Rückfallprophylaxe in der Behandlung von ... - Päd. Hartmut Klos
Rückfallprophylaxe in der Behandlung von ... - Päd. Hartmut Klos
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mene <strong>der</strong> Erkrankung <strong>in</strong>formiert<br />
und nur ungenügend auf drohende<br />
und stattf<strong>in</strong>dende Rückfälligkeit<br />
vorbereitet waren.<br />
3. sie zudem nur über <strong>in</strong>adäquate<br />
Bewältigungs- und Selbststeuerungsmuster<br />
für diese Situationen<br />
verfügten.<br />
Auf <strong>der</strong> Mitarbeiterseite war zu beobachten,<br />
dass<br />
1. Interventionen zur <strong>Rückfallprophylaxe</strong><br />
zumeist erst bei aktuellen<br />
Vorfällen bzw. unter krisenhaften<br />
Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>setzten. Zudem<br />
wurden sie meist <strong>in</strong>tuitiv umgesetzt.<br />
Ihnen fehlten die Frühzeitigkeit<br />
sowie die Systematik.<br />
2. Interventionen zur <strong>Rückfallprophylaxe</strong><br />
verstärkt auf die Psychodynamik<br />
fokussierten und die<br />
psychoedukative Perspektive vermissen<br />
ließen.<br />
3. <strong>der</strong> Umgang mit Rückfällen selten<br />
antizipatorisch thematisiert und<br />
als Folge des Abst<strong>in</strong>enzanspruches<br />
oftmals gänzlich vernachlässigt<br />
wurde.<br />
4. überzeugende, strukturierte Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmanuale<br />
zur <strong>Rückfallprophylaxe</strong><br />
für Drogenabhängige<br />
fehlten. Aus Mangel an Alternativen<br />
wurde sich an Konzepten aus<br />
<strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong> <strong>von</strong> Alkoholabhängigen<br />
wie z. B. <strong>von</strong> Körkel und<br />
Sch<strong>in</strong>dler (2003) orientiert, die<br />
aber nur unzureichend <strong>der</strong> spezifischen<br />
Realität <strong>von</strong> Drogenabhängigen<br />
und <strong>der</strong> <strong>in</strong>stitutionell<br />
unterschiedlichen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
gerecht wurden.<br />
5. <strong>der</strong> Ätiologie <strong>der</strong> Suchterkrankung<br />
e<strong>in</strong> überproportional großes<br />
Gewicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesamtbehandlung<br />
beigemessen wurde. Informationen<br />
und Aufklärung über<br />
den gesamten Krankheitsverlauf<br />
– <strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> prospektiven Perspektive<br />
– wurden h<strong>in</strong>gegen vielfach<br />
vernachlässigt.<br />
6. es oftmals an e<strong>in</strong>er Langzeitperspektive<br />
mangelte, die die Suchterkrankung<br />
bzw. den Gebrauch<br />
<strong>von</strong> psychoaktiven Substanzen <strong>in</strong><br />
ihrem Verlauf über die Lebensspanne<br />
h<strong>in</strong> betrachtet.<br />
Das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fachkl<strong>in</strong>ik »Haus Aggerblick«<br />
(Drogenhilfe Köln e. V.) <strong>in</strong><br />
den letzten 5 Jahren mit 250 Patienten<br />
durchgeführte Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramm<br />
wirkt dem entgegen und zeichnet sich<br />
durch se<strong>in</strong>e Frühzeitigkeit, se<strong>in</strong>e Systematik,<br />
se<strong>in</strong>en therapeutisch-psychoedukativen<br />
Ansatz, se<strong>in</strong>e Lifespan-Development-Perspektive<br />
sowie se<strong>in</strong>e explizite<br />
E<strong>in</strong>beziehung <strong>von</strong> Rückfallmanagement<br />
aus.<br />
Wir haben e<strong>in</strong> Programm erarbeitet,<br />
dass drogenabhängigen Menschen e<strong>in</strong>e<br />
frühzeitige, systematische und u. a.<br />
auf Wissenserweiterung abzielende<br />
Thematisierung <strong>der</strong> zentralen Aspekte<br />
zum Rückfallgeschehen anbietet. Uns<br />
war es dabei wichtig, zentrale Theorien,<br />
Modelle und Forschungsergebnisse<br />
zum Rückfallgeschehen patientengerecht<br />
zu vermitteln und zur Diskussion<br />
zu stellen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
wollten wir Raum bieten für die geme<strong>in</strong>same<br />
Erarbeitung <strong>der</strong> jeweils <strong>in</strong>dividuellen<br />
Aspekte (persönliche Risikoprofile,<br />
Bewältigungsstrategien, Ressourcen<br />
etc.), um Patienten auf drohende<br />
bzw. e<strong>in</strong>tretende Rückfälle<br />
angemessen vorzubereiten. Neben <strong>der</strong><br />
Wissensvermittlung und Erarbeitung<br />
realistischer Selbste<strong>in</strong>schätzungen und<br />
Haltungen sollte das Programm auf<br />
e<strong>in</strong>e Erhöhung <strong>der</strong> Selbstwirksamkeitserwartung<br />
(SWE), e<strong>in</strong>e Steigerung<br />
<strong>der</strong> Fähigkeit zur Antizipation,<br />
e<strong>in</strong>e Reduzierung des Abst<strong>in</strong>enzverletzungseffektes<br />
(AVE) und e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>übung<br />
<strong>von</strong> Cop<strong>in</strong>g-Strategien abzielen.<br />
Das Programm ist e<strong>in</strong> strukturiertes<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, welches <strong>in</strong> 12 Gruppensitzungen<br />
à 1,5 Stunden die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
mit den zentralen Aspekten<br />
zum Rückfallgeschehen bietet.<br />
Übergeordnete Ziele des Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramms<br />
s<strong>in</strong>d:<br />
1. drogenabhängige Menschen zu<br />
Experten ihrer eigenen Erkrankung<br />
und dessen Verlauf zu machen.<br />
2. rückfallvorbeugend zu wirken.<br />
3. drogenabhängigen Menschen zu<br />
helfen, e<strong>in</strong>en »angemessenen«<br />
Umgang mit Rückfällen zu entwickeln.<br />
SUCHT | 52 (3) | 210–214 | 2006<br />
CLINICAL PRACTICE AND HEALTH POLITICS<br />
Beschreibung des Programms<br />
Theoretischer H<strong>in</strong>tergrund<br />
Das Programm ist <strong>von</strong> <strong>der</strong> Integrativen<br />
Therapie nach Petzold (2003) geprägt.<br />
Als schulen- und methodenübergreifendes<br />
psychotherapeutisches<br />
Verfahren be<strong>in</strong>haltet es u. a. auch verhaltenstherapeutische<br />
Perspektiven.<br />
Das Programm ist sowohl e<strong>in</strong> therapeutisches<br />
als auch e<strong>in</strong> psychoedukatives<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Rückfalltheorien<br />
bildet das kognitiv-behaviourale<br />
Rückfallmodell nach Marlatt<br />
(1985) die Grundlage des Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs.<br />
Die aktuellen Erkenntnisse <strong>der</strong> Rückfallforschung<br />
aus verhaltenstherapeutischer<br />
(L<strong>in</strong>denmeyer, 2000), mediz<strong>in</strong>ischer<br />
und systemisch-lösungsorientierter<br />
Sicht (Schwertl, 1998) werden<br />
berücksichtigt. Ergebnisse aus <strong>der</strong> Alkoholismusforschung<br />
und Erfahrungen<br />
aus <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong> <strong>von</strong> Alkoholabhängigen<br />
(Körkel et al., 2003) fließen<br />
ebenfalls mit e<strong>in</strong>.<br />
Die Ausgestaltung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />
Module ist maßgeblich <strong>von</strong> den über<br />
Jahre gesammelten Erfahrungen und<br />
Reflexionen aus <strong>der</strong> praktischen Arbeit<br />
mit Patienten sowie des Austausches<br />
mit Kollegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong>spraxis<br />
und Fortbildungsarbeit geprägt.<br />
Inhalte<br />
Im Folgenden werden die 12 Gruppensitzungen<br />
kurz beschrieben.<br />
Modul 1 E<strong>in</strong>führung<br />
Es wird e<strong>in</strong> Überblick über das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramm<br />
gegeben und unter zu<br />
Hilfenahme <strong>von</strong> Diagrammen und Statistiken<br />
die wesentlichen Forschungsergebnisse<br />
zu Rückfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<br />
und Rückfallzeitpunkten patientengerecht<br />
vermittelt und diskutiert.<br />
Modul 2 Phasen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />
In dieser E<strong>in</strong>heit wird das Transtheoretische<br />
Modell (Prochaska & Di-<br />
Clemente, 1992) mit se<strong>in</strong>en »stages of<br />
change« vorgestellt und mittels psychodramatischer<br />
Techniken erlebbar.<br />
Patienten erhalten e<strong>in</strong>e Vorstellung<br />
<strong>von</strong> <strong>der</strong> Prozesshaftigkeit <strong>von</strong> Verhaltensverän<strong>der</strong>ungen<br />
und können ihren<br />
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