Fußballtraining 12/2016 - Ausschnitt
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Vereinskonzepte fussballtraining <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> Sportliches Konzept<br />
von W. Irmer, C. Johanning und A. Brandwein<br />
19<br />
Das Erfolgsrezept des<br />
„Dorfvereins“ VfL Theesen<br />
Alle Jugendmannschaften und die Senioren spielen überregional<br />
Foto: Benjamin Hanke<br />
Kommentar<br />
Klare Zuständigkeiten in allen Bereichen sind Voraussetzung für erfolgreiche Vereinsarbeit!<br />
Wir veranstalten seit 1974 ein internationales<br />
Pfingstturnier für B-Junioren. Die<br />
Vertreter der teilnehmenden Vereine fragten<br />
uns oft, wie es denn sein könne, dass<br />
bei einer solch guten Jugendarbeit die<br />
erste Mannschaft nur in der Kreisliga B<br />
spiele. Daher haben der heutige DFB-<br />
Stützpunktkoordinator Hans Danner und<br />
ich uns 1998 anlässlich einer Danke-<br />
Schön-Veranstaltung für unsere Jugendtrainer<br />
in der Sportschule Kaiserau gefragt,<br />
was wir tun müssen, damit wir auch<br />
in zehn Jahren eine gute Jugendarbeit<br />
betreiben, aber unsere besten Spieler halten<br />
und höher als Kreisliga B spielen?<br />
Die Antwort fiel kurz aus: Wir wollten gute<br />
Trainingsbedingungen schaffen und Trainer<br />
haben, die eine gute Idee vom Fußball<br />
und <strong>Fußballtraining</strong> haben. Doch die warteten<br />
nun mal nicht darauf, dass der VfL<br />
sie holte – also hat sich Hans Danner um<br />
die Trainerausbildung gekümmert und so<br />
peu à peu das Trainingsniveau gesteigert.<br />
Ich muss allerdings einräumen, dass 2005<br />
der Landesligaaufstieg der Ersten auch<br />
gelang, weil sie bis dahin mehr aus auswärtigen<br />
als einheimischen Akteuren<br />
bestand. Doch mit Andreas Brandwein<br />
gelang uns auch hier die Wende hin zu im<br />
eigenen Verein ausgebildeten Talenten.<br />
Das Ganze ist im Lauf der Jahre im positiven<br />
Sinne explodiert, sodass vor zwei Jahprofessionelles<br />
ren unsere U19 in der Bundesliga und die<br />
erste Mannschaft in der Westfalenliga<br />
spielten. Doch unsere inneren Strukturen<br />
hatten mit diesem Aufschwung nicht<br />
Schritt gehalten. Wenn unsere Trainer<br />
neue Hütchen benötigten, wandten sie<br />
sich mal an den 2. Vorsitzenden, mal an<br />
den Sportlichen Leiter, mal an den Kassierer.<br />
Wir hatten total verwilderte Kommunikationsstränge.<br />
Wir entwickelten für jeden Posten ein klares<br />
Aufgabenprofil mit fest definierten<br />
Zuständigkeiten (s. Info 1 auf Seite 20). So<br />
konnten wir Carsten Johanning vor eineinhalb<br />
Jahren, als wir ihn als Sportlichen<br />
Leiter verpflichten wollten, klare Fragen<br />
stellen: Kannst und willst du dieses und<br />
jenes machen? Und ihm auch sagen, was<br />
er nicht machen müsse bzw. dürfe.<br />
Ein Organigramm darf nicht nur auf dem<br />
Papier stehen, man muss es auch leben.<br />
Was die erste Mannschaft betrifft, steht<br />
Carsten in ständigem Kontakt mit dem<br />
Trainer, und ich versuche, mindestens einmal<br />
wöchentlich beim Training vorbeizuschauen.<br />
Klar braucht es bei Fluktuationen<br />
und Neubesetzungen etwas Zeit, bis<br />
alles rund läuft – aber das ist normal.<br />
Wir führen seitdem einmal monatlich Vorstandssitzungen<br />
durch und – das mag<br />
selbstverständlich sein, war es aber nicht<br />
immer – erstellen zu jeder Sitzung ein<br />
Protokoll, das auch<br />
die jeweiligen Aufgabenverteilungen<br />
enthält: Wer macht was bis wann? Im<br />
Anschluss kommen der Sportliche<br />
Leiter und die Koordinatoren hinzu,<br />
um aktuelle Fragen und Probleme zu<br />
besprechen. So installieren wir demnächst<br />
für Videoanalysen einen Fernseher<br />
im Besprechungsraum.<br />
Derzeit haben wir neben Bambini, F-<br />
und E- Junioren fünf D-, vier C-, drei<br />
B- und zwei A-Juniorenmannschaften,<br />
und die jeweiligen Leistungsteams<br />
spielen allesamt in überregionalen<br />
Ligen: Die A, B und C in der Landesliga,<br />
die B2, C2 und D in der Bezirksliga.<br />
In diesem Leistungsbereich<br />
sind alle Trainer lizenziert – dort vermeiden<br />
wir es, Eltern ihre Kinder trainieren<br />
zu lassen.<br />
Wir rekrutieren unsere Trainer aus<br />
einem informellen Netzwerk nach<br />
dem Motto „In Verein xy ist ein Guter“<br />
und aus dem eigenen Klub, wo wir<br />
z. B. einige Jugendspieler für das Kindertraining<br />
gewinnen konnten. Und<br />
manchmal zeigen externe Trainer<br />
selbst ihr Interesse an. Klar verlieren<br />
wir auch hin und wieder Trainertalente<br />
an höherklassige Nachbarvereine,<br />
aber das ist eben der Lauf der Welt –<br />
bei Spielern wie bei Trainern.<br />
Theesen ist ein 4000 Einwohner<br />
zählender Ortsteil von Bielefeld.<br />
Hauptsportart des VfL<br />
Theesen mit seinen über 1000<br />
Mitgliedern ist der Fußball,<br />
und hier hat der Klub in den<br />
letzten 20 Jahren einen enormen<br />
Aufwind bekommen.<br />
War es zunächst nur das internationale<br />
B-Junioren-Pfingstturnier<br />
mit namhaften in- und<br />
ausländischen Klubs, sorgte<br />
ein 1998 angestoßenes Konzept<br />
dafür, dass die erste<br />
Mannschaft von der Kreisliga<br />
B bis in die Westfalenliga aufstieg<br />
und die A-Junioren sogar<br />
ein kurzes Gastspiel in der<br />
Bundesliga gaben.<br />
Grund für uns, den Vorstand<br />
Sport Wolfgang Irmer, den<br />
Sportlichen Leiter Carsten Johanning<br />
sowie Trainer Andreas<br />
Brandwein zu fragen, wie man<br />
das geschafft hat, welche Probleme<br />
es gab und warum der<br />
Trainer trotz zweier Abstiege<br />
seit zwölf Jahren immer noch<br />
derselbe ist. Ein normales Interview<br />
wurde es aber nicht –<br />
ft-Redakteur Didi Wedegärtner<br />
musste nach seiner Einstiegsfrage<br />
nur noch lauschen.<br />
fussballtraining: Wie hat sich der VfL<br />
Theesen zu einem Verein entwickelt, der<br />
im Jugend- und Seniorenbereich seit<br />
Jahren höchst erfolgreich ist?<br />
Carsten Johanning (Sportlicher Leiter):<br />
Die damalige Entscheidung, gute und<br />
qualifizierte Jugendtrainer nach Theesen<br />
zu holen bzw. selbst auszubilden, war die<br />
Voraussetzung für unseren Erfolg. Das<br />
wurde selbst in höherklassigen ostwestfälischen<br />
Klubs nicht so konsequent<br />
betrieben – nur so war es überhaupt möglich,<br />
dass der VfL ihnen so lange im sportlichen<br />
Bereich mindestens auf Augenhöhe<br />
begegnen konnte. Doch mittlerweile<br />
hat auch dort ein Umdenken stattgefunden.<br />
Wolfgang Irmer (Vorstand Sport): Insgesamt<br />
nehmen wir mit 22 Jugend-, drei<br />
Senioren-, einer Damenmannschaft und<br />
zwei Alte-Herren-Teams am Spielbetrieb<br />
teil und benötigen dafür über 40 Trainer<br />
und Betreuer. Das alles kostet natürlich<br />
etwas – nicht nur Zeit, sondern auch Geld.<br />
Doch es war ja damals unser Ziel, nicht<br />
nur Talente für andere Klubs auszubilden,<br />
sondern eben für unsere erste Mannschaft.<br />
Zwar verlieren wir immer wieder<br />
auch einige A-Junioren-Spieler, doch ist<br />
es uns im Lauf der Jahre zunehmend<br />
gelungen, viele hierzubehalten. Etwa 70<br />
Prozent des Kaders hat bereits in der<br />
Jugend bei uns gespielt.<br />
Das gehört z. B. zum Aufgabenprofil unseres<br />
Trainers, nämlich immer wieder junge<br />
Spieler einzubauen und ihnen auch hohe<br />
Spielanteile zu gewähren. Andreas Brandwein<br />
setzt diesen vom Verein gewünschten<br />
Idealzustand seit 2005 um.
20<br />
Vereinskonzepte fussballtraining <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> Sportliches Konzept<br />
21<br />
<br />
INFO<br />
Organigramm Fußballabteilung VfL Theesen<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
Stabsstelle<br />
Vorstand<br />
Sportlicher Leiter<br />
Senioren / U19<br />
Vorstand Sport<br />
Carsten Johanning: Wobei es nicht so<br />
ist, dass wir ausschließlich auf die Jugend<br />
bzw. auf eigene Spieler setzen. Zwar<br />
wird im Umfeld schon mal geäußert, wir<br />
sollten alles mit eigenen und jungen Leuten<br />
machen, doch das ist weder realistisch<br />
noch sinnvoll: Jeder Mannschaft tut<br />
es gut, wenn der eine oder andere ältere<br />
und erfahrene Spieler dabei ist. Und der<br />
darf auch schon mal von auswärts kommen<br />
und seine dort gesammelten Erfahrungen<br />
reinbringen. Die Mischung muss<br />
stimmen.<br />
Wir haben jetzt den Status erreicht, dass<br />
erste Mannschaft und A-Junioren auf<br />
einem homogenen Leistungslevel sind:<br />
Der Übergang vom Jugend- in den Seniorenbereich<br />
ist nicht selbstverständlich,<br />
VORSTAND GESAMTVEREIN<br />
Stellvertretender<br />
Fußballabteilungsleiter<br />
Vorstand<br />
Öffentlichkeit u.<br />
Marketing<br />
Fußballabteilungsleiter<br />
aber machbar: Die jungen Spieler wissen,<br />
dass sie eine realistische Chance haben.<br />
Sicher verlassen uns auch einige, doch<br />
viele bleiben bei uns, und wer es nicht in<br />
die Erste schafft, spielt dann eben in<br />
unserer zweiten Mannschaft.<br />
Andreas Brandwein (Trainer): Wir hatten<br />
eine Phase, in der unsere Jugendteams<br />
am sportlichen Limit spielten: Die A<br />
in der Bundesliga, die B in der Westfalenliga<br />
und die C in der Regionalliga. Das war<br />
für<br />
uns<br />
„Nur auf junge und eigene Spieler zu setzen, ist nicht sinnvoll:<br />
Jede Mannschaft benötigt auch ältere und erfahrene Akteure!“<br />
Vorstand<br />
Finanzen<br />
Geschäftsführer<br />
Hauptkassierer<br />
Vorstand<br />
Jugend<br />
Stabsstelle<br />
Schiedsrichter -<br />
betreuung<br />
Sportliche Leiter<br />
U17 bis U13 / Kinder<br />
nicht gesund – einmal wegen der Kosten,<br />
vor allem aber, weil die Top-Spieler dann<br />
schnell von größeren Vereinen entdeckt<br />
wurden oder auch glaubten, sie müssten<br />
dorthin wechseln. Sicher wäre es oft für<br />
einige besser gewesen, sich bei uns weiterzuentwickeln<br />
– doch wer will es ihnen<br />
verdenken. Aber für uns bedeuteten diese<br />
Abgänge natürlich auch eine gewisse,<br />
wenn auch nicht dramatische Schwächung.<br />
Wolfgang Irmer: Vor einigen Jahren<br />
haben sich die höherklassigen Vereine<br />
wie Arminia Bielefeld, SC Verl, SC Wiedenbrück<br />
und SV Rödinghausen wohl<br />
schon gefragt, was da los ist in Theesen<br />
und warum das bei ihnen nicht passiert.<br />
Sie haben reagiert, mehr in den Nachwuchs<br />
investiert und dabei auch den einen<br />
oder anderen Spieler und Trainer von<br />
uns weggeholt. Daher wird es nicht mehr<br />
möglich sein, solche Erfolge zu wiederholen.<br />
Klar, hin und wieder träumt mal mancher<br />
von diesen Zeiten und denkt darüber<br />
nach, ob sich das nicht wiederholen ließe.<br />
Aber das ist unrealistisch und wir sind mit<br />
dem jetzigen Status quo vollauf zufrieden.<br />
Unsere U17 steht derzeit sogar auf Platz<br />
1, die U15 in der Spitzengruppe der Landesliga.<br />
Doch daraus einen Anspruch zu<br />
formulieren, kommt uns nicht in den Sinn.<br />
Wir wissen, wo wir hingehören. Wenn<br />
Andreas Jahr für Jahr zwei, drei eigene<br />
Spieler in die Erste einbauen kann, ist<br />
alles richtig.<br />
Carsten Johanning: Von den Spielern,<br />
die vor drei Jahren in der C-Junioren-<br />
Regionalliga spielten, ist keiner mehr da.<br />
Neben den üblichen ‚Dropouts’ sind die<br />
besten Spieler zu größeren Klubs gewechselt.<br />
Für einen kleinen Verein ist es<br />
nicht möglich, in allen Altersstufen jahrelang<br />
auf Top-Niveau zu sein. Du müsstest<br />
dann regelmäßig neue auswärtige Spieler<br />
holen, die dann aber ebenso schnell wieder<br />
weg sind, wie sie gekommen sind.<br />
Das sieht nach außen gut aus, verschafft<br />
dir ein gewisses Renommee, aber dem<br />
Verein bringt es auf Dauer nichts.<br />
Andreas Brandwein: Früher war es noch<br />
so, dass Spieler, die es bei Arminia nicht<br />
geschafft hatten oder wahrscheinlich<br />
nicht schaffen würden, nach Theesen<br />
kamen. Jetzt gehen sie nach Paderborn,<br />
Rödinghausen, Verl oder Wiedenbrück.<br />
Wolfgang Irmer: Unser sogenanntes Einzugsgebiet<br />
für den Leistungsbereich ist<br />
Bielefeld und die umliegenden Kreise Halle,<br />
Herford, Gütersloh, Lippe. Die Jungs<br />
kommen z. B. mit dem Bus oder Zug zum<br />
Bahnhof und werden dann von unserem<br />
Bulli abgeholt. Aber umfangreichere Fahrdienste<br />
können wir nicht organisieren.<br />
Carsten Johanning: Daher schauen wir<br />
uns auch im A-Jugendbereich nicht mehr<br />
groß um: Wir haben in diesem Jahr <strong>12</strong><br />
Spieler aus der B-Jugend übernommen<br />
und fahren damit sehr gut. Sie wissen,<br />
was sie an uns haben, und umgekehrt.<br />
Wolfgang Irmer: Wir sind uns schon klar<br />
darüber, dass wir nicht ausschließlich mit<br />
Spielern, die vom Wohnzimmer aus unseren<br />
Sportplatz sehen, in der Landesliga<br />
spielen können. Aber gleichwohl ist bei<br />
uns jeder herzlich willkommen, der einfach<br />
nur kicken will. Dafür haben wir ja<br />
unsere B3, die C4 und so weiter. Natürlich<br />
ist das alles auch eine organisatorische<br />
Herausforderung, da wir auf dem Hauptplatz<br />
nicht trainieren und unseren 26<br />
Mannschaften nur einen Kunstrasenplatz<br />
und ein F-Junioren-Spielfeld zur Verfügung<br />
stellen können. Da müssen unsere<br />
Trainer schon mal etwas Geduld zeigen.<br />
Andreas Brandwein: Richtig, es gibt<br />
sicher nicht viele Landesligisten, die an<br />
zwei von drei Trainingstagen nur eine<br />
Platzhälfte haben. Zwar können wir im<br />
Sommer im benachbarten Vilsendorf auf<br />
Rasen trainieren, doch ab Oktober wird es<br />
in Theesen schon etwas eng. Wenn du um<br />
18 Uhr mit den Hütchen in der Hand am<br />
Rand stehst und der Jugendtrainer dich<br />
fragt, ob er noch zehn Minuten länger<br />
Klein aber fein: Das Sportheim ist ein hochfrequentierter Treffpunkt aller Spieler.<br />
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machen kann, musst du anschließend<br />
eben etwas schneller aufbauen. Aber das<br />
ist kein Problem – auch nicht für die Spieler:<br />
Sie wissen, dass wir ein Amateurverein<br />
sind, dass sie selbst mal in der C-Jugend<br />
gekickt haben und dass das Jugendtraining<br />
genauso wichtig ist wie ihres.<br />
Wolfgang Irmer: Zudem ist der eine oder<br />
andere Spieler der Ersten im Jugendbe-<br />
Angriffsstrategien einführen – vertiefen – perfektionieren<br />
Vom Üben ohne Gegnerdruck bis zum Training komplexer Spielsituationen.<br />
Sie wollen ein möglichst breites Repertoire an individual-, gruppen- und mannschaftstaktischen<br />
Angriffsmitteln erarbeiten, damit Ihre Spieler flexibel auf jeden Gegner und dessen<br />
Pressingstrategie reagieren können? Angreifen mit System behandelt sämtliche Facetten<br />
des Angriffsspiels – von der Spieleröffnung durch den Torhüter über den Spielaufbau und das<br />
Herausspielen von Torchancen bis zum so wichtigen Umschaltspiel von Abwehr auf Angriff.<br />
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Foto: Benjamin Hanke
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Vereinskonzepte fussballtraining <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> Sportliches Konzept<br />
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reich tätig, ebenso wie A- und B-Junioren,<br />
die bei den Minis oder den F-Junioren als<br />
Trainer oder Betreuer helfen. Da herrscht<br />
schon eine hohe Akzeptanz, die der Atmosphäre<br />
im Gesamtverein zugutekommt.<br />
Carsten Johanning: Das ist ja das Wichtigste:<br />
Dass unsere internen Strukturen<br />
greifen und unsere Trainer mitziehen. So<br />
bin ich als Sportlicher Leiter für die Erste,<br />
Zweite und A-Junioren zuständig, für die<br />
Leistungsteams haben wir zwei Koordinatoren<br />
und für den Breitenfußball einen<br />
weiteren. Wir sind gleichberechtigt, sprechen<br />
uns ab und erstatten dem Vorstand<br />
Bericht. Alle Koordinatoren treffen sich<br />
Trainer Brandwein und Sportlicher Leiter Johanning pflegen den<br />
regelmäßigen Austausch.<br />
regelmäßig mit ihren Trainern und sind<br />
zur Stelle, wenn’s mal brennt.<br />
Andreas Brandwein: Diese Konstellation<br />
erleichtert mir die Arbeit ungemein. Ich<br />
kann mich auf das Training und Spiel der<br />
Ersten konzentrieren und erfahre über<br />
Carsten und unseren sehr kompetenten<br />
U19-Trainer Asef Duratovic, was dort<br />
läuft: Welche Spieler kommen fürs nächste<br />
Jahr in Frage, wie ist ihre Form usw.?<br />
Im Sommer haben einige von ihnen –<br />
auch des Jungjahrgangs – unsere Vorbereitung<br />
mitgemacht, damit sie schon mal<br />
sehen, wie es bei uns abgeht, und wir sie<br />
auch emotional enger an den Verein binden.<br />
Diese Spieler suchen Asef und ich<br />
aus. Und da Carsten jahrelang den Landesligisten<br />
Spvg Steinhagen trainiert hat,<br />
kann ich mich auch auf sein Urteil verlassen<br />
und muss nicht bei A-Jugend-Spielen<br />
auftauchen. Das mache ich erst nach<br />
dem Winter, wenn’s ans Eingemachte<br />
geht und wir diese Spieler genauer abklopfen<br />
wollen. Die B- und C-Jugend ist<br />
weniger interessant für mich, denn wer<br />
weiß schon, wer von ihnen in drei oder<br />
vier Jahren noch bei uns ist?<br />
Carsten Johanning: Den Überblick über<br />
die B- und C-Junioren erhalte ich durch<br />
eigene Spielbeobachtungen und den Austausch<br />
mit dem Koordinator. Dabei unterhalten<br />
wir uns auch durchaus über Spielidee<br />
und Spielsysteme, Trainingsmethoden<br />
usw., doch geben<br />
wir da nichts vor. Vor<br />
Jahren war es selbst<br />
in einigen Amateurvereinen<br />
angesagt, allen<br />
Teams ein identisches<br />
System zu verordnen.<br />
Das halten<br />
wir nicht für sinnvoll.<br />
Klar, unsere Trainer<br />
sollen offensiv spielen<br />
lassen, das Spiel von<br />
hinten aufbauen und<br />
nicht bolzen, doch wie<br />
sie das angehen, ist<br />
Foto: Thomas Starke<br />
kreative Trainer.<br />
ihnen überlassen. Wir<br />
wollen schließlich<br />
nicht nur kreative<br />
Spieler, sondern auch<br />
Wolfgang Irmer: Zumal das System auch<br />
von den Spielern abhängt. Wenn ich<br />
bärenstarke Außenverteidiger habe, wäre<br />
es ja wenig sinnvoll, mit Dreierkette zu<br />
spielen. Was wir aber im Nachwuchsbereich<br />
einfordern, ist ein spielorientiertes<br />
Training mit Ball. Zwar sehe ich mal im<br />
Kinderfußball einen Trainer-Vater, der seine<br />
Mannschaft mehr laufen oder stehen<br />
als spielen lässt. Doch ich gehe dann<br />
nicht zu ihm und weise ihn darauf hin –<br />
das ist Sache der Koordinatoren.<br />
Andreas Brandwein: Was mir allerdings<br />
wichtig ist, ist ein einheitliches Vokabular.<br />
Als Asef Duratovic zu uns kam, habe ich<br />
ihm einen Überblick über unsere Fußballsprache<br />
vermittelt, damit Trainer und<br />
Spieler dieselben Codewörter benutzen.<br />
Oder Vorgaben für bestimmte Spielsituationen:<br />
„Kein Foulspiel“ z. B., weniger als<br />
Merkmal einer besonders fairen Spielweise,<br />
sondern um dem Gegner keine Möglichkeit<br />
zu geben, einfache Treffer zu<br />
erzielen. Denn wie oft beherrscht du das<br />
Spiel gegen einen schwächeren Gegner,<br />
führst aber nur 1:0. Und dann machst du<br />
an der Außenlinie oder 20 Meter vor dem<br />
Tor ein dämliches Foul. Auch in schwächeren<br />
Teams gibt es immer einen, der<br />
den Ball in den Winkel zirkeln kann oder<br />
eine Kopfballspezialisten, der die Freistoßflanke<br />
im Tor versenkt.<br />
Oder Grundsätze für den Zweikampf: Wie<br />
stelle ich mich im frontalen 1 gegen 1,<br />
wie im Rücken des Angreifers usw.<br />
Das sind Dinge, die A-Junioren beherrschen<br />
sollen, wenn sie zu uns kommen.<br />
Ich will da nicht wieder bei Null anfangen.<br />
Carsten Johanning: Andreas und ich<br />
tauschen uns regelmäßig über fußballspezifische<br />
Themen aus – allein schon,<br />
weil ich ihn auch als Co-Trainer unterstütze.<br />
Die sind mal eher allgemeiner Natur,<br />
mal eher unsere Mannschaft betreffend.<br />
Im letzten Jahr etwa, als wir nach zwei<br />
guten Jahren in der Westfalenliga plötzlich<br />
im Abstiegskampf standen, hat es<br />
zum Ende der Hinrunde auch mal richtig<br />
zwischen Mannschaft und Trainer gerappelt<br />
– das ist in Phasen des Misserfolgs<br />
ganz normal. Aber da half unser offener<br />
und ehrlicher Austausch, dass es nicht<br />
wirklich zum Bruch kam.<br />
Für mich ist Andreas der beste Trainer in<br />
Ostwestfalen und wir können froh sein,<br />
dass das die höherklassigen Vereinen bisher<br />
noch nicht mitbekommen haben.<br />
Andreas Brandwein: Das war für uns<br />
sehr überraschend, da wir besser besetzt<br />
waren als im Jahr zuvor. Doch hatten wir<br />
viele und langwierige Ausfälle, es lief alles<br />
schief, was nur schief laufen konnte. Es<br />
gab auch interne Probleme, die wir vielleicht<br />
zu spät erkannt bzw. gelöst haben.<br />
Aber die Verantwortlichen haben mir nie<br />
das Gefühl vermittelt, dass diese negative<br />
Entwicklung ausschließlich an mir festgemacht<br />
und ich ernsthaft in Frage gestellt<br />
würde. Überhaupt sagt dir in Theesen so<br />
ziemlich jeder das, was er denkt, auch ins<br />
Gesicht. Der Austausch mit dem Vorstand<br />
war in den zwölf Jahren immer gut und<br />
vor allem ehrlich: Hier redet man nicht<br />
hinter dem Rücken des Trainers über ihn<br />
– auch nicht, als wir aus der Westfalen liga<br />
abzusteigen drohten und es letztlich taten.<br />
Klar haben wir ernste Gespräche geführt,<br />
auch, als der Abstieg schon feststand:<br />
Wollen wir gemeinsam in die Landesliga<br />
gehen oder ist es sinnvoller, mit<br />
einem neuen Trainer zu starten?<br />
Wolfgang Irmer: Der drohende Abstieg<br />
war natürlich Thema in unseren Vorstandssitzungen.<br />
Doch haben wir nie<br />
bezweifelt, dass Andreas der Richtige für<br />
uns ist – eine über so viele Jahre erfolgreiche<br />
Zusammenarbeit mit einem Trainer,<br />
der unser Konzept zu 100 Prozent<br />
mitträgt, beenden wir nicht, weil es mal<br />
einige Monate schlecht läuft. Und wir<br />
sehen ja zur Zeit, dass es wieder klappt.<br />
Überhaupt war die letzte Saison nicht<br />
gänzlich erfolgreich: Die Zweite stieg in<br />
die Kreisliga B ab, die B-Jugend in die<br />
Landesliga, nur die A- und C-Junioren<br />
schafften den Klassenerhalt. Dafür stiegen<br />
aber die B2 und die C2 auf.<br />
Carsten Johanning: Wir haben vor dieser<br />
Saison einige Dinge anders gestaltet und<br />
uns auch bewusst von Spielern getrennt.<br />
Außerdem führten wir eine umfassende<br />
Manöverkritik im Trainer- und Funktionsteam<br />
durch. Der Mannschaft haben wir<br />
verdeutlicht, dass wir es so anpacken<br />
werden, dass es uns Trainern wieder<br />
mehr Spaß macht und dass es dann auch<br />
ihr Spaß und Erfolg bringen wird. Letztes<br />
Jahr waren wir oft zu nachsichtig und<br />
nicht konsequent genug. Das hat bei uns<br />
für einigen Frust gesorgt. Bisher fahren<br />
wir mit der neuen und klaren Linie sehr<br />
gut. Es bestehen sogar gute Chancen, um<br />
den Wiederaufstieg mitzuspielen.<br />
Wolfgang Irmer: Dabei ist ein Aufstieg<br />
gar nicht das vom Vorstand vorgegebene<br />
Ziel. Wir haben der Mannschaft lediglich<br />
gesagt, wir wollten kein ‘zweites Paderborn’<br />
erleben, also einen Durchmarsch<br />
nach unten. Sie spielt – auch, weil sie ein<br />
anderes Gesicht hat und die Gegner nicht<br />
mehr so stark sind wie in der Westfalen -<br />
liga – anders als im vergangenen Jahr<br />
und hat sich in der Landesliga mehr als<br />
konsolidiert. Wenn sie weiterhin so gut<br />
„Wir beenden eine jahrelang erfolgreiche Zusammenarbeit mit<br />
dem Trainer nicht, wenn es mal einige Monate schlecht läuft“<br />
spielt, sind wir zufrieden.<br />
Wir haben aber auch aus dem Abstieg der<br />
zweiten Mannschaft Konsequenzen gezogen.<br />
In einem kleinen Verein kann die<br />
Zweite nicht das Farm-Team der höherklassigen<br />
Ersten bzw. das Auffangbecken<br />
für verletzte Spieler sein. Dann dürfte sie<br />
nämlich nur eine Klasse darunter spielen.<br />
Doch es funktioniert nicht, wenn sie ständig<br />
wild durcheinandergemischt wird,<br />
weil vier oder fünf Spieler von oben eingesetzt<br />
werden müssen. Das kostet Geld<br />
und geht zu Lasten der Mannschaft.<br />
Carsten Johanning: Auch hier wurde die<br />
zweite Mannschaft lange künstlich in der<br />
Bezirksliga gehalten, indem Sonntag für<br />
Sonntag Topspieler von oben eingesetzt<br />
wurden. Dann spielten Akteure, die eigentlich<br />
nicht bezirksligatauglich waren,<br />
mit Westfalenligaspielern zusammen. Das<br />
machen wir nicht mehr so. Die Zweite<br />
besteht jetzt vornehmlich aus Eigengewächsen<br />
der A2, die Spaß am Fußballspiel<br />
haben sollen. Es kann zwar mal vorkommen,<br />
dass wir einem einzelnen Spieler<br />
der Ersten nach langer Pause etwas<br />
Praxis geben wollen, aber grundsätzlich<br />
soll das Mannschaftsgefüge der Zweiten<br />
nicht gestört werden. Die Zweite und<br />
Dritte sind schließlich die Teams, die über<br />
Jahre gewachsen sind und auf Jahre<br />
hinaus zusammenbleiben und so letztlich<br />
den eigentlichen Verein darstellen.<br />
Die Gefahr einer dadurch isolierten Ersten<br />
besteht nicht, da viele Spieler Eigen -<br />
Abwehrstrategien<br />
vermitteln<br />
Vom Üben individuellen Abwehrverhaltens<br />
über das Trainieren der Viererkette<br />
bis zu mannschaftstaktischen Abläufen<br />
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