komm und sieh, Heft 43
Zeitschrift für die christliche Familie, April - Juni 2016
Zeitschrift für die christliche Familie, April - Juni 2016
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April - Juni 2016, <strong>Heft</strong> <strong>43</strong><br />
Eine Frage der Liebe<br />
Das Buch des Lebens<br />
Der Strauß
ZUM ANFANG<br />
2<br />
Den Auftakt dieses <strong>Heft</strong>es bildet der zweite Teil eines Artikels über<br />
das Bibellesen. Das nebenstehende Bild zeigt eine alte, in Auflösung<br />
begriffene Bibel. Ist sie einfach nur alt, oder wurde sie viel<br />
gelesen?<br />
Von Anfang an war es das Ziel dieser Zeitschrift, zum Bibellesen<br />
<strong>und</strong> –studieren zu motivieren. Und dies ganz im Sinn von John<br />
Bunyan, der Folgendes gesagt haben soll: „Jeden Tag sollte man<br />
mit Bibellese <strong>und</strong> Gebet anfangen, denn: Entweder wird die Sünde<br />
dich von der Bibel abhalten, oder die Bibel wird dich von der<br />
Sünde abhalten.“<br />
Nichts anderes bezwecken wir nun mit diesem neuen <strong>Heft</strong> von<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, der Nummer <strong>43</strong>, im grafisch neuen Gewand, aber<br />
im Sinn einer alten Liedstrophe von Paul Gerhardt:<br />
Weltskribenten <strong>und</strong> Poeten<br />
haben ihren Glanz <strong>und</strong> Schein,<br />
mögen auch zu lesen sein,<br />
wenn wir leben außer Nöten;<br />
in dem Unglück, Kreuz <strong>und</strong> Übel<br />
ist nichts Bessers als die Bibel.<br />
3 BIBEL PRAKTISCH<br />
„Eine Frage der Liebe“, Teil 2<br />
6 NEUE BÜCHER<br />
Denis Lane (Hrsg.), Leite<br />
mich, Herr<br />
9 EHE UND FAMILIE<br />
Tandem<br />
10 BIBEL PRAKTISCH<br />
Spurverlassenswarnung<br />
12 BIBELSTUDIUM<br />
„Darüber erwachte ich <strong>und</strong><br />
sah, <strong>und</strong> mein Schlaf war mir<br />
süß“ (Jer 31,26).<br />
13 BIBEL PRAKTISCH<br />
Hilf meinem Unglauben!<br />
15 ZUM NACHDENKEN<br />
Heimgegangen<br />
16 BIBELSTUDIUM<br />
Anbetung<br />
17 BIBELSTUDIUM<br />
Das Buch des Lebens, Teil 1<br />
20 ZUM NACHDENKEN<br />
Das Gewicht der Sünde<br />
22 REZENSION<br />
Schaeffer, Wie können wir<br />
denn leben?<br />
24 REZENSION<br />
Mangalwadi, Das Buch der<br />
Mitte.<br />
26 SCHÖPFUNGSANDACHT<br />
Der Strauß<br />
28 TERMINE<br />
Reiherhals-Freizeiten<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER UND<br />
REDAKTION:<br />
Daniel-Verlag<br />
Lychener Straße 7<br />
OT Retzow<br />
17279 Lychen<br />
Telefon 039888-52248<br />
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UND INNENLAYOUT:<br />
ideegrafik, Sonja Ivens<br />
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BESTELLADRESSE:<br />
<strong>sieh</strong>e Herausgeber<br />
Probehefte können<br />
jederzeit angefordert<br />
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Bibel<br />
praktisch<br />
„EINE FRAGE<br />
DER LIEBE“<br />
Teil 2<br />
3<br />
7. GOLD, GOLD, GOLD<br />
„Darum liebe ich<br />
deine Gebote mehr als<br />
Gold <strong>und</strong> gediegenes Gold“<br />
(Ps 119,127).<br />
Jetzt <strong>komm</strong>en wir zu einer ganz empfindlichen<br />
Sache – unser Gold bzw. Geld. Der Schreiber<br />
nimmt eine Wichtung vor: Zuerst deine Gebote,<br />
dann das Gold.<br />
Eine solche Wichtung wird dir nur gelingen,<br />
wenn du anfängst, das Wort Gottes zu lieben.<br />
Wenn du die Überzeugung gewonnen hast,<br />
dass die Bibel ein einmaliges, lebendiges Buch<br />
ist, <strong>und</strong> wenn du gemerkt hast, dass diese Bibel<br />
nicht nur Gottes Wort enthält, sondern von der<br />
ersten bis zur letzten Seite Gottes Wort ist, dann<br />
spielt Gold in deinem Denken nur noch eine untergeordnete<br />
Rolle.<br />
Ist es nicht das Geld, das uns bis heute davon abhält,<br />
mehr Zeit dem Studium des Wortes Gottes<br />
zu widmen? Finden wir nicht die eine oder andere<br />
Überst<strong>und</strong>e (mit dem entsprechenden Zuschlag<br />
…) lukrativer, als Zeit für das Lebensbuch<br />
zu reservieren? Hat das Gold uns nicht viel mehr<br />
im Griff, als wir zugeben wollen?<br />
Der Schreiber dieses genialen Psalms hatte<br />
mit dem “Gold“ offenbar kein Problem. „Darum<br />
liebe ich deine Gebote mehr als Gold.“ Lass deine<br />
Kinder deine Wertschätzung für dieses w<strong>und</strong>erbare<br />
Buch spüren. Wie sollen sie sonst selbst<br />
anfangen, darin zu lesen, wenn sie nicht erleben,<br />
wie du Berge von Goldbarren links liegen lässt,<br />
um nur dieses Buch geistlich zu inhalieren?<br />
8. DIE REINE FREUDE<br />
„Wohlgeläutert ist dein<br />
Wort, <strong>und</strong> dein Knecht hat<br />
es lieb“ (Ps 119,140).<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibel<br />
praktisch<br />
4<br />
„Und ich<br />
liebe sie<br />
sehr.“<br />
Zwei Dinge lasst uns aus diesem Vers lernen:<br />
1. „Wohlgeläutert“ – das ist ein Hinweis auf<br />
die Reinheit <strong>und</strong> Voll<strong>komm</strong>enheit der Schrift.<br />
Sie hält jeder Prüfung stand. Es ist kein Wort<br />
zu viel <strong>und</strong> es fehlt nichts. Und es steht unter<br />
Strafe, dem Wort seine Kraft zu rauben, indem<br />
wir uns heute anmaßen, über die Gültigkeit bestimmter<br />
Schriftabschnitte zu Gericht zu sitzen.<br />
Ähnliches hat schon der König Jojakim in Jeremia<br />
36 versucht, <strong>und</strong> es ist ihm nicht be<strong>komm</strong>en.<br />
Lassen wir die Scheren stecken <strong>und</strong> lasst<br />
uns wieder anfangen, vor der Würde dieses<br />
Wortes zu zittern.<br />
2. Der „Knecht“ hat es lieb. Wir wissen nicht<br />
viel über den Scheiber – ob es wohl Esra war?<br />
Was wir wissen, ist, dass er sich als Knecht bezeichnet.<br />
Welche eine nachahmenswerte Haltung,<br />
sich dem Wort Gottes zu nähern. Sind wir<br />
uns unserer Kleinheit bewusst, unserer ganzen<br />
Unzulänglichkeit <strong>und</strong> Fehlerhaftigkeit? Haben<br />
wir uns angewöhnt, über das Wort zu reden?<br />
Besser ist, wir stellen uns unter das Wort <strong>und</strong><br />
überlassen ihm das Urteil. Dann <strong>komm</strong>en wir<br />
in den Genuss des Wortes <strong>und</strong> dürfen uns als<br />
Knechte über manchen Schatz freuen, den der<br />
Herr uns in seinem Wort gezeigt hat.<br />
An dieser Stelle möchte ich noch auf zwei<br />
Besonderheiten der Schrift hinweisen, die man<br />
auch unter „wohlgeläutert“ verstehen kann.<br />
Zum einen denke ich an die w<strong>und</strong>erbare Harmonie<br />
zwischen den beiden Bibelteilen.<br />
Oft wird versucht, das<br />
Alte gegen das Neue Testament<br />
auszuspielen. Welche zeitverschwenderische<br />
Dummheit! Genießen<br />
wir doch einfach die Harmonie,<br />
die die Schreiber der biblischen<br />
Bücher über einen Zeitraum von viertausend<br />
Jahren verbindet – „wohlgeläutert“.<br />
Des Weiteren möchte ich auf die Typologie in<br />
der Bibel verweisen. Nach 1. Korinther 10,6.11<br />
haben die Ereignisse im AT einen vorbildhaften<br />
Charakter. Sich z.B. auf die Entdeckungsreise zu<br />
machen <strong>und</strong> in Joseph mehr als achtzig vorbildhafte<br />
Wesenszüge auf unseren Herrn Jesus zu<br />
entdecken, ist ein Genuss für sich. Fang an zu<br />
suchen! Du wirst „wohlgeläuterte“ Speise finden!<br />
9. BELEBE MICH<br />
„Sieh, dass ich deine Vorschriften<br />
lieb habe; nach<br />
deiner Güte, Herr, belebe<br />
mich!“ (Ps 119,159).<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibel<br />
praktisch<br />
Es ist vielleicht der am meisten bekannte Effekt<br />
des Bibellesens – Belebung. Die Psalmen, eine<br />
Sammlung von Liedern, Gedichten <strong>und</strong> Berichten,<br />
haben über die Jahrh<strong>und</strong>erte wie kein anderes<br />
Buch Menschen aufgerichtet <strong>und</strong> getröstet.<br />
Dass der Schreiber diese Vorschriften liebt,<br />
w<strong>und</strong>ert deshalb nicht.<br />
Dennoch steckt auch in diesem Vers ein kleiner<br />
Denkhaken. Wann haben dich „Vorschriften“<br />
das letzte Mal belebt? Sind es nicht die<br />
Mutmach- <strong>und</strong> Trostverse, denen wir zuerst Belebung<br />
zutrauen? Aber der Schreiber bringt die<br />
Tatsache der Belebung hier mit Vorschriften in<br />
Beziehung.<br />
Gottes Vorschriften wollen nicht gängeln<br />
<strong>und</strong> entspringen ebenfalls nicht einer unbändigen<br />
Freude an Verboten. Wie bei jedem Auto<br />
oder Smartphone eine Gebrauchsanleitung<br />
mitgeliefert wird, so hat Gott seinem Geschöpf<br />
„Vorschriften“ mitgegeben. Er tut das, damit es<br />
uns „wohl geht“ <strong>und</strong> wir uns keinen Schaden<br />
zufügen. Zum Beispiel hat Er verfügt, dass der<br />
Mensch in der Ehe als Mann <strong>und</strong> Frau zusammenleben<br />
soll <strong>und</strong> dass diese Beziehung auf Lebenszeit<br />
angelegt ist. Er hat auch verfügt, dass<br />
der Mensch nicht töten soll, auch nicht ungeborenes<br />
Leben. Gute Vorschriften, deren mögliche<br />
Missachtung in jedem Fall zum Schaden des<br />
Menschen ist. Ja, da kann man verstehen, dass<br />
der Psalmist Vorschriften liebt – weil sie einfach<br />
gut <strong>und</strong> genial sind.<br />
Noch ein Wort zur Belebung. Vielleicht<br />
kennst du Christen, die seelisch oder geistlich<br />
ein Tal durchschreiten. Ihnen fehlt ein Vers, der<br />
sie wieder ans Licht bringt. Aber du hast gerade<br />
heute einen gelesen. Gib ihn weiter, als SMS, als<br />
Brief, als Anruf oder als Besuch. Du weißt, dass<br />
Gottes Wort Kraft hat? Dann nutze sie belebend<br />
für deinen Nächsten.<br />
10. DAS GUTE LIEBEN UND DAS BÖSE<br />
HASSEN<br />
„Lüge hasse <strong>und</strong> verabscheue<br />
ich; ich liebe dein<br />
Gesetz“ (Ps 119,163).<br />
Der Herr Jesus sagt einmal: „Denkt nicht, dass<br />
ich ge<strong>komm</strong>en sei, Frieden auf die Erde zu bringen;<br />
ich bin nicht ge<strong>komm</strong>en, Frieden zu bringen,<br />
sondern das Schwert“ (Mt 10,34). Seine<br />
Botschaft war immer polarisierend <strong>und</strong> verlangt<br />
noch heute eine Entscheidung.<br />
Wer das Gute liebt, muss das Böse hassen.<br />
Eine unpopuläre Aussage, denn wir möchten<br />
gern auch konträre Auffassungen unter einen<br />
Hut bringen. Die Dialektik hat es uns doch gelehrt.<br />
Der Psalmist gebraucht nur wenige Worte:<br />
„Lüge hasse <strong>und</strong> verabscheue ich.“ Er sagt<br />
gleichsam: Bleibt mir weg damit. – Er empfängt<br />
die Kraft, Lüge zu verabscheuen, aus seiner Liebe<br />
zum Wort Gottes. Er kann es nicht ertragen,<br />
beides in einen Topf zu schmeißen.<br />
Der Christ verabscheut es, wenn kirchliche<br />
Würdenträger den Sühnungstod Jesu als unnötig<br />
ansehen. Er verabscheut es, wenn im Pfarrhaus<br />
praktizierte Homosexualität stattfindet.<br />
Aber dieser Hass prägt nicht das Wesen des<br />
Christen. Er gehört keiner Hassreligion an. Er<br />
gehört überhaupt keiner Religion an, sondern<br />
er ist eine Person, die eine Liebesbeziehung<br />
eingegangen ist. Das prägt das Wesen seiner<br />
Gottesbeziehung. Und deshalb kann man so<br />
gut verstehen, dass er auch das Gesetz liebt<br />
<strong>und</strong> die Lüge hasst.<br />
11. BEWAHREN<br />
„Meine Seele hat deine<br />
Zeugnisse bewahrt, <strong>und</strong><br />
ich liebe sie sehr“<br />
(Ps 119,167).<br />
Eine passende <strong>und</strong> herzerwärmende Zusammenfassung<br />
des Psalmisten am Ende des vorletzten<br />
Abschnitts.<br />
Seine Liebe nimmt zu: „Und ich liebe sie<br />
sehr.“ Bleib nie stehen in deiner Beziehung zu<br />
deiner Bibel. Lies weiter. Lies nochmal. Grab tiefer.<br />
Frag nach. Freu dich dran.<br />
Und dann – bewahre die Zeugnisse. Es ist ein<br />
besonderes Geschenk, sein Leben als gerade<br />
Linie verlaufen zu sehen. Haben wir oft Unterbrechungen<br />
oder manchen Knick in unserem<br />
geistlichen Lebenslauf? Wie viele Personen in<br />
der Bibel haben gut begonnen <strong>und</strong> schlecht<br />
geendet? Ist es so schwierig, zu bewahren? Ja,<br />
es ist zumindest schwieriger, als zu beginnen.<br />
Wir brauchen ungeheure Kraft <strong>und</strong> Energie, um<br />
festzuhalten <strong>und</strong> zu bewahren. Woher be<strong>komm</strong>en<br />
wir sie? Wer gibt sie uns?<br />
Es ist die Liebe zu Gottes Wort – „Ich liebe sie<br />
sehr“. Hand aufs Herz, hast du das schon einmal<br />
gesagt oder denkst du beim Lesen dieses<br />
Artikels die ganze Zeit: Wovon redet der eigentlich?<br />
Ich wünsche uns beiden so sehr, dass unsere<br />
Liebe zur Bibel zunimmt, dass der Staub ab<br />
heute keine Chance mehr hat, dass die Liebesgeschichte<br />
mit dir <strong>und</strong> deiner Bibel eine Neverending-Story<br />
wird.<br />
Klaus Güntzschel<br />
5<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Neue<br />
Bücher<br />
LEITE MICH, HERR<br />
Gr<strong>und</strong>sätze, Gottes Willen zu erkennen<br />
6<br />
GRUNDSATZ 8: LERNE, VERANTWORTLICH<br />
ÜBER DEIN VERSTÄNDNIS VON FÜHRUNG<br />
ZU REDEN!<br />
Petrus war in der Lage, Kornelius genau zu sagen,<br />
warum er sich getrieben fühlte, in sein<br />
Haus zu <strong>komm</strong>en (Apostelgeschichte 10,27–29).<br />
Er konnte deutlich alle folgenden Schritte erklären,<br />
<strong>und</strong> die ganze Geschichte<br />
machte Sinn.<br />
Petrus war im Glauben<br />
losgezogen; aber der<br />
Glaube ist nicht irrational.<br />
Der Glaube übersteigt<br />
die Vernunft, widerspricht<br />
ihr aber nicht.<br />
Die Führung des Petrus<br />
war nicht rein subjektiv.<br />
Er hatte die objektive<br />
Tatsache, dass die drei<br />
Männer ge<strong>komm</strong>en waren,<br />
als Erklärung für seinen<br />
Entschluss, Kornelius<br />
aufzusuchen.<br />
Es erschreckt mich<br />
manchmal, wenn Christen<br />
mir mit absoluter<br />
Sicherheit sagen: »Der<br />
Herr hat mir gesagt,<br />
ISBN 978-3-86699-278-8<br />
dass ich dies oder das<br />
Denis Lane (Hrsg.)<br />
Leite mich, Herr<br />
tun soll«, aber nicht erklären<br />
können, wie sie<br />
Gr<strong>und</strong>sätze, Gottes<br />
Willen zu erkennen<br />
zu dieser Überzeugung<br />
Paperback<br />
176 Seiten<br />
ge<strong>komm</strong>en sind. Dazu<br />
CLV<br />
neigen wir besonders<br />
€ 7,90<br />
leicht in Herzensangelegenheiten,<br />
<strong>und</strong> das<br />
ist verständlicherweise so; aber es ist auch<br />
sehr traurig, wenn eine junge Frau sehr stark<br />
empfindet, der Herr habe ihr gesagt, sie solle<br />
eine gewisse Person heiraten, obwohl dieser<br />
Mensch gar nicht an eine solche Beziehung<br />
denkt. In einem solchen Prozess werden<br />
alle Beteiligten verletzt. Ich kenne einen Fall,<br />
in dem einer Person von mehr als einer Missionsgesellschaft<br />
der Dienst in der Heimat nahegelegt<br />
<strong>und</strong> sie wieder nach Hause geschickt<br />
wurde, obwohl sie – aus einem rein subjektiven<br />
Gefühl heraus – darauf bestand, für den<br />
Auslandsdienst berufen zu sein. Schließlich<br />
musste sie von ihrer eigenen Regierung zurückgesandt<br />
werden, weil sie kein Geld mehr<br />
hatte <strong>und</strong> es keine Stelle gab, an der sie dienen<br />
konnte. Das war ein klarer Fall von missverstandener<br />
Führung.<br />
Wir müssen stets aufpassen, dass wir nicht<br />
den vom Geist erleuchteten Verstand über die<br />
anderen Wege stellen, auf denen Gott mit seinen<br />
Leuten redet. Es gibt weder bedeutendere noch<br />
untergeordnete Wege in Gottes Führung. In diesem<br />
Buch wird man sehen, dass manche Leute<br />
ganz nüchtern sind, während andere mehr aufsehenerregende<br />
Geschichten zu erzählen haben.<br />
Wir dürfen keine Werturteile über Temperamente,<br />
Persönlichkeiten oder die Art <strong>und</strong> Weise<br />
fällen, wie die Menschen Führung erlebt haben.<br />
Ich glaube, dass die hier betrachteten Gr<strong>und</strong>sätze<br />
universell anwendbar sind (wenn auch nicht<br />
alle für jeden Fall). Aber Gott behandelt uns in<br />
seiner Gnade als Individuen auf eine Weise, die<br />
mit unserem Wesen zusammenpasst. Der vom<br />
Heiligen Geist erleuchtete Verstand ist genauso<br />
eine Gabe Gottes, die er wie jede andere Art von<br />
Führung benutzt. Wir sollten daher in der Lage<br />
sein, klar die Gründe anzugeben, weshalb wir<br />
meinen, dass es Gott ist, der uns anleitet, etwas<br />
zu unternehmen.<br />
In Apostelgeschichte 2 berichtete Petrus daheim<br />
in seiner Gemeinde alles, was geschehen<br />
war. Er hatte sich hinausgewagt zu dem ersten<br />
Dienst eines Juden an den Heiden. Das war ein<br />
fantastischer, ganz neuer Schritt. Da musste er<br />
in der Lage sein zu erklären, warum er das getan<br />
hatte, <strong>und</strong> am Ende hieß die Gemeinde sein<br />
Verhalten gut. Wenn andere Leute unser Gefühl,<br />
geführt zu sein, nachvollziehen <strong>und</strong> billigen<br />
können, weil es alle Anzeichen der Leitung<br />
durch Gott trägt, dann können wir doppelt<br />
sicher sein, auf seinen Wegen zu wandeln.<br />
Das aber fordert, unser Geführtsein anderen<br />
auf solche Weise zu erklären, dass es für sie verständlich<br />
ist.<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Neue<br />
Bücher<br />
GRUNDSATZ 1: HANDLE IN ÜBEREINSTIM-<br />
MUNG MIT GOTTES WORT!<br />
Tim Symonds <strong>und</strong> seine Frau Zinnia schlossen<br />
sich im Jahr 1981 der OMF an <strong>und</strong> arbeiten jetzt<br />
in Hongkong.<br />
Der Dienst des Hauses des Herrn<br />
Ich hatte acht Jahre lang in der britischen Armee<br />
gedient, wobei das christliche Zeugnis<br />
stets eine wichtige Rolle in meinem Denken<br />
<strong>und</strong> in meinen Aktivitäten eingenommen hatte.<br />
Aber immer deutlicher empfand ich eine zunehmende<br />
Spannung zwischen den konkurrierenden<br />
Ansprüchen, die meine christlichen Aktivitäten<br />
einerseits <strong>und</strong> mein Beruf andererseits<br />
auf meine zur Verfügung stehende Zeit erhoben.<br />
Ich begann daher, Gott zu fragen, ob ich<br />
unbegrenzt bei der Armee bleiben sollte. Um<br />
diese Zeit fand ich auf meinem Schreibtisch<br />
eine Notiz über freie Plätze für eine Sprachausbildung<br />
an der vom Verteidigungsministerium<br />
betriebenen Chinese Language School in<br />
Hongkong. Ich wurde hellwach <strong>und</strong> überlegte:<br />
›Wenn ich eines Tages die Armee verlassen <strong>und</strong><br />
Missionar werden sollte, wäre es doch nützlich,<br />
eine Sprachausbildung absolviert zu haben.‹ Ich<br />
entschloss mich zu prüfen, ob sich diese Tür öffnete.<br />
Und tatsächlich – dies geschah!<br />
Als ich in Hongkong ankam, sprach Gott<br />
durch einen Vers in meiner täglichen Bibellese<br />
zu mir:<br />
»Sei stark <strong>und</strong> mutig <strong>und</strong> handle; fürchte<br />
dich nicht <strong>und</strong> erschrick nicht! Denn Gott der<br />
Herr … wird mit dir sein: Er wird dich nicht versäumen<br />
<strong>und</strong> dich nicht verlassen, bis alles Werk<br />
zum Dienst des Hauses des Herrn vollendet ist«<br />
(1. Chronik 28,20).<br />
Diese Verheißung hatte ich in den nächsten<br />
zweieinhalb anstrengenden Jahren bitter nötig,<br />
<strong>und</strong> ich fragte mich, wie <strong>und</strong> wann ich diese<br />
Sprache im »Dienst des Hauses des Herrn« gebrauchen<br />
würde. Während ich bei der Armee<br />
Dienst tat, betrachtete ich die Armee als mein<br />
Missionsfeld. Darum wollte ich mich nicht nach<br />
anderweitigen Möglichkeiten umsehen. Außerdem<br />
war ich verpflichtet, weitere fünf Jahre bei<br />
den Streitkräften zu bleiben, nachdem ich den<br />
Kurs absolviert hatte.<br />
Noch vor Abschluss des Kurses hatte Gott<br />
mich zu meiner Lebenspartnerin geführt. Damit<br />
ich nicht den Eindruck erwecke, die Wegweiser<br />
meiner Führung seien immer <strong>und</strong> sofort kristallklar<br />
zu erkennen gewesen, muss ich sagen, dass<br />
ich manchmal meine Wegweisung verloren<br />
habe, was das »Quittieren des Militärdienstes«<br />
<strong>und</strong> auch andere Dinge betrifft. Trotzdem ist es<br />
wahr, dass Gott meine Fehler dazu benutzte,<br />
mir den Weg zu zeigen, den ich gehen sollte. Als<br />
meine Zukünftige vor unserer Verlobung kam,<br />
um meine Eltern zu besuchen, las ich am ersten<br />
Tag ihres Besuchs in Daily Light 1 : »Ich werde ihnen<br />
ein Herz <strong>und</strong> einen Weg geben, damit sie<br />
mich fürchten alle Tage, ihnen <strong>und</strong> ihren Kindern<br />
nach ihnen zum Guten« (Jeremia 32,39).<br />
Die Bedeutung davon erschlug mich fast, <strong>und</strong><br />
als ich meinem hochgeschätzten Gast davon<br />
berichtete, sagte sie, sie hätte den gleichen Abschnitt<br />
gelesen <strong>und</strong> sei ähnlich tief davon berührt<br />
worden! Wir glaubten, dass die Hand des<br />
Herrn unsere Vereinigung segnete, <strong>und</strong> verlobten<br />
uns, noch bevor sie abreiste.<br />
Mehrere Ehejahre gingen dahin; aber leider<br />
stellten sich keine Kinder ein. Uns wurde allmählich<br />
klar, dass Gott uns einer Glaubensprüfung<br />
unterzog, <strong>und</strong> wir wünschten uns Trost<br />
<strong>und</strong> neue Zusagen. Wir wiederholten den Vers,<br />
den wir bei unserer Verlobung gelesen hatten<br />
<strong>und</strong> der Kinder mit einschloss, <strong>und</strong> so glaubten<br />
wir, dass der Herr nicht von Kindern gesprochen<br />
hätte, wenn er die Absicht gehabt hätte, uns kinderlos<br />
bleiben zu lassen. Er gab uns eine neue<br />
Zusicherung, denn in den folgenden Jahren, als<br />
unser Glaube<br />
ganz tief<br />
gesunken<br />
war, hörten<br />
wir ihn zu<br />
uns durch<br />
Verse sprechen<br />
wie: »Das Ausharren aber habe ein voll<strong>komm</strong>enes<br />
Werk« (Jakobus 1,4), <strong>und</strong>: »Er, der<br />
doch seinen eigenen Sohn nicht verschont,<br />
sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie<br />
wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?«<br />
(Römer 8,32).<br />
Mit der Zeit fragten wir uns, ob sich das Wort<br />
des Herrn auf eine Adoption bezog. Darum versuchten<br />
wir, in diese Richtung Schritte zu unternehmen.<br />
Aber unsere Bemühungen stießen auf<br />
sehr viele Schwierigkeiten, sodass wir unseren<br />
Herzensfrieden darüber verloren <strong>und</strong> zu der Erkenntnis<br />
kamen, dies könne nicht das sein, was<br />
der Herr für uns vorgesehen hatte. So überließen<br />
wir es Gott, wodurch unser Frieden zurückkehrte,<br />
<strong>und</strong> nicht lange danach geschah das<br />
W<strong>und</strong>er – Empfängnis! Dabei war das Timing<br />
interessant: Wir hatten sieben Jahre gewartet,<br />
das kleine Mädchen wurde am siebten Monat<br />
des betreffenden Jahres geboren, <strong>und</strong> es wog<br />
7 Pf<strong>und</strong> <strong>und</strong> 7 Unzen 2 ! Gottes voll<strong>komm</strong>enes<br />
„Das Ausharren aber habe<br />
ein voll<strong>komm</strong>enes Werk“<br />
(Jak 1,4).<br />
7<br />
1<br />
A.d.H.: Im englischsprachigen Raum weitverbreitetes Andachtsbuch,<br />
das es mittlerweile auch im Deutschen gibt (Licht für den Tag).<br />
2<br />
A.d.H.: D.h. etwa 3375 Gramm.
Neue<br />
Bücher<br />
8<br />
Einwirken wurde uns dadurch deutlich. Ich hatte<br />
während der Geburt meiner Frau die Hand gehalten,<br />
<strong>und</strong> so war es für mich ein fre<strong>und</strong>licher<br />
Kommentar, den ich in Daily Light las, bevor ich<br />
gegen Morgen zu Bett ging: »Zwei sind besser<br />
daran als einer, weil sie eine gute Belohnung für<br />
ihre Mühe haben« (Prediger 4,9).<br />
Zwischen unserer Heirat <strong>und</strong> der Geburt unseres<br />
Babys hatte Gott uns neue Weisung für<br />
unseren weiteren Weg gegeben. Die Armee<br />
teilte mir mit, dass ich in zwei Jahren nicht mehr<br />
benötigt würde, weil der Verteidigungshaushalt<br />
gekürzt werde. Ich hatte auf grünes Licht<br />
gewartet, um das Militär verlassen zu können –<br />
<strong>und</strong> jetzt war es da. Der Herr bestätigte das, indem<br />
er dafür sorgte, dass wir demselben Bibelvers<br />
innerhalb von 14 Tagen in vier unterschiedlichen<br />
Zusammenhängen begegneten. Als Erstes<br />
kam meine Frau von einem Treffen zurück,<br />
wo sie einen neuen Chorus gelernt hatte. Er<br />
war eine Vertonung des Textes aus Jesaja 61,1.<br />
Dort heißt es: »Der Geist des Herrn, Herrn, ist auf<br />
mir, weil der Herr mich gesalbt hat, den Sanftmütigen<br />
frohe Botschaft zu bringen, weil er<br />
mich gesandt hat, die zu verbinden, die zerbrochenen<br />
Herzens sind, Freiheit auszurufen den<br />
Gefangenen <strong>und</strong> Öffnung des Kerkers den Geb<strong>und</strong>enen.«<br />
Ein oder zwei Tage später enthielt<br />
unsere tägliche Bibellese dieselben Worte aus<br />
Jesaja 61. Die dritte Gelegenheit kam, nachdem<br />
wir in besonderer Weise wegen unserer Zukunft<br />
gebetet hatten <strong>und</strong> ich mich geleitet fühlte, auf<br />
unseren Kalender zu schauen. Der Text des Tages<br />
war Jesaja 61,1. Und schließlich, als wir wenige<br />
Tage später einen Gottesdienst besuchten,<br />
fiel uns derselbe Vers als Überschrift auf dem<br />
ausgeteilten Liedblatt ins Auge!<br />
Nach zwei Jahren Dienst in einer mit dem<br />
Heer verb<strong>und</strong>enen christlichen Organisation<br />
<strong>und</strong> einem sich anschließenden Jahr der Hilfe<br />
unter vietnamesischen Flüchtlingen hörten<br />
wir in einer Predigt den Aufruf zu persönlichem<br />
Dienst, den wir auf uns bezogen. Inzwischen<br />
hatte mein Kantonesisch 3 begonnen, brauchbar<br />
zu werden »zum Dienst des Hauses des Herrn«.<br />
Bis dahin enthielt unser Dienst auch viel Arbeit<br />
an den Menschen; aber diese war meistens<br />
administrativer Natur. Wir testeten diesen Aufruf<br />
zur Weitergabe des Evangeliums, indem ich mich<br />
um die Ordination in der anglikanischen Kirche<br />
bewarb; aber diese Tür blieb verschlossen, <strong>und</strong><br />
wir fragten uns, ob wir uns verhört hatten.<br />
Als wir weiterbeteten, blieb das Gefühl bestehen,<br />
wir wären dazu bestimmt, uns für künftige<br />
Schritte bereitzuhalten. Versuche, ein Haus<br />
zu kaufen, schlugen fehl. Dann kam eines Tages<br />
unsere OMF-Zeitschrift East Asia’s Millions<br />
bei uns an, <strong>und</strong> die Aufmerksamkeit meiner<br />
Frau wurde von einem Artikel erregt, in dem es<br />
hieß: »Betet für Mitarbeiter in der Gemeindegründungsarbeit<br />
in Hongkong!« Etwa zur gleichen<br />
Zeit erhielten wir einen Brief vom OMF-<br />
Heimatdirektor, dem wir unsere Situation geschildert<br />
hatten. Er erwähnte die gleiche Notlage.<br />
Das war direkt an unsere Herzen gerichtet.<br />
Dann lasen wir eine w<strong>und</strong>erbare Verheißung:<br />
»Habe deine Lust am Herrn, so wird er<br />
dir geben, was dein Herz begehrt« (Psalm 37,4;<br />
Schlachter 2000). Der Nebel hob sich, die Wegweiser<br />
wurden deutlicher, <strong>und</strong> wie selbstverständlich<br />
öffneten sich uns die Wege nach<br />
Hongkong mit der OMF. Eine weitere Bestätigung,<br />
dass dies der Wille des Herrn war, ergab<br />
sich so: Ich erwähnte einer Kollegin gegenüber,<br />
dass ich einen Nachfolger für meine Arbeitsstelle<br />
brauchte, <strong>und</strong> sie wusste sofort, wer<br />
dafür infrage kam.<br />
Dass wir wieder im »Dienst des Hauses des<br />
Herrn« in den Fernen Osten fahren durften, erschien<br />
uns wie ein Traum, der wahr geworden<br />
war. Stets bereit zu sein, alles loszulassen, war<br />
nicht immer leicht. Mitunter waren wir versucht,<br />
lieber auf dem uns bekannten Terrain zu verharren,<br />
als Neuland zu erforschen; aber die Erfahrungen<br />
mit der göttlichen Führung waren unermesslich<br />
wertvoll für unsere Bereitwilligkeit,<br />
jeden Richtungswechsel mitzumachen. Gott<br />
führt diejenigen wirklich, die gelernt haben, auf<br />
ihn zu hören – so wie er verheißen hat: »Wenn<br />
ihr nach rechts oder wenn ihr nach links abbiegt,<br />
so werden deine Ohren ein Wort hinter<br />
dir her hören: Dies ist der Weg, wandelt darauf!«<br />
(Jesaja 30,21).<br />
3<br />
A.d.Ü.: Gebräuchliche Sprache im Süden Chinas.<br />
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… <strong>und</strong> wo war<br />
Gott?<br />
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Ehe<br />
<strong>und</strong><br />
Familie<br />
DAS TANDEM<br />
Bei einer Hochzeitsfeier gebrauchte ein Bruder<br />
in seiner Ansprache das Beispiel eines Tandems.<br />
Damit gab er dem frisch verheirateten<br />
Paar (<strong>und</strong> allen Hochzeitsgästen) einige Tipps<br />
für ihre Ehe. Ich habe über dieses anschauliche<br />
Beispiel weiter nachgedacht <strong>und</strong> möchte ein<br />
paar Dinge weitergeben, sowohl von dem, was<br />
der Bruder sagte, als auch das, was mir als Belehrung<br />
aufgefallen ist. Wir können dieses Beispiel<br />
des Tandems auch auf die gegenseitige<br />
Beziehung anwenden, die zwischen Gläubigen<br />
besteht. Dabei können wir an ein Tandem denken,<br />
das so viele Räder, Pedale <strong>und</strong> Lenker hat,<br />
wie es erforderlich ist.<br />
Der Bruder wies zunächst auf die beiden<br />
Räder hin. Das ist das junge Paar. Beide Räder<br />
drehen sich um eine Achse. In der Achse können<br />
wir ein Bild vom Herrn Jesus sehen: Um Ihn<br />
muss sich alles in unserem Leben drehen. Wenn<br />
eins der Räder ein Problem mit der Achse be<strong>komm</strong>t,<br />
muss der andere schwer trampeln. Es<br />
ist wichtig, dass sowohl der Mann als auch die<br />
Frau dafür sorgen, dass ihre eigene Beziehung<br />
zum Herrn Jesus in Ordnung ist.<br />
Der Mann sitzt vorn <strong>und</strong> lenkt. Er hat die Führung<br />
in der Ehe. Beide stimmen sich jedoch ab,<br />
welche Strecke sie fahren. Der Lenker, den der<br />
Mann in Händen hat, <strong>und</strong> der Lenker, den die<br />
Frau hält, müssen sich zu derselben Seite neigen.<br />
Wenn sie sich wegen der Strecke nicht einig<br />
sind, müssen sie absteigen. Deshalb gibt<br />
es am Tandem einen Ständer. Nehmt euch die<br />
nötige Zeit, gemeinsam zu beten <strong>und</strong> das Wort<br />
Gottes zu lesen, um seine Führung zu erbitten.<br />
Der Mann sitzt zwar vorn, kann aber nicht<br />
schneller fahren als seine Frau. Er kann ihr nicht<br />
vorausfahren. Auf einem Tandem sitzt man immer<br />
nahe beieinander. Darin steckt die Belehrung,<br />
dass der Mann auf seine Frau Rücksicht<br />
nimmt <strong>und</strong> sie nicht aus seinem Blickfeld verschwindet.<br />
Er darf nicht Dinge tun oder verfolgen,<br />
von denen seine Frau nichts weiß.<br />
Die Frau sitzt hinter ihrem Mann. Sie ist da,<br />
um ihn auf dem Weg, den sie zusammen gehen,<br />
zu unterstützen. Wenn der Mann klug ist,<br />
wird er gut auf den Rat seiner Frau hören. Unterstützung<br />
<strong>und</strong> Ermutigung sind allerdings<br />
etwas anderes, als ihn zu hetzen. Das ist nicht<br />
gut. Ebenso schlecht ist es, wenn sie bei der<br />
geringsten Gefahr die Bremse tritt oder die<br />
Handbremse zieht.<br />
Mann <strong>und</strong> Frau bilden eine Einheit, <strong>und</strong> auch<br />
die Gläubigen bilden gemeinsam eine Einheit.<br />
Etwas anderes ist es, diese Einheit wirklich zu<br />
erleben, sowohl in der Ehe als auch unter Gläubigen.<br />
Es ist wichtig, dass der Herr Jesus der<br />
Mittelpunkt ist <strong>und</strong> dass Er das Steuer in Händen<br />
hält. Er hat uns in seinem Wort eine Wegbeschreibung<br />
gegeben. Um eine flexible Einheit<br />
zu werden, müssen wir häufig diese Richtschnur<br />
zu Rate ziehen.<br />
Vielleicht kannst du noch weitere Belehrungen<br />
aus dem Tandem ziehen. Ich belasse es jetzt<br />
dabei <strong>und</strong> wünsche dir die Hilfe Gottes, damit<br />
du deine Reise fortsetzen kannst.<br />
Ger de Koning<br />
9<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibel<br />
praktisch<br />
SPURVERLASSENSWARNUNG<br />
„Und wenn ihr nach rechts oder wenn ihr nach links<br />
abbiegt, so werden deine Ohren ein Wort hinter dir her<br />
hören: Dies ist der Weg, wandelt darauf!“<br />
(Jes 30,21).<br />
10<br />
In unseren modernen Pkws halten immer mehr<br />
Sicherheitssysteme Einzug. Eines davon ist die<br />
Spurverlassenswarnung, auch Spurhalteassistent<br />
genannt. Eine Kamera am Innenspiegel<br />
erfasst die Spurmarkierungen <strong>und</strong> Hindernisse,<br />
<strong>und</strong> die Elektronik wertet die Informationen<br />
aus. Dadurch wird ein unbeabsichtigtes<br />
Verlassen der Fahrspur erkannt <strong>und</strong> der Fahrer<br />
wird durch Vibrationen im Lenkrad rechtzeitig<br />
gewarnt. Somit soll Unfällen durch Ermüdung<br />
oder mangelnde Konzentration vorgebeugt<br />
werden. Wusstest du schon, dass auch Gott ein<br />
großes Interesse daran hat, dass wir als Christen<br />
nicht vom Weg ab<strong>komm</strong>en, sondern in der Spur<br />
bleiben? Dazu einige kurze Gedanken.<br />
Die Fahrbahn<br />
„Und dort wird eine Straße sein <strong>und</strong> ein Weg, <strong>und</strong><br />
er wird der heilige Weg genannt werden … Wer<br />
auf dem Weg wandelt – selbst Einfältige werden<br />
nicht irregehen“ (Jes 35,8).<br />
Unser Leben als Christ wird in der Bibel sehr oft<br />
mit einer Straße (oder einem Weg) verglichen,<br />
auf dem wir unterwegs sind. Damit soll deutlich<br />
werden, dass wir unser Leben nicht selbst<br />
bestimmen können, sondern dass Gott unseren<br />
Weg vorgibt. Dem Straßenverlauf müssen<br />
wir folgen, egal ob der Weg gerade oder kurvenreich<br />
ist oder durch einen Tunnel führt. Bist<br />
du bereit, dem Weg Gottes in deinem Leben zu<br />
folgen? Davids Wunsch <strong>und</strong> Gebet war es: „Meine<br />
Schritte hielten an deinen Spuren fest, meine<br />
Tritte haben nicht gewankt“ (Ps 17,5).<br />
Das Ziel<br />
„Eins aber tue ich: Vergessend, was dahinten, <strong>und</strong><br />
mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage<br />
ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis<br />
der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus“<br />
(Phil 3,13.14).<br />
Man kann mit dem Auto zum Spaß irgendwohin<br />
fahren, doch das Leben ist meist bitterernst<br />
<strong>und</strong> durchaus nicht immer leicht. Aber das Erfreuliche<br />
ist, dass unser Leben als Christ einen<br />
Sinn <strong>und</strong> ein Ziel hat. Wir leben nicht einfach<br />
nur so dahin. Der Herr Jesus ist nicht nur der<br />
Weg (Joh 14,6), sondern auch das Ziel. Hast du<br />
immer das Ziel vor Augen? „… hinschauend auf<br />
Jesus, den Anfänger <strong>und</strong> Vollender des Glaubens,<br />
der, die Schande nicht achtend, für die vor<br />
ihm liegende Freude das Kreuz erduldete <strong>und</strong><br />
sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes“<br />
(Heb 12,2).<br />
Fahrbahnmarkierungen<br />
„Lass mich wandeln auf dem Pfad deiner Gebote,<br />
denn an ihm habe ich Gefallen!“ (Ps 119,35).<br />
Heute sind fast alle Straßen mit Fahrbahnmarkierungen<br />
versehen, sonst kann die Spurverlassenswarnung<br />
nicht funktionieren. Gott zeigt<br />
uns in der Bibel seine Gedanken <strong>und</strong> markiert<br />
gewissermaßen unsere Fahrbahn im Leben.<br />
Empfindest du das als Einschränkung oder<br />
als Erleichterung <strong>und</strong> große Hilfe? „Dein Wort<br />
ist Leuchte meinem Fuß <strong>und</strong> Licht für meinen<br />
Pfad“ (Ps 119,105).<br />
Führung<br />
„Ich will dich unterweisen <strong>und</strong> dich den Weg lehren,<br />
den du wandeln sollst; mein Auge auf dich<br />
richtend, will ich dir raten“ (Ps 32,8).<br />
Gott markiert nicht die Lebensbahn, um uns dann<br />
im Leben unserem eigenen Geschick zu überlassen.<br />
Nein, Er hilft in allen Lebenssituationen, Er führt<br />
<strong>und</strong> leitet uns <strong>und</strong> sorgt selbst dafür, dass wir sicher<br />
am Ziel an<strong>komm</strong>en. Willst du dich auch bei schwierigen<br />
Wegstrecken <strong>und</strong> komplizierten Fahrsituationen<br />
auf Gottes „Navigation“ verlassen? „Er erquickt<br />
meine Seele, er leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit<br />
um seines Namens willen“ (Ps 23,3).<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibel<br />
praktisch<br />
Spurtreue<br />
Mehrspurige Straßen<br />
„… die die Pfade der Geradheit verlassen, um auf<br />
den Wegen der Finsternis zu wandeln; … deren Pfade<br />
krumm sind <strong>und</strong> die abbiegen in ihren Bahnen“<br />
(Spr 2,13.15).<br />
Wenn am Fahrzeug an der Bereifung oder am<br />
Fahrwerk etwas nicht in Ordnung ist, zieht das<br />
Auto manchmal einseitig nach rechts oder links.<br />
Dann ist eine Überprüfung dringend angeraten.<br />
Vielleicht müssen die Reifen erneuert oder eine<br />
Achsvermessung durchgeführt <strong>und</strong> die Spur<br />
korrigiert werden. Bist du dafür offen, dass Gott<br />
dich korrigiert? Er kann das auch tun, indem Er<br />
andere Menschen benutzt. „Ich wandle auf dem<br />
Pfad der Gerechtigkeit, mitten auf den Steigen<br />
des Rechts“ (Spr 8,20).<br />
Von der Straße ab<strong>komm</strong>en<br />
„Und Josia tat, was recht war in den Augen des<br />
Herrn; <strong>und</strong> er wandelte auf allen Wegen seines Vaters<br />
David <strong>und</strong> wich weder zur Rechten noch zur<br />
Linken ab“ (2Kön 22,2; 2Chr 34,2).<br />
Es besteht sowohl die Gefahr, nach rechts abzu<strong>komm</strong>en<br />
<strong>und</strong> im Straßengraben zu landen, als<br />
auch links mit dem Gegenverkehr zu kollidieren.<br />
Nach rechts abzuweichen, das heißt dem<br />
Wort Gottes eigene, menschliche Regeln hinzuzufügen,<br />
ist genauso schlimm, wie nach links<br />
abzuweichen, das heißt das Wort Gottes auf das<br />
zu reduzieren, was mir selbst zusagt. Josia ist<br />
der einzige Mensch in der Bibel, dem das Zeugnis<br />
ausgestellt wird, dass er weder nach rechts<br />
noch nach links abwich. Daraus ist zu schließen,<br />
dass solche Menschen selten sind.<br />
Merkst du es, wenn du in eine Richtung vom<br />
Kurs ab<strong>komm</strong>st? Denkst du dann, dass wahrscheinlich<br />
alle anderen in die entgegengesetzte<br />
Richtung abgewichen sein müssen, weil du ja<br />
der bist, der die Spur genau einhält? Oder neigst<br />
du sogar dazu, von einem Extrem in das andere<br />
zu fallen? „So achtet nun darauf, zu tun, wie der<br />
Herr, euer Gott, euch geboten hat; weicht weder<br />
zur Rechten noch zur Linken ab. … Das ganze<br />
Wort, das ich euch gebiete, das sollt ihr halten,<br />
es zu tun; du sollst nichts hinzufügen <strong>und</strong> nichts<br />
davon wegnehmen“ (5Mo 5,32; 13,1 u.a.).<br />
„Und ‚macht gerade Bahn für eure Füße‘, damit<br />
nicht das Lahme vom Weg ab<strong>komm</strong>e, sondern<br />
vielmehr geheilt werde“ (Heb 12,13).<br />
Auf mehrspurigen Straßen sind noch viele andere<br />
Autofahrer in der gleichen Richtung unterwegs.<br />
Manche fahren schneller als ich, andere<br />
langsamer. Besondere Aufmerksamkeit<br />
erfordern Fahrspurwechsel, weil hier die Unfallgefahr<br />
sehr groß ist. Hier zeigt sich dann<br />
ganz besonders, ob man § 1 der Straßenverkehrsordnung<br />
kennt: „Die Teilnahme am Straßenverkehr<br />
erfordert ständige Vorsicht <strong>und</strong> gegenseitige<br />
Rücksicht.“ Unter Christen sollte das<br />
selbstverständlich sein. Oder gehörst du zu den<br />
Dränglern <strong>und</strong> Lückenspringern? „… in der Demut<br />
einer den anderen höher achtend als sich<br />
selbst; ein jeder nicht auf das Seine sehend,<br />
sondern ein jeder auch auf das der anderen“<br />
(Phil 2,3.4).<br />
Die Warnung<br />
„Ich unterweise dich im Weg der Weisheit, leite<br />
dich auf Bahnen der Geradheit“ (Spr 4,11).<br />
Es ist eine interessante Erfahrung, zu erleben,<br />
wie beim Überfahren einer Fahrbahnmarkierung<br />
das Lenkrad vibriert. Dann kann man sofort<br />
eine Kursänderung vornehmen <strong>und</strong> eine<br />
gefährliche Situation vermeiden. Gottes Spurverlassenswarnung<br />
lehrt uns:<br />
1. Wir sollen Gott sehr dankbar sein, dass Er uns<br />
überhaupt warnt, wenn wir in eine bestimmte<br />
Richtung von der Wahrheit abdriften, <strong>und</strong><br />
uns nicht einfach laufen lässt.<br />
2. Wir müssen uns unbedingt das Empfinden<br />
erhalten, rechtzeitig zu merken, wenn Gott<br />
uns in unserem Leben auf ein Abweichen<br />
aufmerksam macht.<br />
3. Wir sollten dann sofort die notwendige Korrektur<br />
in unserem Leben vornehmen.<br />
Möge Gott in deinem <strong>und</strong> meinem Leben zu<br />
seinem guten Ziel <strong>komm</strong>en. „Es ist der Pfad<br />
zum Leben, wenn einer Unterweisung beachtet;<br />
wer aber Zucht unbeachtet lässt, geht irre“<br />
(Spr 10,17).<br />
Gerd Pohl<br />
11<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibelstudium<br />
Hilf meinem<br />
Unglauben!<br />
„DARÜBER ERWACHTE ICH UND SAH,<br />
UND MEIN SCHLAF WAR MIR SÜSS“<br />
(JER 31,26).<br />
12<br />
Diese Worte Jeremias befinden sich in einem Abschnitt<br />
seiner Prophezeiungen, die man das Buch<br />
des Trostes nennen könnte (Kap. 30–33). Der größte<br />
Teil der Prophezeiungen Jeremias ist über die<br />
gesamten 52 Kapitel sehr dunkel, voller Finsternis<br />
<strong>und</strong> unguter Vorahnung, doch die Kapitel 30 bis<br />
33 haben einen völlig anderen Charakter. Jeremia<br />
wird beauftragt, diese Worte prophetischen Trostes,<br />
die der Herr zu ihm gesprochen hatte, aufzuschreiben<br />
(Kap. 30,2). Und obwohl auch von Leiden<br />
die Rede ist <strong>und</strong> dass Israel durch „eine Zeit<br />
der Drangsal für Jakob“ gehen würde (Kap. 30,7),<br />
weist doch alles auf den zukünftigen Segen hin.<br />
Es geht hier um die zukünftige Wiederherstellung<br />
Israels unter dem Neuen B<strong>und</strong> im Friedensreich<br />
(Kap. 31,31–34).<br />
Gott sagte Jeremia, dass die Zeit des Gerichts<br />
zu Ende <strong>komm</strong>en würde, doch zuvor müsste<br />
das Gericht sein Werk der Korrektur durchführen:<br />
„Nicht wenden wird sich die Zornglut des<br />
Herrn, bis er getan <strong>und</strong> bis er ausgeführt hat die<br />
Gedanken seines Herzens. Am Ende der Tage<br />
werdet ihr es verstehen“ (Kap. 30,24). Auch wir<br />
tun gut daran, dieses Buch des Trostes im Buch<br />
Jeremia zu betrachten. Viele Christen glauben<br />
durch die sogenannte Ersatztheologie, dass<br />
Gott mit Israel abgeschlossen habe <strong>und</strong> dass<br />
nun die Gemeinde an die Stelle Israels auf der<br />
Erde getreten sei. Doch Gott hat verkündet,<br />
dass eher die Sterne, die Sonne <strong>und</strong> der Mond<br />
vergehen würden, bevor Er sein Volk Israel verwerfen<br />
würde:<br />
„So spricht der Herr, der<br />
die Sonne gesetzt hat<br />
zum Licht bei Tag, die<br />
Ordnungen des Mondes <strong>und</strong><br />
der Sterne zum Licht bei<br />
Nacht, der das Meer aufwühlt,<br />
<strong>und</strong> seine Wogen<br />
brausen, Herr der Heerscharen<br />
ist sein Name:<br />
Wenn diese Ordnungen vor<br />
meinem Angesicht weichen<br />
werden, spricht der<br />
Herr, so soll auch die<br />
Nach<strong>komm</strong>enschaft Israels<br />
aufhören, eine Nation<br />
zu sein vor meinem<br />
Angesicht alle Tage.<br />
So spricht der Herr: Wenn<br />
die Himmel oben gemessen<br />
<strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>festen<br />
der Erde unten erforscht<br />
werden können, so will<br />
ich auch alle Nach<strong>komm</strong>en<br />
Israels verwerfen wegen<br />
all dessen, was sie getan<br />
haben, spricht der<br />
Herr“ (Kap. 31,35–37).<br />
Der Versuch, diese Prophezeiungen zu vergeistlichen,<br />
um sie auf die Gemeinde anzuwenden <strong>und</strong><br />
ihre buchstäbliche Erfüllung in Israel zu leugnen,<br />
ist ein schwerwiegender Fehler. Als Jeremia diese<br />
Prophezeiungen empfing, befand er sich persönlich<br />
in einer äußerst schwierigen Lage: Er war<br />
im Gefängnis, Hunger <strong>und</strong> Krankheit durchzogen<br />
das Land, <strong>und</strong> der böse König Zedekia regierte.<br />
Gottes Gerichtsschlag durch die Babylonier<br />
stand kurz bevor. Doch trotz allem konnte<br />
Jeremia sagen: „Mein Schlaf war mir süß.“ Das<br />
konnte er sagen, weil er in die Zukunft geschaut<br />
hatte, <strong>und</strong> die war hell <strong>und</strong> herrlich.<br />
Brian Reynolds<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibel<br />
praktisch<br />
HILF MEINEM<br />
UNGLAUBEN!<br />
Das Gebet des verzweifelten Vaters machte<br />
das ganze Dilemma deutlich: „Wenn du etwas<br />
kannst, so erbarme dich unser <strong>und</strong> hilf uns!“<br />
(Mk 9,22). Zunächst war er mutig <strong>und</strong> entschlossen<br />
auf die Suche nach dem Herrn Jesus gegangen.<br />
Von Ihm erwartete er Hilfe für seinen<br />
mondsüchtigen Sohn, der sich durch sein unkontrolliertes<br />
Verhalten schon öfter in Gefahr<br />
gebracht hatte. Aber der Rabbi war nicht zu<br />
finden. Vielleicht würden seine Jünger helfen?<br />
Obwohl sie es versuchten, vermochten sie es<br />
nicht. Zudem war eine große Volksmenge Zeuge<br />
dieser Enttäuschung, <strong>und</strong> dann entbrannte<br />
auch noch ein Streit zwischen den Jüngern <strong>und</strong><br />
den Schriftgelehrten. Alle Hoffnung war dahin!<br />
Doch plötzlich stand der Meister vor ihm, aber<br />
der Zweifel war aus seinen Worten deutlich herauszuhören:<br />
„Wenn du etwas kannst …“<br />
Bevor der Herr Jesus den Jungen heilte, ging Er in<br />
seiner Seelsorge auf den Vater ein. Der hatte nämlich<br />
ein Problem, das wir auch kennen. Ja, wenn ich<br />
nur mehr Glauben hätte! Wenn es mir nur gelingen<br />
würde! „Wo ist euer Glaube?“, fragte der Herr<br />
Jesus einmal seine Jünger. Kennst du das auch?<br />
Die Not wird vor den Herrn Jesus gebracht, aber<br />
gleichzeitig lähmt der Zweifel das Gebet!<br />
„Dem Glaubenden ist alles möglich“, antwortete<br />
der Herr Jesus dem Vater des geplagten<br />
Sohns. Da brach es aus ihm hervor: „Ich glaube;<br />
hilf meinem Unglauben!“ Er wusste, nur ein kleiner<br />
Glaubensfunke war bei ihm vorhanden. So<br />
rief er um Hilfe, um seinen Unglauben zu überwinden.<br />
Hudson Taylor sagte einmal: „Wir brauchen<br />
keinen großen Glauben, sondern Glauben an<br />
einen großen Gott.“ Das hört sich gut an. Aber<br />
ist das nicht nur Theorie? Wie geht das denn<br />
im Alltag?<br />
Wer Gott naht …<br />
Glauben im biblischen Sinn bedeutet, dass unsere<br />
Hoffnung eine feste Zuversicht ist, gerade<br />
dann, wenn wir Gottes Wirken (noch) nicht<br />
sehen können. So sagt es uns Hebräer 11,1.<br />
Der Glaube überträgt Gottes unsichtbares<br />
Handeln in unsere Realität. Genau das ist aber<br />
nicht immer einfach. Damit hatte ja auch der<br />
verzweifelte Vater seine große Not. Daher gibt<br />
Gott uns zwei Hilfen, die es uns leichter machen<br />
können.<br />
Denn „wer Gott naht, muss glauben, dass<br />
er ist <strong>und</strong> denen, die ihn suchen, ein Belohner<br />
ist“ (Heb 11,6). Was im Wortlaut auf den ersten<br />
Blick wie ein schwer einzuhaltendes Gebot<br />
klingt, ist beim näheren Hinsehen eine großartige<br />
Hilfe, damit<br />
wir aus unserem<br />
Unglauben heraus<strong>komm</strong>en!<br />
… muss glauben,<br />
dass Er ist<br />
„Wer Gott naht,<br />
muss glauben,<br />
dass er ist<br />
<strong>und</strong> denen,<br />
die ihn suchen,<br />
ein Belohner ist“<br />
(Heb 11,6).<br />
Gott ist! So stellte<br />
sich der Allmächtige<br />
dem Volk Israel<br />
in Ägypten vor, also<br />
gerade in der höchsten<br />
Not, die das Volk<br />
Israel in der Knechtschaft unter den Ägyptern<br />
litt. Als Mose Gott nach seinem Namen fragte,<br />
sagte Er: „Ich bin, der ich bin!“ (2Mo 3,14). William<br />
MacDonald schreibt dazu: „Der Name bedeutet,<br />
dass Gott aus sich selbst existiert, sich<br />
selbst genügt, ewig <strong>und</strong> souverän ist.“ Also immer,<br />
wenn du ins Gebet zu Gott gehst, darfst,<br />
nein musst du dir bewusst machen, dass Er der<br />
Allmächtige ist. Er ist die höchste Instanz, Er<br />
hat die größte Weisheit, Er allein besitzt die Allmacht.<br />
Wenn einer helfen kann, dann Er! Stütze<br />
dich auf diese Aussage, halte daran fest, dass<br />
Ihm nichts unmöglich ist. Es ist eine Gr<strong>und</strong>voraussetzung<br />
für unsere Beziehung zu Gott, zu<br />
„glauben, dass er ist“. Nichts ist Ihm zu groß <strong>und</strong><br />
nichts zu klein! Dann <strong>komm</strong>st du gar nicht auf<br />
die Idee, mit der Frage „Wenn du etwas kannst<br />
…“ seine Größe in Zweifel zu ziehen. Er kann alles,<br />
weil Er Gott ist!<br />
13<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibel<br />
praktisch<br />
14<br />
… <strong>und</strong> denen die Ihn suchen, ein Belohner ist<br />
Ein Belohner! Dieses Wort <strong>komm</strong>t nur in Hebräer<br />
11,6 vor <strong>und</strong> beschreibt einen, der Lohn gibt.<br />
Stell dir vor: Wenn du zu Gott <strong>komm</strong>st, dann hat<br />
Gott die Absicht, dich zu belohnen. Unfassbar,<br />
oder? Wofür eigentlich?<br />
Unser Problem ist häufig, dass wir eher mit<br />
Gottes Strenge oder gar mit seiner Bestrafung<br />
rechnen als mit seiner Güte. Auch wenn wir<br />
wissen, dass wir Buße getan haben <strong>und</strong> unsere<br />
Sünden vergeben sind, gelingt es dem Teufel<br />
immer wieder, Unsicherheit in uns zu schüren.<br />
Nein, Gott will uns Güte erweisen! Ich liebe<br />
den Vers 11 in Psalm 147: „Der Herr hat Wohlgefallen<br />
an denen, die ihn fürchten, an denen,<br />
die auf seine Güte harren.“ Die Gute-Nachricht-<br />
Übersetzung beendet den Vers so: „die mit seiner<br />
Güte rechnen“. Das beschreibt sehr schön,<br />
was mit „harren“ oder „warten“ gemeint ist.<br />
Gott erwartet von uns, dass wir fest mit seiner<br />
Güte rechnen!<br />
Gott hat versprochen: „Denn ich weiß ja die<br />
Gedanken, die ich über euch denke, spricht der<br />
Herr, Gedanken des Friedens <strong>und</strong> nicht zum Unglück,<br />
um euch Ausgang <strong>und</strong> Hoffnung zu gewähren“<br />
(Jer 29,11). Auch schwierige Situationen<br />
bewältigt Gott, sogar wenn Er sie nicht<br />
„Der Herr hat Wohlgefallen<br />
an denen, die ihn fürchten,<br />
an denen, die auf seine Güte<br />
harren“ (Ps 147,11).<br />
oder nicht sofort wegnimmt. So ging es damals<br />
den Juden in Babylon, als sie von Jeremia<br />
den Brief erhielten, in dem die zitierte Verheißung<br />
stand. Sie mussten noch viele Jahre auf<br />
die Rückkehr nach Israel warten. Manchmal<br />
verändert Gott nicht die Situation für uns, sondern<br />
Er verändert uns für die Situation. Aber Er<br />
antwortet in jedem Fall, <strong>und</strong> Er macht es gut<br />
für uns, auch wenn wir das manchmal erst später<br />
erkennen.<br />
Doch zurück zur Frage, wofür Gott uns belohnt.<br />
Das ist recht einfach, nämlich dafür, dass<br />
wir uns mit unseren Anliegen im Glauben an<br />
Ihn wenden. Gott will gebeten sein, dann gibt<br />
Er. Das ist oft so viel, dass wir diesen „Lohn“ gar<br />
nicht fassen können!<br />
Gebetspraxis<br />
Im Klartext heißt das: Wenn ich ins Gebet gehe,<br />
vermeide ich Zweifel, indem ich mir ausdrücklich<br />
in Erinnerung rufe <strong>und</strong> daran festhalte (das<br />
heißt glaube), dass mein Vater im Himmel<br />
• der große <strong>und</strong> allmächtige Gott ist, für den<br />
nichts unmöglich ist, <strong>und</strong> dass Er<br />
• nur Gutes für mich im Sinn hat <strong>und</strong> mir Segen<br />
in Fülle geben will.<br />
Jetzt verstehen wir auch die Aussage Hudson<br />
Taylors besser: Wir brauchen den Glauben an einen<br />
großen Gott!<br />
Gott hilft meinem Unglauben<br />
Als Salomo das Haus Gottes baute, fügte er<br />
noch zwei Säulen hinzu, die gut sichtbar am<br />
Eingang des Tempels standen. Beide erhielten<br />
einen Namen. Eine hieß Jakin. Das bedeutet „Er<br />
befestigt oder gründet.“ Die zweite hieß Boas:<br />
„In ihm ist Stärke.“ Vielleicht wollte Salomo, dass<br />
jeder, der in das Haus Gottes ging, sich daran<br />
erinnerte, dass Gott zum einen der Handelnde<br />
ist <strong>und</strong> Festigkeit gibt <strong>und</strong> dass Er zum anderen<br />
der Starke, Ewige ist.<br />
Wenn du in die Gegenwart Gottes trittst, dann<br />
denke an die beiden „Säulen“ aus Hebräer 11,6:<br />
Gott ist der Allmächtige, Ihm ist nichts unmöglich!<br />
Und: Gott will dir Segen geben, Gutes für<br />
dein Leben. Gott hilft uns mit diesen beiden Verheißungen.<br />
Wenn du sie dir im Gebet in Erinnerung<br />
rufst <strong>und</strong> daran festhältst, dann verwandelt<br />
Gott den Unglauben in Hoffnung. Er hilft, so wie<br />
Er dem verzweifelten Vater half. Der Sohn wurde<br />
(trotz des schwachen Glaubens!) wieder ges<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> dem Vater wurden zwei Dinge klar: Nur der<br />
Herr Jesus hat die Macht, zu helfen, <strong>und</strong> die Heilung<br />
war der Lohn für seine Bitte.<br />
Peter Schmitz<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Zum<br />
Nachdenken<br />
HEIMGEGANGEN<br />
15<br />
Meine Armeezeit weckt nicht gerade sonnige Erinnerungen bei mir: körperlicher<br />
Drill <strong>und</strong> das Gefühl, eingesperrt zu sein; mit zehn Soldaten auf der<br />
„Bude“, die Schweißgerüche von zehn Paar Stiefeln <strong>und</strong> der unerträgliche<br />
Schweißgeruch verdorbener Seelen. Da empfand ich die Ankündigung von<br />
Heimaturlaub wie eine Nachricht aus einer anderen Welt. Endlich raus aus dem<br />
Kasernentor – <strong>und</strong> da waren sie, die letzten Meter, der Klingelknopf <strong>und</strong> endlich<br />
der Küchentisch mit den unvergleichlichen Bratkartoffeln von Muttern:<br />
Ich durfte heimgehen.<br />
Wenn Christen sterben, sagt man häufig, dass sie heimgegangen sind. Ein Ausdruck,<br />
der fast nur für Insider verständlich ist <strong>und</strong> der so unvergleichlich gut<br />
den Tod eines Christen beschreibt. Von Kindesbeinen an habe ich immer wieder<br />
Christen sagen hören, dass dieser oder jener heimgegangen ist.<br />
In einer Welt, in der der Tod noch etwas Bedrohliches <strong>und</strong> Furchterregendes ist,<br />
erscheint dieser Ausdruck heimgegangen wie eine Befreiung: Nicht der Trennungsschmerz<br />
für die Angehörigen steht im Vordergr<strong>und</strong>, sondern das große<br />
Glück des Heimgegangenen, endlich nach Hause zu <strong>komm</strong>en. Ein Ort, wo du<br />
erwartet wirst. Nicht das Ende, sondern ein herrlicher Anfang.<br />
Gudrun Mücher ist am 18. April heimgegangen. Sie hat gemeinsam mit ihrem<br />
Mann Werner viele Jahre dem Daniel-Verlag <strong>und</strong> auch gerade dieser<br />
Zeitschrift mit Hingabe gedient. Der Abschied von ihr kam plötzlich <strong>und</strong> tut<br />
weh – für sie war es ein Heimgang, den wir ihr von Herzen gönnen.<br />
Klaus Güntzschel<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibelstudium<br />
ANBETUNG<br />
16<br />
Das griechische Wort proskyneo bedeutet ursprünglich<br />
– wie das lateinische Wort adorare<br />
– „die Zehen küssen“, „eine Kusshand geben“,<br />
„ehrfürchtig küssen“, meistens in Verbindung<br />
mit bestimmten Körperhaltungen oder -bewegungen<br />
wie niederfallen oder eine tiefe Verbeugung<br />
machen. Später hat sich die Bedeutung<br />
mehr zu Letzterem hin verschoben. Zuerst<br />
wurde diese Art von Ehrerbietung Gottheiten<br />
wie Sonne <strong>und</strong> Mond, Himmel <strong>und</strong> Erde entgegengebracht.<br />
Das Wort wurde schließlich eine Bezeichnung<br />
für respektvolle Verehrung, sowohl gegenüber<br />
Göttern als auch gegenüber hochgestellten<br />
Persönlichkeiten – im letzteren<br />
Fall kann man an Könige denken, die göttlich<br />
verehrt wurden. Das Wort proskyneo klingt<br />
an in einem – von den Griechen verabscheuten<br />
– persischen Hofritual, der Proskynese.<br />
Dabei musste man bei einer Verbeugung vor<br />
einem hochgestellten Sterblichen sogar mit<br />
einem hörbaren Laut den Boden berühren!<br />
Es waren nicht nur die Griechen, die damit<br />
Mühe hatten; auch der Jude Mordokai hatte<br />
Schwierigkeiten, den persischen Höfling Haman<br />
auf diese Weise zu verehren (Est 3,2.5).<br />
In der griechischen Übersetzung des Alten<br />
Testaments, der Septuaginta (= LXX), begegnen<br />
wir dem Wort zuerst in 1. Mose 18,2, wo<br />
Abraham eine Erscheinung des Herrn hatte:<br />
„Und er erhob seine Augen <strong>und</strong> sah: Und <strong>sieh</strong>e,<br />
drei Männer standen vor ihm; <strong>und</strong> als er sie<br />
sah, lief er ihnen vom Eingang des Zeltes entgegen<br />
<strong>und</strong> beugte sich nieder zur Erde.“ Als<br />
Hinweis auf die Verehrung <strong>und</strong> Anbetung Gottes<br />
begegnen wir dem Wort in 1. Mose 22,5;<br />
24,26.48.52; 2. Mose 4,31 usw., auch wenn es<br />
dort nicht verb<strong>und</strong>en ist mit „niederbeugen“<br />
oder „knien“. Übrigens ist die Bedeutung „küssen“<br />
in einem Fall dabei inbegriffen (<strong>sieh</strong>e<br />
2Mo 18,7). Andererseits nimmt man an, dass<br />
der Ausdruck „Küsst den Sohn, damit er nicht<br />
zürnt“ (Ps 2,12) gerade bedeutet, dass man die<br />
Herrschaft des Sohnes anerkennen soll, indem<br />
man sich ehrfurchtsvoll niederbeugt, um seine<br />
Füße zu küssen.<br />
Im Neuen Testament <strong>komm</strong>t proskyneo noch<br />
einige Male im wörtlichen Sinn von „sich niederbeugen“<br />
vor:<br />
„Ich werde sie zwingen, dass sie <strong>komm</strong>en <strong>und</strong><br />
sich niederwerfen werden vor deinen Füßen“<br />
(Off 3,9).<br />
„Alle Nationen werden <strong>komm</strong>en <strong>und</strong> vor dir anbeten<br />
[o. sich niederwerfen vor deinen Füßen]“<br />
(Off 15,4).<br />
An einigen anderen Stellen – wo proskyneo mit<br />
„huldigen“ oder „anbeten“ übersetzt ist –, hat es<br />
die Bedeutung von „sich niederbeugen“, „niederfallen“.<br />
Das legt in jedem Fall der direkte Zusammenhang<br />
nahe. Siehe beispielsweise:<br />
„Sie beugten die Knie <strong>und</strong> huldigten ihm“<br />
(Mk 15,19).<br />
„Als es aber geschah, dass Petrus hereinkam,<br />
ging Kornelius ihm entgegen, fiel ihm zu Füßen<br />
<strong>und</strong> huldigte ihm“ (Apg 10,25).<br />
„Er wird Gott anbeten <strong>und</strong> verkündigen, dass<br />
Gott wirklich unter euch ist“ (1Kor 14,25).<br />
„Und die Ältesten fielen nieder <strong>und</strong> beteten an“<br />
(Off 5,14).<br />
„Und ich fiel zu seinen Füßen nieder, um ihn anzubeten.<br />
Und er spricht zu mir: Sieh zu, tu es<br />
nicht. Ich bin dein Mitknecht <strong>und</strong> der deiner<br />
Brüder, die das Zeugnis Jesu haben; bete Gott<br />
an“ (Off 19,10).<br />
Was ist nun das Kennzeichen der neutestamentlichen<br />
Verehrung gegenüber Gott verglichen<br />
mit der Verehrung, wie die alttestamentlichen<br />
Gläubigen sie darbrachten? Ein Vergleich<br />
mit Psalm 95 macht dies gut deutlich. Wir finden<br />
dort in den Versen 1 bis 5 eine Aufforderung<br />
zum Jubeln – zum Lobpreis – über den Herrn,<br />
den „Felsen unseres Heils“, denn Er ist ein großer<br />
Gott „<strong>und</strong> ein großer König über alle Götter“,<br />
Er ist der Schöpfer. Danach beginnt in Vers<br />
6 ein Abschnitt, wo wir aufgerufen werden, anzubeten<br />
– die Septuaginta benutzt hier proskyneo:<br />
„Kommt, lasst uns anbeten <strong>und</strong> uns niederbeugen<br />
… vor dem Herrn, der uns gemacht hat!<br />
Denn er ist unser Gott, <strong>und</strong> wir sind das Volk seiner<br />
Weide <strong>und</strong> die Herde seiner Hand.“ Kurz ge-<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibelstudium<br />
sagt: Israel betete Gott in dem Charakter an, in<br />
dem Er sich ihnen offenbart hatte, nämlich als<br />
Schöpfer, Erlöser <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esgott. Der gewöhnliche<br />
Israelit durfte seine Anbetung nicht ins Heiligtum<br />
bringen; er kam nicht weiter als bis in den<br />
Vorhof.<br />
Der Herr Jesus sagt in Johannes 4, dass sich<br />
diese Situation ändern würde. Jetzt war es der<br />
Vater, der Anbeter suchte, die Ihn „in Geist <strong>und</strong><br />
Wahrheit“ anbeten würden <strong>und</strong> nicht an einem<br />
geographisch begrenzten Ort. Wir dürfen<br />
Gott nun als Vater kennen, der uns durch<br />
den Sohn offenbart ist. Deshalb ist unsere Anbetung<br />
nicht an einen bestimmten Ort geb<strong>und</strong>en<br />
mit einem vorgeschriebenen Ritual, sondern<br />
sie ist „in Geist“, das bedeutet: auf eine<br />
geistliche Weise, vom Geist geleitet. Auch dürfen<br />
wir Ihn „in Wahrheit“ anbeten, das bedeutet:<br />
in Übereinstimmung mit dem besonderen<br />
Charakter, in dem Er sich uns im Neuen Testament<br />
offenbart hat. Das heißt: Wir haben das<br />
Vorrecht, als Kinder den Vater anzubeten, <strong>und</strong><br />
zwar in der Kraft des Heiligen Geistes, wo <strong>und</strong><br />
wann wir nur wollen!<br />
Gerard Kramer<br />
DAS BUCH<br />
DES LEBENS<br />
Teil 1<br />
17<br />
Das Buch des Lebens ist nach Offenbarung 20,15<br />
für das ewige Schicksal jedes Menschen von<br />
größter Bedeutung. Was ist unter diesem Buch<br />
zu verstehen? Die Namen welcher Menschen<br />
sind darin aufgeschrieben?<br />
Die Beantwortung dieser Fragen hängt zuerst<br />
einmal davon ab, welche Texte der Bibel man<br />
hierzu heranzieht: In manchen Texten ist vom<br />
„Buch des Lebens“ die Rede, in anderen davon,<br />
dass man in einem Buch eingeschrieben ist oder<br />
aus einem Buch ausgelöscht wird. Einerseits ziehen<br />
einige Auslegungen nur die Texte heran, in<br />
denen ausdrücklich vom „Buch des Lebens“ die<br />
Rede ist; <strong>und</strong> selbst bei diesen Texten geht man<br />
manchmal davon aus, dass verschiedene Bücher<br />
des Lebens gemeint seien. Andererseits versuchen<br />
andere Auslegungen die Beantwortung<br />
dieser Fragen auf eine breitere Basis von Bibeltexten<br />
zu stellen <strong>und</strong> sich nicht an dem einzelnen<br />
Begriff „Buch des Lebens“ festzuklammern.<br />
Dieser zweiten Auffassung folge ich in diesem<br />
Artikel. Jedoch kann keine der beiden Auffassungen<br />
für sich von vornherein beanspruchen,<br />
die „richtige“ Auffassung zu sein.<br />
Die Beantwortung dieser Fragen hängt<br />
des Weiteren ab von einigen gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Sichtweisen über Gott <strong>und</strong> die Menschen. Auf<br />
diese Sichtweisen möchte ich erst am Ende zu<br />
sprechen <strong>komm</strong>en.<br />
Für die Beantwortung dieser Fragen ist es weniger<br />
wichtig, ob wir „Buch“ hier mehr oder weniger<br />
wörtlich nehmen oder rein symbolisch. Zweifellos<br />
ist einerseits der allwissende Gott nicht auf<br />
materielle Bücher (oder andere Speichermedien)<br />
angewiesen; andererseits haben wir heute<br />
eigentlich keine Probleme mehr, uns vorzustellen,<br />
dass es ein materielles „Buch“ (eine Datenbank)<br />
mit den Namen aller/vieler Menschen geben<br />
könnte. Persönlich neige ich dazu, dass man<br />
biblische Texte nur dann symbolisch verstehen<br />
sollte, wenn der Kontext dies klar verlangt oder<br />
ein wörtliches Verständnis völlig absurd wäre.<br />
Bei manchen Schilderungen in der Offenbarung<br />
bin ich mir nicht sicher, ob sie wörtlich oder symbolisch<br />
zu verstehen sind. Das gilt auch für das<br />
„Buch des Lebens“ – aber dies ist, wie gesagt, hier<br />
nicht so wichtig.<br />
Unstrittig ist meines Erachtens, dass die Offenbarung<br />
an zahlreiche Themen <strong>und</strong> Aussagen des Alten<br />
Testaments anknüpft <strong>und</strong> ohne Kenntnis dieser<br />
Texte nur schwer zu verstehen ist. Darum scheint<br />
es mir sachgerecht, auch beim „Buch des Lebens“<br />
nachzuschauen, was im Alten Testament – <strong>und</strong><br />
im übrigen Neuen Testament – dazu gesagt wird.<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibelstudium<br />
18<br />
1. BUCH (DES LEBENS) IM ALTEN<br />
TESTAMENT<br />
Die chronologisch erste Erwähnung eines<br />
Buches, in das ein Mensch irgendwie eingeschrieben<br />
ist, findet sich bei Mose:<br />
„Darauf kehrte Mose zum Herrn zurück <strong>und</strong> sagte:<br />
Ach, dieses Volk hat eine große Sünde begangen,<br />
<strong>und</strong> sie haben sich Götter aus Gold gemacht. Und<br />
nun, wenn du ihre Sünde vergeben wolltest! Wenn<br />
aber nicht, so lösche mich doch aus deinem Buch,<br />
das du geschrieben hast. Und der Herr sprach zu<br />
Mose: Wer gegen mich gesündigt hat, den werde ich<br />
aus meinem Buch auslöschen“ (2Mo 32,31.33).<br />
Hier ist nicht vom „Buch des Lebens“ die Rede,<br />
sondern von „meinem Buch“ (also Gottes Buch).<br />
Darin stehen nach diesem Text Namen von<br />
Menschen, die jedoch von Gott ausgelöscht<br />
werden können, wenn sie gegen Gott sündigen.<br />
Das Auslöschen (des Namens) Moses, der<br />
nicht gegen Gott gesündigt hatte, lehnt Gott<br />
hier (indirekt ausgedrückt) ab.<br />
Einen ähnlichen Gedanken formuliert David:<br />
„Denn den du geschlagen hast, haben sie verfolgt,<br />
<strong>und</strong> vom Schmerz deiner Verw<strong>und</strong>eten erzählen<br />
sie. Füge Ungerechtigkeit zu ihrer Ungerechtigkeit,<br />
<strong>und</strong> zu deiner Gerechtigkeit lass sie nicht<br />
<strong>komm</strong>en! Lass sie aus dem Buch des Lebens ausgelöscht<br />
<strong>und</strong> nicht mit den Gerechten eingeschrieben<br />
werden!“ (Ps 69,27–29).<br />
Auch hier ist die Aussage, dass schuldige Menschen<br />
ausgelöscht <strong>und</strong> Gerechte eingeschrieben<br />
werden. Das Buch, in dem dies geschieht,<br />
wird als „Buch des Lebens“ bezeichnet. (Die<br />
Septuaginta übersetzt dies begrifflich mit ähnlichen<br />
Worten, wie sie im Neuen Testament für<br />
„Buch des Lebens“ benutzt werden.) In einem<br />
anderen Psalm schreibt David:<br />
„Ich preise dich dafür, dass ich auf eine erstaunliche,<br />
ausgezeichnete Weise gemacht bin. W<strong>und</strong>erbar<br />
sind deine Werke, <strong>und</strong> meine Seele weiß es<br />
sehr wohl. Mein Gebein war nicht vor dir verborgen,<br />
als ich gemacht wurde im Geheimen, gewirkt<br />
wie ein Stückwerk in den untersten Örtern der<br />
Erde. Meinen Keim sahen deine Augen, <strong>und</strong> in dein<br />
Buch waren sie alle eingeschrieben, die Tage, die<br />
entworfen wurden, als nicht einer von ihnen war“<br />
(Ps 139,14–16).<br />
Die Übersetzung dieser Verse ist wohl schwierig;<br />
es gibt einige verschiedene Übersetzungsversionen.<br />
Unabhängig davon, was genau in dieses<br />
Buch eingeschrieben ist, scheint mir jedoch<br />
die Aussage dieser Verse zu sein, dass diese Einschreibung<br />
schon vor Geburt des Menschen erfolgte.<br />
Das Buch wird hier als „dein Buch“, also<br />
Gottes Buch (vgl. 2Mo 32,33) bezeichnet (mir<br />
ist derzeit keine weitere Stelle in der Bibel bekannt,<br />
wo von „mein“ bzw. „dein Buch“ bezogen<br />
auf Gott die Rede ist). Eine Differenzierung<br />
zwischen verschiedenen Menschen – zum Beispiel<br />
„Gottlose“ <strong>und</strong> „Gerechte“ – ist aus diesem<br />
Text nicht zu entnehmen, es sei denn, man versteht<br />
diese Aussage als Glaubensgewissheit<br />
Davids, die nur ihm <strong>und</strong> gegebenenfalls anderen<br />
„gerechten“ Menschen gilt. Ob man zu dieser<br />
Auslegung neigt, wird von anderen, gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Sichtweisen bestimmt (<strong>sieh</strong>e später);<br />
man sollte sich jedoch bewusst sein, dass man<br />
damit in diesen Text vielleicht mehr hineinlegt,<br />
als tatsächlich ausgesagt wird. Genauso muss<br />
man allerdings einräumen, dass die Verbindung<br />
dieses Textes mit dem „Buch des Lebens“ nicht<br />
zwingend ist.<br />
In den Propheten finden sich einige weitere<br />
Texte, die ähnliche Gedanken ausdrücken:<br />
„An jenem Tag wird der Spross des Herrn zur Zierde<br />
<strong>und</strong> zur Herrlichkeit sein <strong>und</strong> die Frucht der<br />
Erde zum Stolz <strong>und</strong> zum Schmuck für die Entronnenen<br />
Israels. Und es wird geschehen, wer in<br />
Zion übrig geblieben <strong>und</strong> wer in Jerusalem übrig<br />
gelassen ist, wird heilig heißen, jeder, der<br />
zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem“<br />
(Jes 4,2.3).<br />
„Und meine Hand wird gegen die Propheten sein,<br />
die Eitles schauen <strong>und</strong> Lüge wahrsagen. Im Rat<br />
meines Volkes sollen sie nicht stehen <strong>und</strong> in das<br />
Buch des Hauses Israel nicht eingeschrieben werden,<br />
<strong>und</strong> in das Land Israel sollen sie nicht <strong>komm</strong>en.<br />
Und ihr werdet wissen, dass ich der Herr,<br />
Herr, bin“ (Hes 13,9).<br />
„Und in jener Zeit wird Michael aufstehen, der<br />
große Fürst, der für die Kinder deines Volkes steht.<br />
Und es wird eine Zeit der Drangsal sein, wie sie<br />
nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht bis<br />
zu jener Zeit. Und in jener Zeit wird dein Volk errettet<br />
werden, jeder, der im Buch geschrieben gef<strong>und</strong>en<br />
wird“ (Dan 12,1).<br />
In diesen Texten wird kein konkretes Buch benannt.<br />
Das Eingeschriebensein wird jedoch immer<br />
mit Rettung verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> das Nichteingeschriebensein<br />
mit Gericht.<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Bibelstudium<br />
In Jesaja 4,3 wird das Aufgeschriebensein<br />
mit der Stadt Jerusalem verb<strong>und</strong>en, in Hesekiel<br />
13,9 mit dem „Haus Israel“, ein Gedanke, der sich<br />
auch in Psalm 87 findet:<br />
„Und von Zion wird gesagt werden: Der <strong>und</strong><br />
der ist darin geboren; <strong>und</strong> der Höchste, er wird<br />
es befestigen. Der Herr wird beim Verzeichnen<br />
der Völker schreiben: Dieser ist dort geboren“<br />
(Ps 87,5.6).<br />
Das Eingeschriebensein wird hier sozusagen<br />
mit dem rechtmäßigen (zukünftigen) Bürgerrecht<br />
in Jerusalem beziehungsweise in Israel<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
In einem weiteren Text in Daniel heißt es:<br />
„Ich schaute, bis Throne aufgestellt wurden <strong>und</strong><br />
ein Alter an Tagen sich setzte. Sein Gewand war<br />
weiß wie Schnee <strong>und</strong> das Haar seines Hauptes wie<br />
reine Wolle, sein Thron Feuerflammen, dessen Räder<br />
ein loderndes Feuer. Ein Strom von Feuer floss<br />
<strong>und</strong> ging von ihm aus; tausendmal Tausende<br />
dienten ihm, <strong>und</strong> zehntausendmal Zehntausende<br />
standen vor ihm. Das Gericht setzte sich, <strong>und</strong> Bücher<br />
wurden geöffnet“ (Dan 7,9.10).<br />
Die Beschreibung des Gerichtes, bei dem Bücher<br />
geöffnet werden, hat meines Erachtens deutliche<br />
Parallelen zu Offenbarung 20,11–15.<br />
Zusammenfassend kann man sagen, dass es<br />
im Alten Testament eine Vorstellung gibt von<br />
einem Buch, das Gott gehört. Das Eingeschriebensein<br />
in solch ein Buch bedeutet Rettung,<br />
das Ausgelöschtwerden oder Nichteingeschriebensein<br />
bedeutet Gericht. Wie weitgehend<br />
Mose seine Worte „so lösche mich denn<br />
aus deinem Buch“ gemeint hat, wissen wir<br />
nicht (vgl. aber Paulus in Röm 9,3), aber die<br />
übrigen genannten Stellen weisen darauf hin,<br />
dass es sich beim Auslöschen aus dem Buch,<br />
dem angekündigten Gericht, um mehr als nur<br />
den leiblichen Tod handelt. Ein solches Buch<br />
wird an nur einer Stelle als „Buch des Lebens“<br />
bezeichnet (Ps 69), jedoch erscheint es angemessen,<br />
die übrigen Texte als thematisch verwandt<br />
anzusehen <strong>und</strong> darin nicht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
andere Bücher zu sehen. Eventuell kann<br />
man auch aus Psalm 139 schließen, dass Menschen<br />
schon vor ihrer Geburt irgendwie in dieses<br />
Buch Gottes eingeschrieben sind. Mit dem<br />
Eingeschriebensein verbindet sich in einigen<br />
Texten eine Hoffnung, im zukünftigen Jerusalem<br />
leben zu dürfen, dort sozusagen ein Bürgerrecht<br />
zu haben.<br />
2. BUCH (DES LEBENS) IN DEN EVANGELIEN<br />
UND IN DEN BRIEFEN DES NEUEN TESTA-<br />
MENTS<br />
Von dem Herrn Jesus wird zwar in keinem Evangelium<br />
eine Aussage mit den ausdrücklichen<br />
Worten „Buch des Lebens“ überliefert, jedoch<br />
greifen die folgenden Worte entsprechende Gedanken<br />
aus dem Alten Testament auf:<br />
„Doch darüber freut euch nicht, dass euch die<br />
Geister untertan sind; freut euch vielmehr, dass<br />
eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind“<br />
(Lk 10,20).<br />
Der Herr spricht diese Worte ohne weitere Erklärungen.<br />
Seine aus Israel stammenden Zuhörer<br />
konnten dies daher nur im Kontext des Alten<br />
Testament verstanden haben, an den der Herr<br />
meines Erachtens bewusst anknüpft. Das Eingeschriebensein<br />
ist offensichtlich eine überaus<br />
wichtige <strong>und</strong> frohmachende Sache, wichtiger<br />
noch als alle noch so beeindruckenden W<strong>und</strong>ertaten,<br />
die die Jünger mit Gottes Hilfe erlebt<br />
hatten. Der Herr erweitert oder konkretisiert die<br />
Aussagen des Alten Testaments insoweit, als Er<br />
ausdrücklich sagt, dass Menschen mit „Namen“<br />
eingeschrieben sind <strong>und</strong> dass dies „in den Himmeln“<br />
erfolgt.<br />
Der Herr erläutert hier nicht ausdrücklich,<br />
wann wer eingeschrieben wird. Er spricht diese<br />
Worte zu den siebzig Jüngern, die Er zuvor<br />
ausgesandt hatte <strong>und</strong> die nun zurückgekehrt<br />
begeistert von ihren Erlebnissen berichteten.<br />
Die Hörer dieser Worte sind daher wahrscheinlich<br />
weit überwiegend Gläubige, allerdings<br />
mit zumindest der einen Ausnahme des Judas<br />
Iskariot.<br />
Auch in den Briefen des Neuen Testaments<br />
findet sich kein Abschnitt, der das „Buch des<br />
Lebens“ ausführlich erläutert. Es gibt lediglich<br />
zwei Texte, die damit in Verbindung stehen:<br />
„… sondern ihr seid ge<strong>komm</strong>en zum Berg Zion<br />
<strong>und</strong> zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen<br />
Jerusalem; <strong>und</strong> zu Myriaden von Engeln,<br />
der allgemeinen Versammlung; <strong>und</strong> zu der Versammlung<br />
der Erstgeborenen, die in den Himmeln<br />
angeschrieben sind; <strong>und</strong> zu Gott, dem Richter aller;<br />
<strong>und</strong> zu den Geistern der vollendeten Gerechten;<br />
<strong>und</strong> zu Jesus, dem Mittler eines neuen B<strong>und</strong>es;<br />
<strong>und</strong> zu dem Blut der Besprengung, das besser redet<br />
als Abel“ (Heb 12,22–24).<br />
Die Formulierung „in den Himmeln angeschrieben“<br />
ist sehr ähnlich den Worten des Herrn in<br />
19<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
20<br />
Bibel<br />
Studium / Zum<br />
Nachdenken<br />
Lukas 10. Neben dem bereits dort Genannten<br />
gibt dieser Text zusätzlich noch eine Gegenüberstellung<br />
des (nicht ausdrücklich genannten)<br />
irdischen <strong>und</strong> himmlischen Jerusalem.<br />
Die Gläubigen des Neuen Testaments sind Bürger<br />
des „himmlischen Jerusalem“, ihre Namen<br />
sind „in den Himmeln“ eingeschrieben. Dies ist<br />
meines Erachtens eine deutliche Anspielung<br />
auf die Vorstellungen des Alten Testaments,<br />
wonach das Eingeschriebensein in Gottes Buch<br />
unter anderem mit dem Recht, im zukünftigen<br />
(irdischen) Jerusalem leben zu dürfen, verb<strong>und</strong>en<br />
wird.<br />
Im zweiten Text der Briefe des Neuen Testaments<br />
wird das „Buch des Lebens“ ausdrücklich<br />
genannt:<br />
„Ja, ich bitte auch dich, mein treuer Mitknecht,<br />
steh ihnen bei, die in dem Evangelium mit mir gekämpft<br />
haben, auch mit Clemens <strong>und</strong> meinen übrigen<br />
Mitarbeitern, deren Namen im Buch des Lebens<br />
sind“ (Phil 4,3).<br />
Diese Zusage des Paulus gilt offensichtlich<br />
gläubigen Menschen. In Übereinstimmung<br />
mit dem Herrn Jesus sagt er ausdrücklich, dass<br />
„Namen“ im Buch des Lebens stehen. Auch<br />
Paulus erklärt nicht, was dieses „Buch des Lebens“<br />
nun ist, aber seine Zusage an die Mitarbeiter<br />
steht im näheren Umfeld zu folgenden<br />
zwei Aussagen:<br />
„Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von<br />
woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland<br />
erwarten“ (Phil 3,20).<br />
„Freut euch im Herrn allezeit! Wiederum will ich<br />
sagen: Freut euch!“ (Phil 4,4).<br />
In dem vorhergehenden Abschnitt erläutert<br />
Paulus, dass das Bürgertum der Christen – im<br />
Gegensatz zu Menschen, die nur im Irdischen<br />
leben – in den Himmeln ist (vgl. Heb 12,22–24).<br />
Direkt im Anschluss an die Zusage erwähnt er<br />
die Freude im Herrn (vgl. Lk 10,20).<br />
Zusammenfassend kann man sagen, dass<br />
in den Evangelien <strong>und</strong> in den Briefen des Neuen<br />
Testaments keine ausdrückliche Lehre über<br />
das Buch des Lebens entfaltet wird. Es gibt einige<br />
wenige Texte, die diesen Begriff beziehungsweise<br />
ein Eingeschriebensein in den Himmeln<br />
aufgreifen. Sie knüpfen zu diesem Thema bewusst<br />
an Vorstellungen aus dem Alten Testament<br />
an, erweitern diese geringfügig <strong>und</strong> kontrastieren<br />
sie insbesondere ganz klar im Hinblick<br />
auf eine himmlische Hoffnung, die für die<br />
Gläubigen des Neuen Testaments mit dem Eingeschriebensein<br />
verb<strong>und</strong>en ist. In den Evangelien<br />
<strong>und</strong> Briefen des Neuen Testaments gibt es<br />
keine Aussage über ein Ausgelöschtwerden aus<br />
diesem Buch. Die drei Texte, die das Thema betreffen,<br />
richten sich ausschließlich oder zumindest<br />
überwiegend an gläubige Menschen.<br />
Fortsetzung folgt<br />
Rainer Imming<br />
DAS GEWICHT DER SÜNDE<br />
Ich bin aus dem Nahen Osten, <strong>und</strong> ich genieße<br />
es immer, Gespräche mit Fre<strong>und</strong>en aus diesem<br />
Teil der Welt zu führen. Einmal sagte ich zu ihnen:<br />
„Wisst ihr, dass die meisten Menschen glauben,<br />
dass Gott beim Endgericht ihre guten Taten<br />
auf die eine Seite der Waagschale legt <strong>und</strong><br />
ihre bösen Taten auf die andere Seite? Und<br />
dass Er auf diese Weise ihr ewiges Schicksal bestimmt,<br />
nämlich ob sie in den Himmel <strong>komm</strong>en<br />
oder in die Hölle?“<br />
Sie antworteten daraufhin: „Ja, denkst du,<br />
dass das nicht stimmt?“<br />
Ich zögerte einen Augenblick <strong>und</strong> sagte dann:<br />
„Da die meisten Menschen das glauben, habe<br />
ich ernstlich darüber nachgedacht. Was habe ich<br />
davon, wenn ich die ganze Welt gewinne, aber<br />
schließlich meine Seele verliere? Doch je mehr<br />
ich darüber nachgedacht habe, umso mehr<br />
Schwierigkeiten hatte mit dieser Vorstellung.“<br />
„Was meinst du damit?“, fragten sie.<br />
„Nun, wenn Gott meine Sünden auf die Waage<br />
legt, würde ich gern wissen, wie viel jede Sünde<br />
wiegt. Ihr nicht? Ich würde gerne wissen, wie viel<br />
jede Lüge <strong>und</strong> wie viel jeder böse Gedanken wiegt,<br />
<strong>und</strong> auch, wie viel der Stolz wiegt. Ja, wie viel wiegen<br />
alle meine Sünden in den Augen eines heili-<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Zum<br />
Nachdenken<br />
gen Gottes, der Sünde hasst? Doch das ist noch<br />
nicht alles. Ich frage mich auch, wie viel meine guten<br />
Taten wiegen, da sie doch häufig mangelhaft<br />
sind <strong>und</strong> oft von Stolz verdorben <strong>und</strong> von dem<br />
Wunsch, von Menschen gelobt zu werden.“<br />
Meine Fre<strong>und</strong>e schwiegen. Dann sagte einer<br />
von ihnen: „Unsere einzige Hoffnung ist die<br />
Barmherzigkeit <strong>und</strong> Gnade Gottes.“<br />
„Das ist wahr“, stimmte ich zu, „<strong>und</strong> Gott sei<br />
Dank, Er ist barmherzig <strong>und</strong> gnädig, aber seine<br />
Gnade kann nicht auf Kosten seiner Heiligkeit<br />
<strong>und</strong> Gerechtigkeit gehen.“<br />
Eine der Fre<strong>und</strong>e fragte dann: „Ich weiß, dass<br />
Gott alles tun kann, doch bitte erkläre mir, wie<br />
kann Er Gerechtigkeit <strong>und</strong> zugleich Barmherzigkeit<br />
üben?“<br />
Ich antwortete: „Bei Menschen ist das unmöglich.<br />
Wenn der Richter einen Kriminellen für sein<br />
kriminelles Verbrechen nicht bestraft, mag das<br />
barmherzig erscheinen, doch es ist nicht gerecht.<br />
Wenn er andererseits völlige Gerechtigkeit ausführt,<br />
kann Er keine völlige Barmherzigkeit üben.<br />
Doch Gott kann voll<strong>komm</strong>ene Gnade erweisen<br />
<strong>und</strong> zugleich voll<strong>komm</strong>en gerecht sein!“<br />
„Wie?“, fragten sie erstaunt. Dann nannte ich<br />
ihnen ein anderes Beispiel: „Angenommen, die<br />
gerechte Strafe für meine Sünde besteht in der<br />
Zahlung einer großen Geldsumme oder einer<br />
Freiheitsstrafe, <strong>und</strong> nun bezahlt der Richter die<br />
Summe selbst. Wäre er dann nicht barmherzig<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig gerecht?“<br />
„Ja, er wäre durchaus barmherzig, gerecht <strong>und</strong><br />
gnädig, <strong>und</strong> all das gleichzeitig“, waren sich alle<br />
einig.<br />
Meine Fre<strong>und</strong>e wollten gern wissen, wie<br />
Gott dasselbe für den Menschen tun kann.<br />
Meine Fre<strong>und</strong>e sind sehr aufrichtige Menschen<br />
– so wie Menschen aus dem Orient, die<br />
über solche Themen sprechen, es oft sind –,<br />
doch diese Unterhaltung machte ihnen bewusst,<br />
dass es gefährlich ist, ihr Vertrauen<br />
auf ihre guten Taten zu setzen. Sie hatten nie<br />
abgestritten, dass sie Sünder sind, doch nun<br />
wollten sie wissen, wie sie denn gerettet werden<br />
könnten.<br />
Die Bibel sagt: „Und ebenso, wie den Menschen<br />
gesetzt ist, einmal zu sterben, danach<br />
aber das Gericht …“ (Hebräer 9,27). Ich erklärte<br />
ihnen, dass die Strafe für die Sünde der ewige<br />
Tod ist, nicht nur der physische Tod. Wie konnte<br />
Gott also diese Strafe für uns tragen? Indem<br />
Er Mensch wurde. Das ist genau das, was<br />
Christus tat.<br />
Die Bibel sagt uns auch, dass Gott die Menschen<br />
so sehr liebt, dass Er Christus sandte, um<br />
für uns zu sterben. Christus starb freiwillig für<br />
uns, so dass jeder, der an Ihn glaubt, nicht verlorengeht,<br />
sondern ewiges Leben hat. Über<br />
Christus sagt die Bibel: „Diesem geben alle Propheten<br />
Zeugnis, dass jeder, der an ihn glaubt,<br />
Vergebung der Sünden empfängt durch seinen<br />
Namen (Apg 10,<strong>43</strong>).<br />
Rafique, Aus Grace & Truth<br />
21
Rezension<br />
WIE KÖNNEN WIR DENN LEBEN?<br />
AUFSTIEG UND NIEDERGANG<br />
DER WESTLICHEN KULTUR<br />
22<br />
Francis Schaeffer (1912–1984) war in der zweiten<br />
Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts einer der einflussreichsten<br />
Christen. Sein Hauptschwerpunkt war die Apologetik.<br />
1955 gründete er in der Schweiz die Gemeinschaft<br />
L’Abri, ein internationales christliches Studienzentrum<br />
zur Kulturanalyse der modernen<br />
Zeit. Es richtete sich an Studenten <strong>und</strong> solche,<br />
die eine Antwort auf die letzten Fragen<br />
der Menschheit suchten. Später entstanden<br />
noch Zweiginstitute in anderen<br />
Ländern.<br />
Entscheidenden Einfluss<br />
übte Schaeffer durch seine<br />
Schriften aus. Seine<br />
Bücher wurden weltweit<br />
in über 3 Millionen Exemplaren<br />
verbreitet. Den<br />
Zerfall der westlichen<br />
Welt führte er auf die Ablehnung<br />
der biblischen<br />
175.937<br />
Welt- <strong>und</strong> Menschensicht<br />
Francis Schaeffer<br />
Wie können wir denn leben?<br />
seit der Aufklärung zurück.<br />
Die Absolutsetzung<br />
Aufstieg <strong>und</strong> Niedergang der<br />
westlichen Kultur<br />
der autonomen Vernunft<br />
Paperback<br />
238 Seiten<br />
habe die moderne säkularisierte<br />
Kultur hervor-<br />
Oerlinghausen (Betanien Verlag) 2014<br />
€ 13,90<br />
gebracht. Auch in anderen<br />
Werken wies er immer<br />
wieder auf die Konsequenzen<br />
der Ablehnung absoluter Werte<br />
hin. Den Ausweg aus dem kulturellen Dilemma<br />
der Neuzeit sah Schaeffer allein in einer<br />
Hinwendung zur irrtumslosen Bibel <strong>und</strong> im<br />
öffentlichen Protest gegen das Böse in der<br />
Gesellschaft. Die Evangelikalen warnte er in<br />
seinem Vermächtnis (1988) vor einer Anpassung<br />
an den Zeitgeist.<br />
Das hier zu besprechende Buch erlebte<br />
von 1977 bis 2000 fünf Auflagen in deutscher<br />
Sprache. Im Vorwort der amerikanischen<br />
Ausgabe von 2005 schreibt Lane T.<br />
Dennis, Verlagsleiter bei Crossway Books:<br />
„Schaeffer war ein Mann mit einem tiefen Anliegen<br />
für Menschen <strong>und</strong> für ihre Suche nach<br />
Wahrheit, Sinn <strong>und</strong> Schönheit des Lebens.<br />
Wenn sich ein roter Faden durch alle 24 Bücher<br />
zieht, die Schaeffer veröffentlichte, dann<br />
dieses: Es gibt eine ‚absolute Wahrheit‘; sie ist<br />
in der Bibel offenbart, <strong>und</strong> zwar durch den<br />
wahren Gott, der ‚keine Illusion‘ ist. Was wir<br />
mit dieser Wahrheit anfangen, hat weitreichende<br />
Konsequenzen auf jeden Bereich unseres<br />
Lebens <strong>und</strong> unserer Gesellschaft. Dieses<br />
Buch Wie können wir denn leben? war Schaeffers<br />
19. Buch <strong>und</strong> gehört eindeutig zu seinen<br />
wichtigsten. Es ist eine Frucht aus Schaeffers<br />
lebenslangem Studium des westlichen Denkens,<br />
der abendländischen Geistes- <strong>und</strong> Kulturgeschichte<br />
im Licht biblischer Wahrheit<br />
<strong>und</strong> christlicher Weltanschauung … Schaeffers<br />
These lautet: Wenn wir erkennen wollen,<br />
wie wir denn heute leben können <strong>und</strong> sollen<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Rezension<br />
(diese Frage stellten sich die Israeliten in<br />
Hesekiel 33,10 angesichts ihrer sündigen<br />
Vergangenheit), dann müssen wir zunächst<br />
verstehen, welche kulturellen <strong>und</strong> intellektuellen<br />
Kräfte uns im Verlauf der Geschichte<br />
dahin gebracht haben, wo wir heute sind<br />
… Wie können wir denn leben? bietet denjenigen<br />
Lesern, die Schaeffer noch nicht kennen,<br />
eine Gesamtschau seiner besten Ansichten<br />
in die biblische Wahrheit <strong>und</strong> deren<br />
Bedeutung für die gesamte Kultur <strong>und</strong><br />
den Lauf der Menschheitsgeschichte. Somit<br />
bietet dieses Buch eine ideale Einführung<br />
in Schaeffers Denken <strong>und</strong> Werke.“<br />
304.595<br />
Ger de Koning<br />
Das Buch der<br />
Offenbarung<br />
Klappenbroschur<br />
288 Seiten<br />
Daniel-Verlag<br />
€ 9,95<br />
Schaeffer beginnt seine Analyse mit dem Römischen<br />
Reich, wobei er aber auch auf griechische<br />
Traditionen zu sprechen <strong>komm</strong>t. Es<br />
folgt ein chronologischer Durchgang durch<br />
die zentralen Aspekte der Geistesgeschichte:<br />
Mittelalter, Renaissance, Reformation,<br />
Aufklärung. Danach <strong>komm</strong>en Themen aus<br />
der Moderne wie Wissenschaft, Philosophie,<br />
Theologie, Kunst, Musik, Literatur, Film <strong>und</strong><br />
zum Schluss aktuelle Themen bis zu den<br />
1970er Jahren. Schaeffer stellt heraus, dass<br />
die „modernen Menschen“ durch den zerstörerischen<br />
Einfluss der nachchristlichen<br />
Kultur jeder Gr<strong>und</strong>lage für Wahrheit, Werte,<br />
Sinn <strong>und</strong> Hoffnung beraubt worden sind <strong>und</strong><br />
stattdessen zwei „kümmerliche Werte“ geblieben<br />
sind: „persönlicher Friede <strong>und</strong> Wohlstand<br />
… ohne Rücksicht auf die möglichen<br />
Folgen für Kinder <strong>und</strong> Enkelkinder“.<br />
Wer meint, dieses Buch sei nicht mehr aktuell,<br />
weil es die Entwicklungen seit den<br />
1970er Jahren nicht mehr behandelt, hat unrecht,<br />
da die Gr<strong>und</strong>themen <strong>und</strong> ihre Problematik<br />
dieselben geblieben sind <strong>und</strong> es ohnehin<br />
mehr um größere Zusammenhänge<br />
geht als um Einzelphänomene. Auch wenn<br />
man nicht mit allen Deutungen, Prognosen<br />
oder Meinungen Schaeffers übereinstimmen<br />
mag, kann man für diese überarbeitete Neuauflage<br />
doch dankbar sein <strong>und</strong> sie allen an<br />
diesen Themenbereichen Interessierten sehr<br />
empfehlen, besonders aber Schülern der<br />
Oberstufe <strong>und</strong> Studenten.<br />
P.S.: In meinem Taschenbuch Christentum<br />
<strong>und</strong> Gesellschaft. Wovon wird unser Denken<br />
beeinflusst? habe ich versucht, die oben aufgezeigten<br />
Hauptlinien kurz zusammenzufassen.<br />
Es kann auf www.jochenklein.de abgerufen<br />
werden.<br />
Jochen Klein<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016<br />
304.519<br />
Ger de Koning<br />
Der Brief<br />
an die Hebräer<br />
Klappenbroschur<br />
196 Seiten<br />
Daniel-Verlag<br />
€ 8,95<br />
304.589<br />
Werner Mücher<br />
Die Zeit<br />
des Endes<br />
Taschenbuch<br />
96 Seiten<br />
Daniel-Verlag<br />
€ 2,90<br />
304.576<br />
Mark Cahill<br />
Was Du<br />
im Himmel<br />
nicht mehr<br />
tun kannst<br />
Paperback<br />
224 Seiten<br />
Daniel-Verlag<br />
€ 7,95<br />
23
Rezension<br />
DAS BUCH DER MITTE.<br />
WIE WIR WURDEN, WAS WIR SIND:<br />
DIE BIBEL ALS HERZSTÜCK DER<br />
WESTLICHEN KULTUR<br />
24<br />
Irgendetwas Zentrales fehlt in Europa. Dies<br />
dürfte mittlerweile von vielen bestätigt werden.<br />
Und immer mehr Menschen merken, dass<br />
das Gerede von Aufklärung, Toleranz <strong>und</strong> Freiheit<br />
oft nur so lange interessant ist, wie es das<br />
eigene Wohlleben oder die<br />
eigene Position sichert. So<br />
findet man auch öfter Zeitungs<strong>komm</strong>entare<br />
wie diesen:<br />
„Dass ein solches Europa<br />
keine Zukunft hat, ist<br />
klar. Es muss umgebaut<br />
werden oder es wird eher<br />
früher als später auseinanderbrechen.“<br />
Über dieses<br />
Zentrale <strong>und</strong> auch über das<br />
Auseinanderbrechen kann<br />
man in dem oben genannten<br />
Buch von Vishal Mangalwadi<br />
einiges lernen.<br />
Mangalwadi wurde 1949<br />
in Indien geboren, wo er<br />
zunächst auch Philosophie<br />
studierte. Danach setzte er<br />
seine Studien in hinduistischen<br />
Ashrams <strong>und</strong> bei der<br />
ISBN 978-3-03848-004-4<br />
L’Abri-Fellowship von Francis<br />
Schaeffer in der Schweiz<br />
Vishal Mangalwadi<br />
Das Buch der Mitte. Wie wir wurden,<br />
was wir sind: Die Bibel als Herzstück fort. 1976 gründete er eine<br />
der westlichen Kultur<br />
gemeinnützige Organisation,<br />
um den Armen <strong>und</strong> der<br />
Paperback<br />
608 Seiten<br />
Basel (Brunnen) 2014<br />
Landbevölkerung niederer<br />
€ 21,99<br />
Kasten in Zentralindien zu<br />
helfen. Da dies dem Kastensystem<br />
<strong>und</strong> der feudalen Gesellschaftsordnung<br />
entgegenstand, stieß seine Arbeit auf heftigen<br />
Widerstand. Nahe Verwandte wurden ermordet,<br />
er selbst saß im Gefängnis <strong>und</strong> die Organisationszentrale<br />
wurde niedergebrannt.<br />
In diesen Zusammenhängen schrieb er mehrere<br />
Bücher <strong>und</strong> setzte sich dafür ein, dass sich<br />
die gesellschaftlich-politische Stellung der Armen<br />
in Indien verbesserte. Seit 1996 hält er<br />
weltweit – bisher in über 40 Ländern – Vorträge.<br />
Von 1999 bis 2000 verbrachte er mit seiner<br />
Frau viel Zeit in der Bibliothek der Universität<br />
Cambridge in England, um die Rolle der Bibel<br />
beim Aufstieg der westlichen Kultur zu erforschen.<br />
2011 veröffentlichte er dann das Werk<br />
The Book That Made Your World: How the Bible<br />
Created the Soul of Western Civilization. Es<br />
erschien 2014 auf Deutsch unter dem Titel Das<br />
Buch der Mitte. Wie wir wurden, was wir sind:<br />
Die Bibel als Herzstück der westlichen Kultur.<br />
In diesem Buch wirft Mangalwadi einen kritischen<br />
Blick auf den heutigen Westen <strong>und</strong> auf<br />
sein Heimatland Indien. Dem Westen wirft er<br />
anhand von Beispielen vor, dass er die Bibel<br />
als Offenbarung Gottes nicht mehr ernst nehme<br />
<strong>und</strong> damit sein eigenes F<strong>und</strong>ament zerstöre<br />
<strong>und</strong> seine Seele verliere. Im Vorwort schreibt<br />
J. Stanley Mattson: „Auf der anderen Seite verlieh<br />
ihm das Studium der Weltgeschichte eine<br />
neue Hoffnung, die auf den Seiten dieses außergewöhnlichen<br />
Buches mitschwingt. Mangalwadi<br />
kann man sicher als einen Intellektuellen<br />
des Ostens bezeichnen. Er verfügt über eine<br />
tiefe Kenntnis der ganzen Bandbreite östlichen<br />
Gedankengutes <strong>und</strong> östlicher Kultur, profitiert<br />
aber auch von der umfassenden Darlegung der<br />
intellektuellen <strong>und</strong> geistlichen Traditionen <strong>und</strong><br />
Institutionen des Westens. Durch seinen Zugang<br />
zum östlichen wie zum westlichen Denken<br />
erhielt er einen ausgezeichneten Einblick in<br />
das Denken <strong>und</strong> das Wesen der westlichen Kultur.<br />
Dies wiederum befähigt ihn, sich mit prägnanter<br />
Klarheit <strong>und</strong> prophetischem Mut zur Krise<br />
unserer Zeit zu äußern.“<br />
Mangalwadi beginnt im Prolog damit, diese<br />
„Reise in die Seele der modernen Welt“ zu<br />
begründen. Er schreibt dort zum Beispiel: „Die<br />
Menschen der Postmoderne sehen meist wenig<br />
Sinn darin, Bücher zu lesen, die nicht direkt<br />
ihrer Karriere oder ihrem Vergnügen dienen.<br />
Dies ist ein logisches Resultat des Atheismus,<br />
der verstanden hat, dass der menschliche Geist<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
304.599<br />
Werner Mücher<br />
Der Prophet<br />
Daniel<br />
geb<strong>und</strong>en<br />
320 Seiten<br />
Daniel-Verlag<br />
€ 14,95<br />
304.592<br />
Hans-Joachim Kuhley<br />
Der Prophet<br />
Jeremia<br />
geb<strong>und</strong>en<br />
durchg. vierfarbig<br />
544 Seiten<br />
Daniel-Verlag<br />
€ 19,95<br />
256.331<br />
C. H. Spurgeon<br />
Es steht<br />
geschrieben<br />
geb<strong>und</strong>en<br />
144 Seiten<br />
CLV<br />
€ 3,90<br />
von sich aus unmöglich wissen kann, was richtig<br />
<strong>und</strong> wahr ist.“<br />
Das Buch besteht aus 7 Hauptteilen <strong>und</strong> 20<br />
Kapiteln. Die Teile sind folgendermaßen überschrieben:<br />
I. Die Seele der westlichen Zivilisation;<br />
II. Eine persönliche Pilgerreise; III. Der Same<br />
der westlichen Zivilisation; IV. Die Revolution<br />
des Jahrtausends; V. Die intellektuelle Revolution;<br />
VI. Was brachte den Westen an die Spitze?<br />
<strong>und</strong> VII. Die Moderne erobert die Welt. Zentrale<br />
Themen darin sind: Die Hoffnungslosigkeit des<br />
Westens; die persönliche Begegnung des Autors<br />
mit der Bibel <strong>und</strong> die Konsequenzen; Identität<br />
des Menschen; Mitmenschlichkeit, Vernunft,<br />
Kultur, Geschichte, Wahrheitsansprüche<br />
anderer Weltanschauungen; Technik, Bildung,<br />
Ethik, Werte, Familie, Reichtum, Freiheit, Mission<br />
<strong>und</strong> Zukunft.<br />
Der Haupttext endet auf Seite 530, dann<br />
folgt ein 20-seitiges Nachwort. Die Anmerkungen<br />
nehmen 30 Seiten ein <strong>und</strong> das Register 17<br />
Seiten.<br />
Warum sollte man dieses Buch lesen? Schon<br />
in der Schule wird den Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
heute ein Geschichtsbild vermittelt, das<br />
der Bibel zum Teil widerspricht oder Ereignisse<br />
einseitig atheistisch-rationalistisch-modernistisch<br />
deutet. Ähnliches gilt für die Universitäten<br />
<strong>und</strong> auch für die Medien. Dies zu durchschauen,<br />
ist von geradezu existenzieller Wichtigkeit,<br />
da sonst die Gefahr besteht, durch säkulare<br />
Weltbilder dem christlichen Glauben gegenüber<br />
negativ geprägt zu werden oder sich davon<br />
zu entfernen, weil man meint, die säkularen<br />
Deutungen seien den christlichen überlegen.<br />
Weiterhin liefert das Buch zentrale Einblicke in<br />
wesentliche Aspekte des (westlichen) Denkens<br />
<strong>und</strong> auch in die Bedeutung der Bibel dafür. Freilich:<br />
Die Verbindung von nationalstaatlichen<br />
<strong>und</strong> demokratischen Ideen <strong>und</strong> auch das Aufheben<br />
der Klassenunterschiede mit der Bibel<br />
halte ich in der vorgestellten Dimension nicht<br />
für zwangsläufig; auch könnten die Ansprüche<br />
Gottes in Relation zu den menschlichen Bedürfnissen<br />
etwas mehr betont werden. Und schließlich<br />
wäre ein klareres Wort zum Thema Evolution<br />
wünschenswert gewesen.<br />
Der Autor verbindet in diesem Buch Erzählung<br />
(auch aus seinem eigenen Leben) <strong>und</strong><br />
praktische Beispiele mit eher theoretischen Reflexionen.<br />
Daher ist es recht leicht zu lesen. Ein<br />
Vorzug ist auch, dass er öfter die Außenperspektive<br />
eines Inders einnimmt; erst durch die Bezüge<br />
zur dortigen Kultur werden die Vorzüge, aber<br />
auch die aktuellen Probleme der westlichen Kultur<br />
deutlich. Mangalwadis starke Verwurzelung<br />
in der Realität verhindert ein abgehobenes Theoretisieren.<br />
Voraussetzung für die Lektüre ist<br />
aber selbstverständlich ein Interesse an solchen<br />
Themen – auch an etwas theoretischeren Fragen<br />
– <strong>und</strong> eine gewisse Kenntnis der Geschichte.<br />
Der Text ist sehr gut gegliedert <strong>und</strong> übersichtlich<br />
gestaltet. Dies erleichtert sowohl die<br />
Orientierung als auch die Lesbarkeit. Die Kapitel<br />
sind so konzipiert, dass sie auch ohne Kenntnis<br />
des Kontextes gut verständlich sind. Die Sprache<br />
ist für dieses Thema recht konkret <strong>und</strong> anschaulich.<br />
Einen Eindruck kann man sich auf der<br />
Verlagswebsite verschaffen, wo die ersten 42<br />
Seiten als Leseprobe eingesehen werden können,<br />
oder auch auf YouTube, wo einige Vorträge<br />
von Mangalwadi zu diesem Thema eingestellt<br />
sind.<br />
Ranald Macaulay schreibt über das Buch:<br />
„Seit dem Buch von Francis Schaeffer Wie können<br />
wir denn leben? 4 wurde uns keine solch<br />
übersichtliche <strong>und</strong> weitreichende Entfaltung<br />
der Probleme unseres globalen Gemeinwesens<br />
mehr nahegebracht.“ Und Art Lindsey meint:<br />
„Wenn wir es versäumen, hinzuhören, <strong>und</strong> es<br />
uns nicht gelingt, der Bibel im persönlichen<br />
wie im öffentlichen Leben wieder einen wichtigen<br />
Platz einzuräumen, dann könnte die Sonne<br />
über dem Westen untergehen.“ – Dem bleibt<br />
nichts mehr hinzuzufügen.<br />
4<br />
Vgl. die Rezension auf www.jochenklein.de.<br />
Jochen Klein<br />
25<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
Schöpfungs-<br />
Andacht<br />
DER STRAUSS<br />
Fröhlich schwingt sich der Flügel der Straußhenne: Ist es des Storches Fittich<br />
<strong>und</strong> Gefieder? Denn sie überlässt ihre Eier der Erde <strong>und</strong> erwärmt sie auf dem<br />
Staub; <strong>und</strong> sie vergisst, dass ein Fuß sie zerdrücken <strong>und</strong> das Getier des Feldes<br />
sie zertreten kann. Sie behandelt ihre Kinder hart, als gehörten sie ihr nicht;<br />
ihre Mühe ist umsonst, es kümmert sie nicht. Denn Gott ließ sie die Weisheit<br />
vergessen, <strong>und</strong> keinen Verstand teilte er ihr zu. Zur Zeit, wenn sie sich in die<br />
Höhe peitscht, lacht sie über das Pferd <strong>und</strong> seinen Reiter (Hi 39,13–18).<br />
26<br />
In seiner großartigen Schöpfungsrede (Hiob<br />
38–41) stellt Gott unter anderem die Strauße,<br />
insbesondere die Straußenhenne vor. Er beschreibt<br />
sie als Geschöpfe, die seine besondere<br />
Fürsorge brauchen. Er sind die größten heute<br />
lebenden Vögel. Mit ihrem Gewicht von bis zu<br />
135 Kilogramm sind sie zu schwer zum Fliegen,<br />
<strong>und</strong> mit ihrer beeindruckenden Höhe von bis<br />
zu 2,50 Meter können sie sich nur schwer verstecken.<br />
Während „des Storches Fittich <strong>und</strong> Gefieder“<br />
diesen als einen perfekten Flieger <strong>und</strong><br />
Langstrecken-Zugvogel ausweisen, haben die<br />
Strauße nur zottelige Stummelflügel. Aber sie<br />
sind darüber nicht bekümmert. Gott hat sie für<br />
ihre Lebensweise gut angepasst.<br />
Der Strauß kann sein Nest nicht auf Bäumen,<br />
Felsen oder anderen schwer zugänglichen Orten<br />
bauen. Die Henne kratzt einfach eine flache<br />
Kuhle von etwa drei Meter Durchmesser in die<br />
Erde, legt ihre Eier hinein <strong>und</strong> brütet sie dort aus.<br />
Wenn die Strauße zum Futtersuchen unterwegs<br />
sind, liegt das Nest relativ schutzlos da. Obwohl<br />
sich das Paar nie sehr weit vom Nest entfernt,<br />
gibt es einige geschickte Räuber, die wissen,<br />
wie man die Strauße austrickst. Bei Wüstenfüchsen,<br />
Schakalen, Hyänen <strong>und</strong> Schmutzgeiern hat<br />
man beobachtet, dass ein Tier die Vögel ablenkt<br />
<strong>und</strong> vom Nest weglockt, während ein anderes<br />
sich über die unbewachten Eier hermacht.<br />
Der Straußenhahn paart sich zunächst mit<br />
seiner Haupthenne <strong>und</strong> dann mit vielen weiteren<br />
Nebenhennen. Alle legen ihre Eier in das<br />
eine Nest (darin liegen dann am Ende bis zu<br />
achtzig Eier). Der Hahn <strong>und</strong> die Haupthenne bebrüten<br />
die Eier abwechselnd. Sie können allerdings<br />
nur etwa zwanzig Eier bedecken, die anderen<br />
bleiben außen vor <strong>und</strong> entwickeln sich<br />
nur, wenn es dauerhaft warm genug ist, was<br />
meistens nicht der Fall ist – „sie behandelt ihre<br />
Kinder hart“. Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen,<br />
dass der eigene Nachwuchs überlebt,<br />
legt die Haupthenne ihre vier bis fünf Eier in die<br />
Mitte des Nestes. Den Räubern fallen deswegen<br />
zuerst die außen liegenden Eier der Nebenhennen<br />
zum Opfer. Straußeneier sind die größten<br />
Eier der Welt. Sie werden fast zwei Kilogramm<br />
schwer <strong>und</strong> ihr Inhalt entspricht etwa vier<strong>und</strong>zwanzig<br />
Hühnereiern. Dieser Leckerbissen ist<br />
für viele hungrige Mäuler so ungemein verlockend,<br />
dass die Nester in den meisten Fällen<br />
vollständig geplündert werden. Nur zehn Prozent<br />
der Gelege werden erfolgreich bebrütet<br />
<strong>und</strong> auch nach dem Schlüpfen sind die Jungtiere<br />
noch sehr schutzbedürftig. Nur etwa fünfzehn<br />
Prozent von ihnen überleben ihr erstes Lebensjahr<br />
– „ihre Mühe ist umsonst“.<br />
Das Verhalten der Strauße lässt wirklich keine<br />
große Intelligenz erkennen. Allerdings kann<br />
den Bericht, dass der Strauß bei Gefahr seinen<br />
Kopf in den Sand steckt, ins Reich der Legende<br />
verwiesen werden. Seitdem man wissenschaftliche<br />
Beobachtungen durchführt <strong>und</strong> dokumentiert,<br />
konnte dieses Verhalten jedenfalls<br />
nicht belegt werden. Darüber, wie es<br />
zu dieser Legende kam, gibt es verschiedenen<br />
Auf- fassungen. Es ist möglich,<br />
dass man bei der Beobachtung<br />
von Straußen auf größere<br />
Distanz durch flirrende Luft über heißem<br />
Steppen- boden einer optischen<br />
Täuschung<br />
erlegen<br />
ist.<br />
Bei diesem<br />
Effekt „verschwindet“<br />
der<br />
Kopf grasender<br />
Strauße für den entfernten<br />
Betrachter optisch.<br />
Wahrscheinlicher ist aber,<br />
dass man sein Ducken falsch<br />
interpretiert hat.<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
„Neue Eltern“<br />
Alleinerziehende<br />
Mütter<br />
Alleinerziehende<br />
Väter<br />
Freie Wohn- <strong>und</strong><br />
Lebensgemeinschaften<br />
„Zusammengesetzte<br />
Lebensformen“<br />
Homosexuelle<br />
Paare mit Kindern<br />
Stief- <strong>und</strong><br />
Fortsetzungs-<br />
Familien<br />
(Patchwork-F.)<br />
Doppelverdiener-<br />
Familie<br />
Wochenend-<br />
Familie<br />
Fr<br />
Sa<br />
So<br />
Traditionelle Familie<br />
Singles<br />
Kinderlose<br />
Partnerschaften<br />
Kinderlose<br />
Ehepaare<br />
Familie mit<br />
Tagesmutter<br />
Modernisierte Familien<br />
Familie mit<br />
Hausmann<br />
Fr<br />
Sa<br />
So<br />
Wochenend-<br />
Beziehung<br />
Schwule <strong>und</strong> lesbische<br />
Partnerschaften<br />
Kinderlose<br />
In der modernen Gesellschaft orientiert sich der Lebensentwurf hauptsächlich an den Bedürfnissen der Eltern,<br />
die Kinder <strong>komm</strong>en dabei häufig zu kurz – wie bei Straußens.<br />
Brütende Strauße legen sich bei nahender<br />
Gefahr manchmal auf den Boden <strong>und</strong> halten<br />
Hals <strong>und</strong> Kopf dabei gerade ausgestreckt.<br />
Aus der Ferne ist der flach am Boden liegende<br />
Hals nicht mehr zu sehen. Dieses Verhalten<br />
ist aber eher untypisch. Normalerweise verhält<br />
die Straußenhenne sich genauso, wie es<br />
in Vers 18 beschrieben wird: „Zur Zeit, wenn<br />
sie sich in die Höhe peitscht, lacht sie über das<br />
Pferd <strong>und</strong> seinen Reiter.“ Es ist gut nachzuvollziehen,<br />
dass keine großen verstandesmäßigen<br />
Leistungen zu erwarten sind. Der kleine Schädel<br />
wird fast vollständig von den zwei riesigen<br />
Augäpfeln ausgefüllt, die mit fünf Zentimeter<br />
Durchmesser die größten aller landlebenden<br />
Tiere sind <strong>und</strong> dem Strauß ein hervorragendes<br />
Sehvermögen verleihen.<br />
Für ein großes Gehirn ist dort kein Platz.<br />
Dafür entdeckt der Strauß jede Bedrohung<br />
schon von weitem. Dort, wo das<br />
Gras höher als einen Meter wächst, ist er<br />
nie anzutreffen, stattdessen sucht er immer<br />
die offene Steppe oder Savanne auf.<br />
Dort schließt er sich gern den Herden von<br />
Zebras <strong>und</strong> Antilopen an. Auf diese Weise<br />
kombiniert er sein gutes Sehvermögen<br />
mit dem ausgeprägten Geruchssinn <strong>und</strong><br />
Gehör der Weidetiere. Ein Raubtier hat es<br />
dann sehr schwer, sich unbemerkt zu nähern.<br />
Und sollte ein berittener Jäger versuchen,<br />
einen Strauß zu fangen, so kann<br />
dieser darüber nur lachen. Mit seinen<br />
muskulösen Beinen kann er ausdauernd<br />
laufen <strong>und</strong> erreicht er Spitzengeschwindigkeiten<br />
von 70 St<strong>und</strong>enkilometer. Damit<br />
ist er so schnell wie die schnellsten<br />
Rennpferde.<br />
Was will Gott Hiob an diesem verschobenen<br />
Tier verdeutlichen? Strauße sind Vögel, aber<br />
sie können nicht fliegen. Ihre Gelege enthalten<br />
eine große Menge riesiger Eier, aber sie<br />
verlieren sie fast immer an irgendwelche Räuber.<br />
Trotzdem sind sie fröhlich <strong>und</strong> lachen! Als<br />
ob sie wüssten, dass bei Gott schon alles seine<br />
Ordnung hat. Zum Ausgleich für die hohen<br />
Brutverluste schenkt Gott den Straußen<br />
ein sehr langes Leben. Sie können über fünfzig<br />
Jahre alt werden <strong>und</strong> haben jedes Jahr einen<br />
neuen Versuch, ihre Jungen durchzubringen.<br />
Hiob war weder dumm noch behandelte er<br />
seine Kinder hart, sondern er war weise, fürsorglich<br />
<strong>und</strong> verantwortungsbewusst. Er betete<br />
<strong>und</strong> opferte für seine Kinder (Hiob 1,5). Trotzdem<br />
verlor er sie alle. Traute er Gott zu, dass<br />
auch das sein Weg sein konnte?<br />
Als Wildtier ist auch die Straußenhenne ein<br />
Bild des Menschen ohne Gott (vgl. 2Pet 2,12;<br />
Jud 10). An ihrem Charakter wird die Dummheit<br />
besonders betont, die sich in ihrem Egoismus<br />
zeigt. Dieser Wesenszug tritt in der heutigen Zeit<br />
immer deutlicher hervor (2Tim 3,2). Viele Eltern<br />
überlassen ihren Nachwuchs schon bald „der<br />
Erde“. Die Erziehung <strong>und</strong> Fürsorge wird zum großen<br />
Teil an Kitas, Kindergärten <strong>und</strong> Tagesmütter<br />
delegiert, um schnell wieder in die Berufstätigkeit<br />
zurückkehren zu können. Im Gegensatz zum<br />
Strauß wurde der Mensch im Bild <strong>und</strong> nach dem<br />
Gleichnis Gottes geschaffen <strong>und</strong> mit Verstand<br />
<strong>und</strong> Weisheit begabt. Er sollte erkennen, was für<br />
eine hohe Aufgabe <strong>und</strong> Verantwortung Gott ihm<br />
überträgt, wenn Er ihm Kinder schenkt. Die Bibel<br />
stellt uns die idealen Eltern, besonders die ideale<br />
Mutter, voll<strong>komm</strong>en anders vor als den Strauß<br />
(1Thes 2,7; Tit 2,4.5).<br />
Alexander vom Stein<br />
27<br />
<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 2/2016
2016<br />
KANU-<br />
FREIZEITEN<br />
2. – 5. August (Mädchen)<br />
9. – 12. August (Jungen)<br />
für Jugendliche ab 14 Jahren<br />
Freizeiten für Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendliche<br />
KINDER-<br />
FREIZEITEN<br />
11. – 18. Juli (II)<br />
18. – 25. Juli (I)<br />
für Kinder von 8–12 Jahren<br />
TFB<br />
TEENAGER-FERIEN-<br />
BIBELSCHULE<br />
26. Juli – 1. August (Mädchen ab 14 Jahren)<br />
2. – 8. August (Jungen ab 14 Jahren)<br />
JUNGEN-<br />
FREIZEIT<br />
15. – 22. August<br />
für Jungen von 12–14 Jahren<br />
FREIZEITEN FÜR ERWACHSENE<br />
EHE-VOR-<br />
BEREITUNGS-<br />
SEMINAR<br />
16. – 18. 0ktober<br />
PÄDAGOGIK-<br />
SEMINAR<br />
6. – 11. April<br />
für Pädagogikstudenten,<br />
Lehrer <strong>und</strong> Erzieher<br />
Freizeiten für Jung <strong>und</strong> Alt<br />
FAMILIEN-<br />
FREIZEITEN<br />
13. – 17. Mai<br />
23. – 28. August<br />
SOMMERBIBEL-<br />
TAGE<br />
28. – 30. August<br />
FREIZEITGELÄNDE REIHERHALS<br />
LYCHENER STRASSE 7<br />
17279 LYCHEN<br />
ANMELDUNGEN UNTER:<br />
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Telefon 039888 52157<br />
Fax 039888 52310<br />
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… niemand als Jesus allein!