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E-BESCHAFFUNG

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MACH EXPERTISE<br />

E-<strong>BESCHAFFUNG</strong><br />

in der öffentlichen Verwaltung


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

2<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

Zunehmend im Fokus: Der Einkauf in der öffentlichen Verwaltung............ 3<br />

Ein Blick auf die Zahlen...............................................................................................................3<br />

Das Problem der Wirtschaftlichkeit......................................................................................4<br />

Einführung der E-Beschaffung im Public Sector................................................ 6<br />

E-Beschaffung – Was darunter konkret zu verstehen ist............................................6<br />

Gesetzliche Anforderungen und Projekte...........................................................................7<br />

Gründe und Ziele für die Verpflichtung zur E-Beschaffung.......................................8<br />

Status quo: Die E-Beschaffung in der öffentlichen Verwaltung...............................8<br />

Was die E-Beschaffung der öffentlichen Verwaltung bringt..........................10<br />

Prozessbeschleunigung..............................................................................................................10<br />

Qualitätsverbesserung................................................................................................................10<br />

Kostensenkungen.........................................................................................................................11<br />

E-Beschaffung als ganzheitlicher Prozess...........................................................13<br />

Beteiligte am Beschaffungsprozess......................................................................................14<br />

Typische Aufgaben der Beschaffung...................................................................................15<br />

Ganz konkret: Wie der Einstieg in die E-Beschaffung zum Erfolg wird.....17<br />

Die Basis erfolgreicher E-Beschaffung: Prozessanalyse.............................................17<br />

Was eine gute E-Beschaffungslösung auszeichnet.......................................................18<br />

Fazit................................................................................................................................20<br />

Unser Experte zum Thema......................................................................................................21<br />

Quellenverzeichnis.......................................................................................................................21


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

3<br />

ZUNEHMEND IM FOKUS:<br />

DER EINKAUF IN DER<br />

ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

Steigende Erwartungen hinsichtlich Effizienz, Transparenz und Prozesssicherheit<br />

durch unterschiedliche Anspruchsgruppen sowie neue<br />

Gesetze und EU Verordnungen fordern einen Wandel im Public Sector.<br />

Strikte Haushaltskonsolidierungen und abnehmende Mitarbeiterzahlen<br />

setzen Verwaltungen zusätzlich unter Druck. Neue Denk- und<br />

Arbeitsweisen sind gefragt, die mehr denn je durch Agilität und Flexibilität<br />

geprägt sind. Technologische Entwicklungen treiben diese Veränderungen<br />

voran, stellen die öffentliche Verwaltung aber auch vor<br />

neue Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Vor diesem Hintergrund ist<br />

der Einkauf in den letzen Jahren zunehmend in den Fokus gerückt.<br />

Die E-Beschaffung leistet als ganzheitlicher Prozess, der elektronische<br />

Systeme nutzt, einen wesentlichen Beitrag zur Effizienzsteigerung im<br />

öffentlichen Einkauf.<br />

EIN BLICK AUF DIE ZAHLEN<br />

Der Staat ist in Deutschland der größte Beschaffer. Öffentliche<br />

Auftraggeber kaufen pro Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert<br />

von mindestens 300 Milliarden Euro ein. 1 In der EU wird der Einkauf<br />

von Gütern, Dienstleistungen und Bauaufträgen durch Regierungen<br />

und Körperschaften des öffentlichen Rechts sogar auf ca.<br />

2.400 Milliarden Euro geschätzt. 2<br />

1 Vgl. BMWi nach BME (2015), S. 3.<br />

2 Vgl. Langenbach (2016), S. 4.


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

4<br />

Einkauf von Waren und Dienstleistungen pro Jahr<br />

durch öffentliche Auftraggeber: 300 Milliarden €<br />

300.000.000.000 €<br />

Regierungen und Körperschaften des öffentlichen Rechts der EU kaufen pro Jahr<br />

Güter, Dienstleistungen und Bauaufträge im Wert von 2,4 Billionen €<br />

2 400 000 000 000 €<br />

DAS PROBLEM DER WIRTSCHAFTLICHKEIT<br />

Die Praxis des öffentlichen Einkaufs ist historisch gewachsen – und<br />

mit ihr auch die Zweifel an den etablierten Prozessen. Entspricht<br />

der Mitteleinsatz in der öffentlichen Beschaffung den Ansprüchen<br />

der Wirtschaftlichkeit? Die öffentliche Hand wird immer wieder<br />

mit dem Vorwurf konfrontiert, bestehende Einsparpotenziale nicht


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

5<br />

ausreichend zu nutzen. Zudem seien Durchlauf- und Wartezeiten in<br />

vielen Verwaltungen deutlich zu lang und der Einkaufsprozess nicht<br />

transparent genug. Beschaffer in der öffentlichen Verwaltung stehen<br />

vor vielen Herausforderungen:<br />

komplexe Abstimmprozesse<br />

(bezogen auf Prozesse und<br />

beteiligte Personen)<br />

KOSTENDRUCK<br />

BEGRENZTE RESSOURCEN<br />

unterschiedlich ausgeprägte<br />

fachliche Kompetenz<br />

der Mitarbeiter<br />

unterschiedliche Erwartungshaltungen,<br />

IT (Mobilisierung der Beschaffung)<br />

MODERNISIERUNGSFÄHIGKEIT AKZEPTANZFÄHIGKEIT<br />

veränderte Zusammenarbeit<br />

mit Lieferanten<br />

BEGRENZTE INTEGRATION<br />

HERAU<br />

SFORD<br />

ERUNG<br />

EN<br />

Veränderte Anforderungen<br />

des Managements<br />

VERMEIDUNG VON FEHLERQUELLEN<br />

Sicherstellung Umsetzung<br />

von rechtlichen Änderungen<br />

ZEITAUFWÄNDIGE PROZESSABFOLGEN<br />

begrenzte Transparenz<br />

begrenzte Nachvollziehbarkeit<br />

von Entscheidungen<br />

BEARBEITUNGSSTAND<br />

UMSTÄNDLICH EINSEHBAR<br />

hoher Aufwand durch<br />

manuelle Abwicklung<br />

PAPIERGEBUNDENE ABWICKLUNG<br />

Bedarfsmeldungen erreichen den Einkauf oft auf ganz unterschiedlichen<br />

Wegen. Hier den Überblick zu behalten – ein hoher Anspruch. So entstehen<br />

mitunter falsche oder doppelte Lieferungen, die nicht nur Ärger bedeuten,<br />

sondern auch mehr Aufwand und unnötige Kosten verursachen.<br />

„Stichproben ergeben nicht nur bis zu 15 % erhöhte<br />

Einkaufspreise und weniger leistungsfähige sonstige Konditionen<br />

– sie weisen auch auf höhere Prozesskosten hin.“ 3<br />

Betrachtet man allein die Bürokratiekosten, die im Rahmen der öffentlichen<br />

Vergabe entstehen, fallen jährlich Ausgaben in Höhe von ca.<br />

19 Milliarden Euro an. 4 Dabei übersteigen die Prozesskosten in der öffentlichen<br />

Verwaltung bei Weitem das bei anderen Einkaufsorganisationen<br />

übliche Maß. 5<br />

19.000.000.000 €<br />

Bürokratiekosten von rund<br />

19 Milliarden Euro jährlich<br />

weisen die öffentliche Vergabe<br />

als auffallend aufwändigen<br />

Prozess aus.<br />

3 Booz & Company (2011), S. 5.<br />

4 Vgl. Vergabeblog.de (2008).<br />

5 Vgl. Seitz/et al. (2008) nach Booz & Company (2011), S. 7.


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

6<br />

EINFÜHRUNG DER<br />

E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IM<br />

PUBLIC SECTOR<br />

Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Problematik im öffentlichen<br />

Einkauf hat in den letzten Jahren ein massiver technologischer<br />

Wandel begonnen. Experten sind sich einig:<br />

„Bei der Gestaltung einer modernen und zukunftsfähigen<br />

Einkaufsorganisation führt kein Weg mehr an der Einführung<br />

elektronischer Systeme vorbei.“ 6<br />

Schon seit Jahren ist von „medienbruchfreien elektronischen Prozessen“<br />

im Rahmen der E-Government-Strategie in der öffentlichen Verwaltung<br />

die Rede. Dadurch soll Bürokratie abgebaut und gleichzeitig<br />

eine moderne Verwaltung aufgebaut werden. Das Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Energie (BMWi), das Bundesministerium des Innern<br />

(BMI) und das Beschaffungsamt des BMI (BeschA) fordern in diesem<br />

Zusammenhang eine „durchgängige elektronische Beschaffung in der<br />

öffentlichen Verwaltung“. 7<br />

E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> –<br />

WAS DARUNTER KONKRET ZU VERSTEHEN IST<br />

Der Begriff E-Beschaffung existiert bereits seit einiger Zeit in der öffentlichen<br />

Verwaltung. Ob dabei jeder das Gleiche meint, ist aufgrund<br />

unterschiedlicher Definitionen fraglich. Daher an dieser Stelle ein<br />

Klärungsversuch:<br />

Elektronische Beschaffung oder kurz E-Beschaffung ist ein „Überbegriff<br />

für die Ablösung papiergestützter Verfahren durch IKT-gestützte Kommunikation<br />

und Verarbeitung über die gesamte Beschaffungskette.“ 8<br />

Diese umfasst sämtliche Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet sind, einer<br />

öffentlichen Einrichtung Waren und Dienstleistungen verfügbar zu ma-<br />

Versuch einer Definition:<br />

E-Beschaffung ist ein<br />

Überbegriff für die Ablösung<br />

papiergestützter Verfahren<br />

durch IKT-gestützte<br />

Kommunikation und Verarbeitung<br />

über die gesamte<br />

Beschaffungskette.<br />

6 BME (2015), S. 8.<br />

7 BMWi (2015).<br />

8 Europäische Kommission (2010), S. 3.


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

7<br />

chen. Damit ist natürlich auch das Vergabeverfahren als ein Baustein<br />

der E-Beschaffung gemeint. E-Beschaffung ist aber noch viel mehr:<br />

Bedarfe melden und prüfen, Mittel im Haushalt verwalten, Waren und<br />

Dienstleistungen bestellen, Verträge managen, Rechnungen bezahlen,<br />

Lager verwalten. Die einzelnen Bausteine der E-Beschaffung sind voneinander<br />

abhängig: Ohne eine konkrete Bedarfsmeldung und ohne Mittel<br />

zu haben, kann kein Vergabeverfahren durchgeführt und kann dann<br />

auch keine Ware oder Dienstleistung beschafft werden.<br />

Das heißt: Die E-Beschaffung bildet den gesamten Einkaufsprozess<br />

elektronisch ab. Oder kurz gesagt:<br />

Das Vergabeverfahren<br />

gehört als Baustein zur<br />

E-Beschaffung. Diese<br />

umfasst jedoch weit mehr.<br />

„E-Beschaffung = modernes und effizientes Einkaufen […]<br />

im digitalen Zeitalter!“ 9<br />

Der Beschaffungsprozess in all seinen Facetten ist der wohl umfangreichste<br />

Sekundärprozess in der öffentlichen Verwaltung. Die Europäische<br />

Kommission weist in ihrer Definition darauf hin, dass es bei der<br />

E-Beschaffung um mehr geht, als einen „bloßen Übergang von papiergestützten<br />

Systemen auf Systeme, die bei den Verfahren der öffentlichen<br />

Beschaffung elektronische Kommunikationsmittel nutzen.“ 10 Was das<br />

für die Umsetzung in der Praxis bedeutet, zeigt dieses Papier in den<br />

weiteren Kapiteln.<br />

GESETZLICHE ANFORDERUNGEN UND PROJEKTE<br />

Um die Einführung der E-Beschaffung in den öffentlichen Verwaltungen<br />

voranzutreiben, wurden in der Vergangenheit einige wegweisende Gesetze,<br />

Richtlinien und Projekte beschlossen.<br />

In der Digitalen Agenda der Bundesregierung heißt es dazu:<br />

„Beschaffungsprozesse müssen rascher und effizienter abgewickelt werden.<br />

Wir standardisieren und digitalisieren daher verstärkt die Prozesse<br />

bei Beschaffungen des Bundes. Die E-Beschaffung und E-Rechnung<br />

bauen wir weiter aus.“ 11 Dazu hat der Bund das Projekt E-Beschaffung<br />

initiiert. Es soll wichtige Prozesse bei Beschaffungen des Bundes standardisieren<br />

und digitalisieren.<br />

Auf EU-Ebene (EU-Richtlinie 2014/24/EU) bzw. in der nationalen Gesetzgebung<br />

(vgl. § 97 Abs. 5 GWB, § 9 Abs. 1 VgV) wurde insbesondere das<br />

Thema E-Vergabe als wichtiger Teil der E-Beschaffung geregelt. Dem-<br />

9 BeschA (2015).<br />

10 Europäische Kommission (2010), S. 1.<br />

11 BMI (2015).


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

8<br />

nach müssen öffentliche Auftragsvergaben seit April 2016 elektronisch<br />

durchgeführt werden. Das heißt: Auftragsunterlagen sind elektronisch<br />

bereitzustellen und Bekanntmachungen elektronisch zu übermitteln.<br />

2018 folgen die elektronische Bieterkommunikation und Eigenerklärung.<br />

Dies betrifft Kommunen genauso wie Länder und Bund.<br />

GRÜNDE UND ZIELE FÜR DIE VERPFLICHTUNG<br />

ZUR E-<strong>BESCHAFFUNG</strong><br />

Zu den Gründen der Forderung elektronischer Prozesse für den öffentlichen<br />

Einkauf erklärt die Europäische Kommission:<br />

„Die E-Beschaffung birgt das Potenzial zum Erzielen erheblicher<br />

Effizienzverbesserungen bei einzelnen Einkäufen, der<br />

allgemeinen Verwaltung der öffentlichen Beschaffung und<br />

dem Funktionieren der Märkte für öffentlichen Aufträge.“ 12<br />

Mit Einführung der E-Beschaffung werden u. a. die folgenden Ziele<br />

verfolgt:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Prozesskosten durch Standardisierung und Bündelung senken<br />

Interoperabilität der Systeme gewährleisten<br />

Transparenz und Effizienz erhöhen<br />

Qualität sicherstellen<br />

Letztendlich geht es darum, einen digitalisierten, medienbruchfreien<br />

Beschaffungsprozess inklusive E-Rechnung zu schaffen. Dabei wird nur<br />

ein ganzheitlicher Ansatz als sinnvoll erachtet. 13<br />

STATUS QUO: DIE E-<strong>BESCHAFFUNG</strong><br />

IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

Genau genommen sind die Bemühungen zur Digitalisierung der Verwaltung<br />

und insbesondere der Beschaffung bereits einige Jahre alt. Erste<br />

gesetzliche Regelungen zur Einführung der E-Beschaffung gab es schon<br />

im Jahr 2005. Die Europäische Kommission hat damals sehr ehrgeizige<br />

Ziele gesetzt: Angestrebt wurde eine Nutzung der elektronischen<br />

Beschaffung für 50 % des Beschaffungsvolumens bis zum Jahr 2010. 14<br />

Erreicht wurden diese Ziele jedoch bis heute nicht.<br />

Das Ziel, bis 2010 die Hälfte<br />

des Beschaffungsvolumens<br />

elektronisch abzuwickeln,<br />

wurde bis heute nicht<br />

erreicht.<br />

12 Europäische Kommission (2010), S. 1.<br />

13 Vgl. BMI (2015).<br />

14 Vgl. Europäische Kommission (2010), S. 2.


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

9<br />

2010 belief sich die Nutzung der E-Beschaffung sowohl in den einzelnen<br />

Mitgliedsstaaten als auch in der EU als Gesamtheit lediglich auf schätzungsweise<br />

weniger als 5 % des gesamten Beschaffungsvolumens. 15<br />

Erste Fortschritte zeigen sich für die E-Vergabe als wichtiger Teil der<br />

E-Beschaffung: 2014 basierten ca. 7,5 % aller Vergabeverfahren auf Verwendung<br />

der vollständigen elektronischen Vergabe. 16<br />

Interessant werden diese Zahlen im Vergleich mit anderen Ländern. Am<br />

Beispiel des Teilprozesses elektronische Vergabe zeigt sich: In Südkorea<br />

besteht bereits seit einigen Jahren ein voll entwickelter Online-Vergabemarkt.<br />

Selbst in Brasilien wurden in 2012 bereits 80 % der öffentlichen<br />

Vergabeverfahren elektronisch abgewickelt. 17 Dies verdeutlicht: Die öffentliche<br />

Verwaltung in der EU und damit auch in Deutschland hat bei<br />

der Einführung der E-Beschaffung noch reichlich Nachholbedarf. Für<br />

die Zukunft ist zu erwarten, dass die EU dieses Thema als wichtigen<br />

Wettbewerbsfaktor weiter vorantreiben wird.<br />

Brasilien 2012: 80 % der Vergabeverfahren<br />

elektronisch<br />

100 %<br />

80 %<br />

Südkorea: seit einigen Jahren<br />

vollumfängliche Online-Vergabe<br />

7,5 %<br />

Mitgliedstaaten der EU 2014:<br />

7,5 % der Vergabeverfahren elektronisch<br />

15 Vgl. Europäische Kommission (2010), S. 11.<br />

16 Vgl. Noch nach Langenbach (2016), S. 8.<br />

17 Vgl. Europäische Kommission (2012), S. 2f.


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

10<br />

WAS DIE E-<strong>BESCHAFFUNG</strong><br />

DER ÖFFENTLICHEN<br />

VERWALTUNG BRINGT<br />

Bevor sich eine Behörde entschließt, sämtliche papiergebundenen Prozesse<br />

der Beschaffung zu digitalisieren, stellt sich die Frage, welche<br />

konkreten Vorteile und Nutzen von der E-Beschaffung zu erwarten und<br />

umsetzbar sind.<br />

PROZESSBESCHLEUNIGUNG<br />

Die Europäische Kommission sieht in einem elektronischen Beschaffungsprozess<br />

vor allem den Vorteil einer (prozess-)sicheren, zügigen und transparenten<br />

Abwicklung des Einkaufs. 18 Tatsächlich läuft der elektronische<br />

Beschaffungsprozess deutlich schneller ab, als bisherige manuelle Verfahren.<br />

Dies hat verschiedene Gründe. Einerseits ist mit der elektronischen<br />

Beschaffung eine durchgängige, medienbruchfreie Vorgangsbearbeitung<br />

möglich. Manuelle Kopiervorgänge, die bisher häufig noch notwendig<br />

waren, entfallen mit der E-Beschaffung. Warteschleifen können auf ein<br />

Minimum reduziert und Durchlaufzeiten wesentlich verkürzt werden.<br />

Effizienzsteigerungen ergeben sich andererseits aus der Zentralisierung<br />

kostenintensiver Verwaltungsfunktionen.<br />

Insgesamt lässt sich mit der E-Beschaffung der Verwaltungsaufwand<br />

deutlich verringern – Berechnungen zeigen nur für die Vergabe als wesentlichen<br />

Teil des Beschaffungsprozesses eine mögliche Reduktion von<br />

5 auf 1,5 Stunden pro Vergabe. 19 Hochgerechnet auf den gesamten Einkaufsprozess<br />

wird durch die Digitalisierung der Beschaffung viel Zeit gewonnen,<br />

die zukünftig für die Kernaufgaben der öffentlichen Verwaltung<br />

zur Verfügung steht.<br />

Allein im Teilprozess der<br />

Vergabe gilt eine Reduktion<br />

des Verwaltungsaufwands<br />

von 5 auf 1,5 Stunden pro<br />

Vergabe als realisierbar.<br />

QUALITÄTSVERBESSERUNG<br />

Die E-Beschaffung steht für mehr Transparenz des Einkaufsprozesses.<br />

Das heißt: Die Status sind jederzeit einsehbar und Entscheidungen<br />

18 Vgl. Europäische Kommission (2010), S. 4<br />

19 Vgl. Zielke: (2012).


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

11<br />

nachvollziehbar. Beispielsweise kann der Bedarfsmelder so fortdauernd<br />

sehen, wo sein Bedarf gerade bearbeitet wird und muss nicht zeitaufwändig<br />

nach der Information suchen.<br />

Die E-Beschaffung kann zudem zur Verringerung von Fehlern beitragen.<br />

Zum Beispiel entfällt mit der E-Beschaffung im Rahmen der Vergabe<br />

die Notwendigkeit, Angaben von Papier mehrfach und in verschiedenen<br />

Phasen des Prozesses auf andere papierbasierte Dokumente bzw.<br />

elektronische Systeme manuell zu übertragen. Ganzheitlich betrachtet<br />

verbessert dies die Qualität des gesamten Einkaufsprozesses um ein<br />

Vielfaches. 20<br />

KOSTENSENKUNGEN<br />

Vor dem Hintergrund knapper werdender Budgets und zunehmender<br />

Haushaltskonsolidierungen muss die öffentliche Verwaltung umfangreiche<br />

Einsparungen realisieren. Die E-Beschaffung liefert hier diverse<br />

Ansatzpunkte. Mit der elektronischen Beschaffung sind zunächst<br />

Senkungen der Materialkosten realisierbar. Dies wird am Beispiel der<br />

Vergabe, als ein wichtiger Teil des Beschaffungsprozesses, deutlich: Mit<br />

Einführung der E-Vergabe wird von 3 % weniger Materialkosten ausgegangen.<br />

21<br />

50<br />

Große Einsparpotenziale ergeben sich außerdem aus der medienbruchfreien<br />

Umsetzung des Prozesses. Einfache und schlanke elektronische<br />

Beschaffungsprozesse helfen, die Transaktionskosten zu reduzieren. Die schlankeren elektronischen<br />

Beschaffungsprozesse<br />

Berechnungen gehen von einer deutlichen Senkung der gesamten Prozesskosten<br />

aus – hier ist von Einsparungen von bis zu 50 % 22 die Rede.<br />

ermöglichen Einsparungen<br />

von bis zu 50 %.<br />

Das bedeutet konkret, dass durch Verschlankung der Prozesse, Ressourcen<br />

für andere wichtige Aufgaben zur Verfügung stehen. So ist z. B. bei<br />

optimierten Prozessen der Bedarfsmeldung mehr Zeit für die primären<br />

Aufgaben.<br />

„E-Beschaffung kann insbesondere einen Beitrag dazu<br />

leisten, dass öffentliche Stellen Leistungen zu kostengünstigeren<br />

Bedingungen für die Steuerzahler erhalten.“ 23<br />

Mit der E-Beschaffung können durch Volumenbündelung und Produktstandardisierung<br />

Beschaffungskosten eingespart werden. Darüber<br />

20 Vgl. Europäische Kommission (2012), S. 2.<br />

21 Vgl. Zielke (2012).<br />

22 Vgl. Zielke (2012).<br />

23 Europäische Kommission (2010), S. 5.


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

12<br />

hinaus lassen sich durch die elektronische Beschaffung Preisreduzierungen<br />

umsetzen. Wirtschaftliche Berechnungen zeigen, dass solche<br />

Anpassungen erhebliche makroökonomische Effekte haben können.<br />

Bereits fünf Jahre nach Umstellung auf elektronische Verfahren bei der<br />

Beschaffung sei mit einer Steigerung des BIP um 0,1 bis 0,2 % zu rechnen<br />

– das entspricht in Deutschland 3,03 bis 6,05 Milliarden Euro. 24<br />

Am Beispiel Portugals werden die möglichen Einsparungen auf Landesebene<br />

deutlich. Portugal nutzt bereits seit November 2009 elektronische<br />

Mittel für die meisten öffentlichen Beschaffungen – von der Ausschreibung<br />

bis zur Zuschlagserteilung. Die öffentlichen Auftraggeber können<br />

Beschaffungen dadurch schneller durchführen. 2010 wurden Einsparungen<br />

an Verwaltungsausgaben in Höhe von 28 Millionen Euro jährlich<br />

errechnet. 25 In Südkorea hat der voll entwickelte Online-Vergabemarkt<br />

bis 2007 jährliche Einsparungen im Umfang von 4,1 Milliarden Euro ermöglicht<br />

– das entspricht in etwa 8 % der gesamten jährlichen Beschaffungsausgaben.<br />

26<br />

Rechnungen von 2010 zufolge<br />

sparte die portugiesische<br />

Verwaltung 28 Millionen<br />

Euro durch die Umstellung<br />

auf die elektronische Beschaffung.<br />

In Südkorea ermöglicht<br />

der Online-Vergabemarkt<br />

jährliche Einsparungen von<br />

4,1 Milliarden Euro.<br />

Auf Grundlage der Angabe eines jährlichen Beschaffungsvolumens zwischen<br />

200 und 350 Milliarden Euro in der öffentlichen Verwaltung in<br />

Deutschland ergibt sich bei vorsichtiger Schätzung ein Einsparpotenzial<br />

von 10 bis 20 Milliarden Euro. 27 Je 5 % an Einsparungen würden für<br />

den Vergabemarkt der EU etwa 100 Milliarden Euro in die öffentlichen<br />

Kassen zurückfließen. 28 Bei einem angenommenen Einsparpotenzial<br />

von insgesamt ca. 30 % 29 durch die E-Beschaffung ergeben sich damit<br />

600 Milliarden Euro möglicher Einsparungen.<br />

In der EU sind Einsparungen<br />

von 600 Milliarden<br />

Euro durch die Nutzung der<br />

E-Beschaffung denkbar.<br />

24 Vgl. Europäische Kommission (2012), S. 4.<br />

25 Vgl. Europäische Kommission (2010), S. 11.<br />

26 Vgl. Europäische Kommission (2012), S. 2f.<br />

27 Vgl. Booz & Company (2011), S. 37<br />

28 Vgl. Europäische Kommission (2012), S. 2.<br />

29 Vgl. Europäische Kommission (2010), S. 4f.


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

13<br />

E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> ALS<br />

GANZHEITLICHER PROZESS<br />

Voraussetzung für die umfassende Ausschöpfung dieser Potenziale<br />

bei Prozessbeschleunigung, Qualitätsverbesserung und Kostensenkung<br />

ist die Einführung eines Systems, das möglichst den gesamten<br />

Prozess digital abbildet. Um eine größtmögliche Effizienzsteigerung<br />

zu erreichen, empfiehlt die Europäische Kommission eine genaue<br />

Überprüfung und Rationalisierung des Beschaffungsprozesses. Das<br />

heißt, papiergestützte Prozesse bedürfen einer Anpassung, bevor sie<br />

digital umgesetzt werden. Dass die digitale Nachahmung der papiergebundenen<br />

Prozesse den gewünschten Effekt der Effizienzsteigerung<br />

erzielt, ist eher unwahrscheinlich. 30<br />

Die Beschaffung in ihrer digitalen Umsetzung umfasst eine Fülle von<br />

Aufgaben von der Bedarfsmeldung und Freigaben über Vergabeverfahren<br />

bis hin zum Warenempfang und zur Rechnungsbezahlung.<br />

Die nachfolgende Grafik verdeutlicht, dass es sich dabei um einen<br />

ganzheitlichen Prozess handelt, der auch digital als solcher abgebildet<br />

werden sollte.<br />

ANSÄTZE HAUSHALT (EINZELPLAN/KAPITEL/TITEL)<br />

BEDARFSMELDUNG<br />

BÜNDELUNG /<br />

FREIGABE<br />

BESTELLUNG /<br />

MITTELBINDUNG<br />

WARENEINGANG/<br />

LIEFERSCHEIN<br />

RECHNUNGS-<br />

EMPFANG<br />

Vergabeverfahren<br />

PRÜFUNG<br />

ANORDNUNG /<br />

BUCHUNG<br />

ZAHLUNG<br />

Veraktung<br />

Reporting<br />

zahlungsrelevante Daten<br />

VERBUCHUNG HAUSHALT (EINZELPLAN/KAPITEL/TITEL), JAHRESABSCHLUSS<br />

30 Vgl. Europäische Kommission (2010), S. 3.


MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

14<br />

Neben den einzelnen Aufgaben wie z. B. Bestellung besteht der Gesamtprozess<br />

aus zwei Ebenen:<br />

<br />

<br />

Ebene I: Prozessebene<br />

mit sämtlichen Abläufen der Beteiligten am Beschaffungsprozess,<br />

wie z.B. das Auslösen einer Bestellung.<br />

Ebene II: Finanzebene<br />

mit monetären Auswirkungen der Abläufe im Beschaffungsprozess,<br />

wie z. B. Mittelfestlegungen im Haushalt, auf einer Kostenstelle<br />

oder die Bezahlung einer Rechnung.<br />

In der digitalen Welt ist es nun möglich geworden, diese beiden Ebenen<br />

intelligent miteinander zu verknüpfen, so dass eine Handlung in<br />

Ebene I automatisch eine Änderung in Ebene II erzeugen kann. Damit<br />

ist neben der Prozesssicherheit auch eine Sicherheit in der Finanzabbildung<br />

realisierbar. Da die Daten digital vorliegen, können sie mit<br />

entsprechenden modernen Werkzeugen auch bequem ausgewertet<br />

und mit anderen Daten verknüpft und dann den Berichtsempfängern<br />

zur Verfügung gestellt werden. Mit den Möglichkeiten zur Auswertung<br />

und Dokumentation unterstützt der digitale Prozess notwendige operative<br />

und strategische Entscheidungen.<br />

Im digitalen Prozess lassen<br />

sich kausale Zusammenhänge<br />

zwischen Bestellung<br />

und Haushalt abbilden<br />

sowie Daten verknüpfen<br />

und auswerten.<br />

BETEILIGTE AM <strong>BESCHAFFUNG</strong>SPROZESS<br />

Um die richtigen Entscheidungen für den Einsatz von Software im Beschaffungsprozess<br />

treffen zu können, muss klar sein, wer im Prozess<br />

in welcher Rolle eine Aufgabe zu erfüllen hat. Als praktikabel hat sich<br />

dabei erwiesen, folgende grobe Einteilung vorzunehmen:<br />

<br />

<br />

Beteiligte innerhalb der eigenen Organisation<br />

mit operativen Aufgaben<br />

mit strategischen Aufgaben<br />

Beteiligte außerhalb der eigenen Organisation<br />

In der nachfolgenden Grafik sind beispielhaft wichtige Beteiligte in<br />

dem jeweiligen Cluster aufgeführt.


Beteiligte am Beschaffungsprozess<br />

MACH EXPERTISE | E-<strong>BESCHAFFUNG</strong> IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG<br />

15<br />

Prüfer (externe Revision)<br />

Lieferant<br />

Budgetprüfer & Co<br />

Zentraler Einkäufer<br />

Management<br />

Bedarfsprüfer<br />

Betreiber Ausschreibungsplattformen<br />

Lagerist<br />

Controller<br />

Bedarfsmelder<br />

Waren-/Lieferscheinprüfer<br />

Prüfer (interne Revision)<br />

INTERNE BETEILIGTE<br />

Buchhalter (Anlagen, Finanzen)<br />

INTERNE BETEILIGTE<br />

EXTERNE BETEILIGTE<br />

Bereits hier wird deutlich, welche umfangreichen Überlegungen bei<br />

der Digitalisierung des Beschaffungsprozesses anzustellen sind.<br />

TYPISCHE AUFGABEN DER <strong>BESCHAFFUNG</strong><br />

Im nächsten Schritt gilt es, Aufgaben zu definieren, die in den einzelnen<br />

Prozessschritten in Zukunft digital ausgeführt werden sollen. Als sinnvoll<br />

hat sich herausgestellt, die typischen Aufgaben der Beschaffung


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nach operativer und strategischer Herangehensweise aufzuteilen.<br />

Zu den operativen Aufgaben zählen Aktivitäten, die unmittelbar dem<br />

Beschaffungszweck dienen, z. B.:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Bedarfe melden/prüfen<br />

Vergabe durchführen<br />

Budget prüfen<br />

Bestellungen auslösen<br />

Wareneingang verbuchen<br />

Rechnungen bearbeiten<br />

Lager managen<br />

Diese Aufgaben stellen das Tagesgeschäft dar und spielen bei der Entscheidung<br />

für eine digitale Lösung naturgemäß eine sehr große Rolle.<br />

Dagegen fallen die strategischen Aufgaben bei der Entscheidung für eine<br />

digitale Lösung oftmals dem wichtigen operativen Tagesgeschäft „zum<br />

Opfer“. Mit den strategischen Aufgaben wird die Grundausrichtung der<br />

gesamten Beschaffung festgelegt. Sie sind damit deren Grundpfeiler.<br />

Wichtige strategische Aufgaben sind:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Bedarf ermitteln für die gesamte Organisation<br />

Lieferantenmanagement, d.h., Bewertung, Auswahl, Entwicklung<br />

von strategischen Lieferanten durchführen<br />

Vertragsmanagement von Rahmenverträgen realisieren<br />

Beschaffungsmaßnahmen planen<br />

Qualitätskonzepte für die Beschaffung entwickeln


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GANZ KONKRET:<br />

WIE DER EINSTIEG IN<br />

DIE E-<strong>BESCHAFFUNG</strong><br />

ZUM ERFOLG WIRD<br />

Die wichtigste Frage zum Einstieg lautet für jede Einrichtung gleichermaßen:<br />

„Wie gehe ich die E-Beschaffung am besten an?“ Oft wird diese<br />

Frage mit dem Kauf einer guten Software beantwortet – und erschöpft<br />

sich in Anforderungskatalogen mit umfangreichen Funktionswünschen<br />

an die Software. Ausgegangen wird dabei meist von den bestehenden<br />

nicht-digitalen Prozessen.<br />

Um dem komplexen Thema gerecht zu werden und die Vorteile von<br />

digitalen Beschaffungsprozessen zu nutzen, ist es aber sinnvoll, weit<br />

vorher anzusetzen. Dazu gehört, erst einmal eine Bestandsaufnahme<br />

vorzunehmen und u. a. folgende Fragen zu beantworten:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Welches Ziel wird mit der Einführung verfolgt?<br />

Wie sehen die bisherigen Beschaffungsprozesse aus?<br />

Sollen diese Prozesse genau so bestehen bleiben, oder sollen mit der<br />

Einführung einer elektronischen Lösung Prozessänderungen vorgenommen<br />

werden (z. B. zentrale vs. dezentrale Bestellungen)? Wenn<br />

ja, wie sehen die Prozesse dann aus?<br />

Wie werden die Finanzen bislang abgebildet, und wie können diese<br />

mit dem Beschaffungsprozess verknüpft werden?<br />

Sollen alle Prozessschritte digitalisiert werden?<br />

Standardisierte Fragen<br />

helfen bei der Feststellung<br />

des Ist-Prozesse und der<br />

nachfolgenden Analyse.<br />

DIE BASIS ERFOLGREICHER E-<strong>BESCHAFFUNG</strong>:<br />

PROZESSANALYSE<br />

Hier bietet sich ein Prozessmanagement an. Dabei werden die bisherigen<br />

Ist-Prozesse festgestellt, beschrieben und in einem Analyseschritt


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kritisch hinterfragt. Dann geht es daran, Soll-Prozesse zu konzipieren,<br />

die in einer digitalen Umsetzung den Nutzern einen hohen Mehrwert<br />

generieren. Wichtig ist, dass Bewährtes und Zukunftsträchtiges mitgenommen,<br />

aber auch „alte Zöpfe“ abgeschnitten werden. Z. B. beim Umstieg<br />

vom papierbasierten auf den digitalen Beschaffungsprozess: Soll<br />

in Zukunft weiterhin jeder Mitarbeiter Bedarfe melden können? Soll die<br />

dezentrale Bestellstruktur erhalten bleiben? Mit den Ergebnissen aus<br />

dieser Analyse kann dann anschließend identifiziert werden, welcher<br />

Prozessschritt in welcher Tiefe digitalisiert werden soll, und welche Anforderungen<br />

die zukünftige Software erfüllen muss.<br />

Soll-Zustand konzipieren<br />

KONZEPTION<br />

Relevante Prozesse feststellen<br />

IDENTIFIZIERUNG<br />

Ist-Zustand beschreiben<br />

ERHEBUNG<br />

Ist-Zustand analysieren<br />

ANALYSE<br />

KONTINUIERLICHER<br />

VERBESSERUNGSPROZESS<br />

(KVP)<br />

Prozess implementieren<br />

UMSETZUNG<br />

Prozessleistung messen<br />

CONTROLLING<br />

WAS EINE GUTE E-<strong>BESCHAFFUNG</strong>SLÖSUNG AUSZEICHNET<br />

Bei der Beantwortung der Frage, welche Lösung gut und richtig ist,<br />

hat jeder Beteiligte eigene Vorstellungen. Diese Einschätzung hängt<br />

vor allem davon ab, was mit einer elektronischen Beschaffungslösung<br />

umgesetzt werden soll. Dieses Kapitel dient daher nicht dazu, die Eigenschaften<br />

oder den Nutzen ausgewählter E-Beschaffungslösungen<br />

aufzuführen oder gegenüberzustellen. Vielmehr soll gezeigt werden,<br />

wie sich anhand gezielter Fragen herausfinden lässt, welche Lösung geeignet<br />

ist. Dies erleichtert die Entscheidung nicht nur – es stellt sie auch<br />

Es gibt nicht die eine richtige<br />

Lösung. Vielmehr hängt<br />

die Entscheidung von diversen<br />

Parametern ab – nicht<br />

zuletzt von der Zielsetzung.


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auf eine sachlich fundierte Basis. Einige exemplarische Fragen verdeutlichen<br />

bereits, wie sich die Lösung systematisch erarbeiten lässt:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Welche Bestandteile des Beschaffungsprozesses soll die<br />

Beschaffungslösung abbilden?<br />

Nur einzelne Aufgaben wie die Vergabe? Welche konkret?<br />

Abbildung des gesamten Beschaffungsprozesses inklusive Vergabemanagement<br />

rein auf der Prozessebene?<br />

Abbildung des gesamten Beschaffungsprozesses inklusive Vergabemanagement<br />

sowohl auf der Prozess- als auch auf der<br />

Finanzebene?<br />

Welche Daten aus dem elektronischen Beschaffungsprozess werden<br />

zur Bearbeitung von elektronischen Rechnungen benötigt?<br />

Welche Subsysteme sind vorhanden?<br />

Wo müssen/sollen ggf. Daten weiterverarbeitet werden bzw.<br />

woher kommen Daten?<br />

Wo sollen zum Beschaffungsprozess gehörende Dokumente archiviert<br />

werden? E-Akte?<br />

Welche IT-Systemlandschaft ist vorhanden?<br />

Müssen ggf. zusätzliche Server beschafft werden?<br />

Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, folgende Ergebnisse sollten<br />

mit einer guten E-Beschaffungslösung erreicht werden:<br />

STRATEGISCH<br />

OPERATIV<br />

Langfristiges Lieferantenmanagement<br />

(Beziehung, Anzahl, Qualität)<br />

Verlässliche Strukturen<br />

Mengeneffekte durch<br />

strategischen Einkauf<br />

Rechtskonforme Durchführung<br />

Zeitlich, qualitativ und wirtschaftlich<br />

angemessene Bedarfsdeckung<br />

Transparenz<br />

Termingerechte Beschaffung<br />

Ressourcenschonender<br />

Beschaffungsprozess


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FAZIT<br />

Obwohl Beschaffung ein komplexer und vielteiliger Prozess mit verschiedenen<br />

Ebenen ist, lässt sich zusammenfassend eine gute Nachricht<br />

ableiten: Die E-Beschaffung ermöglicht öffentlichen Verwaltungen<br />

erhebliche Optimierungen, darunter<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Prozesse deutlich zu vereinfachen<br />

Transparenz und Qualität zu erhöhen<br />

Arbeitsaufwand zu reduzieren<br />

langfristig Kosten zu sparen<br />

Nach Abwägung aller Argumente und Erkenntnisse wird sich für den<br />

Großteil der öffentlichen Verwaltungen herauskristallisieren, dass nur<br />

ein ganzheitlicher Ansatz beides bietet: gesteigerte Effizienz und Transparenz<br />

dank medienbruchfreier Abläufe sowie eine spürbare Reduktion<br />

des Kostendrucks und damit eine deutliche Entlastung aller – öffentlichen<br />

Einrichtungen wie Steuerzahler.<br />

Dafür empfiehlt sich eine genaue Überprüfung und Rationalisierung<br />

des Beschaffungsprozesses. Das heißt, papiergestützte Prozesse bedürfen<br />

einer Anpassung, bevor sie digital umgesetzt werden. Alte Zöpfe<br />

müssen abgeschnitten werden. Auch wenn es die Sache nicht einfacher<br />

macht: Die schlichte digitale Nachahmung papiergebundener Prozesse<br />

kann nicht das Ziel sein. Im Gegenteil: In ihrer vollumfänglichen Überprüfung<br />

liegt die eigentliche Chance der E-Beschaffung.<br />

E-<strong>BESCHAFFUNG</strong>


Unser Experte zum Thema<br />

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Ralph Neudecker ist seit 2009<br />

bei der MACH AG tätig. Als<br />

Seniorberater für Bundesverwaltungen<br />

begleitet er Organisationen<br />

bei der Modernisierung<br />

der Verwaltung und der Einführung von ERP-Lösungen. Als<br />

Fachexperte für das Thema öffentliche Beschaffung ist er u.a. an der<br />

Konzeption und der Einführung von E-Beschaffungslösungen beteiligt.<br />

Quellenverzeichnis<br />

Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) (2015): Das Profil des<br />

öffentlichen Einkaufs. Leitfaden, Frankfurt am Main.<br />

Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) (2016): Alles, was<br />

digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden: http://www.bme.de/alles-wasdigitalisiert-werden-kann-wird-digitalisiert-werden-1427/.<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2015): Durchgängige<br />

elektronische Vergabe als Chance begreifen: http://www.bmwi.de/DE/Themen/<br />

wirtschaft,did=679696.html.<br />

Booz & Company (2011): Zum Entwicklungsstand des öffentlichen Einkaufs.<br />

Eine empirische Analyse in 16 Entwicklungsfeldern, Düsseldorf.<br />

Europäische Kommission (2010): Grünbuch zum Ausbau der e-Beschaffung in der EU,<br />

Brüssel.<br />

Europäische Kommission (2012): Mitteilung der Kommission an das Europäische<br />

Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss<br />

der Regionen. Eine Strategie für die e-Vergabe, Brüssel.


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Bundesministerium des Innern (BMI). Gelhausen, Georg (2015): Regierungsprogramm<br />

Digitale Verwaltung 2020. Verwaltungsmodernisierung in der 18. LP, Bonn.<br />

Langenbach, Isabel Dr. (2016): eVergabe – Vorgaben und aktuelle Entwicklungen in der<br />

Praxis. Führt die eVergabe schon jetzt zur Entlastung der Vergabestellen? – Ein erstes<br />

Fazit. In: AWV-Informationen 4/2016, S. 4-9.<br />

Vergabeblog.de vom 29/05/2008, Nr. 99: Öffentliche Beschaffung erzeugt Bürokratiekosten<br />

i.H.v. 19 Mrd Euro jährlich: http://www.vergabeblog.de/2008-05-29/offentlichebeschaffung-erzeugt-burokratiekosten-ihv-19-mrd-euro-jahrlich/.<br />

Zielke, Daniel (2012): Die elektronische Vergabe als innovatives Instrument zur Gestaltung<br />

und Standardisierung kommunaler Beschaffung: http://www.dstgb.de/dstgb/<br />

Homepage/Aktuelles/Archiv/Archiv%20Kommunalreport%202012/Innovative%20kommunale%20Beschaffung/Vortr%C3%A4ge%20der%20Fachkonferenz%20%22Innovative%20kommunale%20Beschaffung%22/Vortrag<br />

_Zielke.pdf.<br />

Impressum<br />

MACH AG<br />

Wielandstraße 14<br />

23558 Lübeck<br />

Tel. 0451 / 70 64 70<br />

Fax 0451 / 70 64 73 00<br />

mailbox@mach.de<br />

www.mach.de

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