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SPECIAL

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KUNST<br />

<strong>SPECIAL</strong><br />

Art Cologne:<br />

Was den Messe-Besuch lohnt<br />

Brille auf:<br />

Virtual Reality<br />

in Kunst und Museen<br />

Skulpturen<br />

Projekte Münster –<br />

erstmals auch in Marl<br />

Jubiläum De Stijl:<br />

Mondrians Musik<br />

der Farben<br />

VERLAGSBEILAGE


Das<br />

Feuilleton<br />

im<br />

Radio.<br />

bundesweit und werbefrei<br />

UKW, DAB+, Kabel, Satellit, Online, App<br />

deutschlandradiokultur.de


Inhalt<br />

IMPRESSUM<br />

KUNST <strong>SPECIAL</strong><br />

erscheint monatlich im<br />

Verlag K-West GmbH<br />

Dinnendahlstr. 134 / 45136 Essen<br />

Tel.: 0201 / 49068-14,<br />

Fax: 0201 / 49068-15<br />

www.kulturwest.de<br />

REDAKTION<br />

V.i.S.d.P.: A. Wilink<br />

MARKETING<br />

MaschMedia, Oberhausen<br />

LAYOUT<br />

Morphoria, Pecher<br />

DRUCK<br />

Hitzegrad Print<br />

Medien & Service GmbH, Dortmund<br />

TITEL<br />

Foto: Li Alin: Enter Me Tonight, 2016.<br />

04<br />

06<br />

10<br />

14<br />

16<br />

18<br />

22<br />

24<br />

25<br />

28<br />

6 Fragen an …<br />

Susanne Gaensheimer, die frisch berufene Direktorin der<br />

Kunstsammlung NRW<br />

Sieh mal an!<br />

200 Galerien sind auf der Art Cologne –Wir sagen, welche<br />

sich lohnen.<br />

Zwei von zwanzig<br />

Nachwuchs mit »New Positions« auf der Messe: Tobias Nink und<br />

seine »Guten Stücke«, Arne Schmitt und seine »Neue Pracht«<br />

Und wohin nach dem Messe-Besuch?<br />

Unsere Ausgeh-Tipps<br />

Melonen gegen die »Angst«<br />

Die Skulptur Projekte Münster erweitern sich – nach Marl<br />

Reif für die Insel im Kopf<br />

Die Kunstszene entdeckt die Virtual Reality – Was sagen<br />

Künstler, das Duo Friedemann Banz und Giulia Bowinkel, dazu<br />

und was eine Kuratorin, Tina Sauerländer?<br />

Museums-Ausstellungen im Überblick<br />

Fromme Massenware<br />

Albrecht Bouts in Aachen mit malerischen »Blut und Tränen«<br />

Ausstellungs-Empfehlungen<br />

von Bonn bis Paderborn<br />

Keine Angst vor Rot, Gelb, Blau<br />

Die Kunst-Bewegung De Stijl wird 100 und feiert Piet Mondrian<br />

und seine Kollegen


6 Fragen an Susanne Gaensheimer<br />

INTERVIEW STEFANIE STADEL<br />

Die Vakanz hat ein Ende. Ab September wird Susanne<br />

Gaensheimer (50), zur Zeit noch Direktorin des Museums<br />

für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt, die Leitung der<br />

Kunstsammlung NRW in Düsseldorf übernehmen.<br />

k.west: Sie waren Leiterin des Kunstvereins in Münster und<br />

Kuratorin am Münchner Lehnbachhaus, sind noch Chefin des<br />

MMK in Frankfurt. Nebenbei haben Sie zweimal den deutschen<br />

Pavillon der Venedig Biennale kuratiert. Woran erinnern Sie<br />

sich besonders gern, worauf sind Sie stolz?<br />

SUSANNE GAENSHEIMER: Eigentlich fand ich<br />

alle Stationen toll. Ein Highlight war aber doch Venedig –<br />

natürlich ein besonderer Ort. Wir waren bei den Vorbereitungen<br />

beide Male mehrere Monate mit der ganzen Familie<br />

dort. Eine schöne Zeit, auch wenn der erste Aufenthalt eine<br />

sehr traurige Wendung nahm, als Christoph Schlingensief<br />

mitten in unserer Arbeit starb; das war ein Schlag von ungeheuer<br />

emotionaler Intensität, eine sehr prägende Erfahrung.<br />

k.west: Als die Anfrage aus Düsseldorf kam, wussten Sie gleich,<br />

dass die Leitung der Kunstsammlung das Richtige für Sie ist?<br />

SG: Nein, wir haben lange darüber nachgedacht. Die<br />

Findungskommission und ich waren fast ein halbes Jahr im<br />

Gespräch. Obwohl ich die Kunstsammlung NRW schon immer<br />

für eines der interessantesten Museen in Deutschland hielt,<br />

hatte ich zunächst überhaupt nicht den Wunsch, aus Frankfurt<br />

wegzugehen, weil es uns hier sehr gut geht – mir beruflich wie<br />

auch meiner Familie. Die Gespräche haben sich aber dann sehr<br />

schön entwickelt. Ich habe mich eingehender mit der Kunstsammlung<br />

beschäftigt und mit den Potentialen der drei Häuser<br />

K20, K21 und Schmelahaus, aber auch mit Düsseldorf und dem<br />

Land Nordrhein-Westfalen. Besonders spannend finde ich die<br />

Herausforderung, mit der Sammlung der Klassischen Moderne<br />

zu arbeiten und sie ins 21. Jahrhundert zu führen.<br />

k.west: Bisher waren Sie eigentlich nur befasst mit der Zeit nach<br />

1945 und vor allem mit Gegenwartskunst. Wie wollen Sie das<br />

Erbe der Klassischen Moderne angehen?<br />

SG: Hier in Frankfurt haben wir nun über Jahre unser<br />

Ausstellungprogramm und die Sammlung mit einer globalen<br />

Perspektive erweitert. Wir haben Künstlerinnen und<br />

Künstler aus aller Welt darin integriert. Diese globale Perspektive<br />

auf den Bereich der Klassischen Moderne zu übertragen,<br />

erscheint mir eine folgerichtige Fortsetzung meiner Arbeit in<br />

Frankfurt.<br />

Prof. Dr. Susanne Gaensheimer. Foto: Frank Blümler.<br />

k.west: Ihre Vorgängerin Marion Ackermann hat bereits in diese<br />

Richtung gearbeitet – zumal mit dem laufenden Projekt »Museum<br />

Global«, an dem auch Ihr MMK beteiligt ist. Gibt es weitere<br />

Aspekte und Elemente, die Sie aufgreifen möchten?<br />

SG: Auf jeden Fall. Marion Ackermann hat den Bereich<br />

Bildung und Vermittlung stark ausgebaut, wichtige neue Formate<br />

und überhaupt eine neue Haltung dazu etabliert. Das möchte ich<br />

aufgreifen und fortführen. Auch im Bereich der Digitalisierung<br />

hat sie einiges auf den Weg gebracht, das ich ebenfalls ausbauen<br />

möchte.<br />

k.west: Und eigene neue Akzente?<br />

SG: Ja, das betrifft vor allem das Feld der Gegenwartskunst.<br />

Zum Beispiel möchte ich das K21 wieder als Haus des<br />

21. Jahrhunderts profilieren. Das war ja ursprünglich die Idee<br />

– und ich fand sie toll. Das K21 soll zu einem lebendigen Ort<br />

werden, der internationale Gegenwartskunst zeigt. Das möchte<br />

ich interdisziplinär angehen und auch angrenzende Kunstgattungen<br />

in den Blick nehmen, Choreografie etwa oder Architektur<br />

und Film. Auch denke ich daran, ein regelmäßiges Performanceprogramm<br />

zu etablieren.<br />

k.west: Was sagt Ihre Familie – Sie haben auch zwei Kinder –<br />

zum Umzug nach Düsseldorf?<br />

SG: Die Kinder gehen inzwischen beide aufs Gymnasium.<br />

Wir haben uns umgeschaut und die Stadt hat ihnen sehr gut<br />

gefallen. Inzwischen freuen sie sich auf den neuen Ort. Gegen die<br />

Familie hätte ich die Entscheidung nicht durchsetzen wollen.<br />

4 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Di 2. Mai 20:00 Sartory-Säle<br />

Fr 5. Mai 20:00 Kölner Philharmonie<br />

Käptn Peng<br />

Inna Modja<br />

Malikah<br />

s t a r g a z e<br />

u. a.<br />

Ensemble Musikfabrik<br />

»Cantatrix Sopranica«<br />

Marco Blaauw | Doppeltrichter-Trompete<br />

Piia Komsi, Emily Hindrichs | Sopran<br />

Thomas Lichtenecker | Countertenor<br />

Peter Veale | Oboe, Englischhorn<br />

Helen Bledsoe | Flöte<br />

Peter Rundel | Dirigent<br />

Werke von<br />

Jonathan Harvey<br />

Rebecca Saunders<br />

Peter Eötvös<br />

Julien Jamet<br />

und Unsuk Chin<br />

Gefördert durch<br />

Unterstützt durch<br />

cd: hidabicer.com | Fotos: Klaus Rudolph, Marco Conti, Klaus Rudolph<br />

Mi 3. Mai 18:00 Stadtgarten<br />

Do 4. Mai 18:00 Kunst-Station Sankt Peter<br />

Fr 5. Mai 18:00 Kölnischer Kunstverein<br />

Mit<br />

Scott Fields<br />

Niklas Seidl<br />

Matthias Schubert<br />

Dirk Rothbrust<br />

Camilla Hoitenga<br />

sprechbohrer<br />

u. v. a.<br />

achtbruecken.de<br />

0221.280 281<br />

ON@ACHT BRÜCKEN<br />

Das Netzwerk Neue Musik<br />

mit der freien Kölner Szene<br />

präsentiert sich bei ACHT BRÜCKEN


Sieh mal an!<br />

TEXT ALEXANDRA WACH<br />

200 Galerien aus 28 Ländern präsentieren<br />

rund 2.000 Künstler mit<br />

ihren Werken von der Klassischen<br />

Moderne bis in die Gegenwart –<br />

soweit die Fakten zur 51. Art<br />

Cologne in knappen Worten. Aber<br />

was steckt dahinter? k.west sagt,<br />

welche Stände man beim Rundgang<br />

durch die Messehalle Elf nicht<br />

verpassen sollte.<br />

Tracey Emin: Walking Around My World, 2011. © Tracey Emin. All rights reserved, DACS 2016. Photo © White Cube (Ben Westoby).<br />

Derda Berlin<br />

Im Segment der Klassischen Moderne dürfte sich der Debütant<br />

Derda Berlin als Glücksfall erweisen. Der erste Auftritt reicht<br />

von den Kölner Progressiven über die Meister und Studenten<br />

des Bauhauses bis zu den Mitgestaltern des Neuen Frankfurts.<br />

Eine von ihnen war die Fotografin Ilse Bing, auch »Königin<br />

der Leica« genannt. Sie dokumentierte das von dem Architekten<br />

Mart Stam 1930 erbaute Budgeheim. Viele Arbeiten aus<br />

der Serie befinden sich heute im Victoria & Albert Museum in<br />

London oder in der Sammlung des Art Institute in Chicago.<br />

Ein ungewöhnliches Highlight im Angebot von Derda ist auch<br />

ein frühes Landschaftsgemälde von Kurt Schwitters, das noch<br />

dem expressionistischen Malstil nacheifert. Oder die 42.000<br />

Euro teure Farblithografie »Der Verliebte« von Paul Klee. Die<br />

in Weimar erschienene »Meistermappe des Staatlichen Bauhauses«<br />

von 1923 enthielt insgesamt acht Lithographien und<br />

präsentierte Arbeiten der Meister – von Kandinsky, Feininger,<br />

Marcks, Moholy-Nagy und eben auch Klee, der die Figur des<br />

Verliebten als Spielball seiner Fantasien darstellt.<br />

Klaus Gerrit Friese, Berlin<br />

2015 zog der Galerist Klaus Gerrit Friese von Stuttgart nach<br />

Berlin, wo viele seiner Künstler leben. Etwa der 1938 geborene<br />

Maler K.H. Hödicke, der es sich nicht nehmen lässt, am Rhein<br />

für »Das Brandenburger Tor« zu werben, eine im Duktus eines<br />

Kindes gemalte Ode an Berlins Touristenattraktion. Keinen<br />

akuten Lokalpatriotismus muss man bei dem zwischen Düsseldorf<br />

und New York pendelnden Cornelius Völker fürchten; der<br />

1965 geborene Maler verguckt sich gern in banale, stark vergrößerte<br />

Motive wie Butterbrote, Teebeutel, Meerschweinchen<br />

oder Aspirin, und das gleich in Serie. Seine pastosen, farblich<br />

schrillen »Blüten«-Gemälde versprühen pure Lebensfreude im<br />

Hier und Jetzt. Das kann der ermüdende Messetrubel als Augendusche<br />

gut gebrauchen.<br />

6 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Le Minotaure, Paris<br />

Zu den Neuzugängen im Segment »Modern, Post-War and Contemporary«<br />

gehört Le Minotaure aus Paris. Gegründet wurde<br />

die Galerie 2002 von Benoit Sapiro; im Programm sind neben<br />

Größen wie Fernand Léger vor allem weniger bekannte russische<br />

und zentraleuropäische Künstler der ersten Hälfte des 20.<br />

Jahrhunderts. Am Stand ist etwa mit den Ende der 1920er Jahre<br />

entstandenen Gemälden von August Herbin zu rechnen. Als<br />

Ateliernachbar von Braque und Picasso setzte er sich zunächst<br />

mit dem Kubismus auseinander. Ab 1917 begann seine ungegenständliche<br />

Phase. Er verwendet die elementaren Grundformen<br />

Dreiecke, Kreise, Rechtecke und Trapeze. 1931 wird<br />

Herbin Mitbegründer der Künstler-Vereinigung »Abstraction-Création«.<br />

Seine farblich muntere »Spirale dynamique« von<br />

1928 überrascht mit rundlich zerfließenden Formen. Geometrisches<br />

hat hier Leinwandverbot. Die Wiederentdeckung wert<br />

ist auch der Armenier Léon Tutundjian – ein Überlebender des<br />

Genozids. Er zog 1924 nach Paris und verband auf seinen Gemälden<br />

Abstraktion mit figurativen Andeutungen, wenn sich<br />

etwa Linien, Kreise und Kugelkörper zur Silhouette einer menschelnden<br />

Figur formten.<br />

Pieter Hugo: Beijing, 2015. Galerie Priska Pasquer, Köln.<br />

Kadel Willborn, Düsseldorf und Karlsruhe<br />

Kadel Willborn bespielen inzwischen die wichtigsten Kunstmessen<br />

von der Art Basel bis zur Frieze London. Nach Köln bringen<br />

sie Matthias Bitzer mit, einen 1975 geborenen Künstler, der in<br />

der Malerei wie auch in der Skulptur, Zeichnung, Collage und<br />

Installation zu Hause ist. In einer Neusichtung der Klassischen<br />

Moderne kombiniert der Wahl-Berliner Fotoporträts, die nach<br />

Vintage aussehen, mit geometrischen Konstruktionen. Seine<br />

Arbeiten beziehen sich auf historische Biografien, die wegen ihrer<br />

Andersartigkeit ins Abseits geraten sind. Dazu gehören die<br />

Dichterin und Künstlerin Mina Loy, die Dada-Mitbegründerin<br />

Emmy Ball-Hennings oder der britische Schriftsteller T.S. Eliot.<br />

Das Ergebnis ist ein mit Zitaten und visuellen Verfremdungen<br />

aufgeladener Bilderkosmos, den man inspizieren kann wie einen<br />

lebendig gewordenen Geschichtswälzer.<br />

INVENTUR 2<br />

June 01 –<br />

June 03, 2017<br />

Panels<br />

Lectures<br />

Live Acts<br />

Performances<br />

Registration starts<br />

April 15, 2017<br />

www.tanzhaus-nrw.de<br />

Mithkal Alzghair, Rustom Bharucha,<br />

Claire Bishop, Jonathan Burrows,<br />

Panaibra Gabriel Canda, Nora<br />

Chiapaumire, Bojana Cvejić, Dan<br />

Daw, Gurur Ertem, Tomasz Foltyn,<br />

Susan Leigh Foster, Sujata Goel,<br />

Trajal Harrell, Maria Hassabi,<br />

Raimund Hoghe, Ana Janevski, Janez<br />

Janša, Bojana Kunst, Isabelle<br />

Launay, Ralph Lemon, Lina<br />

Majdalanie, Babette Mangolte,<br />

Achille Mbembe, Joe Moran, Rabih<br />

Mroué, Sandra Noeth, Opiyo Okach,<br />

Jay Pather, Pauline Payen, Manuel<br />

Pelmuş, Maque Pereyra, Javiera<br />

Peon-Veiga, Chantal Pontbriand,<br />

Laurence Rassel, Jan Ritsema, Lia<br />

Rodrigues, Georg Schöllhammer,<br />

Agata Siniarska, Gabriel Smeets,<br />

Susana Tambutti<br />

CONTEMPORARY<br />

DANCE &<br />

PERFORMANCE<br />

Main sponsor<br />

Sponsors<br />

Concept: Sigrid Gareis, Gabriele<br />

Brandstetter, Martina Hochmuth,<br />

Bettina Masuch<br />

An event of the Arts Foundation of North Rhine-Westphalia in collaboration with the tanzhaus nrw, supported within theframework of the Alliance of International<br />

Production Houses by the Federal Government Commis sioner for Culture and the Media. Inventur 2 takes place within the framework of the European Dancehouse<br />

Network (EDN), co-funded by Creative Europe Programme of the European Union.


Lyles + King, New York<br />

Nachjustiert hat die Messeleitung im Bereich der jungen zeitgenössischen<br />

Kunst, die jetzt unter dem Branding »Neumarkt«<br />

firmiert. Die hier versammelten Galerien dürfen nicht älter als<br />

zehn Jahre sein. Gerade mal zwei Jahre haben Lyles + King auf<br />

dem Buckel und können in ihrem smarten Programm bereits<br />

auf vielversprechende Talente zurückgreifen. Die New Yorker<br />

Galerie reist von der wenige Tage vorher stattfindenden Art<br />

Brussels weiter zur Art Cologne mit einer Solo-Show des 1984<br />

geborenen Malers Chris Hood – seinen Mixturen aus Cartoon-Elementen,<br />

gezeichneten Linien, Textbruchstücken und<br />

kräftig sommerlicher Farbgebung à la van Gogh haben schon<br />

bedeutende Magazine wie Elephant, Art in America oder Time<br />

Out New York lobende Besprechungen gewidmet. Wenn das<br />

dann noch ein Geheimtipp ist...<br />

Cornelius Völker: Blüten, 2016.<br />

Galerie Klaus Gerrit Friese, Berlin.<br />

Museumsmeile<br />

Friedrich-Ebert-Allee 2<br />

53113 Bonn<br />

Info: 0228 77-6260<br />

www.kunstmuseum-bonn.de<br />

Gerhard Richter<br />

Über Malen –<br />

Frühe Bilder<br />

15.6.–1.10.2017<br />

Hans-Fries-<br />

Stiftung, Köln<br />

Abb.: Gerhard Richter, Vorhang IV (Detail), 1965; Kunstmuseum Bonn; © Gerhard Richter 2017 (16012017)<br />

Galerie Neu, Berlin<br />

Am Stand der Berliner treffen zwei deutsche Bildhauer aufeinander,<br />

die unserem Alltag mit Lust an der ungewöhnlichen<br />

Sinnverschiebung begegnen. Der 1982 geborene Yngve Holen<br />

verlegt blauen Teppich aus der Luftfahrtindustrie auf Hebebühnen<br />

oder verwandelt Marmor per 3D-Scan in scheinbar<br />

organisch glänzende Fleischstücke. Manfred Pernice, Jahrgang<br />

1963, teilt diesen erfinderischen Furor, wenn er sich Bartresen,<br />

Mülltonnen oder Litfaßsäulen als Inspirationsquelle aussucht<br />

und ihre Einzelteile zu Installationen verdichtet. Auf das Rendezvous<br />

der Meister-Bricoleure darf man gespannt sein.<br />

Priska Pasquer, Köln<br />

Passend zur großen Ausstellung des südafrikanischen Fotokünstlers<br />

Pieter Hugo, die bis Juli im Kunstmuseum Wolfsburg<br />

läuft, bestückt die Kölnerin Priska Pasquer ihren Stand<br />

mit der Serie »Flat Noodle Soup Talk«. Sie entstand während<br />

eines einmonatigen Aufenthalts in Peking. Im Fokus von Hugos<br />

Stadterkundungen standen die Kontraste, die das heutige<br />

China beherrschen: Eine Generation, die noch zu Zeiten der<br />

Revolution aufgewachsen ist und in ihrem Leben bittere Opfer<br />

brachte, trifft auf junge Kunststudenten, die ihren Platz in einer<br />

vom Staat gelenkten Konsumgesellschaft finden müssen, etwa<br />

als Teil einer Subkultur, die nicht den herrschenden Idealen<br />

entsprechen will. Für Kontrast sorgt auch die Galeristin selbst,<br />

indem sie Hugos eindringlichen Menschenporträts die postdigitalen,<br />

von Bildbearbeitung geprägten Arbeiten der 1977 geborenen<br />

Johanna Reich gegenüberstellt.<br />

Brigitte Schenk, Köln<br />

Es gibt nicht viele deutsche Galeristen, die sich auf zeitgenössische<br />

Kunst aus muslimisch geprägten Ländern spezialisieren.<br />

Die Kölnerin Brigitte Schenk ist eine davon. Sie versteht<br />

ihren Auftritt diesmal explizit politisch als Demonstration<br />

gegen das von Donald Trump verhängte Einreiseverbot. Mit<br />

den Arbeiten von Magdi Mostafa aus Ägypten, Abdulnasser<br />

Gharem aus Saudi Arabien, Tarek Al Ghoussein, einem Palästinenser<br />

aus Kuwait, Shahram Karimi aus dem Iran und<br />

Halim Al Karim aus dem Irak fächert Schenks Solidaritätsbeitrag<br />

ein breites Spektrum an Positionen auf. Der 1973 geborene<br />

Abdulnasser Gharem, der zeitgleich zur Art Cologne<br />

mit einer Einzelausstellung im Los Angeles County Museum<br />

K.WEST 04/17


of Art, LACMA, vertreten sein wird, hat sich den Ruf eines<br />

hochpolitischen Künstlers erworben, der mit dem Werkzeug<br />

des Stempels, Inbegriff der Bürokratie, arbeitet. Das Ergebnis<br />

sind »verpixelte« Holzbilder, die man mit gestörtem<br />

Fernsehempfang verbindet. Gharems Botschaften lassen sich<br />

indes unschwer dechiffrieren: Über ein Obama-Foto lässt er<br />

etwa Zensurbanner der Regierung schweben und hinterfragt<br />

damit die Aussagekraft gelenkter Medien.<br />

White Cube, London<br />

Ein gewichtiger Neuzugang ist aus London zu verzeichnen.<br />

Die Galerie White Cube war am Aufstieg der Young British<br />

Artists beteiligt und weist in ihrem in der A-Liga fischenden<br />

Programm auch deutsche Größen wie Anselm Kiefer, Andreas<br />

Gursky oder Georg Baselitz auf. Am Rhein meint man mit deutschen<br />

Positionen punkten zu können und hat Imi Knoebel dabei.<br />

Auf »Sommer« stimmt der Vertreter der Minimal Art mit<br />

gelben und grünen Balken ein, die eine verdunkelte Winterwelt<br />

zu vertreiben scheinen. Auch mit dabei ist das britische Enfant<br />

terrible Tracey Emin mit der Neonschrift »Walking Around My<br />

World«, die sich als ganzes Manifest entpuppt: Emins Kunst<br />

lässt sich von ihrer Biografie nicht trennen. Sie selbst ist das<br />

Kunstwerk. Ihre intimen Arbeiten – Videos, Raum-Installationen,<br />

Zeichnungen, bestickte Stoffe, Texte – kreisen am liebsten<br />

um nackte Tatsachen.<br />

Matthias Bitzer: a sensational air, 2017.<br />

Courtesy Kadel Willborn, Düsseldorf.<br />

ART COLOGNE 2017 –<br />

51. INTERNATIONALER KUNSTMARKT<br />

HALLE 11, MESSEGELÄNDE KÖLN-DEUTZ<br />

26. BIS 29. APRIL 2017<br />

TEL.: 0221/8210<br />

VON DER HEYDT-MUSEUM<br />

WUPPERTAL<br />

erbsloeh-ausstellung.de<br />

Ermöglicht durch<br />

Mädchen mit rotem Rock, 1910, Von der Heydt-Museum Wuppertal © VG Bild-Kunst, Bonn 2017


Zwei von<br />

zwanzig<br />

Wie immer bekommen die Förderkojen<br />

der Art Cologne besondere<br />

Aufmerksamkeit. Zwanzig ausgewählte<br />

»New Positions« sind zum<br />

Messe-Debüt geladen. Zwei Künstler<br />

hat k.west bei den Vorbereitungen<br />

für ihren Auftritt beobachtet.<br />

Möbel neu interpretiert von Tobias Nink. (Ansicht der Ausstellung 2017 in der Galerie Heinz<br />

Holtmann mit »Agent Orange«, »hoppe, hoppe Reiter« und »Totem«.)<br />

10 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Gute Stücke<br />

Tobias Nink bei Heinz Holtmann, Köln<br />

TEXT STEFANIE STADEL<br />

Kein cooles Atelier. Tobias Nink und seinen Langhaar-Kater trifft<br />

man in einem sanierungsbedürftigen Reihenhäuschen in Duisburg<br />

Homberg. Für ihn und seine Arbeit die beste Lösung, findet<br />

der 31-Jährige. Das Haus gehöre der Familie, und in Düsseldorf<br />

wäre er wohl kaum zur Kunst gekommen, vor lauter Nebenjobs,<br />

die nötig wären, um die Miete zu zahlen.<br />

Auf der ersten Etage schläft er, im Wohnzimmer wird gearbeitet,<br />

neben Türmen alter Truhen, Tische, Schränke. Alles was geht,<br />

scheint in den Raum gestopft. Das 70er Jahre Sideboard hat Nink<br />

in einer Garage aufgetan, die beiden bauchigen Kommoden waren<br />

bei Ebay-Kleinanzeigen zu haben. Die Suche danach macht er<br />

sich nicht leicht. Sperrmüll als Quelle kommt für ihn keinesfalls<br />

in Frage, weil er Möbel braucht, die zwar benutzt, aber nicht allzu<br />

abgenutzt sind. Manchmal sei er stundenlang mit dem Transporter<br />

unterwegs über Land. Nur, wenn der Funke überspringe,<br />

lasse sich etwas aus dem Material machen. Aber was und wie?<br />

Es bleibt nicht beim objet trouvé. Auf ganz eigene Art eignet<br />

sich Nink die Stücke seiner Wahl an. Mit der Säge werden sie<br />

sorgfältig ausgeweidet und planvoll zerlegt, jeder Schnitt muss<br />

sitzen. Mindestens die Hälfte des Materials landet anschließend<br />

im Müll, der gute Rest wird zur Skulptur verklebt, in der das Ursprungs-Möbel<br />

immer sichtbar bleibt, aber völlig neue Gestalt<br />

annimmt. Oft werden einzelne formale Eigenschaften herausgegriffen<br />

und akzentuiert oder ad absurdum geführt. Nicht selten<br />

entwickeln die zweckentfremdeten Wesen bei dieser Gelegenheit<br />

eine gewisse Komik, vor allem, wenn Nink sie mit Titeln bedenkt.<br />

Dann erkennt man etwa in Schubladen die geschwellte Brust<br />

des strammstehenden »Generals«, die Möbelknäufe werden zu<br />

Uniformknöpfen. Aus zwei Nachttischchen macht er niedliche<br />

»Geschwister«, aus einem kühlen Stahlschrank den unnahbaren<br />

»Onkel Doktor«, und sein total geschrumpfter Elektroherd<br />

bittet »zu Tisch«. Es überrascht, wie Vertrautes derart umgekrempelt<br />

neue Assoziationen weckt. Weitertreiben lässt sich<br />

das entfremdende Spiel, indem die Objekte im Betonguss abgeformt<br />

werden. Eine Idee, die Nink schon erprobt hat und die<br />

noch weiter gehen soll.<br />

Kunst lag nicht in der Familie, doch haben ihn die Eltern machen<br />

lassen. Nink kam an. In der Bildhauerklasse von Tony Cragg<br />

wurde er 2013 Meisterschüler. Den Akademiebrief erhielt er zwei<br />

Jahre später von Craggs Nachfolger Richard Deacon. Bevor er<br />

sich erstmals an einem Möbel vergriff, hatte Nink – noch an der<br />

Akademie – Rigipsplatten in schmale Streifen geschnitten, um<br />

daraus monumentale Skulpturen zu bauen. 2014 kam dann ein<br />

erster Schrank unter die Säge. Das »gute Stück« steht noch heute<br />

in Ninks Schlafzimmer.<br />

Viele andere Möbelwerke haben herausgefunden, in die Kunstvereine<br />

nach Leverkusen und Schweinfurt zum Beispiel. Und<br />

zuletzt zur ersten großen Einzelausstellung in die Kölner Galerie<br />

Heinz Holtmann, die Größen wie Cragg, Uecker, Richter, Polke<br />

vertritt und Nink als »New Position« auf der Art Cologne präsentiert.<br />

Einen alten Herd will er für den Auftritt herrichten. Das<br />

Gerät steht bereits im Keller, in Einzelteile zerlegt und von allen<br />

funktionalen Innereien befreit. Mit Fettlöser macht Nink sich am<br />

weißen Email zu schaffen, so etwas kann Tage dauern. Erst wenn<br />

alles blitzblank ist, kommt die Flex zum Einsatz.<br />

Viel zu tun gibt es auch an einer zweiten Baustelle: ein riesiger<br />

Kleiderschrank, der für fünf Arbeiten reichen soll, die Nink bei<br />

der Art Cologne an die Kojen-Wand hängen will. Man kann ihm<br />

die Begeisterung für den Fund ansehen. Das verschossene Petrol<br />

erinnere ihn fast an Blätterwerk, das in der Sonne funkelt. Einen<br />

Titel hat Nink schon für die Arbeit: Ein wenig »Waldeinsamkeit«<br />

wird sicher gut tun im Messerummel.<br />

SIEBEN SÄRGE<br />

Es gibt einen Tod nach dem Leben<br />

Ein Kunstprojekt von Gerhard Rossmann<br />

K.WEST 04/17<br />

cubus kunsthalle, duisburg (im Kantpark)<br />

Friedrich-Wilhelm-Str. 64, 47051 Duisburg<br />

6. Mai – 4. Juni 2017, Öffnungszeiten: Mi-So 14-18 Uhr<br />

www.cubus-kunsthalle.de<br />

RUBRIK<br />

11


Neue Pracht<br />

Arne Schmitt bei Jacky Strenz, Frankfurt<br />

TEXT ALEXANDRA WACH<br />

Die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig ist nicht nur bei<br />

Nacheiferern des Maler-Stars Neo Rauch beliebt, sondern auch bei<br />

konzeptuell denkenden Fotografen. Gleich vier Foto-Klassen und<br />

Professoren wie Heidi Specker oder Joachim Brohm sorgen für ein<br />

Klima, in dem anspruchsvollere Gemüter gedeihen. Arne Schmitt<br />

ist einer von ihnen. Sein Studium schloss er mit dem Fotobuch<br />

»Wenn Gesinnung Form wird« ab. Ein Titel, der jedem einleuchtet,<br />

der mit dem 32-Jährigen ins Gespräch kommt.<br />

12 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Unter dem Titel »In neuer Pracht« nimmt<br />

Arne Schmitt das Kölner Gerling-Quartier ins Visier.<br />

(© Arne Schmitt / VG Bild-Kunst, Bonn 2017.<br />

Courtesy Arne Schmitt/ Jacky Strenz, Frankfurt/Main.)<br />

Der Nachkriegsarchitektur der westdeutschen Innenstädte gilt<br />

sein Interesse, jene Beton-Bausünden, die heute gern abgerissen<br />

oder umfunktioniert werden. Allerdings begnügt sich Schmitt<br />

K.WEST 04/17<br />

PAN kunstforum niederrhein<br />

Agnetenstraße 2, 46446 Emmerich am Rhein<br />

Tel.: +49(0)2822 5370110; Fax: +49(0)2822 5370122<br />

http://www.pan-forum.de<br />

nicht mit den ästhetischen Eigenheiten: »Es geht darum, eine<br />

These aufzustellen«, meint er. »Wie hängt die Architektur mit<br />

der Geschichte des Gebäudes zusammen? Warum entledigt<br />

sich eine Gesellschaft eines bestimmten Stils? Oder greift Jahrzehnte<br />

später auf ihn zurück?«<br />

Ein schlauchartiger Flur in einer Wohnung der Kölner Südstadt<br />

führt direkt ins Atelier. Kreatives Chaos sucht man vergeblich.<br />

Von Platznot keine Spur. Die minimalistische Einrichtung<br />

aus Schreibtisch, Kopierer und gerade mal zwei Regalen<br />

lässt auf ein gut sortiertes Gehirn schließen. Auch die Heizung<br />

muss jetzt als Ablage dienen. Schmitt ist mitten im Prozess der<br />

Motivauswahl. »In neuer Pracht« heißt die Arbeit, die in der<br />

Koje der Frankfurter Galerie Jacky Strenz zu sehen sein wird.<br />

Schwarz-weiße Aufnahmen dokumentieren nüchtern das Kölner<br />

Gerling-Quartier, darunter vor allem die skulpturalen Anteile,<br />

die Hitlers Lieblingsbildhauer Arno Breker als Freund der<br />

Gerling- Familie beigesteuert hatte.<br />

Der einstige Sitz des Versicherungskonzerns ist inzwischen<br />

zum Objekt der Begierde von Immobilienfirmen geworden,<br />

die das Gelände in eine neoklassizistische Abfolge aus Luxuseigentumswohnungen,<br />

hochpreisigen Büros und einem Hotel<br />

verwandeln. In den pathetisch-schwülstigen Werbespots, die<br />

Schmitt in seine Installation einbauen wird, preist man den Ort<br />

als einen, »an dem jeder Stein Geschichte atmet«. Die braunen<br />

Details bleiben aber geschichtsvergessen außen vor.<br />

Genau diese wechselnden ideologischen Konstellationen sind<br />

es, die Schmitt auch in anderen Serien, Buchprojekten und Videos<br />

recherche-intensiv seziert. Mal findet er auf Berliner Straßen<br />

von Albert Speer entworfene Peitschenlampen, die nach<br />

dem Krieg aus nicht bombardierten Depots herausgeholt wurden.<br />

Oder er geht den politischen Debatten um die Serra-Skulptur<br />

am Hauptbahnhof Bochum nach.<br />

Dabei sieht sich Schmitt nicht etwa in der Tradition der Becher-<br />

Schule. Die sind ihm in ihrer Neigung zu Großformaten zu<br />

»bildverliebt«. Eher in der Gefolgschaft des 2014 verstorbenen<br />

Essay-Filmers Harun Farocki, der nicht zuletzt auch den Einfluss<br />

der Werbung und der Medien auf den kapitalistischen<br />

Alltag analysierte. Und was greift mehr ins öffentliche Leben<br />

ein als der mit jeweiligem Zeitgeist kontaminierte Städtebau?<br />

Didaktik sei für ihn kein Angstbegriff mehr, sagt er. Deswegen<br />

setzt er bei aller Liebe zur Aussagekraft der jeweiligen<br />

architektonischen Situation zunehmend auf kommentierende<br />

Texte, um nicht zu nebulös rüberzukommen. Ein Architekt<br />

der Beunruhigung, der auf Nummer Sicher geht. Wie<br />

beruhigend!<br />

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 11–16 Uhr<br />

Samstag und Sonntag 11–18 Uhr<br />

Eintrittspreise<br />

Erwachsene 9,50 € Familie 19,50 €<br />

Ermäßigt 7,50 € Gruppen pro Person 7,50 €<br />

Führungen Sonntags 14 Uhr und nach Ankündigung im<br />

Internet 2,- € + Eintritt<br />

Gruppenführungen nach Voranmeldung<br />

55,- € + Gruppeneintritt<br />

Große<br />

Sonderausstellung<br />

Große Sonderausstellung<br />

Dalí<br />

am Niederrhein<br />

am Niederrhein<br />

über 600 Exponate<br />

11. März — 3. September 2017<br />

PAN kunstforum niederrhein<br />

Emmerich am Rhein<br />

über 600 Exponate<br />

11. März bis<br />

3. September 2017<br />

PAN kunstforum<br />

niederrhein<br />

Agnetenstraße 2<br />

46446 Emmerich am Rhein<br />

Tel.: +49(0)2822 5370110<br />

pan-forum.de


Lassen Sie<br />

es sich<br />

schmecken!<br />

TEXT PETER ERIK HILLENBACH<br />

Um die 51. Art Cologne gesund<br />

und fit an Geist und Körper zu<br />

überstehen, braucht es Nervennahrung<br />

und Soulfood. Entsprechende<br />

Restaurants und Bars<br />

gibt es genug – fußläufig erreichbar<br />

innerhalb des Grüngürtels,<br />

in der Altstadt und am nahen<br />

Rhein.<br />

Das Spektrum von der Klassischen Moderne bis zur aufstrebend<br />

jungen »cutting edge art«, mit dem die Art Cologne wirbt, spiegelt<br />

sich in den Speisekarten Kölner Lokale. Hat man genug vom<br />

White-Cube-Korsett, ist ein Besuch im Pure White Food Club<br />

zu empfehlen. Hier und im benachbarten Pure White brilliert<br />

Küchenchef Cristiano Rienzner am katalanischen Josper-Ofen,<br />

auf dessen glühender Holzkohle beste Grundprodukte puristisch<br />

behandelt werden – sehr kurz bei sehr großer Hitze. Jakobsmuscheln<br />

und Wagyu Beef, Steinbutt und Gänseleber – geschmackserregender<br />

lässt sich das kaum präsentieren.<br />

Konzentration aufs Wesentliche zeichnet auch Pepe Bar &<br />

Restaurant im Belgischen Viertel aus. Offeriert die Speisekarte<br />

schon sexy food mittelmeerischer oder fernöstlicher Provenienz,<br />

dem exotische Früchte wie Granatapfel, Kumquats<br />

oder Tamarinde den Kick geben, so ist die Barkarte mit 500<br />

Gin-Sorten aus aller Welt Anlaufstelle für die Wacholder-<br />

Aficionados. Umwerfend!<br />

Zu Zeiten, da der Kunde / Gast jederzeit alles haben kann, fehlt<br />

es nicht an Gegenbewegungen. Dem elitären Sterne-Habitus<br />

setzt man die Idee des Casual Fine Dining entgegen, ausufernden<br />

Speisekarten mit überreichlichem Angebot ein Ein-Produkt-Konzept.<br />

Das kann man selbst mit Pizza fahren und bietet<br />

wie im 485° erstklassige neapolitanische Edel-Flachware an.<br />

»Hellboy« etwa wird mit bester Chorizo Ibérico Negra belegt,<br />

»Reuben Pastrami« mit Gruyère, Coleslaw und Pastrami vom<br />

Kultmetzger Hennes.<br />

Auch im Pigbull BBQ wird gern hantiert mit Pastrami; umwerfend<br />

und in der Szene hoch angesehen ist jedoch vor allem das<br />

Pulled Pork, 24 Stunden mariniert und sechzehn Stunden im<br />

US-Smoker gegart.<br />

Die Fette Kuh wiederum genießt bundesweit einen Ruf unter<br />

Burger-Fans und bietet klassische Hamburger, Cheeseburger oder<br />

Teriyaki-Burger bester Qualität. Übrigens, wer die Sache mit den<br />

stringenten neuen Konzepten ernst nimmt, muss einen Ausflug<br />

Richtung Zoobrücke unternehmen: Im Laden Ein werden regelmäßig<br />

wechselnde Pop-Up-Konzepte vorgestellt, mal nur Tapas,<br />

mal nur Gerichte aus Sardinendosen. Immer originell!<br />

Spannend auch, wenn ehemals unzugängliche Gewerbe- und Industriegebiete<br />

neu erschlossen und kulinarisch erweckt werden.<br />

So lässt sich an den Besuch im Schokoladenmuseum südlich ein<br />

Streifzug durch Zollhafen und Aggripinawerft anschließen. Eine<br />

Vielzahl attraktiver Gastronomien hat vor der schicken Kulisse<br />

von Hafenkränen und Kaimauern eröffnet, darunter das charmante<br />

Bona’Me mit orientalischen Speisen aus der offenen Küche<br />

oder das Limani, ein elegantes griechisches Restaurant mit<br />

Rheinblick.<br />

Anspruchsvoll ist das Konzept des The New Yorker | Long<br />

Island Restaurant & Bar; hier werden Seafood, Steaks und<br />

Caesar’s Salad nach Art der New Yorker Halbinsel aufgetischt, in<br />

relaxter Beachclub-Atmosphäre.<br />

Endgültig im Sternebereich angekommen sind wir bei Daniel<br />

Gottschlich, dem Küchenchef im Ox & Klee. Die abgefahrene<br />

Location in einem der mondänen Kranhäuser am Rhein wird<br />

gespiegelt von der Kunst auf dem Teller: Makrele mit Ibéricoschwein<br />

kombiniert, mariniertes Lamm mit orientalischen Gewürzen,<br />

Ayran, Erbse und Bottarga. In der angeschlossenen Bar<br />

Bayleaf wirkt Chef Michael Elter, ein Meister seines Fachs, und<br />

komponiert Cocktails passend zum Menü. Bayleaf it or not!<br />

Neben Ox & Klee locken zahlreiche Sternerestaurants, so das<br />

wunderschöne Zwei-Sterne-Bistro Le Moissonnier, das Himmel<br />

und Äd im Wasserturm, das japanisch inspirierte Taku im<br />

Excelsior Hotel Ernst, das L’Escalier des engagierten Maximilian<br />

Lorenz oder das charmante MaiBeck.<br />

Sicher, ebenso kann der Messegast seinen Abend in einem der<br />

bekannten Brauhäuser verbringen, für die es eigene Guides und<br />

Kompendien gibt.<br />

Zum Schlussakkord laden wir jedoch noch mal ins Stadtzentrum:<br />

Die Sektion NEUMARKT wird von der Art Cologne als zentrale<br />

Plattform für »cutting edge art« junger Galerien präsentiert. Kuratierte<br />

Präsentationen und besondere Galerieprojekte machen<br />

Lust auf einen kulinarischen Trip zum urbanen Namensvetter,<br />

dem echten Neumarkt. Doch findet der avantgardistisch Umtriebige<br />

hier leider keine gastronomische Entsprechung, wenn auch<br />

gewisse globale Vielfalt. Von Donut bis Kebap und von Nordsee<br />

bis Wurstteufel reicht das Angebot; die an den Neumarkt angrenzende<br />

Fleischmengergasse lockt immerhin mit indischen,<br />

thailändischen und vietnamesischen Streetfood-Genüssen.<br />

Ein Hauch von Warhol allerdings umweht einen in der benachbarten<br />

Puszta Hütte, denn das ungarische Lokal serviert seit<br />

1948 ausschließlich sein Pusztahütten-Gulasch, das auch als<br />

Konserve erhältlich ist. In Erinnerung an Campbell’s Tomatensuppe.<br />

An der Grenze zwischen performativer Kunst und<br />

Land Art liegt das Angebot des Hauses, seinen eigenen Kessel<br />

mitzubringen und sich aus dem Gulaschkessel einen ordentlichen<br />

Schlag für unterwegs mitzunehmen – die 47 Fußminuten<br />

von hier bis zur Messe machen schließlich hungrig.<br />

.<br />

14 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Stadt wie Samt und Seide<br />

ADRESSEN:<br />

485°<br />

KYFFHÄUSER STR. 44<br />

WWW.485GRAD.DE<br />

PEPE RESTAURANT & BAR<br />

ANTWERPENER STR. 63<br />

WWW.PEPE.DE<br />

BONA’ME<br />

ANNA-SCHNEIDER-STEIG 22<br />

WWW.BONA-ME.DE<br />

PIGBULL BBQ<br />

AACHENER STR. 51<br />

WWW.PIG-BULL-BBQ.DE<br />

DIE FETTE KUH<br />

BONNER STR. 43<br />

WWW.DIEFETTEKUH.DE<br />

PURE WHITE<br />

ANTWERPENER STR. 5<br />

WWW.PURE-WHITE-FOOD.DE<br />

HIMMEL UN ÄD*<br />

KAYGASSE 2<br />

WWW.HOTEL-IM-WASSERTURM.DE<br />

PURE WHITE FOOD CLUB<br />

BRABANTER STR. 48<br />

WWW.PURE-WHITE-FOOD.DE<br />

LADEN EIN<br />

BLUMENTHALSTR. 66<br />

WWW.LADEN-EIN.COM<br />

PUSZTA HÜTTE<br />

FLEISCHMENGERGASSE 57<br />

WWW.PUSZTA-HÜTTE.DE<br />

LE MOISSONNIER**<br />

KREFELDER STR. 25<br />

WWW.LEMOISSONNIER.DE<br />

TAKU*<br />

DOMPLATZ/TRANKGASSE 1–5<br />

WWW.TAKU.DE<br />

LIMANI<br />

AGGRIPINAWERFT 6<br />

WWW.LIMANICOLOGNE.DE<br />

MAIBECK*<br />

AM FRANKENTURM 5<br />

WWW.MAIBECK.DE<br />

THE NEW YORKER | LONG ISLAND<br />

RESTAURANT & BAR<br />

AGGRIPINAWERFT 30<br />

WWW.LONG-ISLAND.EU<br />

MAXIMILIAN LORENZ IM L’ESCALIER*<br />

BRÜSSELER STR. 11<br />

WWW.LESCALIER-RESTAURANT.DE<br />

OX & KLEE* / BAYLEAF BAR<br />

KRANHAUS 1 / IM ZOLLHAFEN 18<br />

WWW.OXUNDKLEE.DE<br />

WWW.BAYLEAF.COLOGNE<br />

K.WEST 04/17<br />

KULTUR<br />

BÜROKRE<br />

FELD<br />

RUBRIK<br />

15


Melonen gegen<br />

die »Angst«<br />

TEXT STEFANIE STADEL<br />

Kunst-Ereignisse auf Expansionskurs:<br />

»Lernen von<br />

Athen« will die Kasseler<br />

documenta und eröffnet<br />

in ihrer 14. Ausgabe einen<br />

zweiten Schauplatz<br />

in Griechenland. Auch die<br />

Skulptur Projekte Münster<br />

zieht es erstmals hinaus –<br />

ins gut 50 Kilometer entfernte<br />

Marl.<br />

Die »Angst« von Ludger Gerdes verschwindet aus Marl und verbringt den Sommer in Münster –<br />

»Skulpturentausch« heißt der Marl-Münster-Deal, der dahinter steckt.<br />

16 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Warum haben sich Kasper König und<br />

seine beiden Kuratoren-Kolleginnen bei<br />

ihrer Partnersuche ausgerechnet in Marl<br />

verguckt? Für ihre Wahl lassen sich jede<br />

Menge Gründe nennen. So viele und gute,<br />

dass, alle zusammengenommen, kaum<br />

ein Partner besser geeignet scheint, die<br />

inzwischen gesetzte Münsteraner Großausstellung<br />

in ihrem 40. Jahr vor selbstzufriedener<br />

Entspannung zu bewahren.<br />

Energie dürfte das Städte-Paar aus dem<br />

Gegensätzlichen schöpfen.<br />

Hier Münster: wohlhabende, konservative<br />

Kaufmanns- und Unistadt mit Akademikerdichte.<br />

Gut 300.000 Einwohner<br />

– Tendenz steigend. Der schmucke Stadtkern<br />

war nach dem Krieg wieder hergerichtet<br />

worden und lässt der Moderne<br />

kaum Raum. Dort Marl: gebeutelt von<br />

Arbeitslosigkeit und sozialen Problemen.<br />

Man hatte der aus Dörfern und Bergarbeiter-Siedlungen<br />

verklebten Stadt einst eine<br />

große Zukunft prophezeit. Das seit den<br />

60ern mit architektonischem Ehrgeiz und<br />

Elan auf der grünen Wiese hochgezogene<br />

Zentrum samt City-See zeugt von diesem<br />

Aufbruchsgeist. Doch leere Ladenlokale<br />

im riesigen Einkaufszentrum belegen –<br />

Marl ist eine schrumpfende Stadt. 2015<br />

musste die letzte Zeche schließen.<br />

Kasper König hat die Differenzen an den<br />

Rathausfenstern festgemacht: In Münster<br />

sind es Butzenscheiben, in Marl Fenstermosaiken<br />

in den De-Stijl-Farben Rot,<br />

Blau, Gelb. Den Marler Museumsdirektor<br />

Georg Elben für die Verkupplung zu begeistern,<br />

hat ihn nicht viel Mühe gekostet.<br />

Verlockend war die Aufmerksamkeit, die<br />

den Skulptur Projekten garantiert ist. In<br />

Münster rechnet man mit 650.000 Gästen.<br />

Endlich wird Elbens Haus und Marl ins<br />

Kunst-Blickfeld geraten, verdientermaßen.<br />

Immerhin hat man einiges zu bieten in<br />

Sachen Skulptur. Seit den 60ern wurde<br />

nicht nur Beachtenswertes gebaut, auch<br />

steckte die damals aufstrebende Stadt<br />

kräftig Geld in die Kunst. Skulpturen<br />

für Büros und den öffentlichen Raum<br />

wurden gekauft und angesammelt. Jahre<br />

bevor Münster mit den Projekten antrat,<br />

hatte Marl 1970 und 1972 große Skulptur-<br />

Ausstellungen unter freiem Himmel organisiert.<br />

Lang, lang ist’s her. Was erwartet den Besucher,<br />

der sich ab Juni aufmacht nach<br />

Marl? Er wird einige alte Bekannte aus<br />

Münster treffen, die am fremden Ort in<br />

neue Zusammenhänge treten. So kommt<br />

Richard Artschwagers bewachsener Beton-Fahrradständer<br />

herüber. Dafür schickt<br />

Elben »yzi«, eine filigrane Metallskulptur<br />

von Olle Bærtling, ins Foyer des<br />

LWL-Landesmuseums. Die »Angst« verschwindet<br />

für einige Monate aus Marl.<br />

Ludger Gerdes Lichtschrift-Skulptur wird<br />

von der Rathauswand abmontiert, um<br />

den Sommer über in Münster zu leuchten.<br />

Im Gegenzug sollte Thomas Schüttes<br />

monumentales Kirschenpaar nach Marl<br />

kommen. Die Pläne wurden aber verworfen,<br />

weil sich der Künstler um die Säule<br />

unter den Kirchen sorgte; der Münsterländer<br />

Sandstein könnte beim Transport<br />

bröckeln. Freuen kann sich Marl stattdessen<br />

über Schüttes eigens produzierte<br />

Alternative mit drei Melonenstücken auf<br />

einer Betonsäule, die ohnehin viel besser<br />

ins brutalistische Ambiente passt.<br />

Neben dem »Skulpturentausch« steht<br />

noch einiges mehr auf dem Plan. Zwei<br />

Ausstellungen etwa, eine zeigt Videoarbeiten,<br />

die andere Skulptur-Modelle aus<br />

Marl und Münster. Auch soll Reiner<br />

Ruthenbecks 1997 in Münster uraufgeführte<br />

Reiterperformance mit Schimmel<br />

und Rappen nun eine Neuauflage<br />

erfahren. Ob das reicht, um Besucher zu<br />

locken? Da ist man sich offenbar nicht<br />

ganz sicher. Helfen soll ein Busshuttle, der<br />

allerdings finanziert werden muss – auch<br />

eine Kunst.<br />

Ohne Netz und doppelten Boden<br />

Über die Uneindeutigkeit von Bildern<br />

4. März bis 9. April 2017<br />

Sebastian Bartel, Christof John<br />

Katharina Maderthaner, Christoph Westermeier<br />

KARARO<br />

6. Mai bis 11. Juni 2017<br />

Every Day Is Like Sunday<br />

im Rahmen des Fotofestivals f 2<br />

24. Juni bis 23. Juli 2017<br />

Blind Spot<br />

2. September bis 18. Oktober 2017<br />

Klasse Gostner Düsseldorf<br />

21. Oktober bis 19. November 2017<br />

»SKULPTUR PROJEKTE MÜNSTER 2017«<br />

MÜNSTER:<br />

10. JUNI BIS 1. OKTOBER 2017<br />

MARL:<br />

4. JUNI BIS 1. OKTOBER 2017<br />

TEL.: 0251/5907500<br />

Das Fenster zum Code<br />

18. November 2017 bis 14. Januar 2018 www.kh-do.de<br />

K.WEST 04/17


Reif für die<br />

Insel im Kopf<br />

TEXT UND INTERVIEW STEFANIE STADEL<br />

Man wird ihnen künftig öfter begegnen:<br />

umhertappenden Museumsbesuchern,<br />

die der Welt unter großen schwarzen<br />

Virtual-Reality-Brillen entrückt scheinen.<br />

Seit letztem Jahr sind erschwingliche<br />

Modelle auf dem Markt und machen<br />

auch unter Künstlern die Runde.<br />

Was reizt die Szene an dem Instrument,<br />

und wie geht sie damit um? Ein Besuch<br />

im Düsseldorfer Atelier von Friedemann<br />

Banz und Giulia Bowinkel, die bald im<br />

NRW-Forum ausstellen.<br />

»UNREAL: EINE VIRTUAL-REALITY-AUSSTELLUNG«<br />

NRW-FORUM KULTUR UND WIRTSCHAFT<br />

25. MAI BIS 30. JULI 2017<br />

TEL.: +49 211 / 89 26 690<br />

18 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Inselhopping mit Daten-Brille. Für die tanzenden Männer stand Friedemann Banz persönlich<br />

Pate. Foto: Banz & Bowinkel: VR 01.<br />

Über öde Eilande wandeln. Hier tanzt eine nackte Frau ohne<br />

Oberarme und Schenkel. Da hängen rote Kreise wie Monde zwischen<br />

kahlen Bäumen. Mit der Daten-Brille vor Augen tastet sich<br />

der Reisende über schmale Stege von hier nach dort, erobert balancierend<br />

eine surreale Insel nach der anderen. Wüstengleiche Szenerien<br />

wecken Erinnerungen an Salvador Dalí und antike Statuen<br />

an Giorgio di Chirico. Aber es ist eben kein Gemälde an der Wand,<br />

vor dem man steht – der Brillenträger bewegt sich geradewegs<br />

durchs belebte Bild hindurch. Mittendrin im Geschehen. Spürt<br />

Schwindel beim Blick vom Steg hinab in die Tiefe auf ein Gebirge<br />

und fühlt sich bedrängt von riesigen Bällen, die von allen Seiten<br />

rollend oder titschend auf ihn zukommen. Stopp, genug! Jetzt erst<br />

mal die schwarze Apparatur absetzen und Luft holen.<br />

Fast hätte der Gast vergessen, wo er sich befindet. Das reale Atelier<br />

von Friedemann Banz und Giulia Bowinkel liegt im Erdgeschoss<br />

eines Altbaus mitten in Düsseldorf. Vor den Fenstern Frühlingssonne<br />

und dahinter die Computer-Arbeitsplätze. Als Maler hatten<br />

Banz und Bowinkel in der Klasse von Albert Oehlen an der Düsseldorfer<br />

Akademie angefangen. Doch Haarpinsel und Tubenfarbe<br />

– das war einmal. Mit Mitte dreißig rühren sie die üblichen<br />

Utensilien nicht mehr an.<br />

Der Weg ins Digitale führte über Photoshop zu 3D-Programmen.<br />

An der Wand lehnen ein paar ältere Arbeiten – Großformate mit<br />

sogenannten »bodypaintings«. Es sieht aus wie fließende Lackfarbe,<br />

die sich wild im Raum windet. Zu Grunde liegen Körperbewegungen<br />

der Künstler, die das Spiel der farbigen Flüssigkeiten<br />

lenken, ohne sich dabei die Hände schmutzig zu machen. Denn<br />

alles ist per Computer simuliert. Giulia Bowinkel zieht das Smartphone<br />

aus der Tasche und startet die eigens produzierte App zum<br />

Bild – die Farbformen scheinen sich vom Bildträger zu lösen und<br />

wackelnd in den Raum zu wachsen.<br />

An der Akademie haben sie so etwas nicht gelernt. Das Know-how<br />

erwarben sie nach der Trial-and-Error-Methode und beim Hangeln<br />

durch einschlägige Internetforen. Mühsame Pionierarbeit, die<br />

durch den rasanten Fortschritt nie aufhört und ständig von neuen<br />

Möglichkeiten beflügelt wird. Besonders Anfang letzten Jahres, als<br />

die ersten erschwinglichen Modelle leistungsstarker Daten-Brillen<br />

auf den Markt kamen. Unter vielen anderen griff auch die noch<br />

überschaubare Gemeinde von VR-Künstlern begeistert nach dem<br />

Instrument. Friedemann Banz setzt sich auf den Drehstuhl, um<br />

zu zeigen, wie man’s macht. Klick für Klick entsteht im Raster auf<br />

dem Bildschirm ein romantischer Sonnenuntergang. An zig Rädchen<br />

ist zu drehen, jede Kleinigkeit zu bestimmen, bis die Szenerie<br />

Gestalt gewinnt.<br />

Woher kommt die Begeisterung für die künstlerische Computerarbeit?<br />

Dazu haben Banz und Bowinkel viel zu sagen.<br />

K.WEST 04/17


Bebrillt durchs Museum – so sah man die Besucher zuletzt bei der ersten Überblicksschau zur Virtual-Reality-Kunst, die Tina Sauerländer im<br />

Haus für elektronische Künste Basel kuratiert hat. (Ausstellungsansicht »The Unframed Worldim HeK Basel. Mit Rachel Rossin: Just A Nose,<br />

2016. Foto: Franz Wamhof.)<br />

Friedemann Banz und Giulia Bowinkel – das Düsseldorfer Duo tut sich<br />

seit Jahren im virtuellen Raum um und zählt heute zu den Großen in der<br />

noch kleinen Szene von Virtual-Reality-Künstlern. Foto: Privat<br />

Es sprudelt nur so. Ein wichtiger Punkt sei die ungeheure Relevanz,<br />

die dem Rechner inzwischen in allen Lebensbereichen<br />

zugewachsen ist. Überall arbeitet er nach ähnlichen Regeln und<br />

beeinflusst damit auch unsere Art zu denken. Autos, Häuser,<br />

Städte – alles existiert zuerst im Virtuellen, bevor es Wirklichkeit<br />

wird und dann vielleicht wieder den Weg in den Computer<br />

findet, wo es Realität simuliert. Hin und Her mit Übergängen,<br />

die immer fließender werden.<br />

Als sie das Malen für das Digitale aufgaben, stießen Bowinkel<br />

und Banz Freunde und Fans vor den Kopf. Doch war es wohl<br />

die richtige Entscheidung. Erfolg belohnt den Entdeckergeist.<br />

Oft trifft man auf die Zwei. Zuletzt in Basel im Haus<br />

für elektronische Kunst, wo sie ihr virtuelles Inselhopping<br />

in der europaweit ersten Überblicksschau zur Virtual-Reality-Kunst<br />

präsentierten. Und demnächst im NRW-Forum.<br />

Dort ziehen sie mit der gleichen Arbeit in eine von fünf Parzellen,<br />

die im Obergeschoss eingerichtet werden. Zur Baseler<br />

Version werde in Düsseldorf vielleicht noch eine weitere Insel<br />

hinzukommen, stellt Bowinkel in Aussicht. Das Tolle sei,<br />

dass diese Werke sich wandeln und wachsen könnten.<br />

Ganz allein soll sich der Ausstellungsbesucher mit der Brille<br />

vor Augen in Drei-mal-Drei-Meter-Räumen der Täuschung<br />

hingeben, sagt Forumsleiter Alain Bieber. Ihm sei die Auswahl<br />

der Positionen nicht leicht gefallen. Der Kreis von<br />

Künstlern, die in dem Genre Qualitätvolles zu bieten haben,<br />

sei noch ziemlich begrenzt. Wie in den Anfängen der Medienkunst<br />

lasse oft noch der Wow-Effekt künstlerische Aspekte in<br />

den Hintergrund treten.<br />

Doch sieht auch Bieber die Sparte im rasanten Wachstum,<br />

deshalb will er sich in seinem Haus künftig besonders dem<br />

VR-Thema widmen. Man überlege sogar, ob solche Ausstellungen<br />

nicht per App zum Download verfügbar gemacht werden<br />

könnten. Einfach herunterladen, und dann daheim mit Banz<br />

und Bowinkel zu unbekannten Ufern aufbrechen.<br />

20 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Viel näher dran<br />

Tina Sauerländer hat kürzlich<br />

eine Ausstellung zur Virtual-Reality-Kunst<br />

in Basel kuratiert.<br />

Ein Gespräch über digitale Museumssammlungen<br />

und geklonte<br />

Künstler.<br />

k.west: Frau Sauerländer, was reizt Sie an Virtual-Reality-Kunst?<br />

SAUERLÄNDER: Mich reizt, dass Virtual Reality ein Medium<br />

sein wird, das wir alle zu Hause nutzen werden, in unterschiedlichen<br />

Zusammenhängen. Zum Beispiel, wenn wir Filme schauen,<br />

oder wenn wir uns virtuell auf eine Südseeinsel begeben.<br />

Es gibt verschiedene Nutzungsmöglichkeiten, Kunst kann eine<br />

davon sein. Wir müssen vielleicht gar nicht mehr ins Museum<br />

gehen.<br />

k.west: Ist das nicht eine traurige Vorstellung, Kunst<br />

durch die Brille in den eigenen vier Wänden?<br />

SAUERLÄNDER: Es geht nicht darum, Museen abzuschaffen.<br />

Eher darum, dass Kunst durch die VR-Technologie wieder<br />

einen höheren Stellenwert im Leben von mehr Menschen<br />

bekommen kann. Noch immer haftet ihr etwas Elitäres an,<br />

es gibt Kunst-Tempel, Museen, den White Cube. Ich sehe die<br />

Chance, dass man Menschen, die sich nicht unbedingt für<br />

Kunst interessieren, einen unkomplizierten Zugang schafft<br />

mit Geräten, die ohnehin in ihren Alltag gehören.<br />

k.west: Die VR-Brille ist erst seit kurzem für kleines<br />

Geld zu haben. Wahrscheinlich ist der Kreis der Künstler, die<br />

das Medium nutzen, noch begrenzt.<br />

SAUERLÄNDER: Aber er breitet sich sehr schnell aus, unter<br />

Künstlern, die sich ohnehin schon mit digitalen Medien beschäftigen,<br />

aber auch unter bisher eher technikfernen Vertretern unterschiedlicher<br />

Sparten. Bildhauer zum Beispiel oder eine Künstlerin<br />

wie Li Ailin, die von der Performance kommt und eine VR-Arbeit<br />

schafft, in der sie als Klon siebenfach in Erscheinung tritt.<br />

k.west: Ist es tatsächlich so einfach, man braucht<br />

doch einiges an Know-how?<br />

SAUERLÄNDER: Einige lassen solche Arbeiten von spezialisierten<br />

Firmen programmieren. Andere haben sich bereits eingehende<br />

Kenntnisse angeeignet, weil ihnen das Selbstmachen wichtig<br />

ist, wie etwa Banz & Bowinkel.<br />

K.WEST 04/17<br />

k.west: Ist VR schon an den Akademien angekommen?<br />

SAUERLÄNDER: An einigen Orten, ja, Basel ist ein Beispiel.<br />

k.west: Und auf dem Markt?<br />

SAUERLÄNDER: Vereinzelt werden VR-Arbeiten gezeigt. Oft sind<br />

es Künstler anderer Sparten, die neuerdings das Medium als eines<br />

unter anderen einbeziehen. Grundsätzlich werden Galerien, wie<br />

der Kunstmarkt überhaupt, komplett umdenken müssen. Für mich<br />

persönlich ergibt es keinen Sinn, digitale Arbeiten in Editionen zu<br />

verkaufen, weil es der Struktur des Mediums nicht entspricht.<br />

k.west: Wie sehen Sie die Zukunft von Virtual Reality<br />

in der Kunstvermittlung?<br />

SAUERLÄNDER: Die Technologie wird sich weiterentwickeln<br />

und die visuelle Haptik der Wirklichkeit immer glaubhafter<br />

nachahmen können. Man wird sich bewegen und fühlen wie im<br />

Museum, wenn man eine solche Brille aufhat. Oder zum Beispiel<br />

die Art Basel, man könnte sie theoretisch einfach im virtuellen<br />

Raum abhalten. Man brauchte nicht mehr hinzufahren. Auch für<br />

Museen sehe ich Chancen. Die Depots sind oft voll mit Werken,<br />

die nie gezeigt werden; es wäre doch schön, sie auf diese Weise<br />

auszustellen und zugänglich zu machen. Da müsste man nicht<br />

unbedingt noch den zehnten Erweiterungsbau hochziehen.<br />

k.west: Gibt es für Sie auch Gefahren, die diese Entwicklung<br />

mit sich bringt?<br />

SAUERLÄNDER: Eine schwierige Frage. Ich bin nach wie vor<br />

wahnsinnig begeistert von Virtual Reality. Gefahren, die ich<br />

sehe, beziehen sich eher allgemein auf das Leben im Digitalen,<br />

dass etwa der physische, zwischenmenschliche Kontakt verloren<br />

geht. Dass sich insgesamt die Psyche des Menschen verändern<br />

wird. Dabei darf man aber die Chancen nicht vergessen, die das<br />

Medium für die Kunst bereithält. VR ist sicher eine Kunstform,<br />

die nah an den Menschen, an der Gesellschaft dran ist – viel näher<br />

als eine Kunst, die im Museum auf dem Sockel steht.<br />

31.3.–13.8.2017<br />

Diözesanmuseum Paderborn<br />

www.wunder-roms.de


Ausstellungen<br />

Eine Übersicht von<br />

Aachen bis Wuppertal<br />

A A C H E N<br />

Ludwig Forum für<br />

internationale Kunst<br />

LuForm – Das Design Departement<br />

Armin Linke – The Appearance<br />

of That… | Interieur X Exterieur<br />

– Werke Sammlung Ludwig | Pop<br />

Art & Hyperrealismus | Optische<br />

Schreie – Wandmaler Klaus Paier<br />

Jülicher Straße 97–109<br />

Tel.: 0241/18 07 104<br />

www.ludwigforum.de<br />

Suermondt-Ludwig-Museum<br />

Wundern & Staunen – Bürgerliche<br />

Kunstkammer | BEWundern – Architekturentwürfe<br />

| Albrecht Bouts<br />

– Blut und Tränen<br />

Wilhelmstraße 18<br />

Tel.: 0241/47 98 00<br />

www.suermondt-ludwig-museum.de<br />

NAK Neuer Aachener Kunstverein<br />

Plamen Dejanoff (ab 9.4.)<br />

Passstraße 29<br />

Tel.: 0241/50 32 55<br />

www.neueraachenerkunstverein.de<br />

A H L E N<br />

Kunstmuseum<br />

Helmuth Macke – Dialog mit express.<br />

Künstlerfreunden<br />

Museumsplatz 1<br />

Tel.: 02382/91 83 - 0<br />

www.kunstmuseum-ahlen.de<br />

B E D B U R G - H A U<br />

Museum Schloss Moyland<br />

Jochen Stücke – Moyländer Episoden<br />

| Liebling Moyland – Sammlung<br />

& Geschichte | Joseph Beuys<br />

– Kunst. Bewegt. 11 (ab 2.4.)<br />

Am Schloss 4<br />

Tel.: 02824/95 10 60<br />

www.moyland.de<br />

BERG.-GLADBACH<br />

Kunstmuseum Villa Zanders<br />

Karin Sander – Identities on Display<br />

Michael Toenges – Arbeiten auf<br />

Papier (ab 2.4.)<br />

Konrad-Adenauer-Platz 8<br />

Tel.: 02202/142356<br />

www.villa-zanders.de<br />

B I E L E F E L D<br />

Kunsthalle<br />

A.H. Barr Jr. & Philip Johnson –<br />

Bauhauspioniere in Amerika<br />

Unsere Amerikaner – Werke aus der<br />

Sammlung<br />

Artur-Ladebeck-Str. 5<br />

Tel.: 0521/32 99 95 00<br />

www.kunsthalle-bielefeld.de<br />

Kunstverein<br />

Baukunst – ZAO/standardarchitecture<br />

(bis 17.4.) | Shilpa Gupta (ab 29.4.)<br />

Welle 61<br />

Tel.: 0521/178806<br />

www.bielefelder-kunstverein.de<br />

B O C H U M<br />

Kunstmuseum Bochum<br />

Ingo Ronkholz – Ein Sammlungsprojekt<br />

| Das Haus Deiner Kindheit<br />

Malerei & Grafik der COB-<br />

RA-Künstler (bis 23.4.)<br />

Kortumstr. 147<br />

Tel.: 0234/9104230<br />

www.kunstmuseumbochum.de<br />

B O N N<br />

August-Macke-Haus<br />

Geschlossen wegen Umbau bis<br />

Herbst 2017<br />

Bornheimer Str. 96<br />

Tel.: 0228/65 55 31<br />

www.august-macke-haus.de<br />

Haus der Geschichte der Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

Gundula Schulze Eldowy – Zuhause<br />

ist ein fernes Land (bis 2.4.) | Neue<br />

Alte. Fotografien von Ute Mahler<br />

Geliebt, gebraucht, gehasst – Die<br />

Deutschen & ihre Autos<br />

Museumsmeile<br />

Willy-Brandt-Allee 14<br />

Tel.: 0228/91 650<br />

www.hdg.de<br />

Bundeskunsthalle<br />

Katharina Sieverding – Kunst &<br />

Kapital. Werke 1967-2017 | Iran –<br />

Frühe Kulturen zw. Wasser & Wüste<br />

(ab 13.4.) | Der persische Garten –<br />

Die Erfindung des Paradieses (ab 13.4.)<br />

Museumsmeile Bonn<br />

Friedrich-Ebert-Allee 4<br />

Tel.: 0228/91 710<br />

www.kah-bonn.de<br />

Kunstmuseum<br />

Videonale.16 – Perform! (bis 2.4.)<br />

Lundahl & Seitl – New Originals<br />

Museumsmeile Bonn<br />

Friedrich-Ebert-Allee 2<br />

Tel.: 0228/77 62 60<br />

www.kunstmuseum-bonn.de<br />

Kunstverein<br />

Amanda Ross-Hoh (bis 2.4.)<br />

Nick Relph (ab 25.4.)<br />

Hochstadenring 22<br />

Tel.: 0228/693936<br />

www.bonner-kunstverein.de<br />

LVR-LandesMuseum<br />

Eva‘s Beautycase – Schmuck & Styling<br />

(bis 23.4.) | Rudolf Knubel – Retrospektive<br />

(bis 17.4.) | Klaus Mettig –<br />

Reisender ohne Fahrschein (ab 6.4.)<br />

Colmantstr. 14-16<br />

Tel.: 0228/2070-0<br />

www.landesmuseum-bonn.lvr.de<br />

B O T T R O P<br />

Josef Albers Museum Quadrat<br />

Claus Goedicke – Dinge (Fotografien<br />

2007-2015)<br />

Im Stadtgarten 20<br />

Tel.: 02041/29716<br />

www.quadrat-bottrop.de<br />

B R Ü H L<br />

Max Ernst Museum<br />

Jürgen Klauke – Selbstgespräche<br />

(Zeichnungen 1970-2016)<br />

Comesstraße 42 / Max Ernst Allee 1<br />

Tel.: 01805/743465<br />

www.maxernstmuseum.lvr.de<br />

D O R T M U N D<br />

Dortmunder U – Zentrum für Kunst<br />

und Kreativität<br />

Museum Ostwall / Hartware Medien-<br />

KunstVerein<br />

Neues Spiel, neues Glück | Living<br />

Cities – Ansichten d. Urbanen v.<br />

Picasso b. z. Gegenwart | Ich bin<br />

eine Kämpferin – Niki de Saint<br />

Phalle (bis 23.4.) | Gesellschaft<br />

z. Wertschätzung d. Brutalismus<br />

(HMKV) (ab 8.4.) | Dan Perjovschi<br />

– The Hard Drawing (HMKV)<br />

Leonie-Reygers-Terrasse<br />

Tel.: 0231/50 24723<br />

www.dortmunder-u.de<br />

Museum für Kunst und<br />

Kulturgeschichte<br />

Europas neue Alte – Ein foto-ethnografisches<br />

Projekt | Beyond Vietnam<br />

– A Time to Break Silence (ab 1.4.)<br />

Hansastr. 3<br />

Tel.: 0231/50 25522<br />

www.dortmund.de/mkk<br />

D Ü S S E L D O R F<br />

Hetjens Museum<br />

Russische Brautschätze – Porzellan<br />

d. Großfürstinnen (bis 2.4.) | Yvonne<br />

Roeb – Bestiarium (bis 30.4.)<br />

Matthias Wollgast – The Age of<br />

Neptune<br />

Schulstr. 4<br />

Tel.: 0211/89-94210<br />

www.duesseldorf.de/hetjens<br />

K20 Kunstsammlung<br />

Otto Dix – Der böse Blick<br />

Grabbeplatz 5<br />

Tel.: 0211/83 81 - 130<br />

www.kunstsammlung.de<br />

K21 Kunstsammlung<br />

Marcel Broodthaers – Eine Retrospektive<br />

| Tómas Saraceno – in orbit<br />

Ständehausstr. 1<br />

Tel.: 0211/83 81 600<br />

www.kunstsammlung.de<br />

Kai 10<br />

Metamorphosis<br />

Kaistraße 10<br />

Tel.: 0211/99 434 130<br />

www.kaistrasse10.de<br />

Kunsthalle / KIT Kunst im Tunnel<br />

50 Jahre Kunsthalle – Wirtschaftswerte/Museumswerte<br />

| Malte Bruns<br />

– Tremors (KIT)<br />

Grabbeplatz 4<br />

40213 Düsseldorf<br />

Tel.: 0211/89 96 243<br />

www.kunsthalle-duesseldorf.de<br />

www.kunst-im-tunnel.de<br />

Kunstverein für die Rheinlande &<br />

Westfalen<br />

Alicia Frankovich (bis 9.4.)<br />

Johannes Paul Raether (ab 23.4.)<br />

Grabbeplatz 4<br />

Tel.: 0211/32 70 23<br />

www.kunstverein-duesseldorf.de<br />

Museum Kunstpalast<br />

Cranach – Meister-Marke-Moderne<br />

(ab 8.4.) | Ehrenhofpreis 2016: Ulrike<br />

Schulze (bis 16.4.) | Idea et inventio<br />

– Ital. Zeichnungen d. 15. & 16.<br />

Jhd. | Kunst im Gleichgewicht – Von<br />

Buchheister bis Serra (ab 14.4.)<br />

Ehrenhof 4–5<br />

Tel.: 0211/566 42 100<br />

www.smkp.de<br />

NRW-Forum<br />

Peter Lindbergh/Garry Winogrand<br />

– Women on Street (bis 30.4.)<br />

Thomas Mailaender – The Fun<br />

Archive (bis 30.4.) | In Transit –<br />

Digitale Medienkunst aus Malta (bis<br />

16.4.)(bis 12.3.)<br />

Ehrenhof 2<br />

Tel.: 0211/89 266 90<br />

www.nrw-forum.de<br />

D U I S B U R G<br />

Museum DKM<br />

Linien stiller Schönheit<br />

70 Jahre Junger Westen – Ernst<br />

Hermanns & 6 Bildhauer<br />

Güntherstr. 13 - 15<br />

Tel.: 0203/9355547-0<br />

www.museum-dkm.de<br />

MKM Museum Küppersmühle für<br />

Moderne Kunst<br />

David Schnell – Fenster<br />

Philosophenweg 57<br />

Tel.: 0203/30 19 48 11<br />

www.museum-kueppersmuehle.de<br />

Lehmbruck Museum<br />

Im Studio – Wilhelm Lehmbruck<br />

Jana Sterbak – Life-Size. Lebensgröße.<br />

| Sculpture 21st – Christian<br />

Keinstar (ab 6.4.)<br />

Friedrich-Wilhelm-Str. 40<br />

Tel.: 0203/283 26 30<br />

www.lehmbruckmuseum.de<br />

E S S E N<br />

Museum Folkwang<br />

6 ½ Wochen: Eliza Douglas (bis 2.4.)<br />

Maria Lassnig | Gerhard Richter –<br />

Die Editionen (ab 7.4.)<br />

Museumsplatz 1<br />

Tel.: 0201/8845444<br />

www.museum-folkwang.de<br />

Zeche Zollverein<br />

Derzeit keine Sonderausstellung<br />

Gelsenkirchenerstr. 181<br />

Tel. 0201-246810<br />

www.zollverein.de<br />

Zeche Zollverein: Red Dot Design<br />

Museum<br />

World‘s Best Communication<br />

Design & Highlights from NRW<br />

(ab 6.4.)<br />

Tel. 0201 30104–32<br />

www.red-dot-design-museum.de<br />

Zeche Zollverein: Ruhr Museum<br />

Ausgegraben – Archäologie im Ruhr<br />

Museum | Der geteilte Himmel – Reformation<br />

an Rhein & Ruhr (ab 3.4.)<br />

Tel.: 0201/24681 444<br />

www.ruhrmuseum.de<br />

G E L S E N K I R C H E N<br />

Kunstmuseum<br />

Macht-Ohnmacht – Karl Heinz Langowski<br />

(bis 30.4.) | Im Gästezimmer:<br />

Johanna Reich (bis 3.4.) | Zweite<br />

Generation – Graphic Novel von<br />

Michel Kichka (bis 2.4.)<br />

HBK Essen – Studierende stellen<br />

sich vor (bis 30.4.)<br />

Horster Str. 5-7<br />

Tel.: 0209/169-4361<br />

www.gelsenkirchen.de/de/Kultur/<br />

Museen_und_Dauerausstellungen<br />

G L A D B E C K<br />

Neue Galerie Gladbeck<br />

Derzeit keine Sonderausstellung<br />

Bottroper Str. 17<br />

Tel.: 02043/3198371<br />

www.neue-galerie-gladbeck.de<br />

G O C H<br />

Museum Goch<br />

Jan Lemitz – Blockbuster. Bilder von<br />

Kriegen | Julia Bünnagel<br />

Kastellstr. 9<br />

Tel.: 02823/97 08 11<br />

www.museum-goch.de<br />

22 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


H A G E N<br />

Emil Schumacher Museum<br />

Emil Schumacher – Orte der Geborgenheit<br />

Museumsplatz 1<br />

Tel.: 02331/3060 066<br />

www.kunstquartier-hagen.de<br />

Osthaus Museum<br />

#Participate – Mach Dich zum Kunstwerk<br />

| Maki Na Kamura – Steine<br />

legen, Äpfel lesen (bis 16.4.)<br />

Junges Museum: Gilsuk Ko (bis 30.4.)<br />

Kemal Seyhan – Malerei (ab 28.4.)<br />

Museumsplatz 3<br />

Tel.: 02331/207 3129<br />

www.osthausmuseum.de<br />

H A M M<br />

Gustav-Lübke-Museum<br />

Lieblingsorte – Künstlerkolonien v.<br />

Worpswede bis Hiddensee | Reise<br />

doch – bleibe doch! Sehnsuchtsorte<br />

Neue Bahnhofstraße 9<br />

Tel.: 02381/17 57 14<br />

www.hamm.de/gustav-luebcke-museum<br />

H E R F O R D<br />

Marta<br />

Die innere Haut – Kunst & Scham<br />

Risse in der Wirklichkeit – Gavin<br />

Turk / Jens Wolf (ab 2.4.)<br />

Goebenstr. 4-10<br />

Tel.: 0 52 21/99 44 30–0<br />

www.marta-herford.de<br />

K L E V E<br />

Museum Kurhaus<br />

13. Salon der Künstler<br />

Jongsuk Yoon – Mind Landscapes<br />

Tel.: 02821/75 010<br />

www.museumkurhaus.de<br />

K Ö L N<br />

Forum für Fotografie<br />

Fotobuch 2017 – Special Guest:<br />

Tomasz Laczny (ab 23.4.)<br />

Schönhauser Str. 8<br />

Tel.: 0221/3401830<br />

www.forum-fotografie.info<br />

Käthe Kollwitz Museum<br />

Aufstand! – Renaissance, Reformation<br />

& Revolte<br />

Neumarkt 18 - 24<br />

Tel.: 0221/227-2899<br />

www.kollwitz.de<br />

Koelnischer Kunstverein<br />

Derzeit keine Sonderausstellung<br />

Hahnenstr. 6<br />

Tel.: 0221/217021<br />

www.koelnischerkunstverein.de<br />

Rautenstrauch-Joest-Museum<br />

Pilgern – Sehnsucht nach dem<br />

Glück? (bis 9.4.)<br />

Cäcilienstr. 29-33<br />

Tel.: 0221/221 313 56<br />

www.museenkoeln.de/rautenstrauch-joest-museum<br />

Römisch-Germanisches Museum<br />

Drunter und drüber: Der Heumarkt<br />

Roncalliplatz 4<br />

Tel.: 0221/2212 44 38<br />

www.museenkoeln.de/roemisch-germanisches-museum<br />

SK Stiftung Kultur<br />

Emil Otto Hoppé – Unveiling a<br />

Secret (ab 6.4.) | Blick in die Sammlung<br />

– Industrie als Motiv (ab 6.4.)<br />

Im Mediapark 7<br />

Tel.: 0221/888 95 100<br />

www.sk-kultur.de<br />

Wallraf-Richartz-Museum / Fondation<br />

Corboud<br />

Republik der Kinder | Die Kunst der<br />

Pause | Paris erwacht! Der Place de<br />

la Concorde (ab 7.4.)<br />

Martinstraße 39<br />

Tel.: 0221/221–211 19<br />

www.wallraf.museum<br />

K R E F E L D<br />

Museum Haus Lange / Haus Esters<br />

Elmgreen & Dragset – Die Zugezogenen<br />

| Naufus Ramírez-Figueroa –<br />

Die Vereinigung zweier Flamingos..<br />

Wilhelmshofallee 91–97<br />

Tel.: 02151/97 55 80<br />

www.kunstmuseenkrefeld.de<br />

L E V E R K U S E N<br />

Museum Morsbroich<br />

Hans Op de Beek – The Silent Castle<br />

(bis 30.4.)<br />

Gustav-Heinemann-Str. 80<br />

Tel.: 0214/85 55 60<br />

www.museum-morsbroich.de<br />

M A R L<br />

Skulpturenmuseum Glaskasten<br />

Skulptur im Foto<br />

Creiler Platz<br />

Tel.: 02365/99 22 57<br />

www.marl.de/skulpturenmuseum<br />

M . – G L A D B A C H<br />

Museum Abteiberg<br />

Alexandra Bircken – Stretch (ab 26.3.)<br />

Abteistr. 27<br />

Tel.: 02161/25 26 31<br />

www.museum-abteiberg.de<br />

MÜLHEIM / RUHR<br />

Kunstmuseum in der Alten Post<br />

Heiko Tiemann – Die im Dunkeln.<br />

Fotografie. | WeltenWanderer –<br />

Zwischen den Kulturen<br />

Synagogenplatz 1<br />

Tel.: 0208/4 55 41 38<br />

www.kunstmuseum-mh.de<br />

M Ü N S T E R<br />

Kunstmuseum Pablo Picasso<br />

Picasso – Die Kunst des Porträts<br />

Im Fokus – Picasso im Fotoporträt<br />

Picassoplatz 1<br />

Tel.: 0251/41 44 710<br />

www.kunstmuseum-picasso-muenster.de<br />

LWL-Landesmuseum für Kunst- und<br />

Kulturgeschichte<br />

Yves Netzhammer – Selbstgespräche<br />

nähern sich… (bis 23.4.)<br />

Radar: Lena Dues – Aquarius<br />

Domplatz 10<br />

Tel.: 0251/5907-01<br />

http://www.lwl.org/LWL/Kultur/<br />

LWL-Landesmuseum-Muenster<br />

N E U S S<br />

Langen Foundation / Raketenstation<br />

Japanische Malerei – Sammlung<br />

Viktor & Marianne Langen<br />

Paloma Varga Weisz (Skulpturenhalle)<br />

(ab 21.4.) | Fotografische<br />

Inkunabeln/Sammlung Kahmen<br />

(Siza-Pavillon) (ab 23.4.)<br />

Raketenstation Hombroich 1<br />

Tel.: 02182/57 010<br />

www.langenfoundation.de<br />

Clemens Sels Museum<br />

HundKatzeMaus – Tierdarstellungen<br />

| Erich Bödecker & Josef<br />

Wittlich – Selbst ist der Mann<br />

Am Obertor<br />

Tel.: 02131/90-4142<br />

www.clemens-sels-museum-neuss.de<br />

O B E R H A U S E N<br />

Gasometer<br />

Wunder der Natur – Intelligenz der<br />

Schöpfung<br />

Arenastr. 11<br />

Tel.: 0208.850 37 30<br />

www.gasometer.de<br />

Ludwig Galerie Schloss Oberhausen<br />

Let‘s buy it! Kunst & Einkauf – Dürer,<br />

Warhol, Richter | Shop! Wie es<br />

uns gefällt. Oberhausener Künstler<br />

Tel.: 0208/4124928<br />

www.ludwiggalerie.de<br />

RECKLINGHAUSEN<br />

Städtische Kunsthalle<br />

Anton Henning – 95 hypermanische<br />

Paraphrasen (bis 17.4.)<br />

Grosse-Perdekamp-Str. 25–27<br />

Tel.: 02361/50 19 35<br />

www.kunst-in-recklinghausen.de<br />

S I E G E N<br />

Museum für Gegenwartskunst<br />

Sebastián Díaz Morales –<br />

Ficcionario IV<br />

Unteres Schloss 1<br />

Tel.: 0271/40 57 70<br />

www.mgk-siegen.de<br />

U N N A<br />

Zentrum für Internationale Lichtkunst<br />

International Light Art Award 2017<br />

(ab 22.4.)<br />

Lindenplatz 1<br />

Tel.: 02303/103770<br />

www.lichtkunst-unna.de<br />

W U P P E R T A L<br />

Skulpturenpark Waldfrieden<br />

Klaus Rinke – DERZEIT<br />

Hirschstraße 12<br />

Tel.: 0202/551350<br />

www.skulpturenpark-waldfrieden.de<br />

Von der Heydt Museum<br />

Mehr Licht! – Werke aus der Sammlung<br />

(ab 19.3.) | Adolf Erbslöh – Der<br />

Avantgarde Macher (ab 11.4.)<br />

Something old, Something new (ab 11.4.)<br />

Turmhof 8<br />

Tel.: 0202/563 62 31<br />

www.von-der-heydt-museum.de<br />

Von der Heydt Kunsthalle<br />

Holmead<br />

Geschwister-Scholl-Platz 4-6<br />

Tel.: 0202/563 65 71<br />

www.von-der-heydt-kunsthalle.de<br />

Kolumba<br />

Me in a no-time state – Über das<br />

Individuum | Kurt Benning – Burgtreswitzmensch<br />

Kolumbastr. 4<br />

Tel.: 0221/933193-0<br />

www.kolumba.de<br />

makk Museum für angewandte<br />

Kunst<br />

Full House – Design by Stefan Diez<br />

An der Rechtschule<br />

Tel.: 0221/221-26735<br />

www.museenkoeln.de/museum-fuer-angewandte-kunst<br />

Museum Ludwig<br />

Gerhard Richter – Neue Bilder<br />

Otto Freundlich – Kosmischer Kommunismus<br />

| Wolfgang-Hahn-Preis<br />

2017 – Trisha Donnelly (ab 25.4.)<br />

Bischofsgartenstr. 1<br />

Tel.: 0221/221 26 165<br />

www.museum-ludwig.de<br />

K.WEST 04/17<br />

Alexianerweg 9<br />

48163 Münster<br />

Kunsthaus Kannen<br />

Museum für Art Brut und Outsider Art<br />

Öffnungszeiten: Di - So 13 - 17 Uhr<br />

Führungen n.V.: Mo - Fr 9 - 17 Uhr<br />

www.kunsthaus-kannen.de<br />

Fon: 02501/ 966 20 560


Fromme<br />

Massenware<br />

TEXT KATJA BEHRENS<br />

Unter dem passenden Titel<br />

»Blut & Tränen« zeigt das<br />

Aachener Suermondt-Ludwig-<br />

Museum das Werk von<br />

Albrecht Bouts (1451/55 bis 1549),<br />

der vor allem wegen seiner<br />

biblischen Schmerzensthemen<br />

über den Gekreuzigten<br />

bekannt ist.<br />

Rotgeweinte Augen, Tränen rinnen über die Wangen, und lange Stacheln werfen Schatten.<br />

Bis ins feinste Härchen ausformuliert zeigt Albrecht Bouts seinen »Christus mit der Dornenkrone«<br />

(um 1505-1510. Foto: Kansas City: The Nelson-Atkins Museum of Art / Gift of Mary<br />

E. Evans and Mrs. John E. Wheeler in memory of Harry Martin Evans.)<br />

Kullernde Tränen, rinnendes Blut, gefaltete Hände auf goldenem<br />

Grund. Stimmungsvoll inszeniert sind die Tafeln in der<br />

Dunkelheit auf kleinen Lichtinseln. Leise ertönt ein Requiem,<br />

man hört geistliche Kantaten, Choräle.<br />

Albrecht Bouts und sein Bruder Dierick waren gewissermaßen<br />

mit dem Pinsel in der Hand aufgewachsen. Dierick Bouts<br />

Senior (1415 bis 1475) betrieb in der südniederländischen<br />

Stadt Löwen eine erfolgreiche Malerwerkstatt, in die beide<br />

Söhne nach ihrer Ausbildung und Wanderjahren zurückgekehrt<br />

waren. Nach dem Tod des weithin berühmten Vaters<br />

übernahmen sie nicht nur die Werkstatt, sondern vollendeten<br />

gleich ein paar Arbeiten des Alten. Dabei blieb es mehr oder<br />

weniger: Die Malerbrüder orientierten sich stilistisch am Vater,<br />

kopierten seine Bildentwürfe und bemühten sich dennoch<br />

um eine eigene Handschrift. So Albrecht, wenn er die Konturen<br />

besonders betonte.<br />

Im 15. und besonders 16. Jahrhundert erlebte die Tradition<br />

des privaten Andachtsbildes erneute Blüte, die sich die Brüder<br />

zunutze zu machen wussten. Früh schon hatten die Bouts das<br />

Potential des Bildes als Massenmedium erkannt. Statt es im<br />

Druck zu vervielfältigen, schufen sie mit ihrer Werkstatt im<br />

handwerklichen Akkord immer gleiche Motive, was irgendwann<br />

schematisch und unoriginell werden kann. So sind in<br />

Aachen zahllose dornengekrönte Christusköpfe versammelt,<br />

trauernde Marien und diverse abgeschlagene Johannesköpfe,<br />

als Bild und Objekt.<br />

Auch nach dem Tod des Bruders 1490 gab Albrecht, der die<br />

Werkstatt weiterbetrieb, die drei Lieblingsthemen nicht auf, im<br />

Gegenteil. Für die persönliche, nicht-öffentliche Versenkung<br />

seiner kirchlichen wie privaten Auftraggeber schuf er mit<br />

seinen Gehilfen Andachtsbilder en masse. Ein Widerspruch?<br />

Nein, ein tüchtiges Geschäftsmodell.<br />

In Aachen sind die Werke im dunklen Raum mit hellen<br />

Lichtspots und der unterlegten Musik dramatisch inszeniert,<br />

dargeboten wie für die private Andacht und feierliche Einkehr.<br />

In altmeisterlicher Manier und glänzenden Farben sind<br />

Gesichter und Hände bis zum feinsten Härchen ausformuliert.<br />

Wunderbar deutlich wie im Holztafelbild aus Karlsruhe,<br />

»Christus mit Dornenkrone« (1505-1510) – es zeigt den<br />

Schmerzensmann weinend mit geröteten Augen, die lang in<br />

die Luft stechenden Dornen der Krone werfen Schatten. Die<br />

gesuchte Naturnähe der Malerei dient hier als Bestätigung<br />

und Beglaubigung des heiligen Geschehens.<br />

Der prächtige kleine Klappaltar aus dem museumseigenen<br />

Bestand, zwischen 1496 und 1515 ausgeführt, ist ein weiteres<br />

Beispiel jener obsessiven privaten Frömmigkeit, die bedient<br />

werden musste. Es war wohl ein Glück für die Künstler,<br />

die nicht mehr nur auf Großaufträge der Kirche angewiesen<br />

waren, sondern einen breiteren Markt mit ihren frommen<br />

Bildern bedienen konnten. Blut und Tränen waren offenbar<br />

schon damals ein Erfolgs-Rezept.<br />

SUERMONDT-LUDWIG-MUSEUM, AACHEN<br />

BIS 11. JUNI 2017<br />

TEL.: 0241/4798040<br />

24 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Empfehlenswerte<br />

Ausstellungen<br />

Lundahl & Seitl: New Originals, 2017. Ausstellungsansicht Kunstmuseum<br />

Bonn. Foto: David Ertl. Zu sehen im Kunstmuseum Bonn.<br />

Bonn<br />

Kunstmuseum<br />

»Lundahl & Seitl. New Originals«<br />

Bis 28. Mai 2017<br />

Alle reden von Virtual Reality. Christer Lundahl<br />

und Martina Seitl interpretieren das Medium auf<br />

eigene Weise. Im Kunstmuseum Bonn lotsen sie<br />

den Besucher zunächst mit Klängen aus dem Kopfhörer<br />

und Textnachrichten via Smartphone durch<br />

eine kleine Schau mit einer Handvoll ausgewählter<br />

Werke. Durch Max Ernsts »Grätenwald« saust der<br />

Sturm, zwischen Stephan Hubers Gebirgsmodellen<br />

hört man Schmelzwasser gurgeln. Noch besser wird<br />

es im zweiten Teil des Parcours: Das Smartphone<br />

wandert in eine Halterung direkt vor die Augen –<br />

einfache Variante der Virtual-Reality-Brille. Doch<br />

diesmal gaukelt das Gerät uns keine andere Welt<br />

vor. Nur Farben, Licht und Schatten sind zu sehen.<br />

An einem Seil entlang hangeln wir uns voran in einen<br />

weiteren Raum, wo Anweisungen und Klänge<br />

per Kopfhörer Erinnerungen an die zuvor gesehenen<br />

Kunstwerke wachrufen. Ein eigenartiges, einnehmendes<br />

Ausstellungserlebnis. Es macht klar:<br />

Man braucht nicht unbedingt technisch ausgefeilte<br />

3D-Videos, um sich in fremde Sphären zu beamen.<br />

Es reicht die eigene Fantasie.


Lucas Cranach der Ältere:<br />

Das ungleiche Paar,<br />

um 1530.<br />

Museum Kunstpalast,<br />

Dauerleihgabe der<br />

Kunstakademie Düsseldorf.<br />

Foto: © Museum<br />

Kunstpalast – ARTOTHEK.<br />

Zu sehen im<br />

Museum Kunstpalast<br />

in Düsseldorf.<br />

Düsseldorf<br />

Museum Kunstpalast<br />

»Cranach. Meister – Marke – Moderne«<br />

8. April bis 30. Juli 2017<br />

Madonnenbilder und erotische Akte. Lucas Cranach d. Ä. arbeitete<br />

für katholische Würdenträger und machte sich gleichzeitig<br />

zum Vorkämpfer der Reformation. Dank ihm haben wir ein Bild<br />

von Martin Luther – vom jungen Mann mit glühendem Blick<br />

und ebenso vom gesetzten Religionsstifter. Ein Star war Cranach<br />

schon zu Lebzeiten. Heute gilt er als einer der wichtigsten, produktivsten<br />

und innovativsten Vertreter der deutschen Renaissance.<br />

Die Schau will Cranachs Werk nicht allein für sich betrachten.<br />

Es geht ihr auch um die Wechselbeziehung zu anderen<br />

Künstlern. Der Maler habe den Wettstreit geradezu gesucht, so<br />

die These. Das Spiel von Aneignung und Überbieten soll im Museum<br />

Kunstpalast an Beispielen, etwa von Albrecht Dürer oder<br />

Hans Holbein dem Jüngeren, nachvollziehbar werden. Bis in die<br />

Moderne reicht die künstlerische Rezeption, auch dies ist Thema<br />

in Düsseldorf.<br />

NRW-Forum<br />

»Thomas Mailaender. The Fun Archive«<br />

Bis 30. April 2017<br />

Das »Fun-Archive«, das Thomas Mailaender ins NRW-Forum<br />

gebaut hat, ist ein Bunker, gekrönt von bunten Leuchtbuchstaben<br />

und Stacheldraht. Pittoresk zugerümpelte Räume, gefüllt<br />

mit alten Möbeln und Bildern aus dem Netz – verstörend, bizarr,<br />

amüsant und peinlich. Ein Setting, als wäre Künstlerkollege<br />

Gregor Schneider an die falschen Tabletten geraten. Hinzu<br />

kommen merkwürdig zurechtgetöpferte Vasen, beklebt mit<br />

bewährtem Internet-Trash und eine lange Fotoreihe UV-geröteter<br />

Körper, auf die der Künstler Negative gelegt und sie belichtet<br />

hat. Im hinteren Teil der Schau hat Mailaender sein »Fish<br />

Museum« eingerichtet, beleuchtete Aquarien mit versenkter<br />

Kitschkunst, wie der Ballonhund von Jeff Koons, die von echten<br />

Zierfischen und Piranhas umschwommen wird.<br />

Essen<br />

Museum Folkwang<br />

Maria Lassnig<br />

Bis 21. Mai 2017<br />

»Körperbewusstseins-Malerei« – dies war das Konzept der<br />

österreichischen Malerin Maria Lassnig (1919–2014). Was zunächst<br />

etwas anthroposophisch klingt, funktioniert hervorragend:<br />

Lassnig erklärt den eigenen Körper und ihre Empfindungen<br />

zum Gegenstand ihrer Kunst: »Da habe ich eine realistische<br />

Nase gemalt und dafür keinen Mund, weil ich den Mund nicht<br />

gefühlt habe.« Mal verschwindet ihr Kopf in gedeckten Farben<br />

hinter abstrakter Panzerung, an anderer Stelle löst sich der<br />

Körper in leuchtenden Farben im strahlenden Weißraum auf.<br />

Erst nach Lassnigs Tod wurden ihre Werke von der Kunstwelt<br />

»entdeckt«. Das Museum Folkwang widmet ihr eine Retrospektive<br />

mit 41 Gemälden, ergänzt durch mehrere Animationsfilme<br />

Lassnigs und Archivmaterialien aus ihrem Nachlass.<br />

Kerpen<br />

»Haus Mödrath – Räume für Kunst«<br />

Ab 23. April 2017<br />

1000 Quadratmeter, 15 Schlafzimmer, mehrere Bäder, vier<br />

offene Kamine, Ateliers und eine Kapelle – als Herrenhaus<br />

war Haus Mödrath um 1830 errichtet worden. Später diente<br />

es als Wöchnerinnenstation, während der NS-Zeit als Schulungsheim<br />

und zuletzt als Firmensitz eines Immobilienunternehmers.<br />

Jetzt wurde das Anwesen zum Kunstzentrum<br />

umgebaut. Ende April eröffnet die erste Ausstellung, kuratiert<br />

vom einstigen Direktor des Museums Abteiberg, Veit<br />

Loers. Vom Keller bis ins Dachgeschoss ist Platz für rund 20<br />

zeitgenössische Positionen, darunter Günther Förg, Andreas<br />

Slominski und Georg Herold.<br />

Paderborn<br />

Diözesanmuseum<br />

»Wunder Roms«<br />

Bis 13. August 2017<br />

»Ich kann sagen, dass ich nur in Rom empfunden habe, was<br />

eigentlich ein Mensch sei«, hielt Johann Wolfgang Goethe<br />

fest. Paderborn nimmt den Mythos der ewigen Stadt in den<br />

Blick. Das Diözesanmuseum betrachtet Rom als Sehnsuchtsort,<br />

Pilgerziel, Inspirationsquelle für Philosophen, Literaten<br />

Künstler. Von der Antike bis in die Gegenwart reicht das<br />

Spektrum der versammelten Werke. Erstmals ist das Original<br />

der riesigen Marmor-Hand der Kolossalstatue Kaisers<br />

Konstantin in Deutschland zu sehen. Bilder etwa von Peter<br />

Paul Rubens zeigen die römischen Antiken als Inbegriff des<br />

barocken Kunstideals. Rom als Ideal spiegelt sich auch bei<br />

William Turner. Zeitgenössische Foto- und Videoarbeiten<br />

aus den Vatikanischen Sammlungen von Christoph Brech<br />

gaben Anlass zur Beschäftigung mit den »Wundern Roms« –<br />

mit ihnen schließt die Schau.<br />

26 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Christopher Domakis: »Hutong I«, Courtesy: The Artist, Foto: Kölner Liste<br />

Für Entdecker<br />

»Kölner Liste 2017« – Messe für moderne Kunst<br />

Wer nach dem Besuch der Art Cologne noch nicht genug hat,<br />

kann bei der parallel laufenden »Kölner Liste« junge zeitgenössische<br />

Kunst entdecken. Nahe der Innenstadt, in den Mauern des<br />

ehemaligen Paketzentrums »XPost«, zeigen auf 4000 Quadratmetern<br />

mehr als 80 nationale und internationale Aussteller Malerei,<br />

Zeichnung, Grafik, Skulptur, Installationen, Medienkunst und<br />

Fotografie. Das gleichberechtigte Nebeneinander von Galerien,<br />

Projekträumen und Künstlern will mit einer kommunikativen Atmosphäre<br />

Sammler wie Erstkäufer ansprechen. Besonderes Augenmerk<br />

gilt der Fotografie und Urban Art, präsentiert in zwei eigenständig<br />

kuratierten Bereichen. Diesmal sind u.a. dabei: die MSK<br />

Eastside Gallery (Moskau), Boesso Art Gallery (Bozen), Gallery<br />

PontArte (Maastricht), Eva Steynen Deviation(s) Gallery (Antwerpen),<br />

Galerie Reitz (Köln) und weartberlin.<br />

In der Urban Art Section, vom Galeristen Guillaume Trotin kuratiert,<br />

hat der französische Street Art Künstler OX seinen Auftritt,<br />

zu dessen bevorzugtem Medium überdimensionale Werbetafeln<br />

gehören. In der Fotografie werden Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />

des Spaniers Jordi Rosado, spektakuläre Bilder des Outdoor-<br />

Fotografen Gürel Sahin und die bizarren Inszenierungen des Russen<br />

Andrey Kezzyn gezeigt. Kurator ist dort Stefan Maria Rother.<br />

Zum Begleitprogramm gehören Vorträge und Buch-Vorstellungen<br />

(die Autorin und Künstlerin Alina Gause mit ihrem neuen<br />

Buch »Kompass für Künstler – Ein persönlicher Wegbegleiter für<br />

Kreative«). Es pendeln Shuttlebusse zwischen der »Kölner Liste«<br />

und der Art Cologne.<br />

28. BIS 30. APRIL 2017, WWW.KOELNER-LISTE.ORG<br />

KATHARINA<br />

SIEVERDING<br />

Kunst und Kapital<br />

Werke von 1967 bis 2017<br />

bis 16. Juli 2017 in Bonn<br />

Katharina Sieverding, Die Sonne um Mitternacht schauen SDO/NASA (Blue) (Ausschnitt), 2010–2015© Katharina Sieverding, VG Bild-Kunst, Bonn 2017© Foto: Klaus Mettig, VG Bild-Kunst, Bonn 2017<br />

IRAN<br />

Zeitgleich:<br />

Der Persische<br />

Garten<br />

auf dem<br />

Museumsplatz<br />

Frühe Kulturen zwischen Wasser und Wüste<br />

13. April – 20. August 2017 in Bonn<br />

Löwenprotom, „Ziwiye“, 1. Jh. v. Chr., Gold, Iranisches Nationalmuseum, Teheran<br />

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland<br />

Museumsmeile Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn, T +49 228 9171–200, info@bundeskunsthalle.de<br />

www.bundeskunsthalle.de


Keine Angst<br />

vor Rot, Gelb, Blau<br />

TEXT STEFANIE STADEL<br />

Vom alten Schulhaus bis in die gestylte Villa –<br />

Holland feiert 100 Jahre De Stijl und<br />

legt Spuren der Avantgarde-Bewegung kreuz und<br />

quer durch die Kunstlandschaft.<br />

Unbekannt, aber Interessant: Das Bild stammt von Bart van der Leck, der auch kurz mitmachte bei De Stijl. Er war es wohl auch, der Piet Mondrian die klaren Primärfarben<br />

nahe gebracht hat. (Bart van der Leck: Der Sturm, 1916. Kröller-Müller Museum, Otterlo.)<br />

28 <strong>SPECIAL</strong> KUNST<br />

K.WEST 04/17


Ein Städtchen wie viele in Holland. Doch nur einen Schritt aus<br />

dem Bahnhof, und man weiß, wo es lang geht in Amersfoort:<br />

über das Mondriaansplein auf die Mondriaanslaan. Der Weg zur<br />

Sehenswürdigkeit Nummer Eins ist geebnet: das Mondriaanhuis,<br />

wo der Künstler 1872 zur Welt kam. Der Meister, der den<br />

Neoplastizismus erfand, der mit Kandinsky und Malewitsch als<br />

Vater der abstrakten Kunst gefeiert wird und als prominentester<br />

Vertreter der wegweisenden De-Stijl-Bewegung glänzt. Piet<br />

Mondrians Geburtshaus tanzt etwas aus der Reihe, allein durch<br />

die Größe. Doch mit dem Wohlstand der Familie hat das nichts<br />

zu tun. Der gestrenge Vater war Lehrer und bewohnte mit Frau<br />

und fünf Kindern das Schulhaus, bis Enge und Schimmel die<br />

Familie zum Umzug bewogen.<br />

Deutlich besser in Schuss als damals ist die alte Schule heute, sie<br />

hat eine gründliche Renovierung hinter sich. Anlass für den Aufwand<br />

ist der runde Geburtstag von De Stijl – die avantgardistische<br />

Gruppe formierte sich vor hundert Jahren. Den Start markierte<br />

Theo van Doesburg als Gründer der Zeitschrift, die der Bewegung<br />

ihren Namen gab. De Stijl war keine feste Vereinigung, eher<br />

eine lockere Verbindung von Kreativen, die sich nicht persönlich<br />

treffen mussten, sondern ihre Ideen und Aufbruchs-Gedanken<br />

auch in dem Magazin austauschen konnten. Neben Doesburg und<br />

Mondrian gehörten Gerrit Rietveld und Bart van der Leck zum<br />

Kreis von Malern, Architekten, Designern.<br />

Die Heimat der Bewegung nutzt das Jubiläum zur Marketing-<br />

Offensive und überzieht das ganze Land mit De-Stijl-Ereignissen:<br />

Ausstellungen, Spaziergänge, Workshops, Festivals, Radtouren,<br />

Konzerte … Amersfoort bietet einen schönen Einstieg.<br />

Sehr viel hat das Mondriaanhuis zwar nicht zu bieten, aber<br />

immerhin kann man einige Frühwerke sehen und sich wundern<br />

über die Anfänge des malenden Utopisten – mit Bäumen,<br />

Bauernhäusern, heimischen Polder-Landschaften in gedeckten<br />

Tönen. Sie stammen aus einer Zeit, als er sich noch Mondriaan<br />

nannte, wie das Plein und wie die Laan. Erst später entschloss<br />

er sich, das zweite a zu streichen – und ging als Mondrian in die<br />

Kunstgeschichte ein.<br />

Eine kleine Doku-Schau streift den Lebenslauf und beginnt<br />

mit Mondrians Wiege. Piet ist acht Jahre alt, als die Familie<br />

Amersfoort verlässt und nach Winterswijk nahe der deutschen<br />

Grenze zieht, wo sich der Junge bald, angeleitet von Vater und<br />

Onkel, malend in der Landschaft umtut. Weitere wichtige Stationen<br />

sind Amsterdam und das Kunststudium, Paris, wo der<br />

30-Jährige den Kubismus entdeckte, Leiden und die Gründung<br />

von De Stijl, wieder Paris mit der Entwicklung des charakteristischen<br />

Neoplastizismus. Schließlich die späten Jahre in London<br />

und New York, wo Mondrian 1944 an den Folgen einer Lungenentzündung<br />

stirbt.<br />

Fotos zeigen ihn als strengen, schlanken, gestreckten Herrn in<br />

korrekter Haltung und mit ernster Miene: einwandfrei gekleidet,<br />

brachte sich Mondrian vor der Kamera in Pose. Ebenso tadellose<br />

Figur machte er auf dem Parkett. In Amersfoort steht<br />

sein Grammophon. Mondrian war leidenschaftlicher Tänzer.<br />

Dabei nahm er das Vergnügen nicht auf die leichte Schulter,<br />

wie eine seiner zahlreichen Gefährtinnen berichtet: »Er tanzte<br />

ganz gerade, streckte den Kopf schräg nach oben und machte<br />

stilisierte Schritte.« Auch der Alltag verlief in strengem Takt.<br />

Vormittags einkaufen, dann arbeiten in der geometrisch durchgestylten,<br />

blitzsauberen Pariser Atelierwohnung – die Ausstellung<br />

zeigt ein Modell.<br />

mkdw.de · Hauptstraße 1 · D-25938 Alkersum · Föhr<br />

junger<br />

westen<br />

Kunstausstellung der<br />

ruhrfestspiele recklinghausen<br />

kunsthalle recklinghausen<br />

7. Mai bis 13. August 2017<br />

K.WEST 04/17<br />

kulturpartner


Es wäre ein wenig übertrieben zu sagen, dass Mondrian genauso<br />

geradlinig lebte und tanzte, wie er malte. Doch ein Blick auf<br />

sein System säuberlich gezogener Linien und rechteckiger Flächen<br />

in den Grundfarben Rot, Gelb, Blau böte Anlass für solche<br />

Thesen. Aus Mangel an Originalen aus Mondrians reifer Zeit,<br />

kramt man im alten Schulhaus von Amersfoort im kitschigen<br />

Nachleben dieser Idee und füllt eine Abteilung mit Schüsseln,<br />

Schuhen, Regenschirmen, Krawatten und dergleichen im<br />

Mondrian-Look. Wie Verlegenheitslösungen wirken auch zwei<br />

kurzweilige, eher fragwürdige Videoinstallationen, die uns<br />

Mondrians Weg und sein malerisches System wild flackernd,<br />

musikalisch untermalt, wand- oder raumfüllend präsentieren.<br />

Wer mehr will, muss weg aus Amersfoort. Auf den Spuren von<br />

Mondrian & Co. bewegt man sich am besten Richtung Den<br />

Haag und legt einen Zwischenstopp in Utrecht ein, wo 1888<br />

Gerrit Rietveld zur Welt kam, lebte, wirkte und mit 76 Jahren<br />

starb. Das Centraal Museum ist reich bestückt mit seinen Werken<br />

und steuert noch bis Mai eine schöne Rietveld-Schau zum<br />

Jubiläumsprogramm bei. Da geht es vor allem um das frühe<br />

Schaffen und um das Rietveld-Schröder-Haus als architektonisches<br />

Schlüsselwerk.<br />

Ziemlich zu Anfang sieht man den jungen Mann dort im Großfoto<br />

von 1918. Begleitet von Gesellen posiert Rietveld lässig vor<br />

seinem Laden – eine »Meubel Makerij« in Utrecht. Im selben<br />

Jahr baute der Schreinermeister mit 13 Vierkanthölzern und<br />

zwei Latten aus Buche jenen Stuhl, der später rot-blau gefasst<br />

SKULPTUREN-<br />

PARK<br />

WALDFRIEDEN<br />

in WUPPERTAL<br />

Klaus Rinke 25.3. – 25.6.2017<br />

Imi Knoebel 15.7. – 3.12. 2017<br />

www. skulpturenpark-waldfrieden.de<br />

wurde und beinahe den gesamten Rest des Werks in den Schatten<br />

stellte. Schon De-Stijl-Begründer Doesburg schwärmte. Mit<br />

einem Gemälde von Giorgio de Chirico verglich er den Lattenstuhl.<br />

Als »schlankes, räumliches Geschöpf« und als »unbeabsichtigte,<br />

doch radikale Wiedergabe offener Räume«. Ein Jahr<br />

später ist Rietveld dann mit von der Partie in Doesburgs Club<br />

der Kreativen.<br />

Mit der Losung von der »räumlichen Hygiene« wird Rietveld<br />

in den 20er und 30er Jahren für eine neue Wohnkultur kämpfen<br />

und seinen zweiten Geniestreich landen, als er im Auftrag<br />

der Rechtsanwaltswitwe Truus Schröder in einer traditionellen<br />

Backsteinhäuser-Zeile in Utrecht ein Wohnhaus baute, wie<br />

man es nie zuvor gesehen hatte. Da steht es noch heute wie ein<br />

Fremdkörper – und hat es in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes<br />

gebracht. Beinahe idealtypisch spiegelt das Haus von<br />

1924 die De-Stijl-Prinzipien: Rietveld feiert die Grundfarben<br />

und betont Vertikale wie Horizontale. Ein Bau, der aussieht<br />

wie ein Mondrian-Gemälde. Drinnen bot es Truus Schröder<br />

und ihren drei Kindern allerhand Freiheiten. Je nach Bedarf<br />

konnten sie Wände verschieben, neue Räume schaffen und alte<br />

verschwinden lassen. Rietveld sollte später selbst einziehen und<br />

mit Schröder zusammen dort leben.<br />

Noch mehr Rietveld lässt sich in Utrecht auf einer geführten<br />

Radtour lernen. Wem jedoch Schau, Stuhl und Haus reicht,<br />

macht sich auf nach Den Haag. Das dortige Gemeentemuseum<br />

bewahrt die weltweit größte Mondrian-Sammlung und<br />

bietet aktuell noch eine Ausstellung, die den Meister zusammenbringt<br />

mit seinem wenig bekannten, doch interessanten<br />

Kollegen Bart van der Leck. Um 1915 müssen sich Mondrian<br />

und van der Leck getroffen und im nordholländischen Künstlerdorf<br />

Laren für kurze Zeit gemeinsame Sache gemacht haben.<br />

Wichtig für beide: Während Mondrian van der Lecks<br />

Prinzip der klaren Primärfarben gefiel, lernte van de Leck die<br />

strikte Geometrie in Mondrians Kunst zu schätzen. Wie dieser<br />

zählte auch van der Leck zu den Gründungsmitgliedern<br />

der De-Stijl-Bewegung, verlässt die Clique aber bald wieder,<br />

um eigene Wege zu gehen. Denn im Kern wollte er den Gegenstand<br />

nie aufgeben; das konnten die stil-strengen Freunde<br />

nicht billigen.<br />

Das erste De-Stijl-Paket füllt den Frühlings-Ausflug gut<br />

aus. Doch das Themen-Jahr ist jung und hat noch mehr in<br />

petto. Wer das volle Programm will, muss wiederkommen –<br />

im Sommer, Herbst, Winter. So funktioniert effektives<br />

Marketing.<br />

Hirschstraße 12 · 42285 Wuppertal · 0202 47898120<br />

Henry Moore, Large Interior Form, 1981-82<br />

© Reproduced by permisson of The Henry Moore Foundation<br />

MONDRIAANHUIS, AMERSFOORT<br />

TEL.: +31 (0)33/4600170<br />

»RIETVELDS MEESTERWERK: LEVE DE STIJL«<br />

CANTRAAL MUSEUM, UTRECHT<br />

BIS 11. JUNI 2017<br />

TEL.: +31 (0)30/2362362<br />

»PIET MONDRIAN EN BART VAN DER LECK«<br />

GEMEENTEMUSEUM, DEN HAAG<br />

BIS 21. MAI 2017<br />

TEL.: +31 (0)70/3381111<br />

MEHR INFORMATIONEN ZUM DE STIJL-THEMENJAHR UNTER<br />

WWW.HOLLAND.COM<br />

K.WEST 04/17


Energie ist Kunst<br />

Lichtkunst ist für uns die schönste Form, Energie zum Ausdruck zu<br />

bringen. Sie ist innovativ und Anlass für interdisziplinäre Diskussionen.<br />

Mehr Licht oder ein Recht auf Dunkelheit? Andere Energie oder weniger?<br />

Wie wollen wir zukünftig leben und mit unseren Ressourcen umgehen?<br />

Die innogy Stiftung sucht Antworten auf gesellschaftliche Fragen rund<br />

um die Energiewende.<br />

The weight of light, Martin Hesselmeier & Andreas Muxel, Sieger des ersten International Light Art Award.<br />

Gemeinsam mit dem Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna hat die innogy Stiftung den mit 10.000 Euro dotierten Preis<br />

ins Leben gerufen. Er wird alle zwei Jahre verliehen und durch eine Ausstellung begleitet. www.ilaa.eu / Foto: Frank Vinken


Die neue Saison<br />

ab 8. Mai<br />

guerzenich-orchester.de

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