Städtisches Aufgebot und „Söldnerwesen“ in der Zeit der ... - Tempus
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TEMPUS - <strong>Zeit</strong>enwandel 2011<br />
Städtefreiheit & Landesherrschaft<br />
Vom Ritter- zum Söldnerheer - Die <strong>Zeit</strong> <strong>der</strong> großen Fehden<br />
Seite 4 von 8<br />
Geschichts- & Medienagentur<br />
Ra<strong>in</strong>er Kasties M.A.<br />
2010, Mrz. 20<br />
Hieb- <strong>und</strong> Stichwaffen:<br />
Schwerter kommen <strong>in</strong> den städtischen Abrechnungen des 15. Jh. – im Gegensatz zum 14., wo sie vere<strong>in</strong>zelt<br />
als Waffe <strong>der</strong> Ratsherren erwähnt werden – nicht vor. Im 15. Jh. häuft sich die Nennung e<strong>in</strong>er Kurzwaffe,<br />
<strong>der</strong> ‚korde’. 30 Diese Art "großes Messer" ist die bevorzugte Blankwaffe <strong>der</strong> norddt. Stadt- <strong>und</strong><br />
Kriegsknechte, vergleichbar o<strong>der</strong> Vorgänger <strong>der</strong> Bauernwehr. Korden f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> großer Zahl <strong>in</strong> zahlreichen<br />
städtischen Lohnregistern, gehäuft <strong>in</strong> Kriegszeiten, immer ausdrücklich als Waffen <strong>der</strong> Knechte<br />
bezeichnet <strong>und</strong> zum Messer abgegrenzt. 31<br />
e. Harnisch<br />
Stadtrechnungen weisen auffällig wenig Posten für Harnischteile auf. In <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Rechnungen<br />
werden sie überhaupt nicht erwähnt – auch nicht <strong>in</strong> Kriegszeiten, wenn die Zahl aller an<strong>der</strong>en militärischen<br />
Posten sprunghaft anstieg – <strong>in</strong> manchen Abrechnungen nur e<strong>in</strong>malig <strong>und</strong> dann handelte es sich<br />
nicht um Harnische von borgern o<strong>der</strong> aus den städtischen Beständen. 32 Während <strong>und</strong> nach <strong>der</strong> großen<br />
Hildesheimer Fehde 1481-86 reparierte <strong>der</strong> Gött<strong>in</strong>ger Harnischfeger lediglich 4 harnische, <strong>in</strong> allen Fällen<br />
für die Knechte <strong>der</strong> beteiligten Soldritter. 33 , e<strong>in</strong> krevet wurde ersetzt, ebenfalls für e<strong>in</strong>en Knecht. 34 In<br />
Hannover ersche<strong>in</strong>t während <strong>der</strong> ganzen Fehde nur e<strong>in</strong> krevet, ebenfalls e<strong>in</strong>em Knecht gehörend <strong>und</strong> von<br />
sehr ger<strong>in</strong>gem Wert. 35<br />
Die städtischen Wehrstatuten <strong>der</strong> dt. Städte geben Auskünfte darüber, dass <strong>der</strong> harnesch <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />
Zusammensetzung <strong>und</strong> Qualität getragen wurde. Dazu gehörte im 14. Jh. je nach Vermögensklasse<br />
max. „Jacke, Kettenpanzer, Schlappe, Eisenhut, Brustplatte <strong>und</strong> Handschuhe“ (vuller harnesch) <strong>und</strong><br />
m<strong>in</strong>d. „Jacke, Eisenhut <strong>und</strong> Handschuhe“ (m<strong>in</strong>dester harnesch). 36 In <strong>der</strong> Regel legten alle Städte die<br />
gleichen Maßstäbe fest. Der wehrpflichtige borger sollte m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en R<strong>in</strong>gpanzer, e<strong>in</strong>en Eisenhut,<br />
e<strong>in</strong>e Armbrust <strong>und</strong> e<strong>in</strong> paar Handschuhe besitzen. 37 E<strong>in</strong> ähnliches Bild zeichnen die oberdt. Wehrstatuten.<br />
38<br />
Die Bestimmungen über die Harnischhaltung dürfen schon deshalb nicht überbewertet werden, da diese<br />
Ausrüstung nur zur Absolvierung des Wachdienstes diente. 39 Feldzüge <strong>und</strong> Belagerungen, an denen sich<br />
borger’ beteiligten, waren im 15. Jh. nur noch die Ausnahme (s. folgendes <strong>und</strong> unten 2.2).<br />
Die dt. Wehrstatuten zeigen <strong>in</strong> den Detailbeschreibungen <strong>der</strong> Ausrüstung gleichzeitig, dass <strong>der</strong> „bürgerliche“<br />
Harnisch fast 100 Jahre unverän<strong>der</strong>t blieb. Die Statuten hatten mehrheitlich über 200 Jahre<br />
unverän<strong>der</strong>t Bestand <strong>und</strong> wurden erst, wenn überhaupt, seit <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 15. Jh. überarbeitet<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> militärtechnologischen Entwicklung angepasst. ‚Pantzerrucke, krebs <strong>und</strong>e armegewandt‘ ersche<strong>in</strong>en<br />
erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> 2. Hälfte des 15. Jh. Dies ist <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie darauf zurückzuführen, dass Ausrüstung<br />
<strong>und</strong> Waffen weitervererbt wurden, e<strong>in</strong>e Pflicht zur Mo<strong>der</strong>nisierung gab es nicht. 40 E<strong>in</strong> weiterer Gr<strong>und</strong> für<br />
die Rückständigkeit <strong>der</strong> bürgerlichen Schutzbekleidung war, dass die Städte verstärkt auf Soldreiter <strong>und</strong> -<br />
knechte zurückgriffen. Die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Waffen wurde somit nach 1400 zunehmend überflüssig.<br />
30 Etymologisch abgeleitet vom mnd. 'körte' = Kürze.<br />
31 ‚Item 61/2 pt. den knechten vor korden, vor meste, vor scheden, dat one tobroken was (...im Kampf beschädigt).’<br />
StA Hann., Kämmereireg. 1480 passim.<br />
32 In Hannover wird e<strong>in</strong>mal <strong>der</strong> harnesch des Herzogs erwähnt, <strong>der</strong> wohl zur Reparatur abgegeben wurde. Alle<br />
an<strong>der</strong>en Nennungen von Harnischteilen (krevet, isenhut) beziehen sich ausschließlich auf die Ausrüstung <strong>der</strong> Soldknechte.<br />
33 ‚Pro laboribus an dem harnische de fromden soldener’ <strong>und</strong> ‚den Rustebergeschen knechten’. Vgl. StA Gött.,<br />
Kämmereireg. 1484/85, fol. 64. b,1; 76 a, 1 <strong>und</strong> 1485/86, fol. 106 a, r.<br />
34 Vgl. StA Gött., Kämmereireg. 1486/87, fol. 86 a, r.<br />
35 StA Hann., Kämmereireg. 1486.<br />
36 StA Braunschw., B II 5, Bd. 1, Bl. 10 ff.<br />
37 Gött<strong>in</strong>gen, Lübeck, Köln, Rostock, Soest, Nordhausen, Osnabrück, Lüneburg, Hildesheim, Goslar.<br />
38 Vgl. paradigmatisch die Wehrstatuten <strong>in</strong> Frankfurt, Nürnberg, Augsburg, München, Regensburg, Zürich, Bern,<br />
Basel, Straßburg.<br />
39 WÜBBECKE, S. 60 f.<br />
40 E<strong>in</strong> exemplarisches Beispiel aus Köln: Gerard Schymmelpennynck vermachte 1474 dem Heilig-Geist-Spital se<strong>in</strong>e<br />
beiden Rüstungen <strong>und</strong> unterschied dabei ausdrücklich zwischen <strong>der</strong> alten, ererbten Rüstung – dem<br />
‚koppeleynenpantzer’ (= Kettenhemd) <strong>und</strong> dem ‚blechharnesch’, mit dem ‚krefftz’ (=Krebs). KUSKE, Bd. 3, No.<br />
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