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04 Pneumologische Ursachen für Thoraxschmerz

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Schwerpunkt: <strong>Thoraxschmerz</strong><br />

Internist 2017 · 58:22–28<br />

DOI 10.1007/s00108-016-0169-9<br />

Online publiziert: 16. Dezember 2016<br />

© Springer Medizin Verlag Berlin 2016<br />

Redaktion<br />

C.F. Vogelmeier, Marburg<br />

T. Welte, Hannover<br />

B. Jany<br />

Missionsärztliche Klinik Würzburg, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Würzburg, Würzburg,<br />

Deutschland<br />

<strong>Pneumologische</strong> <strong>Ursachen</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Thoraxschmerz</strong><br />

<strong>Thoraxschmerz</strong> ist ein häufiges Symptom<br />

bei Patienten mit Lungenerkrankungen.<br />

Atemnot bei Belastung oder in Ruhe<br />

sowie Husten gelten zwar als die<br />

Kardinalbeschwerden bei pneumologischen<br />

Krankheitsbildern, sie treten aber<br />

durchaus zusammen mit Schmerz auf<br />

und machen die klinische Einordnung<br />

der Symptome nicht selten schwierig.<br />

Schmerz, der auf Erkrankungen<br />

der Lunge, Pleura, Thoraxwand oder<br />

der Atemwege zurückgeht, muss von<br />

Schmerz differenziert werden, der durch<br />

Erkrankungen des Herzens, der herznahen<br />

großen Gefäße, des Gastrointestinaltrakts<br />

oder durch muskuloskeletale<br />

Störungen entsteht. Die letztgenannten<br />

Schmerzformen sind nicht Gegenstand<br />

dieser Übersicht, werden aber in<br />

anderen Beiträgen des Schwerpunkts<br />

thematisiert.<br />

Besonderheiten pulmonal<br />

bedingter <strong>Thoraxschmerz</strong>en<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong>en, die auf dem Boden<br />

pneumologischer Erkrankungen auftreten,<br />

entstehen meist durch die Beteiligung<br />

der Pleura. Hier ist bedeutsam,<br />

dass hauptsächlich die parietale Pleura<br />

Schmerzrezeptoren aufweist, im Unterschied<br />

zur Pleura visceralis, die wenige<br />

oder keine Rezeptoren zur Schmerzvermittlung<br />

besitzt. Ein Krankheitsprozess<br />

ausschließlich im Bereich der viszeralen<br />

Pleura verursacht keinen Schmerz [1, 2].<br />

DerzentraleBereichderPleuradiaphragmatica<br />

ist durch Nervenfasern versorgt,<br />

die mit dem N. phrenicus laufen, der<br />

Rest der Pleura parietalis wird durch die<br />

Interkostalnerven versorgt. Schmerz, der<br />

eher in den zentralen Anteilen der Pleura<br />

diaphragmatica entsteht, wird nicht selten<br />

zur Schulter oder in den Nackenbereichprojiziert.PleuraleSchmerzenwährend<br />

des Atmens werden besonders basal<br />

wahrgenommen, wo die Atemexkursionen<br />

im Vergleich zur Lungenspitze größer<br />

sind. Meist ist der pleurale Schmerz<br />

einseitig, scharf und in seiner Intensität<br />

variabel bis hin zur Unerträglichkeit. Er<br />

wird durch tiefere Atemzüge und durch<br />

Husten verstärkt. Pleuritischer Schmerz<br />

bessert sichtypischerweise, wennim Verlauf<br />

ein Pleuraerguss hinzukommt.<br />

» Dyspnoe wird bei gleichzeitig<br />

vorliegendem Schmerz deutlich<br />

intensiver wahrgenommen<br />

Schmerz und Atemnot kommen in vielen<br />

klinischen Situationen gemeinsam vor.<br />

Die Wahrnehmung von Dyspnoe wird<br />

durch gleichzeitig auftretenden Schmerz<br />

deutlich intensiver [3]. Gemeinsame Leitungswege<br />

und Netzwerke beider sensorischen<br />

Wahrnehmungen sind sehr<br />

wahrscheinlich, wenn auch wenig erforscht<br />

[4]. Eine aktuelle Darstellung<br />

der sensorischen, überwiegend vagalen<br />

afferenten Innervation aus Atemwegen<br />

und Lunge findet sich bei Mazzone u.<br />

Undem [5].<br />

Ein besonderer Aspekt der thorakalen<br />

Schmerzempfindung ist zu berücksichtigen,<br />

wenn eine pneumologische<br />

Grunderkrankung mit Störung des Gasaustauschs<br />

vorliegt. Schmerz, besonders<br />

atemabhängiger Schmerz führt häufig<br />

zu verminderten Atembewegungen im<br />

Sinne einer „Schonatmung“. Als Resultat<br />

dieser vermehrten Totraumventilation<br />

kann es beispielsweise bei Patienten mit<br />

chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung<br />

(COPD) und Lungenemphysem,<br />

bei denen ohnehin bereits eine Hypoxämie<br />

besteht, zu einer weiteren, hier<br />

schmerzbedingten Verschlechterung der<br />

Hypoxämie kommen.<br />

Anamnese<br />

Durch eine sorgfältige Anamnese lassen<br />

sich erste wichtige Hinweise zu pneumologischen<br />

<strong>Ursachen</strong> thorakaler Schmerzen<br />

gewinnen. Zunächst ist die Frage<br />

nach dem akuten Beginn oder einem<br />

chronischen Verlauf der Schmerzen im<br />

Brustkorb wichtig, zudem ob eine Belastungsabhängigkeit<br />

oder Verstärkung<br />

durch Husten besteht. Die Frage nach<br />

der Lokalisation, nach einseitigem oder<br />

beidseitigem Auftreten der Schmerzen<br />

schließt sich an. Sehr wichtig ist die Frage<br />

nach einer Beziehung zur Atmung bzw.<br />

zurAtemtiefe als Hinweis aufeine pleurale<br />

Beteiligung oder nach einem Auftreten<br />

unabhängig von der Atemtätigkeit: „TretendieSchmerzenbeimAtmenauf?Werden<br />

sie stärker, wenn Sie tiefer einatmen?<br />

Verschwinden die Schmerzen, wenn Sie<br />

die Luft anhalten?“ Auch der Schmerzcharakter<br />

sollte erfragt werden:<br />

4 Stechend<br />

4 Bohrend<br />

4 Brennend<br />

4 Neuropathisch<br />

4 Dumpf<br />

Wie bei allen pneumologischen Erkrankungen<br />

ist es wichtig, das Vorhandensein<br />

und den Schweregrad einer gleichzeitig<br />

auftretenden Dyspnoe zu erfragen.<br />

Findet sich Fieber, bestehen Allgemeinsymptome<br />

einer Infektionskrankheit<br />

und Husten zusätzlich zu den Schmerzen,<br />

liegt der Verdacht einer Pneumonie<br />

bishinzueinemPleuraempyemnahe.<br />

22 Der Internist 1 · 2017


Tab. 1 Pulmonalbedingte<strong>Thoraxschmerz</strong>en,<br />

differenziert nach Atemabhängigkeit<br />

Atemabhängiger Virale Tracheitis/<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong> Bronchitis<br />

„Trockene“ Pleuritis<br />

Pneumothorax<br />

Lungenembolie<br />

Lungeninfarkt<br />

Pleurale Beteiligung bei<br />

Pneumonie ohne Erguss<br />

Bronchiektasen<br />

Rippenmetastasen<br />

Interkostale Muskelzerrung<br />

durch schweren<br />

Husten<br />

Atemunabhängiger<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong><br />

Lungenhochdruck<br />

Lungenkarzinom mit<br />

Brustwandinfiltration<br />

Maligner Pleuraerguss<br />

Pleuramesotheliom<br />

Akute Exazerbation einer<br />

chronisch-obstruktiven<br />

Lungenerkrankung<br />

SchmerzennachThorakotomie<br />

Schmerzen wie retro- oder substernales<br />

Brennen können mit einer akuten,<br />

meist viralen Bronchitis oder Tracheitis<br />

verbunden sein. Manchmal beschreiben<br />

Patienten mit Asthma eine „Brustenge“<br />

durch eine akute Atemwegsobstruktion<br />

als Druckgefühl bis hin zu „Schmerz“.<br />

Retrosternale dumpfe Schmerzen und<br />

Dyspnoe sind neben der Belastungsintoleranz<br />

charakteristische Beschwerden<br />

bei Lungenhochdruck.<br />

Unterscheidung pulmonaler<br />

und pleuraler Störungen nach<br />

Beziehung zur Atmung<br />

Im Folgenden werden einzelne Krankheitsbilder<br />

besprochen, die mit thorakalen<br />

Schmerzen einhergehen können und<br />

sich nach der Beziehung zur Atemtätigkeit<br />

unterscheiden lassen (. Tab. 1).<br />

Der Übergang von Atemabhängigkeit zu<br />

Dauerschmerzkannjedochfließendsein,<br />

eine sichere Zuordnung einzelner Krankheitsbilder<br />

nach der Atemabhängigkeit<br />

der Schmerzen ist nicht möglich. Immer<br />

ist der klinische Kontext zu berücksichtigen.<br />

Eher atemabhängiger<br />

(pleuritischer) <strong>Thoraxschmerz</strong><br />

Akute Tracheitis bzw. Bronchitis<br />

Patienten mit den Zeichen einer akuten<br />

Infektionskrankheit der oberen Atemwege<br />

klagen nicht selten über Schmerzen<br />

beim Atmen, die eher retrosternal projiziert<br />

werden. Liegt keine chronische<br />

Grundkrankheit von Atemwegen und<br />

Lunge vor, handelt es sich nahezu immer<br />

um eine viral bedingte Tracheitis<br />

oder Tracheobronchitis. Der Rachen ist<br />

gerötet, der Auskultationsbefund der<br />

Lunge ist meist unauffällig. Nur bei<br />

Hypersekretion kann ein „bronchitischer“<br />

Auskultationsbefund erhoben<br />

werden. Die Therapie ist symptomorientiert,<br />

Antibiotika sind in der Regel nicht<br />

erforderlich.<br />

Der Internist 1 · 2017 23


Zusammenfassung · Abstract<br />

Akute Pleuritis<br />

Akuter einseitiger <strong>Thoraxschmerz</strong>, der<br />

beim Atmen auftritt und sich bei Apnoe<br />

verbessert oder verschwindet, ist typisch<br />

<strong>für</strong> eine Pleuritis. Der Schmerzcharakter<br />

kann hell, schneidend oder brennend<br />

sein, die Intensität von gering bis extrem<br />

starkund nahezu unerträglichreichen. In<br />

diesem Fall ist die Atmung flach im Sinne<br />

einer „Schonatmung“, die Atemfrequenz<br />

kann erhöht sein. Die <strong>Ursachen</strong> <strong>für</strong> eine<br />

„Rippenfellentzündung“ sind sehr vielfältig.<br />

Häufig verbessern sich die atemabhängigen<br />

Schmerzen beim Auftreten<br />

eines Pleuraergusses („feuchte Rippenfellentzündung“).<br />

Abhängig vonderGröße<br />

des Pleuraergusses trittzunehmend<br />

Atemnot oder thorakales Druckgefühl in<br />

den Vordergrund. Pleurareiben ist nicht<br />

regelhaft auskultierbar, wenn vorhanden,<br />

dann ist der Befund charakteristisch und<br />

differenzialdiagnostisch verwertbar.<br />

Liegen Symptome und Befunde einer<br />

akuten Infektion bei sonst nicht chronisch<br />

kranken Patienten vor, handelt es<br />

sich meist um eine virale Pleuritis. In<br />

Lehrbüchern und Manualen der Inneren<br />

Medizin findet man Coxsackie-B-<br />

Viren oder Enteric-cytopathic-humanorphan(ECHO)-Viren<br />

als Ursache der<br />

Pleurodynie („Bornholm-Erkrankung“).<br />

Systematische neuere Untersuchungen<br />

liegen jedoch nicht vor. Auf Basis der<br />

Polymerase-Kettenreaktion lässt sich<br />

Epstein-Barr-Virus(EBV)-DNA in Pleuraergüssen<br />

zunächst unklarer Ätiologie<br />

nachweisen [6]. Auch hier fehlen weitere<br />

Untersuchungen zur Häufigkeit<br />

möglicher EBV-assoziierter Pleuritiden.<br />

Die virale Pleuritis ist kurz andauernd,<br />

komplikationsarm und heilt unter<br />

Analgetikagabe oder nichtsteroidalen<br />

Antirheumatika folgenlos aus.<br />

Nichtmaligner Pleuraerguss<br />

In 75 % der Fälle findet man bei Diagnose<br />

eines Pleuraergusses anamnestisch pleuritische<br />

Schmerzen in der Vorgeschichte<br />

[7]. Ein Beispiel <strong>für</strong> die Vielfalt der <strong>Ursachen</strong><br />

nichtmaligner Pleuraergüsse ist die<br />

Zusammenstellung der Ätiologien bei<br />

327 konsekutiven Patienten aus Bristol,<br />

Großbritannien [8]. Es wird deutlich,<br />

dass eine infektiöse Pleuritis mit konsekutivem<br />

Erguss in dieser Fallserie mit<br />

40 % die häufigste Ursache ist. 34,8 %<br />

Internist 2017 · 58:22–28 DOI 10.1007/s00108-016-0169-9<br />

© Springer Medizin Verlag Berlin 2016<br />

B. Jany<br />

<strong>Pneumologische</strong> <strong>Ursachen</strong> <strong>für</strong> <strong>Thoraxschmerz</strong><br />

Zusammenfassung<br />

Thorakaler Schmerz zählt neben Dyspnoe<br />

und Husten zu den häufigsten Symptomen<br />

pulmonaler Erkrankungen. Die weite<br />

Differenzialdiagnose reicht von der sehr<br />

schmerzhaften, aber prognostisch gutartigen<br />

akuten Pleuritis bis zu lebensbedrohlichen<br />

Ereignissen wie Lungenembolien oder<br />

thorakalen Malignomen. Der primäre<br />

Spontanpneumothorax ist durch ein akutes<br />

Schmerzereignis gekennzeichnet. Schmerzen<br />

im Kontext einer respiratorischen Infektion,<br />

beispielsweise einer Pneumonie, bereiten<br />

kaum Schwierigkeiten in der Zuordnung. Eine<br />

erste Näherung an die Diagnose ermöglicht<br />

die anamnestische Frage nach einer<br />

Atemabhängigkeit; diese charakterisiert den<br />

Pulmonary causes of chest pain<br />

Abstract<br />

Chest pain represents one of the most<br />

frequent symptoms of pulmonary diseases,<br />

in addition to dyspnea and cough. The<br />

broad differential diagnostics include<br />

the intensely painful but prognostically<br />

benign acute pleurisy as well as potentially<br />

life-threatening events, such as acute<br />

pulmonary embolism or malignant chest diseases.<br />

Primary spontaneous pneumothorax<br />

is characterized by acute chest pain. Pain<br />

associated with a respiratory infection, such as<br />

pneumonia rarely poses a difficult diagnostic<br />

problem. Painful diseases of the lungs can be<br />

differentiated in an initial approach by asking<br />

the patient if the pain is related to breathing,<br />

der Pleuraergüsse sind Folge einer Herzinsuffizienz.<br />

Sie treten häufig beidseitig<br />

auf, thorakale Schmerzen sind hier untypisch.<br />

An dritter Stelle der Häufigkeit<br />

liegt mit 12,5 % aller Fälle die „idiopathische“<br />

Pleuritis ohne Nachweis einer<br />

spezifischen Ätiologie (. Tab. 2).<br />

pleuritischen Schmerz. Eher atemunabhängig<br />

stellen sich in der Regel Schmerzen bei der<br />

pulmonalen Hypertonie und bei thorakalen<br />

Malignomen wie dem peripheren Lungenkarzinom<br />

und dem Mesotheliom dar. Eine<br />

besondere diagnostische Herausforderung<br />

sind <strong>Thoraxschmerz</strong>en im Rahmen einer<br />

Exazerbation der chronisch-obstruktiven<br />

Lungenerkrankung. Hier muss immer nach<br />

einer möglichen kardialen Komorbidität<br />

wie dem akuten Koronarsyndrom gesucht<br />

werden.<br />

Schlüsselwörter<br />

Pleuritis · Pneumothorax · Lungenembolie ·<br />

Lungenhochdruck · Lungenkarzinom<br />

which is characteristic of pleuritic chest diseases.<br />

Pulmonary hypertension, lung cancer<br />

and mesothelioma show more constant<br />

pain unrelated to respiratory movements.<br />

It is most important to differentiate pain<br />

associated with acute exacerbation of chronic<br />

obstructive pulmonary disease (COPD),<br />

whereby a possible cardiac comorbidity, such<br />

as acute coronary syndrome (ACS) should<br />

always be considered.<br />

Keywords<br />

Pleurisy · Pneumothorax · Pulmonary<br />

embolism · Hypertension, pulmonary · Lung<br />

neoplasms<br />

Pneumothorax<br />

Der akut auftretende einseitige pleuritische<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong>, in etwa 30 % der<br />

Fälle verbunden mit akuter Atemnot, ist<br />

das wichtigste Symptom des primären<br />

Spontanpneumothorax (PSP). Die klinische<br />

Untersuchung kannunauffällig sein,<br />

große Pneumothoraces können auskultatorisch<br />

und perkutorisch erfasst werden.<br />

Die Diagnose wird durch die Röntgenaufnahme<br />

des Thorax bestätigt. Eine<br />

Computertomographie des Thorax ist in<br />

dieser Befundkonstellation meist nicht<br />

erforderlich und sollte bei der jungen Patientenpopulation<br />

wegen der Strahlenbelastung<br />

unterbleiben. Der wichtigste Risikofaktor<br />

<strong>für</strong> den PSP ist Tabakrauchen<br />

[9].<br />

Der sekundäre Spontanpneumothorax<br />

(SSP) betrifft meist ältere Patienten<br />

mit einer in der Regel pneumologischen<br />

Grunderkrankung. Beim SSP steht klinisch<br />

eher die Atemnot im Vordergrund.<br />

Er kann Folge eines Lungenemphysems<br />

24 Der Internist 1 · 2017


Tab. 2 Differenzialdiagnosen des nichtmalignen<br />

Pleuraergusses. (Nach [7, 8])<br />

N = 327<br />

Pleurale Infektion parapneumonisch,<br />

Empyem,<br />

Tuberkulose<br />

N Anteil<br />

(%)<br />

131 40<br />

Herzinsuffizienz 81 34,8<br />

„Idiopathische“ Pleuritis 41 12,5<br />

(keine spezifische Diagnose)<br />

Benigne Asbestose 27 8,3<br />

Leberzirrhose 13 4,0<br />

Niereninsuffizienz 10 3,1<br />

Lungenembolie 6 1,8<br />

Rheuma 3 0,9<br />

Medikamentennebenwirkung<br />

3 0,9<br />

Pankreatitis 2 0,6<br />

bei COPD und einer fibrosierenden<br />

oder zystischen Lungenerkrankung sein.<br />

Typisch ist der SSP bei den seltenen Erkrankungen<br />

Lymphangioleiomyomatose<br />

und Langerhans-Zell-Granulomatose<br />

(Histiozytose X; [10]).<br />

Lungenembolie und Lungeninfarkt<br />

Akuter einseitiger pleuritischer <strong>Thoraxschmerz</strong><br />

kann Symptom einer Lungenembolie<br />

sein, gelegentlich zusammen<br />

mit Hämoptysen. Diese Beschwerden resultieren<br />

aus einem Lungeninfarkt mit<br />

Ausdehnung zur Pleura als Folge des<br />

embolischen Verschlusses einer mittelgroßenPulmonalarterie.Derpleuritische<br />

Schmerz führt zu flacher Atmung mit<br />

einer erhöhten Atemfrequenz, zusätzlich<br />

verstärkt durch die häufig gleichzeitig<br />

bestehende Hypoxämie.<br />

» Kleine Lungenembolien<br />

verursachen häufig keinerlei<br />

Beschwerden<br />

Systematische Untersuchungen zur Klinik<br />

einer Lungenembolie [11] zeigen,<br />

dass ein pleuritischer <strong>Thoraxschmerz</strong> bei<br />

66 % der Patienten auftritt, nur das Symptom<br />

Dyspnoe ist noch häufiger (73 %).<br />

Auch Husten ist nicht selten (37 %), er<br />

tritt meist gleichzeitig mit dem pleuritischen<br />

Schmerz auf (. Tab. 3). Einen<br />

Tab. 3 SymptomebeiLungenembolieohne<br />

kardiale oder pulmonale Vorerkrankung.<br />

(Nach [11])<br />

N = 117<br />

N Anteil<br />

(%)<br />

Dyspnoe 85 73<br />

Pleuritischer Schmerz 77 66<br />

Husten 43 37<br />

Beinschwellung 33 28<br />

Beinschmerzen 30 26<br />

Hämoptysen 15 13<br />

Palpitationen 12 10<br />

Giemende Atmung 10 9<br />

Anginaähnliche Schmerzen<br />

5 4<br />

pleuritischen Schmerz, Dyspnoe und<br />

Hämoptysen weisen – in unterschiedlicher<br />

Intensität – 91 % aller Patienten<br />

mit Lungenembolie auf.<br />

In 48 % der Fälle [11] liegt ein kleiner<br />

Pleuraerguss vor, wobei 90 % der lungenemboliebedingten<br />

Ergüsse kleiner als<br />

ein Drittel des Hemithorax sind [12].<br />

Auffällig ist nicht selten das Ausmaß der<br />

gleichzeitigen Atemnot. Sie kann im Verhältnis<br />

zur Größe des Pleuraergusses unverhältnismäßig<br />

schwergradig sein.<br />

Eine akute massive Lungenembolie<br />

führt zu den Zeichen der Rechtsherzbelastung<br />

bis hin zum Rechtsherzversagen,<br />

zum Abfall des systemischen Blutdrucks<br />

und zu einer meist schwergradigen Hypoxämie.<br />

Schmerzen stehen hier nicht im<br />

Vordergrund,auchnichtbeidersubakutrezidivierenden<br />

Lungenembolie [13].<br />

Festzuhalten bleibt, dass die Symptome<br />

einer Lungenembolie oft uncharakteristisch<br />

sind. Kleine Lungenembolien<br />

verursachen häufig keinerlei Beschwerden.<br />

Dies ist der Grund, warum man immer<br />

wieder eine chronisch thromboembolischepulmonaleHypertonieentdeckt,<br />

ohnedassderPatientsichandasakuteEreigniseinerLungenembolieerinnert.Angesichts<br />

der Häufigkeit von Lungenembolien<br />

ist es wichtig, auch bei uncharakteristischen<br />

Beschwerden die Diagnose<br />

in die differenzialdiagnostischen Überlegungen<br />

einzubeziehen und etablierten<br />

Diagnosescores, z. B. dem Wells-Score,<br />

zu folgen.<br />

Tab. 4 Symptome der pulmonal-arteriellen<br />

Hypertonie bei Diagnosestellung. (Nach<br />

[18])<br />

Anteil (%)<br />

Dyspnoe 98<br />

Schwäche 73<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong> 47<br />

Fastsynkope 41<br />

Synkope 36<br />

Ödeme 37<br />

Palpitationen 33<br />

Pneumonie<br />

Pleuritischer Schmerz tritt häufig im<br />

RahmeneinerPneumonie auf. Die Klinik<br />

einer akuten oder subakuten Infektionskrankheit<br />

mit Fieber, Krankheitsgefühl<br />

und Husten steht im Vordergrund. Auch<br />

hier bessert sich der <strong>Thoraxschmerz</strong> mit<br />

demAuftreteneinesparapneumonischen<br />

Ergusses. Goldstandard zur Diagnose einer<br />

Pneumonie, ob ambulant erworben<br />

oder im Krankenhaus, ist der Nachweis<br />

eines Infiltrats in der konventionellen<br />

Röntgenaufnahme des Thorax in 2 Ebenen<br />

[14]. Ein parapneumonischer Erguss<br />

sollte aus diagnostischen Gründen und<br />

zum Ausschluss eines Pleuraempyems<br />

punktiert werden.<br />

Parapneumonischer Erguss und<br />

Pleuraempyem<br />

Bis zu 40 % der Patienten mit Pneumonie<br />

weisen einen parapneumonischen<br />

Erguss auf. Dieser Erguss verschwindet<br />

meist mit dem Abheilen der Pneumonie.<br />

Eine bakterielle Infektion der Pleura<br />

mit Erguss muss bei Patienten vermutet<br />

werden, deren klinischer Zustand sich<br />

unter einer angemessenen antibiotischen<br />

Therapie nicht verbessert, bei anhaltendem<br />

Fieber, zunehmender Leukozytose<br />

und erhöhten Entzündungsmarkern<br />

einschließlich Prokalzitonin. Bestätigt<br />

ist ein Pleuraempyem bei Eiternachweis<br />

im Rahmen einer diagnostischen<br />

Pleurapunktion oder dem mikrobiologischen<br />

Nachweis von Bakterien im<br />

Punktat, meist von Streptokokken (Streptococcus<br />

pneumoniae, viridans, milleri),<br />

Staphylokokken oder Anaerobiern. Die<br />

Häufigkeit der pleuralen Infektionen und<br />

des Pleuraempyems nimmt zu. Patienten<br />

präsentieren sich mit einer akuten fieberhaften<br />

Erkrankung, produktivem Husten<br />

Der Internist 1 · 2017 25


Schwerpunkt: <strong>Thoraxschmerz</strong><br />

Tab. 5 <strong>Thoraxschmerz</strong> bei akuter Exazerbation einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung.<br />

(Nach [28])<br />

N = 242<br />

N (%)<br />

Lokalisation Thoraxmitte 76 (61 %)<br />

Dauer 12 h – niedriges Infarktrisiko 19 (18 %)<br />

Ausstrahlend in Arm oder Unterkiefer – hohes Infarktrisiko 13 (11 %)<br />

Schmerzcharakter Eng 60 (48 %)<br />

Scharf 24 (19 %)<br />

Dumpf 12 (10 %)<br />

Drückend 11 (9 %)<br />

Schwer 4(3%)<br />

Brennend 1(2%)<br />

Auslösende Faktoren Belastung 62 (52 %)<br />

Belastung und in Ruhe 44 (36 %)<br />

Husten 20 (16 %)<br />

Tiefe Inspiration 7(6%)<br />

Mechanischer Druck bei Palpation<br />

11 (9 %)<br />

Patient hatte ähnlichen Schmerz früher Während einer Exazerbation 67 (54 %)<br />

In stabiler Phase 31 (25 %)<br />

und einem lokalisierten, einseitigen und<br />

kontinuierlichen <strong>Thoraxschmerz</strong>, der zu<br />

Beginn auch atemabhängig sein kann<br />

[15].<br />

Bronchiektasen<br />

Bronchiektasen gehören zu den am häufigsten<br />

nicht korrekt diagnostizierten<br />

pneumologischen Erkrankungen [16].<br />

Eine dauerhafte Erweiterung von Bronchien<br />

und Bronchiolen mit Defekten<br />

der mukoziliaren Clearance und einem<br />

Circulus vitiosus aus Sekretverhalt,<br />

chronischer Infektion und Entzündung<br />

charakterisiert die Erkrankung. Bronchiektasen,<br />

die auf dem Boden einer<br />

Mukoviszidose entstanden sind, werden<br />

meist früh diagnostiziert und therapiert.<br />

Im Unterschied dazu werden Hypersekretion<br />

und Belastungsdyspnoe als die<br />

führenden Symptome nichtmukoviszidosebedingter<br />

Bronchiektasen häufig als<br />

COPD verkannt, weshalb eine genauere<br />

diagnostische Abklärung unterbleibt.<br />

Pleuritischer <strong>Thoraxschmerz</strong>, wenn auch<br />

seltener, kann ein Symptom der Bronchiektasenkrankheit<br />

sein [17].<br />

Ätiologisch kann in etwa 50% der<br />

Fälle eine spezifische Ursache identifiziert<br />

werden: Hierzu zählen postinfektiöse<br />

Zustände, Immundefekte und genetisch<br />

bedingte Erkrankungen wie die primäre<br />

Dysfunktion der Zilien (Kartagener-Syndrom)<br />

oder ein α1-Proteasen-Inhibitor-Mangel.<br />

Entsprechend der HäufigkeitderCOPDwerdenBronchiektasen<br />

zunehmend im Verlauf der Erkrankung<br />

als Komplikation diagnostiziert.<br />

KlareErkenntnissezurEpidemiologie<br />

und zur Therapie der Bronchiektasenerkrankung<br />

fehlen. Das kürzlich gestartete<br />

deutsche PROGNOSIS-Register wird<br />

hier mehr Erkenntnisse bringen. Zur sicheren<br />

Diagnose ist die Computertomographie<br />

des Thorax zwingend erforderlich.<br />

Eher atemunabhängiger<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong><br />

Pulmonal-arterielle Hypertonie<br />

Der Lungenhochdruck wurde lange Zeit<br />

als eine seltene Erkrankung besonders<br />

jüngerer Frauen angesehen. Heute wissen<br />

wir, dass er wesentlich häufiger vorkommt<br />

und das mediane Alter bei Diagnosestellung<br />

nach den COMPERA-Registerdaten<br />

71 Jahre beträgt. Die initiale<br />

Diagnose wird gewöhnlich auch heute<br />

noch mit großer Verzögerung gestellt.<br />

Da dies wahrscheinlich nachteilige Konsequenzen<br />

<strong>für</strong> die Prognose hat, ist es<br />

wichtig, die Symptome eines Lungenhochdrucks<br />

zu kennen.<br />

Nahezu alle Patienten (98 %) klagen<br />

über Dyspnoe zum Zeitpunkt der Diagnosestellung.<br />

Rasche Ermüdbarkeit,<br />

Synkopen, Ödeme und Palpitationen<br />

sind ebenfalls häufige Symptome. Weniger<br />

beachtet wird der ebenfalls häufige<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong>. So wurde in einer prospektiven<br />

Studie [18] bei 187 Patienten<br />

mit pulmonal-arterieller Hypertonie<br />

von fast der Hälfte der Patienten <strong>Thoraxschmerz</strong><br />

(47 %) bei Diagnosestellung<br />

angegeben (. Tab. 4).<br />

Nicht selten führen diese Beschwerden<br />

zunächst zu einer kardialen Diagnostik,<br />

um eine koronare Herzerkrankung<br />

auszuschließen. Wichtig ist, an die<br />

Möglichkeit eines Lungenhochdrucks zu<br />

denken, wenn Patienten über Dyspnoe<br />

und <strong>Thoraxschmerz</strong> klagen und sowohl<br />

der Kardiologe als auch der Pneumologe<br />

keine ausreichende Erklärung liefern<br />

kann.<br />

Lungenkarzinom<br />

Thorakale Malignome sind differenzialdiagnostisch<br />

bei <strong>Thoraxschmerz</strong> immer<br />

zu berücksichtigen. Das Lungenkarzinom<br />

ist bei Männern in Deutschland<br />

nach wie vor der häufigste zum Tod<br />

führende Tumor, bei Frauen hat das<br />

Lungenkarzinom in Bezug auf die Zahl<br />

der Todesfälle das Mammakarzinom nahezu<br />

eingeholt. Solange der Tumor von<br />

Lungenparenchym vollständig umgeben<br />

ist, sind <strong>Thoraxschmerz</strong>en selten die initialen<br />

Beschwerden, über die Patienten<br />

mit Lungenkarzinom klagen. Anders ist<br />

die Situation bei Infiltration der Thoraxwand<br />

[19]. Sogenannte Pancoast-<br />

Tumoren, die von Pancoast 1924 zum<br />

ersten Mal beschrieben wurden, machen<br />

sich durch massive brennende und<br />

andauernde Schmerzen bemerkbar, ein<br />

Horner-Syndrom kann bei Infiltration<br />

des Tumors in die Lungenspitze und in<br />

neuronale Strukturen vorliegen. Heute<br />

werden diese peripheren Lungenkarzinome<br />

in der Regel deutlich früher<br />

diagnostiziert. Schmerz ist bei etwa 50 %<br />

der Patienten auch heute ein führendes<br />

Symptom peripherer T3-Tumoren mit<br />

Beteiligung der parietalen Pleura oder<br />

mit Infiltration der Brustwand.<br />

26 Der Internist 1 · 2017


Maligner Pleuraerguss<br />

Neben Atemnot, Kachexie und reduzierter<br />

körperlicher Leistungsfähigkeit sind<br />

Schmerzen ein häufiges Symptom des<br />

malignen Pleuraergusses. Definiert wird<br />

der maligne Pleuraerguss durch ein Exsudat<br />

im Pleuraraum, das maligne Zellen<br />

oder Tumormaterial enthält. Die Mehrzahl<br />

maligner Pleuraergüsse ist durch ein<br />

metastasiertes Tumorleiden bedingt, am<br />

häufigsten durch das Lungenkarzinom<br />

bei Männern und das Mammakarzinom<br />

bei Frauen. Die beiden Entitäten sind<br />

<strong>für</strong> 50–65 % aller malignen Pleuraergüsse<br />

verantwortlich [20, 21].<br />

Pleuramesotheliom<br />

Das maligne Pleuramesotheliom (MPM)<br />

wird in nahezu 100 % der Fälle durch<br />

eineAsbestexpositionverursacht.Infortgeschrittenen<br />

Stadien stehen thorakale<br />

Schmerzen im Vordergrund. Die frühen<br />

Stadien der Erkrankung sind eher symptomarm.<br />

Schleichend beginnende Dyspnoe,<br />

Müdigkeit und Abgeschlagenheit<br />

sind zu Beginn uncharakteristische Beschwerden.<br />

Der schlecht lokalisierbare<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong> nimmt im Verlauf der<br />

Erkrankung zu und verschwindet im Unterschied<br />

zur Pleuritis auch nicht, wenn<br />

ein Pleuraerguss auftritt. <strong>Thoraxschmerz</strong><br />

in fortgeschrittenen Stadien des MPM<br />

kann therapeutisch eine große Herausforderung<br />

sein [22–24].<br />

Schmerzen nach Thorakotomie<br />

Geringe differenzialdiagnostische Probleme<br />

bereiten therapiebedingte <strong>Thoraxschmerz</strong>en<br />

nach Thorakotomie oder<br />

Strahlentherapie. Schmerzen nach Thorakotomie<br />

können die Lebensqualität<br />

auch nach erfolgreicher Tumorresektion<br />

erheblich beeinträchtigen. Die minimalinvasiven<br />

Verfahren in der Chirurgie<br />

des Lungenkarzinoms erbringen hier<br />

deutlicheVorteile[25]. Ein Jahr nach<br />

posterolateraler Thorakotomie klagen<br />

48 % der Patienten über <strong>Thoraxschmerz</strong>en,<br />

davon 12 % über neuropathischen<br />

Schmerz. Die meisten Patienten wareninihrenAlltagsaktivitätendadurch<br />

erheblich gestört [26].<br />

Akuter <strong>Thoraxschmerz</strong> bei<br />

COPD-Exazerbation und<br />

kardialer Komorbidität<br />

Ein großes Problem stellt in der klinischen<br />

Praxis das gleichzeitige Auftreten<br />

der COPD und einer kardialen Erkrankung<br />

wie der Herzinsuffizienz, der koronaren<br />

Herzerkrankung oder des Vorhofflimmerns<br />

dar. Die COPD sowie die erwähnten<br />

kardialen Erkrankungen haben<br />

als wichtigen Risikofaktor das inhalative<br />

Tabakrauchen gemeinsam. Sie treten<br />

gemeinsamimhöherenLebensalterauf<br />

und verursachen ähnliche Symptome. So<br />

ist besonders bei der akuten Exazerbation<br />

der COPD die Dyspnoe das führende<br />

Symptom,aberauchthorakalesDruckgefühl<br />

bis hin zu retrosternalen Schmerzen<br />

tritt häufig auf. Hier stellt sich die Frage<br />

nach der Abgrenzung zum akuten Koronarsyndrom<br />

(ACS). Dies ist besonders<br />

wichtig, da etwa 25 % der Patienten mit<br />

COPD an einer kardialen Erkrankung<br />

versterben. Die Schwere der Atemwegsobstruktion<br />

scheint ein Risikofaktor <strong>für</strong><br />

den akuten Myokardinfarkt zu sein, eine<br />

verzögerte Diagnose und die Untertherapie<br />

der gleichzeitig vorhandenen kardialen<br />

Erkrankung können ein Grund <strong>für</strong><br />

die Exzesssterblichkeit bei der schweren<br />

COPD sein [27].<br />

Prospektive Untersuchungen zur Frage<br />

der Diagnose eines Myokardinfarkts<br />

im Rahmen einer Krankenhausaufnahme<br />

wegeneinerakutenCOPD-Exazerbation<br />

sind bislang selten. In einer solchen<br />

Studie wurden 242 Patienten in einer<br />

Fallserie untersucht. Es zeigte sich, dass<br />

61 % der COPD-Patienten über akuten<br />

<strong>Thoraxschmerz</strong> bei Aufnahme klagten<br />

(. Tab. 5). Bei 26 % war dieser Schmerz<br />

belastungsabhängig, also klinisch nicht<br />

von einer belastungsinduzierten Angina<br />

pectoris zu unterscheiden. Die weitere<br />

diagnostische Aufarbeitung zeigte, dass<br />

einer von 12 Patienten mit akuter COPD-<br />

Exazerbation die Kriterien eines Myokardinfarkts<br />

mit positiven kardialen Biomarkern<br />

und, bei ST-Hebungs-Infarkt,<br />

mit entsprechenden EKG-Veränderungen<br />

erfüllte [28]. Die differenzialdiagnostische<br />

Herausforderung wird noch dadurch<br />

verstärkt, dass gerade sehr schwere<br />

COPD-Exazerbationen zum Anstieg<br />

Hier steht eine Anzeige.<br />

K


Schwerpunkt: <strong>Thoraxschmerz</strong><br />

kardialer Biomarker führen können, ohne<br />

dass ein ACS vorliegt.<br />

» Etwa 25 % der Patienten<br />

mit COPD versterben an einer<br />

kardialen Erkrankung<br />

Es gibt zahlreiche Hinweise, dass kardiale<br />

Erkrankungen wie ACS oder Myokardinfarkt<br />

und auch eine Herzinsuffizienz<br />

bei Patienten mit akuter COPD-<br />

Exazerbation nicht oder verspätet diagnostiziert<br />

werden. Gleiches gilt auch <strong>für</strong><br />

die umgekehrte Konstellation. Bei akuter<br />

Verschlechterung einer Herzinsuffizienz<br />

oder bei einem ACS gibt es eine<br />

hohe Dunkelziffer nicht diagnostizierter<br />

COPD-Fälle. Aber auch Überdiagnosen<br />

sind möglich, denn die COPD lässt sich<br />

erst in der stabilen Phase einer Herzinsuffizienz<br />

sicher mittels Spirometrie diagnostizieren<br />

und von einer kongestiven<br />

Atemwegsobstruktion abgrenzen –<br />

deutlich besser als die Spirometrie ist die<br />

Body-Plethysmographie geeignet.<br />

Aktives Suchen nach dem Vorliegen<br />

einer kardialen Komorbidität ist bei jeder<br />

COPD-Exazerbation sehr zu empfehlen,<br />

wie umgekehrt auch die Suche<br />

nacheinerCOPDbeiPatientenmitHerzinsuffizienz,<br />

koronarer Herzerkrankung<br />

oder Vorhofflimmern. Eine ausgezeichneteaktuelleÜbersichtzudiesemnochzu<br />

wenig adressierten Thema ist im Druck<br />

[29].<br />

Fazit <strong>für</strong> die Praxis<br />

4 <strong>Thoraxschmerz</strong> ist neben Dyspnoe<br />

und Husten ein sehr häufiges Symptom<br />

pulmonaler Erkrankungen.<br />

4 Die Intensität der Schmerzen kann<br />

sehr stark sein, wie etwa bei der<br />

akuten Pleuritis. Der Schmerzcharakter<br />

ist sehr variabel und reicht von<br />

schneidend bis dumpf und drückend,<br />

wie etwa bei Lungenhochdruck oder<br />

pulmonalen Malignomen.<br />

4 Die Atemabhängigkeit charakterisiert<br />

den pleuritischen Schmerz.<br />

4 Akute Schmerzereignisse sind typisch<br />

<strong>für</strong> den primären Spontanpneumothorax<br />

und die Lungenembolie.<br />

4 Über pleuritischen Schmerz klagen<br />

Patienten mit Pneumonie, zu Beginn<br />

eines Pleuraempyems und bei<br />

Bronchiektasen.<br />

4 <strong>Thoraxschmerz</strong> ist ein nicht selten<br />

fehlinterpretiertes Symptom des<br />

Lungenhochdrucks. Tritt er zusammen<br />

mit Belastungsdyspnoe auf<br />

und gelingt den Pneumologen und<br />

Kardiologen keine diagnostische<br />

Klärung, sollte an eine pulmonale<br />

Hypertonie gedacht werden.<br />

4 Brustschmerzen im Rahmen einer<br />

akuten COPD-Exazerbation geben<br />

Anlass, aktiv nach einer kardialen Komorbidität<br />

zu suchen, beispielsweise<br />

nach einem akuten Koronarsyndrom.<br />

Korrespondenzadresse<br />

Prof. Dr. B. Jany<br />

Missionsärztliche Klinik Würzburg,<br />

Akademisches Lehrkrankenhaus der<br />

Universität Würzburg<br />

Salvatorstr. 7, 97074 Würzburg, Deutschland<br />

berthold.jany@missioklinik.de<br />

Einhaltung ethischer Richtlinien<br />

Interessenkonflikt. B. Jany gibt an, dass kein Interessenkonflikt<br />

besteht.<br />

Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren<br />

durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.<br />

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28 Der Internist 1 · 2017

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