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06 Fortschritte im Erregernachweis

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<strong>Erregernachweis</strong><br />

Abb. 2: Ausstreichen der Blutkulturflaschen auf Agarplatten<br />

Abb. 3: Automatisierung der Kulturanlage<br />

me sind in den letzten zwei Jahrzehnten<br />

wesentlich kostengünstiger und benutzerfreundlicher<br />

geworden, sodass einige<br />

Hersteller bereits Geräte zur pointof-care-Diagnostik<br />

anbieten können.<br />

Nicht nur die auf klassischen PCR-Verfahren<br />

basierenden Systeme konnten<br />

opt<strong>im</strong>iert werden, auch neue Methoden<br />

wie die isothermale Amplifikation oder<br />

die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung<br />

ermöglichen inzwischen eine schnelle<br />

und einfache Diagnostik. Sogenannte<br />

Multiplex-Systeme erlauben die s<strong>im</strong>ultane<br />

Suche nach mehreren Erregern<br />

und Resistenzgenen in einem einzelnen<br />

Untersuchungsgang.<br />

Grundsätzlich können die Verfahren<br />

zur Untersuchung von Nativblut, bebrüteter<br />

Blutkulturen oder auch zur<br />

Analyse von bakteriellen Einzelkolonien<br />

nach Anzucht eingesetzt werden.<br />

Aufgrund der kurzen Untersuchungsdauer<br />

von Minuten bis wenigen Stunden<br />

wird die Diagnostik erheblich beschleunigt.<br />

Noch sind es vor allem die<br />

vergleichsweise hohen Kosten pro Untersuchungsgang,<br />

die einem häufigeren<br />

Einsatz <strong>im</strong> Weg stehen. Zukünftig ist<br />

jedoch ein weiterer Preisrückgang zu erwarten,<br />

sodass bereits diskutiert wird,<br />

ob molekularbiologische Methoden die<br />

konventionelle Blutkulturdiagnostik in<br />

Zukunft gänzlich ersetzen können.<br />

Um jedoch hier keinem Trugschluss zu<br />

unterliegen, müssen sich klinisch und<br />

diagnostisch tätige Ärzte der Grenzen<br />

dieser molekularbiologischer Verfahren<br />

bewusst sein. Im Gegensatz zur klassischen<br />

Blutkulturdiagnostik mit der<br />

prinzipiell alle kultivierbaren Erreger<br />

26<br />

nachgewiesen werden können, werden<br />

durch molekularbiologische Untersuchung<br />

nur zuvor definierte Erreger und<br />

Resistenzgene erfasst. Die Wahrscheinlichkeit<br />

falsch negativer Befunde bleibt<br />

daher groß und eine Ausschlussdiagnostik<br />

ist nicht möglich. Außerdem fehlen<br />

be<strong>im</strong> alleinigen Nukleinsäurenachweis<br />

wichtige Begleitparameter der konventionellen<br />

Blutkulturdiagnostik, wie die<br />

Bebrütungs dauer (t<strong>im</strong>e-to-positivity)<br />

oder die Anzahl positiver Blutkulturen,<br />

die helfen können, die klinische Relevanz<br />

des Befundes als tatsächliche Blutstrominfektion<br />

oder wahrscheinliche Hautkontamination<br />

einzuordnen.<br />

Darüber hinaus kann be<strong>im</strong> Nachweis<br />

mehrerer Erreger ein zusätzlich gefundenes<br />

Resistenzgen nicht sicher einem<br />

best<strong>im</strong>mten Ke<strong>im</strong> zugeordnet werden.<br />

So kann zum Beispiel bei gleichzeitigem<br />

Vorliegen von Staphylococcus aureus und<br />

Methicillin-resistenten Koagulase-negativen<br />

Staphylokokken nicht zwischen<br />

einer meldepflichtigen MRSA-Blutstrominfektion<br />

und einem MSSA-Befund<br />

mit zusätzlicher Hautkontamination<br />

unterschieden werden.<br />

Neue molekularbiologische Hochdurchsatzverfahren,<br />

die unter dem<br />

Schlagwort next-generation-sequencing<br />

(NGS) zusammengefasst werden, stellen<br />

ein vielversprechendes Werkzeug<br />

für die mikrobiologische Diagnostik<br />

der Zukunft dar. Diese Methoden erlauben<br />

es in wenigen Stunden die Basenpaarabfolge<br />

eines kompletten Bakteriengenoms<br />

zu beschreiben.<br />

Bioinformatische Analysen erlauben<br />

anschließend die Erregeridentifizierung<br />

oder die Best<strong>im</strong>mung von Resistenzgenen.<br />

So handelt es sich dabei um<br />

ein universelles Verfahren – das heißt,<br />

es können theoretisch sämtliche bakteriellen<br />

und viralen Erreger sowie Pilze<br />

mit einem Untersuchungsschritt ermittelt<br />

werden.<br />

Eine erste Durchführbarkeitsstudie bei<br />

wenigen Patienten konnte bereits zeigen,<br />

dass die Methode in der Diagnostik<br />

von Blutstrominfektionen funktionieren<br />

kann und dabei sowohl quantitative<br />

Aussagen zur vermeintlichen Erregerlast<br />

als auch Aussagen zu Antibiotikaresistenzen<br />

erlaubt (Grumaz; Genome<br />

Med 2016; 8:73). Bisher bleibt der Ansatz<br />

jedoch rein exper<strong>im</strong>entell und es<br />

fehlen aussagekräftige, klinische Studien,<br />

die den Einsatz der Systeme in der<br />

Routinediagnostik evaluieren.<br />

Massenspektrometrie – MALDI-TOF<br />

Neben molekularbiologischen Methoden<br />

hat in den letzten zwei Jahrzehnten<br />

vor allem die Massenspektrometrie,<br />

genauer die Matrix-assistierte Laser-<br />

Desorption-Ionisierung mit Flugzeitanalyse<br />

(engl. t<strong>im</strong>e of flight) oder kurz<br />

MALDI-TOF, die mikrobiologische<br />

Diagnostik revolutioniert. Aktuell werden<br />

mit diesem Verfahren Erreger sehr<br />

rasch identifiziert, jedoch keine Resistenztestungen<br />

durchgeführt.<br />

Das Verfahren beruht auf der Ionisierung<br />

bakterieller Proteine mittels Laserbestrahlung<br />

und Beschleunigung der ionisierten<br />

Partikel in einem elektrischen<br />

Feld. Abhängig von Ladung und molekularer<br />

Masse ergeben sich charakte-<br />

Nr. 4, 2017

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