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Haltung, muskuläre Balance und Training - Biomechanik und ...

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- 20 -<br />

1. Falls die Bedeutung der Muskelfunktion als Regelgröße für die Körperhaltung<br />

nachgewiesen wird, kann bei gravierenden Abweichungen, bei denen der Krank­<br />

heitswert zweifelsfrei ist <strong>und</strong> in Fällen, in denen bereits Beschwerden vorliegen,<br />

dieses Gr<strong>und</strong>lagenwissen bei der Therapie genutzt werden.<br />

2. In der Praxis werden ungeachtet der beschriebenen Problematik bei der Definition<br />

der "normalen <strong>Haltung</strong>" als Bezugswert bei diagnostizierten Abweichungen von<br />

diesem Bezugswert z.B. innerhalb der Krankengymnastik <strong>und</strong> innerhalb des Schul­<br />

sonderturnens/Sportförderunterrichts Übungen zur Beeinflussung der Körperhal­<br />

tung eingesetzt. Auch hier könnten die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit dien­<br />

lich sein.<br />

Die Photogrammetrie als Methode zur Erfassung der haltungskonstituierenden Merk­<br />

male erfüllt die folgenden Aufgaben.<br />

- Sie wird zur Objektivierung der Funktionsprüfungen (MATIHIASS-Halte-Test,<br />

Rumpfvorbeuge. etc.) eingesetzt.<br />

- Sie läßt einen Vergleich zwischen der Vor- <strong>und</strong> der Nachuntersuchung zu <strong>und</strong> kann<br />

somit die Verlaufskontrolle der <strong>Haltung</strong>sveränderungen dokumentieren (DOR­<br />

DEL, S. 1987, 191; SCHWARZ u.a. 1973, 19).<br />

Da als Vpn-Gruppe Schüler im Alter von 13 bis 18 Jahren gewählt wurden (vgl.<br />

Kap. 1lI), ergibt sich ein besonderes Problem, das der Vergleichbarkeit der Ergeb­<br />

nisse der Vor- mit denen der Nachuntersuchung Grenzen setzt, denn die haltungskon­<br />

stituierenden Merkmale<br />

- unterscheiden sich von denen der Erwachsenen (DU BOIS 1925, 871; LEGER 1959,<br />

74-76),<br />

- werden von Wachstums- <strong>und</strong> Reifungsvorgängen beeinflußt (DUBOIS 1925, 872 f.),<br />

<strong>und</strong><br />

- sind oft durch Wachstumsdissoziationen <strong>und</strong> Synkopen der Wachstumsharmonie hin-<br />

sichtlich der Regelmäßigkeit der Entwicklung gestört (DU BOIS 1925).<br />

Es besteht somit zum einen im noch stärkeren Maß als bei Erwachsenen das Problem,<br />

Normwerte zu definieren, <strong>und</strong> zum anderen das Problem, Veränderungen zwischen<br />

der Vor- <strong>und</strong> der Nachuntersuchung, die auf Reifungs- <strong>und</strong> Wachstumsprozessen be­<br />

ruhen, von solchen zu unterscheiden, die durch gezielte <strong>Training</strong>smaßnahmen bewirkt<br />

werden. Resultierend aus dieser Problematik ergibt sich die Notwendigkeit, bei Unter­<br />

suchungen zur Beeinflussung der <strong>Haltung</strong> durch behandelnde Maßnahmen zusätzlich<br />

zur Versuchs- eine Kontrollgruppe dem Vor- <strong>und</strong> Nachtest zu unterziehen.<br />

- 21 -<br />

2.4 Der Zusammenhang haltungskonstituierender Merkmale<br />

Der Zusammenhang haltungskonstituierender Merkmale untereinander wird im ortho­<br />

pädischen <strong>und</strong> im sportwissenschaftlichen Schrifttum in zahlreichen theoretischen Ab­<br />

handlungen beschrieben, denen eine wesentlich geringere Anzahl von Messungen <strong>und</strong><br />

statistisch abgesicherten Aussagen gegenübersteht. Dabei steht vor allem der Zusam­<br />

menhang von Beckenneigung <strong>und</strong> Wirbelsäulenform im Mittelpunkt des Interesses.<br />

Nach GROH (1975) liegt die primäre Ursache aller <strong>Haltung</strong>sschäden in der Aufrich­<br />

tung des Menschen zum Zweifüßlergang, die erfolgte durch;<br />

"I. eine Dorsalrotation des Beckens von nur 35 bis 40 Grad,<br />

2. Entwicklung einer kranialen Keilform des 1. Kreuzbeinwirbels von im Mittel<br />

15 Grad,<br />

3. durch Ausbildung einer Lendenlordose von 35 bis 40 Grad (...)." (509)<br />

GROENEVELD (1976) untersuchte an Röntgenbildern den Zusammenhang zwischen<br />

dem Beckeneingangswinkel. dem Kreuzbeinbasiswinkel <strong>und</strong> dem Lordosewinkel. Er<br />

ermittelte zwischen dem Lordosewinkel <strong>und</strong> Beckeneingangswinkel eine Korrelation<br />

von r = - 0,485 <strong>und</strong> zwischen dem Lordosewinkel <strong>und</strong> dem Kreuzbeinbasiswinkel<br />

eine Korrelation von r = - 0,548 (72 f.). Er fand damit den in der Literatur be­<br />

schriebenen Zusammenhang zwischen dem Grad der Beckenkippung <strong>und</strong> der Ausprä­<br />

gung der Lendenlordose bestätigt; "Je stärker das Becken gekippt ist (... ) um so aus­<br />

geprägter ist die Lendenlordose (. .. )" (73).<br />

Diesen Ergebnissen steht eine Arbeit von LEGER (1959) gegenüber, der bei seinen<br />

Messungen an Röntgenbildern keinen Zusammenhang zwischen dem Beckenneigungs­<br />

winkel, dem lumbosakralen Winkel, dem Promontoriumswinkel 12 einerseits <strong>und</strong> der<br />

Form der Wirbelsäule andererseits nachweisen konnte (49, 51). Er stellte jedoch einen<br />

Zusammenhang zwischen dem Kreuzbeinbasiswinkel <strong>und</strong> der Form der Wirbelsäule in<br />

der Weise fest, "daß kleinere Basiswinkel mit einer relativ kurzen, zumindest aber<br />

flacher ausgebildeten Lordose einhergehen als die überdurchschnittlich großen Win­<br />

kel" (49) <strong>und</strong> folgerte, das Kreuzbein sei "die Mittlerin zwischen Wirbelsäule <strong>und</strong><br />

Becken <strong>und</strong> den Bedürfnissen der auf ihr ruhenden Wirbelsäule angepaßt" (50). Bei<br />

der Arbeit LEGERs ist verw<strong>und</strong>erlich, daß die Dokumentation der Wirbelsäulenform<br />

nur durch 5 metrische Variablen erfolgte l3 <strong>und</strong> daß die Meßwerte der ansonsten<br />

überaus gründlichen Untersuchung keiner inferenzstatistischen Auswertung unterzogen<br />

wurden. Die Ergebnisse der Studie sind unter diesen Gesichtspunkten zu relativieren.<br />

Dessenungeachtet überraschen die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Unter­<br />

suchungen GROENEVELDs <strong>und</strong> LEGERs bzgl. der Korrelation zwischen der<br />

12 Bei den Winkelbestimmungen im Lendenwirbelsäule-Kreuzbein-Übergang besteht<br />

"keine Einigkeit bezüglich Messung <strong>und</strong> Benennung" (LEGER, 14). Vgl. hierzu<br />

auch JUNGHANNS 1986, 31 f.<br />

13 LEGER entwickelte z.B. keine Variable zur Quantifizierung der Lendenlordose.

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