77 NEWS WK 2016 Ausgabe5

4 | 9. Juni 2016 WWW.FACEBOOK.COM/77BAT
Der Werdegang eines
jungen Berufsoffiziers
Um Berufsoffizier der Schweizer
Armee zu werden, bietet
die Militärakademie (MIL-
AK) an der ETH Zürich drei
Ausbildungswege an. Neben
der Militärschule, für Offiziere
mit einer abgeschlossenen
Berufsausbildung und/oder
einer Berufsmatura, wird
auch ein Bachelorstudiengang
in Staatswissenschaften und
ein Diplomlehrgang an der
ETH Zürich angeboten.
Der Weg zum Bachelorstudiengang
Die Selektion zum Berufsoffiziersanwärter
beginnt in der Regel
zwei bis drei Jahre vor dem
Ausbildungsstart an der MIL-
AK. In meinem Fall bewarb
ich mich als Zeitoffizier in der
Infanterie Rekrutenschule 12 in
Chur und wurde per 1.1.2011
angestellt. Mein Pflichtenheft
beinhaltete die Planung und
Durchführung von Ausbildungssequenzen
während der
Unteroffiziersschule und die
Funktion des Kompanie Kommandanten
Stellvertreters in einer
Rekrutenschulkompanie.
Parallel zu den Tätigkeiten als
Zeitoffizier durchlief ich ein internes
Assessment im Lehrverband
Infanterie und durfte bald
darauf am Assessment Center
für angehende Berufsoffiziere
(ACABO) teilnehmen. Das
zweitägige Assessment Center
überprüft auf hohem Niveau
die Fähigkeiten der Kandidaten
in den Bereichen Präsentationstechnik,
Intelligenz, Konfliktbewältigung
und Teamarbeit, um
nur einige zu nennen.
Der positive Entscheid am Ende
des ACABO bedeutete, dass ich
mich zwischen der Militärschule
und dem Bachelorstudiengang
entscheiden musste. Da ich vordienstlich
die kaufmännische
Matura abgeschlossen hatte,
entschied ich mich für den Weg
über die Passerelle hin zum Bachelorstudiengang
an der ETH
Zürich. Die Schweizer Armee
unterstützte mich durch einen
angepassten Arbeitsvertrag auch
finanziell bei dieser einjährigen
Weiterbildung. Im Juli 2013 erfüllte
ich alle Klausuren an der
Eidgenössischen Maturitätsprüfung.
In der Folge, wurde ich
als Berufsoffiziersanwärter der
Schweizer Armee neu angestellt
und durfte den Bachelorstudiengang
in Staatswissenschaften an
der ETH Zürich im September
2013 in Angriff nehmen.
Hptm Paschina bei der Übungsbesprechung
Bachelor in Staatswissenschaften
ETH Zürich
Der Bachelorlehrgang in Staatswissenschaften
an der ETH Zürich
dauert sechs Semester und
beinhaltet sowohl militärische
als auch zivile Themen. Offensichtlich
militärische Inhalte
wie Militärgeschichte, Militärökonomie
oder Strategie werden
erfolgreich mit Vorlesungen
zu Statistik, Makroökonomie
oder Privatrecht vermengt. Dies
sorgt dafür, dass das Studium
interessant und abwechslungsreich
bleibt.
Eines der Hauptziele der Militärakademie
ist es, dass angehende
Berufsoffiziere als
Experten in Sicherheits- und
staatspolitischen Fragen auftreten
können. Aus diesem Grund
wird sowohl auf eine vertiefte
Allgemeinbildung, als auch auf
ein breites politikwissenschaftliches
Wissen Wert gelegt. Damit
der Bezug zur Schweizer
Armee und den militärischen
Aufgaben nicht abhandenkommt,
leisten die BO Anw im
Bachelorlehrgang weiterhin ihren
Milizdienst in den Einheiten
und Stäben.
Am Ende des Studiums haben
die Anwärter eine Bachelorarbeit
zu schreiben, bei der sie das
Thema frei wählen können. In
meinem Fall handelte es sich um
den Bereich Resilienztraining in
der Schweizer Armee, dessen
Möglichkeiten und Grenzen.
Eine militärpsychologische Arbeit,
die den Aufbau der psychischen
Widerstandsfähigkeit bei
Rekruten in der Rekrutenschule
thematisiert hat.
Zusammengefasst lässt sich sagen,
dass der Bachelor in Staatswissenschaften
an der ETH
Zürich eine massgeschneiderte
Veranstaltung für angehende
Berufsoffiziere der Schweizer
Armee ist. Die Ausbildungsinhalte
gehen aber deutlich über
militärspezifische Inhalte hinaus.
Der persönliche Nutzen der
Ausbildung
An angehende Berufsoffiziere
wird sowohl in der Öffentlichkeit
als auch im privaten Umfeld
der Anspruch gestellt, dass
man rasch und in einer verständlichen
Art und Weise zu Fragen
in sicherheits- und staatspolitischen
Bereichen Auskunft
geben kann. So wie ein Polymechaniker
professionell über
seine Arbeit, die verwendeten
Materialien und die Fertigungsprozesse
berichten kann, sind
wir Berufsoffiziersanwärter in
der Pflicht, über Armeeprojekte
und -reformen oder staatspolitische
Prozesse, unser Umfeld zu
informieren. Gleichzeitig werden
wir durch die Ausbildung
an der MILAK und ETH Zürich
auf unsere Erstverwendung in
den Rekrutenschulen vorbereitet.
Wohin geht die Reise?
Mit dem Erfüllen der Bachelorarbeit
vor zwei Wochen, endete
auch die Ausbildung an der
ETH Zürich. In den folgenden
acht Monaten absolviere ich zusammen
mit den übrigen Lehrgangsteilnehmern
militärische
Aus- und Weiterbildungswochen
in der ganzen Schweiz. Der
akademische Rucksack wird
sozusagen mit militärischem
Fachwissen auf technischer
und taktischer Ebene aufgefüllt.
Dieses 7. Semester an der MIL-
AK soll alle Anwärter «Mission
Ready» machen, also den
Start in ihrer Erstfunktion als
Kompanie Kommandant oder
Einheitsberufsoffizier erleichtern.
Auch auf mich wartet eine
Aufgabe innerhalb des Lehrverbands
Infanterie, vorzugsweise
als Kompanie Kommandant einer
Rekrutenschulkompanie für
2-4 Jahre. Das Personalgespräch
Mitte Juni und die schriftliche
Abkommandierung Ende August
werden zeigen, welches
mein erster Arbeitsort als Berufsoffizier
sein wird.