Die Kurzeitung - Bad Gandersheim
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■ A n n o B a d G a n d e r s h e i m<br />
Fotomontage mit dem heutigen Altar der St. Georgskirche an der ehemaligen Stelle in der Stiftskirche.<br />
Der Altar<br />
Der heutige große prächtige Altar war ursprünglich<br />
nicht für die St. Georgskirche vorgesehen.<br />
Er wurde im Jahre 1711 von der Dechantin und<br />
späteren Äbtissin Maria Elisabeth von Mecklenburg<br />
(1712 bis 1713) für den Hohen Chor der<br />
romanischen Stiftskirche in Auftrag gegeben.<br />
Dort stand der Altar, bis er anlässlich der umfassenden<br />
Renovierung des Kircheninnenraumes<br />
im Jahre 1848 herausgenommen (siehe Fotomontage)<br />
und im gleichen Jahre in die St. Georgskirche<br />
gebracht und im Chorraum aufgestellt<br />
wurde. Der obere Abschluss scheint dabei<br />
nicht wieder in der alten Höhe verwendet worden<br />
zu sein. Das Ganze besteht im Mittelteil<br />
aus einer Ädikula, die auf beiden Seiten durch<br />
je zwei gewundene und von Blumenranken<br />
und Weinlaub umzogene korinthische Säulen<br />
gebildet wird. Das Gebälk, mit der aufgelegten<br />
Jahreszahl 1711, ist über den äußeren Säulen<br />
vorgekröpft. Auf ihm sitzen zwei Engel, die<br />
Palmwedel schwingen. Das reich gegliederte<br />
Schnitzwerk bildet den Rahmen für eines Ölgemäldes,<br />
das in einer bewegten Szene mit verhaltenen<br />
Farben die Kreuzigung zeigt. Seitlich<br />
wird der Altar mit Akanthusranken abgeschlossen,<br />
die besonders in der Barockzeit, aber auch<br />
schon in der Antike gern als Schmuck verwendet<br />
wurden.<br />
<strong>Die</strong> fürstliche Auftraggeberin des Altars ließ<br />
unter der Christusfigur ihr siebenfeldriges mecklenburgisches<br />
Wappen mit dem Inschriftenbalken<br />
über dem Altarbild anbringen, das den<br />
Gekreuzigten zwischen Maria und Johannes in<br />
düsterer Landschaft zeigt:<br />
V(on) G(ottes) G(naden) MARIA ELISABET<br />
D(echantin) (seit 1712 Äbtissin) Z(u)<br />
G(andersheim) H(erzogin) Z(u) M(ecklenburg)<br />
U(nd) R(egentin) Z(um) R(uhm)<br />
Auf der Gebälkbekrönung stehen die großen<br />
holzgeschnitzten Figuren der Apostel Petrus<br />
und Paulus beiderseits des triumphierenden<br />
Christus. Das Holzwerk des repräsentativen<br />
Altars, und damit auch die Mensa, erhielt erst<br />
1897 seine heutige Farbfassung, bis dahin war<br />
er unbemalt. <strong>Die</strong> Sockelzone des Chorraumes<br />
wurde im Jahre 1897<br />
mit einem aufgemalten<br />
Vorhang versehen.<br />
Suche nach dem<br />
Bildschnitzer –<br />
war es Anton<br />
Schilly?<br />
In diesem Jahr feiert<br />
der Altar der St.<br />
Georgskirche seinen<br />
300. Geburtstag, wie<br />
man an der Jahreszahl<br />
1711 leicht ablesen<br />
kann. <strong>Die</strong>ses Jubiläumsjahr<br />
ist guter<br />
Grund, um zu versuchen,<br />
ein Rätsel zu<br />
lösen, das sich um den<br />
unbekannten Erbauer<br />
und Künstler des Altars<br />
rankt. Bisher ist nicht<br />
definitiv zu beweisen,<br />
wer dafür infrage<br />
kommt. Im Folgenden<br />
soll der Sachstand der<br />
Forschungen nach<br />
dem Künstler hier kurz<br />
angegeben werden:<br />
Als Bildschnitzer des<br />
künstlerisch wertvollen<br />
Altarretabels wird von<br />
Georg Dehio in seinem<br />
Standardwerk<br />
„Kunstdenkmale in<br />
Niedersachsen“ von<br />
1992 Anton Schilly<br />
<strong>Kurzeitung</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Gandersheim</strong> 2/11<br />
vermutet, der im Jahre 1716 im nahen Ahlshausen<br />
bei Kreiensen die barocke Ausstattung der<br />
St. Blasius Kirche (zumeist bezeichnet und datiert)<br />
geschaffen hat (1716).<br />
Ein Stilvergleich beider Altäre stützt die wohl<br />
berechtigte Vermutung von Georg Dehio, dass<br />
Schilly der Bildschnitzer des barocken Retabels<br />
sein kann, denn zahlreiche Elemente des Rahmenwerks<br />
stimmen mit denen der Georgskirche<br />
überein. Daran ändert auch die Tatsache nichts,<br />
dass der heutige Altar in Ahlshausen einst Teil<br />
eines Kanzelaltars war und anschließend stark<br />
verändert wurde. Besonders die Säulen beider<br />
Altäre zeigen eine große Ähnlichkeit.<br />
Ob auch der <strong>Gandersheim</strong>er Bildschnitzer<br />
Johann Friedrich Käse († 1728), der Vater des<br />
<strong>Gandersheim</strong>er Hofbildhauers Johann Kaspar<br />
Käse (1705–1756), als Schöpfer des Altars der<br />
Georgskirche infrage kommt, kann zwar nicht<br />
ganz ausgeschlossen werden, ist aber eher unwahrscheinlich.<br />
Axel Christoph Kronenberg<br />
Literatur<br />
Georg DEHIO (1992): Handbuch der Deutschen<br />
Kunstdenkmäler Bremen Niedersachsen, Deutscher<br />
Kunstverlag, Seite 154f. – Kurt KRONENBERG (1978):<br />
Chronik der Stadt <strong>Bad</strong> <strong>Gandersheim</strong>. – Karl<br />
STEINACKER (1910): Bau- und Kunstdenkmäler des<br />
Kreises <strong>Gandersheim</strong>, Seite 191–199.<br />
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