Haus Löwenberg: STANDHAFT - Der Aufrecht stehende Mensch
Ausstellungskatalog Museum Haus Löwenberg Stephan Balkenhol | Georg Baselitz | William N. Copley Gregory Crewdson | Vassil Donev | Richard Estes | Lothar Fischer Jean Olivier Hucleux | Johannes Hüppi | Barbara Klemm | Karin Kneffel Karl Manfred Rennertz | Gerhard Richter | Manuela Seiler | Luc Simon Jules Stauber | Florian Süssmayr | Gottfried Wiegand | Jochen Winckler
Ausstellungskatalog Museum Haus Löwenberg
Stephan Balkenhol | Georg Baselitz | William N. Copley
Gregory Crewdson | Vassil Donev | Richard Estes | Lothar Fischer
Jean Olivier Hucleux | Johannes Hüppi | Barbara Klemm | Karin Kneffel
Karl Manfred Rennertz | Gerhard Richter | Manuela Seiler | Luc Simon
Jules Stauber | Florian Süssmayr | Gottfried Wiegand | Jochen Winckler
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DER AUFRECHT STEHENDE MENSCH<br />
<strong>STANDHAFT</strong>IGKEIT<br />
Das ist im Rahmen der Ausstellung<br />
zunächst ein künstlerisches, ein<br />
bildnerisches Thema.<br />
Stand-Bilder wie die Ritterfigur auf dem<br />
Gengenbacher Marktbrunnen haben<br />
eine lange Tradition, ob an sakralen, ob<br />
an weltlichen Orten aufgestellt.<br />
HERRSCHER STEHEN<br />
SIE STEHEN DRÜBER<br />
ODER SIE SITZEN AUF THRONEN<br />
WER MACHT HAT, HAT DEN VORSITZ<br />
DANN IST ES ZEICHEN VON AUTORITÄT<br />
NICHT STEHEN ZU MÜSSEN<br />
VOR GERICHT ETWA<br />
DA SITZT DER RICHTER<br />
DER ANGEKLAGTE STEHT<br />
Sie scheinen, zumindest teilweise, immer<br />
noch tauglich für symbolhafte Repräsentation,<br />
bis hin zur kulthaften Vergötterung<br />
irdischer Personen. So sind dann<br />
auch gestürzte Denkmäler wirkmächtige<br />
Zeichen wie der vom Sockel gerissene<br />
Saddam Hussein 2003.<br />
Auch Säulen sind Stand-Figuren. Behausungen<br />
der <strong>Mensch</strong>en sind möglichst<br />
standhaft; besonderes herausgehobene<br />
stehen auf Säulen und Pfeilern. Tempel,<br />
die romanische Basilika, die gotische<br />
Kathedrale, betonen dies ganz ausdrücklich.<br />
Die Wirbelsäule des <strong>Mensch</strong>en verweist<br />
nicht zufällig auf diese Parallelität.<br />
EINE FRAGE<br />
DER HALTUNG!<br />
Das scheint heute vor allem ein medizinisches,<br />
physiotherapeutisches Thema.<br />
Haltungsschäden und Haltungsschwächen,<br />
mangelnde Standhaftigkeit und<br />
deren Behebung ernähren ganze Berufszweige;<br />
die Ratgeber füllen Regale.<br />
DER WUNSCH NACH<br />
STEHVERMÖGEN<br />
WIRD HEUTE VORNEHMLICH<br />
IM SEXUELLEN KONTEXT<br />
WAHRGENOMMEN<br />
OB DAS NICHT<br />
EIN GEDANKLICHER<br />
ONE-NIGHT-STAND IST<br />
DIE AUFRECHTE HALTUNG<br />
IST RUHELOS<br />
SIE IST IMMER<br />
ERNEUTES ANSTEMMEN<br />
GEGEN DEN ZUG NACH UNTEN<br />
ES GENÜGT NICHT<br />
EINEN STAND ZU GEWINNEN<br />
WIR MÜSSEN LERNEN<br />
EINEN STAND ZU HALTEN<br />
WER DIES VERMAG<br />
DEN EHRT DIE SPRACHE<br />
ALS <strong>STANDHAFT</strong><br />
BESTÄNDIG<br />
Erwin Strauss<br />
Nun ist menschliches Leben nicht nur<br />
beständiges Stehen. Aus dem Potenzial<br />
der Stabilität folgt unweigerlich auch<br />
das der Labilität. Es kennt auch das Sitzen<br />
und vor allem das Fallen, das Liegen<br />
- und das Wiederaufstehen.<br />
Wo der <strong>Mensch</strong> steht und wie er steht,<br />
das ist eben eine Frage des Standortes<br />
und des Standpunktes.<br />
Und was er denkt, ist wesentlich eine<br />
Frage des Begreifens – was anthropologisch<br />
gesehen nur im Stehen gelingt,<br />
weil man die Hände einsetzen kann -<br />
und des Verstandes.<br />
Und wie er handelt, kann unter dem<br />
Aspekt des Anstands wahrgenommen<br />
werden, nicht zuletzt auch abhängig<br />
von entsprechenden Umständen.