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HEINZ Magazin Oberhausen 06-2017

HEINZ Magazin Juni 2017, Ausgabe für Duisburg, Oberhausen, Mülheim

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sche Exil“ floh. Während er in Mexiko ausharrte, wurden<br />

die Nachkriegsposten unter der Gruppe Ulbricht<br />

in Moskau verteilt. Und als seine Söhne Kurt und Werner<br />

mit der Roten Armee gegen Hitler kämpfen wollten,<br />

da ließ sie Stalin als Verdächtige nach Sibirien ins<br />

Lager stecken. Der naive Idealismus der Jungkommunisten<br />

kostete Kurt 15 Jahre seines Lebens, Werner<br />

wurde von den Wächtern zusammengeschlagen<br />

und erfror dort. Diese bittere Wahrheit hat Kurt stets<br />

für sich behalten, aber heute kommt sie auf den Tisch,<br />

ebenso wie ein heikles Detail: Enkel Sascha kann gar<br />

nicht kommen, denn er hat „rübergemacht“. Das Tabuthema<br />

„Republikflucht“ setzt dem verdrießlichen<br />

Freudentag die Krone an Betretenheit auf. Da sind der<br />

volltrunkene Auftritt von Schwiegertochter Irina, die<br />

vergessene Oma und Kurts Affäre mit einer Genossin<br />

nur noch schmückendes Beiwerk in diesem unweigerlichen<br />

Showdown der sozialistischen Legenden.<br />

Für die Verfilmung des gleichnamigen Romans von<br />

Eugen Ruge hat Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase<br />

die Episoden-Struktur der literarischen Vorlage radikal<br />

umstrukturiert. Die einzelnen Handlungsfäden<br />

wurden gebündelt und ohne Rückblenden in Powileits<br />

Geburtstagsfeier montiert. Dabei reduziert sich<br />

die komplexe Handlung, aber es entsteht ein kongeniales<br />

Buch, das den filmischen Erfordernissen gerecht<br />

wird. Und trotz der etwas konventionellen Inszenierung<br />

sind es gerade die Dialoge Kohlhaases, die<br />

den Film in der Balance zwischen Groteske und Melodram<br />

halten – eine angemessene Perspektive bitterer<br />

Enttäuschung und verlorener Hoffnung eines Ideals.<br />

philipp koep<br />

❚ IN ZEITEN DES ABNEHMENDEN LICHTS D <strong>2017</strong>, 101 Min., Regie: Matti<br />

Geschonnek, mit: Bruno Ganz, Sylvester Groth, Hildegard Schmahl, Evgenia<br />

Dodina, Alexander Fehling, Natalia Belitski; Start: 1.6.<br />

BEIDE FOTOS: © HANNES HUBACH, X-VERLEIH AG<br />

Die DDR – vom Ladenhüter<br />

zum Kassenknüller<br />

Mit dem Fall der Mauer hat sich das Kino lange schwergetan.<br />

Bereits 1991 gab Peter Timm mit „Go Trabi go“ den heiter-belanglosen<br />

Mauerfall-Ton an. Die erste erfolgreiche Revolution<br />

auf deutschem Boden blieb im Hintergrund der Geschichte von<br />

Mauer-Apartheid und Stasi-Staat. Immerhin sechs Jahre dauerte<br />

es, bis Margarethe von Trotta mit „Das Versprechen“ die Trennung<br />

aus Beton aufgriff. 1999 präsentierte Leander Haußmann die Jugend<br />

in der DDR überwiegend als Lachnummer und konnte ein<br />

Millionenpublikum gewinnen. 2005 schob Haußmann die Kommiss-Klamotte<br />

„NVA“ nach, die an den Erfolg von „Sonnenallee“<br />

nicht anschließen konnte. 2003 holte Wolfgang Becker einen zwei<br />

Jahre alten Film aus der Schublade und die DDR wurde als Farce<br />

ein Kassenschlager: „Good Bye, Lenin!“ lockte über sechs Millionen<br />

Zuschauer ins Kino.<br />

20<strong>06</strong> landete Florian Henckel von Donnersmarck mit seinem ersten<br />

Spielfilm einen Coup. Als bester ausländischer Film wurde<br />

sein Stasi-Drama „Das Leben der anderen“ mit einem Oscar ausgezeichnet.<br />

Immerhin 2,4 Millionen Zuschauern war die ernstere<br />

Tonlage eine Kinokarte wert.<br />

Mit „Boxhagener Platz“ (2010) widmete sich der in Potsdam geborene<br />

Matti Geschonnek bereits einem Sittenbild der DDR. Die<br />

Kleinbürgermilieustudie basierte wie „In Zeiten abnehmenden<br />

Lichts“ auf einem Roman. Auch hier zeigt sich die DDR als ein<br />

Panoptikum der Lebenskunst im real existierenden Sozialismus.

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