Rieke C. Harmsen, Kuratorin
Zur Entstehung <strong>der</strong> Ausstellung „<strong>Auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> – <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Migration</strong>“ Als wir 2014 mit <strong>der</strong> Planung dieser Ausstellung begonnen haben, befand sich Deutschland im Ausnahmezustand: Täglich kamen tausende Flüchtende über die Grenzen. Als Journalistin stand ich am Münchner Hauptbahnhof <strong>und</strong> sprach mit Politikern, Helfern <strong>und</strong> Flüchtenden, berichtete über die Hilfsaktionen <strong>der</strong> Diakonie o<strong>der</strong> die Maßnahmen <strong>der</strong> Staatsregierung. Die Flüchtlingskrise ist eines <strong>der</strong> größten humanitären <strong>und</strong> gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit. Mindestens 50 Prozent aller Flüchtlinge sind <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Mädchen. <strong>Frauen</strong> liehen aus sehr verschiedenen Gründen aus ihrer Heimat – aus politischen <strong>und</strong> religiösen Gründen, wegen Verfolgung, Vergewaltigung, Gewalt, Folter o<strong>der</strong> Verstümmelung. In vielen Bürgerkriegen gehört die systematische Vergewaltigung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Mädchen zur Kriegsstrategie. <strong>Frauen</strong> liehen, weil ihre Ehemänner gelohen sind o<strong>der</strong> ermordet, gefangen genommen o<strong>der</strong> als Soldaten eingezogen wurden. Angst ist <strong>der</strong> ständige Begleiter von <strong>Frauen</strong> auf <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong>. Sie fürchten sich vor Gewalt <strong>und</strong> sexuellen Übergrifen, vor Krankheit, Hunger, dem Verlust von Angehörigen, vor einer ungewissen Zukunft. „In Syrien stirbst du durch eine Bombe. <strong>Auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Flucht</strong> stirbst du jeden Tag ein wenig“, erklärte eine Frau. <strong>Frauen</strong> werden gezwungen, sich zu prostituieren, um ihre Kin<strong>der</strong> zu schützen o<strong>der</strong> die nächste Etappe zu bewältigen. Dass selbst hochschwangere <strong>Frauen</strong> sich auf die gefährliche Reise begeben, zeigt, wie groß ihre Not ist. Das Leben in Flüchtlingslagern <strong>und</strong> Notunterkünften ist beson<strong>der</strong>s schwierig für <strong>Frauen</strong>. Mancherorts bekommen sie keine Lebensmittel, weil sie ohne männliches Familienoberhaupt nicht als Haushalt zählen. Sie haben keine speziischen Schutzräume. Oft sind die Wasserstellen o<strong>der</strong> sanitären Anlagen weit entfernt. Für Mädchen bedeutet die <strong>Flucht</strong> oft das Ende <strong>der</strong> Jugend: Sie werden zwangsverheiratet <strong>und</strong> verkauft, um die restliche Familie abzusichern. Sie werden ausgebeutet, unterdrückt <strong>und</strong> misshandelt, sexuell missbraucht <strong>und</strong> verschachert. Das Thema „<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Migration</strong>“ ist lange Zeit nicht wirklich aktuell gewesen. Als wir die Ausschreibung für diesen Wettbewerb gemacht haben, tröpfelten die Einsendungen zunächst nur herein. Erst im Laufe des Jahres 2016 wurde das Thema an die mediale Oberläche gespült. Unsere Ausstellung umfasst 37 Tafeln <strong>und</strong> zieht einen weiten Bogen – von den <strong>Frauen</strong>, die in <strong>der</strong> Heimat geblieben sind, über die <strong>Flucht</strong> bis hin zu den <strong>Frauen</strong>, die angekommen sind in <strong>der</strong> Fremde. Die Arbeiten <strong>der</strong> Fotograinnen <strong>und</strong> Fotografen zeigen nur einen Ausschnitt <strong>der</strong> eben angesprochenen Problematik – <strong>und</strong> spiegeln wi<strong>der</strong>sprüchliche o<strong>der</strong> sogar gegensätzliche Meinungen wi<strong>der</strong>. Die Ausstellung will informieren <strong>und</strong> dazu anregen, über das Thema zu diskutieren – denn nur so können Konlikte gelöst werden. Wir würden uns freuen, wenn die Schau an möglichst vielen Orten gezeigt wird. 3