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Stress II: Abwehr & Coping - Medizinische Psychologie Uni Freiburg

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Für die Medizin ist dieses Modell mindestens in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: zum einen liegt vielen<br />

psychosomatischen Beschwerden und Krankheitsbildern eine gestörte <strong>Stress</strong>antwort zugrunde. Eine<br />

genauere Kenntnis darüber, welche Bewertungsmuster z.B. besonders ungünstig sind und wie sie sich<br />

etwa mittels Psychotherapie beeinflussen lassen könnte daher die Prävention und Behandlung solcher<br />

Erkrankungen wesentlich verbessern helfen. Auf der anderen Seite stellen Erkrankungen für die betroffene<br />

Person meist selbst eine erhebliche psychische Belastung dar, die bewältigt werden muß.<br />

Denkt man an die negativen Auswirkungen, die vor allem langanhaltender <strong>Stress</strong> auf den Organismus<br />

haben kann, dann wird rasch klar, wie wichtig eine gut verlaufende Krankheitsverarbeitung für die Gesundheit<br />

des Patienten hat!<br />

Nachfolgend sollen zunächst einige medizinpsychologische Modell vorgestellt werden, mit deren Hilfe der<br />

als zentral erkannte Bewertungsprozess besser verstanden werden kann, bevor dann näher auf die Konzepte<br />

von <strong>Abwehr</strong> und Bewältigung (<strong>Coping</strong>) von <strong>Stress</strong>oren und <strong>Stress</strong> eingangen wird.<br />

Ein wichtiger Parameter für den Bewertungsprozess ist der sogenannte Attributionsstil der betroffenen<br />

Person. Damit ist gemeint, wie eine Person dem eigenen oder fremden Handeln Ursachen zuschreibt.<br />

Drei Attributions-Dimensionen lassen sich unterscheiden: intern/extern, global/spezifisch und<br />

stabil/labil. Folie 3 zeigt, welche verschiedenen Attributionsmuster sich aus diesen Dimensionen ableiten<br />

lassen. Besonders wichtig ist, daß bestimmte Attributionsstile ungünstiger sind als andere und damit<br />

<strong>Stress</strong>reaktionen eher auslösen können als andere. Neigt eine Person z.B. dazu, hauptsächlich global<br />

und extern zu attribuieren, d.h. ist sie der Überzeugung, daß in eigentlich allen Situationen ihres Lebens<br />

von ihr nicht zu beeinflussende Faktoren den Ausschlag darüber geben, was ihr widerfährt, dann sieht<br />

sie kaum Möglichkeiten der aktiven Einflußnahme auf ihr Leben und wird vermutlich auch nur wenig<br />

Initiative dazu zeigen (es brächte ja doch nichts). Umgekehrt braucht eine Person, die hauptsächlich<br />

intern, spezifisch und instabil attribuiert, kaum davon überzeugt zu werden, daß eine ähnliche Situation<br />

zukünftig besser von ihr bewältigt werden kann. Man kann sich leicht vorstellen, daß für die Krankheitsverarbeitung,<br />

die Frage der Attribution eine zentrale Rolle spielt, z.B. ob ein Patient der Überzeung ist, er<br />

selbst sei für die Erkrankung mitverantwortlich (etwa aufgrund von gesundheitsschädigendem Verhalten)<br />

oder ob er sie als einen schweren Schicksalsschlag empfindet, dem er sich völlig hilf- und ratlos<br />

gegenüber sieht.<br />

Folie 3<br />

Reiz<br />

global<br />

spezifisch<br />

primäre<br />

Bewertung:<br />

- irrelevant<br />

- günstig/positiv<br />

- relevant:<br />

Bedrohung<br />

Herausforderung<br />

Verlust<br />

sekundäre<br />

Bewertung:<br />

Möglichkeiten<br />

und<br />

Fähigkeiten<br />

der Bewältigung<br />

(Ressourcen)<br />

<strong>Coping</strong>:<br />

- problemorientiert<br />

- emotionsregulierend<br />

<strong>Abwehr</strong><br />

Attributionsstile<br />

Bsp.: ein Patient ist auf Station an Krebs gestorben.<br />

intern (persönlich) extern (umweltbedingt)<br />

stabil instabil stabil instabil<br />

„Ich bin unfähig“ „Ich habe mich nicht<br />

genug bemüht“<br />

„Mit Krebserkrankungen<br />

komme<br />

ich nicht klar“<br />

„Ich habe den<br />

Patienten nicht<br />

genug unterstützt“<br />

„Die Medizin ist<br />

ohnmächtig“<br />

„Magenkrebs ist in<br />

diesem Stadium<br />

unheilbar“<br />

„Patienten kooperieren<br />

zu wenig“<br />

„Hätte der Patient<br />

die Therapie nicht<br />

verweigert, hätte er<br />

eine Chance gehabt“<br />

n. Pauli, Birbaumer 2003<br />

Für die Frage, ob und wie ein Individuum in einer gegebenen Situation handelt oder eben nicht, sind<br />

aber noch andere Faktoren entscheidend. So spielt z.B. die Lebensgeschichte eine Rolle, d.h. konnten<br />

ähnliche Situationen bisher gut bewältigt werden oder wurde im Gegenteil mehrfach die Erfahrung gemacht,<br />

ohne fremde Hilfe nicht auskommen zu können. Der Zusammenhang (Kontigenz) zwischen<br />

dem gezeigten Verhalten und seinen Konsequenzen ist besonders gut untersucht worden und führte<br />

zum Konzept der „erlernten Hilflosigkeit“ (Folie 4). Im Tierversuch wurden Hunde in einen Käfig<br />

(„shuttle box“) gesetzt, dessen Bodengitter schmerzhafte Stromstöße abgab. Durch Sprung über eine<br />

Barriere konnten sich die Hunde in die Käfighälfte „retten“, in der der Untergrund harmlos war. Eine<br />

© Dr. Götz Fabry, Abteilung für <strong>Medizinische</strong> <strong>Psychologie</strong>, <strong>Freiburg</strong>. www.medizinische-psychologie.de 2 / 7

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