saar-scene Dezember 12/14
Das total umsonste Popkulturmagazin.
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Holly Johnson<br />
QUICKLEBENDIG<br />
Nach längerer Produktionszeit, die zum Teil damit<br />
zusammenhing, dass sein Co-Produzent Mark Ralph<br />
viele andere Verpflichtungen hatte, ist Ende Oktober<br />
„Europa“ erschienen. Es ist das erste Soloalbum<br />
des früheren Frankie Goes To Hollywood-Sängers<br />
Holly Johnson seit 1999 („Soulstream“). In der Zwischenzeit<br />
besuchte der an HIV erkrankte Brite ein<br />
Kunst-College, malte (etwa das Cover von „Europa“),<br />
stellte eigene Bilder aus und arbeitete mit Kunststudenten.<br />
Erst 2009 kehrte er zur Musik zurück und<br />
trat auch wieder live auf.<br />
Eins vorweg: Ich wurde oft erstaunt gefragt, ob Sie<br />
noch leben würden, als ich erzählte, Sie zu interviewen.<br />
Überrascht Sie diese Reaktion?<br />
Ja und nein. Viele Menschen haben in den Sozialen<br />
Medien schon viel über mich geschrieben. Insbesondere<br />
diejenigen, die keine Etikette haben. Wenn<br />
ich auf meiner Facebook-Seite den Kommentar „Oh,<br />
ich dachte, Du seist tot“ lese, finde ich das schon<br />
etwas extrem. Aber sie glauben eben, sie könnten<br />
schreiben, was sie wollen. Das ist nicht neu für<br />
mich. Ich wurde seit Anfang der Neunziger nicht<br />
mehr von einem Majorlabel unterstützt. Wenn man<br />
sozusagen ausgestoßen und zu den Indie-Künstlern<br />
gezählt wird, ist es schwer, promotet zu werden.<br />
Viele wissen nicht mal, dass 1999 ein Album von<br />
mir erschienen ist. Insofern bin ich glücklich, dass<br />
„Europa“ besser wahrgenommen wird und ich wieder<br />
Publicity bekomme.<br />
Wenn es Frankie Goes To Hollywood noch gäbe,<br />
haben Sie eine Vorstellung, wie die Band heute<br />
klingen würde?<br />
Nein, beileibe nicht. Vielleicht in der Richtung des<br />
„Liverpool“-Albums. Wer weiß, was sich daraus<br />
entwickelt hätte. Der Unterschied zu „Welcome To<br />
Pleasuredome“ war ja merklich. Für mich waren wir<br />
die perfekte Pop-Rock-Dance-Band der Achtziger.<br />
Meine Vision war es, Grenzen bezüglich Geschmack<br />
und Sexualität zu sprengen beziehungsweise neu<br />
zu definieren. Das braucht jede Generation. In den<br />
Siebzigern übernahm diese Rolle David Bowies<br />
Album „The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And<br />
The Spiders From Mars“, in den Sechzigern war es<br />
„Sgt. Pepper‘s Lonely Hearts Club Band“ von den<br />
Beatles. Dann kam Frankie Goes To Hollywood, eine<br />
Art Konzeptband, in der ich Frankie spielte und meinen<br />
Moment hatte. Es war ein Moment in einer gewissen<br />
Zeit, und dort sollte er auch bleiben. (lacht)<br />
„Europa“ klingt tatsächlich nach den Achtzigern<br />
- ohne kitschig, altbacken oder künstlich zu sein.<br />
Ja, bis zu einem gewissen Grad stimmt das. Drei der<br />
Songs entstanden übrigens in den Achtzigern. Da<br />
sich derzeit so viele junge Musiker auf die Achtziger<br />
beziehen, war es für uns wichtig, ihnen zu zeigen,<br />
wie man es richtig macht. (lacht) Wir benutzten<br />
original Synthesizer und Drumcomputer aus dieser<br />
Ära und nicht irgendwelche Computer-Plugins.<br />
Das machte großen Spaß. Ich hatte sogar einen<br />
deutschen Synthesizer-Hersteller kontaktiert und<br />
sie nach einem ganz bestimmten Modell gefragt.<br />
Ich könnte stundelang über Synthesizer philosophieren...<br />
Text: Peter Parker Fotos: Kevin Davies<br />
Longhorn, Stuttgart, 08. <strong>Dezember</strong><br />
Live Music Hall, Köln, 13. <strong>Dezember</strong><br />
Holly Johnson „Europa“<br />
(Pleasuredome/RTD)<br />
www.hollyjohnson.com