Wirtschaftszeitung_29052017
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20 LEBEN &<br />
Statt „Fast Fashion“ Stoffe für<br />
Lieber reparieren als ausmustern: Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit inder Mode entwickelt sich langsam. Es wächst die<br />
„Haltbare Produkte zufertigen,<br />
die man reparieren kann, das ist<br />
der erste und wichtigste Schritt,<br />
um unsere Umweltbelastung zu<br />
reduzieren.“<br />
Patagonia-Chefin Rose Marcario.<br />
Fast Fashion: So nennt die Modebranche<br />
Kleidung, die große Ketten<br />
in schneller Kollektionen-Taktung<br />
zu niedrigen Preisen anbieten. Dahinter<br />
allerdings steht ein Berg von<br />
Problemen bei Rohstoffgewinnung<br />
und Produktion. Trendsetter haben<br />
längst entdeckt, dass Qualität viel<br />
spannender ist –und setzen auf Erhalt<br />
und Pfl<br />
ege ihrer Mode.<br />
Shoppen als Herausforderung: Schnelle Kollektionen und Rabatte verleiten zu Reflex-Käufen.<br />
Foto: colourbox.de<br />
Und noch einmal fährt das<br />
Bügeleisen über den Stoff.<br />
Englisches Tuch, blau mit<br />
einemdünnen Karo-Gitter.<br />
Zeitlos. Jetzt ist der Saum<br />
perfekt. KadriyeTomur wechselt vomBügeltisch<br />
an die Nähmaschine und lässt<br />
den Nähfuß vorsichtig über das Futter<br />
gleiten. Der Plan funktioniert: Aus dem<br />
Schrankfund des jungen Juristen, dem<br />
etwas zu langen, etwaszualtmodischen<br />
Sakko, könnte ein<br />
neuesLieblingsstück<br />
werden. Kürzer,<br />
schmaler, passender<br />
für den Mann –und<br />
immer noch sozeitlos<br />
wie vorher.<br />
Änderungsschneiderin<br />
Tomur hat es<br />
dem Stoff angefühlt:<br />
Bei diesem Jackett<br />
lohnt es sich, Zeit zu investieren. Sie hat<br />
schon vielen Kleidungsstücken mit Geschichte<br />
neues Leben eingehaucht. Verschlissene<br />
Ellenbogenpartien, zu eng gewordene<br />
Taillen, ausgerissene Schlitze –<br />
bei Kadriye Tomur erhält jedes Kleidungsstück<br />
eine zweiteChance. Wenn es<br />
die Qualität hergibt. „Aber teuerist nicht<br />
immer gleich gut. Manchmal öffne ich ein<br />
Futter und denke bei dem, was ich darunter<br />
sehe: Katastrophe.“<br />
In den meisten Fällen allerdings sind es<br />
die teureren Hosen, Jacketts, Blusen, für<br />
die sich eine Investition lohnt. „Die klassischen<br />
Sachen kann man lebenslang tragen.“<br />
WasinKadriyeTomurs Änderungsatelier<br />
in Münster passiert, hat Tradition.<br />
Und es erlebt eine Renaissance –als ein<br />
Aspekt des nachhaltigen Umgangs mit<br />
Kleidung.<br />
Wieersetzt man einen defekten Reißverschluss?<br />
Wie bringt man einen Flicken<br />
auf ein Loch in der Jeans auf? Das kalifornische<br />
Outdoor-Label „Patagonia“<br />
präsentiert auf seiner<br />
Internet-Seite Reparaturanleitungen<br />
und<br />
macht aus dem<br />
Appell, lieber<br />
zu<br />
fl<br />
icken als neu zu kaufen, eine Image-<br />
Kampagne. Zerschlissene Kleidung erzählt<br />
Geschichten, ist die Botschaft mehrerer<br />
Freiluftsportler, die die Erlebnisse<br />
zu Rissen und Löchern in ihren T-Shirts<br />
berichten. Parallel dazu schickt das<br />
Unternehmen einen Werbe-Truck durch<br />
Europa, in dem Kunden ihre Kleidung<br />
kostenlos ausbessern lassen können. Die<br />
Idee: „HaltbareProduktezufertigen, die<br />
man reparieren kann, das ist der erste<br />
und wichtigste Schritt, um unsere Umweltbelastung<br />
zu reduzieren“, sagt Patagonia-Chefin<br />
Rose Marcario.<br />
Reparieren statt ausmustern? In der Breite<br />
der Mode-Industrie ist diese Idee allerdings<br />
noch nicht angekommen.<br />
Aber sie ist auf dem Vormarsch,<br />
sagt Alexandra<br />
Perschau, Textil-<br />
Expertin von<br />
Greenpeace<br />
Deutschland.<br />
„Die Diskussion um die Ve<br />
der Hersteller für ihreKleidu<br />
seits der Ladentheke steht<br />
Aber in einem Jahr kann d<br />
ders aussehen.“ Immerhin g<br />
mer häufiger, Produktionsw<br />
rent zu machenund Herstel<br />
ler zu überzeugen, beispielsweise<br />
Bio-<br />
Baumwolle von<br />
Kleinfarmern zu<br />
beziehen oder<br />
Arbeitsbedingungen<br />
bei<br />
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Second-Hand-Markt<br />
Sie heißen „Kleiderwirbel“, „Stoffwf echsel“<br />
oder „Mädchenklamotte“: Märkte, bei<br />
denen Frauen ihre ausgemusterte Kleidung<br />
selbst verkaufen oder als Kommissionsware<br />
verkaufen lassen. Die Konzepte füllen inzwischen<br />
ganze Sport- und Messehallen. Reichlich<br />
Angebot also, umNeues und Individuelles<br />
zu finden. Oft sogar kombiniert mit einem guten<br />
Zweck, denn gerade ehrenamtlich organisierte<br />
Märkte behalten oft einen Teil der Erlöse<br />
ein, um ihn zu spenden.<br />
Selber machen<br />
Nähen, häkeln, stricken: Was<br />
lange out war, ist längst wieder<br />
in –weil Selbstgemachtes auch<br />
individuell ist. Pate steht das Internet:<br />
Besonders Anfänger finden online<br />
Video-Anleitungen (zum Beispiel<br />
von „Pattydoo“ oder über das<br />
Portal „Dawanda“), einfache Einsteiger-Schnittmuster<br />
und in sozialen<br />
Medien Tipps und Kniffe für<br />
den Start.<br />
Kleidertauschparty/Swap<br />
Das Prinzip: Jeder Gast bringt eine<br />
festgelegte Anzahl nicht mehr getragener<br />
Kleidungsstücke und Accessoires<br />
mit und tauscht sie gegen Stücke, die besser<br />
passen oder gefallen. Unter Freunden<br />
wird daraus ein charmantes Wiedersehen<br />
mit Programm und Plauderei, im großen<br />
Stil wechselt viel Stoff den Besitzer, ohne<br />
dass ein einziges Stück neu produziert<br />
werden muss.<br />
Kleidung leihen<br />
Immer neue Kleider tragen, aber nie<br />
kaufen: So funktioniert das Geschäftsprinzip<br />
von Thekla Wilkening<br />
und Pola Fendel aus Hamburg und<br />
ihrer „Kleiderei“. Ihre Kunden zahlen<br />
eine monatliche Flatrate, dafür erhalten<br />
sie pro Monat per Post vier Teile<br />
von ihrer selbst und online zusammengestellten<br />
„Love List“ aus einem Katalog<br />
von Kleidungsstücken, die aus Vintage-,<br />
Second-Hand- und Designerbeständen<br />
stammen.<br />
Upcycling<br />
Aus dem alten T-Shirt wird eine<br />
Einkaufstasche. Die Ärmel eines<br />
Sweatshirts verwandeln sich in Handstulpen.<br />
Und aus Papas Hemd wird Juniors<br />
Pumphose. Nicht mehr getragene<br />
Kleidungsstücke sind eine wunderbare<br />
Rohware für neue Ideen. Eine Flut von<br />
Impulsen liefern Plattformen wie „Pinterest“<br />
und viele kreative Blogger.