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Städtisches Aufgebot und „Söldnerwesen“ in der Zeit der ... - Tempus

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TEMPUS - <strong>Zeit</strong>enwandel 2011<br />

Städtefreiheit & Landesherrschaft<br />

Vom Ritter- zum Söldnerheer - Die <strong>Zeit</strong> <strong>der</strong> großen Fehden<br />

Seite 1 von 8<br />

Geschichts- & Medienagentur<br />

Ra<strong>in</strong>er Kasties M.A.<br />

2010, Mrz. 20<br />

<strong>Städtisches</strong> <strong>Aufgebot</strong> <strong>und</strong> <strong>„Söldnerwesen“</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>der</strong> großen Fehden<br />

1 Die Zusammensetzung spätmittelalterlicher <strong>Aufgebot</strong>e bei „Ausjagden“<br />

Nach den im 13. Jh. festgelegten Bestimmungen des Wehrrechts war zwar die Teilnahme des borgers an<br />

auswärtigen Unternehmungen (‚uthjachten’ = Ausjagd) gr<strong>und</strong>sätzlich verpflichtend, im 14. <strong>und</strong> 15. Jh.<br />

reduzierte sich die Wehrpflicht aber auf die re<strong>in</strong>e Verteidigungsbereitschaft im Falle e<strong>in</strong>er Belagerung.<br />

Wurde <strong>der</strong> Wehrpflichtige zu auswärtigen Unternehmungen herangezogen, handelte es sich i.d.R. lediglich<br />

um die „Jagd nach Rechtsbrechern“ im näheren Umkreis <strong>der</strong> Stadt, sehr selten um die Teilnahme an<br />

Belagerungen <strong>und</strong> nie um regelrechte Feldzüge gegen Feudalheere.<br />

Aus wirtschaftlichen <strong>und</strong> Sicherheitserwägungen heraus stellten die Städte für auswärtige<br />

Unternehmungen nur ungern <strong>Aufgebot</strong>e aus den Ämtern <strong>und</strong> auch für die Kaufleute war e<strong>in</strong>e längere<br />

Abwesenheit nicht realisierbar. Seit Mitte des 14. Jh. lässt sich hier e<strong>in</strong>e soziale Differenzierung konstatieren.<br />

Kaufleute <strong>und</strong> Handwerksmeister nutzen zunehmend die Möglichkeit <strong>der</strong> Ersatzzahlungen um sich<br />

von Ausjagden freizukaufen.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Gr<strong>und</strong> für den Rückzug <strong>der</strong> borger aus dem aktiven Felddienst war die Gefährdung <strong>der</strong> eigenen<br />

Verteidigungsbereitschaft, wenn größere Teile <strong>der</strong> wehrpflichtigen Bevölkerung längerfristig abwesend<br />

gewesen wären. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e legten die Wehrstatuten genau fest, wie viele <strong>der</strong> Wehrpflichtigen<br />

des <strong>Aufgebot</strong>s die Verteidigungsbereitschaft <strong>der</strong> Stadt gewährleisten sollten. 1 Gött<strong>in</strong>gen fühlte<br />

sich Mitte 1485 nach Abzug se<strong>in</strong>es <strong>Aufgebot</strong>es so geschwächt, dass es sich beim Ma<strong>in</strong>zer Amtmann <strong>und</strong><br />

dem Rat <strong>der</strong> Stadt Du<strong>der</strong>stadt zusätzliche Bewaffnete auslieh. Oftmals wurden auch zusätzliche Söldnerkont<strong>in</strong>gente<br />

für die Sicherung <strong>der</strong> Stadt angeworben. 2<br />

Schon Mitte des 14. Jh. war man <strong>in</strong> den Städten des rhe<strong>in</strong>ischen B<strong>und</strong>es dazu übergegangen, den borgern<br />

die Teilnahme an Feldzügen sogar zu verbieten. Ähnliche Beschränkungen <strong>und</strong> Weisungen f<strong>in</strong>den<br />

sich auch <strong>in</strong> den nie<strong>der</strong>dt. Städten. 3 Die Städte legten auswärtige Unternehmungen zunehmend <strong>in</strong> die<br />

Hände von im Dienste <strong>der</strong> Stadt stehenden, dauerhaft o<strong>der</strong> temporär besoldeten Reitern, Fußknechten <strong>und</strong><br />

Schützen.<br />

Die Bestimmungen <strong>der</strong> Saten (Bündnisverträge) <strong>und</strong> die städtischen Abrechnungen zur Stellung von<br />

Mannschaften im Rahmen <strong>der</strong> Bündnisvere<strong>in</strong>barungen belegen, dass für konzertierte militärische Aktionen<br />

<strong>der</strong> norddt. Städte (Hilfeersuchen bedrohter Städte) gr<strong>und</strong>sätzlich nur adlige Soldreiter mit ihren<br />

berittenen Knechten abgestellt wurden. Das 300 Mann starke <strong>Aufgebot</strong> Lüneburgs im Hansekrieg 1425<br />

bestand überwiegend aus Söldnern 4 <strong>und</strong> auch zu den sog. „Reichsaufgeboten“ 5 entsendeten die Städte fast<br />

ausschließlich besoldete Reiter <strong>und</strong> Fußknechte. Braunschweig schickte im Neusser Krieg 1474/75 e<strong>in</strong><br />

<strong>Aufgebot</strong> von rd. 60 Mann, was nur aus Söldnern bestand. Das wesentlich größere Frankfurt a.M., das<br />

theoretisch bei 1863 Wehrpflichtigen 400 Mann stellen sollte, hatte erhebliche Schwierigkeiten, das <strong>Aufgebot</strong><br />

zusammenzubekommen <strong>und</strong> schickte e<strong>in</strong>e deutlich ger<strong>in</strong>gere Zahl. 6 Wehrpflichtige borger waren<br />

nicht dabei, wie die Berichte des Frankfurter Hauptmanns über die Diszipl<strong>in</strong>losigkeit <strong>der</strong> „Söldner“ <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong>en Desertation belegen. 7 Die Teilnahme von größeren Teilen <strong>der</strong> Bürgerschaft an e<strong>in</strong>em Feldzug, wie<br />

im Falle <strong>der</strong> Stadt Köln beim Entsatz nach Neuss 1475, blieb im Spätmittelalter die Ausnahme. 8<br />

1 STEENWEG, Wehr- <strong>und</strong> Wachwesen, S. 220.<br />

2 StA Gött., Kämmereireg. 1484/85, fol. 64 b, 76 a; StA Han., Kämmereireg. 1486.<br />

3 z.B. Braunschweig.<br />

4 SCHMIDTCHEN, Wehr- <strong>und</strong> Wachwesen <strong>der</strong> nds. Städte, S. 296.<br />

5 Begriff nicht zeitgenössisch son<strong>der</strong>n erst im 19. Jh. geprägt.<br />

6 Am 26.3.1475 wird die Zahl des Frankfurter <strong>Aufgebot</strong>s mit 231 Männern angegeben, darunter 26 Reiter <strong>und</strong> 167<br />

Fußknechte. ROMMEISS, S. 45.<br />

7 Die letztendliche Truppenstärke geht aus den Quellen nicht hervor, lag aber deutlich niedriger als angestrebt. Dies<br />

geht aus den zahlreichen Hilfeersuchen des Rates hervor. Vgl. dazu ausführlich Alexandra NUSSER, Der Neusser<br />

Krieg 1474/75 aus <strong>der</strong> Sicht des Frankfurter Rates, passim.<br />

8 WÜBBECKE, Militärwesen <strong>der</strong> Stadt Köln, S. 62. – Bei den Ausjagden im Neusser Krieg fehlten trotzdem die<br />

<strong>Aufgebot</strong>e <strong>der</strong> großen <strong>und</strong> politischen mächtigen Kölner Ämter (Woll-, Fleischer-, Bäcker- <strong>und</strong> Sarwörter).


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a. Reiter<br />

Da die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gilden <strong>und</strong> großen Ämter die e<strong>in</strong>zigen waren, die über die nötigen f<strong>in</strong>anziellen <strong>und</strong><br />

logistischen Mittel verfügten sich Pferde zu halten, entzog <strong>der</strong>en Freikauf vom aktiven Wehrdienst den<br />

<strong>Aufgebot</strong>en die wichtigste taktische E<strong>in</strong>heit, die Reiteraufgebote. Zudem war es wg. <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />

schnellen E<strong>in</strong>satzbereitschaft den Städten unmöglich, e<strong>in</strong> aus borgern bestehendes, schnell e<strong>in</strong>setzbares<br />

Reiteraufgebot <strong>in</strong> ständiger Bereitschaft zu halten. Um Abhilfe zu schaffen, g<strong>in</strong>gen die Kommunen bereits<br />

seit Anfang des 14. Jh. dazu über, adlige Soldreiter aus <strong>der</strong> Region anzuheuern (s.u. 2.2).<br />

b. „Fußvolk“<br />

Beteiligten sich borger als Fußtruppen an e<strong>in</strong>er Ausjagd, rekrutierten sich diese überwiegend aus <strong>der</strong><br />

Schicht <strong>der</strong> vermögenslosen borger <strong>und</strong> <strong>der</strong> jungen Handwerker. Diese dienten dann aber lediglich als<br />

Schützen, für Schanzarbeiten u.a. logistische Tätigkeiten, nie als „Infanterie“. Ebenfalls mit auf Ausjagd<br />

g<strong>in</strong>gen Handwerker o<strong>der</strong> Dienstleister, die für die logistische Durchführung e<strong>in</strong>es Feldzuges benötigt<br />

wurden. Die Endabrechnungen <strong>der</strong> norddt. Städte (Neusser Krieg, Hildesheimer Fehde etc.) weisen regelmäßig<br />

als Posten die Teilnahme von Fuhr- <strong>und</strong> Zimmerleuten, Seilern, Bauarbeitern, des Stadtkochs<br />

<strong>und</strong> natürlich des ‚bussenmesters‘ aus. Ebenfalls bei Feldzügen s<strong>in</strong>d Vertreter des Rates belegt, denen die<br />

politische Verantwortung <strong>und</strong> die Verwaltung <strong>der</strong> Kriegskasse oblag, die aber nicht aktiv an Kämpfen<br />

teilnahmen. 9<br />

c. Schützen<br />

Geme<strong>in</strong> ist allen Städten <strong>der</strong> Trend, seit dem Ende des 14. Jh. eigene, aus haupt- <strong>und</strong> nebenberuflichen<br />

Schützen bestehende Schützenkorps aufzustellen, welche sich im Wesentlichen aus jungen Bürgersöhnen<br />

rekrutierten. Bestanden die Schützenkorps im 14. Jh. noch überwiegend aus borgern - d.h., es handelt sich<br />

um nebenberufliche Schützen - häufen sich im 15. Jh. die Anwerbungen von jungen Männern als fest<br />

besoldete Stadtschützen, die aus <strong>der</strong> Schicht <strong>der</strong> vermögenslosen borger o<strong>der</strong> <strong>in</strong>wohner rekrutiert wurden.<br />

10 Braunschweig bot z.B. die Möglichkeit <strong>der</strong> Ablösung <strong>der</strong> Schoßpflicht (Steuerpflicht) durch den<br />

Schützendienst.<br />

Zusätzlich zu den ‚Borgerschutten’ hatten die Städte ohneh<strong>in</strong> immer e<strong>in</strong>e gewisse Anzahl an besoldeten<br />

Fußschützen unter Vertrag – Tendenz im 15. Jh. steigend. 1421 waren es <strong>in</strong> Hildesheim 15, <strong>in</strong> Goslar<br />

13. 11 Hannover unterhielt bereits im letzten Viertel des 14. Jh. 80 Schützen, wovon die meisten aber wohl<br />

temporär für e<strong>in</strong>e Fehde geworbene Soldschützen gewesen se<strong>in</strong> müssen, denn für das 15. Jh. lassen sich<br />

nur rd. 40 dauerhafte Schützen nachweisen, die zur Bürgerschaft gehörten (Ratsschützen). Auch Osnabrück<br />

soll im 15. Jh. über e<strong>in</strong> 100 Mann starkes Schützenkorps verfügt haben 12 , wobei wahrsche<strong>in</strong>lich die<br />

Soldschützen mit e<strong>in</strong>gerechnet s<strong>in</strong>d. Braunschweig - immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Großstadt - hatte 1423 26 Schützen;<br />

<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Schützen aus <strong>der</strong> Bürgerschaft soll im 15. Jh. aber bei 1 Drittel <strong>der</strong> Bürgerschaft gelegen<br />

haben 13 . Köln h<strong>in</strong>gegen hatte <strong>in</strong> <strong>der</strong> 2. Hälfte des 15. Jh. nur 50 Schützen. 14<br />

Mit Aufkommen <strong>der</strong> Feuerwaffen ist vere<strong>in</strong>zelt auch e<strong>in</strong> verstärktes Interesse <strong>der</strong> städtischen Oberschicht<br />

an <strong>der</strong> neuen Technologie festzustellen, 15 welches sich aber auf die Teilnahme an den<br />

Schützenfesten <strong>und</strong> Turnieren beschränkte. 16 Angehörige <strong>der</strong> Oberschicht s<strong>in</strong>d nicht als Fußschützen<br />

belegt. Tatsächlich verfügten die Städte Ende des 14. Jh. nur über sehr wenige Bussenschutten. Meist<br />

wurden nur E<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> Zwei e<strong>in</strong>gestellt, die den Mitglie<strong>der</strong>n des Rates die Handhabung <strong>der</strong> neuen Technik<br />

zeigten. Die wehrpflichtigen Bürger – gerade aus den politisch unruhigen Ämtern – hielt man aus<br />

gutem Gr<strong>und</strong> von den neuen Schusswaffen fern, wie das Beispiel Braunschweig belegt. Die Frankfurter<br />

Elite h<strong>in</strong>gegen hatte e<strong>in</strong>en ausgeprägten Wi<strong>der</strong>willen gegen Feuerwaffen, auch dies nicht ohne Gr<strong>und</strong>. 17<br />

9<br />

Ratsmitglie<strong>der</strong> waren <strong>in</strong> aller Regel schon zu „betagt“, wie dass Beispiel des Gött<strong>in</strong>ger <strong>Aufgebot</strong>s von 1485 belegt.<br />

10<br />

Vermögenslos ist nicht gleichbedeutend mit arm. Im Gegenteil: Es bedeutet, dass dieser borger über das Bürgerrecht<br />

verfügte <strong>und</strong> das ‚borgergelt’ bezahlt hatte, im Weiteren aber e<strong>in</strong> zu ger<strong>in</strong>ges E<strong>in</strong>kommen hatte um steuerlich<br />

veranlagt zu werden.<br />

11<br />

KOBER, S. 70 f.<br />

12<br />

SCHMIDTCHEN, S. 293.<br />

13<br />

StA Braunschw., B II 5, Bd. 1, Bl. 10f; B IV 1, 36, Bl. 1 f.<br />

14<br />

WÜBBECKE, S. 69.<br />

15<br />

z.B. <strong>in</strong> Braunschweig.<br />

16<br />

Vgl. SACK, Schützenwesen, S. 189.<br />

17<br />

Vgl. ROMMEISS, S. 28.


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Die Stadtabrechnungen geben detailliert Auskunft über Aufgaben, Ausstattung, Bekleidung <strong>und</strong> Bezahlung<br />

<strong>der</strong> Stadtschützen. In erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>gesetzt wurden Schützen zu Wachdiensten, als Geleitschutz für<br />

die Räte auf Reisen <strong>und</strong> für Kaufmannszüge <strong>und</strong> natürlich für die direkte Verteidigung <strong>der</strong> Stadt. Möglich<br />

war auch die Teilnahme <strong>der</strong> Stadtschützen an auswärtigen Unternehmungen, wie Belagerungen. Hier ist<br />

das Problem, dass sich <strong>in</strong> diesen Fällen <strong>in</strong> den Abrechnungen die Stadtschützen nicht von den zusätzlich<br />

Geworbenen scheiden lassen. 18<br />

Gerüstet waren die Schützen gr<strong>und</strong>sätzlich mit Eisenhut <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Schlappe 19 , Armbrust <strong>und</strong> Kurzwehr<br />

(korde). Als Bekleidung kamen später <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Städten spezielle, <strong>in</strong> den Stadtfarben gehaltene Kogeln<br />

(Gugeln), Kapuzen o<strong>der</strong> Kappen (slappen) h<strong>in</strong>zu. 20 In Braunschweig wie auch an<strong>der</strong>en Städten gab es<br />

zwei Ausrüstungskategorien für die Schützen: Der „m<strong>in</strong>deste harnesch“ bestand Ende des 14. Jh. aus<br />

Jacke <strong>und</strong> Armbrust, <strong>der</strong> „meiste harnesch“ aus Jacke, Eisenhut <strong>und</strong> Kettenpanzer o<strong>der</strong> später auch e<strong>in</strong>er<br />

e<strong>in</strong>fachen Brustplatte. 21<br />

Organisiert waren die Stadtschützen im 15. Jh. <strong>in</strong> vielen Städten <strong>in</strong> Schützenbru<strong>der</strong> o<strong>der</strong> -gesellschaften.<br />

22<br />

d. Städtische Bewaffnung <strong>in</strong> den Abrechnungen<br />

Armbrüste:<br />

Bis <strong>in</strong> die 1480er Jahre Anschaffung <strong>und</strong> Reparatur fester Posten <strong>in</strong> den städtischen Abrechnungen; danach<br />

nur noch sporadisch. 23<br />

Pfeile: dito, wie Armbrüste.<br />

Beschlagene Keulen:<br />

Fester <strong>und</strong> häufig erwähnter Bestandteil bürgerlicher Bewaffnung, vgl. z.B. Wehrstatuten Soest 1446. 24<br />

Noch 1512 werden <strong>in</strong> Osnabrück 170 kusen tor were gekauft <strong>und</strong> mit Eisen beschlagen. 25<br />

Lanzen:<br />

Ausrüstung <strong>der</strong> berittenen Stadtknechte (Ausreiter), teilweise auch <strong>der</strong> Schützen. 26<br />

Spieße:<br />

Typisch bürgerliche Stangenwaffe (glev<strong>in</strong>ge, glevyngh, glevenvorer = Lanzenträger, glevenspet = langer<br />

Spieß), <strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er Spitzenlänge von ca. 25 cm <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Schaftlänge von etwa 200 bis 250 cm. 27<br />

Feuerwaffen:<br />

Schlangenbüchsen (slangenbussen), am häufigsten erwähnter Geschütztyp; Kartaunen (korttuwen), Viertelbüchsen,<br />

bis Ende des 15. belegt; Handbüchsen (hakelbussen); Luntenschlossbüchsen (knypbussen). 28<br />

Der häufige Ankauf von knypkarnen krude <strong>in</strong> deutet auf die Nutzung dieser fortschrittlichen Waffe h<strong>in</strong>. 29<br />

18<br />

z.B. im <strong>der</strong> Fall <strong>der</strong> 80 Schützen <strong>der</strong> Stadt Hannover Ende des 14 Jh. Diese wurden nachweislich 1387 <strong>in</strong> Schloss<br />

Rickl<strong>in</strong>gen, 1390 bei Schnakenburg <strong>und</strong> 1395 vor <strong>der</strong> Wilkenburg zur Unterstützung <strong>der</strong> herzogl. Truppen e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Vgl. StA Hann., Kämmereireg. 1387 ff.<br />

19<br />

Mnd. slappe. Geme<strong>in</strong>t ist, den Beschreibungen zufolge, die Panzerbrünne resp. Haube ohne Helm.<br />

20<br />

Vgl. Kämmereireg. Osnabrück, Hannover.<br />

21<br />

StA Braunschw., B II 5, Bd. 1, Bl. 10 ff. – Desgl. <strong>in</strong> Frankfurt a.M.: Der Harnisch <strong>der</strong> Schützen bestand im 14. Jh.<br />

aus R<strong>in</strong>gelpanzer, Haube <strong>und</strong> Armbrust. ROMMEISS, S. 15.<br />

22<br />

Die größte Stadt im Reich, Köln, hatte nie e<strong>in</strong>e Schützengesellschaft. WÜBBECKE, S. 68.<br />

23<br />

Vgl. Kämmereireg. Osnabrück, Hannover, Braunschweig, passim.<br />

24<br />

StA Soest, Bestand A, Nr. 10537a.<br />

25<br />

StA Osnabr., Kämmereireg. fol. 343v.<br />

26<br />

Vgl. z.B. StA Osnabr., Kämmereireg. fol. 59r.<br />

27<br />

Die "Helmbarte" dagegen war die Stangenwaffe des Fußvolkes im späten MA <strong>und</strong> gehörte entgegen <strong>der</strong> allg.<br />

Vorstellung nicht zur Gr<strong>und</strong>ausstattung des ma. Bürgers. Sie kam ab Ende des 15. Jh., teilweise sogar erst Ende des<br />

16. Jh. (Hannover 1590) <strong>in</strong> den Städten <strong>in</strong> Gebrauch <strong>und</strong> setzte sich nach Ausweis <strong>der</strong> Musterungsregister im Verlauf<br />

des 16. Jh. durch.<br />

28<br />

‚Knypbussen’ werden <strong>in</strong> den Quellen als Handfeuerwaffen beschrieben, die durch e<strong>in</strong>e Fe<strong>der</strong>ungsvorrichtung<br />

entzündet werden (LASCH, BORCHLING, KORDES, Bd. II, 17, Sp. 598). Abgeleitet von ‚knipen’, = klemmen,<br />

schnippen. E<strong>in</strong>e Feuerwaffe, die man mit <strong>der</strong> Hand abknippt/feuert. Belegt seit Mitte des 15. Jh, Vgl. DOLINEK, S.<br />

182.<br />

29<br />

Spezielles Zündkraut für Luntenschlosswaffen. Vgl. StA Osnabr., Kämmereireg, passim.


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Hieb- <strong>und</strong> Stichwaffen:<br />

Schwerter kommen <strong>in</strong> den städtischen Abrechnungen des 15. Jh. – im Gegensatz zum 14., wo sie vere<strong>in</strong>zelt<br />

als Waffe <strong>der</strong> Ratsherren erwähnt werden – nicht vor. Im 15. Jh. häuft sich die Nennung e<strong>in</strong>er Kurzwaffe,<br />

<strong>der</strong> ‚korde’. 30 Diese Art "großes Messer" ist die bevorzugte Blankwaffe <strong>der</strong> norddt. Stadt- <strong>und</strong><br />

Kriegsknechte, vergleichbar o<strong>der</strong> Vorgänger <strong>der</strong> Bauernwehr. Korden f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> großer Zahl <strong>in</strong> zahlreichen<br />

städtischen Lohnregistern, gehäuft <strong>in</strong> Kriegszeiten, immer ausdrücklich als Waffen <strong>der</strong> Knechte<br />

bezeichnet <strong>und</strong> zum Messer abgegrenzt. 31<br />

e. Harnisch<br />

Stadtrechnungen weisen auffällig wenig Posten für Harnischteile auf. In <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Rechnungen<br />

werden sie überhaupt nicht erwähnt – auch nicht <strong>in</strong> Kriegszeiten, wenn die Zahl aller an<strong>der</strong>en militärischen<br />

Posten sprunghaft anstieg – <strong>in</strong> manchen Abrechnungen nur e<strong>in</strong>malig <strong>und</strong> dann handelte es sich<br />

nicht um Harnische von borgern o<strong>der</strong> aus den städtischen Beständen. 32 Während <strong>und</strong> nach <strong>der</strong> großen<br />

Hildesheimer Fehde 1481-86 reparierte <strong>der</strong> Gött<strong>in</strong>ger Harnischfeger lediglich 4 harnische, <strong>in</strong> allen Fällen<br />

für die Knechte <strong>der</strong> beteiligten Soldritter. 33 , e<strong>in</strong> krevet wurde ersetzt, ebenfalls für e<strong>in</strong>en Knecht. 34 In<br />

Hannover ersche<strong>in</strong>t während <strong>der</strong> ganzen Fehde nur e<strong>in</strong> krevet, ebenfalls e<strong>in</strong>em Knecht gehörend <strong>und</strong> von<br />

sehr ger<strong>in</strong>gem Wert. 35<br />

Die städtischen Wehrstatuten <strong>der</strong> dt. Städte geben Auskünfte darüber, dass <strong>der</strong> harnesch <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Zusammensetzung <strong>und</strong> Qualität getragen wurde. Dazu gehörte im 14. Jh. je nach Vermögensklasse<br />

max. „Jacke, Kettenpanzer, Schlappe, Eisenhut, Brustplatte <strong>und</strong> Handschuhe“ (vuller harnesch) <strong>und</strong><br />

m<strong>in</strong>d. „Jacke, Eisenhut <strong>und</strong> Handschuhe“ (m<strong>in</strong>dester harnesch). 36 In <strong>der</strong> Regel legten alle Städte die<br />

gleichen Maßstäbe fest. Der wehrpflichtige borger sollte m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en R<strong>in</strong>gpanzer, e<strong>in</strong>en Eisenhut,<br />

e<strong>in</strong>e Armbrust <strong>und</strong> e<strong>in</strong> paar Handschuhe besitzen. 37 E<strong>in</strong> ähnliches Bild zeichnen die oberdt. Wehrstatuten.<br />

38<br />

Die Bestimmungen über die Harnischhaltung dürfen schon deshalb nicht überbewertet werden, da diese<br />

Ausrüstung nur zur Absolvierung des Wachdienstes diente. 39 Feldzüge <strong>und</strong> Belagerungen, an denen sich<br />

borger’ beteiligten, waren im 15. Jh. nur noch die Ausnahme (s. folgendes <strong>und</strong> unten 2.2).<br />

Die dt. Wehrstatuten zeigen <strong>in</strong> den Detailbeschreibungen <strong>der</strong> Ausrüstung gleichzeitig, dass <strong>der</strong> „bürgerliche“<br />

Harnisch fast 100 Jahre unverän<strong>der</strong>t blieb. Die Statuten hatten mehrheitlich über 200 Jahre<br />

unverän<strong>der</strong>t Bestand <strong>und</strong> wurden erst, wenn überhaupt, seit <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 15. Jh. überarbeitet<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> militärtechnologischen Entwicklung angepasst. ‚Pantzerrucke, krebs <strong>und</strong>e armegewandt‘ ersche<strong>in</strong>en<br />

erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> 2. Hälfte des 15. Jh. Dies ist <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie darauf zurückzuführen, dass Ausrüstung<br />

<strong>und</strong> Waffen weitervererbt wurden, e<strong>in</strong>e Pflicht zur Mo<strong>der</strong>nisierung gab es nicht. 40 E<strong>in</strong> weiterer Gr<strong>und</strong> für<br />

die Rückständigkeit <strong>der</strong> bürgerlichen Schutzbekleidung war, dass die Städte verstärkt auf Soldreiter <strong>und</strong> -<br />

knechte zurückgriffen. Die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Waffen wurde somit nach 1400 zunehmend überflüssig.<br />

30 Etymologisch abgeleitet vom mnd. 'körte' = Kürze.<br />

31 ‚Item 61/2 pt. den knechten vor korden, vor meste, vor scheden, dat one tobroken was (...im Kampf beschädigt).’<br />

StA Hann., Kämmereireg. 1480 passim.<br />

32 In Hannover wird e<strong>in</strong>mal <strong>der</strong> harnesch des Herzogs erwähnt, <strong>der</strong> wohl zur Reparatur abgegeben wurde. Alle<br />

an<strong>der</strong>en Nennungen von Harnischteilen (krevet, isenhut) beziehen sich ausschließlich auf die Ausrüstung <strong>der</strong> Soldknechte.<br />

33 ‚Pro laboribus an dem harnische de fromden soldener’ <strong>und</strong> ‚den Rustebergeschen knechten’. Vgl. StA Gött.,<br />

Kämmereireg. 1484/85, fol. 64. b,1; 76 a, 1 <strong>und</strong> 1485/86, fol. 106 a, r.<br />

34 Vgl. StA Gött., Kämmereireg. 1486/87, fol. 86 a, r.<br />

35 StA Hann., Kämmereireg. 1486.<br />

36 StA Braunschw., B II 5, Bd. 1, Bl. 10 ff.<br />

37 Gött<strong>in</strong>gen, Lübeck, Köln, Rostock, Soest, Nordhausen, Osnabrück, Lüneburg, Hildesheim, Goslar.<br />

38 Vgl. paradigmatisch die Wehrstatuten <strong>in</strong> Frankfurt, Nürnberg, Augsburg, München, Regensburg, Zürich, Bern,<br />

Basel, Straßburg.<br />

39 WÜBBECKE, S. 60 f.<br />

40 E<strong>in</strong> exemplarisches Beispiel aus Köln: Gerard Schymmelpennynck vermachte 1474 dem Heilig-Geist-Spital se<strong>in</strong>e<br />

beiden Rüstungen <strong>und</strong> unterschied dabei ausdrücklich zwischen <strong>der</strong> alten, ererbten Rüstung – dem<br />

‚koppeleynenpantzer’ (= Kettenhemd) <strong>und</strong> dem ‚blechharnesch’, mit dem ‚krefftz’ (=Krebs). KUSKE, Bd. 3, No.<br />

219.


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2010, Mrz. 20<br />

f. Größe <strong>und</strong> Zusammensetzung bürgerlicher <strong>Aufgebot</strong>e<br />

Am Beispiel Gött<strong>in</strong>gen lässt sich paradigmatisch die tatsächliche Größe <strong>und</strong> Zusammensetzung e<strong>in</strong>es<br />

städtischen <strong>Aufgebot</strong>s im Rahmen <strong>der</strong> großen Fehde darlegen:<br />

Theoretisch wurden Anfang Okt. 1485 <strong>in</strong> <strong>der</strong> rd. 5000 Ew. zählenden Stadt 746 Mann zum <strong>Aufgebot</strong><br />

aufgerufen. 41 Die Statuten sahen vor, dass e<strong>in</strong> Drittel davon zur Verteidigung <strong>der</strong> Stadt zurück bleiben<br />

sollte. Damit hätte das <strong>Aufgebot</strong> <strong>der</strong> borger bei rd. 500 Mann gelegen.<br />

Der 54 Reiter zählende Trupp, den Gött<strong>in</strong>gen Anfang Sept. 1485 dann tatsächlich als Entsatz zum B<strong>und</strong>esheer<br />

nach Braunschweig <strong>und</strong> Hildesheim schickte <strong>und</strong> <strong>der</strong> an den weiteren Aktionen des B<strong>und</strong>esheeres<br />

beteiligt war, bestand aus dem Stadthauptmann Dethmar von Adelebsen mit e<strong>in</strong>er Gruppe berittener<br />

Stadtknechte sowie 29 adligen Soldreitern mit Gefolge. An „Bürgerlichen“ wurden sie lediglich begleitet<br />

von drei recht betagten Ratsherren. Fußknechte waren, wie oben schon erwähnt, nicht dabei.<br />

Tatsächlich wurde die Mannzahl von 500 während <strong>der</strong> Fehde nur e<strong>in</strong>mal erreicht, als es Mitte 1486 gegen<br />

das vor <strong>der</strong> Haustür gelegene Nörten g<strong>in</strong>g. Alle an<strong>der</strong>en Ausjagden wurden mit kle<strong>in</strong>erer Mannschaft<br />

mit den besoldeten adligen Reitern <strong>und</strong> Fußschützen durchgeführt. 42<br />

Das <strong>Aufgebot</strong> des größeren Braunschweig – mit deutlich über 10.000 Ew. Großstadt wie Frankfurt a.M.<br />

– umfasste bei rd. 1020 theoretisch Wehrpflichtigen im 15 Jh. bei Ausjagden nicht mehr als max. 150-200<br />

Mann, wovon den größten Teil ebenfalls Söldner stellten. 43 Zum Vergleich: Der Beitrag <strong>der</strong> Reichsstadt<br />

Frankfurt nach Neuss 1474/75 bestand aus lediglich max. 231 Mann, ausschließlich nur aus Söldnern<br />

bestehend. 44<br />

2. Spätmittelalterliches Söldnerwesen <strong>und</strong> Stadt<br />

2.1 Exkurs: Entstehung des „Söldnerwesens“ <strong>in</strong> Deutschland<br />

Nach e<strong>in</strong>em ersten Auftreten <strong>in</strong> Westeuropa <strong>und</strong> dem Reich im 11. <strong>und</strong> 12. Jh. kam das Phänomen des<br />

Söldnerwesens im 13. Jh. wie<strong>der</strong> zum Erliegen. Während es <strong>in</strong> West- <strong>und</strong> Südeuropa seit dem 14. Jh. zur<br />

erneuten <strong>und</strong> festen Ausbildung e<strong>in</strong>es ständigen Söldnerwesens kommt, bleibt diese Entwicklung im<br />

Reich aus. 45<br />

Bei den, von den Städten seit Anfang des 14. Jh. angeworbenen Söldner muss differenziert werden. Im<br />

14. Jh. handelt es sich dabei i.d.R. um Adlige mit ihren Gefolgsleuten, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gleve organisiert waren<br />

<strong>und</strong> die <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>deutschland mehrheitlich immer aus e<strong>in</strong>em "Herren" (Ritter, Knappe), zwei berittenen<br />

Knechten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Jungen bestand. 46 Diese stellen auch im 15. Jh. noch das Gros <strong>der</strong> städtischen<br />

Soldtruppen.<br />

Im 15. Jh. kommt es zu e<strong>in</strong>er Professionalisierung des „Söldnermarktes“, vornehmlich durch die böhmischen<br />

Söldner. Bei diesen handelte es sich um freigesetzte hussitische Kämpfer, die nach <strong>der</strong> Zurückdrängung<br />

des Hussitentums sich <strong>in</strong> nach Tausenden zählenden Söldnerheeren sammelten <strong>und</strong> <strong>in</strong> den nächsten<br />

Jahrzehnten vor allem von Landesfürsten <strong>in</strong> Dienst genommen wurden, die sie z.B. bei <strong>der</strong> Restitution<br />

ihrer Territorialansprüche gegen die Kommunen e<strong>in</strong>setzten. 47 Zwischen dem Phänomen des böhmischen<br />

Söldnerwesens <strong>und</strong> dem frühneuzeitlichen gibt es ke<strong>in</strong>e Kont<strong>in</strong>uität. Letzteres nahm erst <strong>in</strong> den<br />

Schweizerkriegen se<strong>in</strong>en Anfang, während die Böhmen Anfang des 16. Jh. verschwanden.<br />

Aber auch die Städte bedienten sich bezüglich <strong>der</strong> Fußknechte <strong>und</strong> -schützen zunehmend bei den Böhmen,<br />

z.B. während er sog. „Großen Fehden“ <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen <strong>in</strong> <strong>der</strong> 2. Hälfte des 15. Jh.s.<br />

41<br />

StA Gött., Ord<strong>in</strong>atio to bestellen de bolwercke, AB Ms. 1.9.<br />

42<br />

NEITZERT, S. 87.<br />

43<br />

Vgl. SAUERBREY, S. 109, 111.<br />

44<br />

Stand vom 26.3.1475, ROMMEISS. S. 45; NUSSER, passim.<br />

45<br />

CONTAMINE, LMA, Sp. 2031 f.<br />

46<br />

Vgl. z.B. die Bestimmungen <strong>der</strong> Tohopesate von 1423 über Größe <strong>und</strong> Zusammensetzung e<strong>in</strong>er Gleve, Statutenbuch,<br />

StA Han. NAB 8224, 88, Buch 1/101. Dito die Verträge mit Soldrittern <strong>in</strong> Hannover, StA Hann., Ratsdenkebücher,<br />

passim sowie <strong>in</strong> Braunschweig, StA Braunschw. B I 2, Bd. 4, S. 143; A I 1, 1202; B I 2, Bd. 7, S. 108, 105,<br />

194. – Dito <strong>in</strong> Schwaben, wo e<strong>in</strong>e Gleve ebenfalls aus 4 Pferden bestand. MENTHEIM, S. 48.<br />

47<br />

z.B. <strong>in</strong> Österreich 1440-62, im Preußischen Krieg 1454-71, <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Westfalen 1447 (Soest) <strong>und</strong> im<br />

Landshuter Erbfolgekrieg 1504.


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2.2 Soldritter <strong>und</strong> Fußknechte<br />

a. Reiter/Soldritter<br />

Bezüglich <strong>der</strong> besoldeten Reiter wird <strong>in</strong> den Schriftquellen differenziert: „Reitende Knechte“ waren<br />

Stadtknechte die dauerhaft im Dienste <strong>der</strong> Stadträte standen <strong>und</strong> für Botendienste, als Geleitschutz 48 <strong>und</strong><br />

im Fehdefall e<strong>in</strong>gesetzt wurden (sog. ‚utry<strong>der</strong>e’ = Ausreiter). Bei diesen konnte es sich durchaus auch um<br />

adlige Reiter handeln. 49 Die Soldreiter stellten auch die Schutztruppe des Rates, weshalb ihre Zahl vielfach<br />

beschränkt wurde. 50<br />

Ke<strong>in</strong>e Stadt konnte es sich im 15. Jh. aber leisten, Fehden alle<strong>in</strong> mit dem Bürgeraufgebot <strong>und</strong> den fest<br />

angestellten berittenen Stadtknechten zu führen. 51 Hierfür war e<strong>in</strong>e schnell verfügbare, gut konditionierte<br />

Reitertruppe nötig. Bei den von den Städten zur Ausjagd gestellten Reitern handelte es sich nach Ausweis<br />

<strong>der</strong> Stadtrechnungen fast ausschließlich um Soldreiter, die von den Städten aus dem Landadel geworben<br />

wurden <strong>und</strong> die als ‚Sol<strong>der</strong>’ 52 <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> ‚Reisenere’ (Reisiger) 53 bezeichnet werden. In e<strong>in</strong>igen Städten<br />

<strong>und</strong> Regionen werden die Reiter auch „Diener“ genannt, ganz selten „Söldner“. 54<br />

Um die Reitertruppe bei Bedarf schnell mobilisieren zu können pflegten die Stadträte dauerhaft gute<br />

Beziehungen zum Umlandadel. Gr<strong>und</strong>lage war z.B. <strong>der</strong> ausnahmsweise gestattete Besitz von Gr<strong>und</strong>eigentum<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt (sog. „Ausbürger“) o<strong>der</strong> die B<strong>in</strong>dung durch längerfristige Verträge. Manche Städte<br />

zahlten den Adligen für die Abrufbereitschaft sogar e<strong>in</strong> regelrechtes „Wartegeld“ (Nürnberg).<br />

Die dt. Städte hatten e<strong>in</strong> Problem, denn <strong>der</strong> Adel des Umlandes war zum großen Teil gr<strong>und</strong>sätzlich dem<br />

jeweiligen Landes- o<strong>der</strong> Stadtherrn dienstrechtlich verpflichtet. Oft stellte das aber ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisgr<strong>und</strong><br />

dar. Die Interessen von Adel <strong>und</strong> borger waren oftmals ähnlich gelagert, da beide Gesellschaftsgruppen<br />

sich dem zunehmenden Druck seitens des Landesherrn ausgesetzt sahen.<br />

Im Notfall konnten die Städte bei <strong>der</strong> Rekrutierung auf benachbarte Herrschaftsgebiete ausweichen. Die<br />

dortigen Landesherren waren <strong>in</strong> aller Regel natürliche Verbündete, wenn es gegen den Nachbarn g<strong>in</strong>g.<br />

Gött<strong>in</strong>gen z.B. bediente sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hildesheimer Fehde des Adels <strong>der</strong> Landgrafschaft Hessens, <strong>der</strong> Grafschaft<br />

Pa<strong>der</strong>born <strong>und</strong> des Stiftes Pa<strong>der</strong>born. Deren Lehnsherren hatten i.d.R. ke<strong>in</strong>e Bedenken bezügl. des<br />

E<strong>in</strong>satzes ihres Dienstadels gegen fürstliche Standeskollegen, da sie sich davon Vorteile versprachen.<br />

b. Fußknechte<br />

Der mnd., mhd. <strong>und</strong> frühneuhd. Term<strong>in</strong>us ‚knecht’ steht militärhistorisch im Gegensatz zum „Ritter“. Er<br />

ist zeitgenössisch wertneutral <strong>und</strong> hielt sich bis <strong>in</strong> das frühe 16. Jh. als Synonym für „Fußsoldat“ (Fußknecht,<br />

Waffenknecht). Problematisch ist die Abgrenzung <strong>in</strong> den Quellen, da e<strong>in</strong>erseits ‚knape’ <strong>und</strong><br />

‚knecht’ die gleiche Bedeutung haben („<strong>in</strong> dienen<strong>der</strong> Stellung“) <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits Adlige wie<strong>der</strong>um immer<br />

seltener als „Ritter“, aber zunehmend als ‚knapen - <strong>und</strong> als ‚knechte’ (‚guden knechte’) bezeichnet werden.<br />

D.h., bei den <strong>in</strong> den Abrechungen erwähnten Knechten muss es sich nicht immer zwangsläufig um<br />

e<strong>in</strong>fache Reitknechte handeln. Oft s<strong>in</strong>d auch die „Knechte“ <strong>der</strong> adligen Soldreiter geme<strong>in</strong>t, also <strong>der</strong>en<br />

„Knappen“. Entscheidend ist <strong>der</strong> Textkontext.<br />

Fußvolk hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> mittelalterlichen Heeresgeschichte ke<strong>in</strong>e taktische Bedeutung. Die Umwandlung <strong>der</strong><br />

Fußknechte von e<strong>in</strong>er Hilfswaffe zum stark vermehrten, geschlossenen Haufen <strong>und</strong> taktischen Körper<br />

vollzieht sich erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Renaissance; erstmals tritt diese neue Formation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht von Gu<strong>in</strong>egate<br />

(7.08.1479) <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung. In <strong>der</strong> heeresgeschichtlichen Forschung wird dieser Vorgang als „Bildung<br />

e<strong>in</strong>er europäische Infanterie“ bezeichnet. 55<br />

48<br />

Frankfurt z.B. stellte im 14. <strong>und</strong> 15. Jh. zu den Messezeiten den Kaufleuten Berittene (<strong>und</strong> Schützen, s.u.) als<br />

Geleitschutz zur Verfügung. Deren Zahl schwankte zw. 37 bis 111 Berittenen. Vgl. StA Frankf., Rechnungsbücher;<br />

KRIEGK, S. 303-308, Anm. 182-191.<br />

49<br />

z.B. <strong>in</strong> Braunschweig. Vgl. SAUERBREY, S. 124.<br />

50<br />

Vgl. StA Hann., Ratsdenkebuch I <strong>und</strong> II.<br />

51<br />

Deren Zahl lag <strong>in</strong> Friedenszeiten zw. 1 (Hannover) <strong>und</strong> 8 bis 10 Gleven (Braunschweig).<br />

52<br />

Das neudt. „Söldner“ (mnd. soldener) bezeichnet im MA e<strong>in</strong>en stipendiarus.<br />

53<br />

Vom mnd. reise, reisen = Aufbruch zum Feldzug.<br />

54<br />

z.B. Frankfurt. Aber auch Landesherrn bezeichneten ihre „Söldner“ als „Diener“. Vgl. ORT, S. 30 f.<br />

55<br />

Paradigmatisch Hans DELBRÜCK, Geschichte <strong>der</strong> Kriegskunst im Rahmen <strong>der</strong> pol. Geschichte, Bd. 4, Berl<strong>in</strong><br />

1920, S. 3 ff; J. EHLERS, Die Wehrverfassung <strong>der</strong> Stadt Hamburg (Militärgeschichtl. Studien, hg. v. Militärgeschichtl.<br />

Forschungsamt), Boppard a.R., 1966, 201 f; E. v. FRAUENHOLZ, Entwicklungsgeschichte des dt. Heerwesens,<br />

Bd. 2/2 Das Heerwesen des Reiches, München 1937, a.a.O.


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Dementsprechend gibt es <strong>in</strong> den dt. Städten erst am Ende des 15. Jh. größere Kont<strong>in</strong>gente von Fußknechten.<br />

56 Im militärischen Konzept <strong>der</strong> Städte, welches ganz auf schnellen Zugriff <strong>und</strong> Beweglichkeit<br />

ausgerichtet war, spielten Fußsoldaten schon immer e<strong>in</strong>e nachgeordnete Rolle. 57 Generell mieden die<br />

Städte seit dem 13. Jh. offene Feldschlachten mit den gut gerüsteten <strong>und</strong> tra<strong>in</strong>ierten Feudalheeren <strong>der</strong><br />

Fürsten <strong>und</strong> auch die Anwerbung von Belagerungsheeren, <strong>der</strong>en Unterhalt sowie die Durchführung von<br />

Belagerungen lagen völlig außerhalb <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Möglichkeiten <strong>der</strong> Städte. An<strong>der</strong>sherum lässt sich<br />

nicht belegen, dass die Städte im Fehdefall bei <strong>der</strong> Infanterie auf die eigene Bevölkerung zurückgegriffen<br />

hätten. 58<br />

Die Städte hielten seit Mitte des 14. Jh. generell immer e<strong>in</strong>e gewisse Anzahl an Fußknechten <strong>in</strong> ihren<br />

Diensten. Diese wurden dann als sog. „laufende Knechte“ angeworben, die vornehmlich für Botendienste<br />

<strong>und</strong> als Geleitschutz e<strong>in</strong>gesetzt wurden. 59 E<strong>in</strong>sätze <strong>der</strong> Fußknechte <strong>in</strong> Feldschlachten s<strong>in</strong>d nicht belegt.<br />

Diese festbesoldeten Fußknechte übernahmen im 15. Jh. dann zunehmend die Aufgaben <strong>der</strong> borger, z.B.<br />

im Tor-, Mauer- <strong>und</strong> Wachdienst, bei Befestigungs- <strong>und</strong> Schanzarbeiten. 60<br />

Im Fehdefall wurden zusätzliche Fußknechte geworben, i.d.R. unter dem Befehl e<strong>in</strong>es Hauptmanns<br />

(‚gebrotete knechte’). Deren Anzahl hielt sich aber im Verhältnis zu den Soldreitern <strong>in</strong> niedrigen Rahmen.<br />

61 Der Hauptmann – auch das war nicht selten e<strong>in</strong> Adliger 62 – trug die Verantwortung <strong>und</strong> vertrat die<br />

Knechte nach außen.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Hildesheimer Fehde 1481-86 kamen nach den Stadtrechnungen <strong>der</strong> beteiligten Städte nur<br />

wenige Fußsoldaten zum E<strong>in</strong>satz. Gött<strong>in</strong>gen versuchte 100 böhmische Söldner zu werben, die Zahl wurde<br />

aber nie erreicht, 1485 standen lediglich 30 Fußknechte unter Vertrag. 63 Diese waren während <strong>der</strong> Kampfhandlungen<br />

nachweislich an<strong>der</strong>weitig beschäftigt: Sie wurden zum fraglichen <strong>Zeit</strong>punkt e<strong>in</strong>em Gött<strong>in</strong>ger<br />

Fernhandelstransport, <strong>der</strong> aus Deventer kam, nach Stadtoldendorf als Geleitschutz entgegengeschickt. 64<br />

Mitte 1486 hatte die Stadt ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Mann mehr unter Vertrag 65 <strong>und</strong> für den Zug nach Nörten wurden<br />

im Juli 1486 nochmals 39 Fußknechte geworben. 66 Hannover hatte 1486 zw. 32 bis 56 Knechte unter<br />

‚Mester Pawel’ (mutmaßlich böhmische Söldner) unter Vertrag, die als Bestandteil des hannoverschen<br />

Hilfsaufgebotes unter dem Stadthauptmann zu den Kampfplätzen gesandt wurden, aber auch lediglich<br />

zum Wachschieben auf die Landwehr geschickt wurden. 67 Braunschweig hatte sich zwar 1482 vertraglich<br />

verpflichtet 200 Fußknechte als Aushilfe zu stellen, <strong>in</strong> den entsprechenden Quellen zur Großen Fehde ist<br />

aber nur von Soldreitern die Rede. 68<br />

56<br />

WÜBBECKE, S. 71.<br />

57<br />

Die Annahme wird von zahlreichen E<strong>in</strong>zeluntersuchungen zum städtischen Wehrwesen auf Basis <strong>der</strong> städt.<br />

Bündnisverträge sowie <strong>der</strong> Kämmereirechnungen, <strong>in</strong> denen Fußknechte immer e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle spielen<br />

gestützt. Für die süddt. Städte vgl. die umfassende Untersuchung von Gerhard FOUQUET, Die F<strong>in</strong>anzierung von<br />

Krieg <strong>und</strong> Verteidigung <strong>in</strong> Oberdeutschen Städten des späten Mittelalters (1400-1500), <strong>in</strong>: Stadt <strong>und</strong> Krieg, hg. v.<br />

Bernhard Kirchgässner <strong>und</strong> Günter Scholz, 1989, S. 41-82. – Als Gegenbeispiel <strong>und</strong> expliziter Son<strong>der</strong>fall ist <strong>der</strong><br />

Entsatz nach Neuss, den die Stadt Köln stellte zu nennen. Hier zeigt sich erstmals die wachsende Bedeutung <strong>der</strong><br />

Fußtruppen, die <strong>in</strong> Köln vier Fünftel <strong>der</strong> Bewaffneten ausmachten. Vgl. WÜBBECKE, S. 214-216.<br />

58<br />

So zuletzt FOUQUET, S. 65, dessen Annahme aber auf Fehlberechnungen beruht. Dazu NEITZERT, S. 129.<br />

59<br />

Bsp. Frankfurt 1391: ‚6 g den lauffenden knechten, diese woch<strong>in</strong> <strong>in</strong> stede heimlicher botschaft zulaufen’. StA<br />

Frankf. Rechnungsbücher, Bl. 37 b. Die Aufgabenformulierung bleibt das 15. Jh. so def<strong>in</strong>iert. Die Reichsstadt setzte<br />

ihre Fußknechte auch im Geleitschutz e<strong>in</strong>, sofern es sich Fußschützen handelte. Deren Zahl schwankte zw. 16 <strong>und</strong><br />

91. Vgl. StA Frankf., Rechnungsbücher, KRIEGK, S. 303-308, Anm. 182-191.<br />

60<br />

Paradigmatisch Köln <strong>und</strong> Hannover. Vgl. WÜBBECKE, S. 62; StA Hann., Kämmereireg., passim.<br />

61<br />

StA Hann. Kämmereireg., NAB 7064, passim; StA Gött. Kämmereireg. 1484/85, passim.<br />

62<br />

Ungezählte Soldverträge gelegen das.<br />

63<br />

‚7,5 m 1 fert gegeven 31 foetknechten’, StA Gött., Kämmereireg., 1484/85, fol. 70 a.<br />

64<br />

StA Gött., Kämmereireg. 1484/85, fol. 76 a.<br />

65<br />

StA Gött., Kämmereireg. 1486/87, fol. 82 a.<br />

66<br />

StA Gött., Kämmereireg. 1486/87, fol. 104 a. - Wie ger<strong>in</strong>g <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Fußknechte an dem <strong>Aufgebot</strong> war zeigen<br />

die Endabrechnungen <strong>der</strong> Kämmerei: Für die Fußknechte <strong>in</strong>kl. Kost gab Gött<strong>in</strong>gen lediglich 312,5 Mark, 5,5<br />

Schill<strong>in</strong>g aus. Das war e<strong>in</strong> Drittel des Betrages, den alle<strong>in</strong> das Rauhfutter <strong>der</strong> Pferde kostete. Vgl. StA Gött., KR<br />

1487/88, fol. 61 b.<br />

67<br />

Vgl. StA Hann., Kämmereireg. 1486/87, passim.<br />

68<br />

SAUERBREY, S. 149.


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Wurden die <strong>in</strong> Fehdezeiten zusätzlich angeworbenen Fußknechte nicht zu Ausjagden <strong>und</strong> Belagerungen<br />

ausgesandt, setzte man sie für verschärfte Wachdienste, zur Sicherung <strong>der</strong> Befestigungsanlagen <strong>und</strong> als<br />

Geleitschutz e<strong>in</strong> <strong>und</strong> hielt sie für den direkten Verteidigungsfall <strong>in</strong> Bereitschaft.<br />

c. Fußschützen<br />

Bei <strong>der</strong> Anwerbung von Fußknechten beschränkten sich die Stadträte auf die effektivste Waffengattung,<br />

die „Schützen“. Dies spiegelt sich <strong>in</strong> den städtischen Soldverträgen wie<strong>der</strong>, die mehrheitlich die Komb<strong>in</strong>ation<br />

„1 Reiter“ plus „3 berittene Knechte“ o<strong>der</strong> „1 Reiter plus 1 berittenen Knecht plus 2 Schützen“<br />

aufweisen. 1430 trat <strong>der</strong> Ritter Godeken F<strong>in</strong>tze mit e<strong>in</strong>er Gleve <strong>in</strong> den Dienst Braunschweigs. Er musste<br />

sich verpflichten, im Notfall auch im Büchsenwerk zu dienen. 69<br />

Auch bei den, von den Städten für die aktive Fehdeführung zusätzlich geworbenen Fußknechten handelte<br />

es sich fast ausschließlich um Schützen, da nur diese Waffengattung bei <strong>der</strong> üblichen Fehdeführung<br />

– Wachdienste, Geleitschutz, Verteidigung, Belagerung – S<strong>in</strong>n machte.<br />

1421/22 stockte das Stift Hildesheim wg. e<strong>in</strong>er drohenden Fehde se<strong>in</strong> Schützenkont<strong>in</strong>gent von 14 auf 34<br />

Mann auf. Köln legte für den Entsatz nach Neuss 1474/75 <strong>in</strong> allen Soldverträgen ausdrücklich fest, dass<br />

die Fußknechte nur mit Handbüchsen <strong>und</strong> Armbrüsten ausgerüstet sei sollten. 70 Osnabrück schickte im<br />

15. Jh. gleich mehrere Schützenkont<strong>in</strong>gente zu Feldzügen; 1465 sowie 1474/75 nach Neuss entsandte die<br />

Stadt jeweils e<strong>in</strong> größeres <strong>Aufgebot</strong>, bestehend aus Stadtknechten <strong>und</strong> Schützen, über die Abrechnungen<br />

vorliegen. 71 Es handelte sich also um Soldschützen. Für e<strong>in</strong>en Zug Bernhards von Lippe stellte die Stadt<br />

1479 ebenfalls 56 Soldschützen zur Verfügung. 72 Weitere Ausgaben f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den Stadtrechnungen,<br />

so die Soldzahlungen für 100 Schützen im Jahre 1484. Für den Zug nach Ostnie<strong>der</strong>sachsen 1485/86 wurden<br />

wie<strong>der</strong>um 100 Schützen angeworben. 73<br />

d. Herkunft <strong>der</strong> Söldner<br />

Bei den oben erwähnten böhmischen Fußsöldnern handelte es sich überwiegend um Schützen, die mit<br />

sog. „Setzschilden“ (paveznici) <strong>und</strong> Schusswaffen ausgerüstet waren, was auf e<strong>in</strong>en spezialisierten E<strong>in</strong>satz<br />

im Belagerungskrieg h<strong>in</strong>deutet, weniger auf Feldschlachten. 74<br />

Schon 1447 standen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Soester Fehde fast ausschließlich Böhmen als Söldner <strong>in</strong> Diensten des Erzbischofs<br />

von Köln, während die Stadt auf adlige Soldritter zurückgriff. 75<br />

Gött<strong>in</strong>gen hatte 1484-86, wie erwähnt, rd. 30-39 Fußschützen unter Vertrag. Die Aufträge, mit denen<br />

die Werber ausgeschickt wurden, nennen explizit die Böhmen. Die Abrechnungen über Ausrüstung, Munitionierung<br />

<strong>und</strong> E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> hannoverschen Soldknechte sowie <strong>der</strong> Name ihres Hauptmanns (‚Mester Pawel’)<br />

belegen, dass es zum e<strong>in</strong>en fast ausschließlich Fußschützen waren <strong>und</strong> es sich zum zweiten ebenfalls<br />

um Böhmen gehandelt haben wird. 76<br />

© Entwürfe, Texte <strong>und</strong> Konzepte <strong>und</strong> sonstige von <strong>der</strong> Geschichts- & Medienagentur gestalteten Vorlagen unterliegen<br />

dem Urheberrechtsgesetz (UrhG § 2, Abs. 1). Sämtliche Schutz- <strong>und</strong> sonstige Nutzungsrechte liegen bei dem<br />

Verfasser. Jede – auch auszugsweise – Wie<strong>der</strong>gabe, Weitergabe o<strong>der</strong> Veröffentlichung über das Maß üblichen Zitierens<br />

h<strong>in</strong>aus o<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung bedarf <strong>der</strong> vorherigen Genehmigung.<br />

69<br />

StA Braunschw., B I 2, Bd. 3, S. 95.<br />

70<br />

Hist. Archiv Stadt Köln, Briefbuch 30, fol. 135, 1339 v, 140 etc.<br />

71<br />

Abrechnungsbelege bei STUVE, Der Zug <strong>der</strong> Osnabrücker nach Neuss, S. 165-180; Staatsarchiv Osnabrück, Dep.<br />

3 a, 1 VI, 174/1-9.<br />

72<br />

8 Pfennige pro Tag <strong>und</strong> Mann. Vgl. STUVE.<br />

73<br />

Abrechnungsbelege bei STUVE, Die braunschweigische Fehde, S. 30-41.<br />

74<br />

TRESP, S. 79.<br />

75<br />

Vgl. StA Soest, Bestand A, Quittungen 1441-48.<br />

76<br />

StA Hann. Kämmereireg. 1485/86, passim.

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