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HEINZ Magazin Essen 05-2017

HEINZ Magazin Mai 2017, Ausgabe für Essen

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AUSSTELLUNGEN<br />

ÜBERSICHT<br />

CLAUDIA HEINRICH<br />

<strong>HEINZ</strong>-AUTORIN<br />

Zeich(n)en zur Zeit<br />

Der HMKV mit Sitz im<br />

Dortmunder U hat sich<br />

zum 20. eine Brutalismus-<br />

Ausstellung geschenkt. Das<br />

passt. Schließlich zeigte<br />

auch das U lange nach der<br />

Eröffnung 2010 als halbe<br />

Baustelle viel rohen brutalistischen<br />

Charme. Heute<br />

noch ist ein Aufenthalt in<br />

dem überdimensionierten<br />

Bau wenig heimelig, speziell<br />

auf dem langen, langatmigen<br />

Weg durch das offene<br />

Rolltreppenhaus. Die Fahrt<br />

in die oberen Ebenen dauert<br />

ewig und machte wenig<br />

Spaß – bis im August 2016,<br />

ebenfalls auf Einladung des<br />

HMKV, Dan Perjovschi mit<br />

seinen wunderbar hintergründigen,<br />

sarkastischen<br />

Skizzen die weißen Wandzonen<br />

aller sieben Etagen<br />

belebte. Auf wenige Striche<br />

und Worte reduzierte<br />

persönliche Kommentare<br />

zur Weltlage, mit schwarzem<br />

Schreiber flott auf<br />

den Punkt bzw. die Wand<br />

gebracht: Der rumänische<br />

Künstler möchte in der<br />

von Werbung kontaminierten<br />

Welt Botschaften<br />

vermitteln, die Vertrauen<br />

verdienen. Ein Jahr lang, bis<br />

27.8.<strong>2017</strong>, würzen Perjovschis<br />

humorige Reflexionen<br />

nun die „Reise“ durchs U.<br />

Entdecken und freuen!<br />

Claudia Heinrich<br />

FOTO: IVO FABER (AUSSCHNITT) JANA EBERT<br />

© VG BILD-KUNST, BONN, <strong>2017</strong><br />

© GERHARD RICHTER, <strong>2017</strong>, FOTO OLBRICHT COLLECTION,<br />

ARCHITEKTUR DER NACHKRIEGSMODERNE<br />

Brutalismus-Ausstellung<br />

■ Béton brut (frz.„roher Beton“) gab dem<br />

Baustil den Namen. Brutalismus war das Nonplusultra<br />

der Nachkriegsmoderne bis in die<br />

1970er-Jahre: Schöner Wohnen hinter Sichtbetonwänden<br />

und freiliegenden Baumaterialien<br />

– auch namhafte Architekten mischten<br />

mit. Was bislang nicht wegbröckelte oder abgerissen<br />

wurde, ist grad wieder in. Der HMKV<br />

verschafft der „Gesellschaft zur Wertschätzung<br />

des Brutalismus“ eine Plattform. Man<br />

ZEIT ALS URKRAFT DER NATUR<br />

Klaus Rinke<br />

BILDERMACHEN<br />

Gerhard Richter<br />

■ Einer der wichtigsten zeitgenössischen<br />

Künstler (* 1932) zeigt im Museum Folkwang<br />

erstmals sein gesamtes Editionswerk. Die 173<br />

Auflagenwerke aus der Sammlung Thomas<br />

Olbrichts geben einen Überblick über alle<br />

wichtigen Stationen seiner konzeptuellen<br />

Arbeit seit 1957. Richter, der sich selbst als „Bildermacher“<br />

versteht, hinterfragt mit unterschiedlichen<br />

Mitteln Realität, Bild und Abbild.<br />

Nach Themen gegliedert schlägt die Schau<br />

muss aber nicht Fan sein, um die Ausstellung<br />

spannend zu finden: 21 Künstler setzen sich<br />

mit der polarisierenden Architektur auseinander,<br />

indem sie selbst futuristische Stadtutopien<br />

entwerfen, den skulpturalen Charme von<br />

Prager Luftschächten entdecken und unterirdisch<br />

weiterspinnen, mit Pappmodellen von<br />

realen Betonburgen durch Citys laufen oder<br />

eine Miniaturplattenbausiedlung aus Betonsteinen<br />

auf Paletten errichten.<br />

ch<br />

❚ Gesellschaft zur Wertschätzung des Brutalismus<br />

HMKV im Dortmunder U, Leonie-Reygers-Terrasse;<br />

Dauer: bis 24.9., Di-So 11-18 Uhr, Do/Fr 11-20 Uhr<br />

SCHRÄG UND VERSTÖREND<br />

Malte Bruns<br />

■ Ein weit aufgerissener Mund mit einem<br />

senkrecht darin steckenden Holzstäbchen,<br />

das Bild lässt einen kaum mehr los. Und was<br />

hat es auf sich mit all den kunstvoll arrangierten<br />

Torsi und Extremitäten, den bunten<br />

Monstrositäten und klebrigen Substanzen,<br />

den offenen Mündern und leeren Blicken?<br />

Der Künstler Malte Bruns (* 1984) hat mit seinen<br />

Skulpturen, Fotografien, Filmen und Installationen<br />

tief in die Bilderkiste der Moderne<br />

© MICHAEL RICHTER/CRAGG FOUNDATION<br />

einen Bogen von frühen, (foto-)realistischen<br />

bis hin zu späten, abstrakten Farbtafeln und<br />

Tapisserien. Darunter finden sich Ikonen wie<br />

die des Schäferhundes „Wolfi“ aus dem Familienalbum,<br />

„Ema (Akt auf einer Treppe)“<br />

und „48 Portraits deutscher Geistesgrößen“.<br />

Für die Schau entstand die Edition „Schädel“<br />

nach einem früheren Gemälde, in dem der<br />

Betrachter – sich spiegelnd – die eigene Vergänglichkeit<br />

bedenken kann.<br />

bws<br />

❚ GERHARD RICHTER. Die Editionen Museum Folkwang,<br />

<strong>Essen</strong>; Dauer: bis 30.7., Di-So 10-18 Uhr, Do/Fr<br />

10-20 Uhr; www.museum-folkwang.de<br />

AVANTGARDE<br />

Adolf Erbslöh<br />

■ Untrennbar mit Wuppertal verbunden ist<br />

Adolf Erbslöh (1881-1947) mit seinem Bild von<br />

der Schwebebahn (1912). In einer bemerkenswerten<br />

Retrospektive zeigt Kuratorin Beate<br />

Eickhoff den Avantgardemacher Erbslöh.<br />

Seine expressiven und realistisch-sachlichen<br />

Porträts, Akte, Erlebnisräume in Stadt und<br />

Land hängen wie selbstverständlich neben<br />

Hochkarätern befreundeter Künstler. Schon<br />

früh wurden Jawlensky, Marc, Werefkin, Kanoldt,<br />

Kandinsky und Gabriele Münter von<br />

Erbslöh unterstützt. In München hatte deren<br />

neue, „wilde“ Malerei vehemente Kritik erregt.<br />

Erbslöhs Kontakt zu dem Kunsthistoriker<br />

Richart Reiche führte im Jahr 1910 zu Ausstellungen<br />

in Elberfeld und in Barmen. Hier<br />

in der Industrieregion fand die Avantgarde<br />

Interesse bei Publikum und Sammlern und<br />

konnte dadurch bereits vor dem Ersten Weltkrieg<br />

weit über die Grenzen der Stadt hinaus<br />

bekannt werden.<br />

bws<br />

❚ ADOLF ERBSLÖH. Der Avantgardemacher Von der<br />

Heydt Museum, Turmhof 8, Wuppertal; Dauer: bis 20.8.,<br />

Di-So 11-18, Do 11-20 h; www.von-der-heydt-museum.de<br />

gegriffen und mit Figuren und Elementen<br />

aus Kunst, Pop und Trash-Kultur wunderbar<br />

schräge, starke Bilder geschaffen. Gedämpftes<br />

farbiges Licht, technische Apparate, wackelige<br />

Tischkonstruktionen auf Prothesenbeinen<br />

mit allerhand skurrilen Objekten. Unwillkürlich<br />

fragt man sich, ob man in einem<br />

Versuchslabor oder an einem Film-Set gelandet<br />

ist oder in einem von allen guten Geistern<br />

verlassenen Vergnügungspark? kb<br />

❚ MALTE BRUNS. Tremors KIT – Kunst im Tunnel,<br />

Mannesmannufer 1b, Düsseldorf; Dauer: bis 11.6., Di-So<br />

11-18 Uhr; www.kunst-im-tunnel.de<br />

■ Zeit spielt für Klaus Rinke eine unübersehbar<br />

große Rolle: Seine überdimensionale<br />

Bahnhofsuhr (3,40 m Durchmesser) dominiert<br />

eine der Ausstellungshallen im Skulpturenpark<br />

Waldfrieden. In eine Eisenbahnerfamilie<br />

hineingeboren, hat der einstige Bildhauerei-<br />

Professor ein besonderes Verhältnis zu Uhren,<br />

was eine weitere Installation wortwörtlich<br />

widerspiegelt: Der verwirrte Betrachter steht<br />

zwischen einer Realzeit anzeigenden Bahnhofsuhr<br />

und schwarz lackierten Wänden, die<br />

die Uhr im Spiegelbild rückwärts laufen lassen.<br />

Ein Zeitproblem! Auch mit dem Element<br />

Wasser macht Rinke Vergänglichkeit wahrnehmbar.<br />

Als Vorreiter der Prozesskunst schuf<br />

er in den 1960ern kurzlebige Wasserbilder in<br />

Sand und auf Stein. Hier lässt er Wasser durch<br />

ein System aus Schläuchen und verzinkten<br />

Gefäßen rauschen und veranschaulicht damit<br />

hörbar, wie die Zeit verfließt.<br />

ch<br />

❚ Klaus Rinke. DERZEIT – Über Zeit und keine Zeit<br />

mehr zu haben Skulpturenpark Waldfrieden, Hirschstr.<br />

12, Wuppertal; Dauer: bis 25.6., Di-So 10-19 Uhr<br />

© EVOL / VG BILD-KUNST, BONN <strong>2017</strong><br />

54 | <strong>HEINZ</strong> | <strong>05</strong>.<strong>2017</strong>

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