Tel.: 02163/983350 • Fax - Vereinigte Bruderschaft Waldniel
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hatte es im Blut, schon immer, und<br />
das sah man ihm an. Außer ein paar<br />
Pflichtreitstunden brauchte er keine<br />
besondere Vorbereitung für sein Amt.<br />
Am Samstag, dem 11. Juli war es<br />
richtig heiß. Was die Sonne am Himmel<br />
veranstaltete war bald nicht mehr<br />
schön, einige sprachen von „unbarmherzig“.<br />
Aber so etwas kann ausgewachsene<br />
Schützenbrüder nicht bange<br />
machen. Zum Antreten waren alle da,<br />
zumindest die, die da waren. Auch die<br />
Generalität, in schmucken Uniformen,<br />
schön anzusehen auf sauber geputzten<br />
Pferden. Walter und seine Amazonen.<br />
Generalfeldmarschall und Hauptmann<br />
hatten ihre Mannen im Griff. In geordnetem<br />
Zug, die Reiterei voran, ging es<br />
mit klingendem Spiel schweißtriefend<br />
zum Königshaus an der Heerstraße, wo<br />
nach einem erfrischenden Trunk ein<br />
Königsmaien gesetzt wurde, wie ihn<br />
„die Welt bisher noch nicht gesehen<br />
hatte“.<br />
Anschließend wandte sich der farbenprächtige<br />
Zug Richtung Altenheim, um<br />
den dortigen Bewohnern einen kurzen<br />
Besuch abzustatten. Der Einzug über<br />
den Park war grandios. Strah-lendes<br />
Wetter, ein bunter Schützenzug und<br />
zahlreiche freudig erregte Senioren,<br />
was wollte man mehr?<br />
Zudem gab es auch hier alles an Erfrischungen,<br />
was das Herz begehrte:<br />
herrlich kühles Bier und Wasser – na<br />
ja – für die Pferde. Nachdem er den<br />
Heimvorstand und die Bewohner herz-<br />
lich begrüßt und sich elegant aus dem<br />
Sattel geschwungen hatte, flüchtete<br />
auch unser Generalfeldmarschall<br />
wie alle anderen, unter die Schatten<br />
spendenden Sonnenschirme. Bis jetzt<br />
war alles prima gelaufen. Wer hätte je<br />
daran gezweifelt?<br />
Irgendwann kam dann das Kommando<br />
vom Hauptmann Peter: „Fertig machen<br />
zum Antreten“. Und so traten sie alle<br />
wieder an. Frisch gestärkt und frohen<br />
Mutes. Der Königsstaat machte sich<br />
im großen Saal für den feierlichen<br />
Auszug fertig. Die Generalität saß auf,<br />
die Schützenbrüder standen still und<br />
Generalfeldmarschall Walter bedankte<br />
sich vom Rücken seines Pferdes herab<br />
für die freundliche Aufnahme und<br />
die Bewirtung und ließ König, <strong>Bruderschaft</strong><br />
und alle Heimbewohner noch<br />
einmal hochleben.<br />
Und dann zeigte die Hitze ihre Wirkung.<br />
An dem einzelnen Bier konnte es<br />
nicht liegen, auch nicht an den mitreitenden<br />
Amazonen, dass seine Sinne<br />
plötzlich benebelt waren. Jedenfalls<br />
erteilte er laut und deutlich das Kommando<br />
„Rechts um! Im Gleichschritt<br />
Marsch!“, und alle taten wie geheißen.<br />
Der Generalfeldmarschall ritt voller<br />
Stolz über sein bisheriges Tun und zufrieden<br />
mit sich selbst in ruhigem Trab<br />
an die Spitze des Zuges. Unterwegs<br />
verspürte er zwar eine gewisse Unruhe<br />
unter den Schützenbrüdern, konnte<br />
sich aber keinen Reim darauf machen,<br />
bis plötzlich der Ruf erscholl: „Der<br />
König fehlt“! Der Ruf kam aus den<br />
hinteren Rei-hen des Schützenzuges,<br />
wo die „Schlüffkes und effe Schötte“<br />
Aufstellung genommen hatten. Und<br />
da wusste er, was er getan hatte, bzw.<br />
nicht getan hatte. Er hatte den König<br />
im Altenheim vergessen!<br />
Er riss sein Pferd herum und sprengte<br />
im gestreckten Galopp über den Rasen<br />
des Altenheims, machte kurz vor dem<br />
Saal eine Vollbremsung, die ihn fast aus<br />
dem Sattel hob und holte tief Luft. Innerlich<br />
hatte er sich schon mindestens<br />
dreimal in denselben getreten, und das<br />
sah man ihm an, wie er auf seinem<br />
Sattel hin und herrutschte, als säße er<br />
in einem Haufen Ameisen. Erst kürzlich<br />
hatte er noch über das Missgeschick<br />
seines Generalskollegen aus Schier gegrinst,<br />
und jetzt das! Noch niemals war<br />
ihm ein solches Malheur passiert und<br />
er fürchtete jetzt schon die schadenfrohe<br />
Strenge des Spießes, die er unerbittlich<br />
auf sich zu kommen sah und<br />
die der Spieß mit Sicherheit genüsslich<br />
auskosten würde. Zutiefst zerknirscht<br />
fiel er dem König innerlich zu Füßen<br />
und murmelte etwas, das eher einer<br />
eigenen Zurechtweisung glich als einer<br />
Entschuldigung.<br />
Im Saal des Altenheims hatte der<br />
Königsstaat mit verdutzten Gesichtern<br />
gerätselte, warum sie nicht mitgenommen<br />
werden sollten, denn keiner<br />
war sich dessen bewusst, dass er<br />
eventuell für immer dort bleiben<br />
sollte. Umso mehr freuten sie sich<br />
daher, dass sie nun doch mit weiter<br />
ziehen durften und nicht vergessen<br />
worden waren – dank einiger aufmerksamer<br />
„effe Schötte“.<br />
Es war also ein schwieriges Jahr für<br />
die Könige, dieses Jahr 2009, und es<br />
wird nicht das letzte bleiben mit solch<br />
interessanten menschlichen Zügen.<br />
Letztlich fragt sich nur, wer bei diesem<br />
„Vergessen“ eigentlich besser dran<br />
gewesen wäre, der Schützenkönig in<br />
Schier im Vereinslokal oder der <strong>Waldniel</strong>er<br />
König im Altenheim. Langfristig,<br />
aber wirklich nur ganz langfristig<br />
spricht Vieles für den <strong>Waldniel</strong>er König,<br />
aber soweit in die Zukunft wollen wir<br />
nicht spekulieren.<br />
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