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Bahnhof und Gastronomie in Ober-Piesting - Waldegg-Aktuell

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Nr. 2 / 2009 www.<strong>Waldegg</strong>-<strong>Aktuell</strong>.at<br />

Seite 9<br />

<strong>Waldegg</strong>er Chronik<br />

E<strong>in</strong>e Serie von OSR Josef Ml<strong>in</strong>er 112. Folge<br />

<strong>Bahnhof</strong> <strong>und</strong> <strong>Gastronomie</strong> <strong>in</strong> <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g<br />

Im vergangenen Jahr, am 7.6.2008, eröffnete der „Vere<strong>in</strong><br />

zur Förderung der Kommunikation“ im Gebäude der<br />

ehemaligen <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>ger Bahnstation e<strong>in</strong> <strong>Bahnhof</strong>sstüberl.<br />

Frau Dagmar Kuchner <strong>und</strong> ihr Team machten <strong>in</strong> der<br />

Zwischenzeit aus dem ehemaligen Warteraum <strong>und</strong> der<br />

anschließenden <strong>Bahnhof</strong>skanzlei e<strong>in</strong>en ansprechenden<br />

Treffpunkt, der nach e<strong>in</strong>er jahrelangen Durststrecke ohne<br />

Gasthaus im Ort wieder e<strong>in</strong> Platzerl für e<strong>in</strong>en Frühschoppen<br />

oder e<strong>in</strong> Plauscherl <strong>in</strong> gemütlicher R<strong>und</strong>e bietet. So<br />

wurde das Stüberl <strong>in</strong> der Zwischenzeit zum Stammlokal<br />

für die <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>ger Damenr<strong>und</strong>e „Golden Girls“.<br />

Es sei daher Frau Kuchner, ihrer „Haubenköch<strong>in</strong>“ Frau<br />

Zeng<strong>in</strong> <strong>und</strong> all ihren Helfer<strong>in</strong>nen hier für ihr Bemühen<br />

<strong>und</strong> Wirken herzlichst gedankt.<br />

Das neue <strong>Bahnhof</strong>sstüberl regt dazu an, sich mit dem<br />

Werden <strong>und</strong> Vergehen des <strong>Bahnhof</strong>es <strong>und</strong> der <strong>Gastronomie</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g näher zu befassen.<br />

<strong>Bahnhof</strong>sstüberl (2008)<br />

Dr. Alexander Curti, Großunternehmer <strong>in</strong> der Erzeugung<br />

von hydraulischen Zement-Kalk, betrieb auf dem Areal der<br />

ehemaligen Hofmühle <strong>in</strong> <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g die Zement-Kalk<br />

Erzeugung. Er war gründendes Mitglied der „Gesellschaft<br />

für Österreichische Verb<strong>in</strong>dungsbahnen“ <strong>und</strong> legte schon<br />

1872 die ersten Pläne für den Bau e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dungsbahn<br />

<strong>in</strong> das Piest<strong>in</strong>gtal vor, die aber nicht verwirklicht werden<br />

konnten. 1876 wurde daher e<strong>in</strong>e neue Gesellschaft, die<br />

„K.K.priv.nö.Süd-West-Bahn“ gegründet. Dr. Curti war<br />

auch bei ihr wieder e<strong>in</strong>er der ersten Hauptaktionäre,<br />

denn e<strong>in</strong>e Bahn <strong>in</strong> das Piest<strong>in</strong>gtal war für se<strong>in</strong>en Betrieb<br />

von großer geschäftlicher Wichtigkeit. Die Bahn wurde<br />

gebaut, aber wegen großer f<strong>in</strong>anzieller Schwierigkeiten<br />

gleich nach ihrer Eröffnung vom Staat übernommen <strong>und</strong><br />

betrieben. (5)<br />

Dr. Curti erhielt vom <strong>Bahnhof</strong> <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g aus den<br />

ersten Schleppanschluss auf der ganzen Strecke <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />

„Kalk- <strong>und</strong> Portland-Cement-Fabrik“. Er hatte aber auch<br />

noch weitere Zement-Kalköfen <strong>in</strong> Betrieb. So auch e<strong>in</strong>en<br />

<strong>in</strong> Fromberg. Beim Försterhaus <strong>in</strong> Miesenbach führt e<strong>in</strong><br />

Fahrweg nach Fromberg (Ru<strong>in</strong>e), wo e<strong>in</strong> solcher Ofen von<br />

ihm <strong>in</strong> Betrieb war. Er erhielt daher 1877 beim Bahnbau <strong>in</strong><br />

der Station Oed e<strong>in</strong>e Verladerampe, wo der Zementkalk,<br />

vom Fuhrwerk auf die Bahn verladen, nach <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong> Werk transportiert wurde. E<strong>in</strong> weiterer Hochofen<br />

Curtis stand an der hohen Ste<strong>in</strong>mauer beim Wohnhaus<br />

Müller-Lenauer, Wopf<strong>in</strong>g Nr. 155.<br />

Als im April 1945, zum Ende des Zweiten Weltkrieges, das<br />

Kriegsgeschehen auch unser Tal erreichte, wurde der Teil<br />

des <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>ger <strong>Bahnhof</strong>es mit der Vorstandswohnung<br />

durch Artillerietreffer zerstört. Der angeschlossene Riegelbau<br />

mit Wartesaal <strong>und</strong> Büroraum blieb unbeschädigt.<br />

Aber auch er wurde im Laufe der Jahre baufällig <strong>und</strong><br />

musste 1959 durch den heute noch bestehenden Neubau<br />

ersetzt werden. (4)<br />

In der <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>ger <strong>Bahnhof</strong>schronik f<strong>in</strong>den wir im<br />

Vorstandsverzeichnis folgende Herren angeführt:<br />

August Graber .............................. – 1940<br />

Karl Bendl ............................ 1940 – 1944<br />

August Graber ...................... 1944 – 1951<br />

Johann Radsch<strong>in</strong>er ............... 1951 – 1955<br />

Ernst Perger .......................... 1955 – 1982<br />

Wilhelm Hulik ...................... 1982 – 1993<br />

Seit der Modernisierung <strong>und</strong> Rationalisierung des Bahnbetriebes<br />

im Tal gibt es im ganzen <strong>Waldegg</strong>er Streckenabschnitt<br />

ke<strong>in</strong>e mit Beamten besetzte Bahnstation mehr.<br />

Dafür hat die Marktgeme<strong>in</strong>de <strong>Waldegg</strong> die neue Haltestelle<br />

Dürnbach erhalten, so dass jetzt 7 Stationen <strong>in</strong> unserem<br />

Geme<strong>in</strong>degebiet liegen: Dreistetten, <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g,<br />

Wopf<strong>in</strong>g, <strong>Waldegg</strong>, Dürnbach, Oed <strong>und</strong> Miesenbach.<br />

<strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g war e<strong>in</strong>st bekannt für se<strong>in</strong>e gute <strong>Gastronomie</strong>,<br />

aber leider g<strong>in</strong>gen im Laufe der Zeit alle Gasthäuser<br />

verloren.<br />

Von <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>gern gerne besucht wurde der Gasthof<br />

der Brauerei Lehn. Er lag an der Grenze zwischen<br />

<strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Markt Piest<strong>in</strong>g, schon auf Piest<strong>in</strong>ger<br />

Geme<strong>in</strong>degebiet. Aus geschichtlichem Interesse, weil bei<br />

Fortsetzung auf Seite 10


Nr. 2 / 2009 www.<strong>Waldegg</strong>-<strong>Aktuell</strong>.at<br />

Seite 10<br />

<strong>Waldegg</strong>er Chronik<br />

Fortsetzung von Seite 9<br />

E<strong>in</strong>e Serie von OSR Josef Ml<strong>in</strong>er 112. Folge<br />

se<strong>in</strong>er Entstehung auch e<strong>in</strong>e <strong>Waldegg</strong>er Persönlichkeit mit<br />

im Spiel war, sei hier das Folgende festgehalten:<br />

Im M<strong>in</strong>natal war auf dem Areal des e<strong>in</strong>stigen „Hammers<br />

am Kasten“ die Eisenkochgeschirrfabrik Kupelwieser<br />

entstanden. E<strong>in</strong>e neue Menageschale für das K.u.K Heer<br />

der Österreichischen Monarchie sollte das bis dah<strong>in</strong><br />

gebrauchte schädliche Kupfergeschirr ersetzen. Aber der<br />

Staat war e<strong>in</strong> säumiger Zahler. Josef Kupelwieser, der<br />

Begründer der Fabrik <strong>und</strong> Großvater des im dortigen Herrenhaus<br />

geborenen Malers Leopold Kupelwieser war beim<br />

Um- <strong>und</strong> Ausbau se<strong>in</strong>es Werkes <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzielle Schwierigkeiten<br />

geraten. Er starb 1799, von „Kummer <strong>und</strong> Sorge <strong>in</strong>s<br />

Grab gebracht“. (1) E<strong>in</strong>en se<strong>in</strong>er Nachfolger, J.N. Müller,<br />

plagten auch immer Geldsorgen. Er hoffte, sich 1824 mit<br />

der „Zuerkennung Braugerechtigkeit verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>er<br />

Branntwe<strong>in</strong>brennerei <strong>und</strong> Leimsiederei“ von se<strong>in</strong>en Geldnöten<br />

befreien zu können. (2) Er baute dafür auf e<strong>in</strong>em<br />

se<strong>in</strong>er Gr<strong>und</strong>stücke jenseits der Piest<strong>in</strong>g die dafür nötigen<br />

Betriebsgebäude. Aber für die weitere E<strong>in</strong>richtung fehlte<br />

dann das Geld. Nach zweimaligem Besitzwechsel kaufte<br />

der „Bierversilberer <strong>und</strong> Bierwirt“ Tiberius Lehn aus Himberg<br />

am 3.4.1841 den Gebäudekomplex für se<strong>in</strong>en Sohn<br />

Josef. Dieser war gelernter Braumeister <strong>und</strong> Schwager<br />

des Georg Joachim Zugmayer, der als Schwiegersohn des<br />

Tiberius Lehn zu diesem Kauf geraten hatte.<br />

Die Familie Lehn erwarb dann auch die oben genannte<br />

Schenke <strong>in</strong> der Grenzgasse <strong>und</strong> errichtete dort e<strong>in</strong>en<br />

Braugasthof, der seit 1930 auch über e<strong>in</strong>en schönen großen<br />

Saal verfügt. Dieser wurde leider im letzten Krieg zerstört<br />

<strong>und</strong> nicht mehr aufgebaut.(2) Pächter des Gasthofes waren<br />

dann noch Franz Bauer, Josef Piller <strong>und</strong> die Familie<br />

Oszenasek. Unter dem Wirt Walter Ste<strong>in</strong>berger hörte um<br />

1980 der Gastbetrieb auf. (2)<br />

Brauhaus-Restaurant um 1915<br />

Das nächste abgekommene Gasthaus <strong>in</strong> <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g, der<br />

„Braunwirt“, lag an der Gutenste<strong>in</strong>erstraße. Dieser war<br />

wegen se<strong>in</strong>er guten <strong>Gastronomie</strong> im ganzen Tal bekannt.<br />

Se<strong>in</strong> Schankrecht hat e<strong>in</strong>e bemerkenswerte Geschichte.<br />

Das Gr<strong>und</strong>stück des Gastbetriebes grenzte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

ganzen Länge an das Werksgelände der Fabrik Curtis,<br />

das auf dem Areal der ehemaligen Hofmühle der Burg<br />

Starhemberg lag. Die Hofmühlen hatten meistens auch<br />

das Schankrecht. So war es auch hier. Als Curti 1869<br />

die Hofmühle erwarb, benutzte er das Schankrecht zum<br />

Betreiben e<strong>in</strong>er Betriebskant<strong>in</strong>e <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk.<br />

Die Familie Reis<strong>in</strong>ger, als Besitzer des angrenzenden<br />

Gr<strong>und</strong>stückes, erwarb 1900 von Curti das Schankrecht<br />

<strong>und</strong> errichtete e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kehrgasthaus. 1922 heiratete<br />

Emmerich Braun die Tochter der Familie Reis<strong>in</strong>ger <strong>und</strong><br />

wurde Mitbesitzer des Betriebes. Nach dem Tod se<strong>in</strong>er<br />

Frau war er ab 1936 Alle<strong>in</strong>besitzer. Ab 1937 s<strong>in</strong>d im<br />

Gr<strong>und</strong>buch er <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e zweite Frau Rosa als Besitzer<br />

der Gastwirtschaft e<strong>in</strong>getragen. Im Saal beim „Braunwirt“<br />

feierte man alle größeren Festivitäten <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>gs.<br />

Nach dem Tode se<strong>in</strong>er Eltern führte der Sohn Hans Braun<br />

bis <strong>in</strong> die 80er Jahre den Gastbetrieb weiter. Der ältere<br />

Sohn Emmerich sammelte jahrelang Berufserfahrung im<br />

Ausland <strong>und</strong> auf Passagier- <strong>und</strong> Kreuzfahrtschiffe <strong>und</strong><br />

war bis zu se<strong>in</strong>er Pensionierung e<strong>in</strong> beliebter Fachlehrer<br />

an der Gastgewerbeschule <strong>in</strong> <strong>Waldegg</strong>.<br />

Gasthaus Braun (l<strong>in</strong>ks) um 1930<br />

Quellen:<br />

1) Hofrat Kellerer, Hausbestand <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g seit 15.7.1881<br />

2) Adi Michel / Günter Kolar, Wirtshäuser & Gaststätten des<br />

Piest<strong>in</strong>gtales<br />

3) Eduard Ste<strong>in</strong>hauser, Bleistiftnotizen auf losen Blättern zur<br />

Geschichte <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g<br />

4) Ernst Perger, <strong>Bahnhof</strong>schronik von <strong>Ober</strong>-Piest<strong>in</strong>g<br />

5) Ernst Katzer, Festschrift „100 Jahre Gutenste<strong>in</strong>er Bahn“<br />

Abbildungen:<br />

Fotoarchiv Ing. Hans Georg Mössner<br />

Adi Michel: Wirtshäuser <strong>und</strong> Gaststätten des Piest<strong>in</strong>gtales<br />

Fortsetzung <strong>in</strong> der nächsten Ausgabe

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