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Rätseln rund ums Essen…….. - Die Rummelsberger Dienste für ...

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<strong>Die</strong> <strong>Rummelsberger</strong> <strong>Die</strong>nste <strong>für</strong> Menschen im Alter<br />

Schwaben<br />

Bote<br />

Schertlinhaus Burtenbach<br />

<strong>Rummelsberger</strong> Stift Leipheim<br />

Sommer/ Herbst 2012<br />

Besuchen Sie uns auch<br />

im Internet unter<br />

www. altenhilfe-rummelsberg.de<br />

Genuss bis ins hohe Alter<br />

Wohl bekomm‘s!<br />

Eingebunden<br />

ins Dorfleben


Sommer/Herbst 2012<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

wie können wir unseren Bewohnerinnen<br />

und Bewohnern<br />

auch in hohem Alter<br />

und angesichts zunehmender<br />

Einschränkungen möglichst<br />

viel Lebensqualität ermöglichen?<br />

Das ist eine Frage, die<br />

uns täglich umtreibt – auch<br />

die <strong>Rummelsberger</strong> Service<br />

Gesellschaft (rsg), die sich in<br />

unseren Häusern qualitätsbewusst um die hauswirtschaftlichen<br />

Belange kümmert.<br />

Mit dem im Haus Heimweg <strong>für</strong> die Küche verantwortlichen<br />

Mitarbeiter des rsg-Geschäftsbereichs<br />

Catering haben wir gesprochen (Seiten 2 bis 4):<br />

Es ist erstaunlich, was Köche wie Karl Kaiser im<br />

Rahmen eingeschränkter finanzieller Möglichkeiten<br />

leisten, um den Senioren Freude an den täglichen<br />

Mahlzeiten zu bereiten. Nicht zu vergessen<br />

unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflege<br />

und Fachdienst, die etwa auf den beschützenden<br />

Wohnbereichen immer neue Aktionen entwickeln,<br />

um auch noch Bewohnern mit fortgeschrittener<br />

Demenz Genuss zu ermöglichen.<br />

Ans Herz legen möchte ich Ihnen auch die letzte<br />

Seite: <strong>Die</strong> Lebensgeschichte unserer Bewohnerin<br />

Erika Kläge ist mit all ihren leidvollen und schließlich<br />

glücklichen Wendungen auch ein Spiegel des<br />

vergangenen Jahrhunderts.<br />

Ihr<br />

Jürgen Hofmann, Diakon, Geschäftsführer<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rummelsberger</strong> <strong>Die</strong>nste<br />

<strong>für</strong> Menschen im Alter gGmbH<br />

<strong>Rummelsberger</strong> Schwaben-Bote, Leipheim und Burtenbach<br />

Impressum<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rummelsberger</strong> <strong>Die</strong>nste <strong>für</strong> Menschen im Alter gGmbH<br />

Rummelsberg 42a, 90592 Schwarzenbruck, Tel. (09128) 50-2412<br />

Herausgeber: Jürgen Hofmann, Diakon, Geschäftsführer<br />

Redaktion: Gerd Fürstenberger (verantwortlich)<br />

Verantwortlich <strong>für</strong> den Lokalteil: Winfried Neuf, Tel. (08285) 9987110,<br />

Schertlinhaus 1-6, 89349 Burtenbach, Marianne Block, Tel. (08221) 91660,<br />

Fonyoder Str. 16, 89340 Leipheim<br />

Grafik: Diana Schindelmann (RDM)<br />

Druck: SemmlerDruck, Daßwang<br />

Titelfoto: fotolia.de<br />

2<br />

Wohl<br />

bekomm‘s!<br />

Genuss bis ins hohe Alter<br />

Küchenchef Karl Kaiser kennt<br />

die Wünsche seiner täglichen Gäste<br />

Essen gehört zu unseren G<strong>rund</strong>bedürfnissen,<br />

bringt uns aber darüber hinaus auch – je nach<br />

Zutaten und Zubereitung – Genuss und Lebensqualität.<br />

Wie lässt sich das auch noch <strong>für</strong> Menschen<br />

im Alter gewährleisten? Wir sprachen mit<br />

Küchenmeister Karl Kaiser (52) von der <strong>Rummelsberger</strong><br />

Servicegesellschaft (rsg), Küchenchef im<br />

Haus Heimweg in Ansbach.<br />

Herr Kaiser, Sie kochen <strong>für</strong> Menschen im Alter.<br />

Das wirft die Frage auf, ob es so etwas wie altersgerechte<br />

Speisen gibt?<br />

Ich koche nicht alters-, sondern bewohnergerecht.<br />

Jede Bewohnerin und jeder Bewohner, ob sie oder<br />

Foto: Fürstenberger


er nun rüstig ist oder kaum noch beißen und schlucken<br />

kann, die Chance haben soll, sich gesund und<br />

genussreich zu ernähren. G<strong>rund</strong>sätzlich gestalte ich<br />

den Speiseplan ausgewogen, abwechslungsreich und<br />

ernährungsphysiologisch ausgeglichen.<br />

Noch einmal anders gefragt: Wie unterscheiden<br />

sich die Anforderungen in einer Alten- und Pflegeeinrichtung<br />

von denen in der Hotellerie oder<br />

von Wirtschaftsunternehmen, wo Sie zuvor gearbeitet<br />

haben?<br />

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Auf Anforderung der<br />

Pflege pürieren wir teilweise die Hauptgänge oder<br />

Beilagen vom Schweinebraten bis hin zum Gemüse,<br />

damit sie von bestimmten Bewohnern leichter geschluckt<br />

werden können. Wir achten darauf, dass<br />

Nudeln generell nicht zu „al dente“ sind, das Fleisch<br />

problemlos geschnitten und gekaut werden kann,<br />

und wir bieten auch entsprechende Alternativen,<br />

beispielsweise Reisbrei statt Kaiserschmarrn.<br />

Sie sind bereits seit 1996 im Haus Heimweg tätig.<br />

Wie haben sich die Ansprüche Ihrer Kunden – der<br />

alten Menschen – verändert?<br />

Traditionell wird bei uns bodenständige, gutbürgerliche<br />

und regionale Küche gewünscht, weil diese die<br />

Bewohner kennen. Inzwischen sind aber durchaus<br />

auch „exotische“ Gerichte gefragt, von der Lasagne<br />

bis zur asiatischen Gemüsepfanne. Bei diesen Gerichten<br />

schreiben wir dann aber stets den deutschen<br />

Namen der Gerichte dazu - wie bei Lasagne Gemüseauflauf<br />

-, um die Hemmschwelle weiter abzubauen.<br />

<strong>Die</strong> Geschmäcker und Vorlieben der Menschen<br />

sind bekanntlich verschieden. Haben die Bewohner<br />

tägliche Alternativen?<br />

Selbstverständlich! Wir bieten mittags stets zwei<br />

Menüs an, dazu eine Suppe und ein Dessert. Oft ist<br />

das zweite Menü vegetarisch oder eine Süßspeise.<br />

Bratwürste mit Sauerkraut etwa verträgt nicht jeder,<br />

deshalb gibt es dann eine Gemüsepfanne oder<br />

Quarkauflauf als Alternative. Den Speiseplan bekommen<br />

die Bewohner bereits zwei Wochen vorher. Sie bestellen<br />

und wir kochen die entsprechenden Mengen.<br />

Was tun Sie, damit das Essen möglichst <strong>für</strong> jeden<br />

Bewohner zum Genuss wird?<br />

Wir kochen so viel wie möglich selber, mit frischen<br />

Zutaten. Dann koche ich nicht alleine: Jeder meiner<br />

allesamt gut qualifizierten Mitarbeiter hat die Chance,<br />

seinen eigenen Stil einzubringen. Das schafft will-<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rummelsberger</strong> <strong>Die</strong>nste <strong>für</strong> Menschen im Alter<br />

kommene Abwechslung, wie auch Sonderaktionen<br />

von der Spargelwoche bis zu unseren monatlichen<br />

Geburtstagskaffees nebst passender Tischdekoration.<br />

Schließlich essen die Bewohner ja 365 Tage<br />

im Jahr bei uns. Wir kochen mit viel Kräutern und<br />

Gewürzen, was Appetit, Geschmacksnerven und<br />

Verdauung anregt. Und wir haben die Technik wie<br />

zum Beispiel Druckgarer, um Speisen besonders<br />

kurzfristig, schnell und damit frisch und vitaminschonend<br />

zuzubereiten. �<br />

Wenn das Essen zum Problem wird<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rummelsberger</strong> sind immer auf der<br />

Suche nach Möglichkeiten, auch körperlich<br />

bzw. geistig stark eingeschränkten<br />

Bewohnern Genuss zu ermöglichen. So<br />

gibt es in Ansbach und anderen Häusern<br />

Kochgruppen, in denen auch an Demenz<br />

erkrankte Bewohner noch lebenspraktisch<br />

tätig werden und den typischen Kochgeruch<br />

durch die Wohnbereiche ziehen<br />

lassen können. Teils wird sogar am Bett<br />

gekocht. Selbst wer auf Sondennahrung<br />

angewiesen ist, kann mit Hilfe von einem<br />

etwa mit einem Orangenschnitz gefüllten<br />

und auf die Zunge gelegten Mulltuch<br />

noch Geschmack erleben.<br />

In den Beschützenden Bereichen wird<br />

auch beim Thema Essen biografie- und<br />

ressourcenorientiert gearbeitet: „Wir<br />

richten uns danach, welche Esskultur der<br />

Bewohner gewohnt war und was er heute<br />

noch kann, um so Genuss und Selbstwirksamkeit<br />

erfahrbar zu machen“ so<br />

Gerontotherapeutin Anita Oefinger vom<br />

Haus Heimweg. „Kann er nicht mehr mit<br />

Messer und Gabel essen, schneiden wir<br />

ihm die Speisen in handgerechte Portionen<br />

und bieten in Zusammenarbeit mit<br />

der Küche auch Fingerfood an.“ <strong>Die</strong> Herausforderungen<br />

seien bei jedem Bewohner<br />

anders: „Den Dementen gibt es nicht,<br />

aber Personen mit je eigener Essgeschichte,<br />

und <strong>für</strong> jeden bedeutet Genuss etwas<br />

anderes.“<br />

3


Sommer/ Herbst 2012<br />

4<br />

„Altenpflege“ wird häufig gleichgesetzt mit<br />

schlechter Bezahlung, Stress und Burnout. Ein Beruf,<br />

den man nicht lange ausüben kann!<br />

Nicht alle Mitarbeiter in der Pflege scheinen dies<br />

zu wissen. Jetzt verabschieden wir gar eine Mitarbeiterin,<br />

die über 25 Jahre in der Pflege tätig war.<br />

Sie erweckte immer den Eindruck, dass sie gerne<br />

zur Arbeit kommt. Jeder arbeitete<br />

gerne mit ihr. <strong>Die</strong> Bewohner<br />

schätzten ihre ruhige, gleichbleibend<br />

freundliche Art. Für die Pflegedienstleitung<br />

war sie der Joker<br />

im Spiel. Denn immer, wenn Kolleginnen<br />

oder Kollegen krank waren,<br />

bot sie sich an, eine Schicht<br />

zu übernehmen. Einfach ein Glücksfall!<br />

Da drängt sich die Frage auf: Ist die nicht normal?<br />

– Darauf deutet nichts hin. Also fragen wir weiter.<br />

Wieso konnte ihr der Stress nichts anhaben? Liest<br />

sie keine Zeitung, ist sie nicht über neue „Trends“<br />

wie Burnout informiert? Nun, sie war informiert<br />

und beteiligte sich auch an Diskussionen über<br />

Stress und Burnout. Allerdings unterschied sie sich<br />

da deutlich von manch anderen. Zum kollektiven<br />

Foto: Fürstenberger<br />

Auf ein<br />

Wort<br />

� Haben die Bewohner außer der Menüwahl<br />

noch weitere Möglichkeiten, auf Ihre<br />

Speiseplangestaltung Einfluss zu nehmen?<br />

Wir laden sie in regelmäßigen Abständen zu<br />

einer Speiseplanbefragung ins Foyer bzw.<br />

demnächst in die Aufenthaltsräume der<br />

Wohnbereiche ein. Ich erläutere den Bewohnern<br />

dabei meine Planungen und den Rahmen<br />

meiner finanziellen Möglichkeiten, und<br />

sie können Wünsche äußern. Wir haben zum<br />

Beispiel eine Möglichkeit gefunden, entsprechend<br />

Rote Beete weiter anzubieten, obwohl<br />

sie nur wenige Bewohner mögen. Davon abgesehen<br />

kann die Pflege bei mir Lebensmittel<br />

<strong>für</strong> die Zwischenverpflegung bestimmter<br />

Bewohner bestellen, von Joghurt bis hin zu<br />

Wurst und Käse. Und dann gibt es <strong>für</strong> individuelle<br />

Wünsche ja neuerdings unseren Tante-<br />

Emma-Laden im Haus*.<br />

*Beitrag auf der vorletzten Seite<br />

Bewohnerin Anna Seydel genießt<br />

ein Heringsfilet nach Hausfrauen-Art<br />

Jammern war sie nicht zu gebrauchen. Das war ihr<br />

zuwider!<br />

Nicht Zeit und Kraft mit Jammern vertun, sondern<br />

Lösungen suchen. Das war ihre Strategie. Wohl gab<br />

es Zeiten, in denen die Arbeit kaum zu schaffen<br />

war, was sie dann auch so mitteilte. Als Feststellung.<br />

In diesen Zeiten fiel auch ihr die Arbeit nicht<br />

immer leicht. Von Burnout aber<br />

keine Spur. Das Wort scheint<br />

wie das Wort Stress nicht zu den<br />

Worten zu gehören, die sie mit<br />

sich in Zusammenhang bringt.<br />

Solche Worte haben keine<br />

Macht über sie.<br />

Ist das vielleicht die Lösung?<br />

Erlauben wir den Worten einfach nicht, uns krank<br />

zu machen, Angst zu machen! Doch dazu braucht<br />

es Vertrauen. Vertrauen hat sie. Sie schöpft aus<br />

einer Quelle, die es zu entdecken lohnt. <strong>Die</strong>se Quelle<br />

könnte durchaus heißen: Sei stark und mutig.<br />

Erschrick nicht und <strong>für</strong>chte dich nicht! Denn der<br />

Herr, dein Gott, ist mit dir, überall wohin du gehst.<br />

(Josua1,9)<br />

Christa Schwind, Georg-Nestler Haus


Mit Augenmaß<br />

Bei einer Betriebsversammlung berichteten André Heichel, der<br />

Vorsitzende der Mitarbeitervertretung, Pflegedienstleiter Stephan<br />

Mücke und Einrichtungsleiter Winfried Neuf von den aktuellen<br />

Entwicklungen im Diakoniezentrum Schertlinhaus.<br />

Das ehemalige Haus I wurde geschlossen, die Bewohnerplatzzahl auf<br />

60 reduziert. Derzeit leben 40 Bewohner in der Allgemeinen Pflege in<br />

den Wohnbereichen 2 und 3 sowie 20 Bewohner in der Gerontopsychiatrischen<br />

Pflege im Wohnbereich 1. <strong>Die</strong> Perspektiven des leer stehenden<br />

Haus 1 sind noch nicht endgültig entschieden. <strong>Die</strong> Anpassung der<br />

personellen Kapazitäten in der Pflege konnte ohne betriebsbedingte<br />

Kündigungen vollzogen werden. Im Zuge der Umstrukturierung in der<br />

Verwaltung kamen mit Karin Lukas und Annemarie Mißner zwei neue<br />

Kolleginnen ins Team. Gleichzeitig wurde damit die Verzahnung mit der<br />

Verwaltung des <strong>Rummelsberger</strong> Stifts in Leipheim in die Wege geleitet.<br />

Winfried Neuf überbrachte den ausdrücklichen Dank des Geschäftsführers<br />

der RDA Jürgen Hofmann. <strong>Die</strong>ser bescheinigte den Verantwortlichen<br />

des Schertlinhauses ein behutsames Vorgehen mit viel Augenmaß<br />

bei den Umstrukturierungsmaßnahmen im vergangenen Jahr.<br />

Winfried Neuf<br />

Was ist gut und richtig?<br />

„Ethische Fragestellungen in der letzten Lebensphase“- so war ein<br />

Informations- und Gesprächsabend im Schertlinhaus überschrieben.<br />

Pfarrerin Gabriele Gerndt, stellvertretende Leiterin der neu gegründeten<br />

Diakonischen Akademie in Rummelsberg, definierte die zu G<strong>rund</strong>e liegenden<br />

ethischen Fragen als die Suche nach dem richtigen Handeln in<br />

der jeweils aktuellen Situation. Das Wohl sowie die Werte und die Würde<br />

des betroffenen alten Menschen sind der oberste Maßstab <strong>für</strong> das Entscheiden<br />

und Handeln. <strong>Die</strong>s erfolge häufig in einem Spannungsfeld zwischen<br />

dem subjektiven Willen des Einzelnen und der Verantwortlichkeit<br />

der weiteren Beteiligten. Der individuellen Persönlichkeit des Einzelnen<br />

stehen die Angehörigen, der behandelnde Arzt und die Mitarbeitenden<br />

der Einrichtung gegenüber. <strong>Die</strong>se seien geleitet von der stets neu zu<br />

beantwortenden Frage, „was denn das jeweils Beste sei <strong>für</strong> den alten<br />

Menschen“.<br />

Gabriele Gerndt ermutigte die Teilnehmer des Abends dazu, die Frage<br />

nach den eigenen Vorstellungen, Wünschen und Erwartungen rechtzeitig<br />

selber zum Ausdruck zu bringen. Als geeignete Instrumente stellte<br />

sie die Möglichkeit der Patientenverfügung sowie die Vorsorgevollmacht<br />

und die Betreuungsverfügung vor. Sie warb darum, zur rechten<br />

Zeit derartige Formen der Vorsorge zu treffen. Dabei ist es wichtig, mit<br />

Personen des Vertrauens in einen Dialog über die eigenen Wünsche und<br />

Wertvorstellungen zu treten. Damit könne man verhindern, dass es in<br />

der aktuellen Situation zum Gefühl des Ausgeliefertseins und der Bevormundung<br />

kommen kann. Winfried Neuf<br />

Schertlinghaus Burtenbach Schwaben<br />

Bote<br />

Ein Wagen<br />

<strong>für</strong> alle<br />

Sinne<br />

Ein Spendenaufruf zur Weihnachtszeit<br />

machte es möglich:<br />

Dank großzügiger Spenden von<br />

Freunden und Gönnern des<br />

Hauses konnte ein „Wagen <strong>für</strong><br />

alle Sinne“ gekauft werden.<br />

Renate Huber-Lehr, die Leiterin<br />

des Gerontopsychiatrischen Fachdienstes,<br />

hat den Wagen und die<br />

dazu gehörige Ausstattung ausgewählt<br />

und den Wagen liebevoll<br />

bestückt. <strong>Die</strong> verschiedenen Medien<br />

und Gegenstände kommen<br />

zum einen in der Einzelbetreuung<br />

dementer und bettlägeriger<br />

Bewohner zum Einsatz. Mit dem<br />

Wagen kann man direkt ins Bewohnerzimmer<br />

ans Bett fahren.<br />

Gleichzeitig werden sie bei Gemeinschafts-<br />

und Gruppenangeboten<br />

genutzt. Der Phantasie sind<br />

dabei kaum Grenzen gesetzt. <strong>Die</strong><br />

Lichtelemente regen das Assoziationsvermögen<br />

und die Neugierde<br />

an. Ergänzt wird dies durch<br />

verschiedenfarbige Tücher, Bälle,<br />

Duftstoffe, eine Wassersäule und<br />

einen CD-Spieler.<br />

Sinne und Wahrnehmungsfähigkeit<br />

lassen sich vielfältig stimulieren.<br />

Der Medieneinsatz ruft<br />

angenehme Erinnerungen hervor.<br />

Das Körpergefühl wird verbessert,<br />

was wiederum zur Steigerung<br />

des physischen und psychischen<br />

Wohlbefindens beiträgt. Auch<br />

die Lichteffekte mittels einer farbigen<br />

Wassersäule wecken ein<br />

positives Lebensgefühl vor allem<br />

bei Menschen, deren Lebensradius<br />

begrenzt ist.<br />

Winfried Neuf<br />

5


Sommer/ Herbst 2012<br />

Endlich Frühling!<br />

Endlich war es wieder soweit! <strong>Die</strong> laue Frühlingsluft<br />

lockte viele Senioren in den Garten.<br />

Bereits an Ostern freuten sich die Hasen Hanni und<br />

Nanni über die neue Freiheit in ihrer „Villa mit Garten“<br />

und sprangen übermütig in ihrem Freilauf herum.<br />

Auch die Ziegen sind aus ihrem Winterquartier<br />

beim Ehepaar Bayer wieder in das Freigehege in unseren<br />

Garten zurückgekehrt. Mutterziege Resi und<br />

Tochter Lotti kamen aber nicht alleine. Brauni teilt<br />

nun das großzügige Gehege mit ihnen.<br />

Nach der ersten Freude über diesen Zuwachs stellte<br />

sich bei den Ziegen ein Konkurrenzkampf ein nach<br />

dem Motto „Wer darf am Zaun aus den Händen der<br />

Senioren die zarten Zweige der Blätter fressen?“<br />

Brauni hat dabei manchmal das Nachsehen. „<strong>Die</strong><br />

sind aber frech“ kommentierte eine Seniorin diese<br />

„Kämpfe <strong>ums</strong> Futter“. Den Garten mit allen Sinnen<br />

erleben – dazu gehört nun auch ein Klangspiel aus<br />

6<br />

Am Klangspiel; Berta Jacker (vorne) mit Sieglinde Kriener Foto: Bühler<br />

Holz, das zur Betätigung einlädt. Nach einem kleinen<br />

Spaziergang mit dem Rollator freut sich Berta Jacker<br />

über die Töne, die sie mit einem Klöppel erzeugt.<br />

Eine weitere Attraktion ist das Riesenpendel. Es ist<br />

immer wieder faszinierend, zu beobachten, wie das<br />

erste Pendel die Bewegung zu allen anderen weitergibt<br />

und das letzte Pendel ausschlägt. Der dabei entstehende<br />

Klang wird beim Nachlassen des Schwungs<br />

immer leiser. <strong>Die</strong>se gleichmäßigen Bewegungen haben<br />

ihren ganz eigenen Reiz.<br />

Und was wäre ein Garten ohne ein Gemüsebeet?<br />

Nachdem die Eisheiligen vorbei waren, konnte endlich<br />

wieder „gegärtelt“ werden. Zwiebeln, Sellerie<br />

und Salat wurden mit viel Liebe und Engagement<br />

ins Hochbeet gepflanzt. Margarete Schneller unterstützte<br />

Irmgard Gerner tatkräftig, denn sie kann<br />

aufg<strong>rund</strong> ihres großen Gartens auf einen reichen Erfahrungsschatz<br />

zurückgreifen.


Eingebunden ins Dorfleben<br />

<strong>Die</strong> meisten der bei uns lebenden<br />

Senioren stammen aus den<br />

umliegenden Ortschaften. Unser<br />

Bestreben ist es, ihnen eine Teilnahme<br />

am Dorfleben zu erhalten<br />

bzw. Sitten und Bräuche in den<br />

Alltag zu integrieren.<br />

Dabei ist uns das ökumenische<br />

Miteinander sehr wichtig. Eine<br />

schöne Tradition ist die Teilnahme<br />

am evangelischen Gottesdienst am<br />

Ostermontag, der mit einem anschließenden<br />

gemeinsamen Osterfrühstück<br />

von Kirchengemeinde<br />

und Senioren Möglichkeiten des<br />

Gesprächs und des Zusammenseins<br />

bietet - kulinarisch verwöhnt<br />

vom Küchenteam des Rolf Hafner<br />

und begleitet von musikalischen<br />

Schmankerln des ehrenamtlichen<br />

Zitherspielers Diakon Heinz Brendel.<br />

Besonders freuen sich unsere<br />

Bewohner, wenn die Kommunionkinder<br />

kommen. <strong>Die</strong> katholischen<br />

Pfarrer begleitet an diesem Gottesdienst<br />

musikalisch die Gruppe<br />

„Wir sind wir“. Mit fröhlichen Kirchenliedern<br />

wird der <strong>für</strong> die Kinder<br />

oft ungewohnte Kontakt mit teils<br />

hochbetagten Senioren liebevoll<br />

gestaltet. Für unsere Senioren ist es<br />

eine große Freude, die Kinder in ihren<br />

Kommunionkleidern zu sehen<br />

und mit ihnen zu sprechen. Dabei<br />

werden oftmals Erinnerungen an<br />

die eigene Kommunion geweckt.<br />

Eine im schwäbisch-bayerischen<br />

Raum lieb gewonnene Tradition ist<br />

das „Maibaum aufstellen“ in der<br />

Regel am Tag vor dem 1. Mai. Zur<br />

Feier tragen viele Gruppen bei, so<br />

die Blaskapelle und der Gesangverein.<br />

Nachdem der Leiter der<br />

jungen Leute den Maibaum an die<br />

Gemeinde übergeben hat, spricht<br />

der Bürgermeister noch einige<br />

Dankesworte. Höhepunkt ist wie<br />

jedes Jahr der Bändertanz der Jazz-<br />

Dance-Gruppe des TSV Burtenbach.<br />

Nach dem gemeinsam gesungenen<br />

Volkslied „Der Mai ist gekommen“<br />

begeben sich die Bürger zu Bier<br />

und einer Brotzeit ins benachbarte<br />

„Bohnackergewölbe“.<br />

Als unsere Senioren jung waren,<br />

gab es meist noch den „Maitanz“.<br />

Wir haben ihn in unsere Einrichtung<br />

geholt. Anfang Mai spielt<br />

der „Schwoba Luis“ zum Tanz auf<br />

und alle begeisterten Senioren<br />

Schertlinhaus Burtenbach Schwaben<br />

Bote<br />

Beim Bändertanz: <strong>Die</strong> Jazztanzkindergruppe<br />

des TSV Burtenbach<br />

unter der Leitung von Renate<br />

Schwarz und Snezana Scheel<br />

Fotos: Bühler<br />

und Mitarbeiterinnen schwingen<br />

das Tanzbein. Mit viel Temperament<br />

spielt und singt unser ehrenamtlicher<br />

Mitarbeiter Luis Zungenmeier<br />

Polkas, Walzer und alte Schlager.<br />

Im katholischen Schwaben sind jeden<br />

Sonntagabend stattfindende<br />

Maiandachten gerade <strong>für</strong> die älteren<br />

Frauen ein wichtiger religiöser<br />

Bestandteil des Monats. Der<br />

Mai gilt in der katholischen Kirche<br />

als Marienmonat, in der besonders<br />

zur Mutter Gottes gebetet wird. Ein<br />

weiterer katholischer Ritus ist das<br />

„Rosenkranzgebet“, bei dem Mariengebete<br />

als Form der Meditation<br />

und Versenkung geübt werden. Eine<br />

Gruppe von etwa zehn Senioren traf<br />

sich 14-tätig zum Rosenkranzgebet.<br />

So erleben und feiern ältere und<br />

jüngere Menschen im Schertlinhaus<br />

und im Dorf gemeinsam das Jahr.<br />

Sitten, Bräuche und religiöse Traditionen<br />

werden gepflegt und das<br />

Miteinander gelebt. Das Geben und<br />

Nehmen stärkt die älteren Menschen<br />

im Scherlinhaus und die Gemeinschaft<br />

im Dorfleben.<br />

Barbara Bühler<br />

Gottesdienst zur Kommunion<br />

7


Sommer/Herbst 2012<br />

Gemütliche Runde: Margarethe Schneller, Renate<br />

Huber-Lehr, Charlotte Zehnich, Franz Schinke und<br />

Anton Rotter (von links) Foto: Thomas Ruf<br />

Kochen wie heute<br />

<strong>Die</strong> Kochgruppe „Kochen wie damals“ vom Wohnbereich<br />

Schäferberg veranstaltete ein „Kochen wie<br />

heute“. <strong>Die</strong>s ermöglichte die großzügige Spende<br />

des Herstellers „Mc Cain“, der zahlreiche seiner Produkte<br />

zur Verfügung stellte. <strong>Die</strong> Kochgruppe aus<br />

neun Frauen und zwei Männern versammelte sich<br />

wie gewohnt in der Stationsküche, in der alle zwei<br />

Wochen ein komplettes Menü zubereitet wird. An<br />

diesem <strong>Die</strong>nstag wurden die Teilnehmer mit „Mc-<br />

Cain-Schildmützen“ ausgestattet, mit welchen sich<br />

die Bewohner sichtlich wohl fühlten. Zu den Kräuterkroketten,<br />

Pommes, Lachgesichtern und Country<br />

Potatoes gab es Bratwürstchen und gemischten Salat.<br />

Zu den Kartoffelpuffern bereiteten die Bewohner<br />

Apfelmus zu. Anschließend wurde alles verkostet<br />

und <strong>für</strong> gut befunden. <strong>Die</strong> Damen der Gruppe<br />

meinten abschließend: „Mei hams dia Frauen heut<br />

schea!“ Renate Huber-Lehr<br />

<strong>Die</strong> Kartelgruppe Foto: Huber-Lehr<br />

8<br />

Musikalischer Nachmittag<br />

Am 18. März fand wieder der traditionelle musikalische<br />

Nachmittag <strong>für</strong> die Bewohner, deren Angehörige,<br />

Betreuer und die Öffentlichkeit statt. Unter<br />

dem Motto „Frühlingserwachen“ begrüßte Renate<br />

Huber- Lehr das Geschwisterpaar Tina Hein und<br />

Frieder Morgenstern. Das Duo, das sein Können<br />

zum ersten Mal und ehrenamtlich bei uns zum<br />

Besten gab, riss das Publikum mit seinem Charme<br />

mit. Mit alten und neuen Schlagern, Gospels und<br />

extra <strong>für</strong> die ältere Generation einstudierten Liedern<br />

in deutscher Sprache brachten sie den voll<br />

besetzten Veranstaltungsraum zum Beben. Nach<br />

eineinhalb Stunden und zwei Zugaben sagten uns<br />

die Beiden zu, gern wieder in unser schönes Heim<br />

zu kommen. Renate Huber-Lehr<br />

Mitreißend: Tina Hein und Frieder Morgenstern<br />

Foto: Huber-Lehr<br />

Sonntagsfrühschoppen<br />

<strong>Die</strong> Veranstaltung ist angelehnt an den Brauch des sonntäglichen Frühschoppens,<br />

zu dem sich die Männer nach dem Kirchgang im Gasthaus<br />

getroffen haben. Seit Februar trifft sich alle zwei Wochen am Sonntagvormittag<br />

eine Gruppe Bewohner zum Karteln bei Bier und Knabbereien<br />

im Cafeteriabereich. <strong>Die</strong> vier Frauen und acht Männer haben in der<br />

Zwischenzeit ihre Stammplätze und Spielpartner gefunden. Während an<br />

einem Tisch stets eine angeregte Unterhaltung stattfindet, spielen am<br />

anderen die Bewohner Mensch-ärgere-Dich-nicht. Am dritten Tisch treffen<br />

sich zwei Männer aus dem Landhaus und zwei aus dem Wohnbereich<br />

Schertlinpark zum Kartenspiel. <strong>Die</strong> Zeit zwischen 9:30 Uhr und 11:30 Uhr<br />

vergeht so wie im Flug. Renate Huber-Lehr


Schertlinhaus Burtenbach <strong>Rummelsberger</strong> Stift Leipheim<br />

Demenz im Fokus<br />

Senioreninfotag in Leipheim<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Leser,<br />

Am 3. Mai fand der 3. Senioreninfotag<br />

in Kooperation zwischen<br />

der Stadt Leipheim und dem<br />

<strong>Rummelsberger</strong> Stift statt. Das<br />

Thema in diesem Jahr war Demenz.<br />

Betrachten wir die demografische<br />

Entwicklung, so steigt<br />

die Zahl von geschätzten 1,2 Millionen<br />

Betroffenen in Deutschland<br />

heute auf 2,6 Millionen im<br />

Jahr 2050. Wir werden immer<br />

älter, und damit gewinnt die Demenz<br />

zunehmend an Bedeutung.<br />

<strong>Die</strong> Krankheit tritt überwiegend<br />

als Alterserscheinung auf, und die<br />

Prävalenz ist signifikant steigend<br />

mit dem Lebensalter. Mit 65 Jahren<br />

ist ungefähr ein gutes Prozent<br />

der Bevölkerung betroffen, bei<br />

den über 90-Jährigen ist es über<br />

ein Drittel.<br />

Demenz bedeutet wörtlich: die<br />

Abwesenheit des Geistes. Demente<br />

Menschen haben große Probleme,<br />

sich aktuelle Ereignisse zu merken.<br />

Sie verlegen vieles, und oft<br />

findet man „die Hausschuhe im<br />

Kühlschrank wieder“. <strong>Die</strong> Entwicklung<br />

kann unterschiedlich schnell<br />

fortschreiten und dauert meist<br />

über Jahre an, bis schließlich die<br />

eigenen Angehörigen nicht mehr<br />

erkannt werden.<br />

Meist bemerken die Angehörigen<br />

die Zeichen erst spät. Außerdem<br />

sind die Veränderungen eher peinlich,<br />

sodass diese oft vor der Öffentlichkeit<br />

verheimlicht werden.<br />

Trotzdem hat das Thema eine erstaunliche<br />

Resonanz in der Bevölkerung.<br />

Mit vier Referaten wurde<br />

das Thema aus unterschiedlichen<br />

Blickwinkeln beleuchtet. Als Oberärztin<br />

in der Gerontopsychiatrie<br />

Schwaben<br />

Bote<br />

Dr. Regina Schreiner (hinten<br />

rechts) hatte viele interessierte<br />

Zuhörer Foto: RDA<br />

zeigte Frau Dr. Regina Schreiner<br />

die klinische Seite der Demenz<br />

auf. Christa Buggele-Wagner<br />

als Pflegedienstleiterin des Ernst<br />

Ott Seniorenzentr<strong>ums</strong> Ichenhausen<br />

führte die Interessierten in<br />

die Welt der professionellen Versorgung<br />

dementiell Veränderter<br />

Menschen ein. Rudolf Kombosch<br />

aus der AOK Bezirksstelle stellte<br />

die Leistungen der Pflegekasse<br />

vor. Im Abschlussbeitrag habe<br />

ich die Herausforderungen <strong>für</strong> eine<br />

betroffene Familie anhand von Beispielen<br />

aus der Praxis beleuchtet.<br />

Demenz ist ein Thema, das in Zukunft<br />

stärkeren Einfluss auf unser<br />

Zusammenleben haben wird. Es<br />

verliert viel von seinem Schrecken,<br />

wenn wir auf es zugehen.<br />

Jürgen Kühn, Diakon<br />

Einrichtungsleiter<br />

9


Sommer/Herbst 2012<br />

Erst einer, dann keiner<br />

Das Stift und sein Maibaum<br />

<strong>Die</strong> Bewohnerinnen und Bewohner des <strong>Rummelsberger</strong><br />

Stifts haben in diesem Jahr mit ihrem Maibaum<br />

ganz schön was erlebt. Hier die Chronik.<br />

30. April, 10 Uhr: <strong>Die</strong> Bewohnerinnen und Bewohner<br />

des Stifts versammeln sich im „Multi-Raum“, um<br />

die Bänder <strong>für</strong> ihren Maibaum zu schneiden. <strong>Die</strong>se<br />

Tätigkeit ist gleichzeitig Training der Grob- und<br />

Feinmotorik, das den meisten Bewohnern durch ihre<br />

körperlichen Einschränkungen nicht leicht fällt. Aber<br />

die Motivation, einen eigenen Maibaum zu gestalten,<br />

lässt dies vergessen, und gemeinsam ist alles möglich.<br />

Nachdem die Bänder geschnitten sind, geht es in die<br />

Außenanlage, und die bunten Bänder werden am<br />

Maibaum befestigt.<br />

10<br />

Wilhelm Steiner, Alfons Sieber<br />

und Anton Behringer (von links)<br />

schneiden Bänder<br />

Sabine Mann, Maria Lihl, Irmgard<br />

Sander und Anna Pawelek (von<br />

links) befestigen die Bänder<br />

Viele Scherze werden gemacht, wer den Maibaum<br />

in der Mainacht wohl bewacht, denn vor vier Jahren<br />

wurde am <strong>Rummelsberger</strong> Stift schon einmal ein<br />

Maibaum gestohlen.<br />

Da war die Welt<br />

noch in Ordnung…


und plötzlich zwei<br />

30. April, 17 Uhr: Das Maifest beginnt. Der „Bubesheimer<br />

Musikverein“, verwöhnt die Senioren mit<br />

seiner musikalischen Darbietung und stimmt sie auf<br />

den Frühling bzw. den kommenden Sommer ein. Danach<br />

wird gemeinsam das Festmenü eingenommen.<br />

1. Mai: Am Morgen gibt es ein böses Erwachen.<br />

Überrest<br />

des Maiba<strong>ums</strong><br />

Der Maibaum des Stifts ist einer Säge zum Opfer<br />

gefallen. <strong>Die</strong> Bewohner des Alten- und Pflegeheims<br />

sind zum Teil traurig, aber auch verärgert. Wer klaut<br />

alten Menschen den mühevoll geschmückten Maibaum?<br />

6. Mai: <strong>Die</strong> Nachricht über den Verlust des Maiba<strong>ums</strong><br />

erreicht auf unerklärliche Weise das Rathaus der<br />

Stadt Leipheim. Und so kann Maria Zeiser, Bewohnerin<br />

des <strong>Rummelsberger</strong> Stifts, am Abend beobach-<br />

<strong>Rummelsberger</strong> Stift Leipheim<br />

Schwaben<br />

Bote<br />

ten, wie vier Personen am Eingangsbereich rechts und<br />

links jeweils einen geschmückten Maibaum aufstellen.<br />

Sie erkennt unter den vieren den 1. Bürgermeister der<br />

Stadt Leipheim Christian Konrad und seine Frau. <strong>Die</strong><br />

Nachricht eilt durch die Nachtwache sofort von Zimmer<br />

zu Zimmer.<br />

Und dann waren<br />

es zwei!<br />

<strong>Die</strong> Freude , dass das <strong>Rummelsberger</strong> Stift jetzt zwei<br />

Maibäume hat, ist bei den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />

und natürlich auch bei den Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern groß.<br />

Marianne Block<br />

Fotos: Block<br />

11


Sommer/Herbst 2012<br />

Betriebswirtschaftlicher Praktikant<br />

12<br />

Sehr geehrte Damen<br />

und Herren,<br />

liebe Leserinnen und Leser,<br />

mein Name ist Peter Wegner, und<br />

ich studiere Betriebswirtschaftslehre<br />

mit dem Schwerpunkt Gesundheitsmanagement<br />

im sechsten<br />

Peter Wegner Semester an der Fachhochschule<br />

Foto: RDA<br />

Neu-Ulm. Seit dem 1. März bin ich<br />

im Rahmen meines Praxissemesters<br />

als betriebswirtschaftlicher Praktikant im <strong>Rummelsberger</strong><br />

Stift Leipheim tätig und bekomme dort einen<br />

Einblick in verschiedene Aufgabenfelder. Das Praktikum<br />

erstreckt sich über einen Zeitraum von sechs<br />

Monaten und ist in drei Abschnitte unterteilt.<br />

Im operativen Tagesgeschäft unterstütze ich die Heimleitung<br />

bei der täglichen Arbeit und nehme aktiv an<br />

Terminen und Besprechungen teil. <strong>Die</strong> Aufgaben sind<br />

sehr vielfältig und bieten arbeitsintensive, aber auch<br />

entspannte Arbeitstage. Beim Qualitätsmanagement<br />

begleite ich die Durchführung von Audits und stelle<br />

die Aktualität von Dokumenten sicher. Das Aufgabenfeld<br />

ist bürokratisch geprägt und erfordert einen hohen<br />

Dokumentationsaufwand. Den letzten Abschnitt<br />

meines Praktik<strong>ums</strong> absolviere ich im Controlling. Hier<br />

wirke ich an der Auswertung von Lageberichten mit<br />

und erlerne die Interpretation wichtiger betriebswirtschaftlicher<br />

Kennzahlen.<br />

Das <strong>Rummelsberger</strong> Stift Leipheim ist ein attraktiver<br />

Ort, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Durch<br />

die konfessionelle Prägung und die Verpflichtung zum<br />

Gemeinwohl ist das Haus sehr aufgeschlossen gegenüber<br />

Studenten und bietet eine angenehme Atmo-<br />

Eindrucksvoll: <strong>Die</strong> Ulmer Lichterserenade<br />

Fotos: RDA<br />

sphäre. <strong>Die</strong> Einrichtungsleitung begleitet durch das<br />

gesamte Praktikum und hilft bei Fragen und schwierigen<br />

Aufgabenstellungen. Auch die Mitarbeiter sind<br />

sehr freundlich und geben bei Bedarf wertvolle Informationen.<br />

Als Teil des Studi<strong>ums</strong> ist das Praktikum<br />

eine gute Gelegenheit, um das bisher erworbene Wissen<br />

anzuwenden und weitere praktische Erfahrungen<br />

zu sammeln. Bis zum 31. August habe ich noch die<br />

Möglichkeit, in den drei Berufsfeldern mitzuwirken<br />

und eine Entscheidungsg<strong>rund</strong>lage <strong>für</strong> meine zukünftige<br />

berufliche Orientierung zu schaffen.<br />

Externes Audit 2012<br />

Beim externen Audit handelt es sich um eine Anhörung<br />

durch ein außenstehendes Unternehmen, das die Qualität<br />

in der Einrichtung untersucht. Als G<strong>rund</strong>lage dient<br />

dabei die Zertifizierung nach ISO 9001:2008 und nach<br />

dem Diakonie-Siegel-Pflege. Ziel des Audits ist die Bewertung<br />

des bestehenden Qualitätssystems sowie das<br />

Erfüllen der gestellten Anforderungen gemäß den Zertifizierungsg<strong>rund</strong>lagen.<br />

Der Ablauf des Audits erfolgt<br />

entsprechend des Auditplans und beinhaltet verschiedene<br />

zu prüfende Bereiche und Prozesse. Neben dem<br />

Kernprozess der Pflege werden auch unterstützende<br />

Prozesse wie Küche, Reinigung und Verwaltung untersucht.<br />

Jeder Bereich wird in unterschiedliche Themenkomplexe<br />

unterteilt und einzeln geprüft. <strong>Die</strong> Hinweise<br />

aus dem letzten Audit sind besonders zu berücksichtigen,<br />

da diese während der Prüfung verstärkt beachtet<br />

werden. Wesentliche Abläufe wie die Bewohneraufnahme<br />

sind in allen Häusern der <strong>Rummelsberger</strong> gleich, daher<br />

gelten die Prüfhinweise eines Hauses auch <strong>für</strong> die<br />

anderen Häuser und sind durch entsprechende Anpassungen<br />

zu berücksichtigen.<br />

Peter Wegner<br />

Danke…<br />

...allen unseren ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen.<br />

Auch in diesem Jahr hatte Heimleiter Diakon<br />

Jürgen Kühn eine Überraschung <strong>für</strong> unsere ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiter/innen vorbereitet.<br />

Am Samstag, 21. Juli, ging es im Rahmen der<br />

Schwörwoche nach Ulm. Treff war um 17 Uhr in<br />

der Gaststätte Schwarze Henne, nach Einbruch der<br />

Dunkelheit war dann die romantische Lichterserenade<br />

ein besonderer Genuss.


<strong>Rummelsberger</strong> Stift Leipheim<br />

<strong>Rätseln</strong> <strong>rund</strong> <strong>ums</strong> <strong>Essen……</strong>..<br />

Nationale und Internationale<br />

Gerichte und Speisen:<br />

Schwaben<br />

…………………. Klopse<br />

………………… Nockerln<br />

………………… Schnitzel ………………… Gulasch<br />

………………… Stollen ………………… Eintopf<br />

………………… Rösti<br />

………………… Printen<br />

………………… Bratwürste ………………… Kranz<br />

Verdrehte Sprichwörter<br />

Viele Köche<br />

Sauer macht<br />

Jemanden wie eine heiße<br />

Es wird nichts so heiß gegessen wie es Y<br />

sind immer gut<br />

traurig<br />

Bratwurst fallen lassen<br />

gebacken wird<br />

Essen und Trinken hält den Geldbeutel zusammen<br />

Butterbrot hilft in der Not<br />

E<br />

Lachen ist gesund<br />

Hänschen ist mit seinen Eltern am Strand und hat nach<br />

langem Quengeln endlich ein Eis bekommen.<br />

Damit läuft er nun durch die Gegend.<br />

Plötzlich fällt ein Tropfen von Hänschens Eis einem Badegast,<br />

der im Sand liegt, auf den Bauch. <strong>Die</strong>ses erschreckt sich<br />

und ruft: „<strong>Die</strong> Möwe muss ja aus Alaska kommen.“<br />

Lida Sterzer und Sonja Feiler, AHV Nürnberg<br />

z<br />

Bote<br />

Jessi fragt ihre Freundin:„ Hast du eigentlich schon<br />

mal Schnecken gegessen?“ <strong>Die</strong>se bejaht die Frage.<br />

„Also ich würde mir nie welche bestellen....“<br />

“Das hab ich ja auch nicht.<br />

Ich hatte grünen Salat bestellt...“<br />

Verderben den Brei-lustig-Kartoffel-gekocht-Leib und Seele-macht Wangen rot<br />

Lösungen:<br />

Wiener-Dresdner-Berner -Nürnberger-Königsberger -Salzburger-Ungarisches<br />

Pichelsteiner-Aachener-Frankfurter.<br />

13


Sommer/Herbst 2012<br />

Fit <strong>für</strong> Pflege und Senioren<br />

Neues Team, neue Mitarbeitende bei den <strong>Rummelsberger</strong> <strong>Die</strong>nsten <strong>für</strong><br />

Menschen im Alter (RDA) - in der Kapelle des Stephanushauses wurden<br />

jetzt zehn Frauen und Männer in ihren <strong>Die</strong>nst durch Rektor Dr. Günter<br />

Breitenbach (links) und den Geschäftsführer der RDA Diakon Jürgen Hofmann<br />

(rechts) eingeführt<br />

Bei den <strong>Rummelsberger</strong> <strong>Die</strong>nsten <strong>für</strong> Menschen im Alter (RDA) tut sich<br />

viel. Alte Modelle werden durchleuchtet und bei Bedarf modernisiert,<br />

und auch neue Mitarbeitende bringen mit frischen Ideen, neuen Schwerpunkten<br />

und Kompetenzen Schwung in die Arbeit. Bei einem Gottesdienst<br />

erbat Rektor Dr. Günter Breitenbach, der Vorstandsvorsitzende der<br />

<strong>Rummelsberger</strong> Diakonie, gemeinsam mit RDA-Geschäftsführer Jürgen<br />

Hofmann in der Kapelle des <strong>Rummelsberger</strong> Stephanushauses den Segen<br />

Gottes <strong>für</strong> zehn neue Kräfte.<br />

Den <strong>Die</strong>nst als stellvertretender Leiter des Altenhilfeverbundes Rummelsberg<br />

nahm Diakon Herbert Bühling bereits vor kurzem auf. In der<br />

Form eines Junior-Senior-Modells - zum Teil durch den Förderverein<br />

der <strong>Rummelsberger</strong> Brüderschaft finanziert - begleitet den „Neuen“<br />

Diakon Helmut Hardung, der Leiter des Altenhilfeverbundes. Mit den<br />

Pflegedienstleiterinnen Kathrin Eibisch, Stephanushaus, Lidija Gligoric,<br />

Feierabendhaus, dem stellvertretenden Pflegedienstleiter Silvio Hirsch,<br />

Stephanushaus, sowie Wohnbereichsleiterin Elke Meid, Stephanushaus,<br />

verstärkt sich das Team.<br />

Dass es in der Altenhilfe an Fachkräften mangelt, ist traurige Realität.<br />

Mit dem Projekt „Fit <strong>für</strong> Pflege“ (Programm „rückenwind - Für die Beschäftigten<br />

in der Sozialwirtschaft“ des Europäischen Sozialfonds <strong>für</strong><br />

Deutschland ESF) gehen die <strong>Rummelsberger</strong> jetzt neue Wege, um diesem<br />

Missstand abzuhelfen. Hier werden Angela Sept als Projektleiterin und<br />

Diakonin Heidrun Martini als Projektreferentin ein Netzwerk <strong>für</strong> Anleiterinnen<br />

und Anleiter aufbauen. Sie helfen damit, das Ansehen und die<br />

Ausbildungsstrukturen dieses Berufes zu verbessern. Neue Projekte der<br />

RDA wird in Zukunft Diakon Thomas Wollner leiten, Max Geier als Assistent<br />

die Arbeit der Geschäftsführung unterstützen. Als Objektbetreuer<br />

kümmert sich Franz Jocher um den baulichen Rahmen der Altenhilfe.<br />

Dorothée Krätzer<br />

14<br />

Besuchen Sie uns auch im Internet unter<br />

www.altenhilfe-rummelsberg.de<br />

„Altenpflege<br />

ist cool“<br />

Das war das Motto des „Boys‘<br />

Day“ 2012. Im Stephanushaus in<br />

Rummelsberg nutzten Jungen<br />

zwischen elf und 16 Jahren die<br />

Gelegenheit, erste Eindrücke in<br />

der Altenpflege zu gewinnen.<br />

Dabei warfen sie einen Blick in<br />

Geschichte und Gegenwart der<br />

Pflege älterer Menschen in der<br />

<strong>Rummelsberger</strong> Diakonie und<br />

informierten sich über Ausbildungsmöglichkeiten.<br />

In den Wohnbereichen sammelten<br />

die Jungen praktische<br />

Erfahrungen. So konnten sie<br />

erleben, wie Hebelifter eingesetzt<br />

werden, um Menschen<br />

mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit<br />

zu mobilisieren,<br />

und wie die Mahlzeiten ausgegeben<br />

werden. Gespräche mit<br />

Bewohnern und Bewohnerinnen<br />

vertieften die Eindrücke.<br />

Zwar nahmen nur zwei Schüler<br />

an der Aktion teil, aber den<br />

Mitarbeitenden im Stephanushaus<br />

war Qualität auch hier lieber<br />

als Quantität. Beide Jungen<br />

zeigten sich ausgesprochen interessiert,<br />

stellten viele Fragen<br />

und fanden den Tag ebenso<br />

spannend wie aufschlussreich.<br />

Zum Schluss gab es von den<br />

beiden jungen Gästen reichlich<br />

Lob. Gerade den Kontakt mit<br />

den älteren Menschen fanden<br />

sie „richtig toll.“ Klaus Leder<br />

Angela Sept


Erwartungsfroh: Pflegedienstleitung Gerda Reinthaler sowie<br />

Evelyn Menzel und Sabine Kunz von der Verwaltung (v. links)<br />

füllen am Eröffnungstag die Waren auf Foto: Giepen<br />

Einkaufen wie<br />

anno dunnemals<br />

„Drei Bananen und eine Packung<br />

Hustenbonbons bitte!“<br />

<strong>Die</strong> Bewohner des Alten- und<br />

Pflegeheims Haus Heimweg<br />

in Ansbach können<br />

dank zahlreicher<br />

Spenden seit Jahresbeginn<br />

vor Ort wie in<br />

alten Zeiten einkaufen<br />

gehen. „Geben Sie mir ruhig<br />

die festen Birnen, die kann ich<br />

dann noch ein bissel liegen lassen!“<br />

oder „Oh, ja, Taschentücher<br />

darf ich nicht vergessen!“ Solche<br />

und ähnliche Sätze sind tagtäglich<br />

seit der Eröffnung des neu<br />

eingerichteten Tante-Emma-Ladens<br />

in der Verwaltung zu hören.<br />

Tante-Emma-<br />

Laden im Haus<br />

Heimweg<br />

<strong>Die</strong> Verwaltungsdamen haben als<br />

„Tante Emmas“ oft alle Hände voll<br />

zu tun, die Wünsche ihrer Kunden<br />

zu erfüllen.<br />

Mit Unterstützung<br />

von Fachdienst oder<br />

Betreuungskräften,<br />

aber auch ganz allein<br />

macht sich ein Großteil<br />

der Bewohner in regelmäßigen<br />

Abständen auf den Weg zur<br />

Verwaltung. Bietet der Tante-Emma-Laden<br />

doch zu den offiziellen<br />

Bürozeiten ganz neue Einkaufsmöglichkeiten<br />

im Haus. Vorher<br />

gab es nur einen Verkaufswagen<br />

mit einem sehr kleinen Sortiment.<br />

<strong>Die</strong>ser wurde einmal in der Wo-<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rummelsberger</strong> <strong>Die</strong>nste <strong>für</strong> Menschen im Alter<br />

che durch die Bereiche gefahren,<br />

um den Bewohnern ein wenig<br />

Normalität und Selbständigkeit<br />

zu erhalten. Pflegedienstleitung<br />

Gerda Reinthaler hatte dann die<br />

Idee, dieses Einkaufen durch einen<br />

Tante-Emma-Laden attraktiver<br />

zu gestalten und den Bewohnern<br />

einen Anreiz zu geben, sich<br />

selbst auch wieder auf den Weg<br />

zu machen und „Einkaufen zu gehen.“<br />

Idee und Projekt fanden vielfältigen<br />

Zuspruch. So spendeten die<br />

Volks- und Raiffeisenbanken in<br />

Mittelfranken und die Raiffeisen/<br />

Schulze-Delitzsch Stiftung Bayerischer<br />

Genossenschaften eine<br />

beträchtliche Summe. Dazu kamen<br />

Einzelspenden und ein großes<br />

ehrenamtliches Engagement<br />

bei vielen Aktionen <strong>rund</strong> um das<br />

Projekt im Haus.<br />

Im Haus Heimweg ist täglich zu<br />

erleben, wie gerne die Bewohner<br />

ihren Tante-Emma-Laden nutzen,<br />

wie ihr Lebensumfeld dadurch<br />

wieder attraktiver wurde und wie<br />

der Laden ihren Aktionsradius<br />

erweitert hat. Zur Nachahmung<br />

ausdrücklich empfohlen!<br />

Claudia Wachtler<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeit, die Waren<br />

wie früher selbst auszuwählen,<br />

aktiviert die Bewohner<br />

15


Sommer/Herbst 2012<br />

„Das war Berlin…<br />

ein Leben mit der Angst.“<br />

Vom Überlebenskampf im Krieg über die Flucht<br />

vor der Stasi bis zum Neuanfang im Westen: Erika<br />

Kläges Lebensgeschichte ist spannender als<br />

ein Roman. Der erste Teil reicht bis zu den Nachkriegserlebnissen<br />

der Bewohnerin des <strong>Rummelsberger</strong><br />

Stephanushauses.<br />

Erika Kläge, eine echte Berliner Pflanze, wird 1921<br />

in Charlottenburg geboren. Im Alter von 19 Jahren<br />

heiratet sie 1940 in Prag. Das junge Paar führt eine<br />

Fernbeziehung, da der Ehemann in Polen, später in<br />

Russland stationiert ist. „Während des ersten Heimaturlaubs<br />

hat et dann jeknallt.“ Mitten im Krieg<br />

- 1941 – wird Tochter Rosemarie geboren. <strong>Die</strong> junge<br />

Mutter ist auf sich allein gestellt. Erika Kläge wohnt<br />

damals in Kreuzberg mit typischer Adresse: 3. Hinterhof,<br />

2. Stock.<br />

Massive Luftangriffe der Aliierten ab November<br />

1943 legen ganze Stadtteile in Schutt und Asche.<br />

Eine harte Zeit auch <strong>für</strong> Erika Kläge: „<strong>Die</strong> Angst vor<br />

den Bombardierungen, schnell mit dem Kind und einem<br />

Koffer in den Keller oder Bunker, Anstellen mit<br />

Lebensmittel- und Kleiderkarten, um das Lebensnotwendige<br />

zu ergattern: Das alles gehörte zum Alltag,<br />

war Normalität.“<br />

Erika Kläge wird ausgebombt und nach Potsdam<br />

evakuiert. Aber auch hier geht der Überlebenskampf<br />

weiter. Tochter Rosemarie Ziegler erinnert sich an<br />

die ewige Erbsenwurstsuppe und scheußlichen, in<br />

Tablettenform gepressten Tee. Der Schrebergarten<br />

an der Havel bringt etwas Abwechslung in den<br />

Kochtopf. 1945 dann gleichen Berlin und Potsdam<br />

einer Trümmerwüste.<br />

Am 2. Mai 1945 wird auf dem Brandenburger Tor<br />

die sowjetische Flagge gehisst. Den ersten Kontakt<br />

mit der russischen Armee bringt ein kirgisischer Soldat<br />

mit dem Gewehr im Anschlag in der Kellertür.<br />

„Wir hatten Glück, der hatte mehr Angst als wir.“<br />

Jetzt beginnen die Übergriffe auf die Frauen. Mit<br />

den Worten „Frau komm!“ oder „Frau mach die Tür<br />

auf!“ holen sich die Besatzer, was ihnen vermeintlich<br />

als Kriegsbeute zusteht. „Wir versteckten uns, und<br />

eine Nachbarin, die freiwillig intensive Kontakte zu<br />

den Russen pflegte, hat uns vor dem Schlimmsten<br />

bewahrt.“<br />

16<br />

Damals<br />

Hamstern<br />

und Hungern<br />

In den Nachkriegsjahren<br />

geht<br />

es nur noch darum,<br />

zu überleben<br />

und den Hunger<br />

zu stillen. Hamstern<br />

heißt die<br />

Erika Kläge im Alter<br />

von 19 Jahren<br />

Devise. Erika Kläge erinnert sich an ihre Ängste vor<br />

Polizeirazzien und Konfiszierungen. „Da lagen Berge<br />

verrotteter Kartoffeln, die man der hungernden<br />

Bevölkerung abgenommen hatte.“ <strong>Die</strong> Tochter übernimmt<br />

meist den Transport des Schmuggelgutes,<br />

da die Kinder nicht so streng kontrolliert werden:<br />

„Mutter hat vor Angst immer gezittert wie Espenlaub“,<br />

erzählt sie.<br />

Auf dem Speiseplan stehen ausgekochte Kartoffelschalen,<br />

Kohlrübenbrot, Fischtran als Fettersatz.<br />

„Wenn man Glück hatte und der Spiralkocher nicht<br />

durchgeglüht war, gab es morgens Klunkersuppe -<br />

Magermilch, genannt ‚blauer Heinrich‘, mit eingerührtem<br />

Mehl.“ Alternativen bieten Wald und Natur<br />

in Form von Sauerampfer, Beeren und Pilzen, die getrocknet<br />

als eiserne Reserve dienen. Johanna Büsch<br />

Erika Kläge an ihrem 91. Geburtstag im vergangenen<br />

März im Stephanushaus<br />

In der nächsten Ausgabe lesen Sie von Erika Kläges Courage in der DDR und ihrer Flucht in den Westen.<br />

Foto: privat<br />

Foto: Büsch

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