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Städtisches Aufgebot und „Söldnerwesen“ in der Zeit der ... - Tempus

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TEMPUS - <strong>Zeit</strong>enwandel 2011<br />

Städtefreiheit & Landesherrschaft<br />

Vom Ritter- zum Söldnerheer - Die <strong>Zeit</strong> <strong>der</strong> großen Fehden<br />

Seite 2 von 8<br />

Geschichts- & Medienagentur<br />

Ra<strong>in</strong>er Kasties M.A.<br />

2010, Mrz. 20<br />

a. Reiter<br />

Da die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gilden <strong>und</strong> großen Ämter die e<strong>in</strong>zigen waren, die über die nötigen f<strong>in</strong>anziellen <strong>und</strong><br />

logistischen Mittel verfügten sich Pferde zu halten, entzog <strong>der</strong>en Freikauf vom aktiven Wehrdienst den<br />

<strong>Aufgebot</strong>en die wichtigste taktische E<strong>in</strong>heit, die Reiteraufgebote. Zudem war es wg. <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />

schnellen E<strong>in</strong>satzbereitschaft den Städten unmöglich, e<strong>in</strong> aus borgern bestehendes, schnell e<strong>in</strong>setzbares<br />

Reiteraufgebot <strong>in</strong> ständiger Bereitschaft zu halten. Um Abhilfe zu schaffen, g<strong>in</strong>gen die Kommunen bereits<br />

seit Anfang des 14. Jh. dazu über, adlige Soldreiter aus <strong>der</strong> Region anzuheuern (s.u. 2.2).<br />

b. „Fußvolk“<br />

Beteiligten sich borger als Fußtruppen an e<strong>in</strong>er Ausjagd, rekrutierten sich diese überwiegend aus <strong>der</strong><br />

Schicht <strong>der</strong> vermögenslosen borger <strong>und</strong> <strong>der</strong> jungen Handwerker. Diese dienten dann aber lediglich als<br />

Schützen, für Schanzarbeiten u.a. logistische Tätigkeiten, nie als „Infanterie“. Ebenfalls mit auf Ausjagd<br />

g<strong>in</strong>gen Handwerker o<strong>der</strong> Dienstleister, die für die logistische Durchführung e<strong>in</strong>es Feldzuges benötigt<br />

wurden. Die Endabrechnungen <strong>der</strong> norddt. Städte (Neusser Krieg, Hildesheimer Fehde etc.) weisen regelmäßig<br />

als Posten die Teilnahme von Fuhr- <strong>und</strong> Zimmerleuten, Seilern, Bauarbeitern, des Stadtkochs<br />

<strong>und</strong> natürlich des ‚bussenmesters‘ aus. Ebenfalls bei Feldzügen s<strong>in</strong>d Vertreter des Rates belegt, denen die<br />

politische Verantwortung <strong>und</strong> die Verwaltung <strong>der</strong> Kriegskasse oblag, die aber nicht aktiv an Kämpfen<br />

teilnahmen. 9<br />

c. Schützen<br />

Geme<strong>in</strong> ist allen Städten <strong>der</strong> Trend, seit dem Ende des 14. Jh. eigene, aus haupt- <strong>und</strong> nebenberuflichen<br />

Schützen bestehende Schützenkorps aufzustellen, welche sich im Wesentlichen aus jungen Bürgersöhnen<br />

rekrutierten. Bestanden die Schützenkorps im 14. Jh. noch überwiegend aus borgern - d.h., es handelt sich<br />

um nebenberufliche Schützen - häufen sich im 15. Jh. die Anwerbungen von jungen Männern als fest<br />

besoldete Stadtschützen, die aus <strong>der</strong> Schicht <strong>der</strong> vermögenslosen borger o<strong>der</strong> <strong>in</strong>wohner rekrutiert wurden.<br />

10 Braunschweig bot z.B. die Möglichkeit <strong>der</strong> Ablösung <strong>der</strong> Schoßpflicht (Steuerpflicht) durch den<br />

Schützendienst.<br />

Zusätzlich zu den ‚Borgerschutten’ hatten die Städte ohneh<strong>in</strong> immer e<strong>in</strong>e gewisse Anzahl an besoldeten<br />

Fußschützen unter Vertrag – Tendenz im 15. Jh. steigend. 1421 waren es <strong>in</strong> Hildesheim 15, <strong>in</strong> Goslar<br />

13. 11 Hannover unterhielt bereits im letzten Viertel des 14. Jh. 80 Schützen, wovon die meisten aber wohl<br />

temporär für e<strong>in</strong>e Fehde geworbene Soldschützen gewesen se<strong>in</strong> müssen, denn für das 15. Jh. lassen sich<br />

nur rd. 40 dauerhafte Schützen nachweisen, die zur Bürgerschaft gehörten (Ratsschützen). Auch Osnabrück<br />

soll im 15. Jh. über e<strong>in</strong> 100 Mann starkes Schützenkorps verfügt haben 12 , wobei wahrsche<strong>in</strong>lich die<br />

Soldschützen mit e<strong>in</strong>gerechnet s<strong>in</strong>d. Braunschweig - immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Großstadt - hatte 1423 26 Schützen;<br />

<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Schützen aus <strong>der</strong> Bürgerschaft soll im 15. Jh. aber bei 1 Drittel <strong>der</strong> Bürgerschaft gelegen<br />

haben 13 . Köln h<strong>in</strong>gegen hatte <strong>in</strong> <strong>der</strong> 2. Hälfte des 15. Jh. nur 50 Schützen. 14<br />

Mit Aufkommen <strong>der</strong> Feuerwaffen ist vere<strong>in</strong>zelt auch e<strong>in</strong> verstärktes Interesse <strong>der</strong> städtischen Oberschicht<br />

an <strong>der</strong> neuen Technologie festzustellen, 15 welches sich aber auf die Teilnahme an den<br />

Schützenfesten <strong>und</strong> Turnieren beschränkte. 16 Angehörige <strong>der</strong> Oberschicht s<strong>in</strong>d nicht als Fußschützen<br />

belegt. Tatsächlich verfügten die Städte Ende des 14. Jh. nur über sehr wenige Bussenschutten. Meist<br />

wurden nur E<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> Zwei e<strong>in</strong>gestellt, die den Mitglie<strong>der</strong>n des Rates die Handhabung <strong>der</strong> neuen Technik<br />

zeigten. Die wehrpflichtigen Bürger – gerade aus den politisch unruhigen Ämtern – hielt man aus<br />

gutem Gr<strong>und</strong> von den neuen Schusswaffen fern, wie das Beispiel Braunschweig belegt. Die Frankfurter<br />

Elite h<strong>in</strong>gegen hatte e<strong>in</strong>en ausgeprägten Wi<strong>der</strong>willen gegen Feuerwaffen, auch dies nicht ohne Gr<strong>und</strong>. 17<br />

9<br />

Ratsmitglie<strong>der</strong> waren <strong>in</strong> aller Regel schon zu „betagt“, wie dass Beispiel des Gött<strong>in</strong>ger <strong>Aufgebot</strong>s von 1485 belegt.<br />

10<br />

Vermögenslos ist nicht gleichbedeutend mit arm. Im Gegenteil: Es bedeutet, dass dieser borger über das Bürgerrecht<br />

verfügte <strong>und</strong> das ‚borgergelt’ bezahlt hatte, im Weiteren aber e<strong>in</strong> zu ger<strong>in</strong>ges E<strong>in</strong>kommen hatte um steuerlich<br />

veranlagt zu werden.<br />

11<br />

KOBER, S. 70 f.<br />

12<br />

SCHMIDTCHEN, S. 293.<br />

13<br />

StA Braunschw., B II 5, Bd. 1, Bl. 10f; B IV 1, 36, Bl. 1 f.<br />

14<br />

WÜBBECKE, S. 69.<br />

15<br />

z.B. <strong>in</strong> Braunschweig.<br />

16<br />

Vgl. SACK, Schützenwesen, S. 189.<br />

17<br />

Vgl. ROMMEISS, S. 28.

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