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Keine Beteiligung des Bundes an der Garnisonkirche

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Deutscher Bun<strong>des</strong>tag Drucksache 18/10061<br />

18. Wahlperiode 19.10.2016<br />

Antrag<br />

<strong>der</strong> Abgeordneten Heidrun Bluhm, Norbert Müller, Caren Lay, Sigrid Hupach,<br />

Herbert Behrens, Karin Bin<strong>der</strong>, Eva Bulling-Schröter, Rol<strong>an</strong>d Claus,<br />

Sus<strong>an</strong>na Karaw<strong>an</strong>skij, Kerstin Kassner, Sabine Leidig, Ralph Lenkert,<br />

Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Birgit Menz,<br />

Harald Petzold (Havell<strong>an</strong>d), Dr. Kirsten Tackm<strong>an</strong>n, Hubertus Zdebel und<br />

<strong>der</strong> Fraktion DIE LINKE.<br />

<strong>Keine</strong> <strong>Beteiligung</strong> <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> am Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> <strong>Garnisonkirche</strong> Potsdam<br />

Der Bun<strong>des</strong>tag wolle beschließen:<br />

I. Der Deutsche Bun<strong>des</strong>tag stellt fest:<br />

Die <strong>Garnisonkirche</strong> in Potsdam symbolisiert als einstige Hof- und Militärkirche<br />

Preußens die verhängnisvolle preußisch-deutsche Geschichte <strong>der</strong> Verknüpfung<br />

von Staat, Kirche und Militär.<br />

In <strong>der</strong> <strong>Garnisonkirche</strong> Potsdam, die auf Anordnung <strong>des</strong> „Soldatenkönigs“<br />

Friedrich Wilhelm I. von Preußen für die Angehörigen <strong>des</strong> Hofstaates und <strong>der</strong><br />

Garnison errichtet wurde und die seither im Dienste <strong>der</strong> Obrigkeit und <strong>des</strong> Militärs<br />

st<strong>an</strong>d, wurde Krieg als Gottes Wille gepredigt, wurden Soldaten auf Gehorsam<br />

bis in den Tod eingeschworen und Waffen gesegnet.<br />

In dieser Kirche wurden die Siege Preußens über Österreich, Dänemark und<br />

Fr<strong>an</strong>kreich in den Kriegen <strong>des</strong> 19. Jahrhun<strong>der</strong>t zur Schau gestellt und glorifiziert.<br />

Die <strong>Garnisonkirche</strong> Potsdam wurde nach 1919 zu einem Wallfahrtsort für die<br />

extreme Rechte und hatte nach 1933 eine extrem rechte Gemeinde.<br />

Vor allem aber steht die <strong>Garnisonkirche</strong> Potsdam seit dem 21. März 1933, den die<br />

nationalsozialistische Propag<strong>an</strong>da als „Tag von Potsdam“ und als<br />

Gründungsdatum <strong>des</strong> „Dritten Reiches“ zelebrierte, für die Besiegelung <strong>des</strong><br />

Bündnisses von „deutschnationaler Reaktion und nationalsozialistischer<br />

Revolution“ (Der Tagesspiegel vom 21.03. 2013).<br />

Sowohl diese historischen Fakten als auch das von <strong>der</strong> För<strong>der</strong>gesellschaft für den<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Potsdamer <strong>Garnisonkirche</strong> propagierte Ideologie- und<br />

Betriebskonzept führen dazu, dass das Gesamtprojekt in <strong>der</strong> Potsdamer<br />

Stadtgesellschaft (Bürgerbegehren gegen den Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Potsdamer<br />

<strong>Garnisonkirche</strong>) und auch in christlichen Kreisen (Christen brauchen keine<br />

<strong>Garnisonkirche</strong>) hoch umstritten ist. Der Wie<strong>der</strong>aufbau ausgerechnet dieses<br />

Kirchenbaus ist nicht vergleichbar mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>errichtung etwa <strong>der</strong> Dresdner<br />

Frauenkirche und könnte das große friedenspolitische Engagement vieler<br />

Kirchgemeinden diskreditieren.<br />

Vorabfassung - wird durch die lektorierte Fassung ersetzt.


Drucksache 18/10061 – 2 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 18. Wahlperiode<br />

Zudem ist die Fin<strong>an</strong>zierung <strong>des</strong> Vorhabens hochgradig unsicher und<br />

intr<strong>an</strong>sparent.<br />

Angesichts <strong>des</strong> aktuellen Erstarkens rechtsnationaler und neonazistischer Kräfte<br />

in Deutschl<strong>an</strong>d und in Europa besteht die reale Gefahr, dass sowohl das Datum<br />

21. März als auch <strong>der</strong> Ort <strong>des</strong> „Tages von Potsdam“ bewusst missbraucht und für<br />

rechtsextreme Kultver<strong>an</strong>staltungen genutzt werden.<br />

Eine fin<strong>an</strong>zielle <strong>Beteiligung</strong> <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> <strong>an</strong> dem Projekt „Wie<strong>der</strong>errichtung <strong>der</strong><br />

Potsdamer <strong>Garnisonkirche</strong>“ wäre daher nicht nur Verschwendung von Steuergeld<br />

son<strong>der</strong>n ein völlig falsches politisches Signal.<br />

II.<br />

Der Deutsche Bun<strong>des</strong>tag for<strong>der</strong>t die Bun<strong>des</strong>regierung auf,<br />

1. sich nicht fin<strong>an</strong>ziell am Gesamtprojekt o<strong>der</strong> <strong>an</strong> Teilprojekten zum<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Potsdamer <strong>Garnisonkirche</strong> zu beteiligen,<br />

2. die Inaussichtstellung einer fin<strong>an</strong>ziellen <strong>Beteiligung</strong> durch den Bund zurück<br />

zu nehmen.<br />

Berlin, den 18. Oktober 2016<br />

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion<br />

Vorabfassung - wird durch die lektorierte Fassung ersetzt.

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