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Leseprobe Gute Arbeit 11_2016

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<strong>Gute</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>11</strong> | <strong>2016</strong><br />

Krankenbesuche als Fehlzeitenkontrolle<br />

prävention und teilhabe<br />

Wenn der <strong>Arbeit</strong>geber<br />

bei Erkrankten klingelt:<br />

Fürsorgebesuch oder<br />

Kontrolle?<br />

zum Weiterlesen<br />

Simon Burger (2013):<br />

Der Schutz gesundheitsbezogener<br />

Beschäftigtendaten.<br />

Baden-Baden (S.<br />

288 f).<br />

Benjamin Heider (2015):<br />

Wirksame Maßnahmen<br />

des <strong>Arbeit</strong>gebers zur Verringerung<br />

von Fehlzeiten.<br />

NJW 15/2015 (S. 1051 f,<br />

hier 1056).<br />

nen, denn im Privatbereich können personenbezogene<br />

Daten erhoben werden (vgl. §§ 32<br />

Abs. 1 und 2 BDSG). Ob Erkrankte zu Hause<br />

sind oder nicht, ist unerheblich. Betroffene Erkrankte<br />

können beim Arzt, in der Apotheke,<br />

bei medizinischen Anwendungen und beim<br />

Spaziergang sein.<br />

Hausbesuche können als Krankengespräche<br />

bzw. Befragung mit Beobachtung außerhalb<br />

des Betriebes bewertet werden. Dies fällt<br />

seit 2009 auch unter das Bundesdatenschutzgesetz<br />

(§ 32 Abs. 2 BDSG).<br />

Betroffene Beschäftigte können zudem<br />

eine Beschwerde nach §§ 84,85 Betriebsverfassungsgesetz<br />

(BetrVG) beim Betriebsrat einreichen,<br />

über deren Prüfung der Berechtigung<br />

auch eine Einigungsstelle angerufen werden<br />

kann. Sie ist zuständig, wenn es nicht um<br />

die Durchsetzung individualrechtlicher Ansprüche<br />

des Betroffenen geht. Betroffene sind<br />

berechtigt, den betrieblichen Datenschutzbeauftragten<br />

einzuschalten und sich bei dessen<br />

Untätigkeit an die zuständige Aufsichtsbehörde<br />

für Datenschutz zu wenden.<br />

Interessenvertretung sorgt für Transparenz<br />

Betriebs- und Personalräte sind gefordert, eine<br />

Praxis systematischer Krankenbesuche oder<br />

willkürlicher Besuche im Einzelfall zu verhindern<br />

und den <strong>Arbeit</strong>geber auf mögliche Datenschutzverstöße<br />

hinzuweisen. Betriebsöfentlich<br />

sollten sie darüber informieren, dass dies<br />

eine unzulässige Praxis ist, wenn es nicht ausdrücklich<br />

um Fürsorge des <strong>Arbeit</strong>gebers geht.<br />

Da Krankenbesuche in der Regel dem Zweck<br />

dienen, Personalgespräche zu führen, hat der<br />

Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein<br />

Mitbestimmungsrecht (vgl. LAG Rheinland-<br />

Pfalz 29.6.2006 – <strong>11</strong> TaBV 43/05).<br />

Eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung<br />

zugunsten von Krankenbesuchen ist nach der<br />

rechtlichen Einordnung (s. o.) unzulässig. Die<br />

Betriebsparteien nach § 75 Abs. 2 BetrVG und<br />

§ 1 Abs. 1 BDSG müssen die Persönlichkeitsrechte<br />

der Beschäftigten schützen und fördern.<br />

Krankenbesuche sind an den hohen Anforderungen<br />

an repressive Maßnahmen (nach § 32<br />

Abs. 1 S. 2 BDSG) auszurichten: Es müssen<br />

begründete Zweifel an der <strong>Arbeit</strong>sunfähigkeit<br />

bestehen.<br />

Interessenvertretungen sollten Krankenbesuche<br />

– bei Bedarf – betriebsöffentlich diskutieren<br />

und den <strong>Arbeit</strong>geber zu einem effektiven<br />

betrieblichen Gesundheitsmanagement<br />

motivieren, zu dem das Betriebliche Eingliederungsmanagement<br />

nach Sozialgesetzbuch<br />

IX (§ 84 Abs. 2 SGB IX) als Pflichtaufgabe<br />

gehört. <br />

Dr. Eberhard Kiesche ist Berater<br />

von Interessenvertretungen.<br />

Schwerpunkte: <strong>Arbeit</strong>srecht, Gesundheitsschutz,<br />

BEM.<br />

Eberhard Kiesche<br />

(20<strong>11</strong>): Krankenrückkehrgespräche<br />

und Fehlzeitenmanagement.<br />

Reihe<br />

Kurzauswertungen von<br />

Betriebsvereinbarungen,<br />

Hans-Böckler-Stiftung.<br />

Online: http://www.<br />

boeckler.de/pdf/mbf_<br />

bvd_krankenrueckkehr<br />

gespraeche.pdf<br />

Eberhard Kiesche<br />

(<strong>2016</strong>): Detektiv auf<br />

Krankenvisite. Zeitschrift<br />

»<strong>Gute</strong> <strong>Arbeit</strong>« 4/<strong>2016</strong> (S.<br />

27-30)<br />

Peter Wedde/Olaf Kunz<br />

(2015): Entgeltfortzahlungsgesetz,<br />

4.Aufl., § 5<br />

EZFG, Rdnr. 9 ff.<br />

Beschluss LAG<br />

Rheinland-Pfalz (2006):<br />

LAG 29.6.2006 – <strong>11</strong> TaBV<br />

43/05: Kein generelles<br />

Mitbestimmungsrecht<br />

des Betriebsrats bei<br />

Krankenkontrollbesuchen.<br />

Dazu NZA-RR 2007<br />

(s. 417).<br />

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