Kolpingmagazin 05-06 2017
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AUS DEN DIÖZESANVERBÄNDEN<br />
Hildesheim „Mütter und Töchter brauchen Verständnis füreinander“<br />
Einfach Frau sein – geht das?<br />
Hinter den Herd? Zu den Kindern? Oder doch Karriere? Wo gehört Frau von heute eigentlich<br />
hin? Mit diesen Fragen haben sich am ersten Märzwochenende 23 Frauen aus drei Generationen<br />
auf dem Pferdeberg in Duderstadt auseinandergesetzt.<br />
Die Idee für dieses diskussionsreiche Frauenwochenende<br />
hatte die stellvertretende Diözesanvorsitzende<br />
Annette Stasche. Angesichts<br />
des 50-jährigen Jubiläums der<br />
Aufnahme von Frauen in das Kolpingwerk<br />
sei es endlich an der Zeit gewesen, die Frau<br />
selbst und ihre Situation zum Thema des<br />
Treffens zu machen. Vor allem aber gehe es<br />
um Toleranz. „Mütter und Töchter brauchen<br />
Verständnis füreinander, wenn es um<br />
den Umgang mit Kindern und Enkelkindern<br />
geht. Dabei kommt der institutionellen<br />
Betreuung heute besondere Bedeutung zu“,<br />
so Annette Stasche.<br />
Dreht man die Zeit um etwa 30 Jahre zurück,<br />
leuchtet auch ein, warum: Während<br />
unsere Mütter ihre Kinder meist in die<br />
schützenden Hände der Großeltern geben<br />
konnten, bleibt der jungen Mutter heute oft<br />
keine andere Wahl als der Krippen- oder<br />
Kindergartenplatz. Das bereite vielen Frauen<br />
ein schlechtes Gewissen, wie die stellvertretende<br />
Diözesanvorsitzende und selbst<br />
Mutter von zwei Töchtern beobachtet. „Ich<br />
glaube, die Frau von heute hat es emotional<br />
gesehen schwerer.“<br />
Schule, Ausbildung oder Studium oder<br />
gar beides, dann der Beruf, in dem man ja<br />
auch erfolgreich sein will, und schließlich<br />
der Kinderwunsch: Während Frau von heute<br />
noch über die Familienplanung grübelt,<br />
sind zehn Jahre plötzlich wie im Flug vergangen.<br />
Kein Wunder bei diesem Lebensprogramm.<br />
Das Durchschnittsalter der<br />
Mutter bei der Geburt des ersten Kindes<br />
liegt heute konsequenterweise bei etwa 31<br />
Jahren. Um das zu erreichen, müssen aber<br />
erst die Rahmenbedingungen der jeweiligen<br />
Zeit verstanden werden. „Eine junge Frau<br />
heute wird gewiss nicht dieselbe Entscheidung<br />
treffen wie ihre Großmutter“, ist sich<br />
das Vorbereitungsteam des Wochenendes<br />
sicher. Armut, Vertreibung oder gar Krieg –<br />
davon sind Frauen in Deutschland selten<br />
bedroht. Doch was bedroht uns dann?<br />
„Es ist dieser Druck“, sagt eine der jungen<br />
Teilnehmerinnen: „Ich will mein Kind ja irgendwie<br />
fördern, doch dann wirft dir wieder<br />
jemand vor: Übertreibst du nicht etwas? Wo<br />
bleibt die Nestwärme?“ Eine andere fügt<br />
hinzu: „Wie? Du willst wieder arbeiten?<br />
Und wenn man das nicht tut: Willst du denn<br />
nicht mehr zurück in den Job?“ Nie scheint<br />
es den anderen recht zu sein – ganz egal, wie<br />
die Entscheidung ausfällt.<br />
Bei Vorträgen, Diskussionen und Gruppenarbeiten<br />
lernten sich die Frauen näher<br />
kennen und stellten schnell fest: Ob erste,<br />
zweite oder dritte Generation – wichtig ist,<br />
dass die Gesellschaft auf Familie nicht einfach<br />
von oben herab sieht, als handele es sich<br />
dabei nur um eine kleine Institution, sondern<br />
auch die Rollen von Frau und Mann als<br />
solche anerkennt. „Und wenn sich aus den<br />
Diskussionen eine Forderung ableiten lässt“,<br />
sagt Stasche, „dann müssen wir diese auch<br />
stellen.“ Denn wie schon Adolph Kolping zu<br />
sagen pflegte: „Schön reden tut’s nicht, die<br />
Tat ziert den Mann!“ Und die Frau.<br />
KOLPINGMAGAZIN MAI–JUNI <strong>2017</strong><br />
31