Haus Löwenberg: STANDHAFT - Der Aufrecht stehende Mensch
Ausstellungskatalog Museum Haus Löwenberg Stephan Balkenhol | Georg Baselitz | William N. Copley Gregory Crewdson | Vassil Donev | Richard Estes | Lothar Fischer Jean Olivier Hucleux | Johannes Hüppi | Barbara Klemm | Karin Kneffel Karl Manfred Rennertz | Gerhard Richter | Manuela Seiler | Luc Simon Jules Stauber | Florian Süssmayr | Gottfried Wiegand | Jochen Winckler
Ausstellungskatalog Museum Haus Löwenberg
Stephan Balkenhol | Georg Baselitz | William N. Copley
Gregory Crewdson | Vassil Donev | Richard Estes | Lothar Fischer
Jean Olivier Hucleux | Johannes Hüppi | Barbara Klemm | Karin Kneffel
Karl Manfred Rennertz | Gerhard Richter | Manuela Seiler | Luc Simon
Jules Stauber | Florian Süssmayr | Gottfried Wiegand | Jochen Winckler
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AUFRECHTES STEHEN ALS DRAMATISCHES EREIGNIS<br />
Wer seinen Verstand zusammen hat,<br />
stellt seine Gedanken auf beide Füße.<br />
Stehen wirkt als ein Zeichen der Achtung,<br />
der Beachtung, der Aufmerksamkeit,<br />
früher vor allem der Wachsamkeit.<br />
Gebaute Wachttürme auf Füßen verstärken<br />
noch einmal die Möglichkeiten des<br />
<strong>Mensch</strong>en zum Ausblick und Überblick.<br />
DER AUSDRUCK<br />
„AUFRECHTE HALTUNG“<br />
KANN IN ZWEIFACHER WEISE<br />
VERSTANDEN WERDEN<br />
ER LÄSST UNS AN DAS VERMÖGEN<br />
DES MENSCHEN DENKEN<br />
SICH GEGEN DIE SCHWERKRAFT<br />
AUFZURICHTEN UND<br />
AUF DER SCHMALEN BASIS SEINER<br />
BEIDEN FÜSSE STEHEND, GEHEND,<br />
LAUFEND, SPRINGEND, SICH IM<br />
GLEICHGEWICHT ZU ERHALTEN<br />
EIN ANDERMAL ABER<br />
VERSTEHEN WIR DEN AUSDRUCK<br />
IM MORALISCHEN SINN<br />
AUFRECHT IST DER MENSCH<br />
DER DEN MUT UND DIE KRAFT HAT<br />
SEINEN FREUNDEN IN GEFAHREN UND<br />
NOT TREU ZU BLEIBEN<br />
SEINE GESINNUNGEN ZU BEKENNEN<br />
SEINEN ÜBERZEUGUNGEN<br />
GEMÄSS ZU HANDELN<br />
SEI ES AUCH MIT DEM ÄUSSERSTEN<br />
EINSATZ<br />
DEM SEINES LEBENS<br />
Besonders bewusste aufrechte Haltung<br />
zeigen wir, in unserem Kulturkreis<br />
jedenfalls, als würdevolles Zeremoniell<br />
beim Grüßen, als Beifall, beim Danken,<br />
beim ehrenden Erinnern.<br />
Wir stehen etwa bei der Heirat, beim<br />
feierlichen Schwur, vor Gericht, im<br />
Gottesdienst.<br />
Das Aufstehen wird zur Choreografie in<br />
zwar profanen, aber schon wieder kulthaft<br />
aufgeladenen Massen-Handlungen<br />
wie der La-Ola-Welle in den Stadien.<br />
Heute ist der Raum entgrenzt. Bis zum<br />
Mond und darüber hinaus vorzustoßen,<br />
in Cyberwelten sich zu bewegen,<br />
geschieht nahezu grenzenlos. Das macht<br />
die standhafte Figur umso wichtiger.<br />
AUFRECHTES STEHEN WIRD IM<br />
17. UND 18. JAHRHUNDERT ALS<br />
DRAMATISCHES EREIGNIS GESTALTET<br />
DIE FIGUR FÜHRT ETWAS VOR<br />
SIE RAGT AUF, ÖFFNET SICH, TRITT<br />
AUS DEM EIGENEN INNEREN HERAUS<br />
ENTFALTET SICH IN DEN RAUM<br />
MIT FESTEN STAND IST SIE HEFTIG<br />
EINEM ANDEREN ZUGEWANDT<br />
Gustav Schörghofer<br />
Erwin Strauss<br />
Bild oben: Stephan Balkenhol, Balanceakt, 2009,<br />
vor dem Verlagsgebäude der Axel Springer SE in Berlin<br />
Abbildungen aus: Dr. D. G. M. Schreber, Die ärztliche Zimmergymnastik<br />
(27. Aufl., Leipzig 1899)