Der Rechtsanwalt als Vertauensperson in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen
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Abhandlungen<br />
IX. REISEKOSTENERSATZ DER<br />
VERTRAUENSPERSON<br />
Die Vertrauensperson hat e<strong>in</strong>en eigenen (Reise-) Kostenersatzanspruch<br />
(§ 46 Abs 5 VO-UA).<br />
E<strong>in</strong>er Vertrauensperson, die e<strong>in</strong>e Auskunftsperson gem<br />
§ 46 VO-UA begleitet und zu diesem Zweck von ihrem<br />
Wohn- bzw Dienstort an den Sitz des Nationalrats reisen<br />
muss, gebührt e<strong>in</strong> Ersatz der Kosten. Die Parlamentsdirektion<br />
hat bei Nachweis solcher Kosten diese nach Genehmigung<br />
durch den Präsidenten des Nationalrats zu ersetzen.<br />
Die für Bundesbedienstete geltenden Reisegebührenvorschriften<br />
s<strong>in</strong>d s<strong>in</strong>ngemäß anzuwenden (§ 59 Abs 2 VO-UA).<br />
X. ZUSAMMENFASSUNG<br />
Zentrale Aufgabe des <strong>Rechtsanwalt</strong>s <strong>als</strong> Vertrauensperson<br />
<strong>in</strong> <strong>parlamentarischen</strong> <strong>Untersuchungsausschüssen</strong> ist die Beratung<br />
der Auskunftsperson während deren Befragung vor<br />
allem im H<strong>in</strong>blick auf die Zulässigkeit bzw Unzulässigkeit<br />
von Fragen der Abgeordneten. Darüber h<strong>in</strong>aus ist e<strong>in</strong>e weitere<br />
zentrale Aufgabe die Beratung der Auskunftsperson betreffend<br />
die dieser zukommenden Aussageverweigerungsrechte.<br />
Für Vertrauenspersonen besteht die Gefahr, dass<br />
sie ausgeschlossen werden können. Es besteht <strong>in</strong> der VO-<br />
UA mE e<strong>in</strong> ungeklärter Widerspruch zwischen der Aufgabe<br />
der „positiven“ Beratung und der „negativen“ Bee<strong>in</strong>flussung<br />
durch die Vertrauensperson. Wird die Vertrauensperson<br />
ausgeschlossen, sollte die Auskunftsperson von ihrem Recht<br />
Gebrauch machen, den Untersuchungsausschuss zu verlassen<br />
und zur nächsten Befragung mit e<strong>in</strong>er neuen Vertrauensperson<br />
zu ersche<strong>in</strong>en. <strong>Der</strong> Ausschluss e<strong>in</strong>er Vertrauensperson<br />
verletzt aufgrund der bisherigen Judikatur<br />
des VfGH ke<strong>in</strong> Persönlichkeitsrecht. <strong>Der</strong> VfGH kann e<strong>in</strong><br />
Verhalten nur dann für rechtswidrig erklären, wenn e<strong>in</strong><br />
Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist. Für Rechtsanwälte<br />
gelten im Falle ihres E<strong>in</strong>schreitens <strong>als</strong> Vertrauensperson die<br />
Standespflichten des § 9 Abs 1 RAO.<br />
ADRIAN ZWETTLER<br />
<strong>Der</strong> Autor ist <strong>Rechtsanwalt</strong>sanwärter<br />
bei<br />
BINDER GRÖSSWANG<br />
Rechtsanwälte GmbH <strong>in</strong><br />
Wien.<br />
2017/24<br />
„Wrongful birth“ und<br />
„wrongful conception“ II<br />
Warten auf den „Park<strong>in</strong>son Case“<br />
Das Thema „wrongful birth“ und „wrongful conception“ beschäftigt Rsp und Literatur seit rund 20 Jahren. Zuletzt hat<br />
Swoboda 1 an dieser Stelle anhand der Judikatur des OGH – allerd<strong>in</strong>gs unter Aussparung der seit 2008 ergangenen<br />
Entscheidungen – darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass diese „ke<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen Rechtsansicht“ folgt. Diese Divergenz zwischen<br />
der Zulassung von „wrongful birth“ und der Ablehnung von „wrongful conception“ wurde bereits vielfach <strong>als</strong> widersprüchlich<br />
kritisiert. 2<br />
Die rezenteren Entscheidungen des OGH haben die Widersprüche allerd<strong>in</strong>gs noch verschärft. Angesichts der Erfolglosigkeit<br />
sämtlicher Appelle zur E<strong>in</strong>berufung e<strong>in</strong>es verstärkten Senats 3 ist e<strong>in</strong>e Klärung erst zu erwarten, wenn e<strong>in</strong>e<br />
besondere Fallkonstellation den OGH zw<strong>in</strong>gt, Stellung zu beziehen. Kommt es, wie im Fall der englischen Entscheidung<br />
zu Park<strong>in</strong>son, 4 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „wrongful conception“-Szenario auch zu e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung des K<strong>in</strong>des, könnte die<br />
bislang vom OGH verfolgte Lösung, die une<strong>in</strong>heitliche Rsp mit verme<strong>in</strong>tlich „nicht vergleichbare[n] Sachverhalte[n]“ 5<br />
zu rechtfertigen, nicht aufrechterhalten werden.<br />
I. DIFFERENZIERUNG UND<br />
ERKLÄRUNGSANSÄTZE<br />
Führt das rechtswidrige Verhalten e<strong>in</strong>es Arztes zu e<strong>in</strong>er ungewollten<br />
Schwangerschaft, spricht man von „wrongful<br />
conception“. Relevanz haben hier <strong>in</strong>sb Aufklärungs- und<br />
Durchführungsfehler im Zuge von Sterilisationse<strong>in</strong>griffen.<br />
In dieser Konstellation besteht laut OGH ke<strong>in</strong> Anspruch<br />
auf Ersatz des Unterhalts, weil die Geburt e<strong>in</strong>es gesunden<br />
K<strong>in</strong>des ke<strong>in</strong>en Schaden darstellen könne. 6<br />
Unterlässt es der Arzt e<strong>in</strong>er Schwangeren h<strong>in</strong>gegen<br />
pflichtwidrig, diese über e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong>derung ihres ungeborenen<br />
K<strong>in</strong>des aufzuklären, besteht e<strong>in</strong> Anspruch auf Ersatz<br />
des Unterhalts, sofern die Kläger<strong>in</strong> glaubhaft macht, dass<br />
sie <strong>in</strong> Kenntnis der Beh<strong>in</strong>derung von ihrer Möglichkeit<br />
1 Swoboda, „Wrongful birth“ und „wrongful conception“ im Lichte des österreichischen<br />
Schadenersatzrechts, AnwBl 2016, 392.<br />
2 Etwa H<strong>in</strong>ghofer-Szalkay/Hirsch, Wrongful birth/Wrongful conception quo<br />
vadis? ÖJZ 2007/43; Kletečka, Erste Entscheidung des OGH zu „wrongful<br />
conception“, Zak 2006/599; Parapatits, Wrongful birth – Schadenersatz bei<br />
unerwünschter Geburt e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des, JAP 2006/2007, 115.<br />
3 Wittmann-Tiwald, Wrongful Birth – Wrongful Conception – Schlussfolgerungen,<br />
<strong>in</strong> Kopetzki/Pöschl/Reiter/Wittmann-Tiwald (Hrsg), Körper-Codes<br />
(2010) 138; Ste<strong>in</strong><strong>in</strong>ger, Wrongful birth revisited, ÖJZ 2008, 436 (439); Griss,<br />
zitiert <strong>in</strong> Schadenersatz für Geburt wider Willen, Die Presse 13. 11. 2006.<br />
4 Park<strong>in</strong>son v St James and Seacroft University Hospital NHS Trust (2001)<br />
EWCA 520, (2002) QB 266.<br />
5 OGH 6 Ob 148/08w; 6 Ob 101/06f; 2 Ob 172/06t; 5 Ob 148/07m.<br />
6 OGH 6 Ob 101/06f; 2 Ob 172/06t; 6 Ob 148/08w; 9 Ob 37/14b.<br />
Adrian Zwettler „Wrongful birth“ und „wrongful conception“ II<br />
07-08_2017 österreichisches anwaltsblatt