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HEINZ Magazin Oberhausen 06-2017

HEINZ Magazin Juni 2017, Ausgabe für Duisburg, Oberhausen, Mülheim

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Innensicht der DDR<br />

Showdown der sozialistischen Legenden Das Ende der DDR hat schon vor ihrer Gründung begonnen. Mit<br />

Regisseur Matti Geschonnek und Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase haben sich zwei „alte Ossis“ an die Rückschau<br />

gemacht. Sozusagen als Prequel zu „Goodbye, Lenin!“ offenbart „In Zeiten des abnehmenden Lichts” die<br />

Lebenslügen des SED-Staates ohne Besserwessi-Attitüde und Spreewaldgurken-Ostalgie.<br />

E<br />

s soll gefeiert werden: Genosse Wilhelm Powileit wird 90. Und<br />

da wird aufgeboten, was die Brigade organisiert, die Partei gestiftet<br />

und die Familie beim Metzger an „Bückware“ mobilisiert<br />

hat. Doch als der Sohn zu spät kommt, der Enkel verhindert ist und der<br />

Opa den edlen Auszieh-Tisch mit Nägeln ruiniert, da ist klar, dass etwas<br />

nicht stimmt im Staate von Hammer und Zirkel. Das Freudenfest gerät<br />

zum piefigen Mummenschanz von farblosen Funktionären mit ihrer hohlen<br />

Kader-Rhetorik, peinlichem Familienzwist mit starrsinnigem Jubiläumsgreis<br />

und bitteren Lebenseinsichten auf dem Abstellgleis der Geschichte.<br />

Am 1. Oktober 1989 siedelt der Film das denkwürdige Genossen-Jubiläum<br />

an, wenige Tage später wird die SED das 40. Gründungsjubiläum<br />

der DDR bejubeln lassen. Es wird bekanntlich die letzte Staatsfeier sein,<br />

weitere vier Wochen später fiel die Mauer. Doch die Risse im System lässt<br />

bereits Powileits Funktionärsvilla in Ostberlin ganz buchstäblich erkennen.<br />

Das einst als Nazi-Domizil genutzte Anwesen hat seine großbürgerlichen<br />

Tage lange hinter sich und ist von materialknappem Verfall und<br />

schäbigem DDR-Stil gezeichnet – nicht nur weil der Vorzeige-Proletarier<br />

Powileit hemdsärmelig den Balkon zementiert hat und seither das Wasser<br />

in den Wintergarten läuft und der Büfett-Tisch notgenagelt wurde.<br />

Peu à peu offenbaren sich im Laufe der Feier die Lebenslügen des<br />

SED-Staates. Der altgediente Kommunist Wilhelm Powileit konnte in<br />

Ostberlin „nichts“ mehr werden, weil er vor den Nazis schlicht ins „fal-<br />

52 | <strong>HEINZ</strong> | <strong>06</strong>.<strong>2017</strong>

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