HEINZ Magazin Essen 05-2017
HEINZ Magazin Mai 2017, Ausgabe für Essen
HEINZ Magazin Mai 2017, Ausgabe für Essen
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THOMAS M. JAUK<br />
Multimediales Happening<br />
„Einstein on the Beach“ von Philip Glass und Robert Wilson stellt<br />
in der innovativen musikalischen (geprägt von Glass’ Erfahrungen<br />
mit fernöstlicher Musik) sowie inhaltlichen Gestaltung eine<br />
Ikone des neuartigen Musiktheaters dar. Nach der Uraufführung<br />
beim Festival in Avignon (1976) waren die Reaktionen gespalten<br />
und reichten von überschwänglicher Begeisterung bis<br />
zu höhnischen Ablehnungen. Reich wurden die Macher durch<br />
die anschließende Europatournee – trotz ausverkaufter Säle –<br />
nicht. Die Dortmunder Produktion ist die Erste, die ohne unmittelbaren<br />
Einfluss durch die Schöpfer auf die Bühne gebracht<br />
wird. Beteiligt sind neben dem ChorWerk Ruhr die Ensemble-<br />
Schauspieler Andreas Beck, Bettina Lieder, Eva Verena Müller<br />
und Rafaat Daboul sowie als Sänger Hannes Brock, Ileana Mateescu<br />
und Hasti Molavian.<br />
erklärlichen und des unendlichen geistigen und emotionalen Raums.<br />
„Man kann niemals in den gleichen Fluss springen“, führt Kay Voges in<br />
Verweis auf Beckett an, „durch Variationen und endlos erscheinende<br />
Wiederholungen wird das Gleiche, wird der Augenblick noch einmal<br />
neu und damit anders.“ Ein Prinzip, was „Einstein on the Beach“ (uraufgeführt<br />
1976) in minimalistischen Tonfolgen bestimmt. Kleine musikalische<br />
Einheiten werden von den Mitwirkenden (dem zwölfköpfigen<br />
Chor, vier Schauspielern sowie drei Sängern) in Variationen fast endlos<br />
scheinend wiederholt und bedeuten in der Ausführung eine enorme<br />
Kraftanstrengung am Rande des Menschenmöglichen – inklusive Konzentrationsverschleiß<br />
und Ermüdung.<br />
Für den Zuschauer hingegen könne sich daraus eine Art Trance-Zustand<br />
ergeben, aus dem er eine beruhigende Wirkung ziehen kann. „Wie<br />
eine entspannende Rückenmassage“ sei dieser rein menschlich hergestellte<br />
Loop, sagt Voges – sofern man sich darauf einlässt. Ein vierstündiges<br />
Musiktheater ohne Handlung im hypnotisch-repetitiven Stil, in das<br />
das Publikum mit eigenen Assoziationen versinken kann und das sicher<br />
keinen klassischen Opernabend darstellt. Vielmehr „ein Happening“, so<br />
Voges, bei dem es den Besuchern erlaubt ist, individuelle Pausen einzulegen<br />
und den Saal nach Belieben zu verlassen. Vier Akte, strukturiert<br />
in Storyboards, laden ein zu einer Reise, die mit einer Zugfahrt beginnt<br />
und in „Spaceship“ bei den Sternen losgelöst von Zeit und Raum sämtliche<br />
Erdung hinter sich lässt. Um diesen, auf einem musikalisch-mathematischen<br />
Raster basierenden schwerelosen Zustand zu erwirken,<br />
bedurfte es einer monatelangen und intensiven Vorarbeit. Und auch<br />
während der Probenzeit gehören aufkommende, zumeist technische<br />
Fragen zur täglichen Herausforderung, abgesehen von der organisatorischen<br />
Feinarbeit, die das Zusammenspiel der beteiligten Sparten mit<br />
sich bringt. Plus dem ChorWerk Ruhr als Gast, eines der renommiertesten<br />
Vokalensembles für zeitgenössische Musik, das unter der musikalischen<br />
Gesamtleitung von Florian Helgath laut Voges „die Hauptrolle<br />
einnimmt“. Neben den Darstellern gestalten zwei Orgeln bzw. Keyboards,<br />
mehrere Saxofone und Flöten sowie ein in einem 20-minütigen<br />
Solo in Erscheinung tretender Geiger die Szene, außerdem sorgen<br />
Video- und Tonkünstler für ganz besondere optische Effekte. Mit<br />
einer speziellen Technik wird die Musik zu einem direkten Pulsgeber<br />
für die Lichtmaschinerie, die neben der Bühne auch die Kostüme der<br />
Mitwirkenden illuminiert. Darüber hinaus experimentiert Kay Voges<br />
mit neuartigen „Tiefeninformationskameras“, die nicht nur die Oberfläche<br />
abfotografieren, sondern auch die dritte Dimension des arbeitenden<br />
Musikers zeigen. Einen ersten Eindruck davon vermittelte die<br />
öffentliche Probe, in der das Produktionsteam auf der großen Bühne<br />
des Opernhauses Einblicke präsentierte und bei der sich die theoretisch<br />
dargestellte Sogwirkung bereits direkt bei Beginn einstellte. Ein<br />
außergewöhnliches Erlebnis, bei dem die Zeit im (Raum)-Flug vergeht.<br />
Kerstin Turley<br />
❚ EINSTEIN ON THE BEACH Oper Dortmund, Theaterkarree 1-3, Tel. (0231) 5027222; Termine: 28.4.,<br />
4./13.5., jew. 18.30, 4.6., 18 Uhr; Preise: 10-49 €; www.theaterdo.de<br />
VON UND MIT LUDGER K.<br />
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TERMINE <strong>2017</strong>:<br />
30. MAI<br />
29. AUGUST<br />
17. OKTOBER<br />
Rottstraße 30 • 45127 <strong>Essen</strong><br />
Tickets und Gutscheine: (02 01) 2 47 93 93 und variete.de<br />
<strong>05</strong>.<strong>2017</strong> | <strong>HEINZ</strong> | 61