Verhandlungen der Landessynode - Evangelische Landeskirche in ...
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April 2010 Anlage 11<br />
179<br />
Anlage 11 E<strong>in</strong>gang 4/11<br />
E<strong>in</strong>gabe von Frau Dr. Stephanie Gösele vom 18. Januar<br />
2010: Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Grundordnung betreffend Auflösung<br />
des Altestenkreises und Geme<strong>in</strong>deversammlung<br />
Schreiben von Frau Dr. Gösele vom 18. Januar 2010<br />
Sehr geehrte Frau Fleckenste<strong>in</strong>,<br />
im „ekiba <strong>in</strong>tern“ von Dezember wird auf Seite 16 über den „Studientag<br />
zur Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt“ berichtet. Dabei sei<br />
festgestellt worden, dass „ . . . Geme<strong>in</strong>deversammlung und Geme<strong>in</strong>debeirat<br />
zu wenig genutzt würden“.<br />
Ich teile diese Me<strong>in</strong>ung voll und ganz – und zwar aus persönlicher und<br />
leidvoller Erfahrung. Allerd<strong>in</strong>gs ist dieses Problem me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach<br />
so tiefgreifend, dass Studientage für e<strong>in</strong>e Lösung nicht ausreichen. Die<br />
Geme<strong>in</strong>deversammlung sollte auch juristisch mehr Kompetenzen zugestanden<br />
bekommen. Darum wäre me<strong>in</strong>e Bitte, dass Sie für die kommende<br />
<strong>Landessynode</strong> folgende Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Grundordnung zur Diskussion<br />
stellen:<br />
Artikel 20:<br />
Der <strong>Evangelische</strong> Oberkirchenrat kann den Ältestenkreis bei Streitigkeiten<br />
auflösen . . . Der <strong>Evangelische</strong> Oberkirchenrat soll zuvor die<br />
Geme<strong>in</strong>deversammlung hören.<br />
Än<strong>der</strong>ungsvorschlag:<br />
Der <strong>Evangelische</strong> Oberkirchenrat hat den Ältestenkreis bei Streitigkeiten<br />
aufzulösen, wenn zwei Drittel <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deversammlung dies<br />
wünschen.<br />
In <strong>der</strong> Regel werden die Kirchenältesten bei Streitigkeiten ihr Amt nicht<br />
zurückgeben wollen, selbst wenn es die Geme<strong>in</strong>de wünscht. Die Ältesten<br />
werden gegenüber dem Oberkirchenrat ihre eigene Sichtweise darstellen<br />
und ke<strong>in</strong>e Notwendigkeit zu e<strong>in</strong>er Auflösung sehen. So hat e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de<br />
unter Umständen mehrere Jahre unter Ältesten zu leiden, denen<br />
sie nicht mehr vertraut.<br />
Alle<strong>in</strong> die Möglichkeit, dass e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>deversammlung e<strong>in</strong>e Auflösung<br />
des Ältestenkreises erzw<strong>in</strong>gen kann, wird die Ältesten zu e<strong>in</strong>er rücksichtsvolleren<br />
und vermittelnden Haltung führen. E<strong>in</strong>e solche Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Grundordnung hätte also bereits vorbeugende Wirkung für <strong>in</strong>nergeme<strong>in</strong>dliche<br />
Konflikte.<br />
Artikel 22 (5):<br />
Die Geme<strong>in</strong>deversammlung berät den Ältestenkreis <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e . . .<br />
bei größeren Bauvorhaben <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de.<br />
Än<strong>der</strong>ungsvorschlag:<br />
Die Geme<strong>in</strong>deversammlung berät den Ältestenkreis <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e . . .<br />
bei größeren Bauvorhaben <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de. S<strong>in</strong>d zwei Drittel <strong>der</strong><br />
Geme<strong>in</strong>deversammlung gegen geplante Baumaßnahmen, haben<br />
diese zurückzustehen, bis e<strong>in</strong>e weitestgehende E<strong>in</strong>igung erzielt ist.<br />
Besteht e<strong>in</strong> vertrauensvolles Verhältnis zwischen Ältestenkreis und<br />
Geme<strong>in</strong>de, mag die bisherige Form <strong>der</strong> „Beratung“ genügen – nicht<br />
aber bei Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten. Und gerade für solche Fälle sollte<br />
die Grundordnung e<strong>in</strong>e stabilisierende und friedensstiftende Funktion<br />
ausüben. Durch e<strong>in</strong> Veto-Recht gew<strong>in</strong>nt die Geme<strong>in</strong>de Zeit, um ihre<br />
<strong>in</strong>neren Konflikte auszutragen, bevor Fakten geschaffen werden, die für<br />
viele Jahre und Jahrzehnte nicht mehr rückgängig zu machen s<strong>in</strong>d.<br />
Ich persönlich habe auf Seiten <strong>der</strong> Hauptamtlichen e<strong>in</strong> großes Misstrauen<br />
gegen unsere Geme<strong>in</strong>deversammlungen erlebt. Dafür habe ich<br />
Verständnis – gerade bei Streitigkeiten. Aber genau diese misstrauische<br />
Haltung gegenüber unseren Geme<strong>in</strong>deversammlungen hat die Situation<br />
<strong>in</strong> unserer Geme<strong>in</strong>de nur weiter verschärft. In <strong>der</strong> Konsequenz b<strong>in</strong> ich<br />
vor e<strong>in</strong>igen Monaten als Älteste zurückgetreten und habe mich jetzt umpfarren<br />
lassen. An<strong>der</strong>e Geme<strong>in</strong>demitglie<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d ganz aus <strong>der</strong> <strong>Landeskirche</strong><br />
ausgetreten. E<strong>in</strong> solches Ergebnis steht <strong>in</strong> völligem Wi<strong>der</strong>spruch<br />
zu unserem Missionsauftrag. Es sollte doch immer unser Ziel se<strong>in</strong>,<br />
Menschen für unsere Kirche zu gew<strong>in</strong>nen – und nicht etwa, Menschen<br />
aus unserer Kirche zu vertreiben.<br />
In <strong>der</strong> <strong>Landessynode</strong> kann e<strong>in</strong>e Zweidrittel-Mehrheit die Grundordnung<br />
än<strong>der</strong>n (Art. 59 Abs. 2). Warum soll nicht auch e<strong>in</strong>e Zweidrittel-Mehrheit <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deversammlung e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an gestalterischer Wirkung<br />
<strong>in</strong> unserer Kirche entfalten dürfen?<br />
Die Friedensgeme<strong>in</strong>de Handschuhsheim ist nicht die erste Geme<strong>in</strong>de,<br />
die unter e<strong>in</strong>em unglücklichen Krisenmanagement zu leiden hat. Aber ich<br />
wünsche mir von Herzen, dass sie die letzte se<strong>in</strong> möge. E<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Grundordnung könnte dazu beitragen.<br />
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie me<strong>in</strong>e Vorschläge wohlwollendkritisch<br />
prüfen und mir Ihre Me<strong>in</strong>ung dazu mitteilen würden.<br />
Herzlichen Dank für Ihre Mühe und viele Grüße,<br />
Ihre<br />
gez. S. Gösele<br />
Dr. Stephanie Gösele<br />
(Prädikant<strong>in</strong> im Bezirk Heidelberg)<br />
Stellungnahme des <strong>Evangelische</strong>n Oberkirchenrats vom<br />
26. Februar 2010 zur E<strong>in</strong>gabe von Frau Dr. Gösele zur Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Grundordnung betreffend Auflösung des Ältestenkreises und<br />
Geme<strong>in</strong>deversammlung<br />
Sehr geehrte Frau Präsident<strong>in</strong> Fleckenste<strong>in</strong>,<br />
mit oben genanntem Schreiben haben Sie uns die E<strong>in</strong>gabe von Frau<br />
Dr. Stephanie Gösele an die <strong>Landessynode</strong> vom 18. Januar 2010 zur<br />
Stellungnahme zugeleitet.<br />
Dazu führen wir folgendes aus:<br />
Frau Dr. Stephanie Gösele ist als Mitglied <strong>der</strong> <strong>Evangelische</strong>n <strong>Landeskirche</strong><br />
<strong>in</strong> Baden unproblematisch antragsberechtigt. In <strong>der</strong> Sache regt<br />
Frau Dr. Gösele die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> seit 1. Januar 2008 <strong>in</strong> Kraft bef<strong>in</strong>dlichen<br />
Grundordnung <strong>in</strong> zwei Punkten an.<br />
Unabhängig davon, dass Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Grundordnung aufgrund <strong>der</strong><br />
hohen Bedeutung unseres mit Verfassungsrang ausgestatten höchsten<br />
Gesetzes nicht all zu häufig stattf<strong>in</strong>den sollten, befürworten wir auch<br />
<strong>in</strong>haltlich die vorgeschlagenen Än<strong>der</strong>ungen nicht.<br />
1. Vorgeschlagen wird e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung des Artikels 20 Grundordnung,<br />
<strong>der</strong> lautet:<br />
„Der <strong>Evangelische</strong> Oberkirchenrat kann den Ältestenkreis bei Streitigkeiten<br />
auflösen, wenn nach vergeblichen Schlichtungsbemühungen<br />
des Bezirkskirchenrates diese Maßnahme erfor<strong>der</strong>lich ist, um die<br />
Pfarrgeme<strong>in</strong>de vor ernstem Schaden zu bewahren. Der <strong>Evangelische</strong><br />
Oberkirchenrat soll zuvor die Geme<strong>in</strong>deversammlung hören.“<br />
Vorgeschlagen wird, die Vorschrift dah<strong>in</strong>gehend zu än<strong>der</strong>n, dass <strong>der</strong><br />
<strong>Evangelische</strong> Oberkirchenrat den Ältestenkreis bei Streitigkeiten aufzulösen<br />
hat, wenn zwei Drittel <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deversammlung dies wünschen.<br />
Die Vorschrift des Artikels 20 wurde vorstehend bewusst vollständig zitiert,<br />
während die E<strong>in</strong>gabe lediglich den ersten Halbsatz und Satz 2 zitiert.<br />
Damit wird <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck erweckt, dass die Auflösung e<strong>in</strong>es Ältestenkreises<br />
<strong>in</strong> das freie Ermessen des <strong>Evangelische</strong>n Oberkirchenrats gestellt<br />
ist. Dies ist jedoch ke<strong>in</strong>eswegs <strong>der</strong> Fall. Die Vorschrift des Artikel 20 gewährleistet,<br />
dass mit dem Bezirkskirchenrat auch <strong>der</strong> Kirchenbezirk <strong>in</strong> die<br />
Thematik e<strong>in</strong>gebunden ist. Dieser hat sich um Schlichtung zu bemühen.<br />
Nur wenn diese Bemühungen scheitern, kann <strong>der</strong> Ältestenkreis bei<br />
Streitigkeiten aufgelöst werden. Wichtiger noch ist, dass die Maßnahme<br />
<strong>der</strong> Auflösung erfor<strong>der</strong>lich se<strong>in</strong> muss, um die Pfarrgeme<strong>in</strong>de vor ernstem<br />
Schaden zu bewahren. Damit enthält die Bestimmung zwar unbestimmte<br />
Rechtsbegriffe, welche aber voll gerichtlich überprüfbar s<strong>in</strong>d, so<br />
dass gewährleistet ist, dass die Auflösung wohl abgewogen als ultima<br />
ratio zur Anwendung kommt. Auch die Geme<strong>in</strong>deversammlung ist<br />
durch Artikel 20 Satz 2 e<strong>in</strong>bezogen. Die Geme<strong>in</strong>deversammlung soll<br />
gehört werden. Dieses „soll“ bedeutet e<strong>in</strong>e Pflicht zur Anhörung, die nur<br />
<strong>in</strong> außergewöhnlichen E<strong>in</strong>zelfällen ausnahmsweise unterbleiben könnte.<br />
Demgegenüber schlägt die E<strong>in</strong>gabe e<strong>in</strong>e Pflicht des <strong>Evangelische</strong>n<br />
Oberkirchenrats zur Auflösung e<strong>in</strong>es Ältestenkreises auf Wunsch e<strong>in</strong>es<br />
Quorums von zwei Drittel <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deversammlung vor. Damit wird<br />
die Frage, ob die Auflösung des durch demokratische Wahlen besetzten<br />
Gremiums des Ältestenkreises zur erfolgen hat, zu e<strong>in</strong>er Frage von<br />
Mehrheiten. Wünscht die Mehrheit <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deversammlung – die<br />
nicht immer mit „<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de“ identisch ist – die Auflösung, so hätte<br />
sie zu erfolgen, ohne dass dabei seitens des Kirchenbezirks und des<br />
<strong>Evangelische</strong>n Oberkirchenrats e<strong>in</strong>e eigene Beurteilung dessen erfolgen<br />
könnte, was für die Geme<strong>in</strong>de gut wäre. Die Entscheidung würde damit<br />
regelmäßig <strong>in</strong> die Hände e<strong>in</strong>er Konfliktpartei gelegt. Dies würde e<strong>in</strong>erseits<br />
zu e<strong>in</strong>er unguten Verschiebung <strong>der</strong> Balance zwischen den Gremien<br />
<strong>der</strong> Pfarrgeme<strong>in</strong>de führen. An<strong>der</strong>erseits würde es <strong>der</strong> Tatsache nicht h<strong>in</strong>reichend<br />
Rechnung tragen, dass es eben <strong>der</strong> Ältestenkreis ist, <strong>der</strong> die<br />
Geme<strong>in</strong>de zu repräsentieren hat und dass se<strong>in</strong>e Mitglie<strong>der</strong> ihr Amt <strong>in</strong><br />
eigener Verantwortung vor Gott und <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, jedoch nur <strong>der</strong><br />
B<strong>in</strong>dung des eigenen Gewissens unterworfen, auszuüben haben. Die<br />
Mitglie<strong>der</strong> des Ältestenkreises s<strong>in</strong>d gerade nicht daran gebunden, was<br />
diejenigen, die sie gewählt haben, wünschen. Es gibt ke<strong>in</strong> imperatives<br />
Mandat. Mit <strong>der</strong> vorgeschlagenen Än<strong>der</strong>ung des Artikels 20 GO<br />
bestünde die Gefahr, dass die Mitglie<strong>der</strong> des Ältestenkreises gerade<br />
<strong>in</strong> schwierigen o<strong>der</strong> Konfliktsituationen nicht mehr frei s<strong>in</strong>d, bei Entscheidungen<br />
ihrer eigenen Überzeugung zu folgen. Dies aber ist auch