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musiktipps<br />
mike zito<br />
Make Blues Not War<br />
RUF Records<br />
sorority noise<br />
You‘re Not As ___ As You Think<br />
Big Scary Monsters<br />
In diesen aufgewühlten Zeiten fordert das<br />
Album geradezu heraus, sich auszuloggen<br />
und old style Musik zu hören. Schon die<br />
Gästeliste, u.a. mit Walter Trout und Jason<br />
Ricci, zeigt, wohin die Reise geht: Blues-Rock,<br />
schwer, erdig, ehrlich. Die zweite Solo-CD<br />
von Mike Zito, nachdem er die Royal Southern<br />
Brothernhood verlassen hat, wurde<br />
von Tom Hambridge (Buddy Guy, George<br />
Thorogood u.a.) in den Sound Stage Studios<br />
in Nashville, Tennessee produziert und startet<br />
mit der traditionellen „Highway Mama“ voll<br />
durch. Kraftvoller Schunkel-Blues mit Walter<br />
Trout auf sechs Saiten zur erdigen Stimme<br />
von Mike Zito. Die nächsten Tracks folgen<br />
mit viel scheppernder (Slide-)Gitarre, was im<br />
Titelsong in der flehenden, derzeit so aktuellen<br />
Botschaft „Make Blues Not War“ mündet.<br />
Allerdings scheint Zito auch nüchterner<br />
Realist, wenn er kurz darauf klagend „Bad<br />
News is Coming“ intoniert. Vielleicht gibt es<br />
noch einen Ausweg? „One More Train“ lässt<br />
hoffen, von Boogie Piano und Blues-Harp<br />
getrieben. Das Album schließt mit der alternativen<br />
„Route 90“ ohne Schnörkel zu fetter<br />
Rock´n´Roll-Gitarre traditionsbewusst wie<br />
weiland Chuck Berry. Helmut Ölschlegel<br />
Als der Begriff „Emo Revival“ durch die Musikpresse<br />
zu geistern begann, dachte man<br />
unweigerlich an die blassen Manga-Teenager<br />
mit bunten Haaren zurück, die erst kurz zuvor<br />
das Konzept der Jugendkultur zu Grabe getragen<br />
hatten. Statt ihre First World Problems<br />
mit Kajal-Glam à la My Chemical Romance<br />
zu verarbeiten, nahm sich die neue Garde<br />
vergessen geglaubte Koryphäen der 90er<br />
wie Promise Ring und Braid zum Vorbild<br />
und gab dem Genre mit Augenzwinkern und<br />
kathartischem Weltschmerz die Authentizität<br />
zurück, deren Verlust es einst der Lächerlichkeit<br />
preisgegeben hatte. „Just this year<br />
I lost a basketball team to heaven and I‘m<br />
sure they‘re shooting jumpers with Jesus“<br />
verharmlost Cam Boucher so lakonisch wie<br />
sonst nur Adam Green den Selbstmord dreier<br />
seiner Freunde über Weezer-Power Chords,<br />
um die Trauer später doch in einem markerschütternden<br />
Crescendo herauszuschreien.<br />
So liefern Sorority Noise nicht nur das Album,<br />
auf das uns Brand New seit 11 Jahren warten<br />
lassen, sondern demonstrieren eindrucksvoll,<br />
was im Rock allzu oft Kalkül bleibt: Nicht<br />
musikalische Dynamik erzeugt Emotion, sondern<br />
umgekehrt. Maximilian Beer<br />
anna depenbusch<br />
Das Alphabet der Anna Depenbusch<br />
Sony Music<br />
boss hog<br />
Brood X<br />
In The Red/Bronze Rat<br />
Die Sängerin Anna Depenbusch ist leider<br />
immer noch viel zu unbekannt, dabei ist<br />
ihre Musik intelligent, hinreißend, witzig<br />
und absolut hörenswert. Schließlich<br />
schafft es keine Künstlerin so gut wie<br />
Anna Depenbusch, aus jedem Song eine<br />
perfekte kleine Kurzgeschichte zu machen.<br />
Mit ihrer neuen Platte „Das Alphabet der<br />
Anna Depenbusch“ kehrt die Künstlerin<br />
nun wieder zu ihren Anfängen zurück<br />
(wohl in bewusster Anlehnung an das<br />
erste Album „Die Mathematik der Anna<br />
Depenbusch“) und zeigt einmal mehr<br />
die gesamte Bandbreite ihres Könnens:<br />
Ob allein am Piano oder mit Band, Anna<br />
Depenbusch nimmt ihre Zuhörer mit, auf<br />
eine Reise durch die Facetten der Musik:<br />
Es gibt nautische Klänge, einen Walzer, Zirkusatmosphäre<br />
und ein bisschen poppigen<br />
Retro-Sound der an die Beatles erinnert,<br />
dazu - wie immer – brillante deutsche<br />
Texte voller Wortspiele. Für letztere hat<br />
die Depenbusch nicht umsonst schon 2012<br />
den renommierten Fred-Jay-Preis für Textdichter<br />
gewonnen. Großartige Musik für<br />
alle Fans des Chanson und von tiefgründigem<br />
Humor.<br />
Sabine Mahler<br />
Gut, ich gestehe: Das Poster mit einer sich<br />
lasziv räkelnden Cristina Martinez im Leopardenbikini<br />
zierte einst nicht ohne Grund<br />
meine Bamberger Studentenbude. Durchaus<br />
möglich also, dass in dieser Rezension die<br />
journalistische Objektivität etwas abhanden<br />
gekommen sein mag. Aber hey, wenn<br />
uns das neben Fred und Toody Cole (Dead<br />
Moon) coolste Ehepaar des Rock’n’Roll nach<br />
17 entbehrungsreichen Jahren ein neues Album<br />
schenkt, darf man ja wohl mal ein bisschen<br />
hyperventilieren. Zumal Boss Hog auf<br />
„Brood X“ derart beseelt und old-schoolig<br />
garagenrocken, als schriebe man 1992. Der<br />
smarte Indie-Pop-Charme des Vorgängers<br />
„Whiteout“ ist wieder der puren Lust am<br />
Lärm gewichen. Gitarrenberserker Jon Spencer<br />
schreddert archaisch den Blues in Stücke,<br />
während seine Göttergattin keift, röhrt und<br />
stöhnt wie zu seligen Pussy-Galore-Zeiten.<br />
Und dass Miss Martinez auch mit 44 Jahren,<br />
kürzeren Haaren und etwas ausladenderen<br />
Hüften nichts von ihrem Sex-Appeal verloren<br />
hat, davon durfte man sich im vergangenen<br />
Herbst livehaftig beim Rolling Stone<br />
Weekender überzeugen. Bloß schade, dass<br />
es da keine Poster gab. Uli Digmayer<br />
KURZ &GUT<br />
Die kanadische Garagen-Rock-Band<br />
Danko Jones appelliert von je her an die<br />
niederen musikalischen Bedürfnisse ihrer<br />
Kunden. Einszweidreivier und voll auf die<br />
zwölf heißt es einmal mehr auf „Wild<br />
Cat“, dem mittlerweile neunten Studioalbum<br />
des Trios um dessen namensgebenden<br />
Sänger. Mr. Jones präsentiert sich<br />
darauf dann auch jenseits der 40 noch als<br />
prächtigster Liebhaber, übelster Rächer<br />
und wildester Rock’n’roll-Wutzwerg unter<br />
der westlichen Sonne. Das ist natürlich<br />
ziemlich eindimensional, rockt aber<br />
trotzdem wie Möhre. cro<br />
Mount Eerie kann man als absoluten<br />
Gegenentwurf zu Danko Jones verstehen.<br />
Das Langzeit-Projekt des amerikanischen<br />
Songwriters Phil Elverum besticht durch<br />
leise Töne, Tiefgang und musikalische<br />
Flexibilität. Statt mit schweren Autos und<br />
leichten Mädchen beschäftigt sich Elverum<br />
mit den Widrigkeiten des Lebens. Auf<br />
„A Crow Looked At Me“ geht es vor allem<br />
um dessen Endgültigkeit. Der Tod ist hier<br />
in jedem Song an Bord. Beim Namen genannt,<br />
in Allegorien, in der Stille zwischen<br />
den Tönen. Das ist manchmal bedrückend,<br />
aber irgendwie auch beruhigend. cro<br />
DJ-Toplist > APRIL<br />
Schlag DJs: Can your pussy do the dog?<br />
1.) Mavis Staples – Fight<br />
2.) 5.6.7.8‘s – Three cool cats<br />
3.) Henry Mancini – Pink Panther<br />
4.) Noreen Corcoran – Love kitten<br />
5.) Mobylettes – Pussyfoot<br />
6.) The Cure – Love cats<br />
7.) Rene Hall – Cleo<br />
8.) Tom Jones – What‘s new pussycat<br />
9.) Christer Bladin – Wildkatze<br />
10.) Pussy riot – Make America great again<br />
40 www.fraenkische-nacht.de