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HEINZ Magazin Oberhausen 06-2017

HEINZ Magazin Juni 2017, Ausgabe für Duisburg, Oberhausen, Mülheim

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Gefördert durch die<br />

MARILYN MONROE, NEW YORK CITY 1954 (DAS VERFLIXTE 7. JAHR) © SAM SHAW INC. - WWW.SHAWFAMILYARCHIVES.COM<br />

D<br />

as überrascht: Kein Eyecatcher erwartet die Besucher im Foyer,<br />

keine Marilyn im Großformat, die, neckisch mit der Kamera<br />

flirtend, ihr hochwehendes weißes Plisseekleid zu zähmen<br />

sucht. An den Wänden rundum nur Kleinformate in Schwarz-Weiß – und<br />

Sam Shaws (1912-1999) weltberühmtes Foto hängt bescheiden im Nebenraum.<br />

Die gesamte Ausstellung der Ludwiggalerie präsentiert sich<br />

kleinteilig. Das ist gewollt. Shaw lockt die Betrachter ganz nah heran an<br />

sein Motiv, sodass sich im konzentrierten Blick die Bild-Erzählung entfalten<br />

kann.<br />

Eine Auswahl aus Shaws reichem Lebenswerk tourt zurzeit, unterstützt<br />

von den Shaw Family Archives, als Wanderausstellung um die<br />

ganze Welt, doch präsentiert sich an jedem Ort in anderer Form. Für<br />

die Schau in der Ludwiggalerie Schloss <strong>Oberhausen</strong> hat Kuratorin Nina<br />

Dunkmann rund 230 Schwarz-Weiß-Fotografien aus 60 Schaffensjahren<br />

ausgewählt, thematisch arrangiert, einigen kleine Geschichten beigefügt<br />

und die Räume mit Vitrinen für Zeitschriften, Briefe, Notizen und<br />

Original-Kameras angereichert. Im Fokus steht Shaws Arbeit in all ihren<br />

Facetten: die Porträts von Filmstars, Musikern, Sportlern, Künstlern und<br />

Intellektuellen im Erdgeschoss, Reportage-Fotografie im ersten Stock,<br />

Aufnahmen am Filmset und Filmproduzententätigkeit im zweiten.<br />

Schon die Porträtaufnahmen im Eingangsbereich zeigen Shaws Faible<br />

für ungewöhnliche Blickwinkel und ungezwungene Natürlichkeit. Shaw<br />

hat eine künstlerische Ausbildung absolviert und sich erst nach Tätigkeiten<br />

als Gerichtszeichner, Cartoonist und Art Director ab den 1940er<br />

Jahren der Fotografie und dem Film zugewandt. Der Zeichner griff zur<br />

Kamera. Und fotografierte vorzugsweise in Schwarz-Weiß, um grafische<br />

Qualitäten zu betonen und eine tiefere emotionale Wirkung zu erzielen.<br />

Es galt, einen besonderen Moment einzufangen, der eine Geschichte<br />

erzählt oder einen Menschen in einem privaten, unverkünstelten Zustand<br />

„erwischt“ – Posing, Studioaufnahmen und nachträgliche Retuschen<br />

waren nicht sein Ding. An Liz Taylors Hals prangt die Narbe eines<br />

rettenden Luftröhrenschnitts. Woody Allen darf eine Schnute ziehen,<br />

Marlon Brando im schlichten T-Shirt rauchen. Anthony Quinn lässt seine<br />

Hände flattern, Marcel Duchamp Luftballons steigen und John Wayne<br />

mit Cowboyhut gerät zur tief verschatteten Silhouette, während die lasziv<br />

hingefläzte Sophia Loren den Betrachter offen ins Visier nimmt. Blicke,<br />

Gesten, Haltungen erzeugen Nähe und zeigen Stil.<br />

Marilyn Monroe ist besonders. Mit ihr freundet Shaw sich an, als er<br />

als Standfotograf bei den Dreharbeiten zu „Viva Zapata!“ (1952, Regie:<br />

Elia Kazan) arbeitete und sie als völlig unbekannte Aushilfskraft ihm,<br />

der keinen Führerschein besaß, von 20th Century Fox als Fahrerin zugeteilt<br />

war. Als sie sich 1954 wiedersehen, ist sie der Star des Billy-Wilder-<br />

Films „Das verflixte 7. Jahr“ und Shaw inszeniert sie in einer PR-Aktion<br />

vor Filmstart auf dem Lüftungsschacht. Die Foto-Ikone hängt in einem<br />

eigenen Marilyn-Raum neben selten gezeigten Aufnahmen, darunter<br />

der Blick aus dem Fenster, ganz entspannt, ganz das Mädchen von nebenan<br />

– ein Lieblingsbild der Schauspielerin, wie ihre handschriftliche<br />

Notiz in der Vitrine verrät.<br />

Die Fotoauswahl im ersten Stock stellt Shaw als Fotojournalisten vor,<br />

der viel reist, immer in Bewegung bleibt und dabei Bewegtes und Bewegendes<br />

ablichtet. Visuelle Abenteuer begegnen ihm überall. Stets hat<br />

er zwei, manchmal vier Kameras am Hals, mit Tele, mit Weitwinkel, S-Wund<br />

Farbfilm, immer bereit, „das Unerwartete zu finden, an der nächsten<br />

Ecke, zu sehen, was passiert“, wie er sagt. Seinen Hang zur Dynamik kann<br />

er als Sportberichterstatter ausleben. Er fotografiert spielende Kindern,<br />

Spaziergänger, Verliebte oder Tatorte, begleitet Jazz-Musiker, besucht<br />

Bergarbeiter und Farmer … Überall entdeckt und fixiert er anrührende<br />

Bildgeschichten, die sich im Kopf des Betrachters verselbständigen.<br />

Kein Wunder jedenfalls, dass Sam Shaw zum Film gefunden hat. Die<br />

zweite Ausstellungsetage stellt ihn als Setfotografen vor, der in Drehpausen<br />

die Stars ablichtet und sich seit den 1960er Jahren zudem als<br />

Filmproduzent und -berater einen Namen macht: Sein Film „Gloria“ (Regie:<br />

John Cassavetes) erhielt 1980 einen Goldenen Löwen. Als Bildermacher<br />

bewegt sich Shaw zwischen Grafik und Film, mit dem Blick eines<br />

Künstlers und der Fotografie als Medium.<br />

Claudia Heinrich<br />

❚ SAM SHAW: Finding the Unexpected. 60 Jahre Fotografie Ludwiggalerie Schloss <strong>Oberhausen</strong>,<br />

Konrad-Adenauer Allee 46, <strong>Oberhausen</strong>; Dauer: bis 17.9., Di-So 11-18 Uhr; www.ludwiggalerie.de<br />

Jana Sterbak, Vanitas: Flesh Dress for an Albino Anorectic, 1987, MNAM – Centre Pompidou, Paris, © Künstlerin<br />

Jana Sterbak<br />

LEHMBRUCK MUSEUM DUISBURG<br />

11.03.-11.<strong>06</strong>.17<br />

In Kooperation<br />

mit der Galerie<br />

im Taxispalais<br />

Innsbruck

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