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SEITE 30 FREITAG, 28. APRIL 2017<br />
<strong>Ratgeber</strong> Auto<br />
Ruhig bleiben, den Überblick behalten<br />
Sie ist eine der wichtigen Stationen des Lebens: die Führerscheinprüfung.<br />
Uckermark-Kurier-Reporterin Sarah Schaefer hat eine Fahrschülerin bei<br />
ihrer letzten Fahrstunde vor dem großen Tag begleitet.<br />
Von Sarah Schaefer<br />
Templin. Julia Meier schaut<br />
in den Seitenspiegel, setzt<br />
den Blinker und fährt los.<br />
Sie sitzt aufrecht am Steuer,<br />
beide Hände am Lenkrad.<br />
Aufmerksam schaut sie auf<br />
die Straße vor sich, während<br />
sie auf den Templiner Marktplatz<br />
zusteuert. Dann ein<br />
kleiner Schreck: Ein anderer<br />
Autofahrer nimmt ihr an der<br />
Kreuzung die Vorfahrt. Doch<br />
sie ist langsam unterwegs,<br />
nichts passiert, die <strong>Fahrt</strong> geht<br />
weiter.<br />
Die 21-Jährige – lange<br />
braune Haare, Piercings im<br />
Gesicht, am Hals ein kleines<br />
Anker-Tattoo – ist nervös. Es<br />
ist ihre letzte Fahrstunde vor<br />
der Führerscheinprüfung.<br />
Am nächsten Morgen wird<br />
sie wieder auf dem Fahrersitz<br />
Platz nehmen, neben ihr<br />
der Fahrlehrer – und auf dem<br />
Rücksitz der Prüfer, der jede<br />
ihrer Bewegungen genau in<br />
den Blick nehmen wird.<br />
„Julia ist gut vorbereitet“,<br />
sagt Fahrlehrer Klaus Weber<br />
von der gleichnamigen<br />
Templiner Fahrschule. „Wir<br />
üben jetzt noch mal ein paar<br />
Nervös, aber gut vorbereitet: Julia Meier ist am Abend vor ihrer Führerscheinprüfung mit Fahrlehrer<br />
Klaus Weber in Templin unterwegs. <br />
Foto: Sarah Schaefer<br />
Aufgaben, die morgen in der<br />
Prüfung drankommen können.“<br />
Seitlich einparken zum<br />
Beispiel. „Davor hatte ich am<br />
Anfang am meisten Respekt“,<br />
sagt Julia Meier. Doch diese<br />
Aufgabe bewältigt sie im<br />
Handumdrehen und steuert<br />
den Wagen sicher in die Parklücke.<br />
„Es gibt Fahrschüler, die<br />
eigentlich sehr sicher fahren,<br />
aber die Prüfung trotzdem<br />
nicht schaffen. Durch<br />
den Druck haben manche<br />
einfach einen Blackout“,<br />
sagt Klaus Weber. Seit fast 30<br />
Jahren ist er Fahrlehrer. „Der<br />
Führerschein hat nicht mehr<br />
denselben Stellenwert wie<br />
früher“, sagt der 50-Jährige.<br />
Ab und an habe er Fahrschüler,<br />
die eigentlich keinen Führerschein<br />
machen möchten,<br />
aber von ihren Eltern dazu<br />
überredet werden. „Da fehlt<br />
die Motivation. Bei Julia ist<br />
das anders.“<br />
In Berlin aufgewachsen,<br />
dachte auch Julia Meier zunächst<br />
nicht daran, ihren<br />
Führerschein zu machen.<br />
Zu komfortabel ist der Nahverkehr<br />
der Hauptstadt, zu<br />
abschreckend der dichte Verkehr.<br />
Doch vor Kurzem ist sie<br />
nach Templin gezogen, der<br />
Liebe wegen. Für Ausflüge in<br />
die Umgebung und Besuche<br />
bei ihrer Familie möchte sie<br />
mobil sein. „Ich bin froh, dass<br />
ich den Führerschein hier mache<br />
und nicht in Berlin“, sagt<br />
sie und lacht.<br />
Klaus Weber lotst seine<br />
Fahrschülerin weiter durch<br />
die Stadt, zu einem Stoppschild,<br />
durch Einbahnstraßen<br />
und Wohngebiete. Wichtig sei<br />
es, den Überblick zu behalten,<br />
sagt er. Der Blick in die<br />
Rückspiegel müsse Routine<br />
sein, darauf achte der Prüfer.<br />
„Spiegelarbeit“ nennt Klaus<br />
Weber das. Er weiß: Vieles,<br />
was angehende Autofahrer<br />
in der Fahrschule lernen, das<br />
verlernen sie auch wieder.<br />
„Die wenigsten langjährigen<br />
Fahrer würden wohl noch<br />
mal die Führerscheinprüfung<br />
bestehen.“ Fehler passierten<br />
ständig. „Nur, weil jemand<br />
20 Jahre lang unfallfrei gefahren<br />
ist, heißt das nicht,<br />
dass er auch alles richtig gemacht<br />
hat. Auf der Straße ist<br />
es doch eher so: Heute helfe<br />
ich dir, morgen du mir.“<br />
Die letzte Stunde vor der<br />
großen Prüfung ist vorbei,<br />
Julia Meier parkt den Wagen<br />
vor ihrem Haus, löst den Gurt<br />
und steigt aus. „Ich bin total<br />
aufgeregt“, sagt sie. Doch am<br />
nächsten Tag kann sie aufatmen:<br />
Sie hat die Prüfung bestanden.<br />
Kontakt zum Autor<br />
s.schaefer@nordkurier.de<br />
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