Festschrift
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90 JAHRE ST. MARTIN IN WINNEKENDONK<br />
HERBST<br />
GEDICHT ZUM MARTINSTAG<br />
EIN ARMER MANN<br />
Schon ins Land der Pyramiden<br />
flohn die Störche übers Meer;<br />
Schwalbenflug ist längst geschieden,<br />
auch die Lerche singt nicht mehr.<br />
Seufzend in geheimer Klage<br />
streift der Wind das letzte Grün;<br />
und die süßen Sommertage,<br />
ach, sie sind dahin, dahin!<br />
Nebel hat den Wald verschlungen,<br />
der dein stillstes Glück gesehn;<br />
ganz in Duft und Dämmerungen<br />
will die schöne Welt vergehn.<br />
Nur noch einmal bricht die Sonne<br />
unaufhaltsam durch den Duft,<br />
und ein Strahl der alten Wonne<br />
rieselt über Tal und Kluft.<br />
Und es leuchten Wald und Heide,<br />
dass man sicher glauben mag,<br />
hinter allem Winterleide<br />
lieg‘ ein ferner Frühlingstag.<br />
Die Sense rauscht, die Ähre fällt,<br />
die Tiere räumen scheu das Feld,<br />
der Mensch begehrt die ganze Welt.<br />
Und sind die Blumen abgeblüht,<br />
so brecht der Äpfel goldne Bälle;<br />
hin ist die Zeit der Schwärmerei,<br />
so schätzt nun endlich das Reelle!<br />
Theodor Storm<br />
(* 14.09.1817 / ✝ 04.07.1888)<br />
Ein armer Mann, ein armer Mann,<br />
der klopft an viele Türen an.<br />
Er hört kein gutes Wort<br />
und jeder schickt ihn fort.<br />
Ihm ist so kalt. Er friert so sehr.<br />
Wo kriegt er etwas Warmes her.<br />
Er hört kein gutes Wort<br />
und jeder schickt ihn fort.<br />
Der Hunger tut dem Mann so weh<br />
und müde stapft er durch den Schnee.<br />
Er hört kein gutes Wort<br />
und jeder schickt ihn fort.<br />
Da kommt daher ein Reitersmann,<br />
der hält sogleich sein Pferd hier an.<br />
Er sieht den Mann im Schnee<br />
und fragt: „Was tut dir weh?“<br />
Er teilt den Mantel und das Brot<br />
und hilft dem Mann in seiner Not.<br />
Er hilft so gut er kann,<br />
Sankt Martin heißt der Mann!<br />
Teilen wir unser Gut und Geld<br />
mit allen Armen auf der Welt!<br />
Wenn jeder etwas hat,<br />
dann werden alle satt!<br />
Denkst du, dafür bist du zu klein,<br />
kannst du grad wie Sankt Martin sein!<br />
Beim Teilen ist das so:<br />
Wer gibt und nimmt, wird froh!<br />
Zum Martinstag steckt jedermann<br />
leuchtende Laternen an.<br />
Vergiss den Andern nicht,<br />
drum brennt das kleine Licht!<br />
Autorin/Autor unbekannt<br />
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