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komm und sieh, Heft 37

Zeitschrift für die christliche Familie

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Zum Anfang<br />

Herausforderung Gemeindebesuch. – Du sitzt auf dem Platz, auf dem du immer<br />

sitzt. Du schaust in die Gesichter, in die du immer schaust. Vielleicht singst du<br />

auch immer die gleichen Lieder? Auf einmal hörst du: „NEIN“. Moment, habe ich<br />

gedacht – wieso eigentlich NEIN?<br />

So ging es mir vor einigen Wochen. Ein Bruder erzählt die Geschichte von Josua<br />

5,13–15. Nur drei Verse. Aber die sind einfach gut, explosiv, aufrüttelnd. Wieso? Ganz<br />

einfach. Josua stellt einem unbekannten Mann eine Frage. Eine Frage, die wir eigentlich<br />

allen Menschen stellen, die uns begegnen: „Bist du für mich oder gegen mich?“ Und er<br />

be<strong>komm</strong>t die Antwort: NEIN. Eigentlich kann man diese Frage gar nicht mit NEIN beantworten.<br />

Aber Gott gibt eben manchmal „merk-würdige“ Antworten. Willst du mich auch<br />

einsortieren? Berechenbar machen? Verplanen? NEIN, sagt Er. Ich laufe nicht hinter dir<br />

her, sondern ich stehe vor dir. Ich bin der Oberste des Heeres des Herrn. Ach so, das hatten<br />

wir mal wieder vergessen – welch eine herrliche Geschichte <strong>und</strong> welch eine Lektion.<br />

In einem weiteren Artikel geht es um die Frage des Herrn: „Wer sagt ihr, dass ich sei?“<br />

Nur nicht zu schnell antworten.<br />

Dieses <strong>Heft</strong> lädt ein, wieder einmal über diese Frage nachzudenken. Eine Frage, die<br />

auch Paulus beschäftigte, als er im Staub vor Damaskus lag: „Wer bist du, Herr?“<br />

Inhalt<br />

3 – Bibel praktisch | Wer steht hinter wem?<br />

7 – Neue Bücher | Berg, 1028 Tage mit Andreas<br />

12 – Bibel praktisch | Antworten auf Fragen des Herrn Jesus<br />

14 – Bibelstudium | Der Brief an die Philipper im Vogelflug<br />

19 – Zum Nachdenken | Scheitern<br />

20 – Ehe <strong>und</strong> Familie | Vier Säulen einer Ehe<br />

22 – Bibel praktisch | Der Herr der Veränderungen<br />

24 – Rezension | Geist <strong>und</strong> Kosmos<br />

26 – Schöpfungsandacht | Ich kann aus meiner Haut nicht raus!<br />

28 – Termine | Reiherhals-Freizeiten<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong><br />

1028 Tage mit Andreas<br />

Neu<br />

... <strong>und</strong> die Lade<br />

des B<strong>und</strong>es des<br />

HERRN zog drei<br />

Tagereisen vor<br />

ihnen her.<br />

4Mo 10,33<br />

2<br />

Herausgeber <strong>und</strong> Redaktion:<br />

Daniel-Verlag<br />

Lychener Straße 7 OT Retzow<br />

17279 Lychen<br />

fon 039888-52248<br />

fax 039888-52310<br />

info@daniel-verlag.de<br />

www.daniel-verlag.de<br />

Titelseitengestaltung:<br />

ideegrafik, Jürgen Benner<br />

Erscheinungszeitraum:<br />

vierteljährlich<br />

Jahresabo 2015:<br />

€ 14,00 (D)<br />

€ 18,00 (Europa)<br />

Bestelladresse:<br />

<strong>sieh</strong>e Herausgeber<br />

Probehefte können jederzeit<br />

angefordert werden.<br />

Silke Berg<br />

Best.-Nr.: 304.594<br />

geb<strong>und</strong>en, 144 Seiten, Daniel<br />

€ 9,90<br />

Wie gehen wir damit um, wenn wir von Gott<br />

ein W<strong>und</strong>er erbitten, aber nichts passiert?<br />

Verändert sich unser Bild von Gott als einem<br />

liebenden Vater, wenn wir als seine Kinder<br />

leiden <strong>und</strong> wenn Er scheinbar schweigt?<br />

Die Autorin nimmt uns mit hinein in die Höhen<br />

<strong>und</strong> Tiefen einer Leidensgeschichte, die<br />

kurz nach der Hochzeit durch die furchtbare<br />

Diagnose „Knochenkrebs“ beginnt <strong>und</strong> mit<br />

dem frühen Tod des Ehemanns endet.<br />

Zwei Kapitel dieser Neuerscheinung haben<br />

wir ab Seite 7 als Leseprobe abgedruckt.


Bibel praktisch<br />

Wer steht hinter wem?<br />

Eine denkwürdige Begegnung<br />

1. Starke Verbündete<br />

Erfolgreich leben – das ist das große Ziel, auch<br />

für uns Christen. In der Welt braucht man für den<br />

Erfolg starke Partner, die hinter einem stehen.<br />

Und das ist bei uns Christen nicht anders. Schon<br />

zu den Schulkindern sagen die Eltern: „Keine<br />

Angst, ich stehe hinter dir.“ Wie schön, wenn<br />

später der Chef sagt: „Wir stehen hinter Ihnen.“<br />

Das wird fast nur noch dadurch übertroffen,<br />

dass dich dein Ehepartner liebevoll ermuntert:<br />

„Schatz, Kopf hoch, ich stehe voll hinter dir!“ Leider<br />

sind manche dieser Versprechen wenig wert.<br />

Notsituationen lassen uns oft schmerzlich die bittere<br />

Wahrheit erkennen, wie „meilenweit“ die erhofften<br />

Verbündeten hinter einem stehen. Wie<br />

viel mehr sind da Geschwister wert, die im Gebet<br />

hinter einer Reichsgottesarbeit stehen, oder<br />

liebevolle Geber, die das „Hinter-einem-Stehen“<br />

mit Gaben real werden lassen. Doch das Größte<br />

ist, wenn du erkennst, dass Gott selbst hinter<br />

dir steht. Was kann dir dann noch geschehen?<br />

„Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns?“ (Röm<br />

8,31). Eine biblische Wahrheit, die wir als Verheißung<br />

mutig in Anspruch nehmen dürfen. So hat<br />

auch Josua gedacht, als er sich eines Tagen aufmachte,<br />

um sich Jericho anzuschauen.<br />

Lesen wir sein Erlebnis in Josua 5,13-15:<br />

2. Text<br />

„Und es geschah, als Josua bei Jericho war, da<br />

erhob er seine Augen <strong>und</strong> sah: Und <strong>sieh</strong>e, ein<br />

Mann stand ihm gegenüber, <strong>und</strong> sein Schwert<br />

gezückt in seiner Hand. Und Josua ging auf ihn<br />

zu <strong>und</strong> sprach zu ihm: Bist du für uns oder für<br />

unsere Feinde? Und er sprach: Nein, sondern als<br />

der Oberste des Heeres des HERRN bin ich jetzt<br />

ge<strong>komm</strong>en. Da fiel Josua auf sein Angesicht zur<br />

Erde <strong>und</strong> huldigte ihm <strong>und</strong> sprach zu ihm: Was redet<br />

mein Herr zu seinem Knecht? Und der Oberste<br />

des Heeres des HERRN sprach zu Josua: Zieh<br />

deinen Schuh aus von deinem Fuß; denn der Ort,<br />

auf dem du stehst, ist heilig! Und Josua tat so.“<br />

3. Eine interessante Situation<br />

Das ist eine interessante Situation, die mir selbst<br />

gar nicht mehr so bewusst war, aber die uns viel<br />

zu sagen hat. Seid ihr schon einmal beim Autofahren<br />

an einen Bordstein angefahren? Man ist<br />

nicht auf ganz falschem Kurs <strong>und</strong> auch nicht quer<br />

zur Straße unterwegs, aber man ist ein wenig zur<br />

Seite abgewichen <strong>und</strong> dann rumpelt man an den<br />

Bordstein. Plötzlich ist man wieder hellwach <strong>und</strong><br />

fährt wieder da, wo man fahren soll. So sind mir<br />

diese Verse in meinem Leben vorge<strong>komm</strong>en.<br />

Und auch Josua wird es ähnlich ergangen sein.<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

3


Bibel praktisch<br />

Was war bisher geschehen? Das Volk Israel war<br />

nach 40 Jahren Wüstenwanderung endlich über<br />

den Jordan gegangen, endlich im Gelobten Land<br />

ange<strong>komm</strong>en. Dort gab es befestigte Städte.<br />

Dass diese Städte eingenommen <strong>und</strong> zu einem<br />

Herrschaftsbereich Gottes gemacht würden, war<br />

der Wille Gottes.<br />

4. Die Frage<br />

Im Bewusstsein dieses Auftrags macht sich Josua<br />

eines Morgens auf <strong>und</strong> schaut sich Jericho an.<br />

„Und es geschah, als Josua bei Jericho war, da erhob<br />

er seine Augen <strong>und</strong> sah: Und <strong>sieh</strong>e, ein Mann<br />

stand ihm gegenüber, <strong>und</strong> sein Schwert gezückt<br />

in seiner Hand.“ Josua erkennt ihn als einen Krieger,<br />

einen Mann mit gezücktem Schwert. Wenn<br />

man im Begriff steht „Jericho“ einzunehmen, ist<br />

jeder Verbündete wertvoll. Darum geht er auf ihn<br />

zu <strong>und</strong> stellt ihm die entscheidende Frage: „Bist<br />

du für uns oder für unsere Feinde?“ Eine dritte<br />

Möglichkeit gibt es für Josua nicht: entweder<br />

für uns oder für unsere Feinde. Josua hatte noch<br />

nicht erkannt, wer mit gezogenem Schwert vor<br />

ihm steht.<br />

Und Josua ging auf ihn zu<br />

<strong>und</strong> sprach zu ihm:<br />

Bist du für uns<br />

oder für unsere Feinde?<br />

Und er sprach: Nein,<br />

sondern als der 0berste des<br />

Heeres des HERRN<br />

bin ich jetzt ge<strong>komm</strong>en.<br />

Wir Menschen sind in unserer Denkweise so beschränkt.<br />

Die Frage <strong>und</strong> Denkweise Josuas entdecke<br />

ich oft in meinem Leben. Gott stellt sich<br />

mir in den Weg, mächtig <strong>und</strong> stark. Ich habe Ihn<br />

noch gar nicht richtig erkannt <strong>und</strong> frage: „Bist du<br />

für mich oder bist du gegen mich?“, obwohl ich<br />

ahne: „Hier steht kein Mensch vor mir, hier steht<br />

Gott vor mir.“<br />

5. Die Antwort<br />

Diese Frage ist so menschlich, doch Gott antwortet<br />

Josua mit: „Nein!“ Wie bitte? Wenn jemand<br />

fragt: „Bist du für mich oder gegen mich?“, wie<br />

muss die Antwort lauten? „Für dich“ oder „gegen<br />

dich“, aber nicht „Nein.“<br />

Gott geht seinen Weg, seine Wege sind höher<br />

als unsere Wege <strong>und</strong> seine Gedanken höher als<br />

unsere Gedanken. Gott lässt sich nicht auf die<br />

Diskussion ein, die Josua Ihm aufzwingen will.<br />

Er sagt: „Nein, sondern als der Oberste des<br />

Heeres des Herrn bin ich jetzt ge<strong>komm</strong>en.“ Nicht<br />

irgendein Engel steht hier vor Josua, sonst hätte<br />

er nicht niederfallen <strong>und</strong> ihn anbeten können.<br />

Das hätte ein Engel niemals zugelassen. Gott<br />

selbst steht vor Josua. Der „Oberste des Heeres<br />

des Herrn!“ „Ich bin jetzt zu dir ge<strong>komm</strong>en.“ Man<br />

kann auch übersetzten: „Ich bin“ ist jetzt zu dir<br />

ge<strong>komm</strong>en. Gott selbst hat sich auf den Weg gemacht<br />

<strong>und</strong> stellt sich Josua in den Weg.<br />

Kennst du solche Momente in deinem Leben?<br />

Wenn Gott sich dir <strong>und</strong> mir in den Weg stellt, regt<br />

sich im menschlichen Herzen sofort die Frage:<br />

„Bist du für mich oder gegen mich?“ O ja, wir haben<br />

Gott gern auf unserer Seite. Wir freuen uns,<br />

wenn der Herr Jesus auf unserem Lebensweg zu<br />

finden ist, wenn Er mit uns geht. Wer von uns betet<br />

morgens nicht: „Herr, geh mit mir durch diesen<br />

Tag“? Ist diese Bitte wirklich Gott wohlgefällig?<br />

Gottes Botschaft an Josua lautet: „Nein, ich<br />

bin der Oberste des Heeres des Herrn.“ Mich<br />

hat das getroffen. Kein Verbündeter, sondern<br />

der Heeroberste, der Herr selbst steht vor uns.<br />

Mit seinem gezückten Schwert zeigt Er uns seine<br />

Handlungsbereitschaft. Seine Botschaft ist:<br />

„Ich bin der Herr. Du kannst mich nicht auf deine<br />

Seite ziehen, damit ich auf deinen Wegen gehe.<br />

Ich bin der Herr, ich bin der Oberste.“ Im Gr<strong>und</strong>e<br />

sagt Er zu Josua: „Es ist nicht wichtig, dass Gott<br />

auf deiner Seite ist. Wichtig ist, dass du auf Gottes<br />

Seite bist.“ Das ist eine Lektion, die wir alle<br />

kennen <strong>und</strong> die uns völlig bewusst ist. Und doch<br />

muss sie in unseren Herzen immer wieder wachgerufen<br />

werden.<br />

„Herr, dein Wille geschehe“, steht im „Vaterunser“.<br />

Und wie oft leben wir es? Steckt es nicht<br />

in uns, zu bitten: „Herr, ich möchte Dir Freude<br />

machen, damit Du mich segnest“? Diesen Gedanken<br />

kenne ich sehr gut aus meinen Gebeten.<br />

Er ist auch nicht gr<strong>und</strong>verkehrt. Aber dieser Gedanke<br />

geht nicht über unsere Bedürfnisse hinaus.<br />

Der Gedanke sollte lauten: „Herr, ich möchte<br />

Dir Freude machen, weil Du mein Herr bist,<br />

nicht, weil ich Segen will, sondern weil Du der<br />

Herr bist. Es geht um Deine Sache, es geht um<br />

Dich.“<br />

6. Die Reaktion<br />

Begegnungen mit dem „Heerobersten“ bleiben<br />

nie ohne Folgen. Josua erlebt das unmittelbar.<br />

Der starke Krieger Gottes, der auszog, um den<br />

Feind auszuk<strong>und</strong>schaften, sinkt auf die Knie: „Da<br />

4<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Bibel praktisch<br />

fiel Josua auf sein Angesicht zur Erde <strong>und</strong> huldigte<br />

ihm <strong>und</strong> sprach zu ihm: Was redet mein Herr<br />

zu seinem Knecht?“<br />

Josua erkennt Gottes Machtansprüche an. In<br />

der Frage „Bist du für mich oder gegen mich?“<br />

war Josuas Machtanspruch deutlich geworden.<br />

Jetzt geht er auf die Knie <strong>und</strong> betet an. Was führt<br />

dazu? Er erkennt, wer Gott ist. Wenn Gott vor uns<br />

steht <strong>und</strong> wir das erkennen, kann es nur eine Reaktion<br />

geben: auf die Knie, Gott anbeten. Man<br />

kann Anbetung nicht machen. Der Weg zur Anbetung<br />

geht nicht über Lobpreisgottesdienste oder<br />

das Singen stimmungsvoller Lieder. Anbetung<br />

<strong>komm</strong>t immer aus der Erkenntnis Gottes. Hier<br />

steht die Macht Gottes vor Josua, ein Mann mit<br />

gezücktem Schwert, der Heeroberste des Herrn.<br />

„Ich bin“, diese Worte waren ein Signal für Josua:<br />

„Ich bin“ ist zu mir ge<strong>komm</strong>en. Josua war ausgezogen,<br />

um Jericho anzuschauen, die Aufgabe zu<br />

analysieren, die vor ihm lag. Aber Gott stellt sich<br />

ihm in den Weg. Josua war nicht ausgezogen,<br />

Gott zu suchen. Gott ist in seiner Gnade Josua<br />

entgegengezogen: „Josua, du musst dir nicht die<br />

Stadt anschauen, du musst mich sehen <strong>und</strong> erkennen,<br />

wer ich bin. Und dann wird geschehen,<br />

was geschehen muss.“ Das hat Josua in die Anbetung<br />

getrieben. „Josua, hast du Zeit, jetzt vor<br />

Gott niederzufallen? Du bist hier in fremdem<br />

Land, unter Feinden. Jederzeit könnte ein Heer<br />

aus dieser großen Stadt <strong>komm</strong>en. Und du liegst<br />

hier auf den Knien?“ Josua wusste, was dran war.<br />

Er stand vor Gott, da gehörte er auf die Knie. Er<br />

huldigte Ihm <strong>und</strong> stellte eine neue Frage, die so<br />

ganz anders war als die erste: „Was redet mein<br />

Herr zu seinem Knecht?“<br />

7. Barfuß<br />

Josua war mutig. Hast du dich das auch schon<br />

mal getraut, zu fragen: „Herr, was willst Du von<br />

mir? Was redest Du zu mir?“ Hätte Josua das<br />

doch nicht gefragt. Dann wäre er ein kampfbereiter<br />

Mann geblieben. „Zieh deinen Schuh aus von<br />

deinem Fuß; denn der Ort, auf dem du stehst, ist<br />

heilig!“ Josua tat es. Was, wenn man keine Schuhe<br />

anhat? Kann man dann in den Kampf ziehen?<br />

Kann man dann eine Stadt einnehmen? Kann<br />

man dann kämpfen? Kann man laufen? Nein,<br />

Krieger haben immer Schuhe an. Das sagt sogar<br />

die Bibel: „… an den Füßen beschuht mit der Bereitschaft<br />

des Evangeliums des Friedens.“ Schuhe<br />

sind ein Bild für Dienstbereitschaft. Gott sagt:<br />

„Josua, Schuhe aus! Leg deinen Aktivismus beiseite.<br />

Leg deine Stärke ab. Leg deine Mobilität<br />

ab. Wenn du die Schuhe ausgezogen hast, dann<br />

kannst du nicht fortlaufen. Dann stehst du still.“<br />

Warum Schuhe ausziehen? „Weil der Boden, auf<br />

dem du stehst, heilig ist.“ Was war denn so heilig<br />

an diesem Quadratmeter im Wüstensand vor<br />

Jericho, wo diese Heiden lebten, dass Josua die<br />

Schuhe ausziehen musste? War es die Erde? Waren<br />

es die Koordinaten, die man vielleicht ins GPS<br />

eingeben kann, so dass man sagen könnte: „Da<br />

ist es heilig“? Nein, warum war der Boden heilig,<br />

wo Josua stand? Es war der Platz vor dem Obersten<br />

des Heeres des Herrn. Dieser Platz ist heilig.<br />

Kennst du den Platz? Hast du dort schon mal gestanden?<br />

Hast du dort schon einmal stillgestanden?<br />

Ich hoffe, du hast deine Schuhe ausgezogen.<br />

Was für ein wertvoller Platz! Es ist der Platz,<br />

wo du Gott begegnest, wo Er sich offenbart. Ich<br />

glaube, du kennst diesen Ort ganz genau. Vielleicht<br />

hast du ihn schon lange nicht mehr aufgesucht.<br />

Vielleicht ist Gott dir schon lange nicht<br />

mehr in den Weg getreten. Aber uns allen ist der<br />

Platz bekannt. Es ist der Platz, den wir auf den<br />

Knien im Gebet einnehmen. Es ist der Platz, an<br />

dem wir in der Stille in seinem Wort lesen <strong>und</strong><br />

der Herr Jesus vor uns steht. Es ist der Platz<br />

Was redet<br />

mein Herr<br />

zu seinem Knecht?<br />

beim Abendmahl, beim Brotbrechen, wenn der<br />

Herr Jesus in seiner Voll<strong>komm</strong>enheit, in seinem<br />

Werk von Golgatha vor uns steht <strong>und</strong> alles andere<br />

im Hintergr<strong>und</strong> verschwindet. Es ist der Platz,<br />

auf dem du jetzt sitzt, wo Gott zu dir redet durch<br />

sein Wort, durch Knechte, die Er beruft, um dir<br />

zu sagen, wer Er ist. Es ist der Platz, an dem Er<br />

zu deinem Herzen spricht, vielleicht am Steuer<br />

des Autos, wo dir auf einmal der Herr begegnet<br />

<strong>und</strong> groß wird. Dann empfehle ich dir: Zieh deine<br />

Schuhe aus! Denn wir Menschen haben eine<br />

Krankheit, die heißt „Laufen“. Immer müssen wir<br />

aktiv sein. Immer müssen wir unterwegs sein.<br />

Gott sagt: „Verharre ein wenig, der Boden, auf<br />

dem du stehst, ist heilig.“ Wie wohltuend.<br />

Es steckt noch ein zweiter Gedanke in diesem<br />

Bild, die Schuhe auszuziehen <strong>und</strong> auf heiligem<br />

Boden zu stehen.<br />

Weißt du, was „heilig“ ist? Heiligkeit ist das<br />

Wesen Gottes. Was geschieht, wenn ein Mensch<br />

in die Gegenwart eines heiligen Gottes tritt?<br />

Dann wird es heiß, da kann keiner bestehen,<br />

„denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“.<br />

Glaub ja nicht, dass deine Heiligung oder deine<br />

guten Taten <strong>und</strong> Gedanken, dein Halten von Kinderst<strong>und</strong>en,<br />

dein Sich-Beteiligen am Tisch des<br />

Herrn dich in der Heiligkeit Gottes bestehen lassen.<br />

Allein Gottes Gnade ist das Mittel, das dir erlaubt,<br />

die Schuhe auszuziehen <strong>und</strong> in seine Hei-<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

5


Bibel praktisch<br />

ligkeit einzutreten, den heiligen Boden vor Ihm.<br />

Bist du dankbar dafür? Schätzt du dieses Vorrecht<br />

angemessen?<br />

Ich glaube, Josua wurde es zuerst einmal mulmig.<br />

Das war eine gefährliche Situation. Gott<br />

steht vor ihm. Er weiß, was das bedeutet. Es<br />

kann für ihn nur Tod bedeuten. Und dann sagt<br />

Gott: „Zieh deine Schuhe aus <strong>und</strong> berühre den<br />

heiligen Boden, auf dem du stehst. Du kannst mir<br />

nahen.“ Welch eine Gnade! Das geht nur, wenn<br />

Er heiligt, wenn Er Menschen für seine Gegenwart<br />

passend macht. Weil du aufgr<strong>und</strong> deines<br />

Glaubens an seinen Sohn sein Kind bist, steht Er<br />

vor dir, begegnet dir, redet mit dir <strong>und</strong> fordert<br />

dich auf, Gemeinschaft mit Ihm zu haben. Es ist<br />

weise, den Ort nicht so schnell zu verlassen, wo<br />

Er dir begegnet.<br />

Es ist eine frohmachende Tatsache, dass Gott<br />

uns in seine Gegenwart einlädt <strong>und</strong> sich Gemeinschaft<br />

mit uns wünscht.<br />

Oft planen wir <strong>und</strong> teilen unsere Kräfte für<br />

verschiedene Aufgaben ein. Dabei fragen wir<br />

viel zu wenig: „Was willst Du, Herr?“ Wir denken<br />

schnell, wir brauchten nur für Gott in den Kampf<br />

zu ziehen, <strong>und</strong> dann müsste Gott uns schon segnen.<br />

Wir denken: „Gott, Du wirst doch mitgehen,<br />

es ist doch Dein Kampf. Bist Du für mich oder gegen<br />

mich?“ Leider muss Gott uns sagen: „Nein!<br />

Ich bin der Herr! Ich sage, wo es langgeht. Nimm<br />

dir Zeit, zieh deine Schuhe aus, verharre in meiner<br />

Gegenwart <strong>und</strong> <strong>sieh</strong> auf mich.“ Nur so kann<br />

man Siege erringen.<br />

Was war siegentscheidend?<br />

Dass der Richtige hinter dir steht<br />

oder dass Gott vor dir steht?<br />

8. Auf in den Kampf<br />

„Aber was wird aus Jericho? Wer wird es einnehmen?“<br />

Wer stand vor Josua, wie sah Er aus? Es<br />

war ein Mann mit einem blanken Schwert. Was<br />

hat das zu bedeuten? Gott steht als „starker<br />

Held“ vor Josua <strong>und</strong> Er hat das Schwert nicht<br />

in der Scheide, sondern gezogen. Wann zieht<br />

man ein Schwert? Wenn man kämpfen will. Wer<br />

kämpft? Gott kämpft!<br />

Aber wer kämpft gegen Jericho? – Wodurch<br />

ist Jericho gefallen? Wessen Schwerter waren<br />

denn nötig, damit Jericho fiel? Niemandes, auch<br />

wenn die Israeliten später den Auftrag hatten,<br />

an Jericho den Bann zu vollstrecken, <strong>und</strong> dazu<br />

ihre Schwerter brauchten. Aber gefallen ist Jericho<br />

durch das Schwert Gottes. Was war siegentscheidend?<br />

Dass der Richtige hinter dir steht<br />

oder dass Gott vor dir steht? Wer steht vor dir?<br />

Nicht Gott, weit entfernt von unseren Schlachten<br />

auf dem Thron im Himmel. Bitte entschuldigt den<br />

Ausdruck, aber oft sehen wir Gott so <strong>und</strong> meinen,<br />

wir müssten doch das Schwert führen. Vor<br />

uns steht Gott, der das Schwert gezückt hat <strong>und</strong><br />

der sagt: „Zieh deine Schuhe aus!“ Du brauchst<br />

nicht zu kämpfen, du musst nicht laufen. Nimm<br />

dir Zeit, Ihn anzuschauen. Er hat das Schwert gezückt.<br />

Er will für dich kämpfen.<br />

„Fürchtet euch nicht! Steht <strong>und</strong> seht die Rettung<br />

des Herrn, die er euch heute verschaffen wird!“<br />

(2Mo 14,13).<br />

9. Der Sieg<br />

Josua hat nicht nur gefragt: „Herr, was willst<br />

Du?“, sondern er war auch bereit zu gehorchen.<br />

Er zog seine Schuhe aus, <strong>und</strong> ich wünsche uns<br />

den Mut, es ihm nachzumachen: „Ja, Herr, ich<br />

will die Schuhe ablegen. Mein Platz ist in deiner<br />

Gegenwart <strong>und</strong> der Platz des Anführers auf dem<br />

Kampffeld gehört dir.“ Dann werden wir siegreich<br />

leben. Dann wird Jericho eingenommen. Ich weiß<br />

nicht, was dein Jericho ist, das Gott vor dich gelegt<br />

hat. Sind es Herausforderungen in Gemeinde,<br />

Beruf oder Familie? Ich wünsche dir, dass du<br />

nicht auf deine Kraft vertraust, sondern dass du<br />

Gott begegnest, der vor dir steht, das Schwert<br />

gezogen hat <strong>und</strong> sagt: „Zieh deine Schuhe aus.“<br />

Versuche Gott nicht auf deine Seite zu ziehen,<br />

versuche Ihn nicht zu bestechen, vielleicht mit<br />

einem noch frommeren Leben, vielleicht mit 5<br />

Minuten mehr an stiller Zeit, vielleicht mit noch<br />

mehr Einsatz. Ordne dich Ihm unter. „Herr, Du<br />

bist der Herr, sag, was ich tun soll. Zeig mir den<br />

Platz, wo ich sein soll.“ Gott hat Josua seinen<br />

Platz gezeigt, an den er gehörte, <strong>und</strong> den zeigt Er<br />

auch uns: nämlich vor Ihm auf den Knien, Schuhe<br />

aus, keine Aktivitäten, kein Aktivismus, sondern<br />

einfach nur Anschauen seiner Person, in seiner<br />

Gegenwart verharren, um dann zu staunen,<br />

wie Er handelt, wie Er in unserem Leben Städte<br />

einnimmt, aber auch in dieser Welt für unseren<br />

Gott.<br />

Ich wünsche uns Gottes Segen dazu. Wie gesagt,<br />

es war wie ein Fahren gegen den Bordstein.<br />

Ich war für Ihn unterwegs: „Herr, ich hoffe, Du<br />

hast Freude an mir <strong>und</strong> kannst voll hinter mir stehen!“<br />

Aber Gott sagt: „Nein, ordne du dich hinter<br />

mir ein. Das ist viel besser, als wenn ich mich<br />

hinter dir einreihe. Zieh du deine Schuhe aus, ich<br />

führe das Schwert.“ Wie gut, dass Er uns in den<br />

Weg tritt.<br />

Gunnar Hilverkus<br />

6<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Neue Bücher, Berg, 1028 Tage mit Andreas<br />

1028 Tage mit Andreas<br />

Ein ergreifendes Buch, ein dramatisches Buch – aber auch ein tröstliches Buch. Unmittelbar nach der Hochzeitsreise wird<br />

bei dem Mann der Autorin Krebs festgestellt. Gott schenkt den beiden 1028 Tage. Dann ist die junge Ehe zu Ende. An allen<br />

Fragen <strong>und</strong> Glaubenslektionen lässt Silke Berg den Leser Anteil nehmen. Und sie schafft es, den Leser tatsächlich zu<br />

trösten. Weil sie gelernt hat, Dinge, die sie nicht versteht, in Gottes gute Hände zurückzulegen.<br />

Kapitel 8<br />

Juli 1989<br />

Unsere romantische Hochzeitsreise ist vorbei,<br />

<strong>und</strong> Andreas geht gleich am nächsten Tag zur<br />

Ärztin, die ihn aufgr<strong>und</strong> der Rückenschmerzen<br />

sofort krankschreibt. Darüber sind wir nicht unglücklich,<br />

denn wir haben als jungverheiratetes<br />

Ehepaar viel Amtliches zu erledigen. Außerdem<br />

ist unsere Wohnung noch nicht fertig eingerichtet.<br />

Andreas be<strong>komm</strong>t zuerst Strombehandlungen,<br />

doch als die Schmerzen immer schlimmer<br />

werden, muss er am 24. Juli in die orthopädische<br />

Klinik nach Birkenwerder, zwei Ortschaften von<br />

Hennigsdorf entfernt. Es geht ihm jetzt richtig<br />

schlecht <strong>und</strong> er hat ständig Schmerzen. Da sich<br />

die Ärzte aber auf die Wirbelsäule konzentrieren<br />

<strong>und</strong> die Röntgenbilder in Ordnung sind, glaubt<br />

ihm keiner so richtig, dass er leidet, <strong>und</strong> er muss<br />

um jedes Schmerzmittel betteln. Nachts wandert<br />

er umher, weil er nicht mehr liegen kann.<br />

Jeden Nachmittag besuche ich ihn oder hole ihn<br />

sogar für zwei St<strong>und</strong>en nach Hause; für die Fahrt<br />

dürfen wir den „Altenheim-Trabant“ benutzen.<br />

Wir sind froh über jede St<strong>und</strong>e, die wir zusam-<br />

men verbringen können, denn es ist schwer genug,<br />

so kurz nach der Hochzeit schon wieder „getrennt“<br />

zu leben. Langsam machen wir uns auch<br />

ernsthafte Sorgen um die wirkliche Ursache der<br />

Schmerzen.<br />

August 1989<br />

Am 1. August beginnt meine Arbeit im Altenheim<br />

in Hohen Neuendorf. Wir hatten es uns so schön<br />

vorgestellt, dort gemeinsam zu arbeiten, aber<br />

nun, da Andreas im Krankenhaus ist, muss ich<br />

allein beginnen. Trotzdem arbeite ich gern dort<br />

<strong>und</strong> mit den anderen Mitarbeitern des Altenheimes<br />

verstehe ich mich sehr gut. Es herrscht eine<br />

familiäre Atmosphäre, in der ich mich wohl fühle.<br />

Nachdem Andreas zweieinhalb Wochen in der<br />

Klinik in Birkenwerder verbracht hat, macht plötzlich<br />

ein anderer Arzt Visite. Er stellt eine Verdickung<br />

am linken Hüftknochen fest, die von außen<br />

deutlich zu sehen ist. Andreas hatte bisher alle<br />

Ärzte vergeblich darauf aufmerksam gemacht.<br />

Danach geht plötzlich alles sehr schnell. Mehrere<br />

genauere Untersuchungen folgen, <strong>und</strong> am<br />

nächsten Tag wird uns mitgeteilt, dass der Verdacht<br />

auf einen bösartigen Tumor bestehe <strong>und</strong><br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

7


Neue Bücher, Berg, 1028 Tage mit Andreas<br />

Andreas am folgenden Tag in die Robert-Rössle-Klinik,<br />

eine Krebsklinik in Berlin-Buch, verlegt<br />

werden solle. Wir denken, wir haben uns verhört<br />

<strong>und</strong> es müsste alles ein großer Irrtum sein. Sicher<br />

werden die Ärzte bald merken, dass sie sich<br />

geirrt haben! Am nächsten Tag nach der Arbeit<br />

fahre ich mit Thomas, Andreas’ jüngerem Bruder,<br />

nach Buch, um ihn zu besuchen. Es ist der<br />

10. August, genau acht Wochen sind seit unserer<br />

Hochzeit vergangen. Am ersten Tag werden noch<br />

keine Untersuchungen gemacht, aber der Stationsarzt<br />

hat die Röntgenbilder<br />

von Birkenwerder begutachtet<br />

<strong>und</strong> sagt in einem Gespräch<br />

zu Andreas, dass er<br />

höchstwahrscheinlich einen<br />

bösartigen Knochentumor<br />

habe. Anschließend lässt er<br />

noch die Bemerkung fallen,<br />

dass Andreas sicher auch<br />

bald so herumlaufen werde<br />

wie die anderen Patienten<br />

hier, nämlich ohne Haare.<br />

Das war keine besonders<br />

herzliche Begrüßung in der<br />

Klinik, <strong>und</strong> nachdem Andreas<br />

uns alles erzählt hat, sitzen<br />

wir da <strong>und</strong> können es<br />

nicht glauben. An diesem<br />

Tag ahne ich zum ersten Mal,<br />

dass etwas Furchtbares auf<br />

uns zu<strong>komm</strong>t, <strong>und</strong> wir wissen<br />

nicht, was wir dazu sagen<br />

sollen. Wie kann ich mei-<br />

304.594<br />

nen Mann trösten? Wir hoffen<br />

immer noch, dass die<br />

Silke Berg<br />

1028 Tage mit Andreas<br />

Untersuchungen am nächsten<br />

Tag den Diagnosever-<br />

geb<strong>und</strong>en, 144 Seiten, Daniel<br />

€ 9,90<br />

dacht widerlegen werden.<br />

Als ich tränenüberströmt<br />

neben Thomas wieder im<br />

Auto sitze, sehe ich den Arzt<br />

ins benachbarte Auto einsteigen.<br />

Wir haben auf dem<br />

„Altenheim-Wartburg“, den wir diesmal fre<strong>und</strong>licherweise<br />

benutzen dürfen, einen Aufkleber an<br />

der Scheibe, „Gott ist die Liebe“. Welche Gedanken<br />

gehen dem Arzt wohl durch den Kopf? Vielleicht:<br />

Vier<strong>und</strong>zwanzig Jahre alt, jungverheiratet,<br />

mit einem bösartigen Tumor <strong>und</strong> glaubt an Gottes<br />

Liebe!? Das klingt absurd, oder? Mit solchen<br />

Gedanken <strong>und</strong> Fragen werden wir uns in nächster<br />

Zeit intensiv auseinandersetzen müssen.<br />

Ich bin dankbar, dass Andreas’ Eltern <strong>und</strong> Geschwister<br />

nebenan wohnen, denn so können wir<br />

am Abend zusammen sein, reden <strong>und</strong> beten. Am<br />

nächsten Tag fahre ich nach der Arbeit wieder<br />

nach Buch <strong>und</strong> Andreas darf über das Wochenende<br />

mit nach Hause <strong>komm</strong>en. Die Ergebnisse<br />

der Untersuchungen liegen noch nicht vor, aber<br />

die Sicherheit der Ärzte über die gestellte Diagnose<br />

lässt unsere Hoffnung darauf, dass die Diagnose<br />

falsch war, mehr <strong>und</strong> mehr schwinden.<br />

Wir erleben ein emotionsgeladenes Wochenende,<br />

weinen, beten, reden <strong>und</strong> rücken noch näher<br />

zusammen. Es dauert lange, eine solche Nachricht<br />

zu verarbeiten. Wir schaffen es auch nicht<br />

an diesen zwei Tagen, <strong>und</strong> so nehmen wir Abschied<br />

von dem Traum, den wir geträumt hatten:<br />

dass das Leben voller Sonne sei, wenn wir nur<br />

zusammen sind. Wir ziehen uns zurück <strong>und</strong> wollen<br />

außer unseren Verwandten niemand sehen<br />

<strong>und</strong> auch keine Fragen beantworten. Gemeinsam<br />

lesen wir „unseren“ Psalm <strong>und</strong> klammern uns an<br />

die Aussage des 15. Verses in Psalm 77: „Du bist<br />

der Gott, der W<strong>und</strong>er tut.“ Sicher würde Gott ein<br />

W<strong>und</strong>er tun <strong>und</strong> Andreas heilen, oder? Aber was<br />

wäre, wenn nicht? Diesen Gedanken verdrängen<br />

wir lieber. Doch der Psalm geht noch weiter. Er<br />

zeigt, dass wir Gott nur zum Teil verstehen können:<br />

„Deine Fußstapfen sind nicht bekannt.“ Wir<br />

sind voller Fragen, auf die wir keine Antwort be<strong>komm</strong>en.<br />

Warum passiert uns so etwas? Noch nie<br />

haben wir von einem ähnlichen Fall gehört! Was<br />

wäre der Sinn, wenn Andreas an dieser Krankheit<br />

sterben würde? Nun haben wir absichtlich später<br />

geheiratet, damit ich meine Zeit in Kleinwelka<br />

beenden kann, <strong>und</strong> dann passiert so etwas?<br />

Hätten wir früher geheiratet, so hätten wir wenigstens<br />

noch einige unbeschwerte Monate erleben<br />

können! Andererseits sind wir dankbar, dass<br />

die Diagnose nicht schon vor unserer Hochzeit<br />

gestellt wurde. Wir haben keine Zweifel, dass wir<br />

trotzdem geheiratet hätten, doch wie wäre eine<br />

Hochzeit unter solchen Umständen verlaufen?<br />

So sind wir sehr dankbar, dass wir solch einen<br />

schönen Eheanfang haben durften.<br />

Auch Asaph, der Schreiber des 77. Psalms,<br />

hatte viele Fragen <strong>und</strong> Gedanken, auf die er keine<br />

Antwort bekam <strong>und</strong> die wir jetzt gut verstehen<br />

können:<br />

• „Ist zu Ende seine [Gottes] Güte für immer?“<br />

• „Hat Gott vergessen, gnädig zu sein?“<br />

• „Du hieltest fest die Lider meiner Augen; ich<br />

war voll Unruhe <strong>und</strong> redete nicht.“<br />

• „Meine Seele weigerte sich, getröstet zu werden.“<br />

Es braucht viel Zeit, solch eine furchtbare Nachricht<br />

zu verarbeiten, <strong>und</strong> wir dürfen nicht gleich<br />

eine Lösung erwarten. Da müssen wir es auch<br />

aushalten, schweigend zusammen zu sein, weil<br />

es nichts zu sagen gibt.<br />

Mit all unseren Fragen <strong>und</strong> Zweifeln können<br />

wir jedoch zu Gott <strong>komm</strong>en <strong>und</strong> Ihm alles sa-<br />

8<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Neues aus dem<br />

gen – auch, dass wir unsere Situation nicht verstehen<br />

können. Es ist ungeheuer erleichternd,<br />

wenn man wirklich sein Herz bei Gott ausschütten<br />

kann. Auch wenn die Situation danach nicht<br />

anders ist als vorher, so sind wir nicht verloren in<br />

diesem großen Universum, denn wir wissen, dass<br />

Gott über allem steht <strong>und</strong> sein Plan für unser Leben<br />

nicht scheitert.<br />

304.575<br />

Ger de Koning<br />

Das Buch der Offenbarung<br />

Klappenbroschur, 224 Seiten, Daniel<br />

€ 9,95<br />

Kapitel 9<br />

Du, Herr, wirst es versehen,<br />

Du hast es stets getan,<br />

wenn wir mit Bitten, Flehen<br />

dem Gnadenthrone nahn.<br />

Was sollen wir da sorgen?<br />

Was stehen wir verzagt,<br />

da doch mit jedem Morgen<br />

die Gnade wieder tagt?<br />

Du drückst Dein gültig Siegel<br />

hier unter einen Plan,<br />

dort schiebst Du einen Riegel<br />

vor eine falsche Bahn;<br />

heut öffnest Du uns Türen,<br />

die wir noch nicht gesehn;<br />

wer wird uns morgen führen?<br />

Du, Herr, wirst es versehn!<br />

Wir streuen unsre Mühe<br />

wie Samen in das Feld;<br />

dass segensvoll sie blühe,<br />

sei dir anheimgestellt.<br />

Oft haben wir gesonnen,<br />

ob wir es recht gemacht –<br />

was wir mit Dir begonnen,<br />

hast Du zum Ziel gebracht.<br />

Und will es oft nicht gehen,<br />

wie wir es wohl geplant,<br />

Du, Herr, wirst es versehen,<br />

wie wir es nicht geahnt.<br />

Darum soll uns nicht grauen,<br />

ob Berge vor uns stehn,<br />

wir werden fröhlich schauen:<br />

Du, Herr, hast es versehn!<br />

304.579<br />

Ger de Koning<br />

Das Evangelium nach Markus<br />

Klappenbroschur, 244 Seiten, Daniel<br />

€ 9,95<br />

304.589<br />

Werner Mücher<br />

Die Zeit des Endes<br />

Taschenbuch, 96 Seiten, Daniel<br />

€ 2,90<br />

(P.K., aus dem Tageskalender<br />

„Der Bote des Friedens“; 1914)<br />

August 1989<br />

Am Montagmorgen bringe ich Andreas nach Berlin-Buch,<br />

zurück in die Krebsklinik. Es müssen<br />

noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden<br />

<strong>und</strong> ich muss zur Arbeit gehen. Am Nachmittag<br />

fahre ich mit Andreas’ Mutter wieder in<br />

die Klinik, um ihn zu besuchen. Der Oberarzt bittet<br />

mich zu einem Gespräch. Irgendwie hoffe ich<br />

immer noch, dass er eine gute Nachricht für uns<br />

hat, aber die Wirklichkeit holt mich ein.<br />

304.576<br />

Mark Cahill<br />

Was Du im Himmel nicht<br />

mehr tun kannst<br />

Paperback,<br />

224 Seiten, Daniel<br />

€ 7,95<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

9


Neue Bücher, Berg, 1028 Tage mit Andreas<br />

Er zeigt mir die Röntgenaufnahmen. Auf dem<br />

linken Hüftknochen ist deutlich eine dicke Geschwulst<br />

zu sehen. Die Gewebeentnahme soll<br />

am nächsten Tag stattfinden, <strong>und</strong> der Arzt ist<br />

ziemlich sicher, dass es sich um einen bösartigen<br />

Tumor von hoher Aggressivität handelt. Er<br />

erläutert mir in knappen Worten, dass man eine<br />

Chemotherapie <strong>und</strong> Strahlenbehandlung durchführen<br />

müsse, dass man aber, wenn möglich, zuerst<br />

operiere, um den Tumor zu entfernen. Das<br />

würde bei Andreas bedeuten, den Hüftknochen,<br />

mit dem der Tumor fest verwachsen ist, zu entfernen<br />

<strong>und</strong> das gesamte linke Bein ebenfalls, da<br />

Hochzeit am 14. Juni 1989<br />

es ja am Hüftknochen hängt. Diese Nachricht<br />

trifft mich wie ein Keulenschlag, <strong>und</strong> es <strong>komm</strong>t<br />

mir vor wie ein böser Traum, aus dem ich gleich<br />

erwache!<br />

Im Laufe des Gespräches <strong>komm</strong>t eine Krankenschwester<br />

herein <strong>und</strong> bringt die Aufnahmen<br />

der Computertomographie. Sie sind viel genauer<br />

als die Röntgenbilder <strong>und</strong> der Arzt schaut sie<br />

sich gründlich an. Dabei stellt er fest, dass der<br />

Tumor auch schon mit der Lendenwirbelsäule<br />

verwachsen <strong>und</strong> somit eine Operation gar nicht<br />

mehr möglich ist, da man keinesfalls einen Teil<br />

der Wirbelsäule entfernen kann. Mit diesen Informationen<br />

entlässt er mich <strong>und</strong> bittet mich, Andreas<br />

nichts davon zu sagen.<br />

Irgendwie gelange ich vom Zimmer des Arztes<br />

zu Andreas’ Zimmer, froh, dass meine zitternden<br />

Knie mir nicht den Dienst versagen. Der Weg<br />

ist nicht lang, <strong>und</strong> so habe ich nicht genügend<br />

Zeit, mir zu überlegen, was ich ihm sagen soll.<br />

Das ist aber auch gar nicht nötig, denn wie sollte<br />

ich ihm etwas vormachen? Ich muss schrecklich<br />

aussehen, denn Andreas ahnt gleich Schlimmes.<br />

Irgendwie versuche ich, ihm die Informationen<br />

weiterzugeben, aber was ist nun eigentlich<br />

der Stand der Dinge? Zuerst sprach der Arzt von<br />

Operation <strong>und</strong> am Ende sagte er, dass eine Operation<br />

nicht möglich sei. Bedeutet das das Todesurteil?<br />

Wir sind verwirrt <strong>und</strong> wissen nicht, was wir<br />

denken sollen, aber wir können mit unserer Not<br />

zu Gott gehen. Das tun wir dann auch gemeinsam<br />

im Auto, wo wir ungestört sind. Ich weiß,<br />

dass Andreas wahnsinnige Angst vor einer Chemotherapie<br />

hat – in den wenigen Tagen in der Klinik<br />

hat er genug gesehen! So nimmt er die vorläufige<br />

Nachricht von der Operation recht gelassen<br />

auf <strong>und</strong> meint, er könne auch mit nur einem<br />

Bein leben. Wir danken Gott, dass wir zusammen<br />

sind <strong>und</strong> gemeinsam schon so viel Schönes erleben<br />

durften. Zwar <strong>komm</strong>en nun die „schlechten<br />

Tage“ sehr schnell nach den „guten Tagen“, aber<br />

unser Gott weiß sicher, was Er tut.<br />

Am nächsten Tag fahre ich nach der Arbeit mit<br />

Thomas wieder nach Buch, um Andreas zu besuchen.<br />

Am Vormittag wurde eine Biopsie vorgenommen,<br />

um das Tumorgewebe genau untersuchen<br />

zu können, <strong>und</strong> Andreas ist von der Narkose<br />

noch ganz benommen. Wir sind noch nicht lange<br />

da, als plötzlich eine Krankenschwester mit einem<br />

Tablett voller Spritzen zur Tür herein<strong>komm</strong>t.<br />

Sie fordert Thomas <strong>und</strong> mich auf, das Zimmer<br />

zu verlassen, da Andreas jetzt die Spritzen für<br />

die Chemotherapie be<strong>komm</strong>en soll. Wir glauben,<br />

uns verhört zu haben! Müsste man für eine solche<br />

Behandlung nicht sein Einverständnis geben?<br />

Hätte der Arzt nicht vorher mit uns darüber<br />

sprechen <strong>und</strong> uns den weiteren Therapieplan erklären<br />

müssen? Es ist kein besonders gutes Gefühl,<br />

nicht ernst genommen zu werden <strong>und</strong> nicht<br />

zu wissen, was mit Andreas passiert.<br />

Als wir wieder ins Zimmer dürfen, haben wir<br />

nicht viel Zeit, uns über die neue Situation auszutauschen,<br />

denn Andreas beginnt schon bald zu<br />

erbrechen. Da <strong>komm</strong>en die Chemotherapie <strong>und</strong><br />

die gerade überstandene Narkose zusammen.<br />

Das, wovor er Angst hatte, ist nun eingetroffen.<br />

Es geht ihm richtig schlecht, <strong>und</strong> das Wissen,<br />

dass dieser Zustand Tage dauern kann, trägt<br />

nicht dazu bei, dass es ihm besser geht. Es ist<br />

ein furchtbares Gefühl für mich, Andreas jetzt allein<br />

lassen zu müssen, um wieder nach Hause zu<br />

fahren. Auch wenn ich ihm nicht viel helfen kann,<br />

ist uns Nähe doch sehr wichtig.<br />

Der nächste Tag bringt weitere Spritzen <strong>und</strong><br />

Infusionen, die Teil der Chemotherapie sind. Und<br />

wieder <strong>komm</strong>en Übelkeit <strong>und</strong> Erbrechen, st<strong>und</strong>enlang.<br />

Heute endlich bittet der zuständige Arzt<br />

mich zu sich, um das Behandlungsschema zu erläutern.<br />

Auch wenn es eine furchtbare Sache ist,<br />

können wir uns doch darauf einstellen <strong>und</strong> versuchen,<br />

uns an den Gedanken zu gewöhnen. Nun<br />

10<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Neue Bücher, Berg, 1028 Tage mit Andreas<br />

erfahre ich, dass der Tumor in Andreas’ Körper<br />

ein sehr aggressiver Knochentumor mit Namen<br />

„Ewing-Sarkom“ ist. Dieser Tumor <strong>komm</strong>t normalerweise<br />

eher bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

vor <strong>und</strong> breitet sich sehr schnell aus. Das bedeutet:<br />

Die Gefahr ist sehr groß, dass sich Metastasen<br />

bilden. Die Chemotherapie muss deshalb<br />

entsprechend stark <strong>und</strong> aggressiv sein. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong> soll Andreas alle drei Wochen für zwei<br />

Tage in Berlin-Buch die Chemotherapie in Form<br />

von Injektionen <strong>und</strong> Infusionen be<strong>komm</strong>en <strong>und</strong><br />

dazwischen zusätzlich Spritzen im Hennigsdorfer<br />

Krankenhaus. Dort arbeitet sein Bruder Thomas<br />

als Krankenpfleger <strong>und</strong> wir kennen seinen Chef,<br />

einen netten Arzt. Nach einigen Monaten soll Andreas<br />

eine Strahlentherapie be<strong>komm</strong>en <strong>und</strong> danach<br />

noch einmal eine Chemotherapie. Zur Prognose<br />

möchte kein Arzt etwas sagen, <strong>und</strong> inzwischen<br />

wissen wir, dass die Heilungschancen erheblich<br />

sinken, wenn der Tumor nicht entfernt<br />

werden kann. Wir fragen uns, ob die ganze Behandlung<br />

überhaupt sinnvoll ist. Doch wir sind<br />

nicht nach unserem Einverständnis gefragt worden,<br />

<strong>und</strong> so hoffen wir einfach, dass Gott die Behandlung<br />

benutzt, um Andreas zu heilen.<br />

Nach zwei Tagen Chemotherapie ist Andreas<br />

körperlich völlig erledigt <strong>und</strong> erbricht sich noch<br />

bis zum Abend des dritten Tages. An Essen ist<br />

nicht zu denken; wir sind schon froh, wenn er etwas<br />

Flüssigkeit bei sich behält. Am vierten Tag<br />

kann er zum ersten Mal etwas Milchsuppe essen,<br />

<strong>und</strong> wir hoffen schon, dass es besser wird.<br />

Doch dann tritt eine der vielen Nebenwirkungen<br />

einer Chemotherapie ein, nämlich dass die<br />

Anzahl der Leukozyten, der weißen Blutkörperchen,<br />

drastisch sinkt <strong>und</strong> somit die Anfälligkeit<br />

für Infektionen sehr groß ist. Die M<strong>und</strong>schleimhaut<br />

entzündet sich furchtbar <strong>und</strong> Andreas kann<br />

nur mit Mühe <strong>und</strong> unter Schmerzen etwas Flüssignahrung<br />

zu sich nehmen. Wir hoffen immer<br />

noch, dass er bald nach Hause <strong>komm</strong>t, aber dazu<br />

muss der Leukozytenwert eine bestimmte Grenze<br />

überschreiten; doch Andreas’ Wert liegt deutlich<br />

darunter. Als Folge davon be<strong>komm</strong>t er im Anschluss<br />

auch noch Fieber, weshalb er nach einigen<br />

Tagen ein Antibiotikum be<strong>komm</strong>en muss.<br />

Ich arbeite jetzt nicht mehr regelmäßig im Altenheim,<br />

da ich Andreas sonst nicht täglich besuchen<br />

könnte. Leider ist gerade Urlaubszeit <strong>und</strong><br />

die Besetzung ist minimal, <strong>und</strong> so mache ich wenigstens<br />

die Lebensmitteleinkäufe; das andere<br />

übernehmen meine netten Kolleginnen. Ich bin<br />

sehr froh, in einer Einrichtung zu arbeiten, wo die<br />

Mitarbeiter Verständnis für unsere Situation haben<br />

<strong>und</strong> uns unterstützen, wo sie können. So viel<br />

Zeit wie möglich verbringe ich bei Andreas, <strong>und</strong><br />

seine Familie <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e besuchen ihn auch,<br />

sooft sie können.<br />

Dreizehn Tage nach der ersten Chemotherapie<br />

fallen ihm die Haare aus. Zwar hatte er sowieso<br />

immer einen kurzen „Igelschnitt“, aber mit<br />

völlig kahlem Kopf <strong>sieh</strong>t er nun noch schmaler<br />

aus, als er ohnehin ist. Die Haare fallen jedoch<br />

nicht mit einem Mal aus, sondern bleiben teilweise<br />

noch locker am Kopf. Andreas bittet mich,<br />

die schon losen Haare herauszuziehen. Es ist ein<br />

sehr seltsames Gefühl, das zu tun, doch durch<br />

seine lustigen Bemerkungen verliert die Situation<br />

etwas an Tragik. Ich bin froh, dass es für ihn<br />

kein Problem darstellt, jetzt erst einmal mit einer<br />

Glatze zu leben. Als Frau hätte ich sicher mehr<br />

Probleme damit <strong>und</strong> auch eine Perücke ist dann<br />

nicht immer wirklich hilfreich.<br />

Wenn ich nach meinen Besuchen bei Andreas<br />

nach Hause <strong>komm</strong>e, treffe ich mich oft mit<br />

seinen Eltern <strong>und</strong> Geschwistern, die fast alle in<br />

Neubrück wohnen, <strong>und</strong> wir sitzen zusammen<br />

<strong>und</strong> reden. Diese familiäre Gemeinschaft tut mir<br />

unheimlich gut <strong>und</strong> hilft, vieles zu verarbeiten.<br />

Auch Peter <strong>und</strong> Ruth, gute Fre<strong>und</strong>e von uns, sind<br />

immer zu Gesprächen bereit. Das trägt dazu bei,<br />

dass ich mich nicht zu einsam fühle. Auch erreichen<br />

uns viele Briefe <strong>und</strong> Nachrichten von Geschwistern,<br />

die für uns beten. Wir spüren sehr<br />

deutlich, wie wir durch die Gebete getragen werden.<br />

„Hochzeitsreise“ auf dem Tandem<br />

Am Montag, dem 28. August, stellen wir an<br />

Andreas’ Brustkorb eine dicke Stelle fest. Jeder,<br />

der schon etwas mit Krebs zu tun hatte, weiß,<br />

was das bedeuten kann. Wir erinnern uns an<br />

die Aussagen des Arztes <strong>und</strong> haben nun natürlich<br />

große Angst, dass Andreas Metastasen haben<br />

könnte. Sind wir nicht schon längst an der<br />

Grenze der zumutbaren Belastung angelangt?<br />

Wir flehen zu Gott, dass Er es nicht noch schlimmer<br />

<strong>komm</strong>en lässt, aber oft fehlen uns sogar die<br />

Worte zum Beten, <strong>und</strong> wir sind froh, dass Gott<br />

uns auch ohne Worte versteht <strong>und</strong> dass andere<br />

für uns beten.<br />

Silke Berg<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

11


Bibelarbeit<br />

Antworten auf Fragen des<br />

Herrn Jesus<br />

Wer sagt ihr, dass ich sei? (Mt 16,15; Mk 8,29; Lk 9,20)<br />

Wie reagierst du auf eine Frage? Komische<br />

Frage, ich weiß! Aber nochmal, wie reagierst<br />

du darauf? Na klar, du wirst eine<br />

Antwort geben. Aber so einfach ist das nicht immer.<br />

Bevor du antwortest, wirst du mehr oder<br />

weniger bewusst an folgenden Aspekten gedanklich<br />

vorbei<strong>komm</strong>en:<br />

• Verständlichkeit der Frage (weißt du, was gemeint<br />

ist?)<br />

• Motiv des Fragenden (warum fragt er dich,<br />

was bezweckt er?)<br />

• Ehrliche Antwort (was könntest du wirklich<br />

dazu sagen?)<br />

• Tatsächliche Antwort (wie antwortest du?)<br />

• Gefühle zu Frage <strong>und</strong> Antwort (was empfindest<br />

du dabei?)<br />

• Konsequenz (ändert sich jetzt etwas bei dir?)<br />

Stell dir vor, ein Autofahrer wird von seinem Autohaus<br />

angerufen. Er wird gefragt: „Wie zufrieden<br />

sind Sie mit der Wartung, die wir letzte Woche<br />

durchgeführt haben? Bitte geben Sie eine<br />

Bewertung auf einer Skala von 1 bis 10.“ Da er<br />

nicht weiß, ob 1 oder 10 gut ist, fragt er nach <strong>und</strong><br />

erfährt, dass 1 schlecht <strong>und</strong> 10 gut ist.<br />

Ihm geht durch den Kopf, warum sie wohl fragen.<br />

Seine Gedanken sind: „Hilft oder schadet<br />

es dem Serviceberater, wenn ich zufrieden oder<br />

unzufrieden bin? Oder ist das vielleicht ein Werbetrick,<br />

<strong>und</strong> sie wollen mich nur wieder im Autohaus<br />

sehen, damit ich bald einen neuen Wagen<br />

kaufe? Die Wartung selbst war gut, da gab<br />

es nichts auszusetzen. An der Kasse waren sie<br />

etwas unfre<strong>und</strong>lich zu mir. Aber ich fand es toll,<br />

dass ich nicht warten musste <strong>und</strong> dass das Auto<br />

sogar noch gewaschen wurde. Alles in allem war<br />

das doch prima!“<br />

Daher entscheidet er nun, die Unfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

zu vergessen, <strong>und</strong> antwortet: „Ich bin sehr<br />

zufrieden <strong>und</strong> vergebe mit der 10 gerne die beste<br />

Note.“<br />

Nach dem Gespräch überlegt er, dass er eigentlich<br />

schon im Autohaus etwas hätte sagen<br />

können. Zum Beispiel: „Das haben Sie gut gemacht!<br />

Alles haben Sie pünktlich erledigt <strong>und</strong><br />

mir sogar noch eine Autowäsche spendiert! Vielen<br />

Dank!“ Aber das hatte er nicht. Daher nimmt<br />

er sich vor, beim nächsten Mal gleich ein Feedback<br />

zu geben <strong>und</strong> sich für die Arbeit zu bedanken.<br />

Darüber würde sich der Mitarbeiter freuen.<br />

So kann eine Frage die Gedanken bewegen,<br />

eine Antwort bewirken, zum Nachdenken <strong>und</strong> sogar<br />

zu Veränderungen anregen.<br />

12<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Bibelarbeit<br />

Der Herr Jesus hat häufig Fragen gestellt. Es<br />

waren keine Fragen, um etwas zu erfahren, was<br />

Er noch nicht wusste. Vielmehr wollte Er eine Reaktion<br />

seines Gesprächspartners, eine Antwort,<br />

die dessen Gedanken offenlegte. Und meistens<br />

wollte der Herr eine Veränderung anstoßen.<br />

Noch heute sind die Fragen des Herrn Jesus Impulsgeber<br />

für uns, wenn wir zulassen, dass Er<br />

diese Frage direkt an uns richtet.<br />

Lass auch dir heute die Frage stellen: „Ihr<br />

aber, wer sagt ihr, dass ich sei?“ (Mt 16,15)<br />

Wir können nachlesen, was Petrus sagte:<br />

„Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen<br />

Gottes.“ Eine w<strong>und</strong>erbare Antwort. Aber jetzt zu<br />

dir: Was sagst du, wer der Christus ist? Und bitte<br />

nicht die Antwort des Petrus einfach<br />

ablesen, das gilt nicht!<br />

Ist die Frage klar? Es geht ganz<br />

persönlich um dich <strong>und</strong> was du<br />

sagst, das heißt, wovon du überzeugt<br />

bist, wer Er (für dich) ist. Die<br />

Frage, was andere über Ihn denken,<br />

ist hier nicht gemeint, auch wenn<br />

sie interessant ist. Nun denke ernsthaft<br />

darüber nach! Ich empfehle<br />

dir, ein Blatt Papier zu nehmen <strong>und</strong><br />

„Brainstorming“ zu machen. Schreibe<br />

alles auf, was dir einfällt. Wie<br />

<strong>sieh</strong>st du den Herrn Jesus? Welche<br />

Beziehung hast du zu Ihm? Was ist<br />

dir an Ihm wichtig? Worüber staunst<br />

du? Johannes 1 kann dir dabei helfen.<br />

Lies es <strong>und</strong> finde die Namen<br />

<strong>und</strong> Bezeichnungen für unseren<br />

Herrn. Damit wird deine Liste vielleicht<br />

noch ergänzt. Wir lesen von<br />

Ihm als dem „Wort“, dem „Lamm<br />

Gottes“ <strong>und</strong> dem „Sohn Gottes“,<br />

was ja auch Petrus als Antwort gab.<br />

Du wirst noch viel mehr in diesem<br />

Kapitel finden! Es gibt in der ganzen Bibel zahlreiche<br />

Hinweise darauf, wer der Herr ist, so auch<br />

die prophetisch angekündigten Namen in Jesaja<br />

9,6. Übrigens hat Petrus in seinen Briefen weitere<br />

schöne Bezeichnungen für unseren Herrn<br />

verwendet (das „Lamm ohne Fehl <strong>und</strong> ohne Flecken“<br />

in 1. Petrus 1,19 ist nur ein Beispiel davon).<br />

So, jetzt bist du dran mit einer Antwort: Wer<br />

ist der Herr Jesus, was sagst du? Bleibe bei jedem<br />

Begriff, den du auf deiner Liste hast, kurz<br />

stehen <strong>und</strong> frage dich ganz ernsthaft: Siehst du<br />

Ihn schon so, weißt du, was damit verb<strong>und</strong>en ist?<br />

Du wirst merken, dass dir mit jedem Namen, der<br />

auf deiner Liste steht, immer neue <strong>und</strong> w<strong>und</strong>erschöne<br />

Aspekte unseres Herrn groß werden. Bei<br />

einigen Begriffen wirst du aus dem Staunen nicht<br />

heraus<strong>komm</strong>en. Sag Ihm im Gebet, was Er für<br />

dich ist, <strong>und</strong> preise Ihn dafür!<br />

Darüber, dass der Herr Jesus „das Wort“ ist,<br />

staune ich jedes Mal neu. Der allmächtige Gott<br />

redet mit mir ganz verständlich durch seinen<br />

Sohn aus dem Himmel! Ich darf verstehen, was<br />

Er mir sagt, wenn ich die Bibel lese. Dazu <strong>komm</strong>t,<br />

dass dieses Wort so mächtig ist, Erde, Himmel<br />

<strong>und</strong> alles andere der Schöpfung ins Dasein zu rufen.<br />

Dieses Wort gibt uns das eigentlich wichtige<br />

Leben mit Ewigkeitswert, denn von jedem Wort,<br />

das durch den M<strong>und</strong> Gottes ausgeht, sollen wir<br />

leben (das antwortete der Herr Jesus dem Teufel,<br />

es steht in Matthäus 4,4). Ganz bewusst will ich<br />

Ihn zu mir reden lassen, will es zulassen, dass Er<br />

mich mit seinem Wort prägen <strong>und</strong> verändern will.<br />

Es soll mich immer wieder zum Danken bringen!<br />

Spätestens jetzt wird deutlich, mit welchem<br />

Ziel der Herr Jesus diese Frage stellt. Er möchte,<br />

dass wir Ihm eine Antwort darauf geben, indem<br />

wir im Wort Gottes über Ihn lesen <strong>und</strong> mit Hilfe<br />

des Heiligen Geistes im Gebet darüber nachdenken.<br />

Wir werden über Ihn staunen, <strong>und</strong> das Ergebnis<br />

wird Anbetung sein. Er wird uns im Alltag<br />

groß werden. Das wiederum wird unser Vertrauen<br />

<strong>und</strong> unsere Abhängigkeit von Ihm stärken, so<br />

dass uns die Gemeinschaft mit Ihm immer wichtiger<br />

wird <strong>und</strong> wir im Glauben wachsen.<br />

Ich kann dich nur ermutigen, auf die Frage<br />

des Herrn Jesus „Wer sagt ihr, dass ich sei?“ zu<br />

antworten – <strong>und</strong> das immer wieder neu. Höre<br />

nicht damit auf! Vielleicht möchtest du alle Namen,<br />

die du in der Bibel über Ihn findest, farblich<br />

kennzeichnen. Das hilft beim Antworten! Und<br />

beim Staunen!<br />

Peter Schmitz<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

13


Bibelstudium<br />

Der Brief an die Philipper<br />

im Vogelflug<br />

Kapitel 3<br />

Für den Apostel gab es trotz widriger Umstände<br />

immer wieder Anlässe, sich zu freuen. Darin<br />

ist er den Gläubigen ein mutmachendes Vorbild.<br />

Was war denn das Geheimnis seines Friedens<br />

<strong>und</strong> seiner Freude in der Gefangenschaft in<br />

Rom? Die Antwort finden wir unter anderem in<br />

diesem Kapitel.<br />

Kapitel 3 ist eine eindrucksvolle Ergänzung<br />

zu Kapitel 2. In Kapitel 2 erhalten wir eine kurze,<br />

sehr inhaltsreiche Beschreibung des Herrn Jesus,<br />

der Mensch wurde <strong>und</strong> sich selbst erniedrigte: Er<br />

wurde gehorsam bis zum Tod. Darin ist Er für uns<br />

ein Vorbild an Demut. In Kapitel 3 ist Er das Ziel<br />

des Weges der Gläubigen, eines Weges, der bei<br />

Ihm in der Herrlichkeit endet.<br />

Paulus wollte gern, dass auch die Philipper<br />

sich im Herrn erfreuten. So beginnt er dieses Kapitel<br />

mit den Worten: „Im Übrigen, meine Brüder,<br />

freut euch in dem 1 Herrn!“ (V. 1). Damit will der<br />

Apostel den Blick der Philipper auf den erhöhten<br />

Herrn richten.<br />

Böse Arbeiter<br />

1<br />

Vor „Herr“ fehlt an dieser Stelle im Griechischen der Artikel. In der Regel<br />

fehlt er im Neuen Testament dort, wo es um Gott bzw. um den Herrn Jesus als<br />

den erhöhten Herrn geht.<br />

Bevor der Apostel jedoch über den Herrn Jesus in<br />

der Herrlichkeit spricht, geht er auf eine schlimme<br />

Gefahr ein, der die Philipper ausgesetzt waren,<br />

die Gefahr des Judaismus. Er schreibt mit<br />

sehr scharfen Worten über diese falschen Arbeiter<br />

<strong>und</strong> nennt sie H<strong>und</strong>e, böse Arbeiter <strong>und</strong> die<br />

Zerschneidung. Zur damaligen Zeit gab es umherziehende<br />

Lehrer jüdischer Herkunft, man hat<br />

sie auch Judaisten genannt. Sie gaben sich als<br />

Christen aus <strong>und</strong> besuchten junge Gemeinden<br />

mit dem Ziel, die Gläubigen zum Judentum zurückzuführen.<br />

Diese judaisierenden Arbeiter waren eine tödliche<br />

Gefahr für die jungen Christen. Der Apostel<br />

entlarvt sie vor allem im Brief an die Galater.<br />

Sie lehrten die Gläubigen, sie müssten sich beschneiden<br />

lassen, um an den Segnungen teilhaben<br />

zu können, die Gott Abraham einmal verheißen<br />

hatte. Wenn die Gläubigen sich jedoch beschneiden<br />

ließen, bedeutete das, dass sie sich<br />

damit auf die Gr<strong>und</strong>lage des Gesetzes stellten.<br />

Auf diese Weise wollten diese Gesetzeslehrer die<br />

Gläubigen zum Judentum <strong>und</strong> unter die Knechtschaft<br />

des Gesetzes zurückführen. Das ist der<br />

Gr<strong>und</strong>, weshalb der Apostel diese scharfen Bezeichnungen<br />

für sie gebraucht. Wenn die Gläubigen<br />

sich beschneiden ließen, wurden sie im<br />

Gr<strong>und</strong>e zerschnitten, das heißt von Christus abgeschnitten.<br />

Oder anders ausgedrückt: Die Gnade<br />

wurde für sie zerschnitten; sie fielen damit<br />

aus der Gnade.<br />

Demgegenüber nennt der Apostel in den<br />

nächsten Versen vier wichtige Kennzeichen wahrer<br />

Christen:<br />

1. Beschneidung: Zuerst einmal sind echte<br />

Christen die Beschneidung; dabei geht es<br />

nicht etwa um eine Beschneidung im Fleisch,<br />

die mit Händen geschieht, sondern um eine<br />

Beschneidung des Herzens (vgl. Röm 2,28.29).<br />

Ein Christ ist jemand, der im Prinzip das Fleisch<br />

radikal verurteilt <strong>und</strong> gekreuzigt hat.<br />

14<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Bibelstudium<br />

2. Dienen durch den Geist Gottes: Dann sind<br />

Christen Menschen, die durch den Geist Gottes<br />

Gott dienen. Weil sie das Fleisch an den Platz<br />

des Todes verweisen, ist ihr Leben ein Dienst<br />

für Gott (vgl. 1Thes 1,9.10).<br />

3. Sich Christi Jesu rühmen: Christen sind<br />

Menschen, die sich Christi Jesu rühmen <strong>und</strong><br />

nicht auf eigene Vorzüge, Errungenschaften<br />

oder Leistungen stolz sind. Sie wissen, dass<br />

sie durch Ihn von ihrer unverbesserlichen sündigen<br />

Natur <strong>und</strong> von der Knechtschaft der<br />

Sünde erlöst sind <strong>und</strong> dass sie Ihm alles zu<br />

verdanken haben, der für sie gestorben ist. Aller<br />

Ruhm gehört einzig <strong>und</strong> allein Ihm.<br />

4. Nicht auf Fleisch vertrauen: Schließlich<br />

vertrauen Christen nicht auf das Fleisch, weder<br />

auf ihr eigenes Fleisch noch auf das Fleisch<br />

anderer Menschen. Sie vertrauen durch den<br />

Glauben allein auf Gott, ihren Vater, <strong>und</strong> auf<br />

ihren Erlöser Jesus Christus.<br />

Diese prägnanten Kennzeichen wahrer Christen<br />

stehen in krassem Gegensatz zu der Vorgehensweise<br />

<strong>und</strong> den Kennzeichen der bösen Arbeiter.<br />

Im Folgenden zeigt<br />

der Apostel, dass er sich<br />

durchaus mit den Judaisten<br />

messen konnte.<br />

Er hatte von Natur aus<br />

sogar Vorzüge, die sie<br />

nicht aufzuweisen hatten<br />

(V. 4–6). Er war am<br />

achten Tag beschnitten<br />

worden, er war von Geburt<br />

ein Israelit, er gehörte<br />

zu dem bevorrechtigten<br />

Stamm, dessen<br />

Mutter Rahel, die geliebte<br />

Frau Jakobs, war.<br />

Er war Hebräer von Hebräern,<br />

beide Elternteile<br />

waren jüdischer Abstammung; er hatte es mit<br />

dem Halten des Gesetzes sehr genau genommen,<br />

wie auch die Pharisäer allgemein das taten,<br />

wobei Paulus kein Heuchler war wie die meisten<br />

der Pharisäer. Er war überaus eifrig in der<br />

Verteidigung der jüdischen Religion gewesen, indem<br />

er sich dafür einsetzte, dass alle Abweichler<br />

– für die er die Christen hielt – ins Gefängnis<br />

geworfen oder getötet wurden. Er hatte die<br />

Christen mit gutem Gewissen verfolgt. Schließlich<br />

schreibt er, dass er im Blick auf die Gerechtigkeit,<br />

die im Gesetz ist, für untadelig bef<strong>und</strong>en<br />

wurde. Die genaue Befolgung des Gesetzes bedeutete<br />

für ihn, dass er im Fall einer Übertretung<br />

Vergessend, was dahinten,<br />

<strong>und</strong> mich ausstreckend<br />

nach dem, was vorn ist,<br />

jage ich,<br />

das Ziel anschauend,<br />

hin zu dem Kampfpreis<br />

der Berufung Gottes<br />

nach oben<br />

in Christus Jesus.<br />

die entsprechenden Opfer darbrachte. Gab es<br />

viele Juden, die derartige religiöse Vorzüge hatten?<br />

Doch dann schreibt er, dass ihm alle diese<br />

Vorzüge nicht nur nichts bedeuteten, sondern<br />

dass er sie für Verlust hielt. Sein Leben vor seiner<br />

Bekehrung war eine Verlustrechnung. Es war<br />

alles umsonst! Nichts davon hatte vor Gott Bestand.<br />

Und er konnte alle diese Dinge für Verlust<br />

achten, weil er Christus Jesus kennengelernt hatte.<br />

Neben Ihm hatten diese „Vorzüge“ keinerlei<br />

Bedeutung.<br />

Wie hell leuchtete die Gnade, als der Herr Jesus<br />

Paulus auf dem Weg nach Damaskus erschien<br />

<strong>und</strong> ihn ein großes Licht umstrahlte (Apg 9). Er<br />

wurde zu Boden geworfen <strong>und</strong> war einige Tage<br />

blind. Das waren die Tage, in denen er seine völlige<br />

Sündhaftigkeit gründlich erkannte, sich bekehrte<br />

<strong>und</strong> fortan dem Herrn Jesus nachfolgte<br />

<strong>und</strong> Ihm diente. Er hatte Ihn in seiner Herrlichkeit<br />

<strong>und</strong> Vortrefflichkeit erkannt. Die Herrlichkeit des<br />

erhöhten Herrn überwältigte ihn <strong>und</strong> gab seinem<br />

Leben eine von Gr<strong>und</strong> auf andere Richtung.<br />

Neben diesem w<strong>und</strong>erbaren Herrn waren alle<br />

seine religiösen Errungenschaften null <strong>und</strong> nichtig.<br />

Er erachtete sie für Dreck (eig. Kot, Ausscheidung).<br />

Ihm lag nur noch<br />

daran, Christus zu gewinnen<br />

<strong>und</strong> in Ihm gef<strong>und</strong>en<br />

zu werden. Obwohl<br />

er Christus seit<br />

nahezu dreißig Jahren<br />

kannte <strong>und</strong> Ihm hingegeben<br />

gedient hatte,<br />

wollte er Ihn doch immer<br />

mehr gewinnen.<br />

Er sehnte sich nach einer<br />

tieferen Beziehung<br />

zu Ihm. Er wollte in Ihm<br />

gef<strong>und</strong>en werden. Wer<br />

Paulus sah, sollte Christus<br />

in ihm sehen können.<br />

Alles eigene Tun –<br />

wie das Halten des Gesetzes zur Erlangung eigener<br />

Gerechtigkeit – war dabei nur hinderlich.<br />

Dann nennt der Apostel vier Dinge, nach denen<br />

er sich ausstreckte:<br />

1. Er wollte Christus erkennen.<br />

2. er wollte die Kraft seiner Auferstehung erkennen<br />

3. <strong>und</strong> die Gemeinschaft seiner Leiden bis zum<br />

Tod erfahren <strong>und</strong> dann<br />

4. auf irgendeine Weise zur Auferstehung aus<br />

den Toten gelangen.<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

15


Bibelstudium<br />

Christus erkennen<br />

Paulus kannte Christus seit vielen Jahren, doch er<br />

wollte Ihn besser <strong>und</strong> tiefer erkennen oder kennenlernen.<br />

Irdische Dinge waren ihm unbedeutend<br />

geworden. Für ihn zählte nur Christus; das<br />

Leben war für ihn Christus (1,21). Die Erkenntnis<br />

Christi war für ihn das Vortrefflichste, was es gab<br />

(3,8). Alles andere verblasste vor diesem Hintergr<strong>und</strong>.<br />

Die Kraft seiner Auferstehung<br />

Die Kraft seiner Auferstehung ist die Kraft, mit<br />

der Gott den Herrn Jesus auferweckt hat: „…<br />

<strong>und</strong> welches die überragende Größe seiner Kraft<br />

an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit<br />

der Macht seiner Stärke, in der er gewirkt hat in<br />

dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte“<br />

(Eph 1,19.20). Gott hat diese Kraft nicht<br />

nur an Christus wirksam werden lassen, als Er<br />

Ihn auferweckte, sondern Er erweist sie an jedem,<br />

der zum Glauben <strong>komm</strong>t. Mit dieser Kraft<br />

hat Gott die Gläubigen aus dem Zustand des<br />

Todes emporgehoben, <strong>und</strong> in dieser Kraft können<br />

Gläubige ihren Weg zur Ehre Gottes gehen. Paulus<br />

wollte diese Kraft immer mehr erkennen <strong>und</strong><br />

wünschte, dass sie die wirksame Kraft in seinem<br />

Leben wäre.<br />

Die Gemeinschaft seiner Leiden<br />

Der Apostel wollte aber auch die Gemeinschaft,<br />

d. h. die Teilhabe der Leiden des Herrn erfahren.<br />

Das geschieht durch ein Leben mit dem Herrn<br />

<strong>und</strong> im Dienst für Ihn. Niemand kann dem Herrn<br />

in einer Welt, die Ihn verworfen hat, nachfolgen<br />

<strong>und</strong> Ihm dienen, ohne seine Verwerfung zu teilen<br />

<strong>und</strong> die gegen Ihn gerichtete Feindschaft zu<br />

erfahren. Das Leben unseres Herrn war ein Leben<br />

der Leiden. Er litt durch Mitempfinden, durch<br />

Vorempfinden, um der Gerechtigkeit willen <strong>und</strong><br />

schließlich für unsere Sünden. An den zuletzt genannten<br />

Leiden für die Sünde kann niemand der<br />

Gläubigen Anteil haben, wohl aber an den drei<br />

ersten Arten von Leiden. Paulus wollte in den Leiden<br />

für Christus die Gemeinschaft mit Ihm erfahren,<br />

auch wenn das bedeutete, dass er durch den<br />

Tod gehen müsste.<br />

Geringes. Natürlich hätte er die Entrückung gern<br />

miterlebt, wie auch wir sie heutzutage gern miterleben<br />

würden, doch wenn er sein Leben für<br />

Christus lassen würde – <strong>und</strong> nach der Überlieferung<br />

ist das wenige Jahre später geschehen –,<br />

so würde er an der Auferstehung aus den Toten<br />

teilhaben. Das ist die Heraus-Auferstehung aus<br />

den Toten. 2 Dann würde er auch in dieser Hinsicht<br />

Christus gleichgestaltet werden: sowohl in<br />

seinem Tod als auch in seiner Auferstehung. Er<br />

wollte also nicht nur die Kraft der Auferstehung<br />

Christi in seinem Leben erkennen <strong>und</strong> erfahren,<br />

sondern auch dann, wenn sein Leib in der Auferstehung<br />

zum Leben erweckt würde. Dieser<br />

Wunsch des Apostels wird in Erfüllung gehen,<br />

wenn der Herr zur Entrückung der Seinen wieder<strong>komm</strong>t<br />

<strong>und</strong> Er zugleich alle Entschlafenen auferweckt<br />

(vgl. 1Thes 4,16; Phil 3,20.21).<br />

Ergriffen<br />

Paulus hielt sich nicht dafür, dass er all das, was<br />

er soeben beschrieben hatte, ergriffen hatte<br />

oder darin vollendet war. Er setzte aber alles daran,<br />

es zu ergreifen. Vor allem aber wusste er,<br />

dass er von Christus Jesus ergriffen worden war.<br />

Eins aber war ihm über alles wichtig, <strong>und</strong> danach<br />

jagte er: Er wollte vergessen, was hinter ihm lag,<br />

<strong>und</strong> sich nach dem ausstrecken, was vorn war.<br />

Was lag denn hinter dem Apostel? Viele<br />

schwere Dinge: <strong>sieh</strong>e allein die lange Aufzählung<br />

all der Leiden im Dienst für den Herrn in 2.<br />

Korinther 11,23–33 (bitte in Ruhe lesen!). Paulus<br />

wollte nach vorn <strong>und</strong> nach oben schauen. Er<br />

wollte Christus gewinnen, er wollte Ihn erkennen,<br />

er streckte sich danach aus, dieses Ziel zu erreichen.<br />

Bei Christus zu sein, ist der Kampfpreis,<br />

die Belohnung für eine entschiedene <strong>und</strong> treue<br />

Nachfolge. Er würde das Ziel des Weges, den<br />

Kampfpreis der Berufung, Christus selbst, dann<br />

in Empfang nehmen, wenn er bei Ihm wäre.<br />

Was für eine Gesinnung, was für ein Ausrichtung!<br />

Wie sehr wünschte Paulus sich dieselbe<br />

Gesinnung bei den Philippern, diese geistliche<br />

Ausrichtung auf die Zukunft <strong>und</strong> auf den erhöhten<br />

Herrn. Und wenn einige der Geschwister in<br />

Philippi noch eine andere Ausrichtung hatten, so<br />

vertraute er darauf, dass Gott ihnen das deutlich<br />

machen würde.<br />

Auferstehung aus den Toten<br />

Wenn die Gemeinschaft der Leiden des Christus<br />

dahin führen würde, dass Paulus für den Herrn<br />

sterben sollte, so wusste er, dass er eines Tages<br />

in Christus auferstehen würde. Und das ist nichts<br />

2<br />

„Aus den Toten“ bedeutet, dass einige Menschen auferstehen, andere aber<br />

zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. Mt 17,9; Mk 6,14; 9,9.10; 12,25; Lk 9,7;<br />

16,31; 20,35; 24,46; Joh 2,22; 12,1.9.17; 20,9; 21,14; Apg 3,15; 4,2.10; 10,41;<br />

13,30.34; 17,3.31; Röm 4,24; 6,4.9.13; 7,4; 8,11; 10,7.9; 11,15; 1Kor 15,12.20;<br />

Gal 1,1; Eph 1,20; Phil 3,11; Kol 1,18; 2,12; 1Thes 1,10; 2Tim 2,8; Heb 11,19;<br />

13,20; 1Pet 1,3.21).<br />

16<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Bibelstudium<br />

Seid zusammen meine Nachahmer<br />

Wie so oft in den Briefen stellt der Apostel sich<br />

als nachahmenswertes Beispiel vor. Sie sollten<br />

aber nicht nur auf ihn schauen, sondern auch<br />

auf solche, die ihr Leben auf eine gute Weise wie<br />

der Apostel Paulus führten. Leider gab es jedoch<br />

auch „Christen“, die eine völlig andere Ausrichtung<br />

hatten.<br />

1. Sie waren Feinde des Kreuzes Christi<br />

2. Ihr Ende war das Verderben<br />

3. Ihr Gott war ihr Bauch<br />

4. Ihre Ehre lag in ihrer Schande<br />

5. Sie sannen auf das Irdische<br />

Hier ist nicht vorrangig die Frage, ob es dabei um<br />

wahre Gläubige oder um bloße Bekenner ging,<br />

sondern darum, dass sie sich Christen nannten,<br />

aber ein Leben führten, das dem Bekenntnis in<br />

keiner Weise gerecht wurde. Das Kreuz Christi,<br />

das das Ende des natürlichen Menschen ist, war<br />

ihnen ein Ärgernis. Diese Diskrepanz zwischen<br />

Bekenntnis <strong>und</strong> Leben zieht in jedem Fall Gericht<br />

nach sich, sei es nun ein zeitliches oder ein ewiges<br />

Gericht. Natürliche Bedürfnisse wie Essen<br />

<strong>und</strong> Trinken <strong>und</strong> ungezügeltes Ausleben der Sexualität<br />

hatten einen dominierenden Stellenwert.<br />

Für sie zählten letztlich nur die irdischen Dinge 3 .<br />

Unser Bürgertum<br />

Wie völlig anders ist die Ausrichtung solcher<br />

Christen, deren Bürgertum (Bürgerrecht, Gemeinwesen)<br />

in den Himmeln ist. Sie erwarten jederzeit<br />

die Rückkehr ihres Herrn als Heiland (Erretter)<br />

ihres Leibes. Wenn Er wieder<strong>komm</strong>t zur<br />

Entrückung, wird Er unsere schwachen, hinfälligen<br />

<strong>und</strong> sterblichen Leiber seinem Herrlichkeitsleib<br />

gleichgestalten. Er verfügt über die<br />

wirksame Kraft (energeia) dazu. Einmal hat Er<br />

durch sein Wort das gesamte Weltall erschaffen.<br />

In dieser Kraft wird Er alle Heimgegangenen auferwecken<br />

<strong>und</strong> die Lebenden umgestalten. Unter<br />

den Auferweckten wird auch der Apostel Paulus<br />

sein. Dann wird sich sein Wunsch erfüllen, <strong>und</strong> er<br />

wird hingelangen zur Auferstehung aus den Toten<br />

(vgl. V. 21).<br />

3<br />

Irdische Dinge sind an sich nicht verkehrt, sie werden aber zur Sünde, wenn<br />

man auf eine weltliche (sündige) Weise mit ihnen umgeht.<br />

Kapitel 4<br />

Nachdem der Apostel das vorige Kapitel mit der<br />

herrlichen Aussicht auf das Kommen des Herrn<br />

abgeschlossen hat, fordert er die Philipper nun<br />

auf, im Herrn – so wie Er jetzt in der Herrlichkeit<br />

ist – festzustehen. Der Herr ist das Vorbild im<br />

Blick auf Demut (Kap. 2), Er ist der Kampfpreis<br />

<strong>und</strong> das Ziel (Kap. 3), Er ist es auch, in dem die<br />

Gläubigen feststehen <strong>und</strong> ruhen dürfen. Sie sind<br />

von Gott geliebt, <strong>und</strong> auch der Apostel liebt sie.<br />

Weil der Apostel sie so liebt <strong>und</strong> sich nach ihnen<br />

sehnt, lässt er sie auch wissen, dass er sich über<br />

sie freut <strong>und</strong> dass sie seine Krone sind. Wenn er<br />

einmal in der Herrlichkeit der Auferstehungswelt<br />

ist, sind sie sein Lohn.<br />

Evodia <strong>und</strong> Syntyche<br />

Die beiden Schwestern Evodia <strong>und</strong> Syntyche<br />

verstanden sich nicht mehr. Sie hatten das eine<br />

Ziel nicht mehr vor Augen. Es war zu einer Entfremdung<br />

zwischen ihnen ge<strong>komm</strong>en. Wenn es<br />

so weit ge<strong>komm</strong>en ist, tut in der Regel jeder etwas,<br />

was den anderen verletzt. Allerdings sollte<br />

man auch nicht darüber hinweggehen, wo <strong>und</strong><br />

bei wem die erste Ursache lag. Paulus fordert in<br />

dem Brief den „Briefträger“ (Epaphroditus) auf,<br />

den beiden Schwestern beizustehen. Für die Beteiligten<br />

ist es oft schwierig, aus ihren Positionen<br />

herauszu<strong>komm</strong>en. Wie hilfreich kann es dann<br />

sein, wenn jemand da ist, der eine Entfremdung<br />

heilen kann. Was für ein großartiger Dienst ist<br />

der Dienst eines Friedensstifters (vgl. Mt 5,9).<br />

Wir hoffen sehr, dass der Herr in diesem Fall in<br />

Philippi Gnade gegeben hat, so dass die beiden<br />

Schwestern wieder im Herrn gleichgesinnt wurden.<br />

Andernfalls konnte es zu Parteiungen <strong>und</strong><br />

einem Auseinanderbrechen der Gemeinde <strong>komm</strong>en.<br />

Freude im Herrn<br />

Der Apostel fordert die Philipper auf, sich im<br />

Herrn zu freuen. Das war für sie in all den widrigen<br />

Umständen damals wichtig, der Apostel tat<br />

das in seinen widerwärtigen Umständen, <strong>und</strong> für<br />

uns in unseren Tagen ist es genauso wichtig.<br />

Freude in Not?<br />

Doch wie macht man das, dass man sich im<br />

Herrn freut? Entfremdung <strong>und</strong> Entzweiung führen<br />

zu notvollen Situationen. Das Gemüt wird<br />

belastet. Vielleicht hat man für eine Zeit keine<br />

Aussicht auf Änderung. Vielleicht ist man selbst<br />

angegriffen worden. Wie wichtig ist es da, mil-<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

17


Bibelstudium<br />

de zu reagieren, egal, ob man vonseiten Ungläubiger<br />

oder vonseiten Gläubiger angegriffen oder<br />

benachteiligt wird. Außerdem soll man sich bewusst<br />

sein oder werden, dass der Herr nahe ist.<br />

Heißt das, dass Er bald <strong>komm</strong>t oder dass Er uns<br />

jetzt nahe ist <strong>und</strong> alles, was uns geschieht, zur<br />

Kenntnis nimmt? Vielleicht bedeutet es beides,<br />

obwohl mir der Nachdruck auf Letzerem zu liegen<br />

scheint.<br />

Gebet <strong>und</strong> Danksagung<br />

Auch sollten sich die Philipper keine Sorgen machen.<br />

Beschäftigt man sich längere Zeit mit Negativem,<br />

verliert man das Positive aus dem Blick<br />

<strong>und</strong> neigt dazu, schwarz zu sehen oder sogar depressiv<br />

zu werden. Das Heilmittel besteht darin,<br />

sich mit dem Guten zu beschäftigen 4 <strong>und</strong> „durch<br />

Gebet <strong>und</strong> Flehen mit Danksagung“ die Anliegen<br />

vor Gott k<strong>und</strong>werden zu lassen. Das Hilfsmittel<br />

besteht darin, jederzeit zu beten. Und wenn<br />

die Not größer wird, kann man flehen (intensiver<br />

beten). Doch darf man bei allem Gebet <strong>und</strong> der<br />

Fürbitte das Danksagen nicht vergessen. Dann<br />

wird einem bewusst, wie viel Gutes Gott trotz aller<br />

Schwierigkeiten gibt. Eine w<strong>und</strong>erbare Folge<br />

stellt sich ein: Der Friede Gottes erfüllt das Herz<br />

<strong>und</strong> bewahrt die Gedanken, damit sie wieder aufgehellt<br />

<strong>und</strong> in eine gute Richtung gelenkt werden,<br />

das heißt unter anderem, sich wieder mit<br />

dem Guten zu beschäftigen.<br />

Alles, was … <strong>und</strong> wenn … es gibt, dies erwägt<br />

wahr<br />

würdig<br />

gerecht<br />

rein<br />

lieblich<br />

wohllautet<br />

irgendeine<br />

Tugend<br />

was wahrhaftig ist, was aufrichtig<br />

gemeint ist, was echt von Herzen<br />

<strong>komm</strong>t, was unbedingt richtig ist<br />

was ehrwürdig, erhaben, würdevoll<br />

<strong>und</strong> vornehm ist, was unserer hohen<br />

christlichen Stellung entspricht<br />

was richtig, rechtschaffen <strong>und</strong> gesittet<br />

in Beziehung zu Gott <strong>und</strong><br />

Menschen ist<br />

was keusch <strong>und</strong> züchtig ist – das<br />

Wort ist verwandt mit heilig<br />

was angenehm, fre<strong>und</strong>lich, wohlwollend<br />

<strong>und</strong> wohlgefällig ist – was bei<br />

anderen Zuneigungen hervorruft<br />

eig. gutsprechend, was ansprechend,<br />

andächtig, löblich, glücksverheißend<br />

<strong>und</strong> anziehend ist<br />

treffliche Eigenschaften, Tapferkeit,<br />

Wohlverhalten<br />

4<br />

Von J. N. Darby stammt der Ausspruch: „Das Geheimnis des Friedens im<br />

Innern <strong>und</strong> der Kraft nach außen ist, sich mit dem Guten zu beschäftigen, ja,<br />

sich immer <strong>und</strong> immer mit dem Guten zu beschäftigen.“<br />

irgendein Lob<br />

Beifall geben, gutheißen, zustimmen,<br />

zureden, raten, sich löblich äußern<br />

zu etwas, jemanden loben<br />

Über diese schönen Dinge sollen die Gläubigen<br />

nachdenken <strong>und</strong> sie zur gegebenen Zeit anderen<br />

gegenüber aussprechen. Wie wohltuend kann ein<br />

echtes Lob (nicht Schmeichelei!) sein. Auch gab<br />

es dabei ein schönes Vorbild: den Apostel selbst.<br />

Die Philipper hatten es<br />

• von Paulus empfangen,<br />

• von ihm gehört <strong>und</strong><br />

• an ihm gesehen.<br />

Wenn sie recht beteten, würde der Friede Gottes<br />

ihre Herzen erfüllen, <strong>und</strong> wenn sie die Aufforderungen<br />

der Verse 8 <strong>und</strong> 9 beachteten, würde der<br />

Gott des Friedens mit ihnen sein.<br />

Dank für die Gabe<br />

Paulus <strong>komm</strong>t nun bald zum Schluss des Briefes<br />

<strong>und</strong> teilt den Empfängern mit, wie sehr er sich<br />

über die Gabe, die Epaphroditus überbracht hatte,<br />

freute. Er erlaubt uns einen Blick in seine Gefängnisumstände.<br />

Es gab Tage des Mangels <strong>und</strong><br />

Tage des Überflusses. Er hatte gelernt, alles aus<br />

der Hand Gottes anzunehmen. Er scheint anzudeuten,<br />

dass es nicht viele waren, die in finanzieller<br />

Hinsicht an ihn dachten. Er hebt lobend hervor,<br />

dass die Philipper in der Hinsicht öfter an ihn<br />

gedacht hatten. Dabei ging es ihm nicht darum,<br />

dass er reichlich hatte, sondern dass der Herr<br />

die Philipper für ihr Geben überströmend segnen<br />

würde. Lieber hätte er für seine eigenen Bedürfnisse<br />

gearbeitet. Er war ein Diener des Herrn, der<br />

nicht seinen eigenen Vorteil <strong>und</strong> seine Absicherung<br />

suchte, sondern dessen Anliegen es war,<br />

dass Gott durch alles verherrlicht wurde <strong>und</strong> es<br />

Ihm wohlgefällig war.<br />

Paulus wusste, dass Gott sie für die Gabe segnen<br />

<strong>und</strong> ihnen alles Nötige geben würde. Dabei<br />

dachte er sicher nicht nur an finanziellen Segen<br />

für die Philipper, sondern auch an alle anderen<br />

geistlichen Bedürfnisse. Und indem Gott die Philipper<br />

segnete <strong>und</strong> sie Gott verherrlichten, würde<br />

sich der Kreis schließen.<br />

Der Brief endet mit seinen Grüßen, in die er<br />

alle Gläubigen in seiner Nähe einbezog, nicht zuletzt<br />

die aus dem Haus des Kaisers. Zu der Zeit<br />

war der grausame Nero Kaiser in Rom. Gut zu erfahren,<br />

dass es in seinem Haus Gläubige gab, die<br />

dem Kaiser treu dienten.<br />

„Die Gnade des Herrn Jesus Christus<br />

sei mit eurem Geist! Amen.“<br />

Werner Mücher<br />

18<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Zum Nachdenken<br />

Scheitern<br />

Was bedeutet scheitern? Nach dem Duden<br />

„ein angestrebtes Ziel o. Ä. nicht erreichen,<br />

keinen Erfolg haben, misslingen,<br />

missglücken, fehlschlagen“. Heute wird dieser<br />

Begriff benutzt, wenn Leute von der Erfolgsspur<br />

abge<strong>komm</strong>en sind oder es so aus<strong>sieh</strong>t, als sei alles<br />

umsonst gewesen.<br />

Wenn Paulus an Timotheus schreibt: „Du<br />

weißt dies, dass alle, die in Asien sind, sich von<br />

mir abgewandt haben“ (2Tim 1,15), dann erhebt<br />

sich hier beispielhaft die Frage, ob er (dort) letztlich<br />

gescheitert ist. Eine ähnliche Frage können<br />

wir in Bezug auf viele weitere biblische Personen<br />

stellen, z. B. wenn wir lesen, dass Mose nicht ins<br />

Land Kanaan durfte, Simson am Ende die Augen<br />

ausgestochen wurden, er in die Gefangenschaft<br />

der Philister kam <strong>und</strong> schließlich unter einem zusammenstürzenden<br />

Gebäude starb oder dass<br />

Salomo ein schlechtes Ende hatte.<br />

Fragen wir uns, was biblisches Scheitern ist,<br />

dann müssen wir uns zunächst einige Kategorien<br />

bewusst machen. Die göttlichen Ansprüche sind<br />

voll<strong>komm</strong>en, <strong>und</strong> wegen der Sündhaftigkeit <strong>und</strong><br />

auch wegen des Sündigens des Menschen kann<br />

ihnen niemand entsprechen. Aus dieser Perspektive<br />

müsste jeder scheitern. Durch den Glauben<br />

an Christus kann dem aber begegnet werden. Für<br />

gläubige Christen gilt als Maßstab die Bibel <strong>und</strong><br />

als Maxime ein heiliges Leben. Doch auch diesen<br />

Maßstäben kann keiner ganz entsprechen, was<br />

wiederum ein Scheitern in dieser Hinsicht bedeuten<br />

würde.<br />

Mose konnte durch Gottes Gnade vieles für<br />

Ihn bewirken, kam aber eben wegen seiner Sünde<br />

beim Schlagen des Felsens nicht ins Land Kanaan.<br />

Auch Salomo war vielen zum Segen, <strong>und</strong><br />

von ihm sind weite Teile des Buchs der Sprüche<br />

<strong>und</strong> das Buch Prediger in der Bibel überliefert.<br />

Simson tötete bei seinem Tod mehr Feinde als<br />

zu Lebzeiten <strong>und</strong> führte somit Gottes Auftrag bis<br />

kurz vor seinem Tod aus. Und Paulus schrieb weiter<br />

an Timotheus: „Ich habe den guten Kampf<br />

gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe<br />

den Glauben bewahrt; fortan liegt mir bereit die<br />

Krone der Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte<br />

Richter, mir zur Vergeltung geben wird an<br />

jenem Tag; nicht allein aber mir, sondern auch<br />

allen, die seine Erscheinung lieben“ (2Tim 4,7.8).<br />

Er war also ruhig in der Zuversicht, dass Gott<br />

(nach Paulus’ Tod) die richtige Einschätzung in<br />

Bezug auf sein Tun haben würde.<br />

Wie <strong>sieh</strong>t es nun mit unserem Scheitern aus?<br />

Wenn wir auf unser bisheriges Leben zurückschauen,<br />

können sicher auch wir Dinge nennen,<br />

von denen wir sagen würden, dass wir gescheitert<br />

sind. Handelt es sich dabei um eigenwillige<br />

Wege, dann haben wir noch die Möglichkeit, sie<br />

zu ändern (auch wenn wir manches nicht mehr<br />

rückgängig machen können). Wenn es mit anderen<br />

Menschen zusammenhängt <strong>und</strong> wir darauf<br />

keinen Einfluss (mehr) haben, können wir Gott<br />

das Problem anbefehlen, denn Er kann Änderung<br />

bewirken. Wenn es anderweitige Schwierigkeiten<br />

sind, sollten wir darum beten <strong>und</strong> uns von Gott<br />

richtiges Handeln zeigen lassen. Und schließlich<br />

kann es auch sein, dass wir meinen, gescheitert<br />

zu sein, dass Gottes Einschätzung aber eine andere<br />

ist. Und es gibt auch Beispiele in der Bibel,<br />

die deutlich machen, dass Gott manche unserer<br />

Wege zu unserem Nutzen „scheitern“ lässt:<br />

„Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken,<br />

<strong>und</strong> eure Wege sind nicht meine Wege,<br />

spricht der Herr. Denn wie der Himmel höher ist<br />

als die Erde, so sind meine Wege höher als eure<br />

Wege <strong>und</strong> meine Gedanken als eure Gedanken“<br />

(Jes 55,8.9).<br />

Etliche der Glaubenshelden in Hebräer 11<br />

hätten wir auf der Gr<strong>und</strong>lage der Berichte über<br />

sie sicher nicht als solche bezeichnet. Von ihnen<br />

können wir aber etwas in Bezug auf ihren Glauben<br />

lernen <strong>und</strong> von einigen auch etwas in Bezug<br />

auf ihre Treue <strong>und</strong> ihr Durchhalten. Schließlich<br />

können wir sehen, dass Gott oft andere Maßstäbe<br />

in Bezug auf Scheitern hat als wir, dass<br />

es aber auch an uns ist, nach seinen Maßstäben<br />

zu leben, damit unser Leben gelingen kann <strong>und</strong><br />

nicht scheitert.<br />

Jochen Klein<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

19


Ehe <strong>und</strong> Familie<br />

Vier Säulen einer Ehe<br />

Hingabe<br />

Gegenseitiger<br />

Respekt<br />

O dass du geachtet hättest auf meine Gebote!<br />

Dann wäre dein Frieden gewesen wie ein Strom<br />

<strong>und</strong> deine Gerechtigkeit wie Meereswogen (Jes<br />

48,18).<br />

Diese Worte, die der Heilige Geist einst an<br />

das Volk Israel richtete, gelten auch für das<br />

christliche Haus. Warum fehlt es in so vielen<br />

Häusern von Christen an den beiden Segnungen<br />

von Friede <strong>und</strong> Gerechtigkeit? Die beiden gehören<br />

untrennbar zusammen; es gibt keinen Frieden<br />

ohne Gerechtigkeit <strong>und</strong> keine Gerechtigkeit<br />

da, wo immerwährend Streit <strong>und</strong> Unfrieden herrschen.<br />

Warum hören wir von vielen Häusern von<br />

Gläubigen, dass sie scheitern. Die Antwort finden<br />

wir in dem oben zitierten Vers.<br />

Gott gab uns klare Gebote in Bezug auf das<br />

christliche Haus, <strong>und</strong> Männer Gottes schrieben<br />

w<strong>und</strong>erbare Bücher über diese Gebote. In<br />

den vergangenen Jahrzehnten wurden viele eindrückliche<br />

Vorträge <strong>und</strong> Seminare gehalten, die<br />

sich mit diesem Thema befassten, <strong>und</strong> dennoch<br />

steigt der Anteil der zerrütteten Familien unter<br />

solchen, die bekennen, wahre Christen zu sein,<br />

sprunghaft an. Warum ist das so? Die Antwort ist<br />

einfach: Weil man Gottes Gebote in Bezug auf die<br />

Ehe missachtet. Viele Ehepaare geben sich vorrangig<br />

mit weltlichen Dingen ab, viele vernachlässigen<br />

das Wort Gottes. Ist es dann erstaunlich,<br />

dass sie eines Tages feststellen müssen, dass sie<br />

ihr Haus auf Sand gebaut haben?<br />

Jedes christliche Heim muss auf folgenden<br />

vier Säulen ruhen: auf Hingabe, gegenseitiger<br />

Liebe, gegenseitigem Respekt <strong>und</strong> der Herrschaft<br />

Christi.<br />

Hingabe – das bedeutet uneingeschränkten<br />

Respekt für den B<strong>und</strong> der Ehe. Es handelt sich<br />

um eine vor Gott eingegangene Verbindung,<br />

nicht einfach um ein Stück Papier – mögen Ungläubige<br />

sagen, was sie wollen. Viele von ihnen<br />

leugnen ja sogar die Existenz Gottes! Aber ein<br />

Gläubiger, der um Gottes Heiligkeit weiß, muss<br />

an einer Verbindung, die er vor Gott eingegangen<br />

ist, festhalten. Die Ehe wurde von Gott gestiftet<br />

<strong>und</strong> der Herr Jesus hat gesagt: „Die zwei<br />

werden ein Fleisch sein. … Was nun Gott zusammengefügt<br />

hat, soll der Mensch nicht scheiden“<br />

(Mt 19,5.6).<br />

Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus<br />

die Versammlung geliebt <strong>und</strong> sich selbst für<br />

sie hingegeben hat (Eph 5,25).<br />

Der obenstehende Vers richtet sich an Ehemänner.<br />

Schließt irgendein Christ daraus,<br />

dass Ehefrauen ihre Männer nicht zu lieben brauchen?<br />

Gott ist Liebe, <strong>und</strong> wir werden ermahnt, einander<br />

zu lieben. Wir werden sogar aufgefordert,<br />

unsere Feinde zu lieben. Liebe ist das Hauptmerkmal<br />

von Christen. Der Herr hat gesagt, dass<br />

an dieser Liebe alle erkennen werden, dass wir<br />

seine Jünger sind. Warum also wird die Anweisung<br />

zu lieben den Männern gegeben? Dafür gibt<br />

es mindestens zwei Gründe.<br />

Der erste Gr<strong>und</strong> ist, dass eine Frau das Bedürfnis<br />

hat, sich von ihrem Mann geliebt zu wissen.<br />

Das gehört zu ihrer weiblichen Natur. Sie<br />

kann ohne Reichtum glücklich sein, aber niemals,<br />

wenn in ihrer Ehe die Liebe fehlt. „Wenn ein<br />

Mann allen Reichtum seines Hauses für die Liebe<br />

geben wollte, man würde ihn nur verachten“ (Hld<br />

8,7) – Das trifft in besonderem Maß für die Ehefrau<br />

zu. Der Satz „Ich liebe dich“ ist Musik für ihre<br />

Ohren <strong>und</strong> macht sie glücklich. Sie hätte nichts<br />

dagegen, ihn jeden Tag mehrmals zu hören, <strong>und</strong><br />

ein Mann sollte nicht zögern, diese Worte immer<br />

wieder zu sagen, vorausgesetzt, er handelt entsprechend.<br />

Eine so gelebte eheliche Beziehung<br />

ist gut für sie <strong>und</strong> für ihn: „So sind auch die Männer<br />

schuldig, ihre Frauen zu lieben wie ihre eigenen<br />

Leiber. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst“<br />

(Eph 5,28).<br />

Zweitens wird diese Ermahnung insbesondere<br />

den Ehemännern gegeben, weil sie dazu neigen,<br />

in ihrer Arbeit so sehr aufzugehen, dass sie die<br />

emotionalen Bedürfnisse ihrer Frauen vergessen.<br />

Allerdings sind heutzutage viele Ehefrauen ebenfalls<br />

berufstätig <strong>und</strong> benötigen im Gr<strong>und</strong>e dieselbe<br />

Ermahnung. Leider haben viele der Lüge geglaubt,<br />

Geld mache glücklich. Dabei ist die Liebe<br />

doch ein größerer Schatz als Gold! Liebe kann<br />

den Prüfungen des Lebens standhalten – Geld<br />

<strong>und</strong> Ruhm können das nicht! Es gibt viele arme<br />

Menschen, die eine glückliche Ehe führen, weil<br />

sie einander lieben. Auch ihre Kinder sind glücklicher<br />

<strong>und</strong> fühlen sich geborgener, weil sie die<br />

Liebe ihrer Eltern zueinander sehen <strong>und</strong> fühlen.<br />

20<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Ehe <strong>und</strong> Familie<br />

Liebe<br />

zueinander<br />

Ihr Frauen, seid euren eigenen Männern untergeordnet,<br />

als dem Herrn. Denn der Mann ist das<br />

Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt<br />

der Versammlung ist; er ist des Leibes Heiland<br />

…; die Frau aber, dass sie den Mann fürchte (Eph<br />

5,22.23.33).<br />

Christliche Ehen sollten den Belehrungen des<br />

Wortes Gottes <strong>und</strong> nicht den Trends unserer<br />

modernen Gesellschaft entsprechen. Doch traurigerweise<br />

sind viele Ehen von Gläubigen in einem<br />

erbärmlichen Zustand, weil göttliche Anweisungen<br />

vernachlässigt werden. Die eingangs zitierten<br />

Verse belehren uns über die Rolle der Frau, die<br />

selbstverständlich sehr wichtig für das Gedeihen<br />

der Ehe <strong>und</strong> das Glück von Eltern <strong>und</strong> Kindern ist.<br />

Während dem Ehemann in erster Linie gesagt<br />

wird, dass er seine Frau lieben soll, liegt der Nachdruck<br />

für die Frau darauf, dass sie sich ihrem Mann<br />

unterordnen <strong>und</strong> ihn respektieren soll. Ist damit<br />

gesagt, dass der Mann diktatorisch auftreten <strong>und</strong><br />

die Ansichten seiner Frau gar nicht berücksichtigen<br />

soll? Das ist keinesfalls gemeint, denn bevor<br />

den Frauen gesagt wird, dass sie sich ihren Männern<br />

unterordnen sollen, werden wir angewiesen,<br />

in der Furcht Christi „einander untergeordnet“ zu<br />

sein“ (Eph 5,21). Warum wird bei den Frauen der<br />

Nachdruck auf Respekt gelegt? Weil ein Ehemann<br />

von Natur aus das Bedürfnis hat, sich von seiner<br />

Frau respektiert zu fühlen – ganz so, wie eine Ehefrau<br />

natürlicherweise das Bedürfnis hat, sich von<br />

ihrem Mann geliebt zu wissen.<br />

Der Herr hat in seiner Weisheit die Beziehung<br />

zwischen Mann <strong>und</strong> Frau mit der Beziehung zwischen<br />

sich <strong>und</strong> seiner Versammlung verglichen.<br />

Kann irgendein Christ zu dem Schluss <strong>komm</strong>en,<br />

dass es die Versammlung unglücklich machen<br />

soll, dass Er ihr Haupt ist? Der Ausdruck „er ist des<br />

Leibes Heiland” (Eph 5,23) macht deutlich, dass<br />

Er seine Leitung zum Wohl der Versammlung ausübt.<br />

Der weise Ehemann hört sich die Meinung seiner<br />

Frau an, aber er trifft die Entscheidung <strong>und</strong> ist<br />

für die Folgen verantwortlich. Eine Ehe kann beglückend<br />

oder beengend sein, <strong>und</strong> eine christliche Ehe<br />

sollte Ersteres sein. Sie sollte von gegenseitiger<br />

Liebe <strong>und</strong> gegenseitigem Respekt gekennzeichnet<br />

sein. Und das christliche Haus sollte ein Ort sein,<br />

wo der Herr mit Wohlgefallen zugegen ist.<br />

Die Herrschaft<br />

Christi<br />

Und alles, was immer ihr tut, im Wort oder im<br />

Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, danksagend<br />

Gott, dem Vater, durch ihn (Kol 3,17).<br />

Hingabe, gegenseitige Liebe <strong>und</strong> gegenseitiger<br />

Respekt sind für das Gedeihen jeder<br />

Ehe notwendig, egal, ob bei Christen oder bei<br />

Nichtchristen. Es ist eine traurige Tatsache, dass<br />

Gläubige, die diese göttlichen Prinzipien nicht<br />

beachten, möglicherweise eine weniger einvernehmliche<br />

Ehe haben als Paare, die nicht errettet<br />

sind. Aber eine christliche Ehe sollte mehr als nur<br />

Hingabe, Liebe <strong>und</strong> Respekt zeigen. Eine christliche<br />

Ehe kann nicht wirklich christlich genannt<br />

werden, wenn sie die Herrschaft Christi nicht<br />

anerkennt, der uns geliebt <strong>und</strong> sich selbst für<br />

uns hingegeben hat. In einem christlichen Heim<br />

sollte Christus immer „in allem den Vorrang haben“<br />

(Kol 1,18).<br />

Es wird eine Begebenheit berichtet, wo ein Prediger<br />

am Ende einer Trauungszeremonie zu dem<br />

jungen Paar sagte: „Hört gut zu, meine Fre<strong>und</strong>e.<br />

Wenn ihr drei jetzt nach Hause geht …“ Die Braut<br />

unterbrach ihn <strong>und</strong> versicherte ihm, dass ihre<br />

Mutter nicht bei ihnen wohnen würde. Doch er<br />

fuhr fort <strong>und</strong> sagte noch einmal, dass sie zu dritt<br />

nach Hause gehen würden. Der Mann unterbrach<br />

ihn daraufhin <strong>und</strong> sagte, sie würden nur zu zweit<br />

sein. Da sagte der Prediger: „Hört gut zu; ihr werdet<br />

zu dritt sein, ob ihr es wollt oder nicht, <strong>und</strong> der<br />

dritte ist entweder der Herr oder der Teufel.“<br />

Dies ist eine ernste Tatsache; entweder geben<br />

wir dem Herrn seinen Platz in unseren Häusern<br />

oder der Feind unserer Seelen wird unsere Familien<br />

zerstören. Wenn die Herrschaft Christi in unseren<br />

Häusern wirklich zu finden ist, ist da Freude<br />

<strong>und</strong> Frieden, wir werden Loblieder singen; es<br />

werden keine lauten <strong>und</strong> heftigen Auseinandersetzungen<br />

zu hören sein.<br />

Die Familie wird fähig sein, in den Schwierigkeiten<br />

des Lebens standzuhalten, <strong>und</strong> sie wird<br />

die Wahrheit von Jesaja 48,18 erfahren. „O dass<br />

du geachtet hättest auf meine Gebote! Dann<br />

wäre dein Frieden gewesen wie ein Strom <strong>und</strong><br />

deine Gerechtigkeit wie Meereswogen.“<br />

A. M. Behnam<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

21


Bibel praktisch<br />

Der Herr der Veränderungen<br />

(5. Mose 31,14-23)<br />

Manche Wissenschaftler datieren den Auszug<br />

aus Ägypten um 1280 v. Chr. Während<br />

40 Jahren gewöhnte sich das Volk Israel<br />

an Mose, einen begabten Leiter, Organisator<br />

<strong>und</strong> Schriftsteller, einen Mann, der gut mit Gott<br />

<strong>und</strong> seinen Mitmenschen <strong>komm</strong>unizieren konnte:<br />

ein echter „Knecht des Herrn“ (5Mo 34,5). Er<br />

war der richtige Mann für den richtigen Job. Und<br />

doch wusste der Herr, dass es Zeit für eine Veränderung<br />

war.<br />

Der Herr schließt Kapitel ab<br />

„Und der Herr sprach zu Mose: Siehe, deine Tage<br />

sind ge<strong>komm</strong>en, dass du sterben sollst“ (31,14).<br />

Die meisten Menschen würden eine andere Botschaft<br />

bevorzugen! Ein Energiestoß fließt durch<br />

unsere Adern, wenn wir von neuen Projekten,<br />

neuen Abenteuern <strong>und</strong> neuen Aufgaben sprechen.<br />

Aber derselbe Gott, der Kapitel eröffnet, ist<br />

auch der Gott, der sie beendet. Es liegt ebenso<br />

viel Würde in der Gründung eines Projekts wie in<br />

der Aufgabe oder dem Beenden. Es ist keine Tugend,<br />

wenn wir „bleiben“, obwohl wir eigentlich<br />

„gehen“ sollten. Bist du immer noch an der richtigen<br />

Stelle?<br />

Der Herr ruft Ersatz<br />

„Und der Herr sprach zu Mose: … rufe Josua, <strong>und</strong><br />

stellt euch in das Zelt der Zusammenkunft, dass<br />

ich ihm Befehl erteile!“ (31,14). Mose wurde weder<br />

gesandt, Freiwillige zu suchen, noch hat er<br />

die Menschen gefragt: „Wen wollt ihr?“ Der Herr<br />

beruft. Josua wurde berufen. Andere erkennen<br />

eine solche Berufung. Wenn kein Ersatz gef<strong>und</strong>en<br />

werden kann, widerstehe der Versuchung,<br />

eine andere Person zu manipulieren, um „die Lücke<br />

zu füllen“. Wenn ein Bruder oder eine Schwester<br />

nicht berufen ist, wird die geistliche Aufgabe<br />

zur Pflicht, zur freudlosen Belastung. Wenn der<br />

Moment für dich <strong>komm</strong>t, aufzuhören, <strong>und</strong> der<br />

Herr keinen Ersatz beruft, könnte es an der Zeit<br />

sein, ganz abzuschließen – für eine bestimmte<br />

Zeit oder endgültig. Bist du bereit, Gott ein Kapitel<br />

beenden zu lassen?<br />

Der Herr beauftragt<br />

Der Herr sprach zu Mose: „… rufe Josua, <strong>und</strong><br />

stellt euch in das Zelt der Zusammenkunft, dass<br />

ich ihm Befehl erteile“ (31,14). Es war wichtig<br />

22<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Bibel praktisch<br />

für Josua, zu wissen, dass jetzt die richtige Zeit<br />

für ihn war, die Leitung zu übernehmen. Außerdem<br />

war es wichtig, dass Josua seine Aufgabe<br />

von Gott selbst erhalten hatte <strong>und</strong> nicht nur von<br />

Mose. Das Bewusstsein, von Gott selbst berufen<br />

<strong>und</strong> beauftragt zu sein, hilft uns, durchzuhalten,<br />

wenn die anderen aufhören zu klatschen, wenn<br />

andere kritisieren oder wenn der Dienst zur Routine<br />

wird.<br />

Buch zum Artikel<br />

Der Herr kennt die Zukunft<br />

„Denn ich werde es in das Land bringen, das ich<br />

seinen Vätern zugeschworen habe, das von Milch<br />

<strong>und</strong> Honig fließt; <strong>und</strong> es wird essen <strong>und</strong> satt <strong>und</strong><br />

fett werden; <strong>und</strong> es wird sich anderen Göttern<br />

zuwenden; <strong>und</strong> sie werden ihnen dienen; <strong>und</strong><br />

es wird mich verachten <strong>und</strong> meinen B<strong>und</strong> brechen<br />

… Denn ich kenne sein Sinnen“ (31,20.21).<br />

Der Herr wusste, was für eine schwierige Aufgabe<br />

vor Josua lag. Jeder Dienst für den Herrn hat<br />

seine harten Zeiten. Gehst du gerade durch eine<br />

schwierige oder entmutigende Zeit? Wenn der<br />

Herr dich beauftragt hat, anzufangen, dann halte<br />

durch, bis Er das Signal zum Aufhören gibt.<br />

304.553<br />

Cor Bruins<br />

Josua<br />

Geistliche Segnungen besitzen<br />

Paperback, 256 Seiten, Daniel<br />

€ 12,95<br />

Der Herr ermutigt Führungskräfte<br />

„Und er gebot Josua, dem Sohn Nuns, <strong>und</strong> sprach:<br />

Sei stark <strong>und</strong> mutig! Denn du sollst die Kinder<br />

Israel in das Land bringen, das ich ihnen zugeschworen<br />

habe; <strong>und</strong> ich will mit dir sein“ (31,23).<br />

Um in seiner neuen Aufgabe erfolgreich zu sein,<br />

sollte Josua täglich an Folgendes denken:<br />

Neuerscheinung<br />

Sei stark: Der Dienst für den Herrn hat seine<br />

Schwierigkeiten, Risiken <strong>und</strong> schmerzhaften Momente.<br />

Sei konzentriert: Seine Aufgabe war es, die Israeliten<br />

in das verheißene Land zu führen. Wie<br />

in allen Aufgaben ist es leicht, attraktiven, interessanten<br />

<strong>und</strong> dringenden „guten“ Ablenkungen<br />

nachzugeben.<br />

Sei abhängig: Josua sollte nie Gottes Versprechen<br />

vergessen: „Ich will mit dir sein.“ Auch wir<br />

sollten das nicht vergessen!<br />

Dem Herrn treu zu sein, wird früher oder später<br />

Veränderungen mit sich bringen. Ich finde es ermutigend,<br />

mich daran zu erinnern, dass Gott –<br />

der die Arbeit zuteilt – auch der Herr der Veränderung<br />

ist.<br />

Philip Nunn<br />

256.329<br />

Benedikt Peters<br />

Kommentar zu den Psalmen 107-150<br />

geb<strong>und</strong>en, 704 Seiten, CLV<br />

€ 16,90<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

23


Rezension<br />

Suhrkamp veröffentlicht wurde. Mit dem ganzen<br />

Gewicht seines über viele Jahrzehnte erarbeiteten<br />

philosophischen Renommees trifft Thomas<br />

Nagel darin Aussagen zu oben skizzierter Kontroverse,<br />

die aufmerken lassen.<br />

„Selbst wenn man sich nicht zu der Alternative<br />

hingezogen fühlt, die eine Erklärung durch das<br />

Handeln eines Schöpfers vor<strong>sieh</strong>t, sollten die Probleme,<br />

die diese Bilderstürmer [Vertreter des Intelligent<br />

Design; Anm. v. mir] für den orthodoxen<br />

wissenschaftlichen Konsens aufwerfen, ernst genommen<br />

werden. Den Spott, mit dem man ihnen<br />

gewöhnlich begegnet, verdienen sie nicht. Er ist<br />

offenk<strong>und</strong>ig unfair.“ (S. 22 f.).<br />

Thomas Nagel, Geist <strong>und</strong> Kosmos. Warum<br />

die materialistische neodarwinistische Konzeption<br />

der Natur so gut wie sicher falsch<br />

ist (Berlin: 2013).<br />

Wer als Christ in Gesprächen mit Mitschülern,<br />

Kommilitonen oder Arbeitskollegen zu erkennen<br />

gibt, dass er „noch“ an einen Schöpfer glaubt,<br />

dem er die Erschaffung von Himmel <strong>und</strong> Erde<br />

zuschreibt <strong>und</strong> auch seine eigene Existenz verdankt,<br />

<strong>sieh</strong>t sich nicht selten mit einer ganz bestimmten<br />

Behauptung konfrontiert: Die Annahme,<br />

dass sich alles Leben der Evolution verdanke,<br />

sei ein Faktum, sei wissenschaftlich bewiesen,<br />

während der Glaube an einen Schöpfer eben<br />

Glaube <strong>und</strong> unbewiesen sei.<br />

Der Aussage, dass Nachprüfbarkeit konstitutiv<br />

ist für Wissenschaft, ist dabei ohne Frage zuzustimmen.<br />

Unstrittig ist auch, dass Glaube wissenschaftlicher<br />

Beweise nicht bedarf. Der Irrtum<br />

liegt aber darin, zu glauben, wir hätten es bei der<br />

Auseinandersetzung zwischen Kreationisten <strong>und</strong><br />

Anhängern der Evolutionstheorie mit einer Auseinandersetzung<br />

zwischen Religion bzw. Metaphysik<br />

auf der einen <strong>und</strong> Wissenschaft auf der anderen<br />

Seite zu tun. Die Auseinandersetzung ist<br />

vielmehr eine zwischen zwei Theorien, die beide<br />

von außerweltlichen Voraussetzungen ausgehen.<br />

Was für den einen der Gott der Genesis ist,<br />

sind für den anderen die Götter Zeit, Zufall, Mutation<br />

<strong>und</strong> Selektion.<br />

Für einen Christen sind solche Einsichten sicher<br />

nicht neu. Für Furore sorgte jedoch vor einiger<br />

Zeit ein bekannter agnostischer Philosoph<br />

aus den USA mit seinem Buch Geist <strong>und</strong> Kosmos,<br />

das inzwischen ins Deutsche übersetzt ist <strong>und</strong> bei<br />

„… ich finde diese Auffassung [des reduktiven<br />

Materialismus; Anm. v. mir] von vornherein unglaubhaft<br />

– ein heroischer Triumph ideologischer<br />

Theorie über den ges<strong>und</strong>en Menschenverstand.<br />

Die empirische Beweislage kann so interpretiert<br />

werden, dass sie verschiedenen umfassenden<br />

Theorien entgegen<strong>komm</strong>t ... Ich würde darauf<br />

wetten wollen, dass der gegenwärtige Konsens,<br />

was zu denken richtig ist, in einer oder zwei Generationen<br />

lachhaft wirken wird …“ (S. 182 f.).<br />

Im Hauptteil seines aufgr<strong>und</strong> des philosophischen<br />

<strong>und</strong> zuweilen recht eigenwilligen Sprachgebrauchs<br />

nicht nur für den Laien sehr anspruchsvollen<br />

Buches führt er aus, was seine<br />

Zweifel an der neodarwinistischen, d. h. rein materialistischen<br />

Konzeption von Natur genährt hat<br />

<strong>und</strong> wieso er die Auffassung für eine „reduktionistische“<br />

Herangehensweise <strong>und</strong> einen Allgemeinplatz<br />

hält. Die „Motoren“, die nach Auffassung<br />

der Evolutionstheorie alles voranbringen,<br />

sind ja bekanntlich Mutation <strong>und</strong> Selektion.<br />

Durchsetzen kann sich, wer aufgr<strong>und</strong> einer<br />

zufälligen Veränderung die größere „Fitness“ im<br />

Überlebenskampf aufweist. Während schon auf<br />

der Ebene einfacher physiologischer Vorgänge<br />

schwer vorstellbar ist, wie dieser Mechanismus<br />

greift, etwa ein halbfertiges Organ sich durchsetzt,<br />

meldet Nagel Bedenken an, wenn es darum<br />

geht, die Entstehung von komplexen mentalen<br />

Vorgängen zu erklären, die für uns Menschen<br />

kennzeichnend sind. Die Entstehung von<br />

„Geist“ – Nagel unterscheidet „Bewusstsein“,<br />

„Kognition“ <strong>und</strong> „Werte“ – ist auf diese Weise laut<br />

Nagel nicht zu erklären. 1<br />

Diese Erklärungslücke wird ja gemeinhin von<br />

Vertretern der Evolutionstheorie mit Begriffen<br />

1<br />

Nagel vertritt einen Wertebegriff, wie ihn die Schule des Realismus<br />

fordert, der sich Nagel zugehörig fühlt. Nach dieser Auffassung wissen<br />

Menschen, was an sich gut ist, <strong>und</strong> nicht nur, was subjektiv ihrem Überleben<br />

förderlich ist, d. h. der eigenen „Fitness“ dient.<br />

24<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Rezension<br />

wie „Emergenz“ <strong>und</strong> „emergenter Sprung“ kaschiert.<br />

Dass Nagel solchen Ausflüchten nicht<br />

auf den Leim geht, sie vielmehr aufdeckt, ist<br />

sehr verdienstvoll. Er findet mutige Worte, <strong>und</strong><br />

so blieben Spott <strong>und</strong> Häme seiner atheistischen<br />

Kollegen auch nicht aus. 2<br />

Nagel tritt am Schluss seines Buches für einen<br />

dritten Weg (zwischen „kausalem“ <strong>und</strong> „intentionalem“<br />

Weg, d. h. zwischen Evolutionstheorie<br />

<strong>und</strong> Theismus) ein. Diesen Weg nennt er den<br />

„teleologischen“. Der Geist ist seiner Auffassung<br />

nach von Anfang an als Möglichkeit, als „Disposition“,<br />

im Kosmos vorhanden. Die komplexen<br />

mentalen Zustände wohnten seiner Ansicht nach<br />

also bereits dem Universum inne, lange bevor es<br />

Leben gab.<br />

Es ist schade, dass Nagel am Ende über diesen<br />

(reichlich nebulösen) Vorschlag <strong>und</strong> die Rede<br />

von einer „kosmischen Prädisposition“ (S. 176)<br />

nicht hinaus<strong>komm</strong>t. Beim Versuch, „Materie“<br />

aufzuwerten um „Geist“ – Nagel gibt sich unverhohlen<br />

als Monist zu erkennen, was natürlich den<br />

Widerspruch des gläubigen Lesers provoziert –,<br />

misst er ihr Eigenschaften bei, die der gläubige<br />

Leser ohne weiteres Gott als Planer des Universums<br />

zuspricht.<br />

Wer sich als Christ in das Thema einarbeiten<br />

möchte, ist sicher bei John Lennox besser aufgehoben.<br />

3 Auf wissenschaftstheoretischem Niveau<br />

<strong>und</strong> dennoch allgemeinverständlich macht<br />

er den Leser ebenfalls vertraut mit Fragen, inwiefern<br />

Schöpfungsglaube <strong>und</strong> Evolutionstheorie<br />

beide von außerweltlichen Voraussetzungen ausgehen<br />

oder wie aus dem methodischen ein ontologischer<br />

Reduktionismus werden konnte. Unverblümt<br />

bekennt er sich dabei aber zu dem Verursacher,<br />

dem lebendigen, allmächtigen Gott, der<br />

sich in Jesus Christus in noch viel größerem <strong>und</strong><br />

intimerem Maß als in der Schöpfung offenbart<br />

hat.<br />

Wieso also der Hinweis auf Nagel, zumal in einer<br />

christlichen Zeitschrift? Einer Schützenhilfe<br />

durch Philosophen bedarf Gottes Wort natürlich<br />

nicht; es beglaubigt sich durch sich selbst, durch<br />

seine den Sünder überführende moralische Kraft.<br />

Aber die Lektüre von Nagel lohnt, weil er darauf<br />

hinweist, dass mit der Evolutionstheorie etwas<br />

als Wissenschaft daher<strong>komm</strong>t, was im Gr<strong>und</strong>e<br />

selber Metaphysik ist, nur eine, die sakrosankt<br />

ist <strong>und</strong> sich der Religionskritik verweigert. 3 Wer<br />

sich gegen den Diskurs zwischen verschiedenen<br />

Paradigmen so vehement wehrt wie viele Menschen<br />

heute, der offenbart sich in Wirklichkeit<br />

als wissenschaftsfeindlich <strong>und</strong> als der Aufklärung<br />

nicht gewachsen. „Kreationismus gleich Schein-<br />

Wissenschaft, Evolutionstheorie gleich Wissenschaft“<br />

– diese Formel ist längst als Glaubensbekenntnis<br />

entlarvt worden, als ein unreflektiertes<br />

Paradigma, mit dem sich die meisten Menschen<br />

die Frage nach Gott vom Halse halten. In seinem<br />

Buch Das letzte Wort gibt Nagel denn auch zu,<br />

dass er darauf achten müsse, sich bei seiner wissenschaftlichen<br />

Tätigkeit nicht von atheistischen<br />

Vorurteilen leiten zu lassen. Gegen Ende dieses<br />

Ich will, dass es keinen Gott gibt;<br />

ich will nicht,<br />

dass das Universum so beschaffen ist.<br />

Buches beschreibt er seine „Angst vor der Religion“:<br />

„Dabei rede ich aus Erfahrung, denn ich<br />

selbst bin dieser Angst in hohem Maße ausgesetzt:<br />

Ich will, dass der Atheismus wahr ist, <strong>und</strong><br />

es bereitet mir Unbehagen, dass einige der intelligentesten<br />

<strong>und</strong> am besten unterrichteten Menschen,<br />

die ich kenne, im religiösen Sinne gläubig<br />

sind. Es ist nicht nur so, dass ich nicht an<br />

Gott glaube <strong>und</strong> natürlich hoffe, mit meiner Ansicht<br />

Recht zu behalten, sondern eigentlich geht<br />

es um meine Hoffnung, es möge keinen Gott geben!<br />

Ich will, dass es keinen Gott gibt; ich will<br />

nicht, dass das Universum so beschaffen ist.“ 4<br />

Nagel ist zumindest ehrlich. Der gläubige Leser<br />

sollte für ihn beten, insbesondere dafür, dass<br />

er angesichts seines bereits gesegneten Alters –<br />

er ist Jahrgang 19<strong>37</strong> – noch zum rettenden Glauben<br />

durchdringt.<br />

Marcel Haldenwang<br />

2<br />

Vgl. Andrew Ferguson, „The Heretic. Who is Thomas Nagel and why are<br />

so many of his fellow academics condemning him?“ The Weekly Standard<br />

27/2013, http://www.weeklystandard.com/articles/heretic_707692.html<br />

(28.06.2014).<br />

3<br />

Vgl. z. B. John Lennox, Hat die Wissenschaft Gott begraben? Eine kritische<br />

Analyse moderner Denkvoraussetzungen (Wuppertal: 6 2006) oder John<br />

Lennox, Sieben Tage, das Universum <strong>und</strong> Gott. Was Wissenschaft <strong>und</strong> Bibel<br />

über den Ursprung der Welt sagen (Witten: 2014).<br />

3<br />

Geschieht die Lektüre solcher philosophischen Bücher übrigens in<br />

kritisch-apologetischer Weise, wird dies durchaus nicht, wie oft behauptet,<br />

durch Kolosser 2,8 in Frage gestellt. Im Gegenteil: 1. Petrus 3,15 betrachtet<br />

Apologetik als eine vornehme Christenpflicht!<br />

4<br />

Vgl. Thomas Nagel, Das letzte Wort (Stuttgart: 1999), S. 191; den Hinweis<br />

auf diese F<strong>und</strong>stelle verdanke ich einem väterlichen Fre<strong>und</strong>.<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

25


Schöpfungsandacht<br />

Ich kann aus meiner Haut<br />

nicht raus!<br />

Kann ein Kuschit seine Haut wandeln, ein Leopard seine Flecken?<br />

Dann könntet auch ihr Gutes tun, die ihr Böses zu tun gewöhnt seid<br />

(Jeremia 13,23).<br />

Das Wort „Kuschit“ bedeutet wörtlich<br />

„Schwarzer“ <strong>und</strong> bezeichnet einen Farbigen,<br />

also einen Menschen mit sehr<br />

dunkler Hautfarbe. In manchen Bibelübersetzungen<br />

steht „Äthiopier“. Dieses Wort leitet sich<br />

vom griechischen aithiops ab <strong>und</strong> bedeutet „verbrannt-gesichtig“<br />

oder „verbrannt<br />

aussehend“. Es bezeichnet<br />

ebenfalls einen dunkelhäutigen<br />

Menschen, jemanden,<br />

der zur damaligen<br />

Zeit im Orient, in der Regel<br />

aus den Regionen südlich<br />

von Ägypten, dem Gebiet der<br />

heutigen Länder Sudan <strong>und</strong><br />

Äthiopien stammte.<br />

Es besteht ein klarer Zusammenhang<br />

zwischen der<br />

Hautfarbe einer Menschenform<br />

<strong>und</strong> der Intensität der<br />

Sonneneinstrahlung an ihrem<br />

Herkunftsort. Allerdings<br />

ist die Hautfarbe des einzelnen Menschen durch<br />

seine Erbinformation weitgehend festgelegt.<br />

Man könnte also einen Kuschiten als kleines Kind<br />

zu den Eskimos in die Polarregion schicken <strong>und</strong><br />

dort aufwachsen lassen, seine Haut würde sich<br />

dadurch nicht wandeln. Er bliebe dunkelhäutig.<br />

Auch das Fleckenmuster<br />

des Leoparden ist genetisch<br />

festgelegt <strong>und</strong> lässt<br />

sich nicht verbergen. Interessanterweise<br />

scheint etwas<br />

dagegen zu sprechen. Es<br />

gibt nämlich eine tiefschwarze<br />

Form des Leoparden, den<br />

sogenannten Panther. Diese<br />

Variante entsteht, wenn die<br />

rezessiven Gene für den dunklen<br />

Farbstoff Eumelanin bei<br />

einer Kreuzung zusammen<strong>komm</strong>en.<br />

Ist der Leopard<br />

durch diesen Erbgang seine<br />

Flecken losgeworden? – Nur<br />

26<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014


Schöpfungsandacht<br />

auf den ersten Blick. Im hellen Sonnenlicht <strong>und</strong><br />

bei genauem Hinschauen kann jeder es entdecken:<br />

Im tiefschwarzen Fell des Panthers verstecken<br />

sich in dunklen Schwarztönen die bekannten<br />

Leopardenflecken. Sie sind immer noch da!<br />

Beide Beispiele haben die gleiche Ursache:<br />

eine genetisch bedingte<br />

hohe Produktion<br />

dunkler Melanine.<br />

Beide sind natürlicherweise<br />

unveränderlich.<br />

Ebenso<br />

gilt, nicht nur für das<br />

Volk Israel, das von<br />

dem Propheten Jeremia<br />

angesprochen<br />

wird, sondern für<br />

alle Menschen, dass<br />

wir aus unserer Haut<br />

nicht heraus können<br />

<strong>und</strong> von Natur<br />

aus das Böse „zu tun<br />

gewöhnt sind“. Das<br />

ist ein bemerkenswerter<br />

Ausdruck.<br />

Das hebräische Wort<br />

„limmud“, das hier steht, leitet sich von dem Verb<br />

„lamad“ = „lehren“ ab <strong>und</strong> bedeutet so viel wie<br />

„belehrt sein“. In Jesaja 8,16 wird es mit „Jünger“<br />

übersetzt. Von Natur aus sind alle Menschen Jünger<br />

der Sünde <strong>und</strong> können sich aus eigener Kraft<br />

nicht verändern; sie können gar nichts Gutes tun.<br />

Doch es gab jemanden, von dem es in Jesaja<br />

50,4 prophetisch heißt: „Der Herr, Herr, hat<br />

mir eine Zunge der Belehrten [= limmud!] gegeben,<br />

damit ich wisse, den Müden durch ein Wort<br />

aufzurichten. Er weckt jeden Morgen, er weckt<br />

mir das Ohr, damit ich höre wie solche, die belehrt<br />

werden [= limmud!].“<br />

Durch den Tod<br />

des Herrn Jesus ist<br />

möglich geworden,<br />

was natürlicherweise<br />

unmöglich ist.<br />

Wer an Ihn glaubt,<br />

kann mit Paulus sagen:<br />

„… wir … wissen,<br />

dass unser alter<br />

Mensch mitgekreuzigt<br />

worden ist, damit<br />

der Leib der Sünde<br />

abgetan sei, dass<br />

wir der Sünde nicht<br />

mehr dienen“ (Röm<br />

6,6).<br />

So werden wir<br />

dann tatsächlich unsere<br />

alte Haut los, da wir „den alten Menschen<br />

mit seinen Handlungen ausgezogen <strong>und</strong> den<br />

neuen angezogen“ haben, „der erneuert wird<br />

zur Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn erschaffen<br />

hat“ (Kol 3,9.10).<br />

Alexander vom Stein<br />

„Und er soll<br />

dem Brandopfer<br />

die Haut abziehen<br />

<strong>und</strong> es in<br />

seine Stücke zerlegen.“<br />

3Mo 1,6<br />

<strong>komm</strong> <strong>und</strong> <strong>sieh</strong>, <strong>Heft</strong> 4/2014<br />

27


Mitarbeiter-Seminar<br />

20.-22. Februar<br />

für Jugendliche, die in der<br />

Kinderarbeit mithelfen<br />

oder dies beabsichtigen<br />

Familien-Freizeiten<br />

13.-17. Mai<br />

23.-28. August<br />

Bibelstudiertage<br />

25.-29. März<br />

für Teilnehmer ab 18 Jahre<br />

Thema: Der Brief an die Römer<br />

Pädagogikseminar<br />

6.-11. April<br />

für Pädagogikstudenten,<br />

Lehrer <strong>und</strong> Erzieher<br />

Reiherhals 2015<br />

Kinderfreizeiten<br />

11.-18. Juli (II)<br />

18.-25. Juli (I)<br />

für Kinder von 8-12 Jahren<br />

Jungen-Freizeit<br />

15.-22. August<br />

für Jungen von 12-14 Jahren<br />

Kanufreizeiten<br />

2.-5. August (Mädchen)<br />

9.-12. August (Jungen)<br />

für Jugendliche ab 14 Jahren<br />

Freizeitgelände 28 Reiherhals, Lychener Straße 7, 17279 Lychen<br />

Anmeldungen unter: • online: www.reiherhals.de • tel: 039888-52157 • fax: 039888-52310 • mail: klaus@reiherhals.de<br />

TFB<br />

Teenager-Ferien-Bibelschule<br />

26. Juli - 1. August (Mädchen ab 14 Jahren)<br />

2.-8. August (Jungen ab 14 Jahren)<br />

Sommerbibeltage<br />

28.-30. August<br />

Ehe-Vorbereitungs-<br />

Seminar<br />

16.-18. 0ktober<br />

MUW0<br />

Musik-Wochenende<br />

29. 0ktober - 1. November<br />

... niemand als Jesus allein

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