LANDFRAUEN UND POLITIK - Deutscher LandFrauenverband e.V.
LANDFRAUEN UND POLITIK - Deutscher LandFrauenverband e.V.
LANDFRAUEN UND POLITIK - Deutscher LandFrauenverband e.V.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
FRAUEN IN POLITISCHEN FUNKTIONEN/ÄMTERN<br />
text mit der Arbeit der Frauenverbände.<br />
Die Nähe zur Politik und ihr Engagement<br />
in diesen Strukturen motivierte sie für die<br />
Übernahme von Mandaten und Funktionen,<br />
um dort die Interessen besser verfolgen<br />
zu können.<br />
Frauenorganisationen bieten zahllose<br />
Seminare und Weiterbildungsveranstaltungen,<br />
gerade auch zu politischen oder<br />
gesellschaftspolitischen Themen an und<br />
qualifizieren ihre Mitglieder. Wenn sie<br />
dann die politische Umsetzung des<br />
Gelernten aus ihrem Verband heraushalten,<br />
wie es häufig diskutiert wird, führen<br />
sie ihre eigene Verbandsarbeit aber auch<br />
die Frauenverbandsarbeit mit ihren Traditionen<br />
ad absurdum.<br />
3. Konsequenzen für die<br />
Arbeit von Frauenverbänden<br />
Was wünschen sich Politikerinnen an<br />
Unterstützung für ihre Arbeit? Aussagen<br />
dazu lassen sich aus Ergebnisse des Forschungsprojektes<br />
des Bundesministeriums<br />
für Bildung, Wissenschaft, Forschung<br />
und Technologie „Zur Situation und<br />
Zukunft von Frauen in der Politik als<br />
Aufgabe politischer Bildungsarbeit“ ableiten.<br />
Ende der 90er Jahre wurde in diesem<br />
Projekt eine Gesamterhebung aller weiblichen<br />
Abgeordneten in der Bundesrepublik<br />
durchgeführt, d.h. auf Länder-, Bundes-<br />
und Europaebene und auch bei<br />
Kommunalpolitikerinnen.<br />
Gefragt wurde z.B., welche Bildungsund<br />
Berufserfahrungen Politikerinnen für<br />
die Ausübung ihrer politischen Tätigkeit<br />
nutzen konnten, welche Angebote zur<br />
Qualifizierung für die Politik sie wahrgenommen<br />
haben, welche sie sich gewünscht<br />
hätten – und was sie für die zukünftige<br />
Qualifizierung von Politikerin-<br />
nen für notwendig und sinnvoll halten.<br />
Zunächst einige stichpunktartige Aussagen<br />
zum Profil der befragten Politikerinnen:<br />
Frauen in der Politik unterscheiden<br />
sich in ihrem Lebensalltag wenig von der<br />
Mehrheit der Frauen in der deutschen<br />
Bevölkerung. Sie sind berufstätig, verheiratet,<br />
teilweise wurde von ihnen familienbedingt<br />
die Erwerbstätigkeit unterbrochen<br />
(44 %) oder teilzeitlich fortgesetzt<br />
(40 %). Sie haben eine überdurchschnittlich<br />
gute Berufsausbildung und einen<br />
relativ hohen Bildungsabschluss. 4 % der<br />
Politikerinnen waren unter 30 Jahre,<br />
70 % 41 bis 60 Jahre alt. Sie stehen unter<br />
besonders hohem Erwartungsdruck und<br />
sind ständig dem Widerspruch ausgesetzt,<br />
entweder als schwach und inkompetent<br />
oder als unweiblich zu gelten. Politikerinnen<br />
müssen Familie, Beruf und ihr politisches<br />
Engagement miteinander vereinbaren,<br />
anders als Männer, denen ihre Frauen<br />
meistens den Rücken freihalten.<br />
Zu den Befragungsergebnissen im Einzelnen:<br />
Wenige Politikerinnen hatten zu<br />
Beginn ihrer Karriere Unterstützung aus<br />
ihrem politischen Umfeld oder gar gezielte<br />
Trainingsangebote. Eine Lücke, in die<br />
Frauenverbände mit ihrer Arbeit stärker<br />
stoßen könnten.<br />
Fehlende Unterstützung führt nach<br />
Einschätzung der Politikerinnen zu einer<br />
erheblichen Benachteiligung gegenüber<br />
männlichen Kollegen. Daher wünschen<br />
Politikerinnen sich mehr weibliche Vorbilder.<br />
Immerhin hatten die älteren Befragten<br />
zu 50 % eine Frau als Vorbild für ihr<br />
Engagement. Den jüngeren Frauen fehlten<br />
nach eigenen Angaben solche Vorbilder.<br />
In der Politik haben Frauen besonde-<br />
SCHWERPUNKT<br />
Name Verband Funktion<br />
Thenolte Bähnisch <strong>Deutscher</strong> Frauenring gewählte Regierungspräsidentin in Hannover nach dem Weltkrieg,<br />
Beauftragte des Landes Niedersachsen beim Bund im Range einer<br />
Staatssekretärin<br />
Jutta Limbach <strong>Deutscher</strong> Juristinnenbund Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes<br />
Ursula Hansen Kath. Dt. Frauenbund Sozialministerin in Rheinland-Pfalz<br />
Irmgard Reichardt Dt. Landfrauenverband Landwirtschaftsministerin in Hessen<br />
Lore Peschel-Gutzeit Dt. Juristinnenbund Justizsenatorin in Berlin<br />
Erna Scheffler Dt. Juristinnenbund Richterin am Bundesverfassungsgericht nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
Elisabeth Schwarzhaupt Ev. Frauenarbeit in<br />
Deutschland, Dt.<br />
Akademikerinnenbund<br />
Erste Bundesministerin der Bundesrepublik<br />
Gerdi Staiblin Dt. Landfrauenverband Landwirtschaftsministerin in Baden-Württemberg<br />
ren Bedarf im Erlernen des Umgangs mit<br />
offener Konkurrenz und der Selbstdarstellung,<br />
der Entwicklung eines zielgerichteten<br />
Ehrgeizes, frontaler Kritikbewältigung<br />
und der Aufrechterhaltung einer angemessenen<br />
Distanz zwischen Sache und<br />
Person. Ganz wichtig war aber allen Politikerinnen<br />
eine stärkere Netzwerkbildung<br />
und ein stärkerer Rückhalt in ihren Herkunftsorganisationen.<br />
Hier stellen sich Herausforderungen für<br />
die Frauenverbände, weil politische Einzelkarrieren<br />
von Frauen, wie es sie in der<br />
Vergangenheit gegeben hat, heute nicht<br />
mehr zu realisieren sind. Politikerinnen<br />
schaffen heute nicht ohne weiteres ihren<br />
Weg in den öffentlichen Raum. Rückhalt<br />
in einem Frauenverband kann ein ganz<br />
wichtiges Kriterium für den Erfolg der<br />
einzelnen Politikerin, aber auch für das<br />
Durchsetzen gemeinsamer Ziele sein.<br />
Fazit<br />
• Frauenverbände sollten sich auf ihre<br />
ambitionierten politischen Wurzeln<br />
besinnen.<br />
• Die Brot- und Kartoffelpolitik der Vergangenheit<br />
ist in der Verbandsrealität<br />
zum Teil de facto schon einem Lobbying<br />
gewichen: Daran müssen sich aber auch<br />
die Ziele des Verbandes und gegebenenfalls<br />
auch die Satzung orientieren.<br />
• Frauenverbände müssen sich (wieder)<br />
stärker zum Rückhalt für Politikerinnen<br />
entwickeln.<br />
• Frauenverbände müssen gezielt Frauen bei<br />
ihren politischen Karrieren unterstützen.<br />
• Frauenverbände müssen eine Plattform<br />
für überparteiliche Bündnisse von Politikerinnen<br />
darstellen können, wie es der<br />
Deutsche Frauenrat in der Vergangenheit<br />
schon oft gewesen ist.<br />
dlv informationen 04/02 7