30.09.2017 Aufrufe

lgbb_03_2017_druck

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

der frühesten Wandmalereien aus Augusta Treverorum<br />

– damals Zeichen für einen gewissen<br />

Reichtum – zierte einst ein Fachwerkhaus unter<br />

dem heutigen Viehmarktplatz; sie stammt aus<br />

dem ersten Drittel des 1. Jahrhunderts n. Chr. (S.<br />

18, Abb. 9). Das damalige Bevölkerungswachstum<br />

lässt sich an den Friedhöfen entlang der<br />

Ausfallstraßen der Stadt ablesen; die Zahl der<br />

Brandgräber nimmt deutlich zu, auch die römische<br />

Beigabensitte hält Einzug.<br />

Diese archäologische Betrachtungsweise hält der<br />

Autor auf ganz weite Strecken durch und kann<br />

den Grabungsfunden immer wieder interessante<br />

Aspekte abgewinnen, die dann ein sehr lebendiges<br />

Gesamtbild ergeben. Erst in den letzten Jahrzehnten<br />

greift er verstärkt auf schriftliche Quellen<br />

zu den christlichen Zeiten zurück.<br />

Warentransport auf einem Flachwagen auf der Igeler Säule mit rekonstruierter Bemalung:<br />

© GDKE – Rheinisches Landesmuseum Trier, Th. Zühmer<br />

Baumaßnahmen dokumentieren Aufstieg und<br />

Bedeutung einer Stadt: 71. n. Chr. wird anstelle<br />

der ersten Holzbrücke die neue Steinpfeilerbrücke<br />

errichtet, ihre Eichenpfähle mit eisernen Pfahlschuhen<br />

bewehrt (S. 22, Abb. 12) tragen zur Datierung<br />

bei. Im Lauf des 1. Jahrhunderts setzt sich<br />

die römisch geprägte Lebenskultur immer weiter<br />

durch und bestimmen das Erscheinungsbild der<br />

Häuser. Römische Ess- und Trinksitten, die spezielle<br />

Räumlichkeiten und das entsprechende Personal<br />

voraussetzten, verlangten nach einer Ausstattung<br />

mit Boden- und Wanddekoration, nach<br />

Mobiliar und von Säulen umstandenen Innenhöfen<br />

und Ziergärten, wie sie den Vorbildern im römischen<br />

Italien entsprachen. Ab etwa 100 n. Chr.<br />

nimmt die städtische Entwicklung der Stadt einen<br />

„explosionsartigen Verlauf” (S. 26) an, sie wird<br />

überregionales Wirtschaftszentrum und Verwaltungssitz<br />

der Provinz Gallia Belgica, ab Mitte des<br />

1. Jhs. wird sie Amtssitz des kaiserlichen Beauftragten<br />

(procurator Augusti) für das Finanzwesen.<br />

Funktionsbauten der Provinzialverwaltung<br />

werden errichtet. Kurz nach 144 n. Chr. wird<br />

die Moselbrücke neu gebaut, um (nach teilweiser<br />

Zerstörung und Wiederaufbau an der Wende<br />

zum 18. Jahrhundert) bis heute kontinuierlich für<br />

den Verkehr genutzt zu<br />

werden. Errichtet wurden<br />

damals auch die Barbarathermen<br />

(benannt nach<br />

einem mittelalterlichen<br />

Vorort Triers), die zweitgrößte<br />

Anlage ihrer Art<br />

nach den Thermen des<br />

Traian in Rom.<br />

Im Verlauf des 2. Jhs. n.<br />

Chr. kommt es bei der<br />

dekorativen Innenausstattung<br />

zu einem Stilwandel.<br />

Statt der vorher dominierenden<br />

Wandmalerei<br />

mit ihrem eher schlichten<br />

Wechsel von schwarzen<br />

und roten Feldern und<br />

Trennstreifen, in denen Kandelaber und Zierständer<br />

abgebildet waren, treten jetzt weißgrundige<br />

Malereien in den Vordergrund, die mit zahlreichen<br />

figürlichen Motiven aus der Mythologie und Architekturdarstellungen<br />

gefüllt wurden (Beispiele S.<br />

32); in verstärktem Maß treten auch Mosaike als<br />

Zier der Fußböden wohlhabender Haushalte auf,<br />

zunächst als schwarz-weiße Ornamente, dann in<br />

größerer Farbigkeit mit ersten figürlichen Motiven.<br />

Der griechische Naturphilosoph Anaximander auf einem Stuhl mit breiter Rückenlehne erklärt seine Erfindung – die Sonnenuhr –<br />

an einem Modell: © GDKE – Rheinisches Landesmuseum Trier, Th. Zühmer<br />

Frank Unruh beschreibt den 6,4 km langen Mauerring<br />

um die Stadt, die bis zu 50 Rundtürme (erst<br />

19 nachgewiesen) und die Stadttore mit der Porta<br />

Nigra als dem berühmtesten. Eine römische Stadt<br />

benötigte Unterhaltungsbauten, das Amphitheater<br />

mit einem Fassungsvermögen von 18000 Zuschauern<br />

und einen Circus, also eine Pferderennbahn<br />

für 50000 Besucher, ihre Lage kann bislang<br />

nur vermutet werden. Ein Muss war natürlich<br />

auch ein effektives System zur Wasserversorgung<br />

und Entwässerung (S. 39f). Mit dem rasanten<br />

Aufstieg zur Großstadt erhielt das römische Trier<br />

auch Anschluss an den „globalen” Kultur- und<br />

Wirtschaftsraum des römischen Reiches. Eine gehobene<br />

Schicht von Konsumenten verlangte nach<br />

Luxusartikeln und -gütern: Terra Sigillata, Bronze-<br />

166 JAHRGANG LXI · LGBB <strong>03</strong> / <strong>2017</strong><br />

LGBB <strong>03</strong> / <strong>2017</strong> · JAHRGANG LXI<br />

167

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!