Luxus zum Mieten
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Artotheken<br />
Ein trügerisch exklusiver Zug weht um die bildende Kunst.<br />
Wie oft wird sie als Element des exklusiven Lebens dar-<br />
gestellt, der nur gemeinsam mit anderen luxuriösen<br />
Umständen denkbar ist, mit einer schwer zu erlangen-<br />
den speziellen Kennerschaft – und nicht selten eher ungewohnten<br />
Situationen, wie sie Museen oder Auktionen bieten. Alles das sind<br />
sorgfältig gepflegte Vorurteile. Seit Jahrhunderten ist der tägliche<br />
Umgang mit Kunstwerken - beispielsweise auf öffentlichen Plätzen<br />
oder Kirchen - völlig normal, seit Jahrhunderten hängen in Wohn-<br />
zimmern nicht nur Reproduktionen an den Wänden, sondern<br />
durchaus auch gemalte Unikate oder Originalgrafik. Und wenn<br />
man von den spektakulären (und oft spekulativen) Verkaufspreisen<br />
einzelner Werke absieht, die durch die Nachrichten tickern, sind<br />
viele Kunstwerke durchaus erschwinglich, wenn man sie im Ver-<br />
hältnis mit einem teuren Urlaub oder einer Sonderausstattung fürs<br />
geliebte Gefährt oder einem Stadionabonnement berechnet: Ein<br />
wenig Leidenschaft ist ja oft im Spiel.<br />
SAISON<br />
Es geht durchaus auch noch mit weniger finanziellem Einsatz. Seit<br />
vielen Jahrzehnten gibt es Artotheken, die Kunstwerke verleihen –<br />
ähnlich wie Bibliotheken Bücher. Dafür wird in vielen Fällen eine<br />
kleine Gebühr fällig. So unterschiedlich die Artotheken auch ange-<br />
bunden sind – in Bibliotheken, Kunstvereinen,im Kulturamt oder<br />
als Initiative von Künstlern: sie alle bieten originale kleine Kunst-<br />
werke <strong>zum</strong> Mitnehmen und Wiederbringen an. Und alle setzen<br />
darauf, dass im Laufe der Jahre eine je individuelle Kennerschaft<br />
wächst: das Wissen um die Bilder, die einem gut tun, die einen for-<br />
dern und die einen auch weiterbringen können wie ein gutes Buch.<br />
Ob dann der Einblick in eine bestimmte Kunstszene oder Aktua-<br />
lität am Ende steht, ist zweitrangig: Kennerschaft richtet sich nicht<br />
zuletzt auf die eigene Person. Artotheken oder Graphotheken be-<br />
gleiten solche Prozesse und verstehen sich durchaus als Bildungs-<br />
institutionen.<br />
Ihr Publikum zeichnet sich durch Neugier auf Neues, Offenheit für<br />
ungewohnte Erfahrungen und den Sinn für einen ökonomischen<br />
Zugang <strong>zum</strong> Besonderen aus. Einmal auf den Geschmack gekom-<br />
men, bleiben sie oft lange dabei: Artotheken und Graphotheken<br />
bergen ein gewisses Suchtpotential. Der Zugang zu Artotheken ist<br />
einfach. Man findet sie und weitere Informationen über das Por-<br />
tal www.artothek.org. Aber der Weg zur Kunst auf Zeit erfordert<br />
nach wie vor, auch wirklich als Person hinzugehen und selbst aus-<br />
zusuchen: erst vor Ort wird – ganz im Gegensatz <strong>zum</strong> technischen<br />
Artikel aus einem Katalog - klar, wie die Werke im Detail und im<br />
Original aussehen. Und erfahrungsgemäß weiß man oft erst nach<br />
Monaten, wie weit der Weg mit so einem Kunstwerk für einen<br />
selbst wirklich führt.<br />
Miet24 Magazin • Ausgabe Februar 2012<br />
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