24.02.2017 Aufrufe

Dokumentation Esack BDS

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Dokumentation</strong><br />

zur Kampagne gegen Farid <strong>Esack</strong> und <strong>BDS</strong> Hamburg<br />

Im Wintersemester 20116/2017 erhielt der Islamwissenschaftler Prof. Farid <strong>Esack</strong> (Südafrika) einen<br />

Lehrauftrag an der Akademie der Weltreligionen an der Universität Hamburg. Farid war gleichzeitig<br />

Sprecher von <strong>BDS</strong> Südafrika und wir organisierten auf seinen Wunsch hin eine Vortragsreise durch<br />

Deutschland.<br />

Seine Aktivitäten für die <strong>BDS</strong>-Bewegung nahm die CDU in Verbindung mit der Springer-Zeitung „Die<br />

Welt“ eine Kampagne gegen Farid <strong>Esack</strong> und die <strong>BDS</strong>-Bewegung in Gang zu setzen, die in einem<br />

Antrag der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft mündete, <strong>BDS</strong> als antisemitisch zu<br />

desavouieren. Damit soll zum ersten Mal in der bundesdeutschen Geschichte von einem<br />

(Landes-)Parlament eine gewaltlose Form des Widerstandes der palästinensischen<br />

Zivilgesellschaft verurteilt werden.<br />

Artikel/Brief<br />

Scharfe Kritik: Gastprofessor in Hamburg ein Antisemit?<br />

(Hamburger Abendblatt 25.01.2017, S. 12)<br />

Seite<br />

1<br />

Nachspiel wegen Israel-Kritik (TAZ 6.2.2017) 2<br />

Brief von Rolf Verleger an Prof. Weiße 5<br />

Erklärung der AdW vom 14.2.2017 6<br />

Offener Brief an AdW und Grüne 9<br />

Brief von Judith Bernstein an Landes-Bischöfin Fehrs 13<br />

DS 21/7699 Kleine Anfrage CDU 14<br />

DS 21/7798 Antrag CDU-Fraktion 17<br />

Brief von <strong>BDS</strong> Hamburg an alle Abgeordneten der Bürgerschaft 18<br />

Brief der Palästinensischen Mission<br />

an die Fraktionsvorsitzenden der Hamburger Bürgerschaft<br />

Brief der „Jüdische Stimmen für gerechten Frieden...“<br />

an alle Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft<br />

Brief der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft<br />

an alle Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft<br />

Brief des Deutsch-Palästinensischen Frauenverein<br />

an alle Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft<br />

Ilana Hammerman, Warum ich, als stolze Israelin, möchte, dass die Welt uns boykottiert<br />

(Haaretz, 29.1.2017)<br />

22<br />

24<br />

26<br />

28<br />

31<br />

Presserklärung <strong>BDS</strong> Hamburg 34<br />

Erste Erklärung Farid Essack 36<br />

Zweite Erklärung Farid Essack 39


12 HamburgerAbendblatt Mittwoch, 25. Januar 2017<br />

HAMBURG<br />

Scharfe Kritik: Gastprofessor<br />

in Hamburg ein Antisemit?<br />

CHRISTOPH HEINEMANN<br />

CHRISTIAN UNGER<br />

HAMBURG :: Entrüstung über einen<br />

strammen Israelkritiker an der Universität<br />

Hamburg: CDU und AfD üben<br />

deutliche Kritik an der Gastprofessur<br />

des islamischen Theologen Farid <strong>Esack</strong><br />

aus Südafrika an der Akademie der<br />

Weltreligionen. Diese Entscheidung sei<br />

„höchst fragwürdig“, sagte der CDU-Abgeordnete<br />

Carsten Ovens. Die Akademie<br />

der Weltreligionen bezeichnete die<br />

Kritik als unangemessen.<br />

Hintergrund der Vorwürfe: Farid<br />

<strong>Esack</strong> ist Vorsitzender des südafrikanischen<br />

Bündnisses <strong>BDS</strong> („Boycott, Divestment<br />

and Sanctions“), das sich für<br />

umfangreiche Maßnahmen gegen den<br />

israelischen Staat ausspricht. Immer<br />

wieder attackiert <strong>Esack</strong> die Politik der<br />

Israelis gegenüber den Palästinensern<br />

scharf. So nannte <strong>Esack</strong> den früheren israelischen<br />

Staatspräsidenten Schimon<br />

Peres einen „Terroristen“.<br />

Für sein Engagement in der Anti-Apartheid-Bewegung<br />

um den Friedensnobelpreisträger<br />

Nelson Mandela<br />

ist Farid <strong>Esack</strong> jedoch international anerkannt.<br />

Nach Ende der Rassentrennung<br />

in Südafrika berief ihn der damalige<br />

Präsident Mandela als Beauftragten<br />

für Gleichstellung, später lehrte<br />

Farid <strong>Esack</strong> an der Universität Johannesburg.<br />

Seit Oktober war der Theologe<br />

für drei Monate an der Universität<br />

Hamburg tätig.<br />

Scharfe Kritik kommt aus der CDU.<br />

Deren Bundesparteitag hatte <strong>BDS</strong> im<br />

November 2016 als eindeutig antisemitisch<br />

eingestuft. „Wer unter der Fahne<br />

der antisemitischen Bewegung zum<br />

Boykott israelischer Waren und Dienstleistungen<br />

aufruft, der spricht in der<br />

gleichen Sprache, in der man einst die<br />

Menschen dazu aufgerufen hat, nicht<br />

bei Juden zu kaufen“, kritisierte der Abgeordnete<br />

Carsten Ovens. Die Grünen-<br />

Politikerin Stefanie von Berg sagte, Farid<br />

<strong>Esack</strong> polarisiere und werde von<br />

ihrer Partei kritisch gesehen. Sie warb<br />

jedoch für eine konstruktive Debatte.<br />

Die Akademie der Weltreligionen<br />

suchte bereits am Wochenende das Gespräch<br />

mit Farid <strong>Esack</strong>. Am Dienstag<br />

hieß es, Farid <strong>Esack</strong> habe sich in der<br />

Vergangenheit zwar israelkritisch, aber<br />

definitiv nicht antisemitisch gezeigt –<br />

und sich im Gegenteil sogar international<br />

deutlich gegen antisemitische Tendenzen<br />

im Islam eingesetzt.<br />

Eine geplante Podiumsdiskussion<br />

mit Farid <strong>Esack</strong> am Mittwoch im Rathaus<br />

wurde „aus organisatorischen<br />

Gründen“ abgesagt, wie die Akademie<br />

der Weltreligionen mitteilte. Laut der<br />

CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Karin<br />

Prien habe sich der Protest damit offenbar<br />

gelohnt. Nach Abendblatt-Informationen<br />

mehrten sich seit Tagen Aufrufe<br />

in sozialen Netzwerken, die Veranstaltung<br />

zu stören. Nach Ende seiner Gastprofessur<br />

wird Farid <strong>Esack</strong> im Februar<br />

zurück in seine Heimat reisen.<br />

Der aus Südafrika<br />

stammende<br />

islamische<br />

Theologe<br />

Farid <strong>Esack</strong> ist<br />

als scharfer<br />

Israelkritiker und<br />

Apartheid­Gegner<br />

bekannt dpa<br />

Pr<br />

ist mitunter<br />

Reinheitsgehalt<br />

f. Klaus Püschel, Direktor des<br />

\


Muslimischer Theologe an Hamburger Uni<br />

Nachspiel wegen Israel-Kritik<br />

Der südafrikanische Theologe Farid <strong>Esack</strong> war Gastprofessor in<br />

Hamburg. Jetzt stehen die Hochschule und der Senat deshalb<br />

unter Druck.<br />

Theologe und Aktivist Farid <strong>Esack</strong> bei einem Vortrag in Hamburg<br />

Foto: dpa<br />

Farid <strong>Esack</strong> ist ein Veteran des Kampfes gegen die Apartheid in seinem Land. Nach dem Ende der<br />

Rassentrennung wurde er von Nelson Mandela zum Gleichstellungsbeauftragten seiner Regierung<br />

berufen. Außerdem ist er ein muslimischer Reformtheologe, der sich für eine liberale Auslegung<br />

des Islam einsetzt. Darum wurde er von der Akademie der Weltreligionen in Hamburg eingeladen,<br />

um als Gastdozent im Wintersemester zwei Seminare zu leiten.<br />

Doch nun gibt es Ärger. Denn der 58-jährige <strong>Esack</strong> leitet in Südafrika auch die lokale Sektion der<br />

internationalen Boykottkampagne gegen Israel, „Boycott, Divestment and Sanctions“ (<strong>BDS</strong>)<br />

genannt. Für die AfD und die CDU in der Hamburger Bürgerschaft sowie den Grünen-Politiker<br />

Volker Beck ist das ein Skandal. Sie alle fordern Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank<br />

(Grüne) und die Universität Hamburg auf, sich gegen <strong>Esack</strong> zu stellen.<br />

Die CDU hat auf ihrem Bundesparteitag im November 2016 „<strong>BDS</strong>“ als<br />

„eindeutig antisemitisch“ eingestuft. Carsten Ovens, der hochschulpolitische Sprecher der CDU-<br />

Fraktion in Hamburg, nennt es darum „skandalös“, dass ein „Vertreter einer antisemitischen<br />

Bewegung“ an der Uni Hamburg lehren dürfe. Im gleichen Tonfall wandte sich der Grünen-<br />

Politiker Volker Beck in einem Brief an die Universität. Er könne nicht nachvollziehen, warum<br />

<strong>Esack</strong> dorteine Gastprofessur bekommen habe, so Beck.


Sogar die israelische Botschaft in Berlin schaltete sich ein. Laut der rechten Jerusalem Post<br />

wirft sie <strong>Esack</strong> „antisemitische Ansichten“ und sogar Sympathie für „Holocaust-Leugnung“ vor.<br />

Für die Freiheit der Lehre<br />

Nach einem Gespräch mit dem israelischen Botschafter Yakov Hadas-Handelsman stellte<br />

Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank<br />

(Grüne) am Freitag gegenüber der Welt klar, dass sie „keine Form von Antisemitismus an<br />

unseren Hochschulen“ akzeptiere und Boykottaufrufe gegen Israel für „völlig inakzeptabel“ halte.<br />

Sie habe die Universität Hamburg gebeten zu erklären, unter welchen Voraussetzungen die<br />

Gastprofessur an Farid <strong>Esack</strong> vergeben wurde, und gehe davon aus, dass die Hochschulen<br />

zukünftig „noch genauer hinsehen“ würden.<br />

Die Universität Hamburg hat die Berufung Farid <strong>Esack</strong>s bisher verteidigt. Und die<br />

religionspolitische Sprecherin der Grünen in Hamburg, Stefanie von Berg, ärgert sich<br />

insbesondere über ihren Parteifreund Volker Beck. „Mit seiner Selbstinszenierung nimmt er<br />

billigend in Kauf, dass Personen und Gremien beschädigt werden. Dabei benötigen wir gerade in<br />

Zeiten wie diesen – mit einem amerikanischen Präsidenten, der auf Abschottung und<br />

systematische Diskriminierung von Muslimen setzt – ein Klima des Vertrauens und des<br />

Gesprächs.“ <strong>Esack</strong> sei eine Person, die polarisiere, und vertrete Thesen, „die wir Grünen sehr<br />

kritisch sehen“. Aber dies auszuhalten und zu diskutieren gehöre zum „Dialog der Religionen“<br />

und zur Unabhängigkeit von Lehre und Forschung.<br />

In Hamburg ziehen AfD, CDU und der Grüne Volker Beck an einem Strang<br />

Farid <strong>Esack</strong> selbst kann den Rummel um seine Person nicht nachvollziehen. „Ich habe<br />

Antisemitismus immer wieder öffentlich verurteilt – insbesondere den muslimischen“, erklärte er<br />

in einem Statement. Aus seiner scharfen Kritik an der israelischen Politik macht er gleichwohl<br />

keinen Hehl. Die Situation in Israel sei durchaus mit der Apartheid in Südafrika vergleichbar,<br />

findet er. „Viele prominente Südafrikaner haben diesen Vergleich gezogen. Viele haben sogar<br />

gesagt, dass es schlimmer ist als das, was wir unter der Apartheid erleben mussten, und ich sehe<br />

das auch so“, sagte <strong>Esack</strong> der taz.<br />

Die <strong>BDS</strong>-Bewegung sei in Südafrika sehr anerkannt, so <strong>Esack</strong>: „Sie gehört zum Mainstream und<br />

wird von der Regierung unterstützt.“ Denn sie sei vom Südafrika-Boykott inspiriert, der im Kampf<br />

gegen die Apartheid „sehr, sehr effektiv“ gewesen sei. „Ich spreche mich in der gleichen Art und<br />

Weise für Sanktionen gegen Israel aus wie damals gegen Südafrika“, sagt <strong>Esack</strong>.<br />

„Dieser Boykott richtete sich damals nicht gegen weiße Menschen, sondern gegen ein<br />

bestimmtes Regime.“<br />

DANIEL BAX<br />

Inlandsredakteur<br />

6. 2. 2017


Brief von Rolf Verleger, ehemaliges Mitglied des Zentralrat der Juden<br />

an Prof. Weiße, Direktor der Akademie der Weltreligionen<br />

Lieber Herr Weiße,<br />

gerne denke ich an die von Ihnen organisierte "Lange Nacht der Weltreligionen" am Thalia-<br />

Theater vor zwei Jahren zurück, bei der ich für das Judentum sprechen durfte und große<br />

Anerkennung des Publikums für mein Hervorheben der humanistischen Traditionen des<br />

Judentums fand.<br />

Nun werden Sie angegriffen, weil Sie Herrn <strong>Esack</strong> als Gastprofessor an Ihrem Institut<br />

beherbergen,<br />

- einem Mann, der als muslimischer Befreiungstheologe genau die Linie eines Islams vertritt, die<br />

wir hier händeringend suchen und wollen<br />

- einem Mann, dessen politisches Handeln als Weggefährte Nelson Mandelas und Desmond<br />

Tutus sich in keinem wesentlichen Punkt von diesen unterscheidet<br />

- und das gilt auch und gerade für die Wahl absolut friedlicher Mittel als Widerstandsmethode<br />

gegen Unrecht; dazu zählt selbstverständlich auch Boykott, siehe Gandhi, siehe Südafrika und<br />

aktuell Palästina.<br />

Bekanntlich (s. zuletzt die Resolution des Weltsicherheitsrats) verstößt die israelische<br />

Regierungspolitik seit Jahrzehnten gegen Völkerrecht. Soll dagegen Widerstand nicht erlaubt<br />

sein? Soll man darüber in Deutschland nicht reden dürfen? Leben wir hier in einer Demokratie<br />

oder nicht?<br />

Es wundert mich (Jahrgang 1951) nicht wirklich, dass solche Angriffe gegen Sie nun von der<br />

CDU kommen. Das ist die Partei, von der herausragende Mitglieder das südafrikanische<br />

Apartheidssystem und die Pinochet-Diktatur unterstützt haben. Das Gleiche gilt für die Zeitung<br />

"Die Welt".<br />

Dass nun allerdings auch die verantwortliche Grüne Wissenschaftssenatorin Ihre akademische<br />

Freiheit in Zweifel zieht, hinterlässt mich fassungslos. Was kommt als nächstes? Dürfen dann<br />

auch keine Anhänger der Gülen-Bewegung an Ihrem Institut Gast sein? Und jüdische<br />

Professoren aus den USA nur noch, wenn sie einen Eid auf den "Jüdischen Staat" ablegen? Da<br />

wird es nicht viele davon geben ...<br />

Ich habe anlässlich eines Vortrags an der Universität Göttingen, bei der im Vorfeld von einer<br />

rechtsradikalen Studierendengruppe ("Antideutsche") gegen mein Rederecht angekämpft<br />

wurde, eine kleine Schau von jüdischen Personen zusammengestellt - Zionisten, Bürgerliche,<br />

Bundisten - , die ebenfalls nicht in Göttingen reden dürften, wenn es nach diesen Leuten ginge,<br />

und die offenbar auch keine Gastprofessoren in Hamburg werden dürften, wenn es nach der<br />

CDU und "Der Welt" ginge. Vielleicht lässt es Sie schmunzeln, siehe Anhang.<br />

Mit besten Grüßen<br />

Ihr<br />

Rolf Verleger


Beirat der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg<br />

Sprecherin: Christa Goetsch, Senatorin a.D.<br />

Erklärung des Beirats der Akademie der Weltreligionen<br />

(AWR) vom 14. Februar 2017<br />

Die Gastprofessur von Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong> an der Akademie der Weltreligionen<br />

(AWR) ist durch Vorwürfe aus Politik und Medien in die öffentliche Diskussion gekommen.<br />

Als zent- rale Anschuldigung wird dabei Herrn Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong> Antisemitismus<br />

unterstellt. Der Akademie der Weltreligionen (AWR), der Universität<br />

und der Wissenschaftsbehörde wird vorgehalten, ihrer Verantwortung nicht gerecht<br />

geworden zu sein, da sie die Gastprofessur eines Antisemiten zugelassen<br />

hätten.<br />

Wir bedauern zutiefst, dass es zu dieser Einschätzung kommen konnte. Diese<br />

Vorwürfe sind gravierend und drohen das Renommee der Akademie der Weltreligionen<br />

(AWR), de- ren beachtlichen Erfolge und Fachkompetenz seit ihrer Gründung<br />

national wie internatio- nal breite Anerkennung gefunden haben, zu beschädigen.<br />

Daher hat sich der Beirat ent- schieden, sich mit dieser Thematik in Rahmen<br />

einer Sondersitzung intensiv zu beschäftigen und seine Bewertung dieses<br />

Vorfalls nachfolgend darzulegen.<br />

Die Überprüfung des Vorgangs hat Folgendes ergeben: Im Rahmen der geltenden<br />

Regelung für die Vergabe von Gastprofessuren an der Universität Hamburg wurde<br />

die Entscheidung für die Gastprofessur von Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong> von der Akademie<br />

der Weltreligionen (AWR) getroffen. Eine Rückkopplung dieser Entscheidung<br />

erfolgte in der „Gemeinsamen Kommission“, die sich aus Kolleginnen und Kollegen<br />

der beteiligten Disziplinen zusam- mensetzt. Die konkrete Verantwortung liegt<br />

eindeutig bei der Akademie der Weltreligionen (AWR). Die Universität trägt nur<br />

insofern Verantwortung, als die Akademie der Weltreligionen (AWR) ein Teil der<br />

Universität ist. Die Wissenschaftsbehörde ist hierfür nicht zuständig und trägt<br />

daher in diesem Fall keine Verantwortung. Eine von einigen geforderte Intervention<br />

der Wissenschaftsbehörde verbietet sich nicht zuletzt deshalb, da sie damit<br />

die Autonomie der Hochschule aushebeln würde.<br />

Die fachliche Kompetenz von Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong> wurde von Akademie der Weltreligionen<br />

(AWR) geprüft. Seine Fachlichkeit ist international ausgewiesen und unstrittig.<br />

Sein akademisches Renommee ist hoch. Insbesondere seine liberale Neuauslegung<br />

des Korans macht ihn zu einem gefragten Religionswissenschaftler und<br />

hat auch die Akademie der Weltreligionen (AWR) dazu bewogen, ihn als Gastprofessor<br />

nach Hamburg zu holen.<br />

Hinzu kommt, dass Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong> sich öffentlich vielfach gegen Antisemitismus<br />

und antisemitisches Verhalten ausgesprochen hat. So setzt er sich beispielsweise<br />

in dem Beitrag "The dangers of ignoring the Holocaust lessons" (veröffentlicht<br />

2013, Anm. 1) selbstkritisch mit antisemitischen Klischees in seiner<br />

eigenen südafrikanischen muslimischen Community auseinander. Diese Haltung<br />

war und ist für die Akademie der Weltreligionen (AWR), die für die demokratischen<br />

Grundwerte und damit für Religionsfreiheit und gegen jegliche Art von Dis-


kriminierung eintritt, von zentraler Bedeutung. Die Akademie der Weltreligionen<br />

(AWR) würde aus ihrem Selbstverständnis heraus niemals einen Religionswissenschaftler<br />

berufen, der andere Religionen diskriminiert.<br />

Grund für die öffentliche Kritik an Prof. <strong>Esack</strong> ist allerdings auch nicht seine<br />

Lehrtätigkeit, sondern sein außeruniversitäres Engagement für die Bewegung<br />

Boycott, Divestment and Sanctions Südafrika (<strong>BDS</strong>-Südafrika). Die internationale<br />

<strong>BDS</strong>-Bewegung wendet sich gegen die Politik Israels und wirbt aus diesem Grunde<br />

für einen Boykott gegen Israel (Wirtschaft, Kultur, Politik). <strong>BDS</strong>-Südafrika sieht<br />

sich hier in der Tradition der Boykott-Bewegung gegen Südafrika zu Zeiten der<br />

Apartheid. Der Akademie der Weltreligionen (AWR) war bei der Berufung von Prof.<br />

Dr. Farid <strong>Esack</strong> sein politisches Engagement im Rahmen des <strong>BDS</strong>- Südafrika nicht<br />

bekannt.<br />

Der Beirat hält es für legitim, die Politik der israelischen Regierung zu kritisieren.<br />

Die <strong>BDS</strong>- Bewegung jedoch, die auch in Deutschland Anhänger hat, vertritt Ansichten,<br />

die deutlich über eine solche Kritik hinausgehen und die vom Beirat<br />

ausdrücklich abgelehnt werden.<br />

Auch wenn ihre Protagonisten betonen, keine antisemitischen Positionen zu vertreten,<br />

so werben sie für einen umfassenden Boykott Israels, z.B. auch dafür, "alle<br />

israelischen akademischen und kulturellen Institutionen umfassend und konsequent<br />

zu boykottieren" (Anm. 2). Mit solchen und ähnlichen Forderungen wird<br />

das Existenzrecht Israels implizit infrage gestellt.<br />

Prof. Dr. <strong>Esack</strong> ist während der Zeit seiner Gastprofessur mehrfach auch außerhalb<br />

Hamburgs auf Veranstaltungen aufgetreten, die den Boykott Israels zum<br />

Thema hatten. Nach der Kritik an diesen Auftritten hat er dazu öffentlich Stellung<br />

bezogen. Dabei wurde deutlich, dass er die Kritik nicht nachvollziehen konnte und<br />

auch nicht bereit war, seine Positionen vor dem Hintergrund der besonderen Beziehung<br />

Deutschlands zu Israel zu überdenken. Dies gilt auch für seine Rede im<br />

Islamischen Zentrum Hamburg. Auch wenn er sich immer wieder deutlich vom Antisemitismus<br />

distanziert hat und in Bezug auf sein propalästinensisches Engagement<br />

davon gesprochen hat: “This liberation is not directed to hurt – certainly<br />

not eliminate Jews or Israel”, so fehlt doch bis heute eine klare Aussage von ihm,<br />

die das Existenzrecht Israels ausdrücklich anerkennt.<br />

Unter Berücksichtigung dieser Fakten kommt der Beirat zu folgender Bewertung:<br />

Im Fall „Gastprofessur Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong>“ hat sich die Akademie der Weltreligionen<br />

(AWR) im Grundsatz korrekt verhalten, weil die fachliche Qualifikation für<br />

diese Berufung den Aus- schlag gegeben hat. In diesem Punkt hat es auch in<br />

Hamburg keinerlei Beschwerden gegeben.<br />

Allerdings ist es im sensiblen Feld der interkulturellen Beziehungen und des interreligiösen<br />

Dialogs notwendig, auch das außeruniversitäre und explizit politische<br />

Engagement einer Person zu berücksichtigen, wenn sie auf eine Gastprofessur<br />

berufen wird. Das ist nicht mit einer Gesinnungsprüfung zu verwechseln. Selbstverständlich<br />

sind die politischen Überzeugungen auch von Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong> im<br />

Rahmen der Meinungsfreiheit zu respektieren.<br />

Fragwürdig ist es aus Sicht des Beirats, wenn ein Gastprofessor der Akademie


seinen Aufenthalt und seinen Status zu umstrittener Agitation außerhalb der Universität<br />

nutzt. Völlig inakzeptabel ist es aus Sicht des Beirats, wenn zu einem umfassenden<br />

Boykott Israels auf- gerufen wird und damit auch für den Abbruch jeder<br />

Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten, Kultureinrichtungen und sonstigen<br />

Institutionen votiert wird. Wer diese Position vertritt, setzt sich damit auch<br />

in Gegensatz zu einer Einrichtung, die gerade vom Dialog lebt. Heißt also: Unter<br />

Berücksichtigung der jetzt bekannten Fakten würde eine Entscheidung, Prof. Dr.<br />

<strong>Esack</strong> auf eine Gastprofessur zu berufen, sicherlich anders ausgefallen sein.<br />

Inzwischen ist die Gastprofessur von Prof. Dr. <strong>Esack</strong> beendet. Der Beirat hat die<br />

Akademieleitung um erhöhte Sorgfalt bei künftigen Berufungen gebeten. Er hat<br />

zugleich volles Vertrauen in die Akademieleitung und dankt insbesondere dem<br />

Leiter, Prof. Dr. Wolfram Weiße, für die erfolgte Aufklärung und seine klare Stellungnahme:<br />

"Antisemitische Positionen haben keinen Platz an der Akademie der<br />

Weltreligionen. Ebenso haben dort antiisraelische Positionen, die das Existenzrecht<br />

Israels infrage stellen, keinen Platz." Der Beirat unterstützt diese Position<br />

ausdrücklich und ist überzeugt, dass alle Beteiligten aus den Vorgängen gelernt<br />

haben. Nach wie vor gilt, dass die Akademie der Weltreligionen eine in Deutschland<br />

einmalige Einrichtung ist, die sich über die Jahre einen ausgezeichneten Ruf<br />

erarbeitet hat. In Zeiten weltweit zunehmender politischer und religiöser Spannungen<br />

ist es umso wichtiger, dass solche Orte des Dialogs bewahrt und gestärkt<br />

werden. Dazu wollen wir als Beirat auch künftig beitragen.<br />

Einstimmig verabschiedet am 14. Februar 2017 von den bei der Sitzung anwesenden<br />

Mitgliedern:<br />

Bischöfin Kirsten Fehrs (Nordkirche), Senatorin a.D. Christa Goetsch, Dora Heyenn<br />

MdHB, Prof. Dr. Reiner Lehberger, Pater Richard Nennstiel OP (Erzbistum Hamburg), Oliver<br />

Petersen (Tibetisches Zentrum), Dr. Mustafa Yoldas (Schura Hamburg), Ekkehard<br />

Wysocki MdHB, Co- rinna Nienstedt (Handelskammer Hamburg)<br />

– schriftlich zugestimmt haben darüber hinaus: Dr. Georg Barzel (blv consult), Dr. Andreas<br />

Dressel MdHB, Ismail Kaplan (Alevitische Gemeinde Hamburg), Prof. Dr. Josef<br />

Keuffer (Direk- tor des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung), Volker<br />

Putz (Putz & Part- ner), Senator a.D. Reinhard Soltau, Dr. Cay Werntgen (Udo Keller<br />

Stiftung Forum Humanum), Senator a.D. Dietrich Wrsich MdHB, Erster Vizepräsident<br />

der Hamburgischen Bürgerschaft.<br />

------------------------------------------------------------------<br />

Anmerkungen:<br />

Anm. 1:<br />

www.iol.co.za/dailynews/opinion/the-dangers-of-ignoring-the-holocaustlessons-<br />

1460188<br />

(abgerufen 14.02.2017)<br />

Anm. 2:<br />

http://bds-kampagne.de/boykott/akademischerboykott/<br />

(abgerufen 14.02.2017)


Offener Brief an die Akademie der Weltreligionen (AWR) / Universität Hamburg<br />

und die Grüne-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft<br />

Sehr geehrter Herr Professor Weiße,<br />

sehr geehrte stellvertretende Direktor*innen der AWR<br />

sehr geehrte Mitglieder des AWR-Beirates<br />

sehr geehrte Mitglieder des International Advisory Board<br />

sehr geehrte Fraktionsmitglieder der Grünen in der Hamburger Bürgerschaft<br />

mit Bedauern haben wir – Mitglieder und Sympathisierende der <strong>BDS</strong>-Bewegung in Deutschland<br />

– die Absage der von Ihnen gemeinsam mit der Grünen-Fraktion Hamburg angekündigten<br />

öffentlichen Veranstaltung mit Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong> zum Thema „Wem erlaube ich, im<br />

Zug neben mir zu sitzen? Religionsfreiheit in einer Zeit des Terrors“ zur Kenntnis genommen.<br />

Aus organisatorischen Gründen ließen Sie verlauten und versprachen dabei gleichzeitig<br />

– zumindest ist dies auf der fb-Seite der "Antideutschen Aktion Hamburg" in einen Eintrag<br />

vom 24. Januar um 12:16 so nachzulesen 1 - eine deutsche Übersetzung der Rede von Professor<br />

<strong>Esack</strong> in den nächsten Tagen auf Ihre Homepage zu setzen.<br />

Nahezu zeitgleich mit Ihrer Absage wurden in den Medien und online-Portalen Vorwürfe gegen<br />

die AWR und die Uni HH wegen der Gastprofessur von Farid <strong>Esack</strong> erhoben: Farid<br />

<strong>Esack</strong>, einer der renommiertesten islamischen Denker unserer Zeit, ist auch Vorsitzender<br />

von <strong>BDS</strong> South Africa. <strong>BDS</strong> South Africa ist in der weltweiten <strong>BDS</strong>-Bewegung verankert, die<br />

den Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft aus dem Jahre 2005 zu Boykott, Investitionsentzug<br />

und Sanktionen gegen Israel unterstützt, bis Israel internationalem Recht und den<br />

universellen Prinzipien der Menschenrechte nachkommt. 2<br />

Auffallend die Ignoranz, die hinsichtlich dieses Aufrufs hierzulande offensichtlich wird! Auffallend<br />

das schlechte Gedächtnis der politisch Verantwortlichen hierzulande, die internationale<br />

Vereinbarungen, UN-Resolutionen usw. ignorieren und sich aus ihrer Mit-Verantwortung für<br />

den Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft zu <strong>BDS</strong> gegen Israel schleichen!<br />

Zum besseren Verständnis hierzu sei auf den ersten Absatz des Aufrufs der palästinensischen<br />

Zivilgesellschaft zu <strong>BDS</strong> von 2005 verwiesen:<br />

" 9. Juli 2005 Ein Jahr nach dem historischen Gutachten des Internationalen Gerichtshof<br />

(IGH), welches den israelischen Mauerbau in den besetzten palästinensischen<br />

Gebieten für illegal befunden hatte, setzt Israel den Bau der Mauer, entgegen<br />

der Entscheidung des IGH, fort. Achtunddreißig Jahre [2017 demzufolge 50 Jahre]<br />

also nachdem Israel die Westbank (inklusive Ost-Jerusalem), den Gaza Streifen und<br />

die syrischen Golanhöhen besetzt hat, wird der Ausbau von jüdischen Siedlungen vorangetrieben.<br />

Israel hat einseitig das besetzte Ost-Jerusalem und die Golanhöhen<br />

annektiert, und annektiert nun, durch den Mauerbau, de facto auch große Teile der<br />

Westbank…" 3<br />

1<br />

https://www.facebook.com/AntiDAHH/ - Eintrag vom 24. Januar um 12:16, abgerufen am 06.02.2017<br />

2<br />

http://bds-kampagne.de/aufruf/aufruf-der-palstinensischen-zivilgesellschaft/ ,abgerufen am 06.02.2017<br />

3<br />

ebenda, abgerufen am 06.02.2017


In der aus dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) 4 über die Rechtsfolgen<br />

des Baus einer Mauer in dem besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich in<br />

Ost-Jerusalem und seiner Umgebung resultierenden Resolution der UN-<br />

Generalversammlung A/RES/ES-10/15 - 20. Juli 2004 / 02. August 2004 5 (auf Deutsch 6 )<br />

heißt es unter D.: Alle Staaten sind verpflichtet, die rechtswidrige Situation nicht anzuerkennen,<br />

die sich aus dem Bau der Mauer ergibt, und Hilfsmaßnahmen, die zur Aufrechterhaltung<br />

der durch den Bau der Mauer geschaffenen Lage beitragen, zu unterlassen; alle Parteien<br />

des IV. Genfer Abkommens vom 12. August 1949 zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten<br />

sind darüber hinaus verpflichtet, unter Achtung der Charta der Vereinten Nationen und<br />

des Völkerrechts sicherzustellen, dass Israel das in diesem Abkommen niedergelegte humanitäre<br />

Völkerrecht einhält;<br />

Sind die damalige rot-grüne Bundesregierung, die bei der Abstimmung zugunsten der<br />

A/RES/ES-10/15 gestimmt hat 7 , und alle weiteren Bundesregierungen ihren Verpflichtungen,<br />

die ihnen aus der Resolution A/RES/ES-10/15 erwachsen sind, nachgekommen?<br />

Wirft man einen Blick auf die Resolution 2234 des UN-Sicherheitsrates 8 vom Dezember 2016<br />

– also 12 Jahre später – so wird deutlich, dass weder die Bundesrepublik Deutschland noch<br />

andere Staaten in der Lage oder willens zu sein scheinen, ihren Verpflichtungen gemäß internationalem<br />

Recht nachzukommen, wenn es um Israel geht! Das ist der Ausgangspunkt für<br />

die <strong>BDS</strong>-Kampagne – das Versagen der internationalen Staatengemeinschaft, ihren Verpflichtungen<br />

für die Rechte der Palästinenser*innen nachzukommen!<br />

Wer es sich einfach machen möchte, ignoriert dies und vertraut auf das Urteilsvermögen<br />

einiger weniger Personen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, jede Kritik an der Politik<br />

israelischer Regierungen zu delegitimieren und mit Antisemitismus gleichzusetzen – Ende<br />

der Diskussion.<br />

Dem stehen mehr als 300 Menschenrechts- und Hilfsorganisationen, kirchliche Gruppen,<br />

Gewerkschaften und politischen Parteien aus ganz Europa entgegen, die die EU im Mai<br />

2016 dazu aufgefordert haben, ihre gesetzlichen Verpflichtungen aufrechtzuerhalten und<br />

Israel für seine Verletzungen des internationalen Rechts zur Rechenschaft zu ziehen und das<br />

Recht von Individuen und Institutionen zu verteidigen, die sich an der palästinensischgeführten<br />

Boykott, Desinvestition und Sanktionen (<strong>BDS</strong>) Bewegung 9 für Gerechtigkeit und<br />

Gleichheit beteiligen. 10 Dem stehen Organisationen und Bündnisse wie die Jewish Voice for<br />

Peace (USA) 11 oder die US Campaign for Palestinian Rights 12 – um nur einige zu nennen –<br />

entgegen.<br />

4<br />

http://www.icj-cij.org/docket/files/131/1677.pdf, abgerufen am 06.02.2017<br />

5<br />

https://unispal.un.org/DPA/DPR/unispal.nsf/5ba47a5c6cef541b802563e000493b8c/f3b95e, abgerufen<br />

am 06.02.2017<br />

6 http://www.un.org/depts/german/gv-notsondert/ar-es10-15.pdf , abgerufen am 06.02.2017<br />

7 http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=A/ES-10/PV.27 , abgerufen am 06.02.2017<br />

8 http://www.un.org/depts/german/sr/sr_16/sr2334.pdf , abgerufen am 06.02.2017<br />

9 https://bdsmovement.net/ , abgerufen am 06.02.2017<br />

10 http://bds-kampagne.de/2016/05/18/352-europaeische-menschenrechtsorganisationen-kirchlichegruppen-gewerkschaften-und-politischen-parteien-fordern-die-eu-auf-ihr-recht-auf-bds-zuunterstuetzen/<br />

, abgerufen am 06.02.2017<br />

11 https://jewishvoiceforpeace.org/boycott-divestment-and-sanctions/jvp-supports-the-bds-movement/ ,<br />

abgerufen am 06.02.2017<br />

12 http://uscpr.org/about-us/ , abgerufen am 06.02.2017


Frederica Mogherini, Hohe Vertreterin der EU, hat im Namen der Europäischen Kommission<br />

das Recht auf <strong>BDS</strong> bestätigt! 13 Sie hat darüber hinaus auf die Frage nach der Einschätzung<br />

der EU-Kommission zu den Aussagen des israelischen Geheimdienstministers Yisrael Katz,<br />

dass mit „gezielten zivilen Eliminierungen“ gegen palästinensische und internationale „Führer*innen“<br />

der <strong>BDS</strong>-Bewegung vorgegangen werden sollte, geantwortet, dass „die EU Drohungen<br />

und Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger_innen unter allen Umständen und<br />

entschieden verurteilt“ 14 - ungeachtet der Tatsache, dass die EU gegen jeden Boykott Israels<br />

ist.<br />

Wir fordern die Akademie der Weltreligionen an der Uni HH und die Grüne-Fraktion in der<br />

Hamburger Bürgerschaft nicht auf, die internationale <strong>BDS</strong>-Kampagne zu unterstützen.<br />

Wir rufen Sie lediglich dazu auf, den Diffamierungen gegen die Kampagne nicht auf den Leim<br />

zu gehen und stattdessen eine Diskussion darüber zu beginnen, warum die palästinensische<br />

Zivilgesellschaft 2005 zu Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen gegenüber Israel aufgerufen<br />

hat.<br />

Gerne verweisen wir Sie in diesem Zusammenhang auf die Erklärung von 200 Rechtsgelehrten<br />

gegen Massnahmen, die von einigen Regierungen ergriffen wurden, um die <strong>BDS</strong>-<br />

Bewegung (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) für Menschenrechte der Palästinenser*innen<br />

zu ächten. 15<br />

Weitere Information finden Sie hier:<br />

www.bdsmovement.net<br />

boycottisrael.info<br />

www.bds-kampagne.de<br />

Für Nachfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung – bdskampagne.hamburg@gmail.com<br />

Hamburg, den 13.2.2017<br />

Unterzeichnet von:<br />

<strong>BDS</strong> Hamburg<br />

<strong>BDS</strong> Berlin<br />

<strong>BDS</strong>-Gruppe Bonn<br />

<strong>BDS</strong> Wiesbaden<br />

<strong>BDS</strong> Initiative Oldenburg<br />

Café Palestine Freiburg e.V.<br />

Deutsch Palästinensische Gesellschaft e.V.<br />

Deutsch Palästinensische Gesellschaft - Regionalgruppe Bonn<br />

Deutsch Palästinensische Gesellschaft - Regionalgruppe Nord-Hamburg<br />

Deutsch-Palästinensischer Frauenverein e.V., Hamburg<br />

13 http://bds-kampagne.de/2016/10/28/hohe-vertreterin-der-eu-frederica-mogherini-bestaetigt-dasrecht-auf-bds/<br />

, abgerufen am 06.02.2017<br />

14 http://www.europarl.europa.eu/sides/getAllAnswers.do?reference=E-2016-<br />

005122&language=EN#def1 , abgerufen am 06.02.2017<br />

15 http://bds-kampagne.de/2016/12/08/erklaerung-von-rechtsgelehrten-fuer-das-recht-auf-bds/ , abgerufen<br />

am 06.02.2017


Institut für Palästinakunde e.V., Bonn<br />

Landesarbeitsgemeinschaft Gerechter Frieden in Nahost /DIE LINKE. Niedersachsen<br />

Palästinakomitee Stuttgart e.V.<br />

Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg<br />

Palästina Solidarität – Ilmenau<br />

Aktionsbündnis für einen gerechten Frieden in Palästina<br />

Harald Bock, Generalsekretär der Deutsch-Arabischen-Gesellschaft<br />

Dagmar Quentin, NIJMAH* e.V., Berlin/Ramallah<br />

Erhard Arendt, Das Palästina Portal<br />

Prof. Dr. Ulrich Duchrow, Uni Heidelberg<br />

Prof. Dr. Jan Hildebrandt, Universitätsmedizin Göttingen<br />

Prof. Dr. Norman Paech<br />

Peter Bautsch<br />

Gottfried Brandstäter, Pastor i. R.<br />

Hermann Dierkes, ehem. Ratsmitglied der Stadt Duisburg/Stadtältester<br />

Evelyn Hecht-Galinski<br />

Norbert Jost, Berlin<br />

Angela Krause, München<br />

Klaus Maßmann, Lotte<br />

Ursula Mathern, Merxheim<br />

Muriel Mirak-Weißbach Schriftstellerin, Mainz-Kastel<br />

Gertrud Nehls<br />

Uli Nitschke<br />

Monika Reger<br />

Christoph Rinneberg<br />

Gisela Siebourg<br />

Siegfried Ullmann, Alfter<br />

<strong>BDS</strong> Austria<br />

<strong>BDS</strong> Schweiz


Brief von Judith Bernstein (JÜDISCH-PALÄSTINENSISCHE DIALOGGRUPPE) an Bischöfin Fehrs<br />

Sehr geehrte Frau Bischöfin Fehrs,<br />

als Jüdin, in Jerusalem geboren, wehre ich mich gegen die Behauptung, dass <strong>BDS</strong> antisemitisch<br />

sei. Ich kann gut nachvollziehen, dass man Angst um den wachsenden Antisemitismus in<br />

Deutschland hat – auch mir bereit dieser große Sorgen. Aber gerade das Einknicken mehrerer<br />

Institutionen schürt eher den Antisemitismus. Denn die Stimmung gegenüber Israel und den Juden<br />

hierzulande wird immer aggressiver. Viele Menschen können die doppelten Standards, wenn es um<br />

die Politik des Staates Israel geht, nicht nachvollziehen. Auch aus diesem Grund versuchen mein<br />

Mann und ich schon seit Jahren das Auswärtige Amt und das Bundeskanzleramt davon zu<br />

überzeugen, wie wichtig es ist, die Besatzung zu beenden.<br />

Auch kann ich verstehen, wenn Juden, Israel als ein Rückzugsgebiet betrachten, ich habe aber kein<br />

Verständnis, wenn Juden als eine Minderheit in Deutschland, die alle Rechte der<br />

Mehrheitsgesellschaft genießt, einen Staat unterstützt, der genau diese Rechte einem anderen Volk -<br />

den Palästinensern - vorenthält. Durch seine Politik schadet Israel nicht nur den Palästinensern,<br />

sondern der eigenen Bevölkerung und wird immer mehr zu einem unsicheren Ort für Juden<br />

In den Augen vieler Menschen werden mittlerweile viele deutsche Institutionen, die bei jedem<br />

Antisemitismusvorwurf seitens der – wie es heißt – "Vertreter" des Staates Israel, nachgeben, zum<br />

Komplizen dieses Staates.<br />

Im Vorfeld einer Veranstaltung zur <strong>BDS</strong>-kampagne in München hat Frau Knobloch den Vergleich mit<br />

dem Nazi-Slogan "Kauft nicht bei Juden“ gezogen. Dieser Vergleich verharmlost den Holocaust.<br />

„Kauf nicht bei Juden“ war aus rassistischen Gründen gegen alle Juden gerichtet, ohne dass Juden<br />

etwas dagegen hätten unternehmen können. Hingegen richtet sich die <strong>BDS</strong>-Kampagne gegen die<br />

Politik der israelischen Regierung. Sobald diese die Besatzung beendet und die Palästinenser die<br />

gleichen Rechte wie die jüdischen Israelis sowohl in Israel als auch in Palästina genießen, würde<br />

auch die <strong>BDS</strong>-Kampagne beendet werden. Diese Bewegung geht auf das Versagen der Politik zurück,<br />

wenn die Politik tätig wäre, bräuchte man die <strong>BDS</strong>-Kampagne nicht. Und es sind nicht die<br />

Friedensgruppen, die Israel delegitimieren, sondern die eigene selbstzerstörerische Politik dieses<br />

Staates. Die Zensur seitens der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg wird als einen<br />

Angriff auf die eigene Demokratie gesehen - "nachdem Israel die eigene Demokratie zerstört hat,<br />

versucht dieser Staat auch unsere Demokratie, darunter unsere Meinungsfreiheit zu zerstören“.<br />

Die Verbote seitens deutscher Institutionen haben das Klima in der Bundesrepublik mittlerweile so<br />

vergiftet und die Fronten dermaßen verhärtet, dass ich die große Befürchtung habe, dass eines<br />

Tages dies auf alle Juden zurückschlagen wird. Aufgrund der deutsch-jüdischen Geschichte bewegt<br />

das Thema Israel-Palästina die Gemüter vieler Menschen und ruft starke Emotionen hervor. Deshalb<br />

sollten auch kritische Stimmen gehört werden (man muss nicht mit allem einverstanden sein, aber<br />

man sollte die Gelegenheit haben, sich damit auseinanderzusetzen). Nur so kann Hamburg eine<br />

pluralistische und offene Stadt bleiben.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Judith Bernstein<br />

Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe


BÜRGERSCHAFT<br />

DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7699<br />

21. Wahlperiode 03.02.17<br />

Schriftliche Kleine Anfrage<br />

des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 26.01.17<br />

und Antwort des Senats<br />

Betr.: Antisemitismus an Hamburger Hochschulen? Was tut die Wissenschaftsbehörde?<br />

Mit einem lauter werdenden internationalen Antizionismus, oft verpackt in<br />

pauschaler Kritik am israelischen Staatswesen, kommt der Antisemitismus in<br />

neuen Kleidern daher. Judenfeindlichkeit bleibt aber Judenfeindlichkeit und<br />

ist grundsätzlich zu verurteilen und abzulehnen.<br />

Nach einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ griffen in dieser Woche<br />

auch das „Hamburger Abendblatt“ sowie die „Jerusalem Post“ die umstrittene<br />

Gastprofessur von Prof. Farid <strong>Esack</strong> an der Akademie der Weltreligionen der<br />

Universität Hamburg auf und berichteten über die parteiübergreifende Kritik.<br />

Prof. <strong>Esack</strong> ist Vorsitzender der antisemitischen <strong>BDS</strong>-Bewegung in Südafrika.<br />

Die Berufung hat sowohl dem Image der sonst weltoffenen und liberalen<br />

Universität Hamburg als auch dem Hochschulstandort Hamburg insgesamt<br />

geschadet. Wissenschaftssenatorin Fegebank ist daher aufgerufen, den Vorgang<br />

lückenlos aufzuklären und zukünftig sicherzustellen, dass es an Hamburgs<br />

Hochschulen keinen Platz für Antisemitismus in irgendeiner Form gibt.<br />

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:<br />

Antisemitismus hat keinen Platz an Hamburgs Hochschulen. Die Akademie der Weltreligionen<br />

befasst sich in besonderem Maße in Forschung, Lehre und Öffentlichkeitsarbeit<br />

mit dem interreligiösen Dialog und lehnt alle Formen von Gewalt, Antisemitismus<br />

und Terrorismus kategorisch ab. Insbesondere das Judentum bildet im Lehr- und<br />

Forschungsprofil der Akademie der Weltreligionen einen Schwerpunkt. Sie pflegt<br />

zudem intensive und gute Kontakte zur Jüdischen Gemeinde in Hamburg und hat<br />

entsprechende Vertreter in ihren Gremien.<br />

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen unter anderem auf der<br />

Grundlage von Auskünften der Universität Hamburg und der Akademie der Weltreligionen<br />

wie folgt:<br />

1. Wann wurde über die Vergabe einer Gastprofessur an Farid <strong>Esack</strong> entschieden<br />

und für welchen Zeitraum wurde diese erteilt? Nach welchen<br />

Kriterien wurde diese Entscheidung gefällt und welche Gremien waren in<br />

der Entscheidung involviert?<br />

Die Entscheidung über die Vergabe der Gastprofessur an Prof. Farid <strong>Esack</strong> hat der<br />

Direktor der Akademie der Weltreligionen im Wintersemester 2015/2016 in Absprache<br />

mit seinen Stellvertreterinnen und Stellvertretern getroffen. Dies entspricht der Regelung<br />

über die Einsetzung von Gastprofessuren an der Fakultät für Erziehungswissenschaft<br />

der Universität Hamburg, wonach der geschäftsführende Direktor oder die<br />

geschäftsführende Direktorin des Instituts, in dem der Gast wissenschaftlich arbeitet,


Drucksache 21/7699<br />

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode<br />

über die Besetzung der Gastprofessur entscheidet. Der Zeitraum der Gastprofessur<br />

betrug drei Monate (November 2016 bis Januar 2017).<br />

Der Beirat der Akademie der Weltreligionen, dem Vertreter aus Politik, Wirtschaft,<br />

Bildung und Kultur angehören, war ebenfalls mit der Gastprofessur befasst. Zur<br />

Zusammensetzung des Beirats siehe https://www.awr.uni-hamburg.de/ueber-awr/<br />

gremien/beirat.html.<br />

Ausschlaggebend für die Entscheidung waren nach Auskunft der Akademie der Weltreligionen<br />

folgende Kriterien:<br />

<br />

<br />

<br />

Wissenschaftliche Exzellenz im Bereich Hermeneutik, Neulesen koranischer Texte<br />

und Dialog. Professor <strong>Esack</strong> sei besonders ausgewiesen im Bereich Hermeneutik<br />

und dem Neulesen koranischer Texte. So sei seine Arbeit mit dem Titel The Portrayal<br />

of Jews and the Possibilities of their Salvation in the Quran als Meilenstein<br />

zu werten. Professor <strong>Esack</strong> liefere hier durch die Neuinterpretation des Korans<br />

eine innerislamische Legitimation für die Anerkennung des religiös Anderen als<br />

gleichberechtigt und gleichwertig. Der Aufsatz gelte in der Fachwelt als<br />

bahnbrechend. Ferner habe Professor <strong>Esack</strong> grundlegende Texte vor allem zu den<br />

Fragen Islam & Aids und Islam & Pluralismus verfasst.<br />

National und international hohes wissenschaftliches Ansehen von Professor<br />

<strong>Esack</strong>. So habe er beispielsweise 2014 die renommierte James & David Orr<br />

Memorial Lecture on Culture and Religion am Dartmouth College zum Thema „The<br />

Contemporary Democracy and the Human Rights Project – Challenges for the<br />

Progressive Muslim Intellectual” gehalten. Zudem sei er beispielsweise maßgeblich<br />

an dem renommierten Projekt Islamische und Jüdische Hermeneutik als Kulturkritik<br />

beteiligt, das von Shulamit Bruckstein und Navid Kermani geleitet wurde und am<br />

Wissenschaftskolleg zu Berlin angesiedelt war.<br />

Aufgrund seines gesellschaftspolitischen Engagements sei er von Nelson Mandela<br />

als Gleichstellungsbeauftragter der südafrikanischen Regierung eingesetzt worden.<br />

2. Werden Gastprofessuren an der Universität Hamburg dem Präsidium<br />

der Universität beziehungsweise der Wissenschaftsbehörde angezeigt<br />

und dort jeweils überprüft?<br />

Wenn ja, welches Ergebnis ergab die Prüfung in diesem Fall?<br />

Wenn nein, warum nicht?<br />

Im Rahmen der Selbstverwaltung der Universität Hamburg und ihrer Untergliederungen<br />

gibt es keine gesonderte Überprüfung für Gastprofessuren durch das Präsidium<br />

der Universität Hamburg und/oder die zuständige Behörde. Da Professor <strong>Esack</strong>s<br />

Tätigkeit an der Universität Hamburg auf der Grundlage eines Honorarvertrages, das<br />

heißt im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit, erfolgte, hatte die Präsidialverwaltung<br />

der Universität Hamburg im vorliegenden Fall zwar Kenntnis über die Tätigkeit, allerdings<br />

nur im Rahmen der Administrierung der von der Akademie der Weltreligionen<br />

getroffenen Entscheidung.<br />

3. Welche thematischen Leistungen wurden durch die Gastprofessur im<br />

Detail erbracht (zum Beispiel Seminare, Vorlesungen, Forschungsprojekte<br />

oder Ähnliche)? Wie viele Personen haben an Vorträgen, Seminaren<br />

und Vorlesungen der Gastprofessur teilgenommen und zu welchen<br />

Themen wurden diese durchgeführt?<br />

Professor <strong>Esack</strong> hat zwei Seminare im Rahmen des Masterstudiengangs „Religionen,<br />

Dialog und Bildung“ (RDB) durchgeführt sowie einen Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung:<br />

„Reformation, Aufbruch und Erneuerungsprozesse von Religionen“ gehalten.<br />

Im Einzelnen:<br />

Seminar: „Norms and Practices of Islam“; Teilnehmer: 21 Studierende (davon 19<br />

Master RDB und zwei andere Fächer),<br />

<br />

Seminar: „Journeying with the Qur'an towards a Theology that liberates“; Teilnehmer:<br />

sieben Studierende (davon fünf Master RDB und zwei andere Fächer),<br />

2


Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7699<br />

<br />

Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung: „Reformation, Aufbruch und Erneuerungsprozesse<br />

von Religionen“ am 28.11.2016 mit dem Titel: „Zwischen progressivem<br />

Islam und Befreiungstheologie“; Teilnehmer: 46 Studierende und circa 70 Zuhörerinnen<br />

und Zuhörer).<br />

4. Welche Kosten sind durch die Gastprofessur insgesamt entstanden und<br />

wie setzen sich diese Kosten im Detail zusammen? Wer trägt die Kosten?<br />

Die Mittel für die gesamten Kosten der Gastprofessur von Professor <strong>Esack</strong> sind von<br />

der Akademie der Weltreligionen bei einer privaten Stiftung eingeworben worden. Im<br />

Einzelnen:<br />

Pos. Beschreibung Betrag €<br />

1 Reisekosten 1.467,37<br />

2 Honorar November 2016 4.000,00<br />

3 Honorar Dezember 2016 4.000,00<br />

4 Honorar Januar 2017 4.000,00<br />

5 Unterkunft Hotel Vorbach 340,00<br />

6<br />

Unterkunft Gästehaus der Universität<br />

Hamburg<br />

2.283,00<br />

7 Druck Flyer 214,20<br />

Summe<br />

Pos.1-7<br />

16.304,57<br />

5. Für Antisemitismus darf in keiner Form Platz an Hamburgs Hochschulen<br />

sein. Was tut der Senat beziehungsweise die zuständige Wissenschaftssenatorin,<br />

um sicherzustellen, dass zukünftig keine Vertreter antisemitischer<br />

Organisationen in Forschung und Lehre beziehungsweise keine<br />

antisemitischen Organisationen an den Hamburger Hochschulen tätig<br />

sind beziehungsweise Aktivitäten durchführen?<br />

Im Rahmen der gesetzlich garantierten Hochschulautonomie ist es Aufgabe der<br />

Hochschulen, zum Beispiel durch geeignete Maßnahmen der Qualitätssicherung,<br />

kritische Evaluationen und interne Kontrollen, sicherzustellen, dass an den Hochschulen<br />

kein antisemitistisches Gedankengut gelehrt oder verbreitet wird. Hierbei werden<br />

die Hochschulen seitens der zuständigen Behörde unterstützt. Zudem stehen den<br />

Hochschulen unter anderem die Instrumente des Disziplinarrechts sowie der Strafanzeige<br />

zur Verfügung, sofern es zu derartigen Fällen kommen sollte. In einem Telefonat<br />

am 27. Januar 2017 mit dem Botschafter des Staates Israel in der Bundesrepublik<br />

Deutschland hat die Senatorin der zuständigen Behörde noch einmal bekräftigt, dass<br />

Antisemitismus keinen Platz an Hamburgs Hochschulen hat. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.<br />

3


BÜRGERSCHAFT<br />

DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7798<br />

21. Wahlperiode 01.02.17<br />

Antrag<br />

der Abgeordneten Carsten Ovens, Karin Prien, André Trepoll, Dennis Thering,<br />

Birgit Stöver, Dennis Gladiator, Jörg Hamann (CDU) und Fraktion<br />

Betr.:<br />

Resolution: Der antisemitischen <strong>BDS</strong>-Bewegung konsequent entgegentreten<br />

Seit über zehn Jahren versucht die <strong>BDS</strong>-Bewegung (Boycott, Divestment, Sanctions)<br />

den Staat Israel international zu isolieren und ruft in vielen Ländern dieser Welt immer<br />

häufiger zu Boykottmaßnahmen auf. Wer unter der Fahne der <strong>BDS</strong>-Bewegung zum<br />

allgemeinen Boykott israelischer Waren und Dienstleistungen aufruft, der spricht heute<br />

in der gleichen Sprache, in der man einst die Menschen dazu aufgerufen hat, nicht<br />

bei Juden zu kaufen. Das ist plumper Antisemitismus, wie ihn schon die Nationalsozialisten<br />

benutzt haben. Mit <strong>BDS</strong> kommt der Antisemitismus als Antizionismus daher,<br />

doch auch in den neuen Kleidern des 21. Jahrhunderts ist Judenfeindlichkeit grundsätzlich<br />

zu verurteilen und abzulehnen. Daher müssen alle notwendigen Anstrengungen<br />

darauf gerichtet werden, dieser Form des Antisemitismus und der aggressiven<br />

Feindlichkeit gegenüber Israel entschieden entgegenzutreten.<br />

In den zurückliegenden Monaten hat sich in verschiedenen Ländern auch deutlicher<br />

Widerstand gegen die <strong>BDS</strong>-Bewegung gezeigt. So haben nationale wie kommunale<br />

Parlamente und Verwaltungen, wie zum Beispiel in Großbritannien und Kanada oder<br />

in Paris Beschlüsse zur Ablehnung dieser Boykottaktion beschlossen.<br />

I.<br />

Die Bürgerschaft<br />

verurteilt die <strong>BDS</strong>-Initiative und ihre Aktivitäten als antisemitisch.<br />

II.<br />

Die Bürgerschaft erwartet darüber hinaus vom Senat,<br />

1. sich allen Aktivitäten, die als allgemein israelfeindlich zu bewerten sind, entschieden<br />

entgegenzustellen und sicherzustellen, dass auch von den Behörden der<br />

Freien und Hansestadt Hamburg in diesem Sinne gehandelt wird.<br />

2. sich weiterhin zu der in Hamburg verwurzelten deutsch-israelischen Freundschaft<br />

zu bekennen, Initiativen zur Förderung der bilateralen Beziehungen zwischen<br />

Hamburg und Israel zu unterstützen und sich für eine friedliche Lösung des Konflikts<br />

zwischen Israelis und Palästinensern einzusetzen.


Hamburg, den 11.2.2017<br />

Sehr verehrte Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft,<br />

nachdem ich schon mit Ihren Kolleg*innen Herrn Ovens (CDU) und Frau von Berg (Grüne)<br />

per Mail Argumente ausgetauscht habe, möchte ich mich nun im Namen von <strong>BDS</strong><br />

Hamburg an Sie alle wenden, die – so die Welt vom 31. Januar 2017 – demnächst über<br />

einen Antrag der CDU abstimmen sollen, der die „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen<br />

(<strong>BDS</strong>)-Bewegung“ als antisemitisch verurteilt.<br />

Viele unserer Kritiker setzen dabei Antizionismus mit Antisemitismus gleich. Hier möchten<br />

wir von <strong>BDS</strong> Hamburg eine jüdische Stimme, Abi Melzer von der „Jüdischen Stimme<br />

für einen gerechten Frieden in Nahost“, zitieren: „Schluss mit Gleichsetzung von Antizionismus<br />

mit Antisemitismus. Ein Antizionist ist gegen Taten des zionistischen Staates, ein<br />

Antisemit ist gegen Juden als Menschen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.<br />

Der jüdische Historiker, Philosoph und Sohn von polnischen Holocaust-Überlebenden<br />

Moshe Zuckermann hat ein beeindruckendes Buch geschrieben („Antisemit!“ Ein Vorwurf<br />

als Herrschaftsinstrument, Wien 2010), in dem er vielen sogenannten Israelfreunden<br />

vorwirft, jegliche Kritik an der Politik Israels mit der „Antisemitismus-Keule“ zu beantworten.<br />

Die <strong>BDS</strong>-Bewegung ist eine Antwort der palästinensischen Zivilgesellschaft auf eine<br />

Besatzungs- und Siedlungspolitik, die in all ihren Aspekten der Diskriminierung, der<br />

Vertreibung, der Annektion und des Landraubs eindeutig und unbestritten völkerrechtswidrig<br />

ist. Über 170 Organisationen der palästinensischen Zivilgesellschaft haben 2005<br />

den <strong>BDS</strong>-Aufruf (http://bds-kampagne.de/aufruf/aufruf-der-palstinensischen-zivilgesellschaft/)<br />

unterstützt. Hierin findet sich kein einziges Wort, das als antisemitisch ausgelegt<br />

werden kann.<br />

In der Erklärung des Palestinian <strong>BDS</strong> National Committee heißt es: "...Die globale <strong>BDS</strong>-<br />

Bewegung hat immer einen auf Rechten basierenden Ansatz vertreten und auf der Basis<br />

einer Anti-Rassismus-Plattform gearbeitet, die alle Formen von Rassismus, einschließlich<br />

Islamophobie und Antisemitismus ablehnt..." Dies ist auch wenig verwunderlich, da auch<br />

viele Jüd*innen aktiv <strong>BDS</strong> unterstützen, wie z.B. Jewish Voice for Peace. Ausdrücklich<br />

schreiben sie: „JVP rejects the assertion that <strong>BDS</strong> is inherently anti-Semitic, and we en-<br />

1


courage discussion both within our own community and outside of it of the growing <strong>BDS</strong><br />

movement." Es gibt sogar eine israelische-jüdische Gruppierung, die den Boykott aktiv<br />

unterstützt (Boycott from Within).<br />

Auch die christlichen Kirchen in Palästina sprechen sich in ihrer Kairos-Erklärung (auf<br />

deutsch: https://www.oikoumene.org/de/resources/documents/other-ecumenical-bodies/kairos-palestine-document)<br />

für Boykottmaßnahmen gegen israelische Produkte aus.<br />

<strong>BDS</strong> Hamburg, dem auch jüdische Mitglieder angehören, hat am 27.1.2017, dem weltweiten<br />

Gedenktag an die Shoah, auf seiner Facebook-Seite geschrieben: „Heute jährt<br />

sich zum 72. Mal die Befreiung des KZs Auschwitz und wir gedenken der 6 Millionen – von<br />

den Nazis, dem schlimmsten Apartheidregime aller Zeiten – ermordeten Juden. „Niemals<br />

wieder!“ lautet der Mahnruf aller Antirassisten. In diesem Zusammenhang möchte ich an<br />

den Brief von 40 Überlebenden des Holocaustes und knapp 300 ihrer Angehörigen aus dem<br />

Jahr 2014 erinnern, den sie anlässlich des Angriffs auf den Gazastreifen veröffentlichten:<br />

„Wir müssen gemeinsam unsere Stimme erheben und unsere gemeinsame Kraft benutzen,<br />

um alle Formen des Rassismus, einschließlich des beginnenden Genozids des palästinensischen<br />

Volkes zu beenden. Wir rufen zum vollständigen wirtschaftlichen, kulturellen und<br />

akademischen Boykott Israels auf. „Niemals wieder“ muß heißen „Niemals wieder für<br />

irgendwen!“" Dem ist gerade heute nichts mehr hinzuzufügen, Antisemitismus ist Rassismus<br />

und Rassismus ist ein Verbrechen, egal in welcher Spielart es auftritt.<br />

Mit dem Vorwurf des Antisemitismus von <strong>BDS</strong> sind zwei weitere verbunden: die Boykott-<br />

Kampagne erinnere an das nationalsozialistische „Kauft nicht bei Juden!“, und <strong>BDS</strong> bestreite<br />

das Existenzrecht Israels.<br />

Die Boykottforderung richtet sich nicht gegen die Juden, sondern gegen die völkerrechtswidrige<br />

Politik Israels. Während es bei den Nationalsozialisten 1933 mit ihrer Parole<br />

„Kauft nicht bei Juden!“ um den Anfang der Ausrottung des jüdischen Volkes, den<br />

Holocaust bzw. die Shoah ging, steht für die Boykottforderung der palästinensischen<br />

Zivilgesellschaft die Forderung nach der Anerkennung ihrer internationalen Rechte und<br />

der Schutz vor weiterer Vertreibung im Mittelpunkt.<br />

Seit 1948 haben hunderte von UN-Resolutionen sowie der Internationale Gerichtshof<br />

in seinem Gutachten vom Juli 2004 die Besatzungs- und Siedlungspolitik als völkerrechtswidrig<br />

wiederholt verurteilt. Dennoch haben alle internationalen Interventionen<br />

und Friedensbestrebungen die israelischen Regierungen nicht dazu bewegen können, die<br />

grundlegenden Prinzipien der des allgemeinen Völkerrechts anzuerkennen und die Besatzung<br />

und Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung aufzugeben.<br />

Selbstverständlich bestreitet <strong>BDS</strong> nicht das Existenzrecht Israels, das Ziel von <strong>BDS</strong> ist<br />

allein, dass Israel<br />

1. „Die Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes beendet und die Mauer<br />

abreißt;<br />

2. das Grundrecht der arabisch-palästinensischen BürgerInnen Israels auf völlige<br />

Gleichheit anerkennt;<br />

3. und die Rechte der palästinensischen Flüchtlinge, in ihre Heimat und zu ihrem<br />

Eigentum zurückzukehren, wie es in der UN Resolution 194 vereinbart wurde,<br />

respektiert, schützt und fördert.“<br />

Hilfreich wäre es dabei, wenn Israel sich endlich dazu entschließen könnte, seine Staatsgrenzen<br />

zu definieren. Bisher ist Israel das einzige Land weltweit, das seine Grenzen<br />

nicht festgelegt hat. Das Existenzrecht Israels, das alle Annektionen mit einschließt, das<br />

2


erkennt die <strong>BDS</strong>-Bewegung in der Tat nicht an, aber dies tut keine internationale Organisation.<br />

Die bekannte israelische Mauer ist z.T. tief auf palästinensischen Gebiet errichtet worden<br />

und der Internationale Gerichtshof hat eindeutig festgestellt, dass Israel den Mauerbau<br />

stoppen, die Mauer abreißen und der palästinensischen Bevölkerung für den entstandenen<br />

Schaden Reparationen zahlen muss. Am 20. Juli 2004 wurde das Rechtsgutachten<br />

des IGH durch die UN-Resolution ES-10/15 ratifiziert. Diese Resolution, die von 150<br />

Nationen einschließlich der europäischen Länder bei sechs Gegenstimmen und zehn Enthaltungen<br />

angenommen wurde,<br />

• „fordert, dass Israel als Besatzungsmacht seine rechtlichen Verpflichtungen erfüllt, wie<br />

sie im Gutachten festgelegt wurden “,<br />

• „fordert auch, dass alle UN-Mitgliedsstaaten ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllen,<br />

wie sie in dem Gutachten festgelegt wurden “.<br />

Damit erkannten die UN-Mitgliedstaaten an, dass sie verpflichtet sind, das IGH-<br />

Gutachten umzusetzen und dem Völkerrecht Geltung zu verschaffen.<br />

Stattdessen hat die Knesset diese Woche ein "Annektions"-Gesetz beschlossen, das<br />

Landraub legalisiert. Wenn Siedler im besetzten Westjordanland ihre Häuser auf<br />

palästinensischem Privatgrund gebaut haben, müssen sie diese Häuser künftig nicht<br />

mehr abreißen. Bestraft werden vielmehr die Palästinenser, denen das Land gehört.<br />

Es wird von der Regierung konfisziert, die Siedler dürfen bleiben. Die Süddeutsche<br />

Zeitung schreibt in einem Kommentar dazu: „In der Logik dieses Gesetzes könnte man als<br />

Nächstes vielleicht den Ladendiebstahl legalisieren, oder besser noch den Diebstahl durch<br />

bestimmte Leute in bestimmten Läden.“ (SZ 8.2.2017)<br />

Von CDU-Seite wird die <strong>BDS</strong>-Bewegung immer wieder auch aufgefordert gegen den individuellen<br />

Terror von palästinensischer Seite Stellung zu beziehen. Individueller Terror<br />

ist aus falsch verstandener Verzweiflung unter Umständen verständlich, kann aber nie<br />

eine Lösung sein. Deswegen verurteilt <strong>BDS</strong> entsprechende Handlungen. Allerdings ist bei<br />

den beteiligten palästinensischen Jugendlichen die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit<br />

groß, die sich „nicht nur bei gewalttätigen Ausbrüchen, sondern auch bei psychischen und<br />

körperlichen Beschwerden, wie Bettnässen, Angst und Depression zeigt. Die Not der Kinder<br />

ist oft ein Barometer für die Schwere einer Situation. Leider haben Kinder, die heute im<br />

besetzten palästinensischen Territorium geboren sind, keine Hoffnung für eine friedliche<br />

Zukunft.“ So der Sonderberichterstatter der UN, der kanadische Jurist Michael Lynk in<br />

seinem Bericht zur „Situation der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten palästinensischen<br />

Gebieten“. (http://www.ohchr.org/Documents/Countries/PS/A_71_554_en.pdf)<br />

Mich hat der pauschale Antisemitismus-Vorwurf des CDU-Antrages persönlich getroffen.<br />

So haben dänische Verwandte 1943 mit dazu beigetragen, dass fast alle dänischen Juden<br />

nach Schweden fliehen konnten. Ich selber habe vor zwei Jahren für den FC St.Pauli die<br />

Holocaust Gedenkfeier am 27. Januar mitorganisiert. Wir haben über das israelitische<br />

Krankenhaus berichtet und einen Gedenkzug vom IKH (jetzt Ortsamt) zum Millerntor-<br />

Stadion organisiert. Vgl. den daraus entstandenen Film „Den Nazis ein Dorn im Auge<br />

– Das Israelitische Krankenhaus im Nationalsozialismus", in dem ich im Abspann auch<br />

erwähnt werde.<br />

Bisher hat es nie eine Diskussion zwischen Vertretern der <strong>BDS</strong>-Bewegung und Mitgliedern<br />

der Bürgerschaft gegeben. Als Demokrat*innen sollten wir miteinander und nicht nur<br />

übereinander reden. Wir als <strong>BDS</strong> Hamburg sind gern bereit, mit einzelnen Abgeordneten<br />

oder Fraktionen über unsere Positionen zu diskutieren. Auch jeden anderen Vorschlag<br />

3


eines Dialoges würde <strong>BDS</strong> Hamburg begrüßen. Leider ist die Veranstaltung im Rathaus<br />

mit Herrn Professor Farid <strong>Esack</strong> nicht zustande gekommen. Auch hier gilt, es wäre schön,<br />

wenn sich die Bürgerschaftsmitglieder nicht der persönlichen Auseinandersetzung entziehen<br />

würden. Herr Prof. <strong>Esack</strong> wird nach meiner Information sich auch noch einmal<br />

direkt an Sie wenden.<br />

Aus den dargelegten Gründen fordern wir die CDU-Fraktion auf, ihren geplanten<br />

Antrag nicht zu stellen bzw. ihn zurückzuziehen.<br />

Die anderen Fraktionen bitten wir, dem Antrag nicht zuzustimmen.<br />

Mit freundlichem Gruß<br />

Dr. Arne Andersen<br />

Sprecher von <strong>BDS</strong> Hamburg <strong>BDS</strong><br />

4<br />

<strong>BDS</strong> Hamburg • 22765 Hamburg<br />

bdskampagne.hamburg@gmail.com • www.facebook.com/bdshamburg


Protestbrief gegen den anti-palästinensischen Antrag der CDU in Hamburg<br />

24. Februar 2017<br />

Die CDU Hamburg will in der Bürgerschaft einen Antrag stellen, der den palästinensischen gewaltfreien<br />

Widerstand gegen die israelische Besatzung und insbesondere die <strong>BDS</strong>-Kampagne als<br />

antisemitisch diffamiert. Dagegen haben wir mit dem folgenden Brief an alle Abgeordneten der<br />

Hamburger Bürgerschaft protestiert.<br />

Sehr geehrte Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft,<br />

die „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ bittet Sie im Namen unserer Mitglieder dem<br />

Antrag 21/7798 der CDU-Fraktion die Zustimmung zu verweigern.<br />

Die AntragstellerInnen wollen uns – als Juden und Israelis – erklären, was „allgemein als israelfeindlich“<br />

zu verstehen ist und vergleichen die Aktionsformen von <strong>BDS</strong> mit dem nazistischen Spruch „Kauft nicht<br />

bei Juden!“. Dies verurteilen wir aufs Schärfste als eine unerträgliche Diffamierung der palästinensischen<br />

Zivilgesellschaft und als Verharmlosung der deutschen Verbrechen an die Juden. Dazu werfen sie der<br />

<strong>BDS</strong>-Bewegung Antisemitismus vor, sehen sich aber nicht genötigt diesen schwerwiegenden Vorwurf zu<br />

beweisen. Diese Unterstellung, die auf Ignoranz basiert, verleumdet viele unserer israelischen und jüdischen<br />

MitstreiterInnen weltweit. Wir unterstützen als Organisation, die Teil der EJJP (“European Jews for<br />

a Just Peace”) ist, ebenso wie die US-amerikanische Organisation JVP (“Jewish Voice for Peace” den<br />

<strong>BDS</strong> Aufruf der palästinensische Zivilgesellschaft. Hält die CDU solche fortschrittlichen jüdischen Organisationen<br />

mit Tausenden Mitgliedern für antisemitisch?<br />

Eine Boykottkampagne gilt als Möglichkeit der demokratischen Bürgergesellschaft Einfluss auf das Versagen<br />

der Politik zu nehmen. Es ist kein Geheimnis, dass Israel, das sich seit seiner Gründung im Ausnahmezustand<br />

befindet, das Völkerrecht mit Füßen tritt, und die Weltgemeinschaft dagegen so wenig tut,<br />

dass wir bald 50 Jahren Besatzung beklagen müssen. Dieses Verhalten von Israel ist insoweit inakzeptabel,<br />

dass sogar deutsche Politiker, wie Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker, wie auch viele andere<br />

Politiker, ähnlich wie die <strong>BDS</strong>-Bewegung, zu Sanktionen gegen Israel aufgerufen haben, um dessen<br />

Besatzungs- und Siedlungspolitik zu stoppen. Hält die CDU auch den ehemaligen Bundeskanzler Helmut<br />

Schmidt und den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker für Antisemiten?<br />

Die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik von Israel ist auch für viele israelische MitbürgerInnen nicht<br />

hinnehmbar. So initiierte die israelische „Frauenkoalition für Frieden“ das Projekt „Who Profits“ (Wer<br />

proftiert) , das Information über israelische und internationale Firmen sammelt, die von der Besatzung<br />

profitieren. Dies tun sie, um Deinvestitionen zu fördern und gezielte Boykotte gegen deren Verbrechen in


den besetzten Gebieten zu ermöglichen. Sind diese israelische Frauen in den Augen einer christlichen,<br />

deutschen und demokratischen Partei auch antisemitisch?<br />

Das Grundgesetz sowie das europäisches Recht respektieren und schützen die freie Meinung im Allgemein<br />

und Boykottaufrufe im Besonderen. Wir fordern die CDU-Hamburg beides zu respektieren und<br />

keine repressiven Maßnahmen gegen die demokratische Grundordnung zu forcieren.<br />

Als jüdische Menschen in Deutschland, sehen wir eine besondere Gefahr in der Kriminalisierung der<br />

gewaltfreien und anti-rassistischen <strong>BDS</strong>-Kampagne und die damit einhergehende Einschränkung der<br />

politischen Meinungsfreiheit von PalästinenserInnen auch hierzulande. Dies angeblich im Namen des<br />

Kampfes gegen Antisemitismus zu fordern, betrachten wir als zynisch. Es schadet dem friedlichen Zusammenleben<br />

von allen Religionen und Ethnien in der Bundesrepublik.<br />

Hochachtungsvoll<br />

Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.


Brief der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft<br />

an die Angeordneten der Hamburger Bürgerschaft<br />

Sehr geehrte Bürgerschaftsabgeordnete,<br />

die Erklärung des Beirats der Akademie der Weltreligionen vom 14.2. 2017 ist nicht<br />

nachvollziehbar, am wenigsten wohl für Herrn Prof. Dr. Farid <strong>Esack</strong> selbst, aber auch nicht für<br />

viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, die sich um die Einhaltung der Menschenrechte<br />

und des Völkerrechts in Israel/Palästina sorgen.<br />

Der Beirat bezieht sich in seiner Beurteilung von <strong>BDS</strong> besonders auf den sog. akademischen<br />

und kulturellen Boykott und behauptet, <strong>BDS</strong> bestreite das Existenzrecht Israels. Als Südafrika<br />

boykottiert wurde, kam es niemandem in den Sinn, dass damit das Existenzrecht Südafrikas<br />

infrage gestellt worden sei. Der Boykott Südafrikas richtete sich nicht gegen den Staat als<br />

solchen, sondern gegen das staatliche System der Apartheid. Ebenso ist es eine unhaltbare<br />

Unterstellung zu behaupten, die <strong>BDS</strong>-Bewegung leugne das Existenzrecht des Staates Israel.<br />

Professor <strong>Esack</strong> hatte am 20.1. 2017 auf Einladung der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft<br />

e.V., deren Vizepräsident ich bin, in der Katholischen Familienbildungsstätte Bonn einen Vortrag<br />

gehalten zu dem Thema: „Apartheid in Israel und in Südafrika - welche Vergleiche sind gültig?“<br />

Ich selbst moderierte die Veranstaltung. Der Leiter des Katholischen Bildungswerks des<br />

Erzbistums Köln war anwesend und fand nichts Antisemitisches im Vortrag von Professor<br />

<strong>Esack</strong>.<br />

Im Vorfeld der Veranstaltung nannten jüdische Organisationen Prof. <strong>Esack</strong>s Bonner Vortrag eine<br />

„<strong>BDS</strong>-Veranstaltung“. Dabei fiel das Wort <strong>BDS</strong> in seinem Vortrag kein einziges Mal. Dies als<br />

Hinweis zu den fragwürdigen Behauptungen, Professor <strong>Esack</strong> sei außerhalb Hamburgs auf<br />

Veranstaltungen aufgetreten, die den Boykott Israels zum Thema hatten.<br />

Dass das politische System innerhalb Israels und besonders in den besetzten Gebieten<br />

Elemente von Apartheid enthält, leidet keinen Zweifel. So gelten mehr als 40 Gesetze für die 20<br />

% in Israel lebenden Palästinenser, durch die sie in verschiedenster Weise diskriminiert werden i<br />

<strong>BDS</strong> richtet sich in erster Linie gegen die seit 50 Jahren anhaltende Besatzung. Dass diese<br />

völkerrechtswidrig ist, hatte der Internationale Gerichtshof in seinem Gutachten vom 9.7.2004<br />

festgestellt, weil sie Art. 49 der Vierten Genfer Konvention widerspricht. Der UN-Sicherheitsrat<br />

machte sich in seiner Resolution Nummer 2334 vom 23.12.2016 diese Sichtweise zu eigen.<br />

Amnesty International, UN-Menschenrechtsrat, Unicef und sogar das Internationale Komitee<br />

vom Roten Kreuz haben immer wieder auf die Verletzungen der Menschenrechte und des<br />

Völkerrechts durch den Staat Israel hingewiesen, fanden jedoch in der Politik leider kein<br />

Gehör. Würden die deutsche und die europäische Israel/Palästina-Politik der Durchsetzung der<br />

Menschenrechte und des Völkerrechts in Israel/Palästina Nachdruck verleihen, bedürfte es<br />

keiner <strong>BDS</strong>-Bewegung.<br />

Teile der <strong>BDS</strong>-Bewegung, die für einen Kaufverzicht von Produkten aus den völkerrechtlich<br />

illegalen Siedlungen eintreten, fordern nichts anderes als die Einhaltung bestehenden EU-<br />

Rechts (Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2010, bestätigt vom Bundesfinanzhof 2013).


Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat im EU-Parlament unmissverständlich erklärt,<br />

dass der Aufruf zu <strong>BDS</strong> unter das in der EU, aber auch in Deutschland mit Art. 5 GG,<br />

durch Recht der Meinungsfreiheit geschützt ist:<br />

http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/eu-right-bds-boycott-israel-palestineprotected-free-speech-federica-mogherini-a7394536.html<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Dr. Martin Breidert<br />

Vizepräsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V.<br />

Vorstandsmitglied im Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung e.V. (www.bibjetzt.de)<br />

i https://www.adalah.org/en/law/index


Brief des Deutsch-Palästinenischen Frauenvereins<br />

Karin Steinbrinker<br />

Hamburg, 24.02.2017<br />

An die Abgeordneten der SPD- Bürgerschaftsfraktion<br />

Sehr geehrte Abgeordnete der SPD-Bürgerschaftsfraktion!<br />

Mein Name ist Karin Steinbrinker, ich bin Stellvertretende Vorsitzende des Deutsch-Palästinensischen<br />

Frauenvereins e.V. (DPFV) und Leiterin der Regionalgruppe Hamburg des Vereins.<br />

Mit Unverständnis und großer Besorgnis haben wir vom Antrag der CDU- Bürgerschaftsfraktion<br />

erfahren, mit dem die Bürgerschaft aufgefordert wird, die <strong>BDS</strong>-Bewegung als antisemitisch zu<br />

verurteilen. Der als gemeinnützig anerkannte und bundesweit vertretene Deutsch-Palästinensische<br />

Frauenverein setzt sich seit 30 Jahren für die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage von<br />

palästinensischen Frauen und Kindern ein. Durch die engen Verbindungen und zahlreichen Besuche<br />

unserer Mitglieder in den palästinensischen Gebieten sind wir zutiefst erschüttert von der<br />

Verzweiflung vieler Menschen nach 50 Jahren der israelischen Militärbesatzung mit fast täglichen<br />

Menschenrechtsverletzungen, ob Razzien und Verhaftungen, oft ganz junger Menschen, mitten in der<br />

Nacht, oder die zunehmende Zerstörung von Wohnhäusern und die Vertreibung ganzer Familien<br />

vom eigenen Grund und Boden. Die in immer rasanterem Tempo wachsenden Siedlungen, die<br />

Siedlerstraßen und die Hunderte Kilometer lange riesige Sperranlage auf palästinensischem Land<br />

schnüren den Lebensraum der Menschen immer mehr ein. Im Gazastreifen hat die 10jährige<br />

Abriegelung zu unhaltbaren menschenunwürdigen Zuständen geführt. Zahlreiche UN-Resolutionen,<br />

die den Rückzug aus den besetzten Gebieten forderten, den Mauer-und Siedlungsbau auf<br />

palästinensischem Land als völkerrechtswidrig verurteilten und die Beendigung dieser illegalen Politik<br />

forderten, wurden von den israelischen Regierungen missachtet. Die UNO und ihre Mitgliedsstaaten<br />

kommen ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nach, Druck auf Israel auszuüben, seine<br />

völkerrechts-und menschenrechtswidrige Politik zu beenden. Im Unterschied zu anderen Staaten,<br />

die bei Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte mit Sanktionen belegt werden,<br />

(Russland wegen der Annexion der Krim, Syrien, Iran) geht Israel seit nunmehr 50 Jahren der<br />

Besatzung straffrei aus und genießt im Gegenteil große wirtschaftliche und militärische Unterstützung<br />

und Privilegien durch die westlichen Staaten wie die Aufnahme in die OECD und die Einbindung in<br />

die Strukturen der EU, obwohl ihre Vertragsgrundlagen die Einhaltung von Völkerrecht und<br />

Menschenrechten voraussetzen.<br />

Aus diesen Gründen und weil auch 20 Jahre Verhandlungen keine Änderung brachten, haben im Juli<br />

2005 mehr als 170 palästinensische Organisationen, inspiriert vom Kampf der Südafrikaner*innen<br />

gegen die Apartheid, zu Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen (<strong>BDS</strong>) gegen Israel aufgerufen,<br />

bis die israelischen Regierungen Völkerrecht und Menschenrechte einhalten, die Besatzung und die<br />

Besiedlung der palästinensischen Gebiete, die Blockade des Gazastreifens und die Diskriminierung<br />

der palästinensischen Bürger Israels beenden. Der Aufruf richtet sich auch gegen internationale<br />

wirtschaftliche und politische Akteure, die von Besatzung und Besiedlung profitieren.<br />

Nun sollen nach dem Willen der CSU-Bürgerschaftsfraktion diese Bewegung als antisemitisch<br />

verurteilt werden - und dann sind wohl auch alle Befürworter dieser Bewegung automatisch<br />

antisemitisch.<br />

Dabei wird offensichtlich vergessen, dass 20% der Bevölkerung Israels Nichtjuden, vor allem<br />

christliche und moslemische Palästinenser sind. Außerdem haben sich diesem Aufruf auch zahlreiche<br />

israelische und jüdische Organisationen angeschlossen.<br />

1


Schon 1988 hatte die israelische Friedensbewegung Gush Shalom gefordert, keine Produkte aus den<br />

illegalen israelischen Siedlungen zu kaufen. Inzwischen rufen auch die amerikanisch-jüdische<br />

Organisation Jewish Voice for Peace, die deutsche Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost<br />

e.V., das Israelische Komitee gegen Häuserzerstörung (ICAHD), die israelische Frauen-Koalition für<br />

Frieden und die Friedensorganisation Peace Now zum Boykott auf, weil die westliche Politik sich<br />

weigert, wirkungsvoll für die Einhaltung der Menschenrechte und für die Durchsetzung des<br />

Völkerrechts einzutreten.<br />

Auch viele bekannte jüdische Persönlichkeiten innerhalb und außerhalb Israels wie die Philosophin<br />

Judith Butler oder die Publizistin und Journalistin Naomi Klein haben sich der Forderung nach<br />

Boykottmaßnahmen angeschlossen. – sind das alles Antisemiten? Die Jüdin und Friedensaktivistin<br />

Roni Hammermann, Mitgründerin der renommierten israelischen NGO „Machsom Watch“, die die<br />

Palästinenser an den Checkpoints schützt und unterstützt und damit einen Beitrag gegen die<br />

Besatzung leistet, drückt es deutlich aus: „Ich befürworte die Boykottbewegung und ich finde, der<br />

Druck von außen auf Israel muss zunehmen. Auch ihr Deutsche müsst mehr aufwachen! Kritik<br />

an Israel ist kein Antisemitismus, diese Behauptung ist Quatsch.“ 1 Ilana Hammermann, eine<br />

andere politisch engagierte Israelin, die an der Politik ihrer Regierungen verzweifelt, richtet einen<br />

Appell an ihre Mitbürger, sich an die Spitze des internationalen Boykotts zu stellen, „weil unser Land<br />

ansonsten verloren ist“. Titel des Appells: “Warum ich, als stolze Israelin, möchte, dass die Welt uns<br />

boykottiert“. Ihr Schlusssatz: „Kein vernünftiger Mensch könnte uns des Antisemitismus und des<br />

Israelhasses bezichtigen. Schließlich sind wir Juden und Israelis, und als Juden und Israelis<br />

möchten wir hier bleiben-um zu leben, nicht um zu sterben.“ (s. Anlage).<br />

Auch international bekannte Persönlichkeiten wie Bischof Desmond Tutu oder Stephen Hawkins und<br />

zahlreiche Organisationen und Institutionen in vielen Ländern, z.B. bedeutende kirchliche Verbände<br />

(Pax Christi, mehrere US- Kirchen, z.B. United Church of Christ und Presbyterian Church),<br />

Gewerkschaften, Politiker, Universitäten und Dutzende spanische Städte unterstützen die <strong>BDS</strong>-<br />

Bewegung -alles Antisemiten?<br />

Die <strong>BDS</strong>-Bewegung ist n i c h t rassistisch, antisemitisch oder antijüdisch.<br />

„Antisemitisch“ und „antijüdisch“ bezeichnen eine rassistische Einstellung und Handlungsweise, die<br />

Juden diskriminiert und verfolgt, n u r und a l l e i n, weil sie Juden sind, so wie das unter der<br />

Naziherrschaft der Fall war. Bei der <strong>BDS</strong>-Bewegung geht es um die Durchsetzung von Völkerrecht<br />

und Menschenrechten, <strong>BDS</strong> richtet sich nicht „gegen Juden“, sondern gegen staatliche und<br />

wirtschaftliche Akteure, die an der völkerrechtswidrigen Besatzung und Unterdrückung der<br />

Palästinenser mitwirken und davon profitieren, also auch gegen nicht-israelische Unternehmen wie<br />

den französischen Konzern Veolia, den Heidelberger Baustoffkonzern Heidelberg Zement oder die<br />

US- Unternehmen Caterpillar und H&P. Sobald Israel die Besatzung beendet und die<br />

Palästinenser die gleichen Rechte wie die jüdischen Israelis sowohl in Israel als auch in Palästina<br />

genießen, würde auch die <strong>BDS</strong>-Kampagne beendet werden.<br />

In der „Erklärung Jüdischer Aktivisten und Organisationen, die sich für <strong>BDS</strong> gegen Israel einsetzen“<br />

heißt es, die Fehldeutung der <strong>BDS</strong>-Kampagne als Antisemitismus sei eine „Verunglimpfung und<br />

1 Aus: DREIECKSBEZIEHUNG, Nov. 2016 1<br />

2 httpp://www.juedische-stimme.de/?p=149<br />

2


ein Verrat an der langen Geschichte des jüdischen Überlebens und Widerstands gegen<br />

Verfolgungen“. 2<br />

Dem ist hinzuzufügen: Der inflationäre und missbräuchliche Gebrauch der Bezeichnungen<br />

„antisemitisch“ und „antijüdisch“ ist eine Relativierung des ungeheuren Unrechts, das den<br />

deutschen und europäischen Juden im Namen des nationalsozialistischen Antisemitismus<br />

angetan wurde.<br />

Es ist besonders eines Politikers nicht würdig, derart undifferenziert und inflationär mit den Begriffen<br />

„antisemitisch“ und „antijüdisch“ umzugehen. Dieser Umgang mit diesen Begriffen bedeutet eine<br />

Diskriminierung und Diffamierung von Meinungen und Handlungen, die von der eigenen abweichenin<br />

diesem Fall vermutlich von der Meinung, dass alle Handlungen der israelischen Regierungen<br />

bedingungslos zu bejahen und gutzuheißen und jede Kritik dagegen mit welchen Mitteln auch immer<br />

abzuwehren sei.<br />

Im deutschen Grundgesetz heißt es in Artikel 1<br />

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller<br />

staatlichen Gewalt.<br />

(2) Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen<br />

Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der<br />

Gerechtigkeit in der Welt.<br />

Und in Artikel 25: Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie<br />

gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des<br />

Bundesgebietes.<br />

Federica Mogherini, die Hohe Vertretern der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, verurteilt<br />

Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger*innen und bekräftigt das Recht von europäischen<br />

Bürger*innen auf Meinungs-und Versammlungsfreiheit. Auch die Beteiligung an der palästinensischgeführten<br />

<strong>BDS</strong>-Bewegung werde durch dieses Recht geschützt. Zitat: “Die EU schützt die<br />

Meinungs-und Versammlungsfreiheit in Übereinstimmung mit der Charta der Grundrechte der<br />

Europäischen Union auf dem Gebiet aller EU-.Mitgliedsstaaten einschließlich der in diesem<br />

Gebiet durchgeführten <strong>BDS</strong>-Aktivitäten.“ 3<br />

Sehr geehrte Abgeordnete,<br />

ich bitte Sie, dem Antrag der CDU-Fraktion auf Verurteilung der <strong>BDS</strong>- Bewegung als antisemitisch<br />

nicht zuzustimmen.<br />

Karin Steinbrinker<br />

3 In: <strong>BDS</strong>-Ch 1.11.16: EU anerkennt das Recht auf <strong>BDS</strong><br />

Englisches Original: http://www.eccpalestine.org/eu-high-representative-federica-mogherini-affirms-the-rightto-<strong>BDS</strong><br />

3


Presseerklärung <strong>BDS</strong> Hamburg<br />

Zum Antrag der CDU-Bürgerschaftsfraktion (DS 21/7798<br />

- Der antisemitischen <strong>BDS</strong>-Bewegung konsequent entgegentreten.)<br />

1. <strong>BDS</strong> Hamburg verwahrt sich entschieden gegen den Vorwurf des Antisemitismus,<br />

den die CDU im Übrigen an keiner Stelle ihres Antrages<br />

belegen kann. Die Strategie ohne Fakten <strong>BDS</strong> zu dämonisieren wird<br />

deswegen scheitern.<br />

2. Den Vergleich mit nationalsozialistischer Propaganda weisen wir auf das<br />

Schärfste zurück. Die Boykott-Forderung richtet sich nicht gegen die<br />

Juden, sondern gegen die völkerrechtswidrige Politik Israels. Während es<br />

bei den Nationalsozialisten 1933 mit ihrer Parole „Kauft nicht bei Juden!“<br />

um den Anfang der Ausrottung des jüdischen Volkes ging, steht für das<br />

Boykott-Ansinnen der palästinensischen Zivilgesellschaft die Forderung<br />

nach der Anerkennung ihrer international verbrieften Rechte und der<br />

Schutz vor weiterer Vertreibung im Mittelpunkt. Seit 1948 haben Hunderte<br />

von UN-Resolutionen, einschließlich des Gutachtens des Internationalen<br />

Gerichtshofs vom 9. Juli 2004, die Besatzungs- und Siedlungspolitik als<br />

völkerrechtswidrig verurteilt. Dennoch haben alle internationalen Interventionen<br />

die israelischen Regierungen nicht dazu bewegen können, die<br />

grundlegenden Prinzipien der Menschenrechte und des Völkerrechts anzuerkennen<br />

und die Besatzung und Unterdrückung der palästinensischen<br />

Bevölkerung aufzugeben.<br />

3. Inspiriert vom Kampf der Südafrikaner*innen gegen die Apartheid fordert<br />

die palästinensische Zivilgesellschaft, dass Israel<br />

- die Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes beendet und<br />

die Mauer abreißt;<br />

- das Grundrecht der arabisch-palästinensischen Bürger*innen Israels auf<br />

völlige Gleichheit anerkennt<br />

- die Rechte der palästinensischen Flüchtlinge, in ihre Heimat und zu<br />

ihrem Eigentum zurückzukehren, wie es in der UN Resolution 194 vereinbart<br />

wurde, respektiert, schützt und fördert.“ (<strong>BDS</strong>-Aufruf von über 170 Organisationen<br />

der palästinensischen Zivilgesellschaft, 2005)


4. Ausdrücklich bekennt sich die <strong>BDS</strong>-Bewegung zur Gewaltlosigkeit.<br />

Angesichts der massiven israelischen Militär- und Zivilgewalt ist es absurd,<br />

ausgerechnet die Bewegung, die sich einem gewaltlosen Widerstand verschrieben<br />

hat, ächten und dämonisieren zu wollen.<br />

5. Israelfeindlich ist nicht die <strong>BDS</strong>-Bewegung, sondern die Politik der gegenwärtigen<br />

israelischen Rechtsregierung – wie leider auch die Vorgänger-<br />

Regierungen. Internationale Beschlüsse im Zusammenhang mit der eigenen<br />

Besatzungs- und Annexionspolitik werden bis heute missachtet.<br />

6. Zu hinterfragen ist, warum sämtliche Bundesregierungen ihren Verpflichtungen<br />

als Drittstaaten gegenüber Israel nicht nachgekommen sind –<br />

gerne verweisen wir in diesem Zusammenhang auf die UN-GV-Resolution<br />

A/RES/ES-10/15 2004 zum oben erwähnten Gutachten des IGH:<br />

„ Alle Staaten sind verpflichtet, die rechtswidrige Situation nicht anzuerkennen,<br />

die sich aus dem Bau der Mauer ergibt, und Hilfsmaßnahmen, die zur Aufrechterhaltung<br />

der durch den Bau der Mauer geschaffenen Lage beitragen, zu unterlassen;<br />

alle Parteien des IV. Genfer Abkommens vom 12. August 1949 zum Schutze<br />

von Zivilpersonen in Kriegszeiten sind darüber hinaus verpflichtet, unter Achtung<br />

der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts sicherzustellen, dass Israel<br />

das in diesem Abkommen niedergelegte humanitäre Völkerrecht einhält. ”<br />

7. Wir wenden uns gegen die Sanktionen und Einschränkungen der Pressefreiheit,<br />

welche die CDU vom Senat fordert. Wir schließen uns Federica<br />

Mogherini an (Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik),<br />

die im Namen der EU-Kommission ausdrücklich ausgeführt hat: „Die EU<br />

schützt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Übereinstimmung mit<br />

der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die auf dem Gebiet<br />

aller EU-Mitgliedsstaaten einschließlich der in diesem Gebiet durchgeführten<br />

<strong>BDS</strong>-Aktivitäten.“ Dies hat auch für Hamburg zu gelten.<br />

8. Wir schließen uns vollinhaltlich dem offenen Brief an die Fraktionsvorsitzenden<br />

der Hamburgischen Bürgerschaft der Botschafterin der Palästinensischen<br />

Mission, Frau Dr. Khouloud Daibes an.<br />

<strong>BDS</strong> Hamburg<br />

14.2.2017<br />

Für Nachfragen oder Interviews wenden Sie sich bitte an:<br />

Dr. Arne Andersen<br />

bdskampagne.hamburg@gmail.com<br />

<strong>BDS</strong> Hamburg, 22765 Hamburg · bdskampagne.hamburg@gmail.com · www.facebook.com/bdshamburg


Haaretz (israelische Tageszeitung), 29.01.2017<br />

Warum ich, als stolze Israelin, möchte, dass<br />

die Welt uns boykottiert<br />

Schweren Herzens bitte ich meine Mitbürger, sich an die Spitze des<br />

internationalen Boykotts zu stellen, weil unser Land ansonsten verloren<br />

ist<br />

Von Ilana Hammerman<br />

29. Jan. 2017, http://www.haaretz.com/opinion/.premium-1.767900?utm_content=%2Fopinion%2F.premium-<br />

1.767900&utm_medium=email&utm_source=smartfocus&utm_campaign=newsletter-opinion&utm_term=20170129-<br />

15%3A01<br />

„Boykottaufrufe aus politischen Gründen stellen ein legitimes Mittel dar, das unter den Schutz der<br />

Meinungsfreiheit fällt“- so stellte es kürzlich ein Leitartikel in Haaretz klar. („Eintritt für Kritiker verboten“,<br />

17. 1. 2017) Dies wurde geschrieben, nachdem der Innen- und Umweltausschuss der Knesset<br />

die zweite und dritte Lesung einer Gesetzesvorlage gebilligt hatte, die die Ausstellung eines Visums<br />

oder einer Aufenthaltsgenehmigung für Ausländer untersagt, die zum Boykott Israels oder der Siedlungen<br />

[in den besetzten Gebieten] aufrufen.<br />

Ich berufe mich daher auf diese autoritative Feststellung von Haaretz, um israelische Bürger, die sich<br />

dem Friedenslager zurechnen, aufzurufen, die internationale Gemeinschaft zu bitten, Israel mit einem<br />

Boykott zu belegen.<br />

Ich bin keine Ausländerin, und ich wende mich mit meiner Bitte auch nicht an Ausländer. Ich weiß<br />

nicht, ob ich damit gegen irgendeines der undemokratischen, illegitimen Gesetz verstoße, die verabschiedet<br />

wurden, um mir und denen, die meine Meinung teilen – sie alle sind Israelis – die Meinungsfreiheit<br />

zu verwehren und unsere humanen und politischen Bemühungen zurückzuweisen, aktiv zu<br />

werden.<br />

Eines allerdings weiß ich: mit Herz und Seele bin ich diesem Land verbunden, wo ich vor 72 Jahren<br />

geboren wurde, dem ich meine besten Jahre in beruflicher wie gesellschaftlicher Hinsicht gewidmet<br />

habe und von dem mich loszureißen ich nicht gewillt bin. Ehrlich gesagt: ich habe kein anderes Land.<br />

Als eine israelische Bürgerin und eine Frau, die sich gesellschaftlich engagiert, stelle ich fest, dass der<br />

Staat mein grundlegendes Recht, im Einklang mit meinem Gewissen zu leben, nicht respektiert. Das<br />

Judentum, das er mir aufzuzwingen versucht, ist nicht mein Judentum. Darüber hinaus wird der nationalistische<br />

und rassistische Fanatismus der Regierung (angeführt von den Ministern des Inneren, der<br />

Kultur und der Erziehung) zunehmend extremer und steht in völligem Gegensatz zu den Werten, die<br />

mir die teuersten sind. Diese Missstände sind eine innere Angelegenheit der israelischen Gesellschaft,<br />

und ich habe das Recht – und zumindest vorerst noch die Möglichkeit – von daher für ihre Korrektur<br />

zu kämpfen.<br />

Intervention erforderlich<br />

Die Tatsache allerdings, dass Israel unentwegt die Grundsätze des humanitären Völkerrechts verletzt,<br />

rechtfertigt auch die Intervention der internationalen Gemeinschaft.<br />

Diese Grundsätze wurden nicht etwa entwickelt, damit jedes Land und seine Bürger mit ihnen nach<br />

Gutdünken verfahren. Sie wurden niedergelegt infolge von Lehren, die aus dem 2. Weltkrieg gezogen<br />

wurden, in dessen Verlauf Millionen Menschen getötet, verhaftet, aus ihren Heimen vertrieben und<br />

ausgewiesen wurden. Sie zielten darauf ab, Bevölkerungen in besetzten Gebieten zu schützen und<br />

Schaden von ihnen abzuwenden.<br />

Israel hat das Westjordanland unter seiner Gewalt und kontrolliert das Schicksal von Millionen seiner<br />

arabischen Bewohner durch Besatzungsrecht und Militärregierung. Auf diese Weise verletzt es alle


grundlegenden Prinzipien dieser Abkommen. Es siedelt seine Bürger in den Gebieten an und zerstört<br />

dort das Eigentum von Einzelnen und Gemeinden. Es enteignet öffentliche und private Ländereien<br />

nach seinen eigenen Bedürfnissen und denen seiner Siedler. Und es verhängt regelmäßig und systematisch<br />

kollektive Strafmaßnahmen gegen die Palästinenser. Es schränkt ihre Bewegungsfreiheit und ihre<br />

zivilen Aktivitäten ein und kerkert Zehntausende ein in Gefängnissen auf seinem Hoheitsgebiet: etwa<br />

eine Million Palästinenser sind seit 1967 auf der Basis von Militärrecht oder sogar ohne Verfahren<br />

inhaftiert worden.<br />

All diese Verletzungen der Menschenrechte sind nicht etwa in Kriegszeiten oder im Verlauf von ein<br />

oder zwei Jahren geschehen, sondern während 50 (der annähernd 69) Jahren von Israels Existenz. Man<br />

muss kein Rechtsanwalt oder Militärexperte sein um zu verstehen, dass es für diese systematische<br />

Politik keinerlei rechtliche oder sicherheitspolitische Rechtfertigung gibt: offene Augen und der gesunde<br />

Menschenverstand reichen aus um zu begreifen, dass sie von ideologischen Motiven angetrieben<br />

wird – seien sie versteckt und irreführend wie früher oder unumwunden und kaltschnäuzig wie<br />

gegenwärtig.<br />

Und daher habe ich, als israelische Bürgerin und als Frau, die sich im gesellschaftlichen Leben engagiert,<br />

es seit Langem als mein Recht und als meine Pflicht angesehen, die Augen aufzumachen und<br />

hinzuschauen – und diese illegalen Anschläge auf Leben, Besitz, Würde und Freiheit der Menschen zu<br />

bezeugen, die mein Land und seine Soldaten, seine Behörden und Beamten nur wenige Kilometer von<br />

meinem Zuhause entfernt verüben.<br />

Und in den letzten Jahren habe ich es auch – angesichts der Gleichgültigkeit der meisten israelischen<br />

Bürger – als mein Recht und meine Pflicht angesehen, zur Übertretung von Verordnungen und Gesetzen<br />

aufzurufen, die bei der Durchführung dieser Übergriffe involviert sind. Ich missachte diese Anordnungen<br />

und Gesetze auch selbst: Ich besuche z. B. Palästinenser in den besetzten Gebieten, trotz<br />

der roten Schilder, die es mir verbieten, und gelegentlich schmuggle ich einen palästinensischen Arbeiter<br />

zu seinem Arbeitsplatz, eine Frau und ihre Kinder zum Strand oder Familienmitglieder zu einem<br />

Verwandten, der in einem israelischen Krankenhaus liegt.<br />

Aber während ich all dies aus vollem Herzen gerne mache – aus politischen und moralischen Gründen<br />

und dem Wunsch, verfolgten Menschen in Not zu helfen -, tue ich mich gefühlsmäßig doch äußerst<br />

schwer, Israelis aufzurufen, die internationale Gemeinschaft zu bitten, einen Boykott zu befürworten.<br />

Ich mache dies allein aus politisch-pragmatischen Gründen.<br />

Denn Israel ist nicht das Land, das es am meisten verdient, mit einem Boykott belegt zu werden. Im<br />

20. und 21. Jahrhundert gab und gibt es Sünder, die hundertmal schlimmer sind. Einige der scheußlichsten<br />

Gräueltaten der Neuzeit wurden von einer Reihe europäischer Staaten in ihren asiatischen und<br />

afrikanischen Kolonien mit Schlächtereien, Unterdrückung und Besatzung verübt. Und die Sowjetunion<br />

hat innerhalb ihrer eigenen Grenzen Millionen von Menschen durch Mord, Hunger und Folter ausgelöscht.<br />

Andere Gräueltaten wurden von den Vereinigten Staaten begangen, die die Atombombe auf<br />

Japan abwarfen und chemische Waffen in Vietnam einsetzen.<br />

Und wenn es heute bloß möglich wäre, Sanktionen gegen China wegen seiner grausamen Verletzungen<br />

der Menschenrechte zu verhängen und gegen Russland wegen seiner barbarischen Einmischung in<br />

Syrien, sollte dies geschehen. Aber es ist nicht machbar. Es handelt sich um Großmächte, von denen<br />

die Welt abhängig ist und nicht umgekehrt.<br />

Israel dagegen ist ein Staat, dessen Wirtschaft von der Welt und ihrem Verhalten abhängt. Ein Wirtschaftsboykott<br />

– oder zumindest Sanktionen, wie sie gegenüber dem Iran verhängt wurden – dürfte<br />

seine Politik mit Sicherheit beeinflussen. Wegen der Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens würde<br />

er sogar die öffentliche Meinung beeinflussen, so dass die Menschen endlich über die Wirklichkeit<br />

nachdenken müssten, in der sie leben – wenn schon nicht über die aktuellen Ungerechtigkeiten, dann<br />

zumindest über das Pulverfass, auf dem sie leben, und in das sie unaufhörlich Funken schlagen.


Der Weg zu einer friedlichen Lösung ist im Grunde geebnet, weil es gleichgültig ist, wo genau die<br />

Gerechtigkeit in diesem Konflikt liegt. Zweifellos liegt die größere Stärke bei Israels militärischer<br />

Macht, nicht bei den Palästinensern mit ihren Messerangriffen und Lastwagenattacken. Israel ist die<br />

die Realität vor Ort bestimmende Seite, die sie ständig unwiderruflich verändert.<br />

Aber es ist angemessen, dass der Boykottaufruf von innerhalb Israels kommt – von jenen braven Bürgern,<br />

die hier leben und sich ängstigen um ihr und ihres Landes Schicksal. Ja, um das Schicksal ihres<br />

Landes, nicht um das der Palästinenser – ihr physisches und auch ihr moralisches Schicksal, das jetzt<br />

in den Händen politischer Kräfte liegt, die es in den Untergang treiben.<br />

Ja, diese Bürger sind brav, und es sind viele, selbst wenn sie in der Minderheit sind und das Regime<br />

ihr Land mit der Unterstützung der Mehrheit seiner Bewohner führt, die dieses Regime demokratisch<br />

gewählt haben.<br />

Die Minderheit muss jedoch diese Demokratie nicht respektieren. Denn nirgendwo auf der Welt garantiert<br />

eine Mehrheitsentscheidung eine wirklich demokratische Regierung, und dies ganz gewiss<br />

nicht dort, wo sie das Schicksal von Millionen Menschen bestimmt, die nicht gleichberechtigte Partner<br />

sind, wo sie, schlimmer noch, auf eine Katastrophe zusteuert.<br />

In der Tat können diese Bürger ein solches Unheil bereits über ihren Häuptern schweben sehen. Hinweise<br />

darauf lassen sich z. B. in den zahllosen Artikeln finden, die in Haaretz geschrieben werden:<br />

„Wappnet euch“, legen sie ihren Lesern nahe. „Geht auf die Straßen“, bitten sie – als wenn die Straßen<br />

uns immer noch gehören würden.<br />

Aber dies sind leere Worte. Es scheint, wir sind nicht geboren, uns zu wappnen angesichts einer gewaltbereiten<br />

Öffentlichkeit. Also, mobilisieren wir Zivilcourage, und gehen wir an die Öffentlichkeit<br />

mit einem ruhigen, nüchternen Aufruf an die internationale Gemeinschaft, über Israel einen Wirtschafts-Boykott<br />

zu verhängen. Ja, über den Staat Israel, nicht nur über die Siedlungen, denn schon seit<br />

Langem gibt es keine zwei Wirtschaftssysteme mehr: über die Grüne Linie hinweg (die Grenze von<br />

vor 1967) existiert nur eine einzige Wirtschaft.<br />

Lasst uns dies mit einem einzigen einfachen Wunsch tun: unsere Existenz an diesem Ort zu sichern.<br />

Denn das ist es, worum es im Kern geht – unsere Existenz, unser Leben. Ansonsten wird es für uns<br />

ein Leben nicht mehr lange geben – für uns, die wenigen Millionen in einer Umgebung von Dutzenden<br />

Millionen, in der unsere Führer entschieden haben, dass wir für immer mit dem Schwert leben<br />

müssen.<br />

Wenn der Schrei zur Rettung Israels aus unseren Mündern kommt, laut und klar und wohlbegründet,<br />

wird es jene geben, die ihn hören, obwohl wir nur eine Minderheit sind.<br />

Kein vernünftiger Mensch könnte uns des Antisemitismus und des Israelhasses bezichtigen. Schließlich<br />

sind wir Juden und Israelis, und als Juden und Israelis möchten wir hier bleiben – um zu leben,<br />

nicht um zu sterben.<br />

(Übersetzung: Jürgen Jung)<br />

„Ilana Hammerman hat sich als vielfach ausgezeichnete Übersetzerin deutscher und französischer<br />

Literatur einen Namen gemacht; als Verlegerin und Publizistin wie auch in ihrem Privatleben sucht<br />

sie eigene – und nie bequeme – Wege.“ (NZZ)


Erklärung von Professor Farid <strong>Esack</strong> zu seinem Vortrag über <strong>BDS</strong><br />

in Deutschland<br />

11. Januar 2017<br />

Erklärung zur Unterstellung antisemitischer Gesinnung<br />

Wieder einmal wurde mir unterstellt, Antisemit zu sein – diesmal in Deutschland – und unter den<br />

gleichen Umständen wie vor zwei Jahren, als einige Individuen versuchten, französische Universitäten<br />

daran zu hindern, mir Vortragsräume zur Verfügung zu stellen. Gegenwärtig bin ich eingeladen,<br />

in Berlin, Freiburg, Bonn und Hamburg zu sprechen.<br />

Die Anschuldigungen richten sich vorwiegend gegen die internationale <strong>BDS</strong>-Bewegung, genauer<br />

gesagt, gegen <strong>BDS</strong>-Süd-Afrika (<strong>BDS</strong>-SA), denn aus der Art der Vorwürfe geht hervor, dass ich in meiner<br />

Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender von <strong>BDS</strong>-SA des Antisemitismus bezichtigt werde. Die Anschuldigungen<br />

beinhalten die besonders erbitternde und vollkommen haltlose Behauptung, <strong>BDS</strong>-SA<br />

habe zur Ermordung von Juden aufgerufen.<br />

Diese Bezichtigungen erfolgen im Rahmen einer viele hundert Millionen Dollar teuren Operation der<br />

israelischen Regierung, die inszeniert wird, um dem, was für Unterstützer des Kampfes der Palästinenser<br />

um Gerechtigkeit möglich ist oder auch nur gedacht werden darf, möglichst enge Grenzen zu<br />

setzen. Die Logik dieser Bemühungen ist ganz einfach: überall da, wo betrübliche Ignoranz herrscht<br />

–auch in den Universitäten - für Kontroversen bezüglich jeder Unterstützung der Palästinenser zu<br />

sorgen, und den Verantwortlichen für die Verwaltung der Universitäten und allen Entitäten, die<br />

Räumlichkeiten für Solidaritätsveranstaltungen mit den Palästinensern zur Verfügung stellen, das<br />

Leben so schwer wie möglich zu machen. Verwaltungsangestellte wollen gewöhnlich nur in Ruhe ihr<br />

Leben leben und sind selten bereit, sich mit Kontroversen auseinanderzusetzen.<br />

Ich glaube keinen Augenblick lang, dass die Personen, die solche Anschuldigungen am lautstärksten<br />

verbreiten, diese selbst ernst nehmen. Sie wissen lediglich ihre Wirksamkeit als Mittel zu schätzen,<br />

um jede abweichende Meinung zu unterdrücken. Leider sind sie ebenso wie der Nazi-Mörder Joseph<br />

Goebbels davon überzeugt, dass man eine Lüge nur oft genug wiederholen muss, damit sie schließlich<br />

geglaubt wird. Dadurch bin ich zu meinem Bedauern wieder einmal gezwungen, die Sache richtig<br />

zu stellen.<br />

Weder ich noch ein anderes Vorstandsmitglied von <strong>BDS</strong>-SA haben jemals irgendeine Erklärung abgegeben,<br />

die vernünftigerweise als Antisemitismus interpretiert werden könnte. (Unter Antisemitismus<br />

verstehe ich die Vorstellung, dass Bosheit oder irgendetwas Negatives für das jüdische Volk als ethnische<br />

oder religiöse Gemeinschaft kennzeichnend ist, oder dass das jüdische Volk „inhärent“ irgendwelche<br />

Gruppeneigenschaften außerhalb eines historischen oder anderen Kontexts besitzt).<br />

Mein Leben lang habe ich mich konsequent gegen jede Form von „Rassismus“ gewendet. (Unter Rassismus<br />

verstehe ich sowohl das Vorurteil und die Art und Weise, wie dieses von den Mächtigen benutzt<br />

wird, als auch die Vorstellung, dass irgendein menschlicher Charakterzug oder eine gute oder<br />

schlechte Eigenschaft einer bestimmten Rasse oder ethnischen Gruppe zugeordnet werden kann, und<br />

die Tendenz der Mächtigen, sie für ihre Zwecke nutzbar zu machen. Tatsächlich vertrete ich die Meinung,<br />

dass bereits die Vorstellung von der Existenz bestimmter Rassen eine wissenschaftliche Absurdität<br />

und eine menschliche Erfindung ist).<br />

Rassismus kann verschiedene Formen annehmen – und in dem Ausmaß, in dem viele Juden (und<br />

andere) sich selbst als Rasse betrachten, kann die Ablehnung alles Jüdischen als Rassismus beschrieben<br />

werden. Diese Form des Rassismus war während eines großen Teils der Geschichte des<br />

Christentums besonders tief verwurzelt und abscheulich.


Obwohl die antijüdische Gesinnung in muslimischen Gesellschaften niemals das barbarische Ausmaß<br />

erreichte wie in Europa, wo sie in der Ermordung von rund 6 Millionen Juden kulminierte, machten<br />

sich etliche muslimische Gesellschaften ebenfalls der antijüdischen Diskriminierung schuldig, und<br />

leider ist antijüdischer Rassismus unter Muslimen auch heute nicht ungewöhnlich. Als Muslim habe<br />

ich immer wieder mein Bedauern und meinen Ärger darüber zum Ausdruck gebracht, habe diesen<br />

Rassismus als Aktivist verurteilt und als Akademiker darüber geschrieben. Ferner habe ich eine Kampagne<br />

gegen muslimischen Antisemitismus initiiert.<br />

Wenn ein Volk – gleichgültig welches Volk – sich selbst aufgrund seines „Blutes“ oder seiner Hautfarbe<br />

besondere menschliche Charakteristika oder Verantwortlichkeiten zuschreibt, dann ist auch das<br />

eine Form von Rassismus.<br />

Bestimmten Menschen aufgrund ihrer Blutlinien bestimmte soziale Rollen zuzuschreiben oder Erwartungen<br />

an sie zu stellen, ist ebenfalls Rassismus. Beispiele dafür sind Slogans wie „ die Weißen sind<br />

dazu geschaffen, für die Schwarzen zu sorgen“, „Ostasiaten sind eine ‚Muster-Minorität‘“, „Alle Weißen<br />

sind Teufel“, „Die Iren sind dumm“ oder „Die Juden sind das auserwählte Volk“.<br />

Die Schrecknisse des Holocaust waren, ebenso wie andere Katastrophen der Menschheit, in einmaliger<br />

Weise entsetzlich. Aber eine Form des Rassismus – in diesem Fall den Antisemitismus – zu einer<br />

eigenen Klasse zu erheben, für den ein eigener, für Antisemiten reservierter Platz in der Hölle vorgesehen<br />

ist, ist in Wahrheit eine weitere Manifestation der privilegierten Stellung der Weißen. Ferner<br />

ist es ein Beispiel dafür, wie Europa seine spezifischen Ängste auf die ganze Welt projiziert.<br />

Wer ernsthaft besorgt über den Antisemitismus als Bestandteil seiner Opposition gegen jede Form<br />

des Rassismus ist, muss sich davor hüten, diese Form des Rassismus zu einem Verbrechen zu erheben,<br />

das schwerer wiegt als andere. Dies ist besonders relevant angesichts der Tatsache, dass die<br />

Juden in der heutigen Welt in ihrem täglichen Leben nicht die gleiche Diskriminierung erfahren wie<br />

beispielsweise schwarze Menschen. Alle Formen von Rassismus haben ihre Bedeutung, und jede muss<br />

entsprechend der Wirkung bewertet werden, die sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte<br />

für ein Volk hat.<br />

Manche Juden versuchen verzweifelt, den gegenwärtigen israelischen Staat zu einem Synonym der<br />

jüdischen Identität zu machen und diese Vorstellung zu einer strikten Form von Orthodoxie zu erklären<br />

. Kritik am Staat Israel bedeutet für sie Kritik an allen Juden. Sie „synonymisieren“ die beiden<br />

Begriffe (die Juden und den Staat Israel).<br />

Viele andere, darunter auch mache orthodoxen religiösen Juden und anti- oder nicht zionistische<br />

Juden, besonders jüngere Juden, lehnen diese Synonymisierung ab. Diese Logik erinnert an die Behauptung<br />

des ISIS, dass jeder, der seine besondere Form des Islam nicht akzeptiert, ein Kafir, (arabisch<br />

für ‚Ketzer‘) oder ein Feind des Islam ist, der alle Muslime hasst. Diese Logik (Judaismus/Juden<br />

= der Staat Israel) zu akzeptieren, bedeutet, die vielen Juden auszuschließen, die mit dem Staat<br />

Israel nicht einverstanden sind (entweder mit der Idee eines jüdischen Staates oder der Vorstellung,<br />

dass dieser Staat kein Unrecht begehen kann).<br />

Der politische Zionismus ist der Mechanismus, den viele Juden in aller Welt als sichersten Garanten<br />

für das Überleben des jüdischen Volkes sehen. Manche würden sogar behaupten, er sei „die einzige<br />

Möglichkeit, um zu überleben“. Selbst wenn man diese Prämisse akzeptiert – und viele tun dies nicht<br />

– ist es ein eigenartiges europäisches Phänomen, ein anderes Volk, die Palästinenser, zu zwingen,<br />

einen hohen Preis– in Form von Leben, Würde und Land – für diese Vorstellung vom „Überleben“ zu<br />

zahlen. Die politischen Zionisten – von denen viele Atheisten waren und sind – haben kein Problem<br />

damit, dieses politische Projekt mit der biblischen Vorstellung von Gottes Versprechen an das jüdische<br />

Volk zu verschmelzen, dem Konzept des gelobten Landes.


Einem Gemeinwesen steht es natürlich frei, an ein Versprechen Gottes zu glauben. Aber in einer<br />

Welt, in der es zahlreiche Gemeinschaften gibt, die alle ihre eigenen Götter und Vorstellungen von<br />

Gott und ihre eigenen heiligen Texte haben, führt dies notgedrungen zu unschönen Entwicklungen.<br />

Gegenwärtig besteht der einzige uns zur Verfügung stehende Mechanismus für Gespräche, die uns<br />

aus dem Chaos herausführen können, in den universellen Menschenrechten, dem Völkerrecht und der<br />

dialogischen Ethik. (Die Tatsache, dass sowohl die staatlichen als auch die nicht-staatlichen Akteure<br />

regelmäßig auf nackte Gewalt zurückgreifen, um ohne Rücksicht auf diese ihren Willen durchzusetzen,<br />

macht sie nicht ungültig oder sinnlos – insbesondere nicht für die Menschen, denen es um<br />

Freiheit und Gerechtigkeit geht.)<br />

<strong>BDS</strong> ist eine internationale Kampagne mit dem Ziel, Israel für seine zahlreichen Menschenrechteverletzungen<br />

gegen die Palästinenser zur Verantwortung zu ziehen. Sie hat sehr viel mit den Folgen des<br />

europäischen Antisemitismus für das palästinensische Volk zu tun, aber absolut nichts mit den Überzeugungen,<br />

die der langen und abscheulichen Geschichte des europäischen Antisemitismus zugrunde<br />

liegen. Leider ist die antijüdische Gesinnung in Europa unter der Oberfläche nach wie vor lebendig<br />

und aktiv. (Und ich spreche hier vom „alten Europa“ und nicht von dem Europa der jüngsten – vorwiegend<br />

muslimischen – Immigranten.)<br />

Die internationale <strong>BDS</strong>-Bewegung hat ihre Wurzeln und bezieht ihre Inspirationen aus der erfolgreichen<br />

Boykottbewegung im Kampf gegen die Apartheid in Süd-Afrika. In dieser Bewegung spielten<br />

die deutschen Kirchen und viele gewöhnliche Deutsche – ebenso wie Menschen aus anderen Ländern<br />

– eine bedeutende Rolle. Gegen die Apartheid zu sein machte einen zum Gegner der Vorherrschaft<br />

der Weißen in Süd-Afrika. Es machte einen jedoch nicht zum Gegner Süd-Afrikas und bedeutete auch<br />

nicht, dass man ein Gegner der Weißen war.<br />

Ausgerechnet Süd-Afrika in den sechziger und siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts mit<br />

Sanktionen zu belegen, bedeutete nicht, dass man die weißen Südafrikaner besonders hasste oder<br />

dass man nicht an Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit in anderen Zusammenhängen interessiert<br />

war. Es bedeutete lediglich, dass man, wenn man seinen Aktivismus ernst nahm, mit der Realität<br />

zu kämpfen hatte, dass der Tag nur 24 Stunden hat.<br />

Die Entscheidung, auf welche Manifestationen von Ungerechtigkeit sich einzelne Personen oder<br />

Gruppen konzentrieren wollen, ist ausschließlich ihre eigene Sache. Der Entschluss, sich gegen die<br />

Unterdrückung der Rohingya-Muslime in Burma zu engagieren, macht einen nicht zum Hasser der<br />

Burmesen und bedeutet auch nicht, dass man gegen das burmesische Volk, gegen Buddhisten oder<br />

gegen die burmesische Regierung mehr Ressentiments hegt als gegen andere Unterdrücker. Wenn<br />

man sich entscheidet, sich auf die Gerechtigkeit in der Beziehung zwischen den Geschlechtern zu<br />

konzentrieren statt sich für Black Lives Matter zu engagieren, bedeutet das nicht, dass man ein Gegner<br />

der Schwarzen ist.<br />

<strong>BDS</strong>-Süd-Afrika arbeitet mit Mitgliedern aller Gemeinschaftenn, einschließlich der jüdischen Gemeinschaft<br />

in Fragen der Gerechtigkeit und der Befreiung der Palästinenser zusammen. Sie ist Teil einer<br />

internationalen und gewaltfreien Bewegung für die Befreiung – ja, hauptsächlich die Befreiung der<br />

Palästinenser. Aber ebenso wie das Ende der Apartheid eine ernsthafte Möglichkeit für viele Weiße<br />

bedeutete, wirklich menschlich zu werden und sich von ihrem Rassismus zu befreien, und ebenso wie<br />

Gerechtigkeit für die Frauen die einzige Möglichkeit für die wahre Befreiung der Männer ist, so wird<br />

die Freiheit für die Palästinenser die Befreiung vieler Zionisten von ihrem rassistischen Denken und<br />

ihren Ängste vor den Palästinensern bedeuten.


2. Stellungnahme von Farid <strong>Esack</strong> – Über einen Islamischen<br />

Staat, das Existenzrecht Israels, Terrorismus und Gewalt<br />

8. Februar 2017<br />

Einleitung und Zusammenfassung<br />

Einige deutsche Politiker und die israelische Botschaft in Berlin bezichtigen mich, Antisemit zu sein,<br />

einen islamischen Staat in Deutschland zu fordern, und Gewaltanwendung zu unterstützen. Obwohl in<br />

der deutschen Presse täglich über die Angelegenheit berichtet wurde – mit einer einzigen Ausnahme –<br />

hat kein einziger Journalist sich die Mühe gemacht, mich zu kontaktieren und mich zu meiner Seite der<br />

Geschichte zu befragen. Ein sehr seltsames Verhalten für eine Demokratie.<br />

Meine detaillierte Stellungnahme folgt nach dieser Zusammenfassung.<br />

• Ich habe zu allen Zeiten konsequent gegen die Vorstellung gekämpft, dass ein Volk inhärent Gutes<br />

oder Böses in seinem Blut oder in seinen Genen trägt. Diese Vorstellung ist das Kernstück aller Formen<br />

von Rassismus – einschließlich des Antisemitismus.<br />

• Ich habe niemals gesagt oder angedeutet, dass der Staat Israel oder gar das jüdische Volk böse<br />

Eigenschaften haben sollen, die für sie typisch oder einzigartig sind.<br />

• Angesichts der Tatsache, dass der Tag nur 24 Stunden hat, ist es das Recht aller Menschen, die sich<br />

für Gerechtigkeit einsetzen, sich mit ihrem Aktivismus auf ein bestimmtes Gebiet zu konzentrieren,<br />

ohne dass ihnen unterstellt werden darf, einen besonderen Hass gegen die jeweiligen Täter zu hegen.<br />

Feministinnen, die gegen männliche Gewalt ankämpfen, können schließlich auch nicht bezichtigt<br />

werden, alle Männer zu hassen.<br />

• Ich trete zwar für das Recht aller Menschen ein, ihre Ansichten über einen idealen Staat zum Ausdruck<br />

zu bringen, glaube aber dennoch nicht an ethnische oder religiöse Staaten.<br />

• Ich lehne alle Formen von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ab – insbesondere alle Formen<br />

von Gewalt, die sich gegen Zivilisten richten oder Kollateralschäden unter Zivilisten verursachen.<br />

• Dabei macht es für mich keinen Unterschied, ob die Gewalt wie in einem Computerspiel durch<br />

Drohnen ausgeübt wird, oder in Form von Bussen, die in eine Ansammlung von Zivilisten gelenkt<br />

werden, was für erheblich mehr Schlagzeilen sorgt. All diese Formen von Gewalt verursachen Tod<br />

und Verwundungen, und in jedem Fall bleiben trauernde Angehörige und geliebte Menschen zurück.<br />

Wir alle werden in unserer Menschlichkeit herabgesetzt, wenn einige in unserer Mitte so handeln.<br />

• Während meiner Vorlesungen an der Universität Hamburg habe ich die <strong>BDS</strong>-Bewegung oder meine<br />

Unterstützung für diese mit keinem Wort erwähnt.<br />

Stellungnahme<br />

In jüngster Zeit wurden wieder einmal verschiedene Anschuldigungen gegen mich erhoben, deren Ziel es<br />

war, meine Unterstützung für den Freiheitskampf der Palästinenser zu delegitimieren. Wie bereits in<br />

einer früheren Erklärung dargelegt, ist dieser Angriff in erster Linie Teil eines gezielten Versuchs, der<br />

Diskussion über die Unterdrückung des palästinensischen Volkes in einigen Ländern enge Grenzen zu<br />

setzen, und hat wenig mit dem Antisemitismus-Problem zu tun. (Siehe meine unten abgedruckte frühere<br />

Erklärung.)<br />

In den letzten beiden Wochen sind einige neue Bezichtigungen aufgetaucht, auf die ich im Interesse<br />

der Wahrheit ausführlich antworten möchte. Es ist auffallend, dass meine Angreifer – in Trumpscher


Manier – mit Vorliebe kurze, simplifizierende Tweets mit geringem geistigem Niveau verfassen. Meine<br />

Antwort richtet sich an Menschen, die lieber die Wahrheit als „alternative Fakten“ vorgesetzt bekommen<br />

Zum Thema Islamischer Staat<br />

Man wirft mir vor, bei Vorträgen in Deutschland implizit einen islamischen Staat zu fordern. Dies basiert<br />

vermutlich auf einer Bemerkung, die ich anlässlich einer Konferenz in Deutschland gemacht habe. Ich<br />

war von der Schura Hamburg, einem eingetragenen Bündnis lokaler muslimischer Organisationen, eingeladen<br />

worden, am 15. Januar 2017 bei einer Konferenz über Islamophobie in Europa zu sprechen. Mein<br />

Thema lautete „Islam und Demokratie“, und der Veranstaltungsort war die Imam Ali Moschee. An der<br />

Konferenz nahmen Menschen aller Hautfarben und Vertreter der unterschiedlichsten religiösen und politischen<br />

Ansichten teil, darunter auch Zionisten und Mitglieder der Grünen.<br />

In meinem Vortrag sprach ich über das Recht aller Gemeinschaften, für ihre eigenen politischen Utopias<br />

einzutreten. Ich sagte, dass mit meiner Herkunft aus Südafrika auch das Recht verbunden sei, einen auf<br />

islamischen Werten basierenden Staat zu befürworten, ebenso wie Veganer das Recht haben müssten,<br />

eine Gesellschaft zu propagieren, in der der Fleischkonsum grundsätzlich verboten ist. Ich erklärte, dass<br />

sich in Südafrika nur ein winziger Bestandteil der Bevölkerung als kommunistisch beschreiben würde,<br />

dass wir aber dennoch eine lebendige und sehr sichtbare kommunistische Partei haben, die eine Koalition<br />

mit der Regierungspartei unterhält. Ich sprach mich für folgende Punkte aus:<br />

• a) Eine Gesellschaft muss idealerweise ihren Bürgern maximale Freiheit garantieren, unterschiedliche<br />

Ideen zum Ausdruck zu bringen. Und<br />

• b) Diese Ideen dürfen nur mit Ideen und nicht mit Gewalt bekämpft werden.<br />

Ferner glaube ich nicht, dass Redefreiheit auch für Hassbotschaften, die Anstiftung zur Gewalt und für<br />

faschistische Ideen gelten muss, die ja in sich bereits jede Redefreiheit ausschließen.<br />

Einige Formen von Staaten, die auf islamischen Werten und nicht auf der buchstabengetreuen Auslegung<br />

eines vierzehn Jahrhunderte alten Gesetzes basieren, könnten durchaus mit unseren derzeitigen Vorstellungen<br />

von Demokratie kompatibel sein. Dennoch habe ich persönlich niemals die Idee eines islamischen<br />

Staates unterstützt, in dem religiöse Identität und Theologie benutzt oder dahingehend manipuliert<br />

werden, eine Gesellschaft auf eine Weise zu strukturieren, die im Gegensatz zu den demokratischen<br />

Prinzipien und den Menschenrechten für alle Menschen steht, unabhängig von Rasse, Religion, ethnischer<br />

Zugehörigkeit oder Geschlecht.<br />

Ich habe nichts für einen Staat übrig, der ausdrücklich für eine bestimmte religiöse oder ethnische<br />

Gemeinschaft gegründet wurde. Es ist mir gleichgültig, wie ein solcher Staat genannt wird oder auf<br />

welcher historischen Basis seine Gründung beruht. Ich bin überzeugt, dass ein solcher Staat unfehlbar<br />

auf eine Diskriminierung des Teils seiner Bürger zurückgreifen muss, der nicht in das geltende religiöse<br />

oder ethnische Schema passt, um seine exklusivistische, religiöse, rassische oder ethnische Identität zu<br />

bewahren. Meiner Ansicht nach muss das zumindest zu einer gesellschaftlichen und rechtlichen Diskriminierung<br />

von religiösen oder ethnischen Minderheiten führen und kann in ethnischen Säuberungen<br />

kulminieren. Das schändlichste Beispiel für Letzteres in der modernen Geschichte ist der Holocaust der<br />

Nazis. Ich lade Sie ein, einen drei Jahre alten, von mir verfassten Artikel in einer Südafrikanischen Zeitung<br />

mit dem Titel zu lesen „Wenn die Juden verschwinden, verschwinden auch wir.“ Meine Ansichten<br />

haben sich seither um nichts geändert.<br />

http://www.iol.co.za/dailynews/opinion/the-dangers-of-ignoring-the-holocaust-lessons-1460188


Über das Existenzrecht Israels<br />

Es ist eine Schande, dass meine vorstehend beschriebenen Ansichten gezielt dahingehend missinterpretiert<br />

werden, dass ich angeblich zur Vernichtung eines bestimmten Staates aufrufe. Diese Anschuldigung<br />

ist Bestandteil eines kalkulierten Versuchs, in unverschämter Weise den Begriff „Antisemitismus“ als<br />

„Anti-Israelisch“ umzudefinieren. (Übrigens vertraten und vertreten in Vergangenheit und Gegenwart –<br />

beispielsweise einige Personen in Trumps Regierung – antisemitische Ansichten, unterstützen, jedoch<br />

den Staat Israel und werden von der Pro-Israel-Lobby wegen dieser unkritischen Unterstützung Israels<br />

nicht für ihren Antisemitismus kritisiert.)<br />

Erstens lehne ich die Vorstellung ab, dass irgendein spezielles Land in unhistorischer Weise besonders<br />

„gesegnet“ oder „bevorzugt“ sein soll. Ich halte die Vorstellung für vollkommen bizarr, dass Gott ein<br />

bestimmtes Land mit besonderer Liebe betrachtet und ein anderes Land auf der anderen Seite eines<br />

Flusses, einer Eisenbahnlinie, eines Gebirges, einer Mauer oder sonst einer imaginären Linie, die in der<br />

Hauptstadt irgendeines mächtigen Landes gezogen wurde, ganz anders beurteilt.<br />

Patriotismus hin oder her, die kalte historische Tatsache ist, dass Staaten kommen und gehen. Sie werden<br />

gestaltet und umgestaltet. Das Dritte Reich, das tausend Jahre alt werden sollte, ist verschwunden.<br />

Die verzweifelten Sehnsüchte der Menschen, ihre persönliche Bindung, ihre religiöse Überzeugung oder<br />

kindischer Patriotismus hat nichts mit der historischen Wahrheit zu tun.<br />

„Ewig“ ist kein Konzept, das ich auf irgendeine sozial oder politisch geschaffene Entität wie einen Staat<br />

anwenden kann. Wenn andere ihre persönliche oder politische Geschichte mit einer unhistorischen Entität<br />

– die gewöhnlich als Gott bezeichnet wird – durcheinanderbringen oder aufwerten wollen, dann ist<br />

das ihre Sache. Es ist aber ziemlich dumm, von mir zu erwarten, dass ich das ebenfalls glauben soll. Und<br />

es ist grausam und unmenschlich, von anderen zu erwarten, dass sie den Preis dafür bezahlen sollen.<br />

Im Übrigen bin ich nicht nur Muslim, ich bin auch Internationalist. Es gab nur einen einzigen Moment,<br />

in dem ich stolz auf die Fahne meines eigenen Landes war: der Augenblick um Mitternacht vom 26. zum<br />

27. April 1994, als die Fahne des Südafrika der Apartheid eingeholt und die Fahne eines neuen, demokratischen,<br />

nicht rassistischen und nicht sexistischen ungeteilten Landes aufgezogen wurde.<br />

Was die heute bestehenden Staaten betrifft, so akzeptiere ich ihre Existenz als historische und politische<br />

Tatsache, wobei ich mir in vollem Umfang dessen bewusst bin (ohne eine feste Meinung dazu zu<br />

haben), dass ihre Grenzen auf die gleiche Weise von der Landkarte gestrichen werden können, wie sie<br />

konstruiert wurden. Ich weigere mich, dem Druck nachzugeben, dass ich das Existenzrecht irgendeines<br />

Staates anerkennen muss. Einige Ideologen – von denen manche von ihrer Religiosität, andere von ihrem<br />

Nationalismus und wieder andere von ihre eigenen nationalen Geschichte, ihrer Scham oder ihrer<br />

Politik dazu getrieben werden – bestehen darauf, das Bekenntnis zu Israels Existenzrecht zum Lackmustest<br />

der Zivilisation zu erheben. Diese Meinung vertrete ich nicht.<br />

Mein Lackmustest der Zivilisation basiert auf Gerechtigkeit. Er basiert nicht auf den Versprechungen<br />

eines bestimmten Gottes an eine spezielle Gruppe oder ein besonderes Volk – seien es die weißen Afrikaner<br />

während der Zeit der Apartheid in Südafrika, die Protestanten in Nordirland, die indischen Muslime<br />

vor der Teilung des Landes, die sich einen muslimischen Staat wünschten, der später „Pakistan“ genannt<br />

wurde (wörtlich „das Land der Reinen“ auf Urdu) oder auch Juden, die an das Versprochene Land<br />

nur für Juden im historischen Palästina glauben.<br />

Wenn man seinen Gott zum Immobilienmakler einer bestimmten Gemeinschaft reduziert, der Grundeigentum<br />

an seine Lieblingskinder verteilt, dann führt das zu außerordentlich chaotischen und hässlichen


Konsequenzen für andere Menschen – insbesondere dann, wenn diese und ihre Ahnen schon seit Tausenden<br />

von Jahren in diesem Land leben.<br />

Ich habe während meiner theologischen Ausbildung acht Jahre lang in einem solchen Land gelebt. Ich<br />

habe die Menschen dieses Landes ungeheuer geliebt – und mit aller Kraft gegen die soziale Unterdrückung<br />

angekämpft, der die Christen in diesem Land ausgesetzt sind.<br />

Meine Weigerung, die ethische Basis solcher Staaten anzuerkennen, bedeutet nicht, dass ich ihre Einwohner<br />

hasse oder dass ich das Völkerrecht missachte. Die ethischen, politischen und rechtlichen Dimensionen<br />

eines Nationalstaates abzulehnen bedeutet nicht, die Bürger dieses Staates als Menschen<br />

abzulehnen, die Anspruch auf die gleiche Behandlung, die gleichen Chancen und die gleichen Rechte<br />

haben wie alle anderen Menschen in jedem anderen Nationalstaat auch. Es bedeutet nur die Forderung<br />

nach einer Wiedergeburt eines solchen Nationalstaats, damit er sich in eine andere Richtung entwickelt,<br />

ebenso wie der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika ein Aufruf zu einem neuen Südafrika war, das<br />

auf demokratischen Prinzipien und den Menschenrechten basierte, und nicht ein Aufruf zur Zerstörung<br />

Südafrikas und seiner Menschen.<br />

Weil ich die Vorstellung ablehne, dass irgendeine Person inhärent böse sein soll, glaube ich, dass, ebenso<br />

wie ein männlicher Chauvinist durch eine gerechtere Beziehung zu anderen Frauen geheilt werden<br />

kann, auch ein rassistischer Staat verändert werden kann. Ebenso glaube ich, dass einige Teile meines<br />

sexistischen Selbst sterben müssen, damit ich wahrhaft menschlich werde. Dass ist keine Aufforderung<br />

an mich, Selbstmord zu begehen, und auch keine Einladung an andere, mich umzubringen.<br />

Über die Unterstützung des Terrorismus<br />

Ich komme von einem Kontinent, Afrika, der seine Freiheit und Befreiung – vom europäischen Kolonialismus,<br />

der seine Menschen terrorisierte – hauptsächlich durch etwas erreichte, was damals als „Terrorismus“<br />

bezeichnet wurde, aus einem Land, dessen Gründungsvater Nelson Mandela 27 Jahre im Gefängnis<br />

verbrachte. Er ging nicht ins Gefängnis, weil er Friedenskonzerte in einem Park oder Picknickausflüge<br />

für Sonntagsschulen organisiert hatte, sondern weil er für den bewaffneten Kampf ausgebildet war und<br />

einen solchen Kampf gegen das Apartheidregime führte. Praktischerweise wird heute vergessen, dass das<br />

Apartheidregime Mandela vor die Wahl gestellt hatte, zehn Jahre früher aus dem Gefängnis entlassen zu<br />

werden, sofern er sich verpflichtete, sich von jeder Gewaltanwendung zu distanzieren. Er entschloss<br />

sich, dies nicht zu tun. Tatsächlich stand Mandela noch vier Jahre nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis<br />

auf der Terroristenliste der USA – als er bereits Friedensnobelpreisträger und der beliebteste<br />

Großvater der Welt war.<br />

Mandela ist nicht der einzige, dessen Status als Terrorist sich veränderte. Beispiele hierfür sind Gerry<br />

Adams von der Irischen Republikanischen Armee, Menachem Begin und Ariel Scharon, um nur einige zu<br />

nennen. Erst kürzlich wurde bekanntgegeben, dass Gulbuddin Hikmatyar, ein afghanischer Warlord oder<br />

Staatsmann, (suchen Sie sich aus, was Sie für zutreffend halten) von der Terroristenliste der USA gestrichen<br />

wurde. Die Irgun und die Haganna waren zwei jüdische Organisationen, die einen Terrorkrieg gegen<br />

die Engländer in Palästina führten. Die Irgun war für die Bombenexplosion im King David Hotel am<br />

22. Juli 1946 verantwortlich, dem Zentralbüro der britischen Mandatsverwaltung, wobei 91 Menschen<br />

ums Leben kamen, darunter viele Diplomaten.<br />

Heute sind einige dieser Personen für manche Menschen zur Legende geworden, während sie für andere<br />

nach wie vor Terroristen sind. Manche, die in solchen Schlachten ums Leben kommen, werden als Kandidaten<br />

für die Hölle betrachtet, während andere als Märtyrer gelten. „Terrorismus“ ist immer ein vieldeu-


tiges Wort, und seine Bedeutung hängt ausschließlich davon ab, wann und von wem es benutzt wird<br />

und zu welchem politischen Zweck.<br />

Die Besuche Leila Khaleds in Südafrika schlagen jedes Mal hohe Wellen. Khaled, die der Volksfront für<br />

die Befreiung Palästinas angehört, wird vom Großteil der Bevölkerung immer noch als Freiheitskämpferin<br />

verehrt, und unzählige südafrikanische Mädchen wurden nach ihr benannt. Bei ihren Besuchen in Südafrika<br />

wird sie gewöhnlich von Kabinettsmitgliedern vom Flughafen abgeholt, und bei ihren öffentlichen<br />

Auftritten sitzen meistens irgendwelche Minister mit ihr auf der Bühne. (Auf dem einzigen Bild, auf<br />

dem ich hinter ihr stehe, das die Runde macht, steht Ministerin Ayanda Dlodlo neben ihr.) Selbst Großvater<br />

Mandela äußerte den Wunsch, sich mit ihr zu treffen und verlangte, mit ihr fotografiert zu werden.<br />

Hier sind zwei Fotos von drei Terroristen – von denen zwei Nobelpreisträger sind.<br />

http://ymlp.com/zKJiYw<br />

https://twitter.com/bdssouthafrica/status/409243321911885824<br />

Habe ich oder hat ein anderes Mitglied von <strong>BDS</strong>-Südafrika jemals Spendengelder für Leila Khaled oder<br />

irgendeine Organisation gesammelt, die von irgendjemandem als terroristisch eingestuft wurde? Nein!<br />

Befürworten wir gewaltsame Mittel zur Lösung politischer Probleme? Nein, das haben wir nie getan und<br />

tun es auch heute nicht!<br />

<strong>BDS</strong> ist eine gewaltfreie Menschenrechtsbewegung, deren Aufgabe es ist, Israels Verbrechen der Apartheid<br />

gegen das palästinensische Volk aufzudecken – gegen Muslime, Christen oder Menschen, die Anhänger<br />

irgendeiner anderen Religion oder gar keiner Religion sind.<br />

Für <strong>BDS</strong>-Südafrika ist Gewalt in jeder Form keine Möglichkeit, auf die wir zurückgreifen, um die brutale<br />

Besetzung des palästinensischen Volkes durch Israel zu beenden. Eben dies ist der Grund, warum wir die<br />

Menschen aufrufen, sich am friedlichen und gewaltlosen Boykott, dem Kapitalabzug und den Sanktionen<br />

gegen Israel zu beteiligen – nicht gegen das biblische Erez Israel und auch nicht gegen das jüdische<br />

Volk, sondern gegen den modernen Apartheidstaat Israel.<br />

In dem Land, aus dem ich komme, ist unsere Position weit verbreitet – es ist ein Land, das hart um<br />

seine Befreiung gekämpft hat und sich sehr genau erinnert, wer seine Verbündeten waren und welches<br />

die hartnäckigsten Verbündeten der Apartheid waren (zu denen auch der Staat Israel gehörte). Wir sind<br />

ein Volk, das Apartheid erkennt, wenn wir sie<br />

<strong>BDS</strong>-Südafrika und Gewalt<br />

Habe ich oder hat ein anderes Mitglied von <strong>BDS</strong>-Südafrika jemals Spendengelder für Leila Khaled oder<br />

irgendeine Organisation gesammelt, die von irgendjemandem als terroristisch eingestuft wurde? Nein!<br />

Befürworten wir gewaltsame Mittel zur Lösung politischer Probleme? Nein, das haben wir nie getan und<br />

tun es auch heute nicht!<br />

<strong>BDS</strong> ist eine gewaltfreie Menschenrechtsbewegung, deren Aufgabe es ist, Israels Verbrechen der Apartheid<br />

gegen das palästinensische Volk aufzudecken – gegen Muslime, Christen oder Menschen, die Anhänger<br />

irgendeiner anderen Religion oder gar keiner Religion sind.<br />

Für <strong>BDS</strong>-Südafrika ist Gewalt in jeder Form keine Möglichkeit, auf die wir zurückgreifen, um die brutale<br />

Besetzung des palästinensischen Volkes durch Israel zu beenden. Eben dies ist der Grund, warum wir die<br />

Menschen aufrufen, sich am friedlichen und gewaltlosen Boykott, dem Kapitalabzug und den Sanktionen<br />

gegen Israel zu beteiligen – nicht gegen das biblische Erez Israel und auch nicht gegen das jüdische<br />

Volk, sondern gegen den modernen Apartheidstaat Israel.


In dem Land, aus dem ich komme, ist unsere Position weit verbreitet – es ist ein Land, das hart um<br />

seine Befreiung gekämpft hat und sich sehr genau erinnert, wer seine Verbündeten waren und welches<br />

die hartnäckigsten Verbündeten der Apartheid waren (zu denen auch der Staat Israel gehörte). Wir sind<br />

ein Volk, das Apartheid erkennt, wenn wir sie sehen.<br />

Antisemitismus und der Kampf der Palästinenser um Gerechtigkeit<br />

Farid <strong>Esack</strong> (<strong>BDS</strong>-Südafrika)<br />

Hamburg, 11. Januar 2017<br />

Ich bin Religionswissenschaftler oder genauer gesagt Professor für islamische Studien. Ich habe akademische<br />

Positionen in Südafrika, Deutschland und den USA bekleidet und in der ganzen Welt Vorlesungen<br />

über Religion, den Islam und Politik gehalten.<br />

Ich habe aktiv am Kampf gegen die Apartheid teilgenommen und mich aus Prinzip ununterbrochen um<br />

Gendergerechtigkeit bemüht, als Umweltaktivist gewirkt und den Kampf gegen Rassismus sowie den<br />

Kampf der Palästinenser gegen die israelische Apartheid unterstützt.<br />

Ich und zahlreiche Aktivisten werden zunehmend bezichtigt, Antisemiten zu sein, wenn wir Vorträge<br />

zur Unterstützung des palästinensischen Kampfes und der internationalen <strong>BDS</strong>-Bewegung halten.<br />

(<strong>BDS</strong>: Boykott, Kapitalabzug und Sanktionen gegen Israel). Im vergangenen Jahr gerieten die Organisatoren<br />

meiner Vortragstour an verschiedenen französischen Universitäten unter immensen Druck, die<br />

Vorträge abzublasen. Ohne Erfolg. Aber die Unterstellung, Antisemit zu sein wurde neuerdings auch in<br />

Deutschland gegen mich erhoben.<br />

Die Anschuldigungen richten sich vorwiegend gegen die internationale <strong>BDS</strong>-Bewegung, genauer gesagt,<br />

gegen <strong>BDS</strong>-Südafrika (<strong>BDS</strong>-SA), denn aus der Art der Vorwürfe geht hervor, dass ich in meiner Eigenschaft<br />

als Vorstandsvorsitzender von <strong>BDS</strong>-SA des Antisemitismus bezichtigt werde. Die Anschuldigungen<br />

beinhalten die besonders erbitternde und vollkommen haltlose Behauptung, <strong>BDS</strong>-SA habe zur Ermordung<br />

von Juden aufgerufen.<br />

Diese Bezichtigungen erfolgen im Rahmen einer viele hundert Millionen Dollar teuren Operation der<br />

israelischen Regierung, die inszeniert wird, um dem, was für Unterstützer des Kampfes der Palästinenser<br />

um Gerechtigkeit möglich ist oder auch nur gedacht werden darf, möglichst enge Grenzen zu setzen. Die<br />

Logik dieser Bemühungen ist ganz einfach: überall da, wo betrübliche Ignoranz herrscht –auch an den<br />

Universitäten – für Kontroversen bezüglich jeder Unterstützung der Palästinenser zu sorgen, und den<br />

Verantwortlichen für die Verwaltung der Universitäten und allen Entitäten, die Räumlichkeiten für Solidaritätsveranstaltungen<br />

mit den Palästinensern zur Verfügung stellen, das Leben so schwer wie möglich<br />

zu machen. Verwaltungsangestellte wollen gewöhnlich nur in Ruhe ihr Leben leben und sind selten<br />

bereit, sich mit Kontroversen auseinanderzusetzen.<br />

Ich glaube keinen Augenblick lang, dass die Personen, die solche Anschuldigungen am lautstärksten<br />

verbreiten, diese selbst ernst nehmen. Sie wissen lediglich ihre Wirksamkeit als Mittel zu schätzen, um<br />

jede abweichende Meinung zu unterdrücken. Leider sind sie ebenso wie der Nazi-Mörder Joseph Goebbels<br />

davon überzeugt, dass man eine Lüge nur oft genug wiederholen muss, damit sie schließlich geglaubt<br />

wird. Dadurch bin ich zu meinem Bedauern wieder einmal gezwungen, die Sache richtig zu stellen,<br />

wobei ich jedoch gleichzeitig das Thema Vorurteil und Diskriminierung untersuche.<br />

Weder ich noch ein anderes Vorstandsmitglied von <strong>BDS</strong>-SA haben jemals irgendeine Erklärung abgegeben,<br />

die vernünftiger Weise als Antisemitismus interpretiert werden könnte. Unter Antisemitismus verstehe<br />

ich die Vorstellung, dass Bosheit oder irgendetwas Negatives für das jüdische Volk als ethnische


oder religiöse Gemeinschaft kennzeichnend ist, oder dass das jüdische Volk „inhärent“ irgendwelche<br />

Gruppeneigenschaften außerhalb eines historischen oder anderen Kontexts besitzt und/oder dass dem<br />

jüdischen Volk aufgrund seiner ethnischen oder religiösen Identität Schaden zugefügte werden muss.<br />

Mein Leben lang habe ich mich konsequent gegen jede Form von „Rassismus“ gewendet. Unter Rassismus<br />

verstehe ich sowohl das Vorurteil und die Art und Weise, wie dieses von den Mächtigen benutzt<br />

wird, als auch die Vorstellung, dass irgendein menschlicher Charakterzug oder eine gute oder schlechte<br />

Eigenschaft einer bestimmten Rasse oder ethnischen Gruppe zugeordnet werden kann, und die Tendenz<br />

der Mächtigen, dies für ihre Zwecke nutzbar zu machen. Tatsächlich vertrete ich die Meinung, dass bereits<br />

die Vorstellung von der Existenz bestimmter Rassen mit spezifischen Wesenszügen eine wissenschaftliche<br />

Absurdität und eine menschliche Erfindung ist.<br />

Rassismus kann verschiedene Formen annehmen – und in dem Ausmaß, in dem viele Juden (und andere)<br />

sich selbst als Rasse betrachten, kann die Ablehnung alles Jüdischen als Rassismus beschrieben werden.<br />

Diese Form des Rassismus war während eines großen Teils der Geschichte des Christentums besonders<br />

tief verwurzelt und abscheulich.<br />

Obwohl die antijüdische Gesinnung in muslimischen Gesellschaften niemals das barbarische Ausmaß<br />

erreichte wie in Europa, wo sie in der Ermordung von rund 6 Millionen Juden kulminierte, machten sich<br />

etliche muslimische Gesellschaften ebenfalls der antijüdischen Diskriminierung schuldig, und leider ist<br />

antijüdischer Rassismus unter Muslimen auch heute nicht ungewöhnlich. Als Muslim habe ich immer<br />

wieder mein Bedauern und meinen Ärger darüber zum Ausdruck gebracht, habe diesen Rassismus als<br />

Aktivist verurteilt und als Akademiker darüber geschrieben. Ferner habe ich eine Kampagne gegen muslimischen<br />

Antisemitismus initiiert.<br />

Wenn ein Volk – gleichgültig welches Volk – sich selbst aufgrund seines „Blutes“ oder seiner Hautfarbe<br />

besondere menschliche Charakteristika oder Verantwortlichkeiten zuschreibt, dann ist auch das eine<br />

Form von Rassismus.<br />

Bestimmten Menschen aufgrund ihrer Blutlinien bestimmte soziale Rollen zuzuschreiben oder Erwartungen<br />

an sie zu stellen, ist ebenfalls Rassismus. Beispiele dafür sind Slogans wie „ die Weißen sind dazu<br />

geschaffen, für die Schwarzen zu sorgen“, „Ostasiaten sind eine ‚Muster-Minorität‘“, „Alle Weißen sind<br />

Teufel“, „Die Iren sind dumm“ oder „Die Juden sind das auserwählte Volk“.<br />

Die Schrecknisse des Holocaust waren, ebenso wie andere Katastrophen der Menschheit, in einmaliger<br />

Weise entsetzlich. Aber eine Form des Rassismus – in diesem Fall den Antisemitismus – zu einer eigenen<br />

Klasse zu erheben, für den ein eigener, für Antisemiten reservierter Platz in der Hölle vorgesehen ist, ist<br />

in Wahrheit eine weitere Manifestation der privilegierten Stellung der Weißen. Ferner ist es ein Beispiel<br />

dafür, wie Europa seine spezifischen Ängste auf die ganze Welt projiziert. Wer ernsthaft besorgt über<br />

den Antisemitismus als Bestandteil seiner Opposition gegen jede Form von Rassismus ist, muss sich<br />

davor hüten, diese Form des Rassismus zu einem Verbrechen zu erheben, das schwerer wiegt als andere.<br />

Dies ist besonders relevant angesichts der Tatsache, dass die Juden in der heutigen Welt in ihrem täglichen<br />

Leben nicht die gleiche Diskriminierung erfahren wie beispielsweise schwarze Menschen und insbesondere<br />

afrikanische Amerikaner. Oder auch Muslime gegenwärtig in Südafrika, wo man ohne Weiteres<br />

behaupten könnte, dass Islamphobie wesentlich ausgeprägter ist als Antisemitismus. In anderen Ländern,<br />

insbesondere in Europa, ist die Islamphobie (und der anti-afrikanische Rassismus sowie der Glaube<br />

an die Überlegenheit der Weißen) wesentlich schlimmer. Alle Formen von Rassismus haben ihre Bedeutung,<br />

und jede muss entsprechend der Wirkung bewertet werden, die sie zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

in der Geschichte für ein Volk hat.


Manche Juden versuchen verzweifelt, den gegenwärtigen israelischen Staat zu einem Synonym der jüdischen<br />

Identität zu machen und diese Vorstellung zu einer strikten Form von Orthodoxie zu erklären .<br />

Kritik am Staat Israel bedeutet für sie Kritik an allen Juden. Sie „synonymisieren“ die beiden Begriffe<br />

(die Juden und den Staat Israel). Viele andere, darunter auch mache orthodoxen religiösen Juden und<br />

anti- oder nicht zionistische Juden wie Ruth First, Denis Goldberg, Ronnie Kasrils und in zunehmendem<br />

Maß jüngere Juden lehnen diese Synonymisierung ab. Diese Logik erinnert an die Behauptung des ISIS,<br />

dass jeder, der seine besondere Form des Islam nicht akzeptiert, ein Kafir, (arabisch für ‚Ketzer‘) oder<br />

ein Feind des Islam ist, der alle Muslime hasst. Diese Logik (Judaismus/Juden = der Staat Israel) zu<br />

akzeptieren, bedeutet, die vielen Juden auszuschließen, die mit dem Staat Israel nicht einverstanden<br />

sind (entweder mit der Idee eines jüdischen Staates oder der Vorstellung, dass dieser Staat kein Unrecht<br />

begehen kann).<br />

Israel und der politische Zionismus sind der Mechanismus, den viele Juden in aller Welt als sicherste<br />

Garantie für das Überleben des jüdischen Volkes sehen. Manche würden sogar behaupten, er sei „die<br />

einzige Möglichkeit, um zu überleben“. Selbst wenn man diese falsche Prämisse akzeptiert – und viele<br />

tun dies nicht – ist es ein eigenartiges europäisches Phänomen, ein anderes Volk, die Palästinenser, zu<br />

zwingen, einen hohen Preis– in Form von Leben, Würde und Land – für diese Vorstellung vom „Überleben“<br />

zu zahlen. Die politischen Zionisten – von denen viele Atheisten waren und sind – haben kein<br />

Problem damit, dieses politische Projekt mit der biblischen Vorstellung von Gottes Versprechen an das<br />

jüdische Volk zu verschmelzen, dem Konzept des gelobten Landes. Aber wie die Südafrikaner bezeugen<br />

können, haben Apartheid und Kolonialisierung nichts Biblisches oder Heiliges an sich.<br />

Einem Gemeinwesen steht es natürlich frei, an ein Versprechen Gottes zu glauben. Aber in einer Welt, in<br />

der es zahlreiche Gemeinschaften gibt, die alle ihre eigenen Götter und Vorstellungen von Gott und ihre<br />

eigenen heiligen Texte haben, führt dies notgedrungen zu unschönen Entwicklungen. Gegenwärtig besteht<br />

der einzige uns zur Verfügung stehende Mechanismus für Gespräche, die uns aus dem Chaos herausführen<br />

können, in den universellen Menschenrechten, dem Völkerrecht und der dialogischen Ethik.<br />

Die Tatsache, dass sowohl die staatlichen als auch die nicht-staatlichen Akteure regelmäßig auf nackte<br />

Gewalt zurückgreifen, um ohne Rücksicht auf diese ihren Willen durchzusetzen, macht sie nicht ungültig<br />

oder sinnlos – insbesondere nicht für die Menschen, denen es um Freiheit und Gerechtigkeit geht.<br />

<strong>BDS</strong> ist eine internationale Kampagne mit dem Ziel, Israel für seine zahlreichen Menschenrechteverletzungen<br />

gegen die Palästinenser zur Verantwortung zu ziehen. Sie hat sehr viel mit den Folgen des europäischen<br />

Antisemitismus für das palästinensische Volk zu tun, aber absolut nichts mit den Überzeugungen,<br />

die der langen und abscheulichen Geschichte des europäischen Antisemitismus zugrunde liegen.<br />

Leider ist die antijüdische Gesinnung in Europa unter der Oberfläche nach wie vor lebendig und aktiv.<br />

Und ich spreche hier vom „alten Europa“ und nicht von dem Europa der jüngsten – vorwiegend muslimischen<br />

– Immigranten.<br />

Die internationale <strong>BDS</strong>-Bewegung hat ihre Wurzeln und bezieht ihre Inspirationen aus der erfolgreichen<br />

Boykottbewegung im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika. In dieser Bewegung spielten Kirchen,<br />

Menschenrechtsorganisationen, Interessengruppen, Aktivisten und viele nicht kirchlich organisierte<br />

Menschen aus Deutschland, den Niederlanden, Irland, Großbritannien und den USA sowie Regierungen<br />

von Ländern wie Kuba, Tansania, Sambia, der Sowjetunion, Schweden , Algerien und andere eine bedeutende<br />

Rolle. Gegen die Apartheid zu sein machte einen zum Gegner der Vorherrschaft der Weißen in<br />

Südafrika. Es machte einen jedoch nicht zum Gegner Südafrikas und bedeutete auch nicht, dass man ein<br />

Gegner der Weißen war.


Ausgerechnet Südafrika in den sechziger und siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts mit Sanktionen<br />

zu belegen, bedeutete nicht, dass man die weißen Südafrikaner besonders hasste oder dass man<br />

nicht an Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit in anderen Zusammenhängen interessiert war. Es<br />

bedeutete lediglich, dass man, wenn man seinen Aktivismus ernst nahm, mit der Realität zu kämpfen<br />

hatte, dass der Tag nur 24 Stunden hat.<br />

Die Entscheidung, auf welche Manifestationen von Ungerechtigkeit sich einzelne Personen oder Gruppen<br />

konzentrieren wollen, ist ausschließlich ihre eigene Sache. Der Entschluss, sich gegen die Unterdrückung<br />

der Rohingya-Muslime in Burma zu engagieren, macht einen nicht zum Hasser der Burmesen und bedeutet<br />

auch nicht, dass man gegen das burmesische Volk, gegen Buddhisten oder gegen die burmesische<br />

Regierung mehr Ressentiments hegt als gegen andere Unterdrücker. Wenn man sich entscheidet, sich<br />

auf die Gerechtigkeit in der Beziehung zwischen den Geschlechtern zu konzentrieren statt sich für Black<br />

Lives Matter zu engagieren, bedeutet das nicht, dass man ein Feind aller Männer ist.<br />

<strong>BDS</strong>-Südafrika arbeitet mit Mitgliedern aller Gemeinschaftenn, einschließlich der jüdischen Gemeinschaft<br />

in Fragen der Gerechtigkeit und der Befreiung der Palästinenser zusammen. Sie ist Teil einer internationalen<br />

und gewaltfreien Bewegung für die Befreiung – ja, hauptsächlich die Befreiung der Palästinenser.<br />

Aber ebenso wie das Ende der Apartheid eine ernsthafte Möglichkeit für viele Weiße bedeutete, wirklich<br />

menschlich zu werden und sich von ihrem Rassismus zu befreien, und ebenso wie Gerechtigkeit für die<br />

Frauen die einzige Möglichkeit für die wahre Befreiung der Männer ist, so wird die Freiheit für die Palästinenser<br />

die Befreiung vieler Zionisten von ihrem rassistischen Denken und ihren Ängste vor den Palästinensern<br />

bedeuten.<br />

Diese Bewegung und ihre Vertreter als Antisemiten zu beschreiben ist weder korrekt noch im Interesse<br />

das Kampfes gegen Rassismus, Unterdrückung und Ungerechtigkeit.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!