EVZ_TB_2016_dt
Tätigkeitsbericht 2016 deutsch
Tätigkeitsbericht 2016 deutsch
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Pani O. ist meine älteste Klientin. An einen Besuch kann ich mich besonders erinnern. Pani O. hatte<br />
beschlossen, ihre alten Schallplatten zu verkaufen, weil sie nach ihrem Tod ja sowieso weggeworfen<br />
würden, sagte sie. Also überredete ich sie, dass wir wenigstens noch einmal eine Platte hören könnten.<br />
Sie entschied sich für Chopin. Das Lächeln und den gehauchten Ausruf „Ach, mein Lieblings-Chopin!“<br />
werde ich wohl nicht so schnell vergessen.<br />
Charlotte Blumenthaler, Jüdische Gemeinde Brno, Tschechische Republik<br />
li.: Charlotte Blumenthaler<br />
in Tschechien auf einer<br />
Exkursion mit Zeitzeuginnen<br />
und Zeitzeugen<br />
re.: Eva Kell mit der Zeitzeugin<br />
Dr. Michaela Vidlakova<br />
Ich hatte Respekt vor der Begegnung mit diesen Menschen. Im Hinterkopf bildete sich der Gedanke,<br />
was für eine bizarre Situation es eigentlich ist, dass ich als Deutsche ehemalige Zwangsarbeiter<br />
besuche, und wie sie das wohl empfinden. Als ich dann allein hinging, merkte ich, dass man sich einfach<br />
als Menschen begegnet, meine Nationalität oder ihr Schicksal standen nicht im Vordergrund. Es ist<br />
eigentlich ganz natürlich, ich bin jung und kann manche Dinge für sie leicht erledigen, die ihnen<br />
schwerfallen. Aber auch der Aspekt des Gesellschaftleistens darf nicht unterschätzt werden – wer<br />
freut sich nicht über ein offenes Ohr?<br />
Eva Kell, Freiwillige bei Živá paměť in Ostrava, Tschechische Republik<br />
ENGAGEMENT FÜR OPFER DES NATIONALSOZIALISMUS: Junge Freiwillige begleiten NS-Opfer ▪ 69