTER<br />
GEWORDEN.<br />
Im achten jahrhundert wurde die karolingische minuskel entwickelt,<br />
wodurch die schrift auf einmal in ober- und unterlängen gegliedert<br />
wurde.<br />
Sukzessive entwickelte sich eine Syntax, die Groß- und Kleinschreibung<br />
sowie Interpunktion vorschlägt.<br />
71
GESTALTUNG<br />
ZEILEN<br />
ZEILENBREITE<br />
Martin Liebig stellte in einer Online-Studie fest, dass der wichtigste typografische<br />
Wirkfaktor offenbar die Zeilenbreite ist. Die Ergebnisse seiner Studie legen<br />
nahe, dass Zeilen, die durchschnittlich 40 bis 50 Schriftzeichen Platz bieten, die<br />
besten Lesezeiten induzieren. 69 Dieses Maß gilt für Bildschirme und entspricht<br />
einer mittleren Zeilenbreite. In einer Studie konnte festgestellt werden, dass<br />
Erwachsene diese mittlere Zeilenbreite bervorzugen, während Kinder lieber<br />
kürzere Zeilen lesen (35 Zeichen). 70 Dies mag daran liegen, dass der Bereich<br />
des scharfen Sehens bei Kindern kleiner ist, sodass z. B. 55 Zeichen zu mehr<br />
Regressionen führen.<br />
Studien widersprechen sich zu diesem Thema häufig – manche Studien<br />
empfehlen mittlere Breiten, manche lange (bis zu 100 Zeichen). Es ist plausibel,<br />
dass man am Bildschirm längere Zeilen gut lesen kann, da man einen größeren<br />
Abstand zum Bildschirm nimmt, als z. B. zum Papier.<br />
Es ist in jedem Fall bei der Zeilenbreite ein Kompromiss zu machen: Bei zu<br />
langen Breiten ist der Sprung in die nächste Zeile aufwändiger, bei zu kurzen<br />
Zeilen wird die Fixationsspanne nicht optimal genutzt.<br />
Tinker empfiehlt 52 Zeichen, Grabinger und Osman-Jouchoux 45–60. Da man<br />
zuhauf auf diese Zahlen stößt, kann man davon ausgehen, dass bis zu 60<br />
Zeichen pro Zeile optimal sind. 71<br />
ZEILENABSTAND<br />
Im Bleisatz wurde nichtdruckendes Blindmaterial verwendet, wenn der Abstand<br />
zwischen den Zeilen erhöht werden sollte. Der Abstand durch dieses Blindmaterial<br />
war der Durchschuss. Ohne Durchschuss spricht man vom kompressen<br />
Satz.<br />
Beim digitalen Satz wird der Abstand von einer Grundlinie zur nächsten als<br />
Durchschuss bezeichnet, da die Buchstaben auf virtuellen Kegeln stehen. Bei<br />
Browsern und Programmen beträgt die Standardeinstellung für den Zeilenabstand<br />
meist 120 %, also bei 10 Punkt Schriftgröße 12 Punkt. Beide Faktoren,<br />
Schriftgröße und Zeilenabstand, können jedoch in HTML/CSS nicht in Abhängigkeit<br />
zur Schriftart definiert werden. 72 Als Folge wird auch nicht die individu-<br />
72<br />
69 Vgl. Liebig, S. 1<br />
70 Vgl. Filek, S. 110<br />
71 Vgl. a. a. O., S. 111<br />
72 Vgl. Liebig, S. 103
elle x-Höhe einer Schrift berücksichtigt. Eine Schrift mit einer niedrigen x-Höhe<br />
wie die Futura, die die Vertikale sehr betont, benötigt weniger Durchschuss,<br />
während die Raleway, in der diese Arbeit verfasst wurde, durch ihre hohe x-<br />
Höhe einen größeren Durchschuss braucht. Nach Willberg und Forssman kann<br />
der Zeilenabstand – je länger die Zeile ist – etwas größer und umgekehrt bei<br />
kürzerer Zeile kleiner sein. 73<br />
Eine Bestätigung dieser Erfahrungswerte findet sich teilweise in einer<br />
frühen Studie von Tinker und Paterson. Die Forscher fanden eine Interaktion<br />
von Schriftgröße, Zeilenabstand und Zeilenbreite. Alle Schriften wurden mit<br />
wachsendem Zeilenabstand besser lesbar. Das Optimum lag meist bei 2 Punkt<br />
Durchschuss für Zeilenbreiten in 14, 16, 18, 20, 22 und 24 Pica in den jeweils<br />
zugehörigen Schriftgrößen 6, 8, 9, 10, 11 und 12 Punkt. 74<br />
Chaparro et al. untersuchten an 20 Studierenden (10 Männer, 10 Frauen)<br />
2004 die Wirkung von „Weißraum“ auf Webseiten auf Lesegeschwindigkeit<br />
und Nutzerzufriedenheit. Rund 80 % bevorzugten einen vergrößerten Zeilenabstand.<br />
75<br />
In jedem Fall ist bei einem Layout laut Paul Renner eine große Varianz der<br />
Durchschüsse zu vermeiden – eine kürzere Kolumne oder Wortgruppe sollte<br />
demnach nie durch stärkeres Durchschießen auf die Länge einer anderen, die<br />
mehr Zeilen hat, gebracht werden. 76<br />
73 Vgl. Willberg, Forssman, S. 80<br />
74 Siehe Filek, S. 115<br />
75 Vgl. Liebig, S. 146, 147<br />
76 Vgl. Paul Renner, Die Kunst der Typographie, 3. Auflage, 2014, S. 170<br />
73
GESTALTUNG<br />
SATZART<br />
Im Folgenden werden die Satzarten für die waagerecht linksläufige Leserichtung<br />
behandelt. Der größte Lesekomfort wird bei dieser Leserichtung durch<br />
linksbündiges setzten erreicht. Rechtsbündiger Flatter- oder Rausatz irritiert bei<br />
längeren Texten. Bei linksbündiger Setzung beginnen alle Zeilen an der gleichen<br />
Position, was das Lesen erleichtert. Der Unterschied zwischen Flatter- und<br />
Rausatz ist, dass der Rausatz aufgrund vermehrter Umbrüche grober also rauer<br />
wirkt. Die Flatterzone ist beim Rausatz festgelegt.<br />
Beim Blocksatz kommt noch mehr Komfort hinzu, da die Zeilensprünge<br />
immer im gleichen Abstand gemacht werden können.<br />
Spiekermann hält den Blocksatz für kurze Texte aufgrund der variierenden<br />
Wort- und Buchstabenabstände für ungeeignet.<br />
Der mittelachsige Satz irritiert am meisten, da die Zeilen an unterschiedlicher<br />
Position beginnen und enden. 77<br />
Eine Empfehlung aus der Forschung für eine Satzart gibt es nicht. Für eine<br />
Dyslexie-Therapie wird vom Blocksatz abgeraten und der Flattersatz empfohlen.<br />
78 Den Rausatz, also der Flattersatz, bei dem das Trennen auch zweisilbiger<br />
Buchstaben erlaubt ist, empfehlen Forssman und Willberg nur für billige,<br />
kurzlebige Erzeugnisse zu verwenden. 79<br />
Zitate rechts aus: http://gut-zum-druck.org, [10.08.2016, 14.01 Uhr]<br />
74<br />
77 Vgl. Filek, S. 128, 129<br />
78 Vgl. http://www.legasthenie-therapie.de/index.php/impressum/28-therapieeinrichtungen/<br />
bonn/lesen/36-lesematerialien?showall=1, [17.08.2016, 15.19]<br />
79 Vgl. Willberg, Forssman, S. 90
„ Blocksatz verhält sich dem Inhalt<br />
gegenüber wertfrei.“<br />
Erik Spiekermann<br />
„ der ruf nach freiheit ist neu. die neue<br />
typographie will eine freie typographie<br />
sein. früher, in einer textorientierten<br />
buchgestaltung, gab es das<br />
problem freiheit nicht. die bücher<br />
des 18. und 19. jahrhunderts hatten<br />
ihren gewohnheitsmäßigen satzspiegel,<br />
eine spalte pro seite, irgendwie<br />
richtig hingestellt, blocksatz, pagina<br />
unten mitte.“<br />
otl aicher<br />
75
GESTALTUNG<br />
KURSIVE<br />
Die Kursive ist im 15. Jahrhundert kurz nach der Erfindung der Buchdruckkunst<br />
als Schriftart entwickelt worden, sie war ursprünglich an die Handschrift angelehnt.<br />
Eigentlich darf die Kursive deshalb nicht als Antiqua bezeichnet werden.<br />
Anfangs wurden die Versalien noch aus der geraden Antiqua entnommen. Bei<br />
den konstruierten Grotesken, wie bei der Futura, wurde die Kursive direkt an die<br />
<strong>Ge</strong>rade angelehnt, jedoch gibt es auch Grotesken, bei denen die Kursive idiosynkratisch<br />
ist – wie bei der Gill Sans. Daher kann man sehr wenige allgemeine<br />
Aussagen hinsichtlich Kursive treffen, da sie so unterschiedlich sind. Kursive<br />
haben nichts mit schräggestellten Schriften gemein, wie man sie z. B. in Word<br />
erzeugen kann.<br />
Kursive eigenen sich für Auszeichnungen und nicht für längere Mengentexte.<br />
80 In der Lesbarkeitsforschung haben Tinker und Paterson festgestellt, dass<br />
bei Kursiven die Lesegeschwindigkeit stetig abnimmt, je länger man sie liest.<br />
Nach drei Minuten beträgt die Verlangsamung 2,7 %, nach 30 Minuten 6,3 %.<br />
Ist die Kursive zur Auszeichnung verwendet, ist gerade dieser verlangsamende<br />
Effekt von Vorteil. 81<br />
Wortzwischenräume wirken beim Übergang von oder zu <strong>Ge</strong>raden oft schmaler<br />
– hier muss manuell spationiert werden. 82<br />
76<br />
80 Vgl. Willberg, Forssman, S. 260<br />
81 Vgl. Filek, S. 167<br />
82 Vgl. Willberg, Forssman, S. 263
Verschiedene Kursivschnitte, chronologisch nach Entstehung<br />
Schrift <strong>Ge</strong>rade Italic<br />
Kaefgpk<br />
Bembo<br />
Kaefgpk<br />
(~ 12 %)<br />
Caslon<br />
Kaefgpk Kaefgpk<br />
(~ 22 %)<br />
Franklin Gothic<br />
Kaefgpk Kaefgpk<br />
(~ 10,5 %)<br />
Gill Sans<br />
Kaefgpk Kaefgpk<br />
(~ 8 %)<br />
Raleway<br />
Kaefgpk Kaefgpk<br />
(~ 12 %)<br />
T<br />
Baroque Script<br />
Eine Schrift, die sich auf frühe Kursiven bezieht.<br />
77
GESTALTUNG<br />
INTERAKTION VON FAKTOREN<br />
Tinker und Paterson untersuchten zwanzig verschiedene typografische Anordnungen<br />
mit 2000 Teilnehmern, bei denen sechs Schriftgrößen in jeweils fünf<br />
Zeilenbreiten und vier Zeilenabständen in der Serifenschrift Scotch Roman.<br />
Die Werte der Tabelle sind die Ergebnisse der Folgestudie, die sich auf die<br />
zuvor herausgefundenen optimalen Werte stützte. Dieses Mal sollten 504 Teilnehmer<br />
Texte in der Schrift Granjon, mit den optimalen typografischen Faktoren<br />
gesetzt, lesen. Das Ergebnis dieser Studie ist, dass die Schriftgrößen 9 bis 12<br />
Punkt gleich gut lesbar sind, wenn sie jeweils in der optimalen Zeilenbreite mit<br />
2 Punkt Durchschuss gesetzt werden. Durch Eye-Tracking konnte gemessen<br />
werden, dass die Augen bei den Größen 6 und 8 pt vermehrt Regressionen und<br />
Fixationen machten. 83<br />
78<br />
83 Vgl. Filek, S. 124, 125
Optimale interaktive Werte hinsichtlich Lesbarkeit der Schriftart Granjon<br />
Schriftgröße Zeilenbreite Durchschuss Abweichung zur<br />
Standard-Lesegeschwindikeit<br />
6 pt 14 Pica 2 pt - 5,0<br />
8 pt 16 Pica 2 pt - 3,4<br />
9 pt 18 Pica 2 pt - 0,3<br />
10 pt 20 Pica 2 pt - 1,7<br />
11 pt 22 Pica 2 pt - Standard 0,0<br />
12 pt 24 Pica 2 pt + 1,0<br />
Beispiele in der Schriftart Granjon<br />
11 pt<br />
11. When my mother saw the marks of muddy shoes<br />
on the floor, and all over the nice clean beds, she was<br />
surprised to see how careful the children had been.<br />
12. When the little boy next door had both of his<br />
legs broken by being run over by an automobile, we<br />
were afraid he might never be able to see again. 13.<br />
8 pt<br />
11. When my mother saw the marks of muddy shoes<br />
on the floor, and all over the nice clean beds, she was<br />
surprised to see how careful the children had been.<br />
12. When the little boy next door had both of his<br />
legs broken by being run over by an automobile, we<br />
were afraid he might never be able to see again. 13.<br />
79
DYSLEXIE
DYSLEXIE<br />
Bisher handelte diese Abschlussarbeit von dem Leseprozess bei Menschen mit<br />
normaler <strong>Ge</strong>hirnaktivität – diese ist so bei Dyslektikern nicht vorhanden.<br />
Dyslektiker sind Menschen, die eine unverhältnismäßige Schwierigkeit beim<br />
Lesen haben, die nicht durch eine Verzögerung der geistigen Entwicklung,<br />
durch Mängel der Sinneswahrnehmung oder durch ungünstiges soziales oder<br />
familiäres Umfeld erklärbar ist. In Deutschland sind rund 4 bis 6 % der Bevölkerung<br />
von einer Leseschwäche betroffen. 84<br />
Ein Konsens in der Forschung ist, dass es bei Dyslektikern eine Anomalie<br />
in der Lautverarbeitung gibt, was an einer zu geringen Aktivierung des linken<br />
Schläfenlappens liegt. Die linke Schläfenregion im Hinterhaupt wird bei einer<br />
Worterkennung nach 150–200 ms nicht so stark aktiviert, wie es sein sollte.<br />
Diese Region hat bei Dyslektikern anscheinend nicht gelernt, Buchstaben eines<br />
Wortes parallel zu erkennen. Folglich gibt es bei Dyslektikern ein phonologisches<br />
sowie visuelles Defizit bei der Worterkennung.<br />
Während die linke Schläfenhirnrinde im zweiten Schritt der Worterkennung<br />
bei Dyslektikern wenig aktiviert ist, scheint die rechte Schläfen- und Scheitelregion<br />
dies durch Überreaktivierung zu kompensieren. Möglicherweise zeichnet<br />
sich hier der verlangsamte Zugang zur Lautfolge der Wörter ab. 85<br />
Für Dyslektiker wurden eigene Schriftarten entwickelt, wie die OpenDyslexic<br />
von Abelardo Gonzalez. Bei der OpenDyslexic sind die Buchstaben unten etwas<br />
dicker. Durch dieses <strong>Ge</strong>wicht soll es zu keinem Umdrehen oder Verwechseln<br />
der Buchstaben mehr kommen. Die unteren Endstriche sind dadurch gut<br />
erkennbar. Das a ist ein zweistöckiges, damit es nicht mit dem o verwechselt<br />
werden kann, jedoch gibt es alternativ auch Schrift OpenDyslexic mit einem<br />
geometrischen a. Insgesamt hat die Schrift einen humanistischen Charakter und<br />
ist sehr gesperrt, sodass jeder einzelne Buchstabe sehr gut erkennbar ist – in<br />
einer Studie der italienischen Universität in Pedua wurde festgestellt, dass sich<br />
die Lesegeschwindigkeit bei Kindern mit Dyslexie um 20 % verbesserte, als<br />
die Texte gesperrt wurden. Die Forscher vermuteten, dass bei diesen Kindern<br />
der sogenannte Crowding-Effekt vermieden wurde, bei dem die Buchstaben<br />
visuell mit einer verschmelzen. 86 Dieser Effekt wurde schon in der Malerei in der<br />
Pointillismus-Strömung bewusst eingesetzt. Weiter ist auch der automatische<br />
82<br />
84 Vgl. Dehaene, S. 267<br />
85 Vgl. ebd, S. 281<br />
86 Vgl. http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/hilfe-bei-legasthenie-der-weitblickmachts-1.1374396,<br />
[20.8.2016, 21.49 Uhr]
Zeilenabstand größer als gewöhnlich angesetzt. Das l hat einen Bogen am Fuß<br />
und ist dadurch besser vom I zu unterscheiden.<br />
OpenDyslexic<br />
Verdana<br />
Aufhalten (ja auf) Wolf? TorfTell!; fährt.<br />
OpenDyslexic<br />
Aufhalten (ja auf) Wolf? TorfTell!; fährt.<br />
Tresbuchet<br />
Aufhalten (ja auf) Wolf? TorfTell!; fährt.<br />
83
84
FAZIT
FAZIT<br />
In dieser Arbeit konnte festgestellt werden, dass das Argument der Lesbarkeit<br />
für die Wahl einer Schrift keine wissenschaftlich begründbare Grundlage hat.<br />
Selbst in den Studien, die Typografen als Assistenz hatten, konnte durchweg<br />
geschlussfolgert werden, dass die Lesegeschwindigkeitsabweichungen bei<br />
den meisten Schriften recht gering sind. Die meisten Schriftarten sind leserlich,<br />
gebrochene Schriften beispielsweise sind für uns heute eher unleserlich, da wir<br />
die Antiqua-Schriften gewohnt sind. In meiner empirischen Umfrage konnte ich<br />
feststellen, dass es auch gelernt sein kann, welche Schrift man als besonders<br />
lesbar erachtet, so erkläre ich mir das gute Abschneiden der Times bei den<br />
Designern. Die Comic Sans fanden einige Laien im <strong>Ge</strong>gensatz zu Designern, bei<br />
denen die Comic Sans eher verschmäht ist, am lesbarsten. Designer wissen,<br />
dass diese Schrift meist zweckentfremdet gebraucht wird.<br />
Doch konnte die Forschung herausfinden, welche Faktoren ein lesbares Layout<br />
begünstigen: z. B. die Schriftgröße 9–12 Punkt, der Durchschuss von 2 Punkt<br />
bei den Schriftgrößen 6–12 Punkt, eine Zeilenbreite von ca. 50 Zeichen, ... etc.<br />
Die Lesbarkeit wird jedoch durch viele Faktoren begünstigt oder erschwert:<br />
durch die verschiedenen Leserarten, die sich in ihrem Alter, ihrer Leseerfahrung,<br />
ihrer Kultur und Lesemotivation von einander unterscheiden. Wenn jemand<br />
seinen neuen IKEA-Schrank so schnell wie möglich aufbauen möchte, so wird<br />
er eine in Comic Sans gesetzte Anleitung (rein hypothetisch) sehr schnell lesen<br />
können.<br />
Weiter gibt es verschiedene Lesearten – ein Roman wird ganz anders<br />
gesetzt als eine Informationsbroschüre und auch anders gelesen und woanders<br />
gelesen. Der Ort variiert sowie das Medium. Die Präferenz zu dem Medium<br />
Papier scheint auch erlernt zu sein – vielleicht wird es in den nächsten <strong>Ge</strong>nerationen<br />
eine fortschreitende Digitalisierung des Alltags geben, sodass die neuen<br />
<strong>Ge</strong>nerationen den Display dem Papier gleichsetzen, da sie mit der Digitalisierung<br />
aufwachsen.<br />
Kurz: Rezeptionsobjekt und Rezeptionssituation nehmen einen großen Einfluss<br />
auf die Lesbarkeit.<br />
<strong>Ge</strong>stalter sollten Studien hinsichtlich dieser vielen Einflussfaktoren kritisch<br />
befragen und die Bedingungen der Studien recherchieren – sonst kommt es zu<br />
falschen Interpretation, wie bei der Fehldeutung der Studie von Crosland und<br />
Johnson, die auf einer falschen Übersetzung basiert und besagt, dass Serifenschriften<br />
für Mengentexte (im Print) besser geeignet seien. Eventuell assoziieren<br />
86
<strong>Ge</strong>stalter die Serifenschrift deshalb mit Printmedien, v. a. mit dem Medium des<br />
Buchs, weshalb die Serifenschrift im Webbereich für den Mengentext immer<br />
noch eine außergewöhnliche Wahl ist. <strong>Ge</strong>stalter können und sollten die Forschung<br />
als Stütze nehmen und sich mit ihr auseinander setzen und sich nicht<br />
durch entweder fragwürdige Ergebnisse oder Fehlinterpretationen irrtümlich<br />
einschränken lassen, was zu einem mutigeren Umgang mit Schrift führen<br />
könnte – also mehr Serifenschriften im Web im Mengentext z. B.<br />
Viele Schriften sind für eine lesbares Layout geeignet – die Lesbarkeit ist jedoch<br />
aufgrund der genannten Faktoren so relativ, dass sie als Argument für die<br />
Wahl einer Schrift meist nicht relevant ist. Der Charakter der Schrift ist je nach<br />
Anwendungsgebiet und -zweck viel bedeutender, ob markant oder neutral.<br />
Wie erwähnt, entdeckte Martin Tiefenthaler, dass ein mäßig witzig verfasster<br />
Text, der nach allen Regeln der Kunst gesetzt war, als statistisch relevant<br />
lustiger empfunden wird als der gleiche Text, der typografisch nachlässig und<br />
fehlerhaft gestaltet war. Dies zeigt die Macht eines <strong>Ge</strong>stalters, die über die<br />
Wahl einer „lesbaren“ Schrift hinaus geht.<br />
87
ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
#1<br />
Eigene Darstellung, basierend auf E. Bruce Goldstein, Sensation and<br />
perception, Cengage Learning, Boston, 2009, S. 51<br />
#2<br />
#3<br />
Eigene Darstellung, basierend auf Abbildung: Stanislas Dehaene, Lesen,<br />
Albrecht Knaus Verlag, München, 2009, S. 25<br />
#4<br />
Eigene Darstellung, basierend auf https://lehrerfortbildung-bw.de/kompetenzen/praes/gestaltung/schrift/,<br />
[20.04.2016, 15.20 Uhr]<br />
#5<br />
Eigene Darstellung, basierend auf Dehaene, S. 26<br />
#6<br />
Eigene Darstellung, basierend auf Jan Filek, Read / ability, Niggli, Sulgen,<br />
2013, S. 27<br />
#7<br />
Logo von arte, siehe https://www.franceculture.fr/cruiserproduction/2016/03/795d8c09-6c94-44ef-8d11-03e09cdbb129/x510_<br />
rx8bk5fc.jpg.pagespeed.ic.nBewt8osbW.jpg, [21.04.2016, 10.05 Uhr]<br />
#8<br />
Eigene Darstellung, basierend auf Filek, S. 29<br />
#9<br />
Eigene Darstellung, basierend auf Dehaene, S. 155<br />
#10<br />
Siehe Filek, S. 38<br />
#11<br />
Siehe Dehaene, S. 37<br />
#12<br />
Eigene Darstellung, basierend auf http://www.inf.ed.ac.uk/teaching/courses/inf1-cg/lectures/28/,<br />
[13.05.2016, 18.05 Uhr]<br />
#13<br />
Siehe Filek, S. 69<br />
#14<br />
Siehe Filek, S. 75<br />
#15<br />
Eigene Darstellung, basierend auf Christmann, Literalität. Bildungsaufgabe<br />
und Forschungsfeld, hg. von Andrea Bertschi-Kaufmann und Cornelia<br />
88<br />
Rosebrock, Beltz Juventa, Weinheim, 2009, S. 181–195
#16<br />
html, [10.08.16, 18.25 Uhr]<br />
#17<br />
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2427099/Thousands-motoristsgiven-points-caught-speeding-illegal-warning-signs-cases-DROPPED.<br />
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/schilder-nur-fueradleraugen-aid-1.5776597,<br />
[12.08.16, 23.30 Uhr]<br />
89
QUELLENVERZEICHNIS<br />
Literatur:<br />
John R. Anderson, Kognitive Psychologie,<br />
Spektrum Akademischer Verlag,<br />
Anne Rose König, Alles Buch, Buchwissenschaft<br />
/Universität Erlangen-Nürnberg,<br />
2004<br />
Heidelberg, 2007<br />
Martin Liebig, Browser Typografie, betreut<br />
Ursula Christmann, Kognitionspsychologische<br />
Ansätze, hg. von Ursula Rautenberg,<br />
von Prof. Dr. Ulrich Pätzold, Prof. Dr. Günther<br />
Rager, Universität Dortmund, 2007<br />
Ute Schneider Walter de Gruyter GmbH,<br />
Berlin, 2016<br />
Ole Lund, Knowledge construction in<br />
typography: the case of legibility research,<br />
Ursula Christmann, Literalität. Bildungsaufgabe<br />
und Forschungsfeld, hg von<br />
Andrea Bertschi-Kaufmann und Cornelia<br />
Rosebrock, Beltz Juventa, Weinheim, 2009<br />
University of Reading, 1999<br />
Petra Eisele, Isabel Naegele, Texte zur<br />
Typografie, Positionen zur Schrift, Niggli,<br />
Sulgen, 2012<br />
Stanislas Dehaene, Lesen, Albrecht Knaus<br />
Verlag, München, 2009<br />
Rayner, K., Pollatsek, A. & Schotter, E.R.,<br />
Reading: Word identification and eye<br />
movements. In A. Healy (Ed.) Handbook<br />
Jan Filek, Read / ability, Niggli, Sulgen,<br />
2013<br />
of Psychology, Volume 4: Experimental<br />
Psychology (pp. 548-577). Hoboken: Wiley.<br />
2012<br />
Friedrich Forssman, Ralf de Jong, Detailtypografie,<br />
5. Auflage, Hermann Schmidt<br />
Verlag, Mainz, 2014<br />
Paul Renner, Die Kunst der Typographie, 3.<br />
Auflage, Maro, Augsburg, 2014<br />
Friedrich Forssman, Hans Peter Willberg,<br />
Lesetypografie, 5. Auflage, Hermann<br />
Schmidt Verlag, Mainz, 2010<br />
Barbara Elizabeth Roethlein, The American<br />
Journal of Psychology, Vol. 23, No. 1,<br />
University of Illinois Press, 1912<br />
E. Bruce Goldstein, Sensation and perception,<br />
Cengage Learning, Boston, 2009<br />
Martina Ziefle, ▼Literatur und Digitalisierung,<br />
hg. von Christine Grond-Rigler und<br />
Wolfgang Straub, De Gruyter, Berlin/<br />
Lutz Jäncke, <strong>Ge</strong>nesen und Grenzen der<br />
Bosten, 2013<br />
Lesbarkeit, hg. von Philipp Stoellger,<br />
Königshausen & Neumann, Würzburg,<br />
90<br />
2007
Internet<br />
tdlc.ucsd.edu/publications/2008-2009/<br />
http://www.typolexikon.de/schriftlaufweite/<br />
[13.08.2016, 23.45 Uhr]<br />
features_for_identification.pdf, [16.05.2016,<br />
00.47 Uhr]<br />
http://www.legasthenie-therapie.<br />
de/index.php/impressum/28-the-<br />
http://www.wissenschaft.de/lebenumwelt/hirnforschung/-/journal_content/56/12054/4710295/Vorgegaukelte-<br />
Sehsch%C3%A4rfe/, [09.05.2016, 16.43<br />
Uhr]<br />
http://www2.hu-berlin.de/reha/eye/<br />
Parafoveales%20Lesen.pdf, [15.05.2016,<br />
23.04 Uhr]<br />
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/<br />
rapieeinrichtungen/bonn/lesen/36-<br />
lesematerialien?showall=1, [17.08.2016,<br />
15.19 Uhr]<br />
http://gut-zum-druck.org, [10.08.2016,<br />
14.01 Uhr]<br />
duesseldorf/die-neuen-haltestellenschilder-im-vergleich-bid-1.6149895,<br />
[12.08.2016, 18.30 Uhr]<br />
http://display-magazin.net/thema/fernseher/betrachtungswinkel,<br />
[09.08.2016,<br />
00.45 Uhr]<br />
http://www.designtagebuch.de/wp-content/uploads/2009/08/Martin_Liebig_<br />
Die_gefuehlte_Lesbarkeit.pdf, [28.03.2016,<br />
03.03 Uhr]<br />
https://www.egger-lerch.at/typographiewie-schrift-manipuliert<br />
[10.08.2016, 16.57]<br />
https://www.princeton.edu/main/news/<br />
archive/S28/82/93O80/index.xml,<br />
[09.05.2016, 16.13 Uhr]<br />
http://www.myfonts.de/2011/09/unsichtbar-2/,<br />
[11.05.2016, 02:06 Uhr]<br />
91
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG<br />
Hiermit versichere ich, dass ich die Hausarbeit selbstständig verfasst und keine<br />
anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, alle Ausführungen,<br />
die anderen Schriften wörtlich oder sinngemäß entnommen wurden,<br />
kenntlich gemacht sind und die Arbeit in gleicher oder ähnlicher Fassung noch<br />
nicht Bestandteil einer Studien- oder Prüfungsleistung war.<br />
Unterschrift der Verfasserin / des Verfassers<br />
92
ABSCHLUSSARBEIT<br />
ABSCHLUSSARBEIT<br />
SILVANA GERARDS, AKD KÖLN, 2016<br />
SILVANA GERARDS, AKD KÖLN, 2016<br />
MENTOR: KAI KULLEN<br />
MENTOR: KAI KULLEN<br />
KORREKTORAT: CHRISTA GERARDS<br />
ÜBER DIE LESBARKEIT VON TYPOGRAFIE HINSICHTLICH<br />
ÜBER DIE LESBARKEIT VON TYPOGRAFIE HINSICHTLICH<br />
NEUESTER NEUROWISSENSCHAFTLICHER ERKENNTNISSE<br />
NEUESTER NEUROWISSENSCHAFTLICHER ERKENNTNISSE