07 Intraoperativer Herz-Kreislaufstillstand
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<strong>Intraoperativer</strong> <strong>Herz</strong>-<strong>Kreislaufstillstand</strong><br />
<strong>Intraoperativer</strong> <strong>Herz</strong>-<strong>Kreislaufstillstand</strong> (IOCA)<br />
Perioperative cardiac arrest in the operating room environment:<br />
A review of the literature.<br />
Hinkelbein J, Andres J, Thies KC, De Robertis E.<br />
Cardiac arrest in the operating room (OR) environment is a rare but<br />
potentially catastrophic event with mortality rates of more than 50%.<br />
Cardiac arrest during anaesthesia and the immediate postoperative<br />
period is distinct from non-operative settings or other in-hospital cardiac<br />
arrests since it is almost always witnessed and often anticipated.<br />
Contributing factors are known, and the event is generally rapidly recognized,<br />
as patients are usually under full monitoring.<br />
The nature of the cardiac arrest in the OR environment is also different<br />
as it is not only related to the patient’s conditions but likewise to<br />
the anaesthetic and the surgical procedure. Several recent retrospective<br />
registry studies have investigated the incidence of peri operative<br />
cardiac arrest; in non-cardiac surgery patients, the incidence is reported<br />
to range from 0.2 to 1.1 per 10,000 adults and from 1.4 to 4.6<br />
Minerva Anestesiol 2017 [Epub ahead of print]<br />
per 10,000 children. Successful management of cardiac arrest during<br />
surgery and beyond requires not only individual technical skills and<br />
a well-organized team response, but also an institutional safety culture<br />
embedded in everyday practice through continuous education,<br />
training and multidisciplinary cooperation. Evidence based guidelines<br />
and standardized treatment algorithms addressing the particularities<br />
of peri-operative cardiac arrest would be helpful to facilitate training<br />
and to strengthen our response. Existing guidelines are not comprehensive<br />
enough to cover specific aspects in depth; for the future, more<br />
detailed and more explicit guidelines are required.<br />
The aim of this article is to review recent literature on cardiac arrest<br />
in the perioperative operating environment with a focus on incidence,<br />
causes and therapeutic approaches.<br />
Der intraoperative <strong>Herz</strong>-<strong>Kreislaufstillstand</strong><br />
(IOCA) steht seit einigen Jahren<br />
im Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen<br />
und erlangt zunehmend klinische<br />
Relevanz. Wie William R. Berry in<br />
seinem Editorial im Canadian Journal of<br />
Anaesthesia bereits 2012 festgestellt hat,<br />
ist dieser oft vermeidbar (Berry W; Can<br />
J Anaesth 2012; 59:522). In der gleichen<br />
Ausgabe dieser Zeitschrift wurden zwei<br />
Beiträge publiziert, die dem Leser Algorithmen<br />
für den IOCA an die Hand<br />
geben (Charapov I; Can J Anaesth 2012;<br />
59:578; Moitra V; Can J Anesth 2012;<br />
59:586). Leider stehen dazu aber bisher<br />
keine Evidenz-basierten, konsentierten<br />
und fundierten Leitlinien zur Verfügung<br />
(Andres J; Eur J Anaesthesiol 2013; 30:95).<br />
Diagnosestellung<br />
22<br />
Der IOCA unterscheidet sich von anderen<br />
Arten des <strong>Herz</strong>-<strong>Kreislaufstillstand</strong>s<br />
signifikant: Er ist üblicherweise beobachtet<br />
und die Patienten werden intraoperativ<br />
mittels Monitoring gut überwacht<br />
(Berry W; Can J Anaesth 2012;<br />
59:522). Von daher können Reanimationsmaßnahmen<br />
meist unmittelbar begonnen<br />
werden – auch das notwendige<br />
Equipment sollte sich prinzipiell in<br />
Reichweite befinden. Dennoch unterliegt<br />
die Zeit bis zum Beginn von Reanimationsmaßnahmen<br />
einer großen Variationsbreite<br />
(Zuercher M; Curr Opin Anaesthesiol<br />
2008; 14:269). Asystolie und Kammerflimmern<br />
können oft einfach und schnell<br />
entdeckt werden. Auf der anderen Seite<br />
ist allerdings der Zeitpunkt vom Einsetzen<br />
des <strong>Kreislaufstillstand</strong>s bis zur Diagnose<br />
bei einer pulslosen elektrischen Aktivität<br />
(PEA) oft unklar.<br />
Die kontinuierliche Verwendung eines<br />
adäquaten Monitorings (z. B. Pulsoxymetrie,<br />
Kapnometrie/-grafie, arterielle<br />
Blutdruckmessung) beschleunigt die<br />
Diagnosestellung (Andres J; Eur J Anaesthesiol<br />
2013; 30:95). Insbesondere, wenn<br />
das Pulsoxymetriesignal verschwindet<br />
oder die Kapnografiekurve abflacht,<br />
muss im Allgemeinen ein IOCA zumindest<br />
in Erwägung gezogen werden.<br />
Der IOCA entsteht oft nicht plötzlich,<br />
sondern entwickelt sich allmählich!<br />
Bis heute gibt es zum IOCA leider keine<br />
einheitliche Definition (Zuercher M;<br />
Curr Opin Anaesthesiol 2008; 14:269).<br />
Dies ist u. a. auch die Ursache für mäßige<br />
bis schlechte Datenqualität und -vergleichbarkeit<br />
bei diesbezüglichen Studien.<br />
Selbst die Entstehungszeiträume<br />
für die Analyse eines IOCA variieren<br />
von erster anästhesiologischer „Medikamenteneinnahme<br />
zur Prämedikation“<br />
und „30 Tage nach OP“ (Zuercher<br />
M; Curr Opin Anaesthesiol 2008; 14:269)<br />
bis hin zu „während des Krankenhausaufenthalts”<br />
(Nunnally M; Anesth Analg<br />
2015; 120:364). Entsprechend ist es wenig<br />
verwunderlich, dass Daten verschiedener<br />
Studien nicht gut – wenn denn<br />
überhaupt – vergleichbar sind.<br />
Inzidenz des IOCA<br />
Variierende Definitionen des IOCA sind<br />
auch die Ursache für die sehr inhomogene<br />
Berechnung der Inzidenz des IOCA.<br />
Nr. 3, 2017
<strong>Intraoperativer</strong> <strong>Herz</strong>-<strong>Kreislaufstillstand</strong><br />
Aufgrund der vergleichsweise geringen<br />
Inzidenz sind die meisten Studien retrospektiv<br />
angelegt. Auch verschieden<br />
lange Analysezeiträume, OP-Arten und<br />
Patientenkollektive führen zu sehr unterschiedlichen<br />
Angaben. Grundsätzlich<br />
gilt, dass der IOCA vergleichsweise<br />
selten ist und nur unregelmäßig auftritt<br />
(Charapov I; Can J Anaesth 2012;<br />
59:578).<br />
Die Inzidenz wird bei nicht-kardiochirurgischen<br />
Patienten mit etwa 0,2-1,1<br />
pro 10.000 Narkosen bei Erwachsenen<br />
angegeben (Andres J; Eur J Anaesthesiol<br />
2013; 30:95). Bei Kindern, Säuglingen<br />
und Neugeborenen ist die Inzidenz<br />
höher und liegt zwischen 1,4-4,6<br />
pro 10.000 Narkosen (Zuercher M; Curr<br />
Opin Anaesthesiol 2008; 14:269).<br />
Das European Resuscitation Council<br />
(ERC) nennt in den 2015er Leitlinien<br />
noch deutlich höhere Inzidenzen (4,3-<br />
34,6 pro 10.000 Anästhesien) (Truhlá`ŕ A;<br />
Resuscitation 2015;95:148). Bei Hochrisikogruppen<br />
(z. B. geriatrische Patienten<br />
oder kardiochirurgische Patienten) wird<br />
die Inzidenz mit 54,4 pro 10.000 Narkosen<br />
angegeben (Nunes J; PLOS ONE<br />
2014; 9:e104041), bei Notfall-OPs sogar<br />
bis zu 163 pro 10.000 Narkosen (Siriphuwanun<br />
V; Risk Manag Healthcare Policy<br />
2014; 7:155; Truhlá`ŕ A; Resuscitation<br />
2015; 95:148).<br />
In einer Zusammenschau bisher publizierter<br />
Daten scheint die Inzidenz eines<br />
IOCA bei etwa 1 pro 1.400 Narkosen<br />
zu liegen. Da allerdings keine verlässliche<br />
Datenbank existiert und die meisten<br />
Studien aus einzelnen Zentren sind,<br />
kann die tatsächliche Inzidenz möglicherweise<br />
auch höher liegen (Andres J;<br />
Eur J Anaesthesiol 2013; 30:95).<br />
Risikofaktoren<br />
Verschiedene Risikofaktoren begünstigen<br />
die Entwicklung eines IOCA. Insbesondere<br />
ein schlechter präoperativer<br />
Zustand, ungünstige Risikostratifizierung,<br />
Komplikationen und schlechtes<br />
Patientenmanagement steigern das Risiko<br />
signifikant (Berry W; Can J Anaesth<br />
2012; 59:522; Zuercher M; Curr Opin<br />
Anaesthesiol 2008; 14:269).<br />
<strong>Herz</strong>stillstand/1000 Fälle<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Abb.: IOCA in Abhängigkeit der Anästhesieart (modifiziert nach Nunnally M; Anesth<br />
Analg 2015;120:364).<br />
Einer suffizienten präoperativen Patientenevaluation<br />
kommt eine sehr große<br />
Bedeutung zu. Mit zunehmendem Alter<br />
(> 80 Jahre und auch < 1 Jahr) steigt<br />
auch das Risiko deutlich an (Nunnally M;<br />
Anesth Analg 2015; 120:364). Insbesondere<br />
der ASA-Status wirkt sich signifikant<br />
auf das Risiko einer IOCA aus (Goswami<br />
S; Anesthesiology 2012; 117:1018).<br />
Auch das männliche Geschlecht erhöht<br />
das Risiko (Nunnally M; Anesth Analg<br />
2015; 120:364).<br />
Weitere Faktoren, die einen IOCA<br />
begünstigen, sind großer Blutverlust,<br />
Schock, Lungenembolie, Myokardinfarkt,<br />
Arrhythmien oder Elektrolytstörungen<br />
(Andres J; Eur J Anaesthesiol 2013;<br />
30:95). Des Weiteren steigert eine Sepsis<br />
das Risiko um 26,7%, präoperative Beatmung<br />
um 22,1%, Blutungen um 13,9%<br />
und Nierenversagen um 11,9% (Kazaure<br />
H; JAMA Surg 2013; 148:14).<br />
Der Faktor Mensch<br />
Lokalanästhesie<br />
Regionalanästhesie<br />
Neben den technischen Aspekten werden<br />
Behandlungsfehler in den letzten<br />
Jahren zunehmend beachtet (De<br />
RE; Eur J Anaesthesiol 20<strong>07</strong>; 24:987).<br />
Gerade auch die perioperativen Probleme<br />
und Zwischenfälle sowie die Patientensicherheit<br />
haben einen sehr großen<br />
Bezug zum „Faktor Mensch“ und<br />
Überwachung<br />
Andere/Unbekannt<br />
Epidural / Spinal<br />
Allgemeinanästhesie<br />
Anästhesie-Typ Überleben Mortalität 95% Konfidenzintervall<br />
werden nicht selten hierdurch beeinflusst<br />
(Zuercher M; Curr Opin Anaesthesiol<br />
2008; 14:269).<br />
Einige Studien der letzten Jahre aus<br />
Japan (Kawashima Y; Acta Anaesthesiol<br />
Scand 2003; 47:809), Dänemark<br />
(Hove L; Anesthesiology 20<strong>07</strong>; 106:675)<br />
und Frankreich (Zuercher M; Curr Opin<br />
Anaesthesiol 2008; 14:269) zeigten einen<br />
Zusammenhang zwischen einem IOCA<br />
und dem Faktor Mensch in 53%, 83%<br />
und sogar 100%. Hierdurch ist u. a. auch<br />
die Einführung der WHO-Checkliste in<br />
den perioperativen Betrieb begründet,<br />
die versucht, die perioperative Mortalität<br />
und die Anzahl der menschlichen<br />
Fehler zu reduzieren (Haynes A; N Engl<br />
J Med 2009; 360:491).<br />
Des Weiteren ist regelmäßiges Training<br />
und eine gute Ausbildung von sehr großer<br />
Bedeutung, um IOCA-Patienten in<br />
einer solch komplexen OP-Umgebung<br />
frühzeitig zu identifizieren und rechtzeitig<br />
therapeutische Bemühungen einzuleiten.<br />
Daten der letzten Jahren konnten<br />
zeigen, dass der Besuch von ALS-Kursen<br />
das Überleben nach einem IOCA<br />
steigern kann (Sodhi K; Indian J Crit Care<br />
Med 2011; 15:209).<br />
Auch spezielle Trainingskurse für die<br />
perioperative Umgebung verbessern<br />
die Patientensicherheit (Stiegler M; Br<br />
J Anaesth 2012; 108:229).<br />
Nr. 3, 2017 23
<strong>Intraoperativer</strong> <strong>Herz</strong>-<strong>Kreislaufstillstand</strong><br />
Anästhesieverfahren<br />
Im 19. Jahrhundert schien lediglich die<br />
Allgemeinanästhesie ein Risikofaktor<br />
für einen IOCA zu sein. Auch heute<br />
ist es noch so, dass das Risiko für einen<br />
IOCA bei einer Allgemeinanästhesie<br />
höher ist als bei einer Regionalanästhesie<br />
(Abbildung) (Truhlá`ŕ A; Resuscitation<br />
2015; 95:148). Bei einer Regionalanästhesie<br />
scheint es 3-fach vermindert zu<br />
sein, Inzidenzen werden mit 1,3-18 pro<br />
10.000 Patienten angegeben (Moitra V;<br />
Can J Anesth 2012; 59:586).<br />
Im Rahmen der Regionalanästhesie<br />
weist die Spinalanästhesie das höchste<br />
Risiko auf (2,9 vs. 0,9 pro 10.000 Patienten;<br />
P=0,041) (Moitra V; Can J Anesth<br />
2012; 59:586). In dieser Untersuchung<br />
war das Überleben nach einem IOCA<br />
unter Regionalanästhesie auch höher im<br />
Vergleich zur Allgemeinanästhesie.<br />
Ursachen<br />
Abdominalchirurgische und thoraxchirurgische<br />
Patienten haben das höchste<br />
Risiko einen IOCA zu erleiden (Nunnally<br />
M; Anesth Analg 2015; 120:364).<br />
Auch sehr junge (< 1 Jahr) und sehr alte<br />
Patienten (> 80 Jahre), bestehende Vorerkrankungen<br />
und Trauma erhöhen das<br />
Risiko für einen IOCA (Zuercher M; Curr<br />
Opin Anaesthesiol 2008; 14:269). Diese<br />
Hochrisikogruppen sollten in jedem Fall<br />
durch die WHO-Checkliste identifiziert<br />
werden, da hierdurch adäquate Maßnahmen<br />
zur Vermeidung einer intraoperativen<br />
Komplikation ergriffen werden können<br />
(z. B. auch Absprachen im Team)<br />
(Andres J; Eur J Anaesthesiol 2013; 30:95).<br />
Airway-Management ist nachweisbar der<br />
Hauptfaktor im perioperativen Umfeld,<br />
der mit dem Auftreten eines IOCA in<br />
Zusammenhang steht (Newland M; Anesthesiology<br />
2002; 97:108).<br />
Dennoch ist die Entstehung eines IOCA<br />
meist ein multifaktorielles Geschehen<br />
(Truhlá`ŕ A; Resuscitation 2015; 95:148).<br />
Hierzu gehören auch Patienten-bezogene<br />
Faktoren wie Begleiterkrankungen<br />
(z. B. KHK, Myokardinfarkt, Arrhythmien,<br />
Elektrolytverschiebungen, Lungenembolie<br />
oder Luftembolie), Nebenwirkungen<br />
der Anästhetika (z. B. durch<br />
Muskelrelaxanzien), Anaphylaxie und<br />
physiologische Veränderungen (z. B. Hypovolämie<br />
durch Blutverlust), die Menge<br />
an transfundierten Blutprodukten (Goswami<br />
S; Anesthesiology 2012; 117:1018)<br />
sowie intraoperativer Stress bzw. das Tako-Tsubo-Syndrom<br />
(Hinkelbein J; BMC<br />
Anesthesiology 2015; 15:39; Templin C; N<br />
Engl J Med 2015; 373:929).<br />
Das Tako-Tsubo-Syndrom tritt mit einer<br />
Inzidenz von 2-8 Patienten pro 1<br />
Mil lion Anästhesien auf (Liu S et al.; J<br />
Cardiothorac Vasc Anesth 2008; 22:438).<br />
Es kann sowohl prä- (Wong A; Anesth<br />
Analg 2009; 110:712) als auch postoperativ<br />
(Brucoli M; J Craniofascial Surg 2011;<br />
22:19<strong>07</strong>) auftreten. Einige wenige Fallberichte<br />
berichten von einem intraoperativen<br />
Auftreten (Jabaudon M; Anaesthesia<br />
20<strong>07</strong>; 62:519; Liu S; J Cardiothorac<br />
Vasc Anesth 2008; 22:438).<br />
Therapiemaßnahmen<br />
Zur Behandlung eines IOCAs sind nicht<br />
nur gute persönliche Kenntnisse notwendig,<br />
sondern auch eine entsprechende Sicherheitskultur<br />
im gesamten OP-Team<br />
(Zuercher M; Curr Opin Anaes thesiol 2008;<br />
14:269). Für ein optimales Ergebnis sollte<br />
jedes Team auch einen verantwortlichen<br />
Leiter haben, der den Ablauf während<br />
des IOCA koordiniert. Die OP<br />
selbst sollte während der Reanimation<br />
nicht fortgesetzt werden (Truhlá`ŕ A; Resuscitation<br />
2015;95:148).<br />
Therapiemaßnahmen können im OP bei<br />
IOCA meist sehr zügig initiiert werden<br />
(sofern rechtzeitig erkannt), da das benötigte<br />
Material räumlich nah vor Ort<br />
sein sollte (Sandroni C; Minerva Anaesthesiol<br />
2014; 80:1105). Dennoch weist der<br />
IOCA mit 58% eine vergleichsweise hohe<br />
Mortalität auf (Zuercher M; Curr Opin<br />
Anaesthesiol 2008; 14:269). Dies ist auch<br />
der Tatsache geschuldet, dass weiterführende<br />
Therapiemaßnahmen (z. B. <strong>Herz</strong>katheter)<br />
nicht so einfach erreicht werden<br />
können. Gerade auch aus diesem Punkt<br />
sind hierzu Leitlinien nötig (Andres J; Eur<br />
J Anaesthesiol 2013; 30:95).<br />
Des Weiteren sind die Patienten üblicherweise<br />
auch schwer vorerkrankt (siehe<br />
ASA-Klasse und Mortalität), sodass<br />
das funktionelle Behandlungsergebnis<br />
meist nicht gut ist. Intraoperative Komplikationen<br />
(z. B. Schock) vermindern<br />
ebenfalls das Überleben.<br />
In den 2015er Leitlinien des European<br />
Resuscitation Councils (ERC) wird der<br />
IOCA ebenfalls in einem Abschnitt behandelt<br />
(Truhlá`ŕ A; Resuscitation 2015;<br />
95:148). Diese Leitlinien könnten zusammen<br />
mit weiteren Evidenz-basierten<br />
Informationen die Basis für die Erstellung<br />
einer spezifischen Leitlinie für<br />
den IOCA bilden. Da die Inzidenz des<br />
IOCA glücklicherweise vergleichsweise<br />
gering ist, wird es auf absehbare Zeit<br />
nur retrospektive und keine prospektivkontrollierten<br />
Studien geben. Bis dato<br />
existieren allerdings keine verbindlichen<br />
Algorithmen.<br />
Schlussfolgerungen<br />
Der IOCA ist im perioperativen Setting<br />
glücklicherweise selten – zur Therapie<br />
sind allerdings spezifische Algorithmen<br />
notwendig (Moitra V; Can J Anesth<br />
2012; 59:586). Eine einheitliche Definition<br />
existiert bisher nicht. Die bisherigen<br />
Empfehlungen und Algorithmen basieren<br />
daher zumeist auf Expertenmeinungen,<br />
randomisierte Studien sind nicht<br />
verfügbar. Zukünftig sind spezifische Algorithmen<br />
notwendig, um das Behandlungsergebnis<br />
zu verbessern.<br />
Um weiter Licht ins Dunkel zu bringen,<br />
wäre ein spezielles Register für den<br />
IOCA wünschenswert, um eine Datenbasis<br />
zu generieren, die Rückschlüsse<br />
auf sinnvolle Behandlungsansätze liefern<br />
könnte.<br />
„No patient whose death is preventable should<br />
die in an operating room or in a hospital – ever“<br />
(William R. Berry, Can J Anaesth, 2012, 59:522)<br />
Interessenkonflikte: Keine<br />
Prof. Dr. Jochen Hinkelbein<br />
Geschäftsführender Oberarzt<br />
Klinik für Anästhesiologie und<br />
Operative Intensivmedizin<br />
Universitätsklinikum Köln (AöR)<br />
jochen.hinkelbein@uk-koeln.de<br />
24<br />
Nr. 3, 2017